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„Kein Kommentar!“ Eriksson grinste schief.
„Jedenfalls vorläufig. Ich muß mal telefonieren, vielleicht kann
ich Dir dann mehr sagen.“
Er griff zu seinem Handy und ging ein paar
Meter abseits. „Boß?“, raunte er. „Ich habe eben gerade erfahren,
daß unser Auftritt auf Barra Thema in den Fernsehnachrichten ist.“
Verdutzt hörte er zu und grinste dann. „Alles klar“, meint er
abschließend und ging zu den beiden zurück.
„Hast Du Lust, Dir nebenbei ein wenig Geld
zu verdienen?“, wandte er sich an Ritchie.
Der starrte Eriksson verdutzt an.
„Natürlich! Worum geht's?“
„Wir könnten das zwar auch selber
erledigen“, meinte Eriksson, „aber der Boß hält es für besser, wenn
wir es von hier über andere wenigstens versuchen würden. Über Dich
zum Beispiel. Kennst Du irgendwelche Journalisten von großen
Medien?“
„Ja.“ Ritchie überlegte. „Vier. Zwei von der
BBC, einen von ITV und einen von Sky News.“ Er grinste. „Einer von
denen hat hier sein Ferienhäuschen, das ich einmal pro Woche
kontrolliere, um zu sehen, ob noch alles in Ordnung ist.“
„Und wer ist das?“
„Er ist Parlamentskorrespondent für die
BBC.“
Eriksson schaute ihn skeptisch an. „Du
kennst jemanden, der direkt in London im Regierungsviertel für die
BBC arbeitet?“
Ritchie lachte kurz auf. „Nicht London“,
grinste er. „Sondern Edinburgh. Wir haben ein eigenes Parlament.
Solltest Du wissen.“
„Weiß ich auch“, grinste Eriksson zurück.
„Mir fiel halt zuerst London ein, aber Edinburgh ist sogar noch
besser. Da Du auf sein Häuschen aufpaßt, nehme ich an, daß Ihr
beiden auch persönlich miteinander einigermaßen klarkommt?“
„Sicher. Ich mach' das seit drei Jahren für
ihn.“ Ritchie schaute ihn fragend an.
„Ich frage das deswegen, weil Journalisten
häufig eine eigene Agenda im Kopf haben und dann die Worte und
Meinungen ihrer Interviewpartner verdrehen oder aus dem
Zusammenhang reißen, um sie dieser Agenda anzupassen – und die
Gesprächspartner dadurch in die Pfanne hauen. Kennt man sich
persönlich, ist dieses Risiko geringer.“
Ritchie schüttelte den Kopf. „Deine
Befürchtung trifft hier nicht zu.“ Er schmunzelte. „Ich bin einer
seiner bevorzugten Interviewpartner, wenn es um die
Lebensbedingungen auf unseren Inseln geht. Beim
Unabhängigkeitsreferendum war ich durch ihn ein paarmal im
Fernsehen.“
„Das klingt natürlich hervorragend.“
Eriksson atmete auf. „Du sagst ja, das ist immer noch Thema in den
Nachrichten.“
„Immer noch?“ Ritchie lachte kurz auf. „Das
geht jetzt überhaupt erst richtig los! Ich vermute, die ersten
Fernsehteams werden bald auf Barra anrücken.“
„Na schön. Kannst Du diesen Korrespondenten
anrufen und ihn über unsere Landung hier bei Dir
informieren?“
„Klar! Und ihm sagen, wer Ihr seid?“
„Ja.“ Eriksson nickte. „Das genau ist
nämlich der Punkt. Du kannst ihm sagen, hier seien zwei Piloten mit
einer Wildcat gelandet. Sie wollten auftanken. Auf Deine Frage hin
hätten die beiden gesagt, sie wären von Barra gekommen. Sie haben
jeden Kommentar verweigert auf Deine nächste Frage, ob ihr
Aufenthalt dort etwas mit den Nachrichten zu tun gehabt hatte – und
Dir nur gesagt, Du sollst Dich um Deinen Job kümmern.“
Er klopfte ihm mit dem Finger auf die Brust.
„Was Du NICHT sagen darfst, sind unsere Namen, und wie wir
aussehen. Also keine Beschreibung von uns, klar?“
„Kein Problem.“
„Gut. Jetzt kommen zwei ganz wichtige
Sachen. Du wirst ihm sagen, Du hättest mitgekriegt, wie einer der
Piloten den anderen gefragt hätte, warum sie jetzt so eilig
weiterfliegen müßten. Worauf der andere geantwortet habe: 'Weil es
jetzt um die Hintermänner geht. Um die Auftraggeber.' Das ist ganz
wichtig, hörst Du?“
Ritchie grinste. „Immer noch kein Problem.
Und die zweite Sache?“
„Ganz einfach: Du hast auf der Seitentür des
Hubschraubers die Aufschrift 'SEAPOL' gesehen. Und am Heck die
irische Flagge. Auch das ist ganz wichtig!“
Eriksson macht eine kleine Pause. „Und das
ist alles.“
„Und das Geld?“
Eriksson grinste. „Informationshonorar.
Einzutreiben bei der BBC zum Beispiel.“
Ritchie verzog das Gesicht. „Die zahlen aber
keins, soweit ich weiß.“
Eriksson lachte kurz auf. „Das wüßte ich
aber! Die BBC ist eine staatliche Einrichtung. Und es wäre die
erste, die keine diskreten, verschwiegenen Geldtöpfe hat. JEDE
staatliche Einrichtung hat einen Reptilienfonds.“
Er wurde wieder ernst. „Aber wenn die sich
tatsächlich weigern sollten, dann ruf mich an. Dann bezahlen wir
Dich irgendwie.“
„Okay.“ Ritchie nickte. „Soll das jetzt
sofort erledigt werden?“
„Ja. Sowie wir weg sind.“ Eriksson grinste.
„Denn wir haben es jetzt tatsächlich eilig.“
Eriksson unterschrieb noch schnell für den
erhaltenen Sprit. Dann verabschiedeten sie sich.
„Was war DAS denn?“, fragte Perreira, als
sie sich in der Wildcat die Kopfhörer überzogen.
„Wir müssen die Sache unter Kontrolle
behalten.“ Eriksson schaltete die Turbine an. „Die Regierungen
müssen aus der Schußlinie genommen werden, und der Boß will
jemanden ängstigen. Und dann müssen wir uns noch Scotland Yard vom
Hals halten. Die sind natürlich auch munter geworden.“
Er sah zu Perreira. „Und außerdem müssen wir
bis Mitternacht auf der 'World' Wache schieben.“
Perreira runzelte die Stirn. „Es ist jetzt
18 Uhr 30. Bis wir da sind – das lohnt doch kaum.“
„Doch. Das Schiff ist die ganze Zeit nach
unserem Abflug die irische Westküste hochgefahren. Der Flugstrecke
beträgt nur noch etwa 450 Kilometer. Das müßten wir bis acht Uhr so
gerade eben schaffen.“
Perreira nahm ein Sandwich und biß herzhaft
hinein. „Schmeckt gut“, meinte er mampfend.
„Gib mal eins her.“ Eriksson sah auf den
Drehzahlmesser und zog die Wildcat dann nach oben.
Perreira schluckte seinen Bissen herunter.
„Hat sich auf der 'World' denn irgendwas Neues ergeben?“
„Das ist es ja gerade. Leider nicht.“