Prolog

Das Gefühl war zurückgekehrt, eine Art von Verzweiflung, die in der Macht glühte wie ein entfernter Stern, klar und hell wie ein Leuchtfeuer. Taina Solo bemerkte, dass ihr Blick immer wieder zum Außenfenster des Justizschiffs huschte, hinaus in die blau gefleckte Leere, die hinter der sich langsam drehenden Röhre der Strafanstalt Maxsec Acht hing. Wie zuvor kam das Gefühl aus der Richtung der Unbekannten Regionen, ein Ruf nach... was? Und wer oder was rief da? Die Berührung war zu flüchtig, um es wirklich sagen zu können. Das war sie immer.

»Jedi Solo?« Die Inquisitorin trat näher an das Geländer der Zeugenbank. »Soll ich die Frage wiederholen?«

Athadar Gyad war eine hochgewachsene Frau mit steifem Verhalten, rasiertem Kopf und tiefen Falten in den Augenwinkeln, und sie legte die brüske Haltung eines Offiziers im Ruhestand an den Tag. Das war bei Bürokraten der Wiederaufbaubehörde weit verbreitet, selbst wenn es in ihrer Dienstakte nichts Auffälligeres gab als eine alte planetare Listennummer.

»Warum sind Sie mit dem Jedi Lowbacca an Bord der Night Lady gegangen und. «

»Schon gut, Inquisitorin, ich habe die Frage verstanden.« Jaina sah den Angeklagten an, einen massiven Yaka mit einem ausdruckslosen, beinahe menschlichen Gesicht. Er trug einen ithorianischen Schädel auf der hinteren Abdeckung seines kybernetischen Implantats eingraviert. »Redstars Mannschaft wollte sich uns widersetzen.«

Ein ungeduldiges Glitzern erschien in Gyads grauen Augen.

»Redstars Mannschaft hat Sie mit Blastem angegriffen, stimmt das?«

»Ja.«

»Und es war notwendig, dass Sie sich mit Ihren Lichtschwertern verteidigten?«

»Ebenfalls ja.«

Gyad schwieg einen Augenblick, wahrscheinlich, weil sie hoffte, dass ihre Zeugin dann einfach weitersprechen würde. Aber Jaina interessierte sich im Augenblick mehr für dieses Gefühl der Verzweiflung, das sie in der Macht spürte. Es wuchs immer weiter, wurde dringlicher und beängstigender.

»Jedi Solo?« Gyad trat vor Jaina und versperrte damit Jaina den Blick durch das Außenfenster. »Bitte richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf mich.«

Jaina bedachte die Frau mit einem eisigen Blick. »Ich dachte, ich hätte Ihre Frage beantwortet.«

Gyad zog sich beinahe unmerklich zurück, setzte aber die Befragung fort. »Wie waren Sie zu diesem Zeitpunkt gekleidet?«

»In unsere Mäntel«, sagte Jaina. »Ihre Jedi-Mäntel?«

»Es sind einfach nur Mäntel.« Jaina hatte in den letzten Jahren oft genug vor Gericht gestanden, um zu wissen, dass die Inquisitorin versuchte, einen unsicheren Fall aufzuplustern, indem sie die Jedi geheimnisvoller darstellte, als sie waren -ein eindeutiges Zeichen, dass Gyad die Rolle der Jedi in der Galaxis nicht verstand oder nicht achtete. »Jedi tragen keine Uniformen.«

»Sie wollen doch sicher nicht andeuten, dass ein Krimineller von Redstars Intelligenz tatsächlich...« Gyad hielt inne, um noch einmal über ihre Ausdrucksweise nachzudenken. Inquisitoren sollten eigentlich unparteiisch sein, obwohl sie in der Praxis überwiegend dazu beitrugen, Angeklagte zu verurteilen. »Jedi Solo - wollen Sie damit andeuten, die Besatzung habe tatsächlich Grund gehabt, Sie für Piraten zu halten?«

»Ich weiß nicht, was sie glaubten«, sagte Jaina.

Gyad kniff die Augen zusammen und betrachtete Jaina schweigend. Trotz Luke Skywalkers Rat, dass sich die Jedi nach dem Krieg nicht mehr in die alltäglichen Probleme der neuen Regierung verwickeln lassen sollten, hatte sich der Wiederaufbau als derartige Herausforderung erwiesen, dass dies nicht ganz zu vermeiden war. Es gab einfach zu viele heikle Missionen, die nur ein Jedi meistern konnte, und die Folgen hinsichtlich des Gelingens oder Scheiterns dieser Missionen waren für die Galaktische Allianz so gravierend, dass die meisten Bürokraten der Wiederaufbaubehörde den Jedi-Orden inzwischen für kaum mehr als eine Abteilung der Interstellaren Polizei hielten.

Schließlich erklärte Jaina: »Ich war zu sehr mit Kämpfen beschäftigt, um die Gedanken unserer Gegner zu erforschen.«

Gyad gab einen dramatischen Seufzer von sich. »Jedi Solo, stimmt es, dass Ihr Vater einmal seinen Lebensunterhalt als Schmuggler verdiente?«

»Das war ein bisschen vor meiner Zeit, Inquisitor.« Jainas Antwort löste Lachen im Gerichtssaal aus, wo auch zwei ihrer Mitstreiter, Tesar Sebatyne und Lowbacca, saßen, beide Jedi wie sie. »Und was hat das mit den Gewürzpreisen auf Nal Hutta zu tun?«

Gyad wandte sich dem Tribunal zu. »Würden Sie die Zeugin bitte anweisen. «

»Die Antwort auf Ihre Frage ist allgemein bekannt«, unterbrach Jaina. »Sie ist sogar Teil diverser Geschichtsunterrichtscurricula in der Galaxis.«

»Selbstverständlich.« Die Stimme der Inquisitorin wurde plötzlich emotionaler, und sie zeigte auf den Yaka-Gefangenen. »Wäre es möglich, dass Sie sich mit dem Angeklagten identifizieren? Dass es Ihnen wegen der zwiespältigen Beziehung Ihres eigenen Vaters zum Gesetz widerstrebt, gegen den Angeklagten auszusagen?«

»Nein.« Jaina fiel auf. dass sie sich an das Geländer des Zeugenstands klammerte, als wollte sie das kalte Metall verziehen. »In den letzten fünf Standardjahren habe ich dreiundsiebzig Warlords dingfest gemacht und mehr als hundert Schmuggler.«

Plötzlich wurde das Gefühl der Verzweiflung in der Macht deutlicher, klarer und vertrauter, und Jaina wandte ihren Blick wieder dem Sichtfenster zu und beendete ihre Antwort nicht.

»Wartet.«

Tahiri Veila hob die Hand, und die beiden Yuuzhan Vong. die vor ihr standen, verstummten. Außerdem gab es noch zwei Gruppen von Zuschauern, die sie erwartungsvoll beobachteten, aber Tahiri blieb ruhig und starrte in Zonama Sekots blauen Himmel. In den letzten Wochen nahm sie ein leichtes unangenehmes Gefühl in der Macht wahr, das sich allmählich immer mehr aufbaute, und inzwischen hatte sich dieses Gefühl in etwas anderes verwandelt, in schiere Qual, Panik und Verzweiflung.

»Jeedai Veila«, begann die kleinere der Yuuzhan Vong erneut. Ihr blindes Auge und das mit Pusteln bedeckte, verzogene Gesicht kennzeichneten sie als Gepriesene - eine Angehörige der ehemaligen Kaste, die einmal unter der Bezeichnung Beschämte die Unterklasse der Yuuzhan-Vong- Gesellschaft darstellte. Sie hatten sich ihren neuen Namen verdient, indem sie sich gegen ihre Unterdrücker aus den oberen Kasten stellten und halfen, den Krieg zu beenden, der sowohl die Gesellschaft der Yuuzhan Vong als auch die gesamte Galaxis zu vernichten drohte. »Stimmt irgendwas nicht?«

»Ja.« Tahiri zwang ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf die Gruppe. Ihre blau geränderten Augen und ledrigen Gesichter schienen ihr vertrauter als das der blonden Frau, das sie jeden Morgen im Spiegel sah - aber das überraschte kaum, wenn man bedachte, was sie im Verlaufe des Krieges alles erlebt hatte. Sie war ebenso Yuuzhan Vong wie Mensch, zumindest im Geist. »Aber das hat nichts mit dieser Sache zu tun. Machen Sie weiter.«

Die Gepriesene - Bava. erinnerte sie sich - verbeugte sich tief und kam damit bewusst auf Tahiris Höhe.

»Wie ich schon sagte. Jeedai Veila, wir haben Sal Ghator und seine Krieger in dieser Woche viermal erwischt, wie sie etwas aus unserem Garten stahlen.«

Tahiri zog die Brauen hoch. »Ihr Garten. Bava?« La'okio sollte ein Gemeinschaftsdorf sein, ein Experiment, bei dem die diversen Kasten der Gesellschaft der Yuuzhan Vong lernten zusammenzuarbeiten - und einander zu vertrauen. »Ich dachte, der Garten gehört Ihnen allen.«

»Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass jedes Grashal ein weiteres Grundstück zur Bebauung anmelden kann!« Bava warf einen höhnischen Blick in Ghators Richtung, dann fuhr sie fort. »Aber die Krieger sind zu faul, um dort zu arbeiten. Sie erwarten, dass wir es für sie tun.«

»Das tun wir nicht!«, widersprach Ghator. Einen halben Meter größer als Tahiri und erheblich schwerer, hatte er immer noch die Ritualtätowierungen und Narben eines ehemaligen Subalternen. »Die Götter haben uns verflucht. Nichts, das wir anpflanzen, will wachsen.«

Tahiri kämpfte gegen ein Seufzen an. »Sagen Sie mir nicht, dass Sie sich wieder nach Kasten aufteilen! Sie sollen angeblich in kleineren Gruppen existieren.«

Während dieser Worte spürte sie die vertraute Berührung einer Chadra-Fan, die in der Macht nach ihr suchte und wissen wollte, ob sie ebenfalls die wachsende Kraft des Zeichens empfunden hatte. Sie öffnete sich dem Kontakt und konzentrierte sich auf die geheimnisvolle Angst, und was daraufhin für sie beinahe wie ein Schlachtruf klang, schien für die kleine Chadra-Fan kaum ein Flüstern zu sein. Keine von ihnen unterzog sich der Mühe, nach ihrer Gefährtin Danni Quee zu suchen, denn Danni mochte vielleicht eine gewisse Sensibilität gegenüber der Macht haben, hatte sich aber bisher in vielen Situationen als taub erwiesen.

»In gemischten Grashals zu leben ist unrein«, lenkte Ghator Tahiris Aufmerksamkeit wieder auf die Probleme von La'okio. »Man kann nicht von Kriegern erwarten, auf dem gleichen Boden zu schlafen wie Beschämte.«

»Beschämte!«, rief Bava. »Wir sind Gepriesene! Wir sind diejenigen, die Shimrras Ketzerei an die Öffentlichkeit brachten und über sie debattierten, während ihr Krieger uns beinahe alle in den Untergang geführt hättet.«

Der bläuliche Rand um Ghators Augen wurde breiter und unklar. »Achte auf deine Zunge, Raal, denn sonst wird sie dich noch umbringen.«

»In der Wahrheit liegt kein Gift.« Bava warf Tahiri einen Blick zu, dann höhnte sie: »Jetzt seid ihr die Beschämten!«

Ghators Hand ließ Bava so schnell ins Gras taumeln, dass Tahiri bezweifelte, sie hätte rechtzeitig eingreifen können, selbst wenn sie es gewollt hätte. Doch sie wollte es nicht. Die Yuuzhan Vong würden immer ihre eigene Art haben, über ihre Probleme zu verhandeln - Wege, die Danni Quee und Tekli und vielleicht selbst Zonama Sekot niemals wirklich verstehen würden.

Bava wandte ihr gutes Auge Tahiri zu. Die Jedi erwiderte ihren Blick und tat nichts. Die Gepriesenen hatten sich nach ihren Anstrengungen, den Krieg zu beenden, aus ihrer alten Stellung erhoben und waren nun nur zu versessen darauf, eine andere Kaste ausgestoßen zu sehen. Tahiri hielt es für gut, sie an die Folgen solchen Verhaltens zu erinnern. Außerdem wurde das Zeichen nun stärker und klarer, und sie hatte das Gefühl, dass es von jemandem ausging, den sie kannte, jemandem, der schon lange Zeit versucht hatte, sie und Tekli zu erreichen.

Kommt schnell... Die Stimme erhob sich in Tahiris Geist, klar und deutlich und auf seltsame Weise bekannt. Kommt sofort.

Die Worte schienen zu vergehen, sobald Jacen Solo sie bemerkte, sanken unter die Schwelle des Bewusstseins und verschwanden in den unklaren, tiefer liegenden Bereichen seines Geists. Aber die Nachricht blieb, die Überzeugung, dass die Zeit gekommen war, den Ruf zu beantworten, den er in den letzten Wochen gespürt hatte. Er zog die Beine auseinander - er hatte im Schneidersitz in der Luft geschwebt - und stellte die Füße auf den Boden des Meditationskreises. Mit einer Reihe leiser Plopp-Geräusche platzten die zierlichen Blada-Ranken, die über den Fugen der Larstone-Pflastersteine in seiner Nähe gelegen hatten.

»Tut mir leid, Akanah, ich muss gehen.«

Akanah antwortete, ohne die Augen zu öffnen. »Wenn es dir leidtut, Jacen, dann solltest du nicht gehen.« Sie war eine nicht besonders große Frau mit dunkler Haut und dunklem Haar und schien Jacens Alter näher zu sein als ihren eigenen fünfzig Standardjahren. Sie schwebte in der Mitte des Meditationskreises, umgeben von Novizen, die unterschiedlich erfolgreich versuchten, sie zu imitieren. »Bedenken sind ein Zeichen, dass du dich nicht vollkommen der Strömung überlassen hast.«

Jacen dachte darüber nach, dann nickte er zustimmend. »Dann tut es mir nicht leid.« Der Ruf in der Macht war immer noch da, drang wie eine Nadel in ihn ein. »Ich muss gehen.«

Akanah öffnete die Augen. »Was wird aus unseren Übungen?«

»Ich bin dankbar für alles, was Sie mir bisher beigebracht haben.« Jacen drehte sich um, um den Meditationskreis zu verlassen. »Ich werde weitermachen, wenn ich zurückkehre.«

»Nein.« Bei Akanahs Worten verschwand der Meditationskreis unter einer Rankenwand. »Das kann ich nicht erlauben.«

Jacen blieb stehen und sah sie an. »Illusionen sind nicht notwendig. Wenn Sie nicht wollen, dass ich zurückkehre, dann werde ich das nicht tun.«

»Ich will nicht, dass du gehst.« Akanah schwebte über ihm und ließ die Beine baumeln. Sie war so in die Weiße Strömung versunken, dass selbst die zarten Blada-Blätter nicht unter ihrer Bewegung platzten. »Es ist zu früh. Du bist noch nicht bereit.«

Jacen zwang sich zur Geduld. Immerhin war er derjenige gewesen, der zu den Fallanassi gekommen war. »Ich habe viele Ausbildungen abgeschlossen, Akanah. Dabei habe ich gelernt, dass jeder Orden glaubt, sein Weg wäre der einzig wahre.«

»Ich spreche hier nicht von Mönchen und Hexen, Jacen Solo. Ich spreche von dir.« Sie sah ihm tief in die Augen. »Deine Gefühle in dieser Sache sind unklar. Jemand ruft, und du gehst, ohne zu wissen, warum.«

»Dann spüren Sie es auch?«

»Nein, Jacen, du bist ungeschickt in der Strömung wie dein Onkel. Deine Gefühle hinterlassen Wellen, und Wellen können gedeutet werden. Kommt der Ruf von deinem Bruder?«

»Nein, Anakin ist im Krieg gestorben.« Es war acht Jahre her, und Jacen hätte eigentlich in der Lage sein sollen, diese Worte mit weniger Resignation auszusprechen, sondern stattdessen mit einem gewissen Maß an Respekt gegenüber der Rolle seines Bruders in diesem Krieg. Es war der Wendepunkt gewesen, als die Jedi schließlich erkannt hatten, wie sie gegen die Yuuzhan Vong hatten vorgehen können - ohne dabei selbst zu Ungeheuern zu werden. »Das habe ich Ihnen bereits mitgeteilt.«

»Ja, aber ist er es oder nicht?« Akanah näherte sich Jacen. und der Duft nach Waha-Pflanzen. die im Badeteich des Tempels wuchsen, drang auf ihn ein. »Nach dem Tod geht man ein in die Wellen. Vielleicht sind es diese Wellen, die du spürst.«

»Das macht meine Gefühle nicht weniger wirklich«, erwiderte Jacen. »Manchmal ist die Auswirkung alles, was wir über den Grund erfahren können.«

»Entsinnst du dich nur meiner Worte, damit du sie gegen mich kehren kannst?« Akanahs Hand kam hoch, als wollte sie ihm eine Kopfnuss verpassen, und Jacen hob im Reflex die eigene, um den Schlag zu blocken. Sie schüttelte mürrisch den Kopf. »Du bist ein schrecklicher Schüler. Jacen Solo. Du hörst, aber du lernst nichts.«

Das war ein Tadel, an den sich Jacen während seiner fünfjährigen Suche nach dem Wesen der Macht gewöhnt hatte. Die Jennsasir, die Aing-Tii, selbst die Hexen von Dathomir hatten alle Ähnliches gesagt - stets dann, wenn seine Fragen hinsichtlich ihrer Vorstellungen über das Wesen der Macht zu nachdrücklich wurden. Aber Akanah hatte mehr Grund als die anderen, von ihm enttäuscht zu sein. Einen anderen zu schlagen wäre für Anhänger der Weißen Strömung eine Abscheulichkeit. Akanah hatte nur die Hand gehoben; es war Jacen gewesen, der dies als Anzeichen eines Angriffs betrachtet hatte.

Jacen legte den Kopfschief. »Ich lerne, aber manchmal nur langsam.« Er musste an die beiden Erscheinungen seines toten Bruders denken, die er bereits gesehen hatte, die erste, als ein Raubtier auf Yuuzhan'tar ihn in seine Höhle hatte locken wollen, die zweite auf Zonama, wo Sekot Anakins Gestalt angenommen hatte, wenn sie sich unterhielten. »Du glaubst, ich will diesem Ruf eine Form geben. Dass ich eine eigene Bedeutung für die Wellen schaffe.«

»Was ich denke, ist unbedeutend«, sagte Akanah. »Beruhige dich, Jacen. und du wirst feststellen können, was in der Strömung treibt.«

Jacen schloss die Augen und öffnete sich der Weißen Strömung so weit, wie er sich der Macht geöffnet hätte. Akanah und die anderen lehrten, dass sich die Strömung und die Macht voneinander unterschieden, und damit hatten sie recht - aber nur in dem Sinn, dass sich die Strömung von dem Meer unterschied, in dem sie existierte. In ihrer grundlegenden Ganzheit waren sie einander gleich.

Jacen machte eine Beruhigungsübung, die er von den theranischen Lauschern gelernt hatte, und konzentrierte sich auf den Ruf. Er war immer noch vorhanden und hatte eine Form, eine Stimme, an die er sich erinnerte, der er aber keinen Namen zuweisen konnte - Komm... hilf. —, eine Männerstimme, aber nicht die seines Bruders.

Und es gab noch etwas, eine vertraute Präsenz, die Jacen tatsächlich kannte. Es war nicht sie, die den Ruf aussandte, aber sie vernahm ihn ebenfalls. Jaina.

Jacen öffnete die Augen. »Es ist nicht Anakin... Und es sind nicht seine Wellen.«

»Bist du sicher?«

Jacen nickte. »Jaina hört es ebenfalls.« Das war es, was seine Schwester versucht hatte, ihm mitzuteilen. Ihre Zwillingsverbindung war immer stark gewesen und hatte sich während seiner Wanderungen nur verstärkt. »Ich denke, sie will darauf reagieren.«

Akanah sah ihn zweifelnd an. »Ich spüre nichts.«

»Sie sind auch nicht ihr Zwillingsbruder.« Jacen drehte sich um und ging durch die Wandillusion auf den Ausgang zu, nur um festzustellen, dass Akanah - oder die Illusion von Akanah -ihm den Weg blockierte. »Bitten Sie die Pydyrianer, mein Schiff aus der Umlaufbahn zu bringen; ich möchte es so bald wie möglich hierhaben.«

»Es tut mir leid, aber so geht das nicht.« Akanah sah ihm wieder in die Augen und hielt seinen eigenen Blick auf diese Weise gefangen. »Du hast die gleiche Macht, die ich einmal bei deinem Onkel spürte, aber ohne das Licht. Du darfst nicht gehen, bevor du das Licht in dir gefunden hast.«

Jacen war betroffen von den harschen Worten, aber kaum überrascht. Durch die Jahre des Kriegs gegen die Yuuzhan Vong hatten die Jedi ein tieferes Verständnis der Macht erlangt - sie hatten erkannt, dass Licht und Dunkel nicht mehr als entgegengesetzte Seiten waren, und bevor Jacen zu den Fallanassi gekommen war, hatte er schon gewusst, dass diese neue Sichtweise verstörend für sie sein würde. Oder jedenfalls hatte er das angenommen.

»Es tut mir leid, dass Sie dagegen sind«, sagte Jacen. »Aber ich betrachte die Macht nicht mehr in Begriffen von Licht und Dunkel. Sie umfasst viel mehr als das.«

»Ja, wir haben von diesem neuen Wissen der Jedi gehört.« Akanah sprach spöttisch. »Und es beunruhigt mich zutiefst, dass ihre Dummheit nun ihrer Arroganz gleichkommt.«

»Dummheit?« Jacen wollte nicht streiten, aber da er immerhin einer der ersten Vertreter dieser neuen Sichtweise war, fühlte er sich verpflichtet, seine Ansichten zu verteidigen. »Diese Dummheit hat uns geholfen, dem Krieg ein Ende zu machen.«

»Und um welchen Preis, Jacen?« Akanahs Stimme blieb sanft. »Wenn die Jedi nicht mehr zum Licht blicken, wie können sie ihm dienen?«

»Jedi dienen der Macht«, sagte Jacen. »Die Macht umfasst sowohl das Licht als auch das Dunkel.«

»Ihr seid nun also über Licht und Dunkel erhaben?«, fragte Akanah. »Über Gut und Böse?«

»Ich selbst bin nicht einmal mehr ein aktiver Jedi-Ritter«, antwortete Jacen. »Dennoch, die Antwort lautet ja.«

»Und ihr versteht nicht, wie dumm das ist?« Während Akanahs Worten wurde ihr Blick verzweifelter und finsterer. »Wie arrogant?«

Was Jacen verstand, war, dass die Fallanassi eine eher enge und starre Ansicht von Moral hatten, aber das sprach er nicht aus. Der Ruf war etwas, was innerlich an ihm zerrte, ihn dazu drängte, sich auf den Weg zu machen, und er wollte ganz bestimmt keine Zeit mehr mit einer Debatte verschwenden, die zu nichts führen konnte.

»Die Jedi dienen nur sich selbst«, fuhr Akanah fort. »Sie sind aufgeblasen genug zu glauben, dass sie die Macht benutzen können, statt sich ihr zu ergeben, und mit diesem Stolz haben sie mehr Leid geschaffen als verhindert. Ohne Licht, um euch zu führen, Jacen, und die Kraft, die ich in dir spüre, fürchte ich, warst du noch mehr Leid erzeugen.«

Die offenen Worte trafen Jacen wie ein Schlag. Weniger, weil sie so grob waren, als wegen der ernsten Sorge, die darin lag. Akanah fürchtete wirklich um ihn, fürchtete wirklich, dass er selbst zu einem größeren Ungeheuer werden würde als sein Großvater Darth Vader.

»Akanah, ich weiß Ihre Sorge zu schätzen.« Jacen griff nach ihren Händen, aber sie entzog sie ihm. Er widersetzte sich der Versuchung, ihren wirklichen Körper in der Macht zu berühren. Schüler des Weißen Stroms hielten solche Grenzüberschreitungen beinahe für eine Gewalttätigkeit. »Aber ich werde mein Licht hier nicht finden. Ich muss gehen.«

Die Dämmerung hatte sich über den Park der Einheit gesenkt, und die ersten Falkenfledermäuse hatten ihre Schlafstätten bereits verlassen und schössen vom Himmel, um Yammal-Jells und Couffe-Aale aus den rollenden Wellen des Befreiungssees zu fischen. Am gegenüberliegenden Ufer hatten sich die Yorikkorallen-Vorsprünge, die den Rand des Parks kennzeichneten, lila verfärbt und warfen lange Schatten. Hinter ihnen glitzerten die Durabeton-Skelette der hoch aufragenden Wolkenkratzer scharlachrot in der untergehenden Sonne. Der Planet war ebenso viel Yuuzhan'tar wie Coruscant geblieben, und in vielerlei Hinsicht würde das wohl auch so bleiben. Aber es herrschte Frieden. Zum ersten Mal in Luke Skywalkers Leben befand sich die Galaxis nicht im Krieg - und das bedeutete viel.

Es gab selbstverständlich immer noch Probleme. So würde es immer sein, und an diesem Tag waren gleich mehrere Meister damit beschäftigt, sich um das Chaos zu kümmern, das Jaina und vier andere junge Jedi-Ritter bewirkt hatten, als sie urplötzlich ihre Pflichten im Stich ließen und in die Unbekannten Regionen aufbrachen.

»Lowbacca ist der Einzige, der die Biomechanik der Maledoth vollkommen versteht«, sagte Corran Horn mit kehliger Stimme. »Es ist also klar, dass das ramoanische Umsiedlungsprojekt vollkommen zum Stillstand gekommen ist.«

Widerstrebend wandte Luke den Blick von dem Außenfenster ab und dem Ratszimmer zu, wo Corran mit seinem Laserstab die Holografie eines riesigen Sklavenschiffs der Yuuzhan Vong zeigte. Der Joch-Orden hatte gehofft, das Schiff einsetzen zu können, um die Bevölkerung eines sterbenden Planeten umzusiedeln.

Corran bewegte den Laserzeiger, und die Holografie wechselte zu dem Bild eines von Bergbaukratern gezeichneten Asteroiden. »Die Situation im Maltorianischen Minengürtel verschlechtert sich ebenfalls. Ohne Zekk. der sich dieser Burschen annimmt, verwüsten Dreiauges Piraten nahezu ungehindert das System. Die Lieferungen von Rohmaterial sind um fünfzig Prozent gefallen, und RePlanetHab versucht inzwischen, sie auszukaufen.«

»Das ist eine Entwicklung, der wir sofort entgegenwirken müssen«, stellte Mara fest. Sie saß neben Luke und war - wie üblich - die Erste, die direkt aufs Thema kam. Das gehörte zu den Dingen, die Luke am meisten an ihr bewunderte - in einer Zeit, in der die kleinsten Entscheidungen Folgen hatten, die selbst ein Dejarik-Champion der Columbi nicht hätte vorhersagen können, handelte seine Frau mit klarem Instinkt. »Wenn Rehab-Konglomerate anfangen, Piraten auszukaufen, wird es im Galaktischen Kern bald von Plünderern wimmeln.«

Die anderen Meister stimmten zu.

»Also gut«, sagte Corran. »Wo finden wir einen Ersatz für Zekk?«

Niemand hatte es eilig, zu antworten. Die Jedi waren bereits viel zu weit über die Galaxis verstreut, und die meisten Jedi-Ritter - und sogar einige Schüler - hatten schon drei Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Während die Gierigen und Selbstsüchtigen in der Galaxis immer geschickter wurden, wenn es darum ging, den Senat der Galaktischen Allianz zu manipulieren, wurde die Situation immer verzweifelter.

Kyp Durron sagte schließlich: »Die Solos sollten auf Borao bald fertig sein.« Er trug einen fadenscheinigen Umhang und eine Tunika, sein braunes Haar war lang und zottig, und insgesamt sah er aus, als wäre er gerade von einem langen Einsatz zurückgekehrt. Wie immer. »Vielleicht wird RePlanetHab Geduld bewahren, wenn sie wissen, dass die Solos auf dem Weg sind.«

Diesmal dauerte das Schweigen sogar noch länger als beim letzten Mal. Streng genommen standen die Solos nicht für solche Einsätze zur Verfügung. Han war nicht einmal ein Jedi, und Leias Status im Orden war bestenfalls inoffiziell. Der Rat bat sie nur einfach immer wieder zu helfen, und sie taten es, und jeder Meister im Raum wusste, dass der Orden die Selbstlosigkeit der Solos schon viel zu lange ausgenutzt hatte.

»Jemand anders soll sich mit ihnen in Verbindung setzen«, sagte Mara schließlich. »Leia zuckt schon zusammen, wenn sie nur Lukes Gesicht auf dem Holokom sieht.«

»Ich kann es machen«, bot Kyp an. »Ich bin daran gewöhnt, bei ihr eine solche Wirkung auszulösen.«

»Das wird Maltoria helfen«, sagte Corran. »Aber was ist mit dem Ar'krai der Bothans? Alemas letzter Bericht legt nahe, dass sich Reh'mwa und seine Fundamentalisten jetzt auf Zonama Sekot konzentrieren. Sie haben die Avengeance für eine Erkundungsmission in den Unbekannten Regionen ausgerüstet.«

Ein subtiler Wirbel in der Macht zog Lukes Aufmerksamkeit zum Eingang. Er hob die Hand, um die Diskussion zu unterbrechen.

»Entschuldigt mich einen Moment.« Er wandte sich dem Foyer zu und versenkte sich vollkommen in die Macht, bis er eine der Personen erkannte, die auf dem Weg zu ihnen waren, dann sagte er: »Vielleicht sollten wir später weitermachen. Wir wollen nicht, dass Staatschef Cal Omas erfährt, wie besorgt wir wegen des Verschwindens der jungen Jedi-Ritter sind.«

»Nein?«

»Nein.« Luke stand auf und ging auf die Tür zu. »Besonders dann nicht, wenn er Chiss mitbringt.«

Luke blieb im Foyerbereich stehen, wo eine einfache Holzbank und zwei leere Steinvasen gegenüber der Tür standen, arrangiert, um eine beruhigende Atmosphäre zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Besucher sich willkommen fühlten. Kaum ein Augenblick verging, da ging die Tür auch schon zischend auf. und ein junger Schüler blieb überrascht direkt vor Luke stehen.

»M-Meister S-Skywalker!«. stotterte der junge Rodianer. Er drohte sich um und hob eine spinnenfingrige Hand zur Tür. »Staatschof Omas und. «

»Ich weiß. Twool. Danke.«

Luke schob den Jungen zusammen mit dem anderen Schüler, der hereingekommen war, wieder zurück in den Flur, dann trat er selbst in die Tür und stand auch schon Staatschef Cal Omas und drei blauhäutigen Chiss gegenüber. Der erste Chiss hatte ein faltiges Gesicht, und sein Kinn wirkte ein wenig schlaff. Er war vielleicht der älteste Chiss. den Luke je gesehen hatte. Bei den beiden hinter ihm handelte es sich eindeutig um Leibwächter - hochgewachsen, stark, aufmerksam und in die schwarzen Uniformen der Vorgeschobenen Verteidigungsflotte der Chiss gekleidet.

»Staatschef Omas«, sagte Luke. Es war Omas' hohlen Wangen und seiner grauen Gesichtsfarbe deutlich anzusehen, wie sehr sein Amt ihn belastete. »Willkommen.«

»Sie erwarten uns also bereits.« Omas warf einen spitzen Blick zum Konferenzraum. »Gut.«

Luke ignorierte die Andeutung und verbeugte sich vor dem älteren Chiss. »Und Aristocra...« Es brauchte einen Moment, bis Omas der Name wieder einfiel, sodass Luke ihn erspüren konnte, ohne sonderlich tief in ihn einzudringen. »Mitt'swe'kleoni. Es ist mir ein Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen.«

Der Chiss kniff die roten Augen zu scharlachroten Linien zusammen. »Sehr beeindruckend. Es ist nicht einfach, Identitätsakten über die Aristokratie der Chiss zu erhalten.«

»Das haben wir auch nicht.« Luke lächelte und blieb weiter in der Tür stehen. »Sie und Ihre Leibwächter sind drinnen willkommen, sobald Sie Ihre verborgenen Waffen abgegeben haben.«

Omas verzog das Gesicht, aber Luke regte sich nicht. Selbst wenn er die verborgenen Waffen nicht durch die Macht wahrgenommen hätte, hätte er immer noch darum gebeten. Immerhin waren diese Leute Chiss.

»Wie Sie wissen«, fuhr Luke fort, »sind im Jedi-Tempel keine anderen Waffen als Lichtschwerter erlaubt.«

Mitt'swe'kleoni lächelte wie ein alter Mann, der dabei erwischt wird, wie er etwas trinkt, das sein Arzt verboten hat, dann holte er einen kleinen Blaster aus dem Stiefel und reichte ihn seinem Leibwächter.

»Meine Leibwächter werden im Flur warten«, sagte er. »Ich sehe schon, dass sie in einem Raum voller Jedi nicht viel nützen würden.«

»Sie würden sie auch nicht brauchen.« Luke trat beiseite und ließ die beiden Politiker an ihm vorbei in den Konferenzraum. »Bitte setzen Sie sich zu uns.«

Als sie eintraten, betrachtete Mitt'swe'kleoni interessiert die Einrichtung - die automatische Küche, den kleinen Wald seltener Trebala-Pflanzen, die fließend geformten Sitzmöbel -, und die Arroganz verschwand nach und nach aus seiner Haltung. Es war nicht die Reaktion, die Luke sich gewünscht hätte. Der neue Jedi-Tempel war ein Geschenk der Galaktischen Allianz, den Jedi aufgedrängt in einem verzweifelten Versuch, ein Zeichen des Fortschritts zu setzen, als die versagende Wiederaufbaubehörde den Regierungssitz nach Coruscant zurückverlegt hatte. In vielerlei Hinsicht hatte die Umsiedlung so spektakulär versagt, wie sie es verdient hatte. Aber der Tempel, eine Pyramide aus Stein und Transparistahl, entworfen, um in Harmonie mit dem neuen Gesicht des Nachkriegs-Coruscant zu existieren, beeindruckte für gewöhnlich mit seinen majestätischen Ausmaßen und der Wiedergutmachungsarchitektur. Er erinnerte Luke auch ununterbrochen an seine größte Angst: dass die Jedi begannen, sich durch die Augen anderer wahrzunehmen, und dadurch schließlich kaum mehr sein würden als die Hüter einer dankbaren Galaktischen Allianz.

Im Konferenzbereich erhoben sich die Meister, um ihre Gäste zu begrüßen.

»Ihr kennt alle Staatschef Cal Omas, denke ich.« Luke bedeutete Omas, sich zu setzen, dann nahm er Mitt'swe'kleoni am Ellbogen und führte ihn in den abgesenkten Kreis. »Das hier ist Aristocra Mitt'swe'kleoni aus dem Reich der Chiss.«

»Bitte benutzen Sie meinen Kernnamen Tswek«, sagte der Aristocra. »Der lässt sich leichter aussprechen.«

»Gern«, antwortete Luke, sah dabei aber weiter den Rat an. »Tswek hat, glaube ich, verstörende Nachrichten für uns.«

Tswek runzelte die Stirn, aber Lukes »Intuition« überraschte ihn nicht mehr. »Dann wissen Sie, wieso ich hier bin?«

»Wir können Ihre Unruhe in der Macht spüren«, sagte Luke und wich damit einer direkten Antwort aus. »Ich nehme an. es hat mit unseren Jedi in den Unbekannten Regionen zu tun.«

»In der Tat«, sagte Tswek. »Das Reich der Chiss verlangt eine Erklärung.«

»Eine Erklärung?« Corran gelang es nicht, seine Empörung zu verbergen. »Worüber?«

Tswek ignorierte Corran demonstrativ und starrte weiterhin Luke an.

»Die Jedi haben viele Stimmen. Aristocra«, sagte Luke. »Aber wir sprechen als eine Person.«

Tswek dachte einen Moment nach, dann nickte er. »Also gut.« Er wandte sich Corran zu. »Wir verlangen eine. Erklärung für das, was Sie getan haben. Was an unserer Grenze geschieht, geht Sie nichts an.«

Trotz der Welle von Bestätigung und Zweifeln, die sie nun in der Macht wahrnehmen konnten, blieben die Jedi-Meister nach außen hin ruhig.

»Die Chiss-Grenze, Aristocra?«, fragte Saba Sebatyne, eine der neuesten Jedi-Meisterinnen.

»Selbstverständlich.« Tswek wandte sich der Barabel nachdenklich zu. »Sie wissen nicht, was Ihre Jedi-Ritter tun, oder?«

»All unsere Jedi sind gut ausgebildet«, sagte Luke zu Tswek. »Und die fraglichen fünf sind sehr erfahren. Wir sind sicher, dass sie gute Gründe für all das haben, was sie taten.«

Ein misstrauisches Glitzern erschien in Tsweks scharlachroten Augen. »Bisher konnten wir sieben Jedi identifizieren.« Er wandte sich Omas zu. »Es sieht so aus, als könnte ich hier nichts ausrichten. Die Jedi, die in diese Sache verwickelt sind, handeln offenbar auf eigene Initiative.«

»In welche Sache genau sind sie verwickelt?«, fragte Kyp.

»Das geht die Galaktische Allianz nichts an«, sagte Tswek. Er verbeugte sich vor den Ratsmitgliedern. »Ich entschuldige mich dafür, Ihre Zeit verschwendet zu haben.«

»Entschuldigungen sind nicht notwendig«, sagte Luke. Er dachte daran, den Namen von Chaf'orm'bintrano zu erwähnen, eines Aristocra, dem er und Mara vor Jahren bei einem Einsatz begegnet waren, aber es war unmöglich, zu wissen, wie das aufgenommen würde. Chiss-Politik war so launenhaft wie geheimniskrämerisch, und nach allem, was Luke wusste, konnte Formbis Familie gut eine der fünf herrschenden Familien sein, die in den letzten Jahren mysteriöserweise aus dem politischen Spektrum verschwunden waren, während der Rest der Galaxis gegen die Yuuzhan Vong gekämpft hatte. »Alles, womit unsere Jedi-Ritter zu tun haben, geht diesen Rat an.«

»Dann schlage ich vor, dass Sie sie in der Zukunft besser beaufsichtigen«, entgegnete Tswek. Als Luke ihm immer noch nicht aus dem Weg ging, wandte er sich Omas zu. »Ich bin fertig hier, Staatschef.«

»Selbstverständlich.« Omas flehte Luke mit einem Blick an, beiseitezutreten, dann sagte er: »Eine Eskorte wird am Tempeleingang zu Ihnen stoßen. Ich werde, wenn Sie erlauben, noch hierbleiben und mit den Jedi reden.«

»In diesem Fall bedanke ich mich für Ihre Gastfreundschaft.« Tswek verbeugte sich vor dem Staatschef, dann wandte er sich der Tür zu. »Ich werde innerhalb einer Stunde nach Hause zurückkehren.«

Omas wartete, bis der Aristocra weg war, dann sah er Luke verärgert an. »Und?«

Luke spreizte die Finger. »Zu diesem Zeitpunkt, Staatschef Omas, wissen Sie mehr als wir.«

»Das befürchtete ich schon«, knurrte Omas. »Offensichtlich ist eine Gruppe von Jedi in Grenzstreitigkeiten mit den Chiss verwickelt.«

»Wie kann das sein?«, fragte Mara. Bevor sie verschwunden war, hatte Jaina dem Rat Zielkoordinaten geschickt, die sie und die anderen berechnet hatten, indem sie den Ort des geheimnisvollen Rufs anpeilten. Astronomische Erkundungen hatten nicht einmal einen Stern in diesem Bereich gezeigt und ganz bestimmt kein Anzeichen, dass die Koordinaten für die Chiss von irgendwelchem Interesse sein könnten. »Ihr Ziel befand sich über hundert Lichtjahre vom Rand des Chiss-Reichs entfernt.«

»Dann sind unsere Jedi also tatsächlich dort draußen«, sagte Omas. »Und wir können im Augenblick nicht einen einzigen Jedi entbehren, von sieben nicht zu reden.«

Maras grüne Augen glühten wie Laser. »Unsere Jedi, Staatschef Omas?«

»Verzeihen Sie mir.« Die Stimme des Staatschefs war mehr einlenkend als entschuldigend. Luke wusste, dass Omas in seinem Herzen die Jedi ebenso sehr für Diener der Galaktischen Allianz hielt, wie er selbst einer war. »Ich wollte nichts andeuten.«

»Selbstverständlich nicht«, sagte Mara in einem Tonfall, der nahelegte, dass er das lieber ernst meinen sollte. Sie wandte sich dem Rest des Rats zu. »Mitt'swe'kleoni sprach von sieben Jedi. Was fangen wir damit an?«

»Diese hier zählt fünf.« Saba hob die Hand und einen Klauenfinger nach dem anderen, »Jaina. Alema. Zekk, Lowbacca und Tesar.«

Kyp fügte zwei Finger hinzu. »Tekli und Tahiri?«

Omas runzelte die Stirn. »Wie ist das möglich? Ich dachte, die beiden wären in den Unbekannten Regionen auf Zonama Sekot.«

»Das sollten sie sein«, sagte Corran. »Aber ebenso wie die anderen sind sie Überlebende der Myrkr-Mission.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Omas. »Was hat das hier mit der Myrkr-Mission zu tun?«

»Ich wünschte, das wüssten wir«, sagte Luke. Die Myrkr-Mission war mitten im Krieg gegen die Yuuzhan Vong durchgeführt worden und so teuer wie erfolgreich gewesen. Anakin Solo und sein Einsatzteam hatten die Jedi-mordenden Voxyn vernichten können. Aber sechs junge Jedi-Ritter waren dabei umgekommen - darunter Anakin selbst -, und ein weiterer galt als vermisst. »Ich kann Ihnen nur sagen,>das< Jaina und die anderen Überlebenden dieses Einsatzes in den letzten Wochen berichteten, einen >Ruf< aus den Unbekannten Regionen erhalten zu haben. An dem Tag, an dem sie gingen, war dieser Ruf ein Ruf nach Hilfe geworden.«

»Und obwohl wir wissen, dass sich Tenel Ka immer noch auf Hapes befindet«, fuhr Mara fort, »scheint es wahrscheinlich, dass die andern Jedi Tekli und Tahiri sind.«

Niemand sprach aus, dass Jainas Bruder Jacen ebenfalls einer der sieben sein könnte. Als sie das letzte Mal von ihm gehört hatten, hatte er sich irgendwo auf der anderen Seite der Galaxis befunden, bei den Fallanassi.

»Und was ist mit Zonama Sekot?«. fragte Omas. Zonama Sekot war der lebende Planet, der zugestimmt hatte, den besiegten Yuuzhan Vong ein Heim zu sein. »Könnte der Ruf von dort gekommen sein?«

Luke schüttelte den Kopf. »Zonama Sekot hätte sich direkt mit mir in Verbindung gesetzt, brauchte er unsere Hilfe. Ich bin sicher, dass diese Sache mit der Myrkr-Mission zu tun hat.«

Omas schwieg und wartete auf weitere Erklärungen, aber mehr wusste Luke selbst nicht.

Stattdessen fragte der Jedi-Meister: »Was hat Mitt'swe'kleoni Ihnen gesagt?«

Omas zuckte mit den Achseln. »Er verlangte zu wissen, wieso die Galaktische Allianz Jedi geschickt hätte - seine Worte -, die sich in einen Grenzkonflikt der Chiss einmischen. Als er erkannte, wie überrascht ich über diese Frage war. verlangte er, mit Ihnen zu sprechen.«

»Das ist schlecht«, sagte Mara. »Sehr schlecht.«

»Ganz meiner Meinung«, sagte Omas. »Entweder glaubt er, dass wir alle lügen...«

»... oder er glaubt, unsere Jedi-Ritter hätten sich von uns abgewandt«, schloss Saba. »Wie auch immer, das Ergebnis wird das gleiche sein.«

»Die Chiss werden versuchen, das Problem selbst zu lösen«, sagte Omas. Er fuhr sich durch das schütter werdende Haar. »Was wird dabei herumkommen?«

»Unsere Jedi-Ritter können auf sich aufpassen«, sagte Luke.

»Das weiß ich!«, fauchte Omas. »Mir geht es um die Chiss.«

Luke spürte, dass Mara zornig wurde, aber sie entschied sich, Omas' Tonfall zu überhören und nichts dazu zu sagen. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, ihn daran zu erinnern, dass sich nicht alle Jedi als seine Untergebenen betrachteten und entsprechend behandelt werden wollten.

»Wenn die Chiss etwas gegen sie unternehmen, werden Jaina und die anderen versuchen, die Situation zu entschärfen - zumindest eine Zeitlang«, sagte Luke. »Danach hängt alles vom Wesen des Konflikts ab.«

»Aber sie werden nicht zögern, Macht gegen Macht einzusetzen«, fuhr Mara fort. »Das würden wir auch nicht von ihnen verlangen. Und wenn die Chiss genügend drängen, wird Jaina ihnen früher oder später eine blutige Nase verpassen.«

Omas wurde blass und wandte sich Luke zu. »Sie müssen dem ein Ende machen, und zwar sofort! Wir können nicht zulassen, dass es Tote gibt.«

Luke nickte. »Wir werden selbstverständlich jemanden.«

»Nein, ich meinte Sie persönlich.« Omas wandte sich den anderen zu. »Ich weiß, die Jedi haben ihre eigene Art, mit Problemen umzugehen. Aber da Jaina Solo diese jungen Jedi-Ritter anführt, ist Meister Luke der Einzige, der sie nach Hause holen kann. Diese junge Frau ist so starrsinnig wie ihr Vater.«

Diesmal widersprach keiner.

Ein silberner Splitter jagte am Bug des Falken vorbei, drei Kilometer entfernt und gerade noch unterhalb der Wolken, dann verschwand er in einer Nebelbank, fast schon, bevor Han Solo klar wurde, was er gesehen hatte.

»Hast du das mitgekriegt?« Er brauchte beide Hände, um den Falken zu steuern. Wegen der Schwaden von grauem Nebel unter grauem Himmel und den mit Ranken überzogenen Yorikkorallen-Türmen, die aus einem Wald aufragten, der aussah, als bewegte er sich, war es nicht ganz ungefährlich, Borao kartografisch zu erfassen. Es hätte sogar tödlich enden können. »Wieso ist hier ein anderes Schiff? Hast du nicht gesagt, der Planet wäre verlassen?«

»Das ist er, mein Lieber.« Leia warf einen Blick auf die Konsole vor dem Copilotensitz, dann schüttelte sie missmutig den Kopf, als sie die Statik dort sah. »Die Sensoren können durch diese ionisierten Wolken nichts weiter wahrnehmen, aber wir wissen, was das für ein Schiff war.«

»Und du behauptest, ich würde stets zu schnelle Schlüsse ziehen!« Trotz Hans Widerspruch verspürte sie so etwas wie Hoffnungslosigkeit. Seit das Gesetz zum Wiederaufbau verfallender Planeten durch den Senat gegangen war, schien es in der Galaxis mehr Forschungsschiffe zu geben als Sterne. »Es könnte auch ein Schmuggler sein oder ein Pirat. Ein Ort wie dieser gäbe ein gutes Versteck ab.«

Leia betrachtete den Schirm noch einen Moment, dann schüttelte sie erneut den Kopf. »Unmöglich. Schau dir das an.«

Der Ausblick aus der Heckkamera erschien auf ihrem Schirm und zeigte die unförmige kleine Form eines Koensayr- Vermessungsschiffs. Es befand sich genau in der Mitte des Schirms.

»Es verfolgt uns!«

»Sieht so aus«, stimmte Leia zu. »Die gute Nachricht ist, dass es noch nicht lange dort sein kann, sonst hätte ich es bemerkt. Da unsere Langstreckensensoren blockiert sind, lege ich die Ansichten aus den Außenkameras auf den Schirm.«

»Gute Idee.« Han lächelte Leias Spiegelbild auf der Cockpitkuppel zu. Sie hatte sich mit dem gleichen Engagement auf die Rolle der Stellvertretenden Kommandantin des Falken gestürzt, die sie allem entgegenbrachte, was sie tat, und er hätte keine bessere Copilotin für den YT-1300 finden können. Aber hinter ihrer majestätischen Haltung lag eine gewisse Unruhe, in den braunen Augen stand eine Rastlosigkeit, die ihn sich manchmal fragen ließ, ob dieser Posten nicht zu wenig für sie war. Was Han verstand. Jede Frau, die eine Rebellion inspiriert und eine galaktische Regierung durch ihre Kindheitstage geführt hatte, fand es an Bord eines Frachters vielleicht ein wenig eng - auch wenn sie zu viel Klasse hatte, um das auszusprechen. »Das liebe ich an dir.«

Leia lächelte strahlend. »Klug und schön?«

Han schüttelte den Kopf. »Du bist wirklich ein guter Copilot.« Er beschleunigte, und die bewaldeten Hügelkämme unter ihnen schössen verschwommen dahin. »Bring die Heckschilde auf Höchstleistung. Das Koensayr-Schiff hat gerade eine Flotte bewaffneter Vermessungskapseln an RePlanetHab geliefert, also könnte es rau werden.«

Leia sah auf die Schubanzeige. »Han, was, zum Teufel, machst du da?«

»Ich habe genug davon, mich von diesen PlanetHab-Piloten herumschubsen zu lassen. Das lässt mich alt aussehen.«

»Mach dich nicht lächerlich«, sagte Leia. »Du bist gerade erst Mitte sechzig.«

»Genau das meine ich ja«, sagte Hau. »Nur weil jemand graue Schläfen hat, denken die Leute, er wird langsamer. Sie bilden sich ein. sie können ihn rumschubsen und. «

»Han, niemand denkt, dass du langsamer wirst.« Leias Stimme war leise geworden. »Dir bleiben noch mindestens vierzig gute Jahre. Vielleicht sogar fünfzig, wenn du gut auf dich aufpasst.«

Eine zimperliche elektronische Stimme erklang aus dem Kom hinter Leia. »Und dürfte ich darauf hinweisen, wie schwierig es ist, von einem andern Schiff aus Ihr graues Haar zu erkennen?« C-3PO beugte sich vor und schob den goldenen Kopf an den Rand von Hans Blickfeld. »Welchen Grund die anderen Piloten auch immer dafür haben mögen, zu denken, Sie wären langsamer geworden, Sir. ich bin ziemlich sicher, dass Ihre Haarfarbe nichts damit zu tun hat.«

»Danke, 3PO«. knurrte Han. »Vielleicht solltest du diese Vokabularschaltkreise abschalten, bevor jemand sie mit einer Plasmafackel erforscht.«

»Eine Plasmafackel?«, rief C-3PO. »Wie sollte jemand auf eine solche Idee kommen?«

Han ignorierte den Droiden und zog den Falken in eine tief hängende Wolke. Normalerweise hätte er sie umflogen aufgrund des Risikos, einen der seltsamen Türme zu rammen, welche die Yuuzhan Vong auf dem Planeten hinterlassen hatten. Aber das hätte eine zweite kartografische Erfassung auf der anderen Seite erfordert, und dazu blieb ihnen einfach nicht die Zeit - nicht, wenn sie dieses Schiff in seinem eigenen Spiel schlagen wollten.

Als der Falke auf der anderen Seite der Wolke herauskam, ohne mit etwas zusammengestoßen zu sein, seufzte ihr Passagier erleichtert und schob den T-förmigen Kopf zwischen die Sitze.

»Captain Solo, es hat keinen Sinn, Ihr Schiff aufs Spiel zu setzen.« Ezam Nhor sprach mit Mündern auf beiden Seiten seines gebogenen Halses, was seiner ithorianischen Stimme eine trauernde Stereoqualität verlieh. »Die Wiederaufbaugesetze besagen: Wenn zwei Gruppen ähnliche Ansprüche erheben, muss die Wiederaufbaubehörde der mit den größeren Ressourcen den Zuschlag erteilen. Meine Leute haben nicht einmal die Mittel, die einem kleinen Wiederaufbaukonglomerat entsprächen, von denen von RePlanetHab ganz zu schweigen.«

»Sie sind jung, also wissen Sie das vielleicht nicht«, erwiderte Han, »aber ich halte mich für gewöhnlich nicht an Regeln.«

Ein unbehagliches Ächzen kam aus beiden Seiten des Halses des Ithorianers.

»Han, ich verliere so ungern gegen diese Wortverdreher wie du«, sprach Leia auf ihren Mann ein, »aber Ezam hat recht. Die Ithorianer haben keine. «

»Wir können das hier schaffen«, sagte Han. Eine gewaltige Nebelbank, deren Rand sich bis zu den Baumwipfeln zog, war am Horizont aufgetaucht. »Borao ist keine leicht zu vermessende Welt, und wir haben großen Vorsprung.«

»Und?«

»Und die Wiederaufbaubehörde muss jeden Anspruch notieren, der an sie gestellt wird.« Han ließ das Schiff über die näher kommende Nebelbank aufsteigen. Eine kleine Wolke war eine Sache, aber er würde nicht blind durch wer weiß wie viele Kilometer dichten Nebels fliegen. »Wenn ich Lando überreden kann, uns zu unterstützen, haben wir immer noch eine Chance. Wir müssen nur unsere Karte als Erste senden.«

Leia schwieg.

»Na gut, die Chancen sind nicht allzu groß«, fuhr er fort.

»Aber besser als nichts. Lind es ist nicht so, als hätten wir schon zuvor auf langfristige Lösungen gesetzt.«

»Han. «

»Außerdem kann Luke vielleicht ein wenig Unterstützung von Cal Omas beschaffen«, sagte er. »Das würde.«

»Han.« Leia legte ihre Hand auf die seine und schob den Hebel, auf dem seine Hand lag, nach vorn. »Wir haben keine Zeit, unsere Geländescanner neu einzustellen.«

»Hast du den Verstand verloren?« Er betrachtete die Atmosphäre vor ihnen mit nervösen Augen. »Tatsächlich. Du bist verrückt.«

»Ich dachte, du willst gewinnen?«

»Ja«, sagte Han. »Und um das zu tun. müssen wir am Leben bleiben.«

»Captain Solo hat da ein hervorragendes Argument vorgebracht«, sagte C-3PO. »Solange unsere Sensoren nicht richtig arbeiten, sind unsere Chancen, in diesen Wolken gegen einen verlassenen Wachturm zu stoßen, ungefähr.«

»Ich brauche keine Zahlen. 3PO«, sagte Leia. »Ich muss mich konzentrieren.«

Sie richtete die Aufmerksamkeit auf den grauen Vorhang vor ihnen, und Nebelwirbel begannen, sich aus der Mitte zu lösen. Han setzte gerade zu einer boshaften Bemerkung darüber an, eine Wetter-Jedi als Copilotin zu haben, als ihm wieder einfiel, was Leia zu 3PO gesagt hatte, und so verkniff er sich die Bemerkung. Ihre Ausbildung war immer noch eher unregelmäßig, und wenn sie sagte, sie müsse sich konzentrieren, war es vermutlich das Klügste, ihr zu glauben.

Als sie die Nebelbank erreichten, hatte Leia schon einen langen Kanal durch deren Mitte geöffnet - einen sehr schmalen Kanal, nicht viel breiter als der Falke selbst.

C-3POs elektronische Stimme durchdrang das angespannte Schweigen. »Oje!«

»Still, 3PO«, bellte Han. »Leia muss sich konzentrieren.«

»Dessen bin ich mir bewusst, Captain Solo, aber der Weg, den sie geöffnet hat, bildet nur einen kleinen Pfad durch die ionische Störung. Wir erhalten außerdem eine Komsendung von innerhalb des Systems von Meister Durron.«

»Nimm sie entgegen«, befahl Han. In der Kuppelreflexion sah er. wie Leia die Stirn runzelte, und Nebelschwaden drangen wieder in den Kanal ein. »Und hör auf. uns zu stören.«

»Es tut mir leid. Captain Solo, das ist unmöglich. Die ionische Störung scheint zurückzukehren, und unser Empfang ist zu verzerrt, um zu antworten. Wenn Sie ein paar hundert Meter aufstiegen, könnte ich eine statische Reinigung vornehmen, um das Signal zu verstärken.«

»Nicht jetzt!« Der Nebel schloss sich vollständig. Unfähig, auch nur über das Ende des Cockpits hinwegzusehen, warf Han einen Blick zu Leia. »Wenn es zu viel ist...«

»Es wäre nicht zu viel, wenn du mich einfach in Ruhe lassen würdest!«, fauchte sie. »Willst du hier gewinnen oder nicht?«

»Also gut. Kein Grund, schnippisch zu werden.« Han wandte sich wieder nach vorn, wo sich der Nebel erneut teilte.

»Viel besser«, sagte C-3PO. »Vielen Dank, Prinzessin Leia. Meister Durron scheint recht aufgeregt zu sein.«

Kyps Stimme erklang aus dem Komlautsprecher, kratzig und verzerrt. »... deine Schaltkreise von innen schmilzt!«

»Immer mit der Ruhe, Junge«, sagte Han. »Ich hoffe, du hast einen guten Grund dafür, uns zu stören.«

»Wann wirst du damit aufhören, mich >Junge< zu nennen?«, fragte Kyp.

»Bald«, versprach Han. »Sieh mal, wir haben hier viel zu tun. Wenn das also alles ist, was du wissen wolltest.«

»Tut mir leid«, sagte Kyp. »Ich wünschte, das hier könnte warten, aber ich bin auf dem Durchflug nach Ramodi.«

»Zu dem Baradium-Ring?«, fragte Han. »Ich dachte, Tesar Sebatyne sollte sich darum kümmern.«

»Sollte ist genau das richtige Wort.« Kyp hielt einen Moment inne. »Etwas ist passiert.«

»Wichtiger als Baradium-Schmuggel?«

»Schwer zu sagen«, meinte Kyp. »Wenn ihr dort fertig seid, möchte der Rat Leia und dich ins Maltorianische System schicken.«

»Nett von ihnen zu fragen«, knurrte Han. »Das ist es, was ich gerade tue«, entgegnete Kyp. »Der Rat gibt keine Anordnungen - besonders euch beiden nicht.«

»Darauf wäre ich nie gekommen«, sagte Han, »Was ist mit Zekk? Alles in Ordnung mit ihm?«

Kyp schwieg lange, und Han nahm schon an. die Verbindung wäre abgebrochen.

»Kyp.«

»Zekk geht es offenbar gut«, sagte Kyp. »Aber es ist etwas passiert, und er musste gehen.«

In Hans Kopf schrillten die Alarmsirenen los. Jaina hatte ihnen von dem geheimnisvollen Ruf erzählt, den sie und die anderen Angehörigen der Myrkr-Mission aus den Unbekannten Regionen erhalten hatten.

»Hör mal«, knisterte Kyps Stimme durch das Kom, »wir wollten euch nicht schon wieder bitten, aber das hier ist wichtig. RePlanetHab ist so gut wie bereit, Dreiauge auszukaufen.«

»Ich muss mit Leia darüber reden.« Wenn man bedachte, wer gerade versuchte, Borao unter ihnen wegzustehlen, war Han nicht sicher, ob einer von ihnen wirklich so versessen darauf war, RePlanetHab bei einem Piratenproblem zu helfen. »Die Verhandlung gegen Redstar sollte bald vorbei sein, und wir hofften. Jaina ein paar Tage zu sehen, bevor sie wieder losfliegt.«

Noch einmal wurde es lange still, und diesmal beschloss Han abzuwarten. Ein verschwommener grünlicher Umriss erschien am Ende des Nebelkanals, den Leia offen hielt. Sie hatte den Blick weiter starr nach vorn gerichtet. Han hoffte, dass sie etwas sehen konnte - und dass sie nicht so tief in ihre Trance gesunken war. dass ihr der trübe Streifen von Dunkelheit vor ihnen entging.

Schließlich sagte Kyp: »Äh. das mit Jaina könnte ein Problem werden.«

»Sag das nicht«, bat Han. »Etwas ist vorgefallen.« Der trübe Streifen vor ihnen verdickte sich zu einer schärfer umgrenzten Form. »Etwas in den Unbekannten Regionen, wette ich.«

»Na ja. äh, du hast recht.«

»Gut, das zu hören«, schnaubte Han. Normalerweise versuchte er, sich wegen Jainas Einsätzen keine Sorgen zu machen. Als beste Kampfpilotin und führende Jedi-Ritterin kam seine Tochter beinahe mit allem zurecht, was die Galaxis ihr entgegenstellte. Aber die Unbekannten Regionen waren etwas anderes - dort lauerten hundert Schrecken, die man sich kaum vorstellen konnte. Das hatte man ihm zumindest gesagt. »Was ist los?«

»Das wissen wir nicht genau«, sagte Kyp. »Es gibt keinen direkten Grund zur Sorge. Meister Skywalker ist mit Mara und Saba unterwegs, um sich darum zu kümmern.«

Daraufhin war Han erst richtig beunruhigt. Drei Meister abzuziehen, da doch die Jedi ohnehin überbeansprucht waren, wies auf ein größeres Problem hin.

»Also gut, Junge«, sagte Han. Der dunkle Streifen am Ende des Nebelkanals war deutlich genug geworden, um ihn als Yorikkorallen-Turm zu erkennen. »Was ist es, das du uns verschweigst?«

»Nichts.«

Han schwieg, und schließlich fügte Kyp hinzu: »Hatte ich die Chiss schon erwähnt?«

Man musste es Leia lassen, sie hielt den Blick nach vorn gerichtet und schaute durch die Sichtfenster der Pilotenkanzel - aber sie verlor die Konzentration. Der Nebel rollte wieder in den Kanal vor dem Falken, und Han verlor den Turm aus dem Blick. Er drosselte das Tempo - und dann spürte er einen plötzlichen Schmerz im Nacken, als etwas das Schiff nach vorn stieß. Eine Kakophonie von Kollisionsalarmen erklang aus der Steuerkonsole. Hans Blick zuckte zu den Statuslichtern der kritischsten Systeme.

»Was war das?«, fragte ihn Nhor von hinten. »Hatten wir einen Zusammenstoß?«

»Nicht genau«, antwortete Han. Über das Kom sagte er:

»Warte einen Moment, Junge. Wir sind hier ein bisschen beschäftigt.«

»Verstanden.« Kyp schien erleichtert zu sein, dass ihm ein paar Minuten blieben, um sich eine Erklärung dessen, was geschehen war. zurechtlegen zu können. »Lasst euch Zeit.«

Sobald Han die Bestätigung hatte, dass noch alle wichtigen Bestandteile arbeiteten, ließ er sich den Blick der Vidcam am Heck übermitteln und sah nichts als Statik.

»Etwas hat uns von hinten getroffen.«

»Das Vermessungsschiff!"«, fragte Leia.

»Nun, es hat uns verfolgt«, sagte Han. »Wie ich so etwas hasse!«

»Oje«, sagte C-3PO. »Ich hoffe, niemand hat Schaden genommen!«

»Es würde ihnen recht geschehen«, knurrte Han. Er aktivierte das Interkom und beorderte Leias Noghri-Leibwächter Cakhmaim und Meewalh in die Geschütztürme. »Schießt noch nicht, sondern sagt mir einfach nur, was ihr hinter uns seht.«

Er warf einen Blick zu Leia und erkannte an der Anspannung um ihren Mund, dass sie jedes Wort des Gesprächs zwischen ihm und Kyp gehört hatte. Er schloss das Interkom.

»Also gut, Junge. Erzähl uns von den Chiss!«

»Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört.« Kyp berichtete über Aristocra Tsweks Besuch und Cal Omas' »Vorschlag«, dass Luke sich persönlich um die Sache kümmern sollte, und dann sagte er: »Meister Skywalker wusste, dass ihr euch Sorgen machen würdet, also hat er Cilghal gebeten, euch Bescheid zu geben, wenn ihr die Unterlagen über die Situation im Maltorianischen System abholt. Aber ich wollte nicht.«

Der Falke erzitterte, und ein weiterer Schadensalarm erklang. Cakhmaim berichtete, dass das Vermessungsschiff trotz seiner eigenen Probleme auf sie schoss.

»Dann schieß ich jetzt zurück«, erklärte Han. »Kyp, du musst...«

»Ich muss warten«, vervollständigte Kyp den Satz. »Seid vorsichtig.«

»Ich habe eine bessere Idee.« Han gab mehr Schub und beschleunigte in den Nebel, dann bat er Leia: »Kannst du diese Nebelsache noch mal machen?«

»Ja«, sagte Leia. Ein leises Grollen vibrierte durch den Falken, als die großen Lasergeschütze aktiviert wurden. »Aber warum nicht aufsteigen und kämpfen, wo wir etwas sehen können?«

Han grinste heimtückisch. »Hast du diesen Turm vor uns nicht bemerkt?«

»Doch«, antwortete sie. Dann trat ein ebenso heimtückisches Lächeln wie das von Han auf ihre Lippen. »Ich mag, wie du denkst, Flyboy.«

»Wie denkt er denn?«, fragte Nhor. »Was werden wir machen?«

»Sie werden schon sehen«, sagte Han. »Halten Sie sich fest.«

Leia wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Nebel zu, und bald schon sahen sie erneut den grünen, von Ranken überwachsenen Turm, der am Ende des Kanals aufragte. Wenn sie bis zur letzten Sekunde nicht bremsten, blieb dem Vermessungsschiff, das ihnen folgte, keine Zeit, dem Turm auszuweichen.

Nhor erkannte, was sie planten.

»Nein!«, kreischte er mit beiden Mündern. »Das dürfen Sie nicht! Sie müssen das abbrechen!«

»Aufhören?«, wiederholte Han. Der Turm war nun so breit wie seine Hand, und er konnte dunkle Korallenflecke durch die Ranken erkennen. »Sind Sie verrückt? Diese Leute schießen auf uns!«

»Das ist gleich.« Nhors Stimme blieb schrill vor Panik. »Mein Volk könnte sich nie eines Planeten durch Mord bemächtigen.«

»Das ist kein Mord«, widersprach Han. »Die anderen haben angefangen. Wir verteidigen uns nur.«

»Das hier ist keine Verteidigung, wenn Sie diese Leute alle umbringen«, sagte Nhor.

Han verlor die Geduld. »Wenn Sie das so sehen, werden die Ithorianer nie einen Planeten finden.« Der Turm war nun so lang wie sein Arm - noch weitere fünf Sekunden, und das Vermessungsschiff würde keine Chance mehr haben. »In dieser Galaxis muss man kämpfen, wenn man etwas braucht.«

»Mein Volk glaubt, dass es schon zu viele Kämpfe gab.« Nhor hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort. »Das hier ist nicht Ihre Entscheidung, Captain Solo. Wenn Sie unsere Rivalen töten, werden die Ithorianer ohnehin nicht herkommen.«

»Han, Ezam hat recht«, sagte Leia. Sie hielt den Blick weiter auf den Nebel gerichtet, aber nun streckte sie den Arm aus und griff sanft nach seiner Hand. »Wir können hier nicht siegen.«

Han hörte aus Leias Tonfall heraus, dass sie ebenso gerne weitergemacht hätte wie er. Dieser Krieg hatte sie beide härter werden lassen - weniger bereit zu vergeben und mehr dazu geneigt, auch um einen höheren Preis zu siegen -, und manchmal fragte er sich, ob die Yuuzhan Vong nicht vielleicht am Ende doch gewonnen hatten. Sie hatten in der Galaxis zweifellos mehr verändert als ein paar tausend Planeten.

»Also gut.« Er zog den Steuerhebel zurück, und der Falke stieg aus den Wolken von Borao auf. »Die Weltenschnapper siegen wieder mal.«

»Tut mir leid, das zu hören«, sagte Kyp über das Kom. »Aber ihr werdet im Maltorianischen Gürtel freiere Hand haben. Mit Dreiauge gibt es dort keine Grauzonen.«

»Nicht so schnell, Junge. Wir haben noch nicht gesagt, dass wir mitmachen.«

»Aber Jaina.«

»... ist in den Unbekannten Regionen«, sagte Han. »Genau darum geht es. Gib uns eine Sekunde.«

Leia unterbrach die Komverbindung. dann fragte sie. »Was denkst du?«

»Das weißt du genau.« Obwohl er es nie ausgesprochen hatte, wünschte sich Han, er wäre Anakin ins Myrkr-System gefolgt. Er wusste, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, und vielleicht wären sie beide umgekommen, aber er wünschte sich immer noch, er hätte es versucht. »Du denkst das Gleiche.«

»Sehr wahrscheinlich.« Leia seufzte. »Du weißt, dass es unvernünftig ist, ihnen zu folgen.«

»Ihnen?«, fragte Han. »Jaina und Lowie und.«

»Und Jacen.« Leia hatte die Augen geschlossen und das Gesicht zu den Sternen erhoben. »Es fühlt sich an, als wäre er ebenfalls unterwegs.«

»Noch ein Grund, dass wir uns dort umschauen«, sagte Han. »Fünf Jahre sind zu lange.«

»Du weißt, dass wir nur um unser selbst willen gehen«, sagte Leia. »Unsere Kinder kennen sich mit solchen Dingen besser aus als wir.«

»Ja«, sagte Han, »aber was sonst sollen wir tun? Den Hals für RePlanetHab hinhalten? Nach einem weiteren verlassenen Planeten schauen, damit sie ihn den Ithorianern stehlen können?«

Leia hielt die Augen immer noch geschlossen, vielleicht um in der Macht nach ihren Kindern zu sehen oder damit ihr eigenes Herz sie leitete. Schließlich öffnete sie die Augen wieder und öffnete erneut den Kanal.

»Tut mir leid, Kyp, wir können euch nicht helfen«, sagte sie. »Han und ich haben schon andere Pläne.«

Das unbekannte Objekt lag direkt vor der [adeschatten, ein verzogenes dunkles Oval von der Größe eines menschlichen Daumens. Sensorauswertungen legten eine Masse so dicht wie Eis nahe, was mitten im Raum eine seltene, wenn auch nicht unmögliche Erscheinung gewesen wäre. Aber Infrarotmessungen gaben die Kerntemperatur irgendwo zwischen warm und glühend heiß an, und die Spektografie zeigte eine Halo aus entweichender Atmosphäre, die auf lebende Bewohner hinwies.

Mara hatte das alles bereits durch die Macht wahrgenommen. Sie konnte eine seltsame Präsenz in dem Objekt spüren, diffus, urtümlich und riesenhaft. Es gab auch andere, kleinere, besser zu unterscheidende Lebensformen, aber keine Spur von Jaina oder den anderen Angehörigen der Einsatztruppe. Und da war auch nichts zu spüren von diesem dringenden Ruf, der von diesen Koordinaten ausgegangen war.

Mara warf einen Blick auf eine Aktivierungsschalttafel vorn im Cockpit. Ein kleiner Teil der Plexlegierungskuppel verwandelte sich in einen Spiegel, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit Luke und Saba Sebatyne zu, die hinter ihr auf den Sitzen des Copiloten und des Navigators saßen.

»Zeit, es uns näher anzusehen?«

»Was habt ihr denn vor?« Die Frage erklang hinter Lukes Sitz, wo ein Junge mit Sommersprossen, rotem Haar und leuchtenden blauen Augen um den Rand der Cockpitluke spähte.

»Ja. Wir werden es uns näher anschauen.« Mara lächelte, denn sie freute sich, ihren Sohn zu sehen, aber sie zwang sich zu einem strengen Tonfall. »Solltest du nicht mit Nanna spielen?«

»Nannas Spielemodul ist für kleine Kinder«, beschwerte er sich. »Sie wollte mich dazu bringen. Tweeks und Ewoks zu spielen.«

»Und warum tut ihr das nicht?«, fragte Luke.

»Ich habe sie abgeschaltet.«

»Wie das denn?«, fragte Mara. »Ihr Energieschalter ist unter ihrer Halsrüstung versteckt.«

Ben wandte den Blick ab, und dies so lässig, wie nur ein kleiner Junge es kann. »Ich habe sie dazu gebracht, sich vorzubeugen und ihn mir zu zeigen.«

»Nanna abzuschalten war nicht besonders nett«, stellte Mara fest. »Ihr Energiekreislauf ist impulsgesichert. Wie, glaubst du, wird sie sich wohl nach einer Notabschaltung fühlen?«

»Dumm.« Bens Antwort wirkte beinahe vergnügt. »Ich habe es bisher erst dreimal gemacht.«

Ein amüsiertes Zischen kam von den Lippen von Saba Sebatyne, was bewirkte, dass sich Ben ein wenig zurückzog, während sein Vater fragte: »Tatsächlich?«

Ben nickte, hatte die großen Augen aber weiterhin auf Sabas klobiges Gesicht gerichtet. Luke drehte sich halb um, griff zu und zog seinen Sohn direkt aufs Deck.

»Versprich mir, dass du das nicht noch einmal tust«, verlangte er, und Mara konnte spüren, wie besorgt er über Bens Streich war. Sie hatten sich schon lange zuvor dagegen entschieden, ihren Sohn von anderen erziehen zu lassen, während sie in der Galaxis unterwegs waren, um sich um ihre vielen Pflichten zu kümmern, auch wenn das Ben ausgesprochene Disziplin abverlangte. »Nanna kann dich nicht beschützen, wenn du sie abschaltest.«

»Wenn sie so dumm ist, wie kann sie das denn überhaupt tun?«, widersprach Ben. »Ein Verteidigungsdroide sollte nicht dümmer sein als ein Kind.«

Statt die Einzelheiten des Ergebenheitsprogramms zu erläutern, forderte Mara: »Ben, antworte deinem Vater. Oder möchtest du lieber auf der Akademie bleiben, wenn wir das nächste Mal unterwegs sind?«

Ben dachte einen Augenblick darüber nach, dann atmete er angestrengt aus. »Also gut.« Er sah Luke an. »Ich verspreche es.«

»Gut«, sagte Luke. »Vielleicht solltest du sie jetzt wieder einschalten.«

»Aber wir sind da.« Ben zeigte durch die Sichtfenster der Pilotenkanzel, wo das unbekannte Objekt weiter in der Dunkelheit verborgen lag. »Ich möchte Jaina sehen!«

»Jaina ist nicht mehr hier«, stellte Mara fest.

»Woher weißt du das?«, fragte Ben.

»Die Macht. Wenn Jaina noch hier wäre, würden dein Vater und ich es spüren.«

»Vielleicht auch nicht«, entgegnete Ben. »Ihr spürt nicht alles.«

»Wir würden Jaina spüren«, erklärte Luke. »Sie ist nicht hier.«

»Und jetzt tu, was dein Vater sagt.« Mara wies mit dem Daumen auf die Hauptkabine. »Geh und schalte Nanna wieder ein und bleib bei ihr, bis wir wissen, wo Jaina ist.«

Ben widersprach nicht, aber er ging auch nicht.

»Wenn Ben nicht gehen will, kann diese hier auf ihn aufpassen.« Saba drehte ihren Sitz herum und zwinkerte dem Jungen mit geschlitzten Pupillen zu. »Er kann auf ihrem Schoß sitzen.«

Ben riss die Augen auf, fuhr auf dem Absatz herum und rannte den Flur entlang. Saba zischte erheitert, aber leise, und Mara dachte, die Barabel wäre vielleicht gekränkt.

»Stör dich nicht daran. Saba«, sagte sie. »Selbst wir verstehen dieser Tage nicht, was mit ihm los ist.«

Saba blinzelte Maras Reflexion an - zwei Mal. »Er versteckt sich vor der Macht«, sagte sie. »Diese hier ist überrascht, dass es dir und Meister Skywalker nicht aufgefallen ist.«

»Wir haben es durchaus bemerkt«, sagte Luke. »Aber wir verstehen nicht, warum. Seit dem Krieg verschließt er sich vor ihr.«

»Ben sagt, er will sein wie sein Onkel Han und auf diese Weise mit den Dingen umgehen«, fügte Mara hinzu. »Aber es muss noch mehr dahinterstecken. Dieser Zustand dauert zu lange, um nur eine Phase zu sein.«

Mara verkniff es sich, hinzuzufügen: Und er kann es inzwischen ziemlich gut! Vielleicht, weil dieser Gedanke ihr solche Angst machte. Sie musste sich intensiv und lange konzentrieren, um die Macht in ihrem Sohn zu finden, und Luke hatte manchmal Probleme, Bens Anwesenheit überhaupt zu spüren.

»Interessant.« Saba witterte die Luft mit ihrer langen Zunge, dann drehte sie sich zum Flur um. »Vielleicht hat ihm nicht gefallen, wie sich der Krieg anfühlte.«

»Kann sein«, stimmte Luke zu. »Wir haben versucht, ihn abzuschirmen, aber vielleicht ist uns das nicht völlig geglückt.«

»In der Galaxis ist zu viel geschehen.« Mara war beinahe überrascht über ihre defensive Haltung. »Es lag zu viel Qual in der Macht.«

»Ja, wir spürten es ebenfalls«, stimmte Luke zu. »Doch was uns wirklich beunruhigt, Saba: Vielleicht versteckt er sich vor uns.«

»Ihr habt keinen Grund, euch Sorgen zu machen«, antwortete Saba. »Ben wird sich nicht für immer vor euch verstecken. Selbst diese hier kann sehen, wie sehr er an seinen Eltern hängt.«

Luke dankte ihr für den Trost, dann bat er R2-D2 um ein Infrarotbild des unbekannten Gegenstands. Etwas, das wie eine Ansammlung von bebenden Blutzellen aussah, erschien auf Maras Schirm. Jede Zelle hatte ein unregelmäßig schlagendes weißes Herz, umgeben von einem rosafarbenen Rand, und alle waren durch ein Gewebe lodernder roter Punkte verbunden.

»Sieht aus wie ein Netz von Wohnungsmodulen«, stellte Mara fest.

»Und es fühlt sich an wie ein Rangi-Berg«. fügte Saba hinzu.

»Das führt uns zumindest irgendwohin. Aber was sind Rangis?«, fragte Luke.

»Sie schmecken sehr gut - und dieses Kompliment beruht auf Gegenseitigkeit.« Saba zischte vergnügt und stand auf, um das Deck zu verlassen. »Diese hier wird den StealthX nehmen und nachsehen.«

»Bleib lieber hier«, sagte Mara. Auf dem Schirm flackerte eine Reihe weißer Gegenstände nahe der Mitte des unbekannten Objekts auf. »Zumindest, bis wir wissen, was das da ist.«

Die Kreise begannen zu wirbeln und größer zu werden. Mara machte sich nicht die Mühe, zu zählen, aber es mussten über hundert von ihnen sein. Mehr winzige Kreise erschienen und schössen hinter den anderen her. Mara löste eine Reihe automatischer Überprüfungen aus, um die Stromkreise der

Schatten vorzuwärmen.

»Niedriger.«

Die beweglichen Lasergeschütze der Schatten senkten sich in Schussposition, als Luke Maras Befehl vorwegnahm. Sie machte die Protonentorpedos scharf und öffnete die Ausstoßrohre.

»R2, sag Nanna, sie soll Ben zu seinem Sitz bringen«, befahl Luke.

R2-D2 pfiff protestierend.

»Niemand behauptet, dass sie wirklich schießen«, antwortete Luke. »Wir wollen nur auf alles vorbereitet sein.«

R2 fügte eine weitere Bemerkung hinzu.

»Tatsächlich?«, erwiderte Luke. »So viele?«

Mara schaute um ihren Schirm herum und sah, wie ein Zähler schnell weiterlief.

»Fünfhundert?«, keuchte sie. »Wer schickt fünfhundert Schiffe, um sich einen einzigen Eindringling anzusehen?«

R2-D2 zwitscherte gereizt, dann erschien auf Maras Schirm eine Botschaft, die sie bat, ein wenig Geduld zu haben. Er versuchte immer noch. Schiffsprofile zusammenzustellen; die Identifikation dessen, der sie geschickt hatte, würde warten müssen.

»Tut mir leid«, sagte Mara und fragte sich, wann sie angefangen hatte, sich von Astromechdroiden einschüchtern zu lassen. »Lass dir Zeit.«

R2-D2 fügte eine Bemerkung über die Schubsysteme hinzu, die die Schiffe benutzten.

»Raketentriebwerke?«, fragte Luke ungläubig. »Wie in alten Nuklearraketen?«

R2-D2 pfiff gereizt. Die Notiz auf Maras Schirm lautete: Chemische Raketen. Methan-Sauerstoff, mit einem Impuls von Luke stieß einen Pfiff wegen der geringen Leistung aus. »Zumindest können wir ihnen entkommen, falls das notwendig werden sollte.«

»Jedi?«. fragte Saba. »Davonlaufen?«

Das Bild auf Maras Schirm verschmolz zu einem einzigen infraroten Punkt. Sie blickte auf und sah eine kleine Wolke glitzernder Sterne zwischen der Schatten und dem unbekannten Gegenstand. Dabei wuchs die wirbelnde Wolke stetig und wurde heller. Bald schon teilten sich die Sterne in zwei Hälften auf: in gelbe Spuren von Raketenausstoß und leuchtend grüne Ausbrüche, die sehr nach Stroboskoplichtern aussahen.

Mara aktivierte das Ionentriebwerk. »Versteht irgendwer, was hier los ist?« Sie begann ein Wendemanöver, das der Schatten ein bisschen Fluchtraum verschaffen würde. »Bei den Manövern, die sie fliegen, muss das ein Angriff.«

R2-D2 begann dringlich zu pfeifen und zu trillern.

Mara warf einen Blick auf den Schirm, dann fragte sie: »Welcher alte Blinkcode?«

R2-D2 surrte ungeduldig.

»Imperial?« Mara warf einen Blick zur Kuppel hinaus. Der Schwärm war nahe genug, dass man zwischen den grünen Strobolichtern und den gelben Raketenschweifen die schlanken, pfeilförmigen Rümpfe kleinerer Jäger ausmachen konnte. In einem der näheren Schiffe erkannte sie tatsächlich zwei gebogene Antennen, die gegen das Innere einer flachen Cockpitkuppel gedrückt waren, und zwei vorstehende Augen, die sie anzustarren schienen. »Wie in Palpatines Imperium?«

R2-D2 pfiff spöttisch zustimmend.

»Dann sag uns, was sie wollen«, befahl Luke. »Und hör auf, so mit Mara zu reden.«

R2-D2 trillerte eine verdrießliche Entschuldigung, dann erschien die Nachricht auf Maras Display.

Lizil heißt sie willkommen... Wir bitten alle neu eingetroffenen Schiffe, dem Leitsignal für den Landeanflug zu folgen.

Je näher der Falke seinem Ziel kam. desto mehr wuchs Leias Verblüffung. Das daumengroße Oval aus Dunkelheit, das sie entdeckt hatten, als sie aus dem Hyperraum gekommen waren - bei jenen Koordinaten, die sie Corran Horn entlockt hatten, der in Lukes Abwesenheit alle Operationen beaufsichtigte -, war zu einer formlosen düsteren Mauer geworden, die sich über die gesamte Cockpitkuppel erstreckte. Die Langstreckenscanner zeigten eine Ansammlung von Asteroiden, Eiskugeln und Staubansammlungen von bis zu mehreren tausend Meter Durchmesser, alle zusammengehalten von einem Netz aus Metallverstrebungen und Steinröhren. Dass die Struktur noch nicht unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammengefallen war, konnte Leia nicht wirklich beruhigen.

Die Begleiter des Falken - ein Schwärm von pfeilförmigen Schiffen, die von etwas mit Fühlern und großen, vorstehenden Augen geflogen wurden - lösten sich plötzlich und verteilten sich in die Dunkelheit. Einzelne Lichter leuchteten auf und führten alle auf ein goldenes Licht zu.

»Das muss das Leitsignal sein, das die Pfeilschiffe erwähnt haben«, sagte Leia. Die Geländewiedergabe auf ihrem Schirm zeigte, dass sich die Lichter über den Horizont eines kleinen Kohlenstoffasteroiden bogen. »Folg dem bernsteinfarbenen Licht. Und mach langsam - es könnte gefährlich sein.«

»Wohin denn?«

Leia sandte eine Kopie der Geländekarte auf den Pilotenschirm. Han bremste so hart, dass selbst die Schwerkraftkompensatoren nicht verhinderten, dass sie in ihren Gurt flog. »Bist du sicher?«, fragte er. »Das sieht etwa so ungefährlich aus wie das Maul eines Rancors.«

Das Bild auf ihren Schirmen zeigte einen gezackten, fünf Kilometer breiten Schlund, umgeben von einem Rand aus Asteroidentrümmern, in den eine dunkle Masse aus Staub und Steinen fiel, langsam wie in Zeitlupe. Der Blick des Scanners reichte nur zweitausend Meter tief, aber der Teil, den er zeigte, war ein verzerrter, enger werdender Schacht mit rissigen Vorsprüngen und dunklen Leeren.

»Ich bin sicher.« Leia spürte die Präsenz ihres Bruders irgendwo tief in diesem Durcheinander von Asteroiden, ruhig, gut gelaunt und neugierig. »Luke weiß, dass wir hier sind. Er will, dass wir reinkommen.«

»Tatsächlich?« Han drehte den Falken den Lichtern zu und flog dann geradeaus darauf zu. »Was haben wir ihm denn getan?«

Während sie der Lichtkette folgten, erhaschte Leia immer wieder einen kurzen Blick auf eine schwarze, körnige Oberfläche, die sorgfältig von dem dunklen Staub befreit worden war, der normalerweise meterdick auf Kohlenstoffasteroiden lag. Einmal glaubte sie, etwas durch einen Lichtkreis huschen zu sehen, aber Han hielt den Falken zu weit oben, als dass sie hätte sicher sein können, und es wäre zu gefährlich gewesen, ihn zu bitten, es sich einmal näher anzusehen. Sie richtete die Vidcam auf die Oberfläche und versuchte, das Bild zu vergrößern, aber der Schacht war zu staubig und zu dunkel für ein klares Bild. Sie sah nur einen Schirm voll grauer Körnigkeit, der sich nicht allzu sehr von der üblichen Statik unterschied.

Sie ließen die erste Lichtkette hinter sich, als zwei weitere aufglühten, die den Falken tiefer in den Abgrund lockten. Das Schiff bockte, als Han nur halb erfolgreich einer taumelnden Staubwolke auswich, und dann schrie Leia verängstigt auf, weil die zerklüfteten Silhouetten zweier kleiner Felsen vor dem Sichtfenster plötzlich größer wurden.

»Sitz nicht einfach da!« Han hatte den Blick weiterhin fest auf den Schirm gerichtet, wo die Auflösung der Geländekarte nicht fein genug war. um die beiden Felsen genauer darzustellen. »Sag mir, was nicht stimmt.«

»Da!« Leia wies gegen das Sichtfenster. »Direkt vor uns!«

Han blickte vom Schirm auf.

»Das ist kein Grund zur Unruhe.« Ruhig kippte er den Falken auf die Seite und schlüpfte zwischen den Felsen hindurch, einen Augenblick, bevor er sie gerammt hätte, dann schaute er wieder auf den Schirm. »Die hatte ich schon im Auge.«

Hans Stimme war so selbstsicher, dass Leia einen Augenblick vergaß, dass sie es immerhin mit demselben dreisten Schmuggler zu tun hatte, der sie in ihrem Kampf gegen das Imperium beschützt hatte - dem Mann, dessen schiefes Grinsen und boshafte Bemerkungen immer noch eine rötliche Wolke der Leidenschaft oder gewaltigen Zorn bei ihr auslösen konnten. Er war nur weiser und trauriger geworden und verbarg seinen guten Willen etwas weniger hinter einer zynischen Fassade.

»Wie auch immer, Flyboy.« Leia zeigte auf die hellen Bilder, die, die sie eigentlich für zu gefährlich hielt, um sie sich näher anzuschauen. »Ich würde das hier gern ein wenig erforschen.«

Hans Augen wurden größer. »Wieso das denn?«

»Um herauszufinden, mit was für einer Art von Technologie wir es zu tun haben.« Leia setzte ein flirtendes Schmollen auf, dann fragte sie unschuldig: »Das ist doch nicht zu gefährlich für dich, oder?«

»Für mich?« Han befeuchtete sich die Lippen. »Bestimmt nicht.«

Leia lächelte, und als Han weiterflog, lenkte sie zusätzliche Energie auf die Partikelschilde. Vielleicht würde die Herausforderung eines Geländeflugs in einen dunklen, gewundenen Schacht voller Trümmer Han ja aus seiner trübsinnigen Stimmung reißen.

Er zog den Frachter an einem Dutzend Hindernissen vorbei und auf eine neuerliche Reihe von Lichtern zu - als C-3FO. der den Hyperantrieb überprüft hatte, wieder ins Cockpit zurückkehrte.

»Wir werden zerstört werden!«

»Noch nicht«, knurrte Han.

»Alles unter Kontrolle. 3PO.« Leia hatte ihre Aufmerksamkeit auf den nächsten Asteroiden vor ihnen gerichtet, wo die Lichter träge zu flackern begannen, als sich der Falke ihnen näherte. »Warum gehst du nicht wieder nach hinten und überwachst die Wartungsüberprüfungen?«

»Das könnte ich wirklich nicht, Prinzessin Leia!« C-3PO ließ sich auf dem Navigatorensitz hinter Han nieder. »Sie brauchen mich hier im Cockpit.«

Han setzte zu einer Antwort an, schwieg aber, weil eine Kugel aus gefrorenem Gas in die Flugbahn des Falken flog.

»Sehen Sie?«, sagte C-3PO. »Captain Solo hätte diesen Gegenstand beinahe verfehlt.«

»Ich habe ihn verfehlt«, fauchte Han. »Ansonsten würdest du jetzt an der Kuppel kleben.«

»Was ich meinte, ist, Sie haben ihn erst im letzten Augenblick bemerkt«, erklärte C-3PO. »Bitte seien Sie vorsichtig - ein anderer kommt von siebenundvierzig-Komma-eins-eins-drei-sechs-acht...«

»Still!« Han schwang den Falken um einen ovalen Meteorit von der Größe eines schweren Kreuzers, dann fügte er hinzu: »Du lenkst mich ab.«

»Dann sollten Sie vielleicht einmal Ihre Synapsen überprüfen lassen«, schlug C-3PO vor. »Langsame Reaktionszeit ist ein Anzeichen alternder Schaltkreise. Es gibt einen anderen Gegenstand bei zweiunddreißig-Punkt-acht-sieben-acht, mit einer Neigung von fünf Punkt.«

»3PO!« Leia fuhr herum und starrte ihn wütend an. »Wir brauchen deine Hilfe nicht. Geh in die Hauptkabine und schalte dich ab!«

C-3P0 wirkte erschüttert. »Wie Sie wünschen. Prinzessin Leia.« Er stand auf und wandte sich halb dem Ausgang zu. »Ich versuche nur zu helfen. Captain Solos letzte medizinische Untersuchung zeigte einen Abfall seiner Reaktionszeit von acht Millisekunden, und ich habe selbst bemerkt.«

Leia schnallte sich los.

». dass er langsamer.«

Sie stand auf und drückte den Abschalteknopf des Droiden.

». und eheeer zööögeeeernd.«

Der Satz verklang in Basslauten, als sich C-3POs Energiezelle abschaltete.

»Ich glaube, es ist Zeit, seine Gehorsamsroutinen nach Viren zu untersuchen.« Sie schob den Droiden auf den Sitz vor der Navigationsstation und schnallte ihn an. »Er scheint einen dauerhaften Fehler zu entwickeln.«

»Nicht notwendig.« Der Falke schoss nach rechts, dann erzitterte er, als eine Staubwolke gegen die Schilde prasselte. »Wer hört schon Droiden zu?«

»Ja, was weiß 3PO schon?« Leia küsste Han in den Nacken, dann setzte sie sich wieder.

Han hatte dieses Lächeln aufgesetzt, das Leias Magen zum Flattern brachte, seit Palpatine Imperator gewesen war.

Er schwang den Falken zwischen die Lichter und näherte sich der Überfläche in einem steilen Winkel. Die Lichter leuchteten stärker und erhellten die raue silbrige Oberfläche eines metallenen Asteroiden. Auf dem Boden neben dem ersten Leitlicht waren die Linien einer geschlossenen Irisblende zu sehen, bestehend aus einer zähen Membran, die sich unter dem Druck der inneren Atmosphäre des Asteroiden leicht nach außen wölbte. Das Licht selbst ging vom Ende eines kegelförmigen, meterlangen Gegenstands aus. der aussah, als würde er auf sechs staksigen Beinen über die Oberfläche des Asteroiden kriechen. Vorne reflektierte das Visier eines großen rundlichen Helms das Schimmern des nächsten Lichts in der Reihe.

»Käfer!«, stöhnte Han und schüttelte den Kopf. »Warum müssen es immer Käfer sein?«

»Tut mir leid«, sagte Leia. Han mied normalerweise Insektennester - das hatte mit einer Wasserreligion zu tun. die er einmal auf der Wüstenwelt Kamar ins Leben gerufen hatte. Offenbar hatte eine Herde zorniger kamarianischer Insekten ihn noch Monate nach seiner hastigen Flucht verfolgt, ihn gefangen genommen und verlangt, er solle Kamar in das Wasserparadies verwandeln, das er ihnen versprochen hatte. Mehr wusste Leia nicht über den Vorfall. Er weigerte sich auch, darüber zu reden, wie er damals entkommen war. »Es ist alles in Ordnung, Han. Luke scheint mit ihnen zurechtzukommen.«

»Ja. ich wusste immer, dass er ein bisschen komisch ist.«

»Han, wir müssen dort hinein«, sagte sie. »Hierher kamen auch Jaina und die anderen.«

»Ich weiß«, sagte Han. »Und das ist der wirklich unheimliche Teil der Sache.«

Sie erreichten das Ende der Lichtkette und flogen über das Insekt mit dem bernsteinfarbenen Licht hinweg, dann entdeckte Leia ein zweites Irisschott, und sie ließen den Asteroiden hinter sich. Weit vor ihnen, an den Wänden einer immer enger werdenden Passage, flackerten drei weitere Leitlichtlinien auf. Han hielt sich dicht an der Wand und konnte sich nicht verkneifen, ein wenig anzugeben, indem er den Konturen der schwer vorhersehbaren Landschaft folgte.

Nach einiger Zeit wurden die Lichter trüber und unklar, weil sich der Staub, der langsam durch die schwache Schwerkraft nach innen gezogen wurde, zu einer grauen Wolke verdickte. Han blieb weiterhin dicht an der Wand, nun aber vor allem, um dem Scanner das Durchdringen des pulverigen Nebels zu erleichtern.

Eine trübe Scheibe aus goldenem Licht erschien am Boden des Schachts. Als sie heller wurde, konnte Leia meterlange Gestalten in insektenförmigen Druckanzügen sehen, die an den Wänden arbeiteten und riesige Bündel über die Flächen des Asteroiden zerrten, die steinigen Röhren reparierten, die die verwirrende Struktur zusammenhielten, oder einfach nur in einem seichten Becken standen und hinter einer transparenten Membran zu ihnen aufstarrten.

»Weißt du, Han«. sagte sie, »dieser Ort fängt an, mir unheimlich zu werden.«

»Warte, bis du Fresswerkzeuge klappern hörst«, sagte Han. »Diese Dinger machen dir wirklich Gänsehaut.«

»Fresswerkzeuge? Klappern?« Leia warf einen Blick zum Pilotensitz und fragte sich, ob es etwas gab, das Han ihr verschwieg. »Han, erkennst du etwa.«

Han schnitt ihr das Wort ab. »Nein, ich sage nur.« Er zog die Schultern hoch und erschauderte über eine Erinnerung, die er in ihrer gesamten Ehe nicht erwähnt hatte, dann sagte er: »Es ist nichts, was du erleben möchtest. Das ist alles.«

Die Staubwolke begann schließlich dünner zu werden, und unter ihnen zeigte sich ein Kreis von Licht, der eine wogende Membran von mehr als hundert Meter Durchmesser beleuchtete. Mehrere Dutzend Insekten huschten von der Mitte dieses Schotts davon, und aus einem Ventil hinten an ihren Druckanzügen schieden sie dabei eine dicke Schicht grünlichen Gels aus. Han verlangsamte den Falken, und als das Schott kein Anzeichen zeigte, sich öffnen zu wollen, ließ er das Schiff zwanzig Meter darüber schweben.

Die Insekten erreichten den Rand des Leuchtkreises und drängten sich zusammen, die Visiere ihrer dunklen Helme zum Falken gerichtet. Bald schon begann das Gel in grünen Schwaden zu vergehen.

»Worauf warten sie?« Han richtete die Handflächen nach oben und machte eine ungeduldige Geste. »Wieso machen sie nicht auf?«

Nachdem das Gel verschwunden war. kehrten die Insekten zur Mitte des Schotts zurück und huschten dort wieder scheinbar ziellos umher.

»Gibt es irgendetwas im Komkanal?«. fragte Han.

Leia checkte das noch mal. »Nur Statik - und nicht viel davon.« Sie schlug nicht vor. sich mit der Schatten in Verbindung zu setzen. Einige Insektenspezies reagierten empfindlich auf Komwellen. eine Tatsache, die in den frühen Tagen des Kontakts zwischen den Verpinen und dem Rest der Galaxis zu tragischen Missverständnissen geführt hatte. »Ich könnte 3PO wecken. Er wäre vielleicht in der Lage, etwas darüber herauszufinden, womit wir es hier zu tun haben.«

Han seufzte. »Haben wir eine andere Wahl?«

»Wir könnten hier sitzen bleiben und warten, dass etwas passiert.«

»Nein.« Han schüttelte müde den Kopf. »Man kann nicht auf einen Käfer warten.«

Leia stand auf und schaltete den Droiden wieder an. Nachdem das Licht in seine Photorezeptoren zurückgekehrt war, drehte er den Kopf hin und her, als wolle er seine Umgebung neu einschätzen, dann richtete er schließlich den Blick auf Leia.

»Ich wünschte wirklich, Sie würden so etwas nicht tun, Prinzessin Leia. Es bringt mich durcheinander, und eines Tages werden meine Zuordnungstabellen in Unordnung geraten. Ich könnte meine Persönlichkeit verlieren!«

»Das wäre nicht das Schlimmste«, meinte Han.

»3PO. wir brauchen deine Hilfe.« Leia ließ dem Droiden keine Zeit, auf Hans Sarkasmus einzugehen. »Es sieht so aus, als könnten wir nicht mit der hiesigen Spezies kommunizieren.«

»Selbstverständlich«, antwortete C-3PO aufgeräumt. »Wie ich schon sagte, bevor Sie mich ausschalteten, ich helfe gern. Und Sie sind sich sicher bewusst, dass ich fließend.«

»Über sechs Millionen - das wissen wir«, unterbrach Han.

Er zeigte nach draußen. »Kannst du auch mit diesen Käfern kommunizieren?«

»Käfer?« C-3PO stand auf und wandte sich dem Gewimmel von Insekten zu. »Ich glaube nicht, dass es Käfer sind, Captain Solo. Sie wirken auf mich eher wie eine Kreuzung aus Coloeroptera und Hypmenoperta. die häufig komplizierten Tänze zur Kommunikation benutzen.«

»Tänze! Also wirklich!« Han korrigierte Steuerung und

Schub. »Und was sagen sie uns?«

C-3PO betrachtete die Insekten einen Augenblick, dann gab er ein nervöses Gurgeln von sich und bewegte sich auf die Steuerkonsole zu.

»Na?«, wollte Han wissen.

»Wie seltsam.« C-3PO betrachtete die Geschöpfe weiterhin forschend. »Ich habe keine Aufzeichnungen über das. was dort geschieht.«

»Was dort geschieht?« Leia trat an die Seite des Droiden. »Oder was sie sagen?«

»Ich fürchte, das weiß ich nicht, Prinzessin Leia.« C-3PO richtete die Photorezeptoren auf sie. »Ich habe keine Ahnung.«

»Wie meinst du das, keine Ahnung?«, wollte Han wissen. »Du gibst doch immerzu damit an, in wie vielen Kommunikationsformen du bewandert bist.«

»Unmöglich, Captain Solo. Droiden können nicht angeben.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Leia zu. »Wie ich schon sagte, befindet sich in meinen Speichern nichts über diese nonverbale Sprache. Syntaktische Analyse, Vergleich einzelner Stufen und Auswertung des Musters legen allerdings nahe, dass es sich tatsächlich um eine Sprache handelt.«

»Bist du sicher?«, fragte Leia. »Sie könnten auch einfach zufällig umherwandern.«

»O nein. Mistress Leia. Das Muster und die Zeit der Zirkulation zeigen eine statistische Entsprechung, die etwas zu bedeuten scheint, und wiederkehrende Nickbewegungen legten eine Syntax nahe, bei der es tatsächlich um subtilere Dinge geht, als man sie in Basic ausdrücken kann - oder sogar Shyriiwook.« C-3PO wandte sich wieder dem Sichtfenster zu. »Ich halte meine Schlussfolgerungen für recht überzeugend.«

»Dann lass sie hören«, verlangte Han. »Wer sind diese Leute?«

»Das versuche ich doch gerade zu erklären. Captain Solo«, sagte 3PO. »Ich weiß es nicht.«

Alle schwiegen. C-3PO dokumentierte sorgfältig den geheimnisvollen Tanz, während Leia und Han darüber nachdachten, was dies wohl alles mit dem seltsamen Ruf an die Angehörigen der Myrkr-Mission zu tun hatte. Aber sie kamen auf keine Lösung. Es schien nahezu unmöglich, dass die Insekten irgendetwas mit der Mission zu tun gehabt hatten. Und selbst Leia war der Ansicht, dass sie nicht stark genug in der Macht waren, um den Ruf ausgesandt zu haben, den Jaina und die anderen erhalten hatten.

C-3PO trat plötzlich ein wenig zur Seite. »Ich habe ihre grundlegende syntaktische Einheit identifiziert! Es ist im Grunde recht einfach: Sie bewegen den Leib auf eine von drei Ebenen, um anzuzeigen, dass eine bestimmte Stufe.«

»3PO!«, unterbrach ihn Han. »Kannst du uns sagen, warum sie das Schott nicht öffnet?«

C-3PO hob den Kopf ein wenig höher. »Selbstverständlich, Captain Solo. Dazu muss ich nur verstehen, was sie sagen.«

Han stöhnte. »Was stimmte denn an dem alten Blinkcode nicht, den die anderen benutzten?«

»Leider verfugen ihre Druckanzüge nicht über Stroboskope«. erklärte C-3PO. »Aber bezüglich ihrer Tanzsprache mache ich durchaus Fortschritte. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass sie immer wieder ein und dieselbe Botschaft wiederholen.«

»Genau dieselbe Botschaft?«, fragte Leia. »Kannst du uns die bitte mitteilen?«

»Leider nicht«, gestand C-3PÜ. »Ansonsten hätte ich das.«

»Lang oder kurz?«

»Unmöglich zu sagen«, erwiderte C-3PO. »Solange ich nicht weiß, wie viele Einheiten es durchschnittlich für eine einzige Aussage braucht.«

»Wie lange dauert es. bis die Botschaft wiederholt wird?« Leia spähte hinaus auf das sich wölbende Schott und betrachtete seine Segmente. »Sekunden? Minuten?«

»Durchschnittlich drei Komma fünf vier Sekunden«, erklärte C-3PO. »Aber ohne einen Kontext nutzen uns diese Daten nichts.«

»Nicht ganz.« Leia kehrte zum Copilotensitz zurück. »Weiter nach vorne, Han. Ich möchte mir da was ansehen.«

Han gehorchte, und Leia schaute sich weiterhin das gewölbte Schott an, suchte nach einem Fehler in ihrem Denken. Die Insekten arrangierten sich eindeutig in der Mitte des Schotts, und dann bewegten sie sich wieder auf den Rand zu und schieden dabei abermals grünes Gel aus.

»Flieg drauf zu«, sagte Leia. »Ich weiß, was sie sagen.«

»Das ist recht unwahrscheinlich«, entgegnete C-3PO. »Selbst ich kann nicht mal die Grammatik erkennen, ganz davon zu schweigen, eine akkurate Übersetzung abzugeben.«

Statt sich mit ihm zu streiten, griff Leia nach den Schaltern, mit denen sich die Schilde des Falken steuern ließen. Han sah es, hielt aber weiterhin den Kurs. Als sich das Schott nach innen wölbte, fuhr Leia die Schilde herunter, und einen Augenblick später wurde die flexible Membran von dem externen Vakuum fest gegen den Falken gesaugt.

Han atmete aus. dann sagte er zu Leia: »Gute Entscheidung.«

»Ja, Prinzessin Leia, das war eine außergewöhnliche Übersetzung«, stimmte der Droide zu. »Was sagten Sie noch, wie viele Kommunikationsformen Sie beherrschen?«

Luke fühlte sich, als hätte er einen Krug von Fischlaich getrunken. Bens Gesicht hatte eine beunruhigende Grünfärbung angenommen. Mara. die normalerweise stundenlang in geringer Schwerkraft tanzen konnte, presste die Lippen fest zusammen, um einen peinlichen Ausbruch zu vermeiden. Die Skywalkers waren geringe Schwerkraft wirklich gewöhnt, aber ihre Mägen rebellierten gegen die ausgesprochene Seltsamkeit dieser Asteroidenkolonie - gegen das klebrige goldene Wachs, das die Korridore überzog, gegen das ununterbrochene Summen von Insektengeräuschen, die endlosen Paraden sechsgliedriger meterhoher Arbeiter, die an den Wänden und der Decke vorbeihuschten.

Saba hingegen schien sich vollkommen wohlzufühlen. Sie bewegte sich vor ihnen, trabte auf allen vieren umher und schwang den Kopf von einer Seite zur anderen, wobei ihre lange Zunge die Luft witterte. Luke nahm an, dass die Hitze und Feuchtigkeit sie an Barab I erinnerten, aber vielleicht gefiel ihr auch nur, wie ihre Hände und Füße sich in die Wachsschicht des Flurs drückten. Barabels, war ihm aufgefallen, genossen solch seltsame Dinge.

Sie kamen zu einer schiefen Kreuzung, und Luke hielt inne, um einem merkwürdigen pulsierenden Geräusch zu lauschen, das aus einem gekrümmten Seitentunnel kam. Es war gedämpft, klang unheimlich und rau, aber es ließ sich nicht abstreiten, dass es eine Melodie und Rhythmus hatte.

»Musik«, sagte er.

»Vielleicht, wenn man von Tatooine kommt«, sagte Mara. »Der Rest von uns würde es das Rülpsen eines Rancors nennen.«

»Diese hier mag es«, warf Saba ein. »Es lässt ihren Schwanz zucken.«

»Ich habe schon gesehen, dass kleine Schubkreisel deinen Schwanz zucken lassen«, sagte Mara. Sie zeigte auf den Boden, wo ein stetiger Fluss von Klauenfüßen das Wachs bis auf den Stein abgetragen hatte. »Aber das hier scheint eine beliebte Abzweigung zu sein. Lasst uns nachschauen.«

Sie starrten den Flur entlang, und Ben fragte: »Ist Jaina hier?«

»Das wissen wir nicht.« Luke warf Ben über die Schulter hinweg einen Blick zu. »Das versuchen wir gerade herauszufinden.«

Ben dachte einen Augenblick nach, dann sagte er: »Wenn ihr nicht wisst, wo sie ist. dann ist sie vielleicht hier, und ihr wusstet es nur nicht.«

Das ließ Saba leise zischen. »Unschlagbare Logik. Meister Skywalker.«

Ben zog sich hinter seine Mutter zurück, weil ihm die Barabel so fremd war, Luke und Mara hatten bewusst dafür gesorgt, dass er früh im Leben mit Angehörigen aller erdenklichen Spezies in Berührung kam, aber Saba machte ihm immer noch Angst.

Luke lächelte geduldig, dann erklärte er: »Ben, wenn Jaina hier wäre, würde ich sie in der Macht spüren.«

»Oh.«

Überrascht, dass der Junge bereit war, das Thema so einfach fallen zu lassen, fügte Luke hinzu: »Aber ich kann Tante Leia spüren. Sie und Onkel Han sind hier.«

Saba hielt inne und spähte über die Schulter zu Luke. »Die Solos sind hier? Diese hier dachte, sie wollten Dreiauge jagen.«

»Dieser hier ebenfalls.« Luke konnte sein Unbehagen nicht ganz verbergen. »Offenbar sind sie zu dem Schluss gekommen, dass es wichtiger ist. sich uns anzuschließen.«

»Und sie haben alles Recht dazu«, sagte Mara. »Wir haben Jaina in den vergangenen Jahren öfter zu sehen bekommen als sie. und nachdem Jacen immer noch nach Machtlegenden forscht. Han und Leia fühlen sich wahrscheinlich einsam.« Sie zauste Bens Haar. »Mir würde es jedenfalls so gehen.«

»Ich weiß.« Luke bekam ein schlechtes Gewissen. Er hatte sich so daran gewöhnt, dass alle taten, was der Rat beschloss, dass er fast vergaß, dass er über keinerlei förmliche Autorität verfügte. Alle - insbesondere die Solos - folgten ihren eigenen Entscheidungen. »Sie haben bereits viel mehr getan, als wir von ihnen verlangen konnten.«

»Und was ist mit Dreiauge?«, fragte Saba. »Wer wird sie aufhalten?«

»Es wäre nicht das Schlechteste, wenn sich die Wiederaufbaupolizei selbst darum kümmern würde, bis wir Jaina gefunden haben«, meinte Mara. »Danach kann der Rat sie und Alema zusammen mit Zekk zurückschicken. Die drei sollten dann ziemlich schnell mit dem Problem fertig werden.«

»Immer vorausgesetzt, sie gehen«, sagte Saba und schüttelte den Kopf. »Diese hier beginnt, an der Weisheit unseres Rats zu zweifeln. Jedes Rudel braucht einen Langzahn an der Spitze, oder die anderen werden bald schon jeder seine eigene Beute verfolgen.«

»Die Jedi sind eine andere Art von Rudel«, sagte Luke und folgte ihr. »Wir sind ein Rudel von Langzähnen.«

»Ein Rudel von Langzähnen?« Saba gab ein paar kurze Zischlaute von sich und verschwand um eine Kurve, »Oh, Meister Skywalker!«

Während sie sich weiter durch den Flur bewegten, kamen sie der Musik immer näher. Es war ein rätselhaftes Zwitschern, das Luke wie Gesang vorkam, ein raues Flöten, das die Melodie bildete. Insgesamt hatte es etwas irgendwie Erfrischendes, und Luke stellte schon bald fest, dass er die Musik mochte.

Nach etwa fünfzig Metern öffnete sich der Flur in eine große. trüb beleuchtete Halle, die alles andere winzig aussehen ließ. Die Musik kam eindeutig aus einem Bereich vorn im Raum, wo ein Trio stockdünner Verpinen stand und unter dem Schimmer eines halben Dutzends wächserner Leuchtkugeln spielte. Luke betrachtete interessiert ihr Instrument und fragte sich, wie es ihnen gelang, einer einzigen Saite ein halbes Dutzend verschiedene Töne zu entlocken.

»Astral!« Ben wollte an Mara vorbeihuschen und in die Cantina laufen. »Das hier wird toll!«

Mara packte ihn an der Schulter. »Vergiss es.«

Er bedachte sie mit einem wissenden Blick, denn sie hatten Nanna zurückgelassen, damit sie sich mit R2-D2 um die Schatten kümmerte. »Du kannst mich hier nicht allein lassen. Ich bin erst acht.«

»Wie kommst du darauf, ich würde dich allein lassen?« Sie sah Luke an und nickte zum Barraum hin, dann sagte sie zu Ben: »Du wirst hier bei mir bleiben und die Dinge aus der Ferne begutachten.«

Luke und Saba traten in die schummrige Halle. Die übliche Ansammlung von heruntergekommenen Raumfahrern -überwiegend Givins, Bothans, Nikto und Quarren - hatte sich in der Mitte des Lokals gesammelt. Dort saßen sie auf synthetischen Steinbänken und hielten ihre Getränke in den Händen. Ein paar besonders schwere Fälle wie der Defel Schattengeist verbargen sich in den Ecken, und ein Jenet- Gangster hielt auf der gegenüberliegenden Seite des Raums Hof. aber es gab nichts von der latenten Feindseligkeit, die sonst in solchen Cantinas fremder Raumhäfen zu spüren war.

Luke folgte Saba zur Theke, wo ein zerstreuter Duros neben mehreren Getränkespendern stand. Es gab keinen wirklichen Servierbereich, aber ein leises Klicken erklang aus einer abgedunkelten Nische über dem mittleren Spender. Als Luke und Saba näher kamen, hörte das Klicken auf, und ein Arbeiterinsekt erschien aus dem Alkoven. Es starrte sie einen Moment an, reichte jedem einen leeren Becher und verschwand wieder in der Nische.

Luke und Saba betrachteten die ungekennzeichneten Spender einen Moment, dann zischte Saba frustriert. Sie ging zu dem unaufmerksamen Duros und stieß ihm den Becher in die Hände.

»Blutsauer!«

Der Duros schwang den nasenlosen Kopf herum und erkannte, dass eine Barabel ihn angesprochen hatte. Das Blau sickerte aus seinem Gesicht.

»Wir haben kein Blutsauer«, sagte er mit tonloser Stimme. »Nur Membrosia.«

»Wird diese hier es mögen?«

»Alle mögen Membrosia.«

»Dann nehme ich das Gleiche«, sagte Luke und reichte dem Duros seinen Becher.

Der Mann betrachtete Lukes Gesicht einen Moment und hatte sichtlich Mühe, es in einen anderen Zusammenhang als den von kampferfahrenen Flugeinheiten zu bringen.

»Ich bin nur ein Pilot«, sagte Luke in dem Versuch, die Illusion, mit der er sich präsentierte, zu verstärken. »Ein durstiger Pilot.«

»Sicher.«

Der Duros wandte sich dem nächsten Spender zu, füllte beide Becher mit einer dicken, bernsteinfarbenen Flüssigkeit und gab dann die Gefäße zurück. Luke holte einen Zehn-Credit-Gutschein hervor, aber der Duros lehnte ab. »Niemand bezahlt hier.«

»Niemand bezahlt?«, wiederholte Saba. »Das kann diese hier kaum glauben.«

So etwas wie Empörung war in der Macht zu spüren, dann zuckte der Duros die Achseln und wandte sich den Verpinen zu.

Saba sah ihn einen Moment an. dann sagte sie zu Luke: »Diese hier ist müde. Sie wird sich hinsetzen.«

Sie trank einen Schluck, dann ging sie tiefer in die Cantina hinein. Der Duros sah aus, als wünschte er sich, dass Luke ihr folgen würde, aber er blieb, wo er war, und ließ kumpelhafte und freundschaftliche Gefühle in die Macht strömen, doch die Distanziertheit des Duros verschwand nicht. Saba hingegen bewirkte einen Strom zornigen Geschnatters, als sie sich auf einen leeren Platz vor einen Ewok setzte.

»Das sollte interessant werden.« Der Duros grinste. »Diesem kleinen Ewok droht in zehn Systemen die Todesstrafe.«

»Was Sie nicht sagen.« Luke trank einen Schluck Membrosia. Es war stark und dick und wärmte ihn von den Zehen bis zu den Ohren. Er ließ sich einen Moment Zeit, um das Wohlgefühl zu genießen, das ihn durchzog, und das leicht berauschende Gefühl im Kopf, dann sagte er zu dem Duros: »Sind Sie schon lange hier?«

»Zu lange«. gestand der Duros ein. »Es hat sich herausgestellt, dass Lizil keine Bearbeitungschips benutzt, und ich finde keine Fracht, die von hier wegtransportiert werden soll.«

»Ist das ein verbreitetes Problem?«

»Verbreitet, aber kein Problem.« Der Duros zeigte vage in die Richtung der Membrosia-Spender. »Alles ist umsonst, und man kann so lange bleiben, wie man will.«

»Sehr großzügig«, meinte Luke. »Und wo liegt der Haken?«

»Es gibt keinen«, lautete die Antwort. »Nur, dass man sich daran gewöhnt und bleiben will.«

»Klingt für mich schon nach einem Haken.«

»Das kommt auf die Betrachtungsweise an«, stellte der Duros fest. »Besonders, wenn man zu Hause Verpflichtungen hat.«

»Warum nehmen Sie Ihre Chips nicht einfach mit zurück in die bekannte Galaxis?«, fragte Luke. »Nachdem so viele Industriewelten im Krieg zerstört wurden, besteht in der Galaktischen Allianz gewaltiger Bedarf an Bearbeitungschips.«

»Zu gefährlich.« Der Duros legte den Kopf schief. »Die Gefahr ist einfach zu groß, mit diesen Chips von einem Kopfgeldjäger erwischt zu werden.«

Lando und Tendra hatten gerade eine Belohnung von mehreren hunderttausend Credits auf jeden Kopfgeldjäger ausgesetzt, der sich mit einer Ladung besagter Chips davongemacht hatte, die auf dem Weg zur neuen Rehab-Droiden-Fabrik von Tendrando gewesen waren. »Das klingt vernünftig.«

»Beim leeren Raum, das tut es«, erwiderte der Duros. »Ich wurde tatsächlich von fünf Jedi bis hierher verfolgt. Also habe ich mich entschlossen, die Ladung aufzugeben.«

Luke versuchte sich nicht anmerken zu lassen, was er beim Gedanken an den Verlust von so wichtigen Chips empfand.

»Sind Sie sicher, dass die Jedi nach Ihnen suchten?«

»Nach wem sonst?«, fragte der Duros und schüttelte den Kopf. »Lando Calrissian hat Einfluss auf die Jedi, aber wer hätte gedacht, dass er so viel Macht hat?«

»Ich nicht«, erwiderte Luke. Er beugte sich zu dem Duros hin und senkte die Stimme. »Waren diese Jedi ziemlich jung? Ein paar Menschen und ein Barabel und ein Wookiee?«

»Und eine Twi'lek«, sagte der Duros misstrauisch. Er entfernte sich ein wenig von Luke. »Woher wissen Sie das?«

»Ich hatte selbst ein kleines Problem mit ihnen«, behauptete Luke. »Und ich bin nicht gerade versessen darauf, bei meinem nächsten Stopp wieder auf sie zu treffen. Wissen Sie, wohin sie geflogen sind?«

Der Duros betrachtete einen Moment die verpinische Band und überlegte zweifellos, wie er antworten sollte. Luke ließ ein klein wenig mehr freundschaftliche Gefühle in die Macht fließen, und schließlich antwortete sein Gegenüber.

»Tut mir leid«, sagte er. »Da müssen Sie Lizil fragen.«

Bevor Luke sich erkundigen konnte, wo er Lizil finden würde, bemerkte er, dass jemand von hinten näher gekommen war. Die Person schien sowohl ihre eigene Präsenz in der Macht zu haben als auch Teil einer diffusen Essenz zu sein, die die gesamte Astoroidenkolonie durchdrang. Als er sich umdrehte, fand er sich einer hinreißenden Falleen gegenüber, deren Schuppenhaut beinahe so grün wie die eines männlichen Angehörigen ihrer Spezies war. Sie nickte Luke höflich zu. dann blieb sie vor dem Duros stehen.

»Tarnis. wir haben Fracht für Sie«, sagte sie.

Der Duros nahm einen Schluck Membrosia und versuchte, sich seine Aufregung nicht ansehen zu lassen. »Wohin?«

»Zum Horosh-Nest«, antwortete die Falleen. »Und dort

erhalten Sie eine Fracht nach Hause.«

Tarnis riss die Augen weit auf - weit zumindest nach Duros-Maßstäben. »In Ordnung.«

Als er nicht sofort ging, sagte die Falleen: »Sie müssen sofort aufbrechen. Lizil lässt die Starsong bereits beladen.«

»Kein Problem.« Tarnis stellte den Becher ab. »Ich werde meine Besatzung.«

»Wir rufen sie bereits zusammen«, erklärte die Falleen. »Sie werden im Hangar auf Sie warten.«

»Ich komme sofort«, sagte Tarnis. Er schaute der Falleen verblüfft hinterher. »Endlich.«

Luke spürte, dass er in der allgemeinen Aufregung vergessen worden war, und nutzte die Macht, um den Duros ein wenig zurückzuhalten.

»Ach ja«, sagte Tarnis und legte einen Arm um die Falleen. »Dieser Bursche hier möchte sich gern unterhalten. Ich mache mich schon mal auf den Weg.«

Die Falleen warf Luke einen Blick über die Schulter zu. »Wir sind sehr beschäftigt.« Sie wich seinem Blick aus. »Genießen Sie die Gastfreundlichkeit des Nests.«

Als Luke versuchte, ihre Gefühle zu erkunden, stieß er auf tiefe Besorgnis. Ihre Schuppen zuckten erschrocken, dann erhob sich eine riesige, trübe Präsenz in ihrem Geist und schob Luke so gewaltsam weg, dass er gegen den Membrosia-Spender taumelte.

Als Tarnis und die Falleen auf den Ausgang zugingen, spähte Mara um die Ecke, um sich zu überzeugen, dass das Gefühl der Verwunderung, das von Luke ausgegangen war. nicht auf etwas Gefährliches hinwies. Luke lächelte und drehte sich um, um den frischen Membrosia-Fleck auf seiner Uniform zu zeigen, dann sah er, wie Tarnis und die Falleen im Flur verschwanden.

Sobald die beiden weit genug entfernt waren, dass ihnen eine Verfolgung nicht auffallen würde, setzte sich auch Mara in Bewegung, nahm Bens Hand und ging mit ihm den Flur entlang - nur eine weitere Mutter mit ihrem Sohn auf dem Rückweg zu ihrem Schiff.

Luke ging zur Mitte des Schankraums und setzte sich auf eine Bank neben zwei Ishi Tib. Er schwieg ein paar Minuten und tat so. als lauschte er der Musik, sah sich aber tatsächlich in der Macht nach Lauschgeräten um. Er war nicht ganz sicher, was dort drüben bei den Membrosia-Spendern passiert war. aber das Auftauchen der Falleen war sicher kein Zufall gewesen. Lizil - wer immer er oder sie sein mochte - hatte nicht gewollt, dass Tarnis über Jaina und die anderen sprach.

Nach ein paar Minuten fühlte er sich sicher genug, seine Fragen zu stellen. Er begann, kumpelhafte Gefühle und Wohlwollen auszustrahlen, und es dauerte nicht lange, bis sich ihm die näher sitzende Ishi Tib zuwandte.

»Ich heiße Zelara«, sagte sie und zeigte auf ihre Begleiterin, die ihre Augenstiele herumschwenkte und leise mit dem Schnabel klackte. »Das hier ist Lyari. Sie mag Sie.«

Luke lächelte. »Danke.«

Zelara klimperte mit den Wimpern ihrer gelben Augen. »Ich mag Sie auch.«

»Das ist sehr nett.« Er nahm die positiven Gefühle ein wenig zurück, dann sagte er: »Tatsächlich bin ich auf der Suche nach Freunden.«

»Wir werden Ihre Freunde sein«, erklärte Lyari. Sie setzte sich auf Lukes andere Seite, dann schob sie die dickliche Hand in seine Ellbogenbeuge. Ihr Atem roch gewaltig nach Membrosia. »Ich habe nie zuvor so für einen Menschen empfunden.«

»Ich auch nicht«, sagte Zelara und nahm Lukes anderen Arm. »Aber dieser hier ist hübsch, trotz seiner tief liegenden Augen.«

»Meine Damen, spricht da nicht nur der Membrosia?« Luke spürte, dass Mara bereits auf dem Rückweg zur Cantina war. Sie war nicht verängstigt oder wütend, sie war nur frustriert, weil sie Tarnis und die Falleen aus den Augen verloren hatte. »Ich suche nach einer Gruppe junger Reisender, die hier vorbeigekommen sein muss, Es sind mindestens zwei Menschen, eine Twi'lek, ein Barabel.«

»Und ein Wookiee?«, fragte Lyari.

»Dann haben Sie sie gesehen?«

Lyari öffnete den Schnabel zu einer Art von Lächeln. »Vielleicht.«

»Vielleicht auch nicht«, unterbrach Zelara sie. Sie begann, sich mit den Kleidungsverschlüssen an der Brust von Lukes Overall zu beschäftigen. »Schauen wir mal hier rein, und dann erzählen wir es dir.«

Luke nahm ihre Hand. »Es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn wir.«

»Komm schon, kluger Junge.« Lyari griff nach den Verschlüssen ein wenig weiter unten. »Gib uns eine Chance.«

»Nein.« Luke legte genug Zwang hinter das Wort, um zu verhindern, dass Lyari ihm den Overall vom Leib riss. »Das würde nicht funktionieren.«

»Warum nicht?«

»Zum Beispiel, weil ich Lippen habe und ihr Schnäbel.«

Zelara bewegte die Augenstiele. »Du wärst überrascht, was ein Mädchen alles mit seinem Schnabel anfangen kann.«

»Lass es mich dir zeigen«, rief Lyari. Sie packte Lukes Nase mit dem Schnabel und zog daran.

»Autsch!« Luke griff nach oben und befreite seine Nase. Andere Gäste schauten bereits in ihre Richtung, und das war genau, was er nicht wollte. »Bitte, meine Damen! Sagt mir einfach nur. was ihr über meine Freunde wisst.«

Zelara riss den oberen Teil des Overalls auf. sodass Lukes Unterhemd zu sehen war. »Erst zeigen, dann.«

Maras Staunen traf Luke wie ein Hammer, und er hörte den Rest von Zelaras Bemerkung nicht einmal mehr. Er schaute zum Eingang hin und sah, wie Mara ihrem Sohn die Hand vor die Augen hielt.

»Wer ist das?«, fragte Zelara. die seinem Blick gefolgt war.

»Meine Gemahlin.«

»Gemahlin?«, wiederholten die Ishi Tib gleichzeitig. Dann sprangen beide auf. Zelara rief empört: »Du hast uns nicht gesagt, dass du verheiratet bist!«

»Und er hat auch ein Junges!«, fügte Lyari hinzu.

Der Ausbruch verwirrte sogar die verpinischen Musiker, sie spielten ein paar eindeutig falsche Töne, und die verärgerten Zuhörer schlugen vor, dass sich Luke und die Ishi Tib mit ihrem Privatleben in eine abgelegene Ecke begeben sollten.

Mara verdrehte die Augen, dann zerrte sie einen sehr widerstrebenden Ben aus dem Raum.

Luke sandte ihr Bilder, die sie beruhigen sollten, und hoffte, dass seine Erklärung glaubwürdig ausfiel. Er erhielt amüsierte Zweifel zur Antwort, dann hörte er Saba von weitem zischen und begriff, dass diese Geschichte noch lange die Runde machen würde. Er schüttelte den Kopf, schloss dann den Overall wieder und starrte die Ishi Tib an.

»Würden Sie sich bitte wieder hinsetzen.«

Zelara stützte eine Hand auf die Hüfte. »Das denke ich nicht.«

»Vergessen Sie uns lieber, Sie Doppellaicher.« Lyari wollte ihn auf den Ausgang zuscheuchen. »Sie sollten lieber zu Ihrer Frau und Ihrer Nachzucht gehen.«

»Sobald ich eine Antwort von Ihnen habe.« Luke packte die Ishi Tib an den Handgelenken. »Wann haben Sie meine Freunde gesehen? Den Wookiee und den Barabel und die anderen?«

»Als sie hier waren«, antwortete Zelara kühl. »Und das war?«, fragte Luke.

»Ich weiß nicht.« Zelara sah Lyari an. »Wann war das?«

»Wer kann sich schon erinnern? Sie blieben nur einen Tag.«

Luke wollte Zelara veranlassen, genauer nachzudenken, da kam jemand auf sie zu. Wie bei der Falleen, die Tarnis weggeholt hatte, schien der Neuankömmling eine doppelte Präsenz in der Macht zu haben, nur dass sich seine individuelle Präsenz erheblich gefährlicher anfühlte als die der Falleen. Luke drehte sich um und sah einen Schatten mit weißen Reißzähnen näher kommen und hätte beinahe nach seinem Lichtschwert gegriffen.

Der Defel starrte Lukes Hand an, bis dieser sie wieder aus der Nähe der Waffe zurückzog, dann wandte er sich an die Ishi Tib. »Das Nest hat ein Fass frischen Tibrin-Salzes«, erklärte er. »Wir bereiten jetzt einen Tauchtank vor.«

»Für uns?«, keuchte Zelara.

»Wo?«, wollte Lyari wissen.

Der Defel bot beiden einen Arm mit dunklem Fell. »Ich bringe euch hin.«

»Beantwortet erst meine Frage«, verlangte Luke und setzte die Kraft der Macht hinter diesen Befehl.

Lyari setzte dazu an. sich wieder umzudrehen, aber der Defel zog sie weiter.

»Kommen Sie, meine Damen«, sagte er, und seine Augen glühten. »Der Tauchtank wird kühl.«

Die gleiche trübe Präsenz, der Luke schon zuvor begegnet war, erhob sich erneut gegen ihn. Es war kein Angriff durch die Macht, eher eine gewaltige Willensanstrengung. Wenn er gewollt hätte, hätte Luke sich ihr wahrscheinlich entgegenstemmen können, aber das hätte bedeutet, noch mehr von der Aufmerksamkeit dieses geheimnisvollen Wesens zu erregen, als er sich ohnehin schon zugezogen hatte.

Außerdem kam Saba gerade auf ihn zu, begeleitet von einem pelzigen kleinen Ewok. Es war der, vor dem sie zuvor gesessen hatte, ein Ewok von kräftigem Körperbau mit einem kleinen weißen Streifen auf einem ansonsten tiefschwarzen Fell. Sie blieben gackernd und zischend vor Luke stehen.

»Na gut«, sagte Luke, »das musst du jetzt wohl loswerden. Wer ist dein Freund, Saba?«

»Tar. Tarfang.« Sie lachte. »Er sagt, er kann uns helfen, unsere Freunde zu finden. Wenn du damit fertig bist, Ishi Tib zu jagen.«

Abgesehen von einer dünnen Schicht aus goldenem Wachs, den Reihen von Leuchtkugeln, die an der Decke hingen, den anscheinend willkürlichen Gangöffnungen und dem Nichtvorhandensein selbst eines vagen Gefühls für oben und unten, erinnerte das Innere des runden Hangars an alle Raumhäfen, die Han Solo von Tausenden unbekannter, abgelegener Planeten überall in der Galaxis her kannte. Es gab die übliche Ansammlung verbeulter Transporter, die übliche Fracht von zwiespältiger Herkunft, die ganz offen herumlag, und die üblichen abgewrackten Schmuggler, die aus ihren Schiffen heraus- und wieder hineinstürzten und schwer daran arbeiteten, ihrem unehrlichen Gewerbe den Anschein ehrlicher Arbeit zu verleihen.

Han spürte so etwas wie Heimweh, und er musste zugeben, dass ihm die Tage fehlten, in denen er solche Orte hatte anfliegen können, in der Gewissheit, dass sich niemand mit ihm und dem Wookiee anlegen würde. Natürlich, er hatte inzwischen eine Frau, die Jedi-Ritterin war, zwei Noghri und einen nachgebauten Kampfdroiden, um ihm Deckung zu geben, aber das war nicht ganz das Gleiche. Chewbacca war nicht nur sein bester Freund gewesen, sondern auch ein Mitverschwörer und manchmal ein quälend schlechtes Gewissen, einer, der verstand, was Han zu dem misstrauischen, verbitterten Schmuggler gemacht hatte, der er gewesen war, als Leia in sein Leben getreten war und ihn aus seiner ziellosen Existenz gerissen hatte.

»Zumindest ein Geheimnis haben wir gelöst«, sagte sie gerade. Sie zeigte auf eine Duraplat-Palette voller Kisten mit dem Aufdruck WIEDERAUFBAUBEHÖRDE - SANITÄRE EINRICHTUNGEN. »Das hier erklärt, wieso es so schwor war, die Verluste der WB zu verfolgen.«

»Ich weiß nicht«, sagte Han. Er sah die riesigen Käfer an. die über jede Oberfläche zu krabbeln schienen. »Dieser Steinhaufen ist nicht groß genug, um so viel zu verschiffen.«

Je mehr er die Aktivitäten um die Transporter herum beobachtete, desto intensiver wurde seine Gänsehaut. Die Käfer marschierten ohne Begleitung in die Schiffe und wieder heraus, luden Fracht ab, Lebensmittel, selbst wichtige Werkzeuge, und brachten sie zum Ende der Laderampen. Statt die Insekten aufzuhalten, taten die Besatzungen das Gleiche in umgekehrter Reihenfolge, luden riesige Steinbehälter ein. Kugeln von buntem Wachs und viele der gleichen Werkzeuge und Lebensmittel, die die Insekten zuvor ausgeladen hatten. Offenbar regte sich niemand darüber auf. dass sie einander entgegenarbeiteten. Tatsächlich schienen sie einander kaum zu bemerken.

Han entdeckte den glatten grauen Keil einer Yacht der Horizon-Klasse, die etwa auf halbem Weg an der »Wand« des Docks abgestellt war, auf Landestützen, die tief in die wachsartige Substanz am Boden gesunken waren. Die Laderampe war gesenkt, und ein großer Tendrando-Verteidigungsdroide stand daneben. Der massive Torso und die mit Systemen besetzten Schnittstellen schienen nicht so recht zu dem cherubischen Gesicht und dem lächelnden Mund passen zu wollen.

»Da ist die Schatten«, sagte Han. Er drehte den Falken halb herum, um eine leere Andockstelle an der Wand neben Maras Schiff anzufliegen. »Sagen wir guten Tag.«

Leia schüttelte den Kopf. »Fühlt sich nicht an. als wäre jemand an Bord.«

»Nein?« Han verzog das Gesicht. Es passte nicht zu Mara. die Schatten offen und ohne Aufsicht zurückzulassen - obwohl Nannas Anwesenheit selbstverständlich furchterregend genug war. Bens droidische Kinderfrau basierte auf einer Leibwächter-Version von Landos sorgfältig konstruierten YVH-Kampfdroiden, gekreuzt mit einem TD-Kindermädchendroiden. und wahrscheinlich reichte es völlig aus. wenn sie auf das Schiff aufpasste. Selbst die Käfer schienen das zu begreifen. Hin und wieder kam einer vorbei und ließ die Fühler über die Rampe zucken, aber sie machten keinen Versuch, die Schatten zu entern. »Sie sind wahrscheinlich schon in der Cantina.«

Han schwang das Heck des Falken zur Wand und landete in der offenen Bucht. Die Landestützen sanken in das Wachs und schienen darin Halt zu finden, aber er schoss dennoch zusätzlich die Ankerbolzen ab. Mikroschwerkraft war knifflig; man konnte unmöglich sagen, in welche Richtung sie zog und etwas zu rutschen beginnen würde.

Han stand auf und schnallte sich den Blaster um. »Also gut, gehen wir und reden mit Nanna. Vielleicht kann sie uns was sagen.«

Sie senkten die Laderampe und wichen zunächst einmal zurück, als eine Welle warmer, zu süßer Luft durch die Luke eindrang. Das Gewölbe war erfüllt von einer Kakophonie von Tickgeräuschen, die Han sofort den Schweiß über den Rücken laufen ließen. Ein halbes Dutzend Insekten mit dunklen orangefarbenen Oberkörpern, hellblauen Bäuchen und fedrigen, meterlangen Fühlern bewirkte, dass ihm elend wurde, aber er ging dennoch tapfer auf sie zu.

Leia nahm ihn am Arm. »Han! Was ist los?«

»Nichts.« Han schluckte angestrengt, dann ging er weiter die Rampe hinunter. Er würde sich nicht von seiner Erinnerung an die Kamarianer einschüchtern lassen. Außerdem ähnelten sie den Insekten, die er schon kannte, nur hinsichtlich ihrer Größe - sie reichten Han bis zur Taille -, der vier dünnen Arme, der zwei dünnen Beine und der stoppligen Membranen, die eher dazu geeignet waren, etwas anzuheben und zu transportieren, denn zum Zerreißen von Fleisch. »Ich bin in Ordnung.«

Er blieb mitten auf der Rampe stehen, verschränkte die Arme und nahm eine Haltung ein. als wolle er den Weg blockieren, dann zwang er sich, zum ersten Käfer hinzusehen. Zusätzlich zu den glatten grünen Hauptaugen hatte das Insekt drei weitere Linsen oben auf dem Kopf, was Han unsicher machte, welche dieser Augen er denn nun ansehen sollte.

»Was glaubt ihr Jungs, wo ihr hingeht?«

Der erste Käfer starrte nach oben, tickte nervös mit den Fresswerkzeugen und stieß ein leises Summen aus. das aus seiner Brust zu kommen schien.

»Burrubrbbuurrr, nibb.«

Er ließ sich auf alle sechs Arme und Beine nieder, senkte sich etwa auf Kniehöhe ab, bog dann die Fühler höflich und schoss zwischen Hans Beinen hindurch.

»Heh!« Bevor der Käfer weiter die Rampe hinauflaufen konnte, fuhr Han herum und packte ihn an den kleinen Flügeln auf seinem Rücken. Einige Insekten legten Eier, wo immer sie konnten, und er wollte nicht, dass dieser hier den Falken verseuchte. »Bleib stehen!«

Der Käfer riss den Kopf herum und sah Han an. dann hob er die Hände und klickte sanft mit den Fresswerkzeugen. »Ubburr buurr ub.«

»Captain Solo«, war C-3PO behilflich. »Ich glaube, das Insekt möchte, dass Sie es loslassen.«

»Du verstehst dieses Zeug?«, fragte Han.

»Ich fürchte, ich rate nur«, sagte C-3PO. »Ihre Sprachform ist so schwierig wie der Tanz.«

»Dann haben wir keine Chance.«

»Han«, sagte Leia. »Ich spüre hier keine Gefahr. Solange C-3PO nicht herausfinden kann, wie wir kommunizieren.«

»Ich kommuniziere doch gerade.« Han richtete den Blick auf die nächsten Käferaugen und sagte: »Ich weiß nicht, wofür ihr mich haltet, aber niemand geht an Bord des Falken, solange ich das nicht will.«

Die anderen fünf Käfer ließen sich ebenfalls auf Arme und Beine nieder und krochen zum oberen Teil der Rampe und auf die Luke zu.

»Nein!« Han stieß das Insekt, das er festgehalten hatte, von der Rampe, dann eilte er hinter den anderen her. »Haltet sie auf!«

Die Noghri traten vor Leia und stellten sich breitbeinig in die Tür, um die Eindringlinge abzuwehren. Die Käfer zogen sich zunächst ein Stück zurück, versuchten dann aber doch, sich in den Falken zu drängen. Die ersten wurden von ein paar schnellen Noghri-Tritten zurückgestoßen.

Die verbliebenen drei Insekten blieben stehen, wo sie waren, und duckten sich ein wenig. Sie legten die Fühler flach an die Köpfe, und ein leises »Rrrrrrr« ging von ihren Brustkörben aus. Man hätte das Geräusch vielleicht als unterwürfig bezeichnen können, aber Han wollte sich lieber keinen Spekulationen hingeben. Käferhirne funktionierten für gewöhnlich nicht auf die gleiche Weise wie die anderer Spezies.

BD-8, der Kampfdroide der Solos, erschien hinter den Noghri und richtete sein Blastergeschütz über Meewalhs Schulter aus. »Keine Panik!« Vollständig in Laminanium gehüllt und mit roten Photorezeptoren in einem Totenschädel-Gesicht, erinnerte er immer noch an den YVH-Droiden, aus dem er entwickelt worden war. »Eindringlinge identifiziert. Erlaubnis zu schießen?«

»Nein!«, fauchte Leia. »Warte. Zurück in Freizeitposition!«

»Freizeitposition?« BD-8s Tonfall war zweifelnd geworden, während die Käfer die Rampe weiter hinaufgingen. »Gnädigste, wir haben es mit Eindringlingen zu tun.«

»Das ist nicht der Fall«, stellte Leia fest.

»Jedenfalls nicht, wenn ich etwas dagegen tun kann«, fügte Han hinzu.

Er schnappte sich einen weiteren Käfer und stieß ihn in der niedrigen Schwerkraft zwanzig Meter zum Hangar hinunter. Cakhmaim und Meewalh kümmerten sich um die letzten beiden, packten sie an den Fresswerkzeugen und drehten sie schnell um, was die Insekten ebenfalls von der Rampe purzeln ließ.

Han nickte anerkennend. »Siehst du?«

Ein bitterer Geruch begann vom Boden aufzusteigen. Han schaute nach unten und entdeckte zwei der heruntergeworfenen Käfer, die neben der Rampe auf vier Beinen standen und ihre Bäuche hoben, sodass sie grünliche Flüssigkeit an die Seiten der Rampe spritzten.

»Was jetzt?«, rief Han.

»Ubbub bubbur«, summten die Käfer.

»Selber Bubbur!« Han hob die Arme, um sie wegzuscheuchen. Sie spritzten weiter, und C-3PO ergriff erneut das Wort.

»Captain Solo, wir haben anscheinend noch einen

Besucher.« Der Droide wies an Hans Schulter vorbei.

Als er sich umdrehte, erblickte er eine hochgewachsene, kahle Gestalt mit großen, vorquellenden Augen und dicken Stoßzähnen, die auf die Laderampe des Falken zukam. In den Händen hielt sie einen Lappen und einen Sprühkanister.

»Na wunderbar«, sagte Han. »Ein Aqualish.«

»Das kann nichts Gutes bedeuten«, murmelte Leia. Die Aqualish waren eine aggressive Spezies und überall in der Galaxis dafür bekannt, dass sie Streit anfingen und immer im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen standen. »Was will er hier?«

»Die Außenfenster im Auge behalten«, vermutete Han. Der Aqualish hatte die Rampe erreicht und ging auf die Käfer zu. »Was willst du, Reißzahn?«

Die Aqualish hassten diese Bezeichnung für ihre Rasse, das wusste Solo, aber es war besser, gleich einen aggressiven Ton anzuschlagen, wenn man jemandem gegenüberstand, der sich nicht so leicht einschüchtern ließ.

»Nichts, Freund.« Der Aqualish hatte die grollende Stimme, die typisch für seine Spezies war. »Ich will Ihnen nur helfen.«