Der Osterhase bringt Briefe statt Eier

 

Die letzten Wochen vergingen so schnell. Ostern stand vor der Tür. Thorsten veranstaltete jedes Jahr eine Osterparty, passend zum Ende der Fastenzeit. Und genau vor dieser Party erhielt ich eine SMS. Von Wem? Na klar! »Können wir uns morgen sehen?«

Wir wollten uns bei mir zu Hause treffen. Meine Eltern waren nicht da. Es klingelte. Mein Herz schlug wie verrückt, und ich öffnete hin und her gerissen die Tür. Einerseits freute ich mich, andererseits wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Er strahlte mich an. Ich setzte mich auf das Sofa und er sich neben mich. Was mir schon sehr auffällig vorkam. Zum Glück lief der Fernseher. Ein Punkt im Raum, den ich fixieren konnte, denn ich wusste nicht, wohin ich meinen Blick sonst richten sollte, denn keiner von uns fand gerade die richtigen Worte. Allmählich rückte er mit einem Brief heraus. So hatte ich mir das sogar schon mal ausgemalt, gewünscht. Meine Hände zitterten beim Öffnen des Umschlags. Mein Atem stockte. Was steht hier drin, was will er mir sagen?

 

Hallo Klementine,

ich hab dir soeben diesen Brief gegeben, mit dessen Hilfe ich dir was sagen möchte. Eigentlich weiß ich nicht, wie und wo ich anfangen soll und hoffe, dass du diesen Brief so schnell wie möglich liest …

Es ist nun schon über zwei Wochen her, dass ich unsere Beziehung beendete. Du hast mich natürlich gleich gefragt, warum, wieso und weshalb …

Ich konnte dir damals keinen triftigen Grund nennen, hier und heute leider auch nicht. Die vergangene Zeit war sehr anstrengend und energieraubend. Ich musste zum ersten Mal in meinem Leben erfahren, wie es ist, wenn man sich befreien will und das Wichtigste versucht aufzugeben.

 

Ich wollte immer für dich da sein und nicht nur unter der Woche, sondern auch mal ein ganzes Wochenende, nur mit dir allein. Irgendwo. Ich habe das wohl eher von mir selbst erwartet, als dass du es von mir verlangt hättest. Bei mir kam plötzlich das Gefühl auf, als würde ich dich vernachlässigen und wäre selten für dich da. In den letzten Tagen habe ich mir immer wieder die Frage gestellt: »Warum musste alles so kommen?« Wir haben so viele schöne Dinge erlebt, über verrückte Sachen gelacht und zärtliche Stunden geliebt. Das soll alles jetzt vorbei sein?

 

Als wir am letzten Dienstag zusammen in Alzey waren, war es für mich, als wären wir immer noch ein Paar. Und ich bin mir sicher, tief im Inneren waren wir es auch.

 

Klementine, ich weiß, dass ich dich sehr verletzt habe, denn auch ich bin nicht verschont geblieben. Dennoch ist mir bewusst geworden, wie groß unsere Liebe ist, und dass wir zusammen gehören. Ich frage dich, ob du mir beziehungsweise uns noch mal die Chance gibst, unsere Liebe zu beweisen und zu zeigen, dass wir für immer glücklich sein werden …

Ich liebe Dich,

Dein Mark!

PS: Bitte gib mir die Chance und drück mich ganz fest!

 

Wow! Ich war überwältigt. Während des Lesens kamen mir schon die Freudentränen. Natürlich drückte ich ihn sofort und küsste ihn. Er konnte nur nicht verstehen, warum ich weinen musste. So sind sie halt, die Männer. Aber sie müssen ja nicht alles verstehen.

 

Die Wolken, das Dunkel und der Nebel um den Großen Wagen verziehen sich. Es ist wieder jemand an der Deichsel und zieht mich. Ich erkenne ihn ganz deutlich. Er will mit mir für immer glücklich sein, schreibt er.

Kann man unaufhaltsam glücklich sein? Andauernd? Ohne Regen? Was ist, wenn Probleme auftauchen? Und die tauchen immer irgendwann auf. Doch wir würden es schaffen. Wir gehören zusammen, schreibt er. Was für ein Happy End. Happy End? Gibt es das bei Beziehungen überhaupt? Nein, das Ende einer Beziehung ist im Normalfall schmerzhaft und hat nichts mit ›happy‹ zu tun. Doch wir waren glücklich und wollten es auch bleiben. Der Große Wagen bewegte sich vorwärts. Nur eine große dunkle Wolke überschattete ihn.