Keiner bleibt verschont
Ich hatte mal in ganz jungen Jahren die Erfahrung gemacht und gedacht, ich könnte einen Ex-Freund vergessen und verdrängen, wenn ich andere Jungs küsse. Ich habe einigen Jungs damit sehr wehgetan, weil sie sich Hoffnungen machten. Und auch für mich waren die Küsse keine Heilung meines Liebeskummers. Ich war einfach noch nicht so weit, und falls einer dieser jungen Männer es ernst meinte, sagte ich es kurz und schmerzlos: ES TUT MIR LEID! Sorry, ich war jung und unerfahren. Doch ich weiß jetzt: Die Ablenkung hilft nur, wenn der RICHTIGE kommt, bei dem der Funke überspringt. Allerdings habe ich Jahre später den gleichen Fehler wieder gemacht, dann aber mit Männern, die auch nur knutschen wollten.
Es tut mir Leid
Du sahst mir in die Augen und sagtest, dass du mich liebst. Ich wusste, du meinst es ehrlich, und ich erwiderte deine Worte.
Es ist jetzt zwei Wochen her, als ich ihn verließ, meine große Liebe, mit der ich meine Träume erfüllen wollte. Dann fand ich dich, und ich weiß, dass ich dich nicht liebe, niemals kann ich dich lieben.
Sie tut mir leid, meine Unehrlichkeit! Mehr kann ich nicht sagen. Ich habe mit deinen Gefühlen gespielt, um jemand anderes zu vergessen. Ich weiß, das war keine schöne Weise, und ich verstehe deine Wut.
Ich glaube, ich kenne das Gefühl, das du jetzt hast. Du kommst dir vor, wie ein ausgelutschter Kaugummi, der auf den Boden gespuckt wurde, und auf dem jetzt herumgetreten wird.
Ich wünsche dir, dass du irgendwann mein Gefühl verstehst. Vielleicht machst du irgendwann denselben Fehler. Ich sehe ein, dass es ein Fehler war. Jeder weiß, dass die Zeit die Wunden heilt, aber höre auf zu rennen, denn du kannst sie nicht einholen.
Doch diese Theorie bringt mich jetzt auch nicht weiter. Die jungen Männer, dessen Herzen ich einst brach, haben es inzwischen überwunden. Sie sind heute wahrscheinlich glücklich verheiratet, sind Vater, oder vielleicht sind sie geschieden, aber an mich denken sie bestimmt nicht mehr, nur ganz selten vielleicht.
Die anderen Männer, die auch nur knutschen wollten, brauchen wohl keine Entschuldigung von mir und sie bekommen auch keine.
Hier sind welche, die eher eine Entschuldigung verdient hätten, doch wozu sind Freunde da? Ich löcherte alle möglichen Leute, ob sie denn glaubten, dass ich noch mal mit ihm zusammen komme. Ich bin mir sicher, dass ich einige echt genervt habe. Aber in dieser Phase gab es fast kein anderes Thema für mich. Einer Arbeitskollegin versprach ich sogar einen Kuchen, falls ich es schaffen sollte, mit ihm wieder zusammen zu kommen. Und das wurde zu meinem Ziel. Nicht der Kuchen, sondern die Wiedervereinigung mit Mark natürlich.
Als ich eines Abends von Bennie nach Hause fuhr – ich traf mich mit ihm, weil er mich trösten wollte –, setzte ich vor lauter Schusseligkeit mein Auto in den Graben und konnte mich nicht mehr befreien. Zum Glück hatte Bennie einen Traktor. Er kam an und zog mich mit samt Auto wieder auf die Straße. Ausgerechnet musste Marks Schwester in diesem Moment zufällig dazu stoßen. Oh nein! Jetzt würde er es auch erfahren. Ich und mein Auto, das er immer ›Schwarze Zecke‹ nannte, im Graben. Und natürlich kam am nächsten Morgen eine Nachricht: »Ich habe gehört, du bist mit der Zecke im Graben gelandet. Ich hoffe, es ist dir nichts passiert.«
Meine Kollegin Pia, der ich den Kuchen versprach, meinte: »Das ist aber eine sehr nette Nachricht.« Das baute mich auf.
Was Benny anging: Er war einfach mein Retter. Dann fiel mir ein, dass wir zusammen mit 14 Freunden in den Urlaub fahren wollten. Oh nein! Ich hatte mich so auf diesen Urlaub gefreut. Er würde jetzt versaut sein. Ohne ihn. Plötzlich kriegte ich eine SMS. Ich rannte zu meinem Handy in der Hoffnung, dass es er ist. Doch es war Katja. Ich mag Katja, aber ich glaube, wenn sie mich in diesem Moment gesehen hätte, wäre sie verärgert gewesen über die Enttäuschung, die sich in meinem Gesicht abzeichnete.
Ich hörte auch weiter – bestimmt eine ganze Woche lang – nichts von ihm. Ich bin fast gestorben.
Aber ihm hinterherzulaufen kam für mich nicht in Frage. Ich habe ja auch meinen Stolz.