König der Berge
Es war Anfang Oktober, und die Insel machte mich langsam meschugge. Im Grunde gibt es auf Gran Canaria ja auch nicht viel anderes als sonnenverbrannte Rentner mit Serrano-Schinken-Haut und holländische Swingerclubs, die mit ihren Käsemauken durch die FKK-Dünen staksen, um sich gegenseitig einen unterzuheben. Also ließ ich den Strand links liegen und suchte meine Ruhe in den Bergen. Genau der richtige Ort, um sich zu erholen und in der Einsamkeit der großzügig vorhandenen Wanderwege die gestresste Seele baumeln zu lassen. Helga packte mir ein paar Brote in meinen Rucksack, und dann zog ich einfach los und marschierte durch die wunderbare Natur.
Ich hatte mich zu einer zünftigen Brettl-Jause niedergelassen und bedeckte einen alten, knorrigen Baumstumpf mit meinem weißen Lieblingstaschentuch, in das Helga mir zu meiner großen Freude meine Initialen und ein Porsche-Wappen gestickt hatte. Um mich herum nur meditative Stille und Einsamkeit. Ein glasklarer Gebirgsbach plätscherte auf seinem Weg ins Tal vor sich hin. Behutsam nahm ich den Proviant aus dem Rucksack und öffnete neugierig die Tupperdose. Mit dem kleinen Spaten meines Victorinox-Explorer-XL-Survivor-Messers hob ich eine Grube aus und verscharrte sorgfältig Helgas fetttriefende Chorizo-Stullen.
Dann suchte ich den Rucksack verzweifelt nach essbaren Alternativen ab. In einer Seitentasche fand ich ein altes Raider. Raider! So hieß doch Twix vor zwanzig Jahren! Ich versuchte den antiquierten Schokoriegel aufzureißen, dabei zerbröselte er. Hastig kramte ich in den vorderen Rucksackfächern und stieß auf eine schmal gerollte Zigarette. Vorsichtig roch ich daran. Kein Zweifel – das war allerfeinstes Thai-Gras, eine der besten Marihuana-Sorten überhaupt. Wenn das kein Zeichen war! Wie heißt es doch so schön? Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Ich roch noch mal an dem Zeug. Irgendwie kam mir das vor wie ein Déjà-vu … wie kam der Sticky in den Rucksack? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Helga außer ihren Mentholzigaretten noch andere bewusstseinserweiternde Substanzen zu sich nahm. Außer Eierlikör vielleicht.
Dann fiel mir plötzlich wieder alles ein: Den Sticky hatte ich bei meinem letzten Besuch in Las Palmas im Februar 2008 in der Hippiekneipe «San Francisco» von einem vertrauenswürdigen Alt-68er geschenkt bekommen, weil er mich mit meinem wilden Lockenkopf für die weiße Wiedergeburt von Jimi Hendrix hielt. Der Typ war die Härte! Er hatte die ganze Freaknummer drauf: Stirnband um die verfilzte, ergraute Zottelmähne, Palästinensertuch um den Hals, dreißigtausend Lederarmbänder am Arm, bunte Batikklamotten, Jesus-Latschen und die obligatorischen Zahnstumpen im Mund. Mit verschwörerischer Miene hatte mir dieser wettergegerbte Vollbart-Zottel noch ins Ohr geflüstert: «Sei vorsichtig mit diesem Joint. Vergiss nicht Purple Rain, Jimi! Nur einen Zug zu viel, und du öffnest die Büchse der Pandora.»
Was blieb mir anderes übrig, als dieses von Gott gegebene Zeichen zu akzeptieren? Ich nahm mein altes Zippo-Sturmfeuerzeug und entzündete den Sticky mit dem thailändischen Gras ehrfürchtig. Respektvoll inhalierte ich den ersten Zug. Sofort meldete sich der Nichtraucher in mir: Bah, das schmeckte auch nicht besser als eine Lord Extra. Ich hustete in die klare Bergluft und nahm direkt den nächsten tiefen Zug. Ich musste lachen. Jimi Hendrix, Purple Rain – ja nee, is’ klar! Sonst noch was? Dass diese alten Hippies auch immer so schrecklich übertreiben müssen. Büchse der Pandora. Was für ein Quatsch. Wenn ich mal einen Wodka Red Bull trinke statt Pils, kippe ich ja auch nicht gleich um. Lächerlich. Beherzt nahm ich noch einen dritten Zug und machte mich gutgelaunt auf den Heimweg. Ich lief und lief und lief. Mein Gott, ich lief wie irre, aber ich kam aus diesem verdammten Tal einfach nicht mehr raus. Alle Wege drehten sich im Kreis und führten mich immer wieder zum Ausgangspunkt. Es war wie verhext! Als ich zwei Stunden gelaufen war, brach ich vor Erschöpfung fast zusammen. Der Schweiß lief mir in Strömen über das Gesicht, und ich japste kurzatmig nach Luft.
Ich setzte mich ins Moos, lehnte mich an einen Baumstamm und versuchte, ruhig zu atmen. Das Herz hörte auf zu rasen, und ich bekam wieder etwas Luft in meine Lungen. Ich hatte auf einmal einen Riesenschmacht. Ein Königreich für eine Leberwurstkniffte und eine ordentliche Portion dänischen Gurkensalat! Hätte ich doch bloß eine von den Chorizo-Stullen gegessen. Aber hinterher ist man ja immer schlauer. Gerade als ich wieder aufstehen wollte, um weiterzulaufen, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme über mir:
«You’re my heart, you’re my soul.
You can win, if you want,
Geronimo’s Cadillac.
Brother Louie-Louie-Louie,
if you want it, you can win.»
Verwundert schaute ich nach oben. Ich traute meinen Augen nicht, aber es gab keinen Zweifel: Da oben in der Baumkrone saß Thomas Anders in einem schneeweißen Overall auf einem dicken Ast. Um den Hals trug er eine schwere goldene Atze-Kette. Seine Frisur saß perfekt, und obwohl es mittlerweile sehr windig geworden war, rührte sich kein Haar in seiner seidigen Mähne. Gütig lächelnd schaute er auf mich herunter. Offenbar erwartete er eine Antwort von mir. Völlig entgeistert sagte ich: «Thomas, was soll der Mist? Komm da runter, du erkältest dich noch!»
Er nickte seltsam, sprang mir mitten ins Gesicht, und ich verlor das Bewusstsein. Nach einer gefühlten Ewigkeit erwachte ich mit einem Brummschädel, schaute auf die Uhr und stellte fest, dass erst fünfzehn Minuten vergangen waren. Ich raffte mich auf, nahm meinen Rucksack und stiefelte nach Hause, Richtung «Las Rebajas».
Was zur Hölle war das gewesen? Eine Halluzination? Hatte ich beim Aufreißen des «Raider» aus Versehen einen Krümel eingeatmet und ihn nicht vertragen? Oder hatte der alte Hippie mit seiner Prophezeiung recht gehabt? Ich überlegte lange, dann hatte ich den Sinn dieser Erscheinung und ihre mysteriöse Botschaft verstanden: Ich würde in Zukunft die Finger von solchem Zeug lassen. Wie sagt schon mein alter Kumpel Micky immer: «Mir ist die Bluse der Pamela lieber als die Büchse der Pandora.»
Am nächsten Tag packte ich meinen Koffer, drückte Helga einen dicken Abschiedskuss auf die Schnute und bestieg den Flieger nach Düsseldorf.
Ich musste dringend zurück nach Deutschland. Die Arbeit rief. Mehrere TV-Shows, einige Galas – und außerdem ging bald die Tournee wieder los. Frisch renoviert, wie ich war, liebte ich meinen Beruf wieder aus vollem Herzen und gab alles, um keinen zu enttäuschen.
Ich hatte gerade die ersten Tournee-Auftritte absolviert, als meine lieben Freunde vom ZDF in Mainz anriefen: «Atze, wir brauchen dich als Assistent bei ‹Wetten, dass..?›.»
Nanu, was war passiert? Die eigentliche Assistentin von Moderator Markus Lanz war seit der ersten neuen Sendung vor drei Wochen keine Gewichtigere als «Cindy aus Marzahn». Doch aufgrund einer Rückenverletzung musste sie kurzfristig absagen. Ich nahm an, dass sie beim Sprung durch den brennenden Reifen in einer Sea-World-Vorstellung falsch auf die Wasseroberfläche geklatscht war und sich dabei den zarten Rücken verknackst hatte.
Ich wollte eigentlich absagen, weil an ebenjenem Samstag unser traditioneller Männerabend auf Hajos Terrasse anstand, also rief ich meinen lieben Freund Markus Lanz in seinem Heimatdorf in Tirol an. Sofort erinnerten wir uns an unsere gemeinsame Bergwandertour durch die zauberhaften Dolomiten. Ich glaube, es war Ostern 2006. Es lag noch ungewöhnlich viel Schnee auf den Gipfeln, als wir Richtung Sellamassiv loszogen. Auf meinen Rat hin hatten wir ein wenig Bergausrüstung eingepackt. Zwei Sigg-Flaschen randvoll mit Ovomaltine und meinen geliebten Wanderstock mit der sehr seltenen Plakette des Verkehrsvereins Goslar. Auf Markus’ Rucksack prangte ein auffälliger Aufnäher: «K2 – King of Himalaya». Na, wenn er meint … letzten Endes ist das doch auch nur ein Berg wie der Kahle Asten.
So zogen wir gutgelaunt im Frühtau zu Berge, nur begleitet von Markus’ treuer Bernhardinerhündin Margot. Zügig gewannen wir an Höhe und sprachen über unsere gemeinsame Liebe zu alten Luis-Trenker-Filmen. Gegen Mittag begann es fürchterlich zu schneien. Man sah die Hand vor Augen nicht mehr. Erst in letzter Minute fanden wir Unterschlupf in einer windschiefen alten Schutzhütte der Bergwacht. Vorsichtig lösten wir das Holzfässchen an Margots Halsband und genehmigten uns ein herrliches Gläschen Käpt’n-Hansen-Rum.
Die Eiszapfen an meiner Brille schmolzen, die Turnschuhe trockneten. Der tobende Schneesturm konnte uns nicht mehr gefährden, und die Stimmung hätte kaum besser sein können. Markus ist einer der begnadetsten Witzeerzähler, die ich kenne. Er haute ein Dingen nach dem anderen raus: «Treffen sich zwei Jäger, beide tot!»
Ich schrie vor Vergnügen. Selbst der Hund konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Während Markus genüsslich Rum nachschenkte, konterte ich schnell mit meinem Lieblingswitz: «Herr Doktor, Herr Doktor, der Simulant von Zimmer 7 ist gestorben …», weiter kam ich nicht, denn wir fielen uns prustend in die Arme. Um die Hütte ein wenig gemütlicher zu machen, holten wir Bärenfelle aus einer uralten Bergwachttruhe. In dem alten, verlassenen Kachelofen lagen zu unserer Überraschung zwei getrocknete Klafter Rotbuche, die schnell entzündet waren und behagliche Wärme in unsere Unterkunft brachten. Glucksend schenkte ich aus einer unserer Reserveflaschen Rum nach, als Margot unruhig wurde. Besorgt sagte Markus: «Hier stimmt was nicht. Das macht sie normalerweise nie.» Ich nahm einen tiefen Schluck und versuchte im Angesicht der unsichtbaren Bedrohung ganz ruhig zu bleiben. Markus hatte recht: Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Das Tier wurde immer nervöser. Wölfe? Um diese Jahreszeit? Auf dieser Höhe? Eher unwahrscheinlich. Trotzdem zog ich das lange Bajonettmesser aus der drehbaren Spitze meines Wanderstocks. Ich gab Markus ein Zeichen. Auf sein Nicken hin riss ich die Tür auf, und er hechtete mit einem tollkühnen Satz nach draußen. Ich folgte ihm fast unsichtbar und mit anmutigen Bewegungen lautlos in den Schnee. Vor unseren Augen spielten sich dramatische Szenen ab: Ein junges Reh hatte sich in einer Bärenfalle, die rücksichtslose Wilderer ausgelegt hatten, beide Beine gebrochen. Markus legte zwei Finger auf die Halsschlagader hinter dem linken Ohr und schaute mich mit Tränen in den Augen an: «Ich kann nichts mehr für sie tun. Mach du es.» Ich wusste sofort, worauf er anspielte. Wie oft hatte ich ihm von meiner großen Leidenschaft, dem Stierkampf, erzählt! Dumm gelaufen, denn ich kannte diese bekloppte Sportart natürlich nur aus den Romanen Hemingways – das hatte ich ihm natürlich verschwiegen. Wie stand ich jetzt da! Ein tiefes Schweigen lastete auf uns, doch ich wusste instinktiv, was ich zu tun hatte. Durch das orkanartige Schneegestöber tastete ich mich bis zur vierten Rippe des braven Tieres. Mit dem beherzten Griff ans Messer erschreckte ich das arme Geschöpf so sehr, dass sein schwaches Herz versagte und es tot zusammenbrach.
Von nun an hieß es «Lanz kocht!». Herrlich. Während wir uns erleichtert mit einer frischen Lage Rum zuprosteten, kramte Markus schon im Rucksack nach dem zusammenklappbaren Schuhbeck-Gewürzregal. Unter Absingen der heimlichen Hymne aller Bergsteiger, «La Montanara, die Berge, sie grüßen dich», brutzelte Markus, der begnadete Hobbykoch, ein Rehrückenfilet über dem offenen Feuer. Es schmeckte unvergleichlich gut. Margot kaute zufrieden auf einem herzhaften Brustknochen herum. Nach dem Essen hatten wir keine Lust aufzuräumen, außerdem gingen unsere Rumvorräte zur Neige. Diesmal rettete uns Markus aus der prekären Situation: Er wählte mit seinem Handy die Nummer vom Taxiservice Tirol, und schon fünfzehn Minuten später saßen wir in der finnischen Holzsauna des Hilton-Hotels im romantischen Örtchen Geiselsberg. Ja, das Glück ist mit den Tüchtigen.
Und während Markus noch völlig euphorisch am Telefon weitere Details unserer Ostergeschichte auffrischte, dachte ich die ganze Zeit darüber nach, wie ich ihm die Absage für «Wetten, dass..?» unterjubeln konnte.
Während ich noch Luft holte, um endlich auf den Punkt zu kommen, erwähnte der smarte Frauenschwarm eher beiläufig, dass auch Halle Berry am Samstag in Bremen auf der Wettcouch sitzen würde. Ich war wie elektrisiert und grätschte erbarmungslos dazwischen: «Markus, jetzt lass mich dir doch auch endlich mal zusagen. Ich komm hier ja gar nicht zu Wort. Selbstverständlich bin ich dabei, ich lass dich doch nicht hängen. Ist doch Ehrensache!»
Was hätte ich auch sonst sagen sollen? Halle Berry und ich auf derselben Couch! So eine Gelegenheit lasse ich mir doch nicht entgehen!
Ich konnte das erotische Knistern zwischen mir und dieser wahnsinnig attraktiven Frau schon am ganzen Körper spüren. Allein wie sie bei James Bond im legendären Bikini den Fluten entstieg! Dann die unglaubliche Rappelszene mit Billy Bob Thornton in «Monster’s Ball». Vor meinem geistigen Auge ritt sie auf mir, schrie vor Lust meinen Namen und krallte ihre roten Fingernägel tief in meinen durchtrainierten Rücken. Aaah! Ja, ja, ja! Auf meiner erotischen Wunschliste ist Miss Berry seit Jahren ein Stammgast in den Top 40, neben Christine Neubauer und Anne Will. Bei Letzterer bringt mich allein schon diese charmante Kombination aus Vor- und Nachnamen um den Verstand.
Schon am Donnerstag reiste ich zu den Proben nach Bremen. Alle Stars logierten natürlich im ehrwürdigen Parkhotel, in dem ich mir seit Jahren immer die schlaflosen Nächte in Bremen versüßte. Die Direktion der Edelherberge hatte mir ein Zimmer neben dem wunderschönen Superstar aus Hollywood gegeben. Solche Details unterscheiden Luxushotels von First-Class-Herbergen. Die Stimmung in der «Wetten, dass..?»-Crew war wie immer bestens, und an der Hotelbar war jeden Abend die Hölle los.
Dann kam der Tag der Sendung. Endlich trafen auch die Superstars ein. Im Backstage-Bereich von «Wetten, dass..?» herrschen traditionell immer großes Durcheinander und hektische Betriebsamkeit: Akteure werden geschminkt, Tänzer proben letzte Schritte, Wettkandidaten feilen noch einmal an ihren Wetten. Ich erinnere mich, wie ich 2006 bei «Wetten, dass..?» in Düsseldorf war. In der Sendung waren damals unter anderem Robbie Williams und der Rapper 50 Cent zu Gast, der mit zwanzig seiner besten Buddys und einem riesigen Ghettoblaster den kompletten Garderobenflur in einen amtlichen Szene-Partyclub verwandelte.
Ich war also sehr gespannt, ob es hier in Bremen auch so abgehen würde. Wir saßen locker zusammen: David Garrett fiedelte ein wenig Zigeunerjazz auf seiner Straddi, und der gute Tom Hanks kloppte einen Gag nach dem anderen raus. Stimmung, Spaß und gute Laune. Als die Eurovisionsmelodie aus der Halle erklang, hatten wir schon fast vergessen, warum wir überhaupt da waren.
Markus eröffnete zusammen mit Robbie Williams die Show. Die Bremer im Saal standen vor Begeisterung kopf. Das fing ja gut an! Ich hatte als Assistent von Markus Lanz ordentlich Spaß, plante aber eine kleine Aktion auf eigene Rechnung: In der Tasche meines rosafarbenen Cindy-Kostüms hatte ich die alte Katzenmütze von Katis Mutter versteckt, die sie 25 Jahre lang im Essener Karneval trug. Als ich meinen Jungs den Männerabend abgesagt hatte, trugen sie mir nämlich zur Wiedergutmachung diese Spezialaufgabe auf: «Wetten, du schaffst es nicht, ‹Forrest Gump› in der Sendung das olle Dingen auf die Birne zu setzen?»
Ich hatte zwar noch keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte, aber irgendwas würde mir schon einfallen. Die Chance bot sich schneller, als ich dachte. Während Markus in der ominösen «Lanz-Challenge» gegen einen Saalkandidaten sackhüpfen musste, setzte ich die männlichen Wettpaten als Begrenzungspfähle ein und stülpte Tom Hanks kurzerhand die bescheuerte Katzenmütze über. Er selbst fand das lustig und machte einige müde Katzenwitze. Auch Halle Berry kicherte und war bestens gelaunt. Von meinen Wunschgedanken und Phantasien befeuert, nahm ich mir fest vor, ihr im weiteren Verlauf der Nacht noch eine ganz besondere Überraschung zu präsentieren.
Mein Plan war ebenso perfide, wie er perfekt war. Ich hatte in all den Jahren auf Tournee und den damit verbundenen Aufenthalten in diversen Luxushotels von einem ausgebufften Concierge den Trick zur Öffnung aller elektronisch gesteuerten Türschließsysteme bekommen. Man benötigte dazu die Magnetkarte des jeweiligen Hotels, ein iPhone und natürlich eine ganze Menge technischen Sachverstand.
Auf dem iPhone drückt man im Nummernwahlblock eine achtstellige Zahlenkombination. Dann schaltet man das Gerät auf Bluetooth-Modus und überträgt den Code durch einen unterdrückten Anruf auf die Zimmerkarte. Wichtig ist dabei, das Handy vorher auf «Nicht stören» und «Mobile Daten aus» einzustellen, weil sonst eingehende Anrufe oder SMS sowie E-Mails die verlustfreie Übertragung des Crackcodes verhindern. Im Prinzip kinderleicht, wenn man den achtstelligen Code kennt. Ich kannte ihn, und ich war fest entschlossen, ihn zu benutzen.
Es funktionierte reibungslos, wie immer. Und so lag ich nur mit einem meiner besten und formschönsten Leopardenslips bekleidet in Halle Berrys kuscheligem Kingsizebett. Die Aftershowparty hatte ich mir gespart, und jetzt warteten mein treuer Gefährte und ich in freudiger Erwartung auf die Ankunft der schokoladenfarbenen Schönheit. Ich konnte schon spüren, wie sie sich mit allen Fasern ihres herrlichen Körpers nach mir sehnte. Keine Frage – hier würden sich zwei Erwachsene auf Augenhöhe begegnen.
Ich betete im Geiste das Kamasutra noch mal rückwärts her und schlief selig dabei ein. Eine eiskalte Hand an einer sehr empfindlichen Stelle weckte mich auf. «Surprise, surprise», hörte ich eine rauchige Stimme murmeln. Von da an ging es wirklich über Stock und Stein. Rustikal, robust und durchaus deftig. Gut, dass es so dunkel war, sonst wäre ich noch rot geworden.
Als ihr Furor vergangen war und sie von mir abließ, seufzte sie tief und mit eindeutigem Mainzer Dialekt in mein Ohr: «Woher wusstest du, dass das mein Zimmer ist? Das war nämlich vorher das Zimmer von Halle Berry, aber die ist ja gleich nach Berlin weitergefahren. So, mein Spätzchen – jetzt rauch ich schnell eine, und dann scheucht Mutti dich noch mal so richtig durch den Parcours.»
Ich weiß nicht, wie lange sie noch an mir rumgemacht hat. Irgendwann verlor ich während der Tortur das Bewusstsein. Aber so ist das eben mit dem ZDF: Mit dem Zweiten sieht man besser! Aber nur, wenn das Licht an ist.