FÜNFZEHN
Im Studio der Produktionsfirma Filmo Centro drängte sich eine Menschenmenge. Sie alle wollten erzählen, wie sehr sie unter der Diktatur litten: Mütter, deren Kinder verschwunden waren, vergewaltigte Frauen, gefolterte Jugendliche, Arbeiter mit Nierenverletzungen, gehörlose Alte, Arbeitslose ohne Wohnung, Studenten, die man von der Universität geworfen hatte, Pianisten mit gebrochenen Handgelenken, Männer mit von Hunden zerbissenen Brustwarzen, Büroangestellte ohne Augenlicht, Hunger leidende Kinder. Eine fünfzigjährige Frau kam zusammen mit einem Gitarristen auf Bettini zu.
»Ich möchte, dass Sie in Ihrer Kampagne meinen Tanz zeigen.«
»Ein Tanz ist gut«, sagte der Werbemann. »Das ist etwas Fröhliches.«
»Dieser junge Mann ist mein Sohn Daniel. Er ist Gitarrist.«
»Hallo, Daniel.«
»Der Tanz ist meinem Mann gewidmet. Er ist verschwunden.«
»Mit wem werden Sie tanzen?«
»Mit ihm natürlich. Mit meinem Mann.«
Sie zog ein weißes Taschentuch aus dem Dekolleté und schwenkte es hin und her. Der Junge spielte ein paar Akkorde, dann setzte seine grelle Stimme zur ersten Strophe an: »Es gab eine Zeit in meinem Leben, da ich glücklich war …«
Die einfache Würde, mit der diese Frau den Tanzschritten ihres verschollenen Mannes folgte, war erschütternd. Bettini entschuldigte sich und verschwand auf die Toilette.
Er ließ sich Wasser über den Nacken rinnen, es war ihm egal, dass sein Hemd nass wurde. Dann rieb er sich unter dem laufenden Wasserhahn das Gesicht, wie um seine Blässe wegzurubbeln.
Und auf diese Weise zerrannen auch seine Tränen im Waschbecken.