Prolog

Der Wasserdämon spürte die Zunahme des Chaos auf der anderen Seite des Ozeans. Verdünnt und fein zerflossen im endlosen Pazifik reichten seine Tentakel von den Küsten Asiens bis zu den Stränden Hawaiis. Doch die Versammlung der Dämonen in der fernen verregneten Stadt Seattle zog ihn an wie der Mond das Meer.

Er war gewachsen, seit er in Gestalt von Überschwemmungen und Unterströmungen in kleineren Meeresarmen, Buchten, Sunden und Süßwasserseen seine ersten Opfer gefunden hatte. Seither hatte er sich ausgedehnt und sich als Mahlstrom, Monsterwelle und andere Katastrophen auf hoher See ständig neu erschaffen. Sein Meisterstück aber war ihm vor Sumatra geglückt, wo er als gewaltiger Tsunami die mickrigen Menschen von den Stränden gespült hatte wie Treibgut und dramatische Vorstöße auf das Territorium seines elementaren Feindes, das Land, unternommen hatte.

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In Seattle gab es noch etwas anderes – einen Jungen, den er schon vor vielen Jahren hatte verschlingen wollen, aber dem die Flucht an Land geglückt war. Immer war es das Land, das seine Macht beschränkte. Nun aber war der Junge wieder auf dem Meer und nicht in den geschützten Wassern des Puget-Sunds, wo er ihn schon einmal gefangen hatte, sondern mitten auf dem Ozean, seinem natürlichen Lebensraum … seinen Jagdgründen.

Der riesige Dämon sammelte sich und zog seinen in die Ferne zerflossenen Körper zusammen. Er war ein geduldiges Wesen und kannte kein Gefühl, aber er hatte ein gutes Gedächtnis. Er würde den Jungen finden und die mehr als zehn Jahre zurückliegende Geschichte zu Ende bringen, und dann würde er nach Seattle weiterziehen und sich dem Chaos anschließen.