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Klappt das überhaupt?
 
In diesem Kapitel
 
e9783527642304_triangle.jpg Wie lässt sich Erfolg in der Pressearbeit messen?
e9783527642304_triangle.jpg Geht es nur um Veröffentlichungen... oder sich auch unveröffentlichte Meldungen erfolgreich?
e9783527642304_triangle.jpg Wer ist bei der Erfolgsmessung behilflich?
 
In Zeiten stark begrenzter Ressourcen muss der Pressearbeiter nachweisen, welchen Beitrag er zum Erreichen der Unternehmensziele und zum Unternehmenswert leistet. Und das ist gut so. Aber wann, woran und wie wird der Erfolg gemessen?
 
Zu allem Übel ist der Begriff »Erfolg« auch noch subjektiv besetzt, und jeder versteht etwas anderes darunter. Daher ist es wichtig, dass die Beteiligten schon vor Beginn ihrer Pressearbeit gemeinsam festlegen, welchen erreichten Zustand sie als Erfolg werten. Erfolg bedeutet, seine zuvor festgelegten Ziele erreicht zu haben. Gibt es kein Ziel, ist keine Erfolgsbewertung möglich!
Erfolgskontrolle
Wann ist Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich? – Na klar, ganz einfach: Wenn der Chef in der Zeitung steht und möglichst auch noch abgebildet ist. Das ist ein gängiger Spruch in der Szene der Pressearbeiter, und er enthält einiges an Wahrheit.
 
e9783527642304_i0109.jpgJeder Mensch ist eitel, und ganz besonders Ihr Chef. Verschaffen Sie ihm also mindestens (Zutreffendes bitte ankreuzen!)
• einmal täglich,
• einmal pro Woche,
• einmal pro Monat,
• einmal pro Quartal ein derartiges Erfolgserlebnis, damit Sie als Pressearbeiter nicht Ihre Daseinsberechtigung verlieren.
 
Dabei gibt es auch noch ganz andere Kriterien, die den Erfolg Ihrer Arbeit messbar machen. So lässt sich beispielsweise definieren, dass Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich ist, wenn sie zu einem festgelegten Zeitpunkt eine zuvor definierte Meinungsänderung oder Stabilisierung eines bestimmten Wissens hervorruft.
 
Oder geht es nur einfach darum, in der Zeitung zu stehen? Das alte Motto »Bad news are good news« leitet sich ja ganz offensichtlich von dieser Überlegung ab. »Egal, in welchem Zusammenhang und mit welcher Schattierung – Hauptsache, wir haben ›unsere‹ Schlagzeile.«
 
Einer der Altmeister der PR, der Löffelverbieger Uri Geller, handelte schon immer nach dieser Maxime. Bei ihm ist jede Meldung über ihn und seine Künste Wasser auf die Mühlen. Sein schier unglaubliches Comeback mit der Show »The Next Uri Geller«, in der sich nicht etwa Mentalisten (Leute mit scheinbar außergewöhnlichen Begabungen für Vorhersagen, Telepathie, Gedächtniskunst), sondern »stinknormale« Zauberkünstler dem Wettstreit gestellt haben, basierte zu großen Teilen auf den Mechanismen der PR.
 
e9783527642304_i0110.jpgZauberei, Mentalmagie und Illusion: Das ist übrigens ein Bereich, in dem ich mich bestens auskenne. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, sollten Sie nicht zögern, Ihre Buchhandlung aufzusuchen und mein Werk »Zaubertricks für Dummies« zu kaufen. Sie finden darin Tricks und Kniffe, die aus Ihnen einen echten Zauberer machen. Besuchen Sie auch meine Website zu diesem Thema: www.zauberbuch.de.
 
Nielsengebiete
Als Nielsengebiete bezeichnet man eine ursprünglich von der Firma ACNielsen für Marktforschung und Werbung durchgeführte Aufteilung Deutschlands in verschiedene Regionen. Der Zweck dieser Aufteilung besteht darin, das unterschiedliche Konsumverhalten der Verbraucher und andere volkswirtschaftliche Phänomene (insbesondere die durchschnittliche Kaufkraft) nach Regionen aufzuschlüsseln. Je nach regionalen Gegebenheiten können zielgerichtet bestimmte Produkte eingeführt oder Werbekampagnen veranstaltet werden. – Warum die Nielsengebiete für die Pressearbeit von Belang sind, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
 
Es gibt sieben Nielsengebiete:
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen I: Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen II: Nordrhein-Westfalen
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen IIIa: Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen IIIb: Baden-Württemberg
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen IV: Bayern
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen V+VI: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt
e9783527642304_coche.jpg  Nielsen VII: Sachsen, Thüringen
Einige Gebiete stellen sogenannte »Cluster« aus mehreren Bundesländern dar. Dabei kommt es darauf an, solche Länder in einem Gebiet zusammenzufassen, in denen möglichst viele gemeinsame Marktgegebenheiten wie Kaufkraft und Konsumverhalten ähnlich sind.
 
Man ging ursprünglich davon aus, es sei unsinnig, etwa aufgrund der geographischen Nähe das nur aus Berlin bestehende Gebiet V mit dem Gebiet VI zusammenzulegen, da hierdurch die in den jeweiligen Gebieten herrschenden extrem unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Bedingungen nivelliert würden. Es zeigte sich jedoch, dass die Bedeutung von Berlin als eigenes Kaufkraft- und Testgebiet nicht mehr (oder noch nie) den aktuellen Marktgegebenheiten entsprach. Die geringe regionale Größe des Gebiets Berlin kann die reale Kaufkraft nicht widerspiegeln, da ein Großteil der Einkäufe außerhalb der Grenzen von Berlin getätigt wird. Daher wurden die Gebiete V und VI im Januar 2008 zusammengelegt.
Pressearbeit messbar machen
Kann man Ihre Bemühungen als Pressearbeiter objektivieren und messbar machen? Oder geht das gar nicht? Wenn doch, was fängt man mit den Informationen an?
 
Ich will mal durchaus provokant formulieren, dass erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit gar nicht unbedingt eine Medienberichterstattung nach sich ziehen muss. Es zeichnet Sie als verantwortungsvollen Pressearbeiter gegebenenfalls aus, wenn Ihre Institution nicht in der Presse genannt wird. Dabei geht es beispielsweise um Themen, die von unbedarften Menschen zwar mit Ihnen in Verbindung gebracht werden könnten, die de facto jedoch gar nicht bei Ihnen angesiedelt sind. Besonders unangenehm wäre es sicherlich, wenn über Sie und Ihre Institution berichtet wird, wenn es um Skandale oder noch Schlimmeres geht.
 
Natürlich werden in solchen Fällen in erster Linie Sie als Pressemann kontaktiert. Vielleicht reicht Ihr Chef sogar ganz bewusst – bildlich gesprochen – den Hörer an Sie weiter, damit Sie die Kohlen für ihn aus dem Feuer holen. Gelingt es Ihnen in derartigen Situationen, die Journalisten davon zu überzeugen, dass Sie bzw. Ihre Institution nicht betroffen sind und Sie deshalb in der Presse gar nicht erwähnt werden, so sind Sie der eindeutige Sieger. Glückwunsch! Lassen Sie sich von Ihrem Chef die längst fällige Gehaltserhöhung zusagen, und gehen Sie zufrieden mit sich und der Welt nach Hause. Einmal nicht in der Zeitung stehen zu müssen, kann wertvoller sein als 20 Clippings auf einmal.
 
Apropos Clipping: Da war doch noch etwas... Richtig, es geht um Clipping-Dienste, die Ihnen dabei behilflich sein können, die Effektivität Ihrer Arbeit zu messen (vorstehende Szenarien ausgenommen). In der Medienbeobachtung bezeichnet man den Zeitungsausschnitt als »Clipping«.
 
Ein Clipping-Dienst liest alle Zeitungen, hört alle Radiosender, sieht alle Fernsehsendungen und durchforstet das Internet. Dabei hält der Dienst nach Meldungen Ausschau, in denen die Kunden erwähnt werden. Diese Beiträge werden geclippt (ausgeschnitten) und dem Kunden zur Verfügung gestellt. Daneben finden sich alle relevanten Präsenzinformationen:
e9783527642304_coche.jpg  Erscheinungsdatum und Quellenangabe
e9783527642304_coche.jpg  Auflage und Medienart
e9783527642304_coche.jpg  Bundesland und Nielsengebiet (ah, endlich ist klar, warum ich Ihnen das vorhin so ausführlich erklärt habe)
e9783527642304_coche.jpg  Dublettennachweise (die Anzahl textgleicher Artikel in Nebenausgaben)
Je nach Urheberrecht und Verwendungszweck wird die Medienpräsenz durch ein digitales oder analoges Faksimile des originalen Zeitungsartikels oder einer Internetseite dokumentiert und mit Quellenangaben sowie Zusatzinformationen wie Auflage, Reichweite, Verleger, Platzierung usw. ergänzt. Teilweise werden auch Originalartikel ausgeschnitten und auf ein DIN A4-Blatt aufgezogen. Beim elektronischen Clipping hat sich aufgrund seiner einfachen Druckbarkeit derzeit das PDF-Format durchgesetzt.
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Abbildung 20.1: Beispiel für ein Clipping
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Abbildung 20.2: Präsenztabelle eines Clipping-Dienstleisters für die Pressemitteilung von Abbildung 7.1
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Die Clipping-Dienste bieten auch noch weitergehende Informationen über die gefundenen Clippings an, beispielsweise das Summary, in denen auf Wunsch die gefundenen Artikel journalistisch professionell zusammengefasst werden bzw. eine Verdichtung inhaltsgleicher Meldungen aus unterschiedlichen Quellen in einem Summary vorgenommen wird. Außerdem hilft beispielsweise eine Präsenztabelle, einen Überblick über die eigene Publizität zu geben.
 
Nun kann man aber dem entgegenhalten, dass eine derart betriebene PR-Kontrolle nichts anderes ist als Erbsenzählerei. Denn die Addition von ausgeschnittenen Zeitungsartikeln und Auflagenhöhen sagt noch lange nichts über die Reichweite und Wirkung von Pressearbeit aus. Denn Verhaltens- oder Denkänderungen bei den Lesern werden natürlich nicht über hohe Auflagen erzielt.
 
e9783527642304_i0119.jpgUm tiefgründige Aussagen über die Wirkungen machen zu können, müssten Clippings wenigstens auch qualitativ ausgewertet werden. Erstes Kriterium dabei ist natürlich die Qualität, also ob die Presse positiv oder negativ über Ihre Themen berichtet.
 
Ob diese Botschaft dann bei den Lesern, Hörern und Zuschauern ankommt, ist damit allerdings auch nicht zu klären. Die bloße Veröffentlichung einer Anzeige ändert ja auch nichts an der Meinung des Betrachters.
 
Entscheidend für die Messbarkeit von Effekten ist zunächst einmal die Zielsetzung der Pressearbeit: »Wir wollen mehr verkaufen« oder »Wir wollen in den Köpfen der Menschen präsent sein« könnten beispielsweise klar definierte Ziele sein. Weil Pressearbeit in erster Linie »Software« ist (schließlich geht es um Meinungen, Einstellungen und Emotionen), lässt sich der Erfolg dennoch nur schwer messen oder nachweisen. Dies gelingt nur sehr aufwändig mit Befragungen vor und nach der zielgerichteten Pressearbeit.
 
Wir alle kennen die einschlägigen Meinungsforschungsinstitute und ihre ellenlangen Fragebögen zu allen nur denkbaren Themen. Letztlich verfolgen viele derartige Befragungen den Zweck, eine zuvor definierte Meinungsänderung oder Stabilisierung eines bestimmten Wissens nachzuweisen. Da derartige Untersuchungen aller Wahrscheinlichkeit den Rahmen dessen sprengen, was im Portfolio des geneigten Lesers enthalten ist, soll die bloße Erwähnung der Zusammenhänge an dieser Stelle genügen.
Pressespiegel
Ein Pressespiegel ist eine Zusammenfassung der aktuellen Presseveröffentlichungen zu einem vorgegebenen Thema im Rahmen der Medienbeobachtung in der Regel in Form von vervielfältigten Ausschnitten.
 
Pressespiegel werden in vielen Unternehmen und Organisationen – entweder intern in der eigenen Pressestelle oder extern durch eine beauftragte PR-Agentur – erstellt und benutzt, um über das Bild der eigenen Einrichtung in der Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu bleiben. Meist werden täglich mehrere Zeitungen nach Artikeln durchsucht, die in irgendeiner Weise mit dem Unternehmen oder der Organisation zu tun haben. Diese Artikel werden ausgeschnitten, kopiert und gesammelt an Mitarbeiter oder Vorstände ausgegeben oder sind als elektronischer Pressespiegel abrufbar.
 
So elegant und reizvoll es erscheinen mag, einen »eigenen« Pressespiegel zu erstellen: Es müssen dabei die Bestimmungen des Urheberrechts beachtet werden. Die Grenzen der Zulässigkeit nach deutschem Recht werden durch § 49 UrhG bestimmt:
 
§ 49 Zeitungsartikel und Rundfunkkommentare
 
(1) Zulässig ist die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Rundfunkkommentare und einzelner Artikel sowie mit ihnen im Zusammenhang veröffentlichter Abbildungen aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern in anderen Zeitungen und Informationsblättern dieser Art sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Kommentare, Artikel und Abbildungen, wenn sie politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen sind. Für die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen, es sei denn, dass es sich um eine Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe kurzer Auszüge aus mehreren Kommentaren oder Artikeln in Form einer Übersicht handelt. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.
 
(2) Unbeschränkt zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts und von Tagesneuigkeiten, die durch Presse oder Funk veröffentlicht worden sind; ein durch andere gesetzliche Vorschriften gewährter Schutz bleibt unberührt.
 
IVW
Was wir soeben gelernt haben, findet sozusagen auch umgekehrt statt: Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) ermittelt, wie der Name schon sagt, die Verbreitung von Werbeträgern, also Print- und Online-Medien. Darüber hinaus kontrolliert die IVW für die Kinowerbung die korrekte Einschaltung der Werbefilme und ermittelt die Jahresbesucherzahlen der deutschen Filmtheater. Schließlich werden auch für das Sponsoring von Sport-, Kultur- und sonstiger Veranstaltungen von der Prüfgemeinschaft die Anzahl von Eintrittskarten und Besuchern festgestellt.
 
Als staatlich unabhängige, nicht-kommerzielle und neutrale Prüfinstitution versorgt die IVW die Medien- und Werbebranche sowie die interessierte Öffentlichkeit mit grundlegenden Daten für die Vermarktung von Medien als Werbeträger.
 
Die IVW liefert mit ihren Arbeitsergebnissen zuverlässige Daten für Verbraucher, professionelle Werbetreibende und für den Leistungswettbewerb der Medien untereinander. Damit haben sich Medienanbieter, Werbetreibende und Werbeagenturen ein effektives Kontrollsystem geschaffen, das unter ihrer gemeinsamen Aufsicht steht. Als staatlich unabhängige, nicht kommerzielle und neutrale Prüfinstitution versorgt die IVW die Medien- und Werbebranche sowie die interessierte Öffentlichkeit mit grundlegenden Daten für die Vermarktung von Medien als Werbeträger.
 
Neben der Erhebung standardisierter Kennziffern zur Werbeträgerleistung von Medienangeboten erstreckt sich die Kontrolltätigkeit der IVW in einzelnen Mediengattungen auch auf die korrekte Ausführung von Werbeaufträgen. So überprüft die IVW im Rahmen ihrer Funkmedienkontrolle zu ausgewählten Sendetagen die termingerechte und störungsfreie Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehspots.
 
Und was fangen wir damit an? Die IVW-Zahlen stellen für uns Pressearbeiter zuverlässige Zahlen über die Verbreitung bestimmter Medien dar. Das kann im einen oder anderen Fall schon ganz hilfreich sein. Außerdem sind Pressearbeiter ja nicht selten auch dafür zuständig, nichtwerbliche Anzeigen zu schalten, beispielsweise im Rahmen von Kampagnen oder Informationsfeldzügen. Es ist also wichtig, die IVW zu kennen. Wenn Sie noch mehr erfahren wollen, so klicken Sie einfach mal rein: www.ivw.de.
Fast hätte ich’s vergessen ...
Zum Thema Erfolgsmessung noch eine Anekdote: Fritzchen geht zu seinem Onkel Franz und fragt ihn, ob er von nun an bei ihm bleiben darf. Sein Onkel fragt zurück: »Wieso bleibst du nicht bei deiner Mutter?« Darauf Fritzchen: »Sie schlägt mich immer!« – »Und warum willst du dann nicht zu deinem Vater?« – »Der schlägt mich auch!« Onkel Franz ist erstaunt und fragt: »Und warum willst du dann zu mir?« – Fritzchen schmunzelt: »Du bist ja Pressesprecher beim Fußballclub! Und der schlägt niemanden...!«