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Hintergrundgespräch
In
diesem Kapitel
Schauen wir endlich mal hinter die Kulissen des Hintergrundes (das war jetzt aber schon philosophisch, oder?)
lernen Sie, dass man in der Pressearbeit durchaus auch subtil vorzugehen weiß
können Sie endlich Ihren Werbungskosten-Etat voll zum Einsatz bringen
Nicht immer gibt es einen Anlass für eine Pressekonferenz. Eine gute Alternative für eine regelmäßige Medienarbeit ist das Hintergrundgespräch. Sie laden Journalisten dazu ein, mit Ihnen über Entwicklungen Ihrer Organisation oder Ihrer Branche zu diskutieren.
Aus dem Hinter- in den
Vordergrund
Ziel Ihrer Medienarbeit ist es, einen regelmäßigen Austausch mit Journalisten zu pflegen. In Hintergrundgesprächen haben beide Seiten Gelegenheit zum Austausch von Informationen und zum besseren Verständnis von Zusammenhängen. Hintergründe zu beleuchten, ist außerdem ein wichtiges Ziel journalistischer Arbeit. Vor allem in latenten Krisen ist es hilfreich, den Dialog mit der Öffentlichkeit offensiv zu fördern, um sich so in den Vordergrund der Berichterstattung zu katapultieren.
Je nach Unternehmensgröße sollten Sie ein bis zwei Mal im Jahr zu Hintergrundgesprächen einladen. Im Unterschied zur Pressekonferenz gibt es dafür keinen aktuellen Anlass. Allerdings sollte das gewählte Thema von öffentlichem Interesse sein. Es steht entweder bereits auf der Agenda, ist also gerade in den Medien präsent, oder es gibt klare Anzeichen dafür, dass es bald im Mittelpunkt der Diskussion stehen könnte.
Schon durch die Sitzordnung oder die Auswahl des Ortes (z. B. das Vereinszimmer einer Gaststätte) schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre. Der Geschäftsführer sitzt hier nicht auf dem Podium sondern bleibt buchstäblich auf Augenhöhe mit den Journalisten. Verzichten Sie auf längere Statements und nutzen Sie die Zeit auch zum Zuhören.
Anstelle von Pressemappen können Sie beispielsweise eine Text- oder Linksammlung externer Quellen zur Verfügung stellen, die der Vertiefung des Themas dienen. Legen Sie Wert auf Einordnung, anstatt eigene Botschaften in den Mittelpunkt zu stellen! Die meisten Journalisten sind keine Fachspezialisten und schon deshalb dankbar für Hintergrundinformationen.
Besonders in der Krisenkommunikation sind Hintergrundgespräche ein unverzichtbares Instrument. Ihr Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen und den Dialog zu fördern.
Formlose
Atmosphäre
Ein Hintergrundgespräch findet in zwangloser Atmosphäre, also mit formlosem Charakter statt. Gerne wird eine solche Veranstaltung mit einer Einladung zum Essen in entspannter Atmosphäre verbunden. Daher können Sie praktisch jeden Zug um die Häuser mit Ihren Kumpels bei Ihrem Chef auch als Pressetermin auf Spesen abrechnen. Natürlich besonders dann, wenn der Chef auch dabei war.
Zielsetzung
Ziel von Hintergrundgesprächen ist es, in lockerer Runde die eigenen Positionen und Ideen zu vermitteln, ohne dass daraus gleich eine Meldung in der Zeitung wird. Es geht vielmehr darum, mit den Journalisten in den Dialog einzutreten, wechselseitig einiges über das Gegenüber zu erfahren und eigene Botschaften zu platzieren. Spannend an Pressegesprächen ist, direkt die Reaktionen der Journalisten auf bestimmte Erläuterungen zu erleben. Also: Übergeben sie sich oder brechen sie in Tränen aus? Hieraus können gegebenenfalls Schlussfolgerungen für die weitere Kommunikationsstrategie gezogen werden.
Wer die Presse im informellen Rahmen informieren möchte, muss einen (nachvollziehbaren) Grund haben, wenn er Medienvertreter einlädt. Wenn nicht, kommt im besten Fall kein Journalist, im schlechtesten gibt es einen negativen Bericht oder bei nächster Gelegenheit, bei der es dann wirklich etwas zu erzählen gibt, eine entsprechende Abfuhr in Form eines redaktionellen Hinweises.
Dennoch gehören Hintergrundgespräche mit der Presse zu den klassischen Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit. Im direkten Dialog kann am besten Verständnis geweckt und Vertrauen erworben werden. Bedenken Sie jedoch, dass Journalisten vermeiden möchten, allzu sehr in die Nähe der einladenden Organisation zu rücken. Auf ihre Unabhängigkeit sind sie richtig stolz. Also lassen wir sie in dem Glauben und tun so auch noch etwas Gutes für unser Budget.
Ort
Und wo findet so ein Pressegespräch statt? Im kleinen Kreis ist ein Restaurant oder Lokal nie verkehrt, besonders, wenn es gut erreichbar ist und zentral liegt. Es sollte allerdings nicht das erste Haus am Platz sein, wenn Ihre Organisation nicht müde wird, in der Öffentlichkeit zu wiederholen, dass die Verdienstmöglichkeiten in Ihrer Branche viel zu gering sind und alle Ihre Mitglieder am Hungertuch nagen. Bleiben Sie also authentisch; Sie müssen nicht prassen.
Das richtige
Restaurant
Im Restaurant dran denken, dass der Journalist Ihr Gast ist. Reichen Sie Erfrischungsgetränke, Kaffee und Tee, jedoch Alkohol nur dann, wenn es auch etwas zu Essen gibt. Wenn ein Imbiss gereicht wird oder die Gäste sogar abschließend zu einem Essen eingeladen werden, sollten Sie das bereits bei der Einladung angekündigt haben. Ein Essen ist auf jeden Fall eine günstige Gelegenheit, ganz zwanglos zu plaudern und eine persönliche Atmosphäre zu schaffen, also die beste »vertrauensbildende« Maßnahme.
Vermeiden Sie auch Einladungen oder Angebote an Journalisten, die Ihnen einen zweifelhaften Ruf einbringen könnten. Immer wieder werden Stories von Pressesprechern kolportiert, die in halbseidene Etablissements einladen. Gerät man dabei an den »falschen« Gast, ist der Ruf der Organisation für immer ruiniert.
Warum in die Ferne
schweifen
Hintergrundgespräche können auch gerne in den Organisationen selbst stattfinden, besonders wenn Sie etwas vorzuzeigen haben. Wenn es zur Abrundung beiträgt, zeigen Sie den Pressevertretern ruhig einmal den Laden von innen. Denn was für Sie normal ist, kann auf einen Außenstehenden faszinierend wirken und gleichzeitig auch Ideen für imagefördernde Berichterstattung initiieren.
Fast hätte ich’s
vergessen...
Journalisten haben einen anstrengenden Job und sind mindestens von 10.00 Uhr morgens bis 18.00 Uhr abends im Verlag tätig. Ein Hintergrundgespräch sollte außerhalb dieser Zeiten stattfinden, damit man Ihnen auch stressfrei lauschen kann. Dienstags, mittwochs oder donnerstags sind meist günstige Termine, möglichst nicht in Wochenendnähe.