2. Kapitel

 

Isolde ging ins Wohnzimmer, setzte sich an ihren Schreibtisch und knipste den Lampenschirm an. Sie entfachte noch zusätzlich eine Kerze und schraubte ihren Füllfederhalter auf. So wie immer, wenn sie diese innere Unruhe quälte. Sie schrieb mit roter Tinte, großen geschwungenen Buchstaben und einem konzentriertem Ausdruck im Gesicht. So wie immer, wenn sie ein Gnadengesuch verfasste.

 

Liebe Götter und Engel der Liebe,

ich bitte Euch inständig um Nachsicht, dass ich wieder einmal so offen und ehrlich meine Gedankenwelt niederschreibe. Doch leider habt Ihr mein Flehen, mein zaghaftes Bitten, meine unstillbare Sehnsucht nach Euch, liebe Liebe, nicht erhört.

Obwohl ich Euch in meinem letzten Brief einige Tauschangebote unterbreitet habe, die mir als würdig erschienen, mich für Eure Gunst erkenntlich zu zeigen. Erscheint es Euch zu profan, dass ich eine Rose für Euch züchten und sie mit Euren Namen versehen würde oder dass ich das Unkraut in meinen Garten in Zukunft mit den Zähnen jäte? Besteht Ihr auf einer noch demütigeren groteskeren Form der Gegenleistung? Dann gebt mir ein Zeichen! Schließlich verfüge ich, im Gegensatz zu Euch, nicht über die Begabung des Hellsehens! Allenfalls über die weit weniger erbauliche Variante, jene des bösen Erwachens. Ich möchte gewiss nicht in Ungnade fallen, aber es fällt mir schwer, Eure stiefmütterliche Behandlung, mir gegenüber, gutzuheißen.

Was habe ich Euch, mit Verlaub, verdammt noch mal getan, dass Ihr mich so lange mit Eurer Ignoranz straft? Seid Ihr etwa nachtragend? Wollt Ihr mich für eine Tat büßen lassen, die ich in Eurem Namen begangen habe?

Nein – nein, ich bitte um Vergebung! Das ist eine törichte Unterstellung meinerseits. Ihr würdet Eure Handlanger doch nicht verurteilen. Ganz im Gegenteil. Ihnen gebührt Eure Wertschätzung. Ohne sie gäbe es keine Täter, keine Opfer, keinen Liebestod. Ohne Eure Helfershelfer wäret Ihr nicht die Göttinnen und Götter der Gefühle, sondern nur eine belanglose Stimmungsschwankung – eine launische noch dazu. Bedeutungslos – austauschbar.

Ich muss mich ganz einfach nur in Geduld üben, bis Ihr Euch meiner annehmen könnt. Zumal ich nicht die einzige bin, die um Eure Wertschätzung buhlt. Da gibt es gewiss weitaus bedeutsamere Fälle, die sich um Euch verdient gemacht haben. Ja, ich muss geduldig sein, geduldig, geduldig. Ich gelobe, ich werde mich bemühen. Mit etwas Geduld geht das schon...

 

Isolde legte den Füllfederhalter beiseite, rieb sich die müden Augen und warf einen Blick auf die Standuhr, die ihr genau gegenüber stand. Zwanzig Minuten nach eins. Isolde hörte ihr zu, wie sie die Zeit heruntertickte. Beobachtete den großen Zeiger und wartete, bis er auf die „VI“ schnipste. Viel zu schnell, wie sie dachte. Sie nahm die Feder wieder zur Hand.

 

...aber leider hält sich meine Geduld in Grenzen. Schließlich warte ich bereits sieben Jahre lang. Eine beachtliche Zeitspanne, in der ich meine Fügsamkeit unter Beweis gestellt habe und mir somit eine bevorzugte, wenn nicht gar eiligste Behandlung meines Anliegens, erdient habe. Darüber hinaus möchte ich nicht nur auf die Dringlichkeit, sondern untertänigst auch auf die magische Bedeutsamkeit der Jahresspanne verweisen. Sieben Jahre! SIEBEN! Das ist doch wohl nicht irgendeine beliebige Zahl. Sondern vielmehr ein spirituelles Symbol! Falls Euch dieses gewichtige Detail entfallen sein sollte, so bitte ich Euch meiner Behauptung Folge zu leisten und im hausinternen „Schicksalsführer“ einmal nachzuschlagen. Ich kann ja wohl nicht ewig warten, nur weil Du – Entschuldigung – Ihr, schicksalslenkende Zeichen überseht. Selbstverständlich nur, wenn es Eure kostbare Zeit erlaubt – oder nein, gerade weil es Eure Zeit erlaubt. Schließlich habt Ihr, im Gegensatz zu mir, keine Zeit zu verlieren.

 

Bei aller Liebe, liebe Liebesgeister, Ihr könnt Euch nicht anmaßen, meine Zeit damit zu verschwenden, indem ich Euch nur dabei zusehen darf, wie Ihr Kraft Eures Amtes waltet. Glaubt Ihr, dass es damit getan ist, wenn Ihr mir eine kleine Kostprobe Eures Repertoires präsentiert, damit ich den Appetit nicht verliere? Fürwahr, eine durchaus beeindruckende Freilichtvorstellung, die Ihr mir da in Nachbars Garten geboten habt – danke. Mir ist das Wasser im Mund zusammengelaufen. Obwohl es sich doch eher um eine dieser avantgardistischen Stücke gehandelt hat, in der Ihr Euch von einer sehr progressiven und triebgesteuerten Seite dargestellt habt. Was zum Teufel wolltet Ihr denn damit erreichen? Mich schockieren? Wolltet Ihr meine romantischen Gefühle, die ich Euch gegenüber hege, verletzen, damit ich mich von Euch abwende – endlich mein Maul halte? Wenn Ihr damit spekuliert habt, muss ich Euch enttäuschen. Mag sein, dass ich mich bis jetzt der sinnlichen Leidenschaft mehr gewogen fühlte als der wollüstigen Gier. Aber Eure Kostprobe hat mich eines Besseren belehrt. Auch ich bin sehr wohl, ich betone – sehr wohl – imstande, der animalischen Triebbefriedigung etwas Reizvolles abzugewinnen! Wenngleich ich zu meiner Verteidigung betonen muss, dass ich meine sexuelle Begierde in einem genügsameren Rahmen bewegen würde, und ich mich nicht aufführen würde wie diese unersättliche Nacktschnecke. Ich fände es außerordentlich geschmacklos meinem Partner während des Liebesspiels mit kommandoähnlichen Zurufen anzufeuern. Diese zeitgeistliche Marotte entspräche beileibe nicht meinen Vorstellungen. In diesem Sinne, möchte ich nochmals auf die Dringlichkeit meiner Bedürfnisse verweisen und verbleibe mit ergebener Hochachtung.

 

P.S. Wieso hat sich meine Nachbarin, während des Geschlechtsaktes, permanent zwischen ihre Beine gefasst? Ich tippe auf eine neumodische Sexualpraktik, von der ich mich ausdrücklich distanzieren möchte!

 

Isolde schraubte den goldenen Füllfederhalter sorgfältig zu wie ein Kommunionskind nach dem Schreiben der Dankesbriefe, der schönen Geschenke wegen, legte ihn genau parallel zu ihrer Schreibunterlage ab und begann noch einmal gewissenhaft ihre Zeilen zu lesen.

Nichts als das ewige Wiederkäuen von Begehrlichkeiten, dachte sie, als sie die Hälfte ihres Briefes gelesen hatte. „Nichts als zaghaftes Gemaule und unterwürfiges Gewinsel“, murmelte sie vor sich hin.

Aber sie las weiter. Und je mehr sie sich wieder in ihre Zeilen vertiefte, desto mehr verblasste ihr vorgefasster Eindruck und ein verschmitztes Lächeln nistete sich in die Fältchen ihrer Mundwinkel ein. Sorgfältig faltete sie den Brief zusammen, steckte ihn in ein champagnerfarbenes Couvert und adressierte es wie üblich „An die Liebe“.

Sie ließ den Umschlag noch ein wenig mit der Hand flattern, damit die Tinte schneller trocknete, bevor sie die brennende Kerze nahm und das Wachs auf die Rückseite träufelte. Sie setzte ihr „Siegel“, wie üblich, indem sie ihren rechten Daumen auf das dunkelrote Wachs drückte. Und noch während ihr Finger in der heißen Masse schmerzte, warf sie einen Blick zum Fenster hinüber und überlegte, ob sie ihn gleich noch einwerfen sollte. Es war bereits zappenduster. Aber es hatte aufgehört zu regnen. Kurz entschlossen nahm sie den Brief zur Hand, kratzte sich die Wachsspuren vom Finger und eilte über den Hintereingang in ihren Garten hinaus. Trotz der Dunkelheit, brauchte sie sich beim Laufen nicht in Acht zu nehmen, weil vom Nachbargrundstück aus ein gedämpftes Licht ihren Garten erhellte, das eckig abgegrenzt vom großen Fenster kam. Trotzdem ermahnte sie sich zur Vorsicht. Behutsam ertastete sie die Holzleiter, die wie gewöhnlich an dem alten Baum lehnte, und stieg bedachtsam die Sprossen hinauf. Zwanzig Sprossen hätte sie erklimmen müssen, um den Brief bequem in ihr Vogelhäuschen einwerfen zu können. Für Isolde war das kein waghalsiges Unterfangen. Sie kannte keine Höhenangst, hatte Kraft und war gelenkig. Doch jetzt erklomm sie nur zehn Sprossen, weil sich genau in dieser Höhe eine verblüffende Aussicht bot. Sie hatte jetzt völlig freie Sicht, direkt auf die langgezogene Glasfront, die das hell erleuchtete Wohnzimmer von der Terrasse trennte. Sie blickte direkt auf eine Rückenansicht ihrer Nachbarin, die einen schwarzen Kimono trug und eine bauchige Kristallkaraffe in der Hand wog. Mit der holte sie gerade aus und warf sie nach ihrem Mann. Der konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen, bevor das Wurfgeschoss gegen die Wand donnerte und einen Fleck hinterließ. Isolde schnappte nach Luft, schlug sich vor Schreck beide Hände auf den Mund. Dabei geriet sie aus dem Gleichgewicht und ergriff mit knapper Not einen Ast, an dem sie sich wieder Halt verschaffte.

„Der zweite Akt...“, keuchte sie entsetzt.

Ihre Augen tränten, weil sie zu blinzeln vergaß und mit starrem Blick der unheimlichen Dinge harrte, die in einem Fiasko zu enden drohten. Sie verstand das alles nicht.

Die haben sich doch gerade erst geliebt, wieso schlagen die sich jetzt tot, ging ihr durch den Kopf, während Wortfetzen zu ihr hinüberfauchten. Eisig klang das. Verbale Tiefkühlkost, aus der untersten Schublade, die für Isolde keinen sinnvollen Zusammenhang ergab, aber bei dem Opfer offensichtlich einen Gefrierschock auslöste.

„Bei allen Heiligen ... Eisheiligen...“, verbesserte sie sich, „vor ein paar Stunden waren die noch heiß wie ein Waffeleisen und jetzt...“

Isolde verstummte, weil es plötzlich unangenehm still wurde. Es dauerte einige Augenblicke, bis sich der Mann aus seiner Erstarrung löste. Auftaute. Das unschuldige Weiß seines Bademantels konnte nicht über die fragliche Stille hinwegtäuschen. Der Schürhaken in seiner Hand war Antwort genug. Beängstigend langsam schritt er auf die nunmehr unbewaffnete Widersacherin zu. Aber die lief nicht weg. Blieb breitbeinig stehen. Provozierte, indem sie ihren blonden Haarschopf hochmütig in den Nacken warf und ihr Gegenüber mit einem verächtlichen Lachen verhöhnte.

Hält die sich für unverwundbar? Ist die sich nicht bewusst, was der da für eine Mordwaffe in der Hand hält? Oder kennen Stadtweiber nicht die Schlagkraft von Schürhaken? Isolde fühlte sich angesichts der zuspitzten Lage völlig überfordert.

„Schlappschwanz!“, hörte sie die Frau keifen.

Isolde verzog schmerzlich berührt ihr Gesicht. Es war ein kollegiales Empfinden, das sie dem Mann gegenüber verspürte. Nur allzu gut, konnte sie nachfühlen, wenn Menschen in der Lage waren, jemanden im Affekt zu töten.

„Schlag zu“, rutschte Isolde heraus.

Sie biss sich jedoch sogleich auf die Lippen, weil sie sich nicht ganz sicher war, ob sie über telepathische Kräfte verfügte. Der Mann jedenfalls war plötzlich wie fremdbestimmt stehengeblieben. Seine Augen waren starr auf die Frau gerichtet. Dieser Mann hatte offensichtlich mehr zu verlieren als seine Beherrschung, mutmaßte Isolde erregt. Sie konnte nicht erkennen, ob die Augen dieser Frau ihn anflehten oder frostig anblitzten. Noch immer konnte Isolde ihr nur auf den Rücken schauen. Isoldes Augenmerk war noch hochkonzentriert auf die Seitentasche des Kimonos gerichtet, in der die Frau verdächtig ihre Hand vergraben hielt, als plötzlich der Schürhaken zu Boden schepperte. Jetzt wird er sie eigenhändig erwürgen, dachte Isolde schockiert und stieß einen gurgelnden Laut hervor. Sie wollte einschreiten, irgendwas tun. Aber was? fragte sie sich. Schreien. Einfach losbrüllen, so laut du nur kannst, fiel ihr ein. Aber was dann? Die beiden würden vermutlich alarmiert aufhorchen. Auf die Terrasse laufen, dem Geräusch nachgehen – wie all die anderen Nachbarn aus der Umgebung. Man würde die Polizei verständigen. Isolde malte sich bildlich aus, wie sie von einem Rudel Spürhunde umzingelt, dann dingfest gemacht wurde. Wie dutzende von Augenpaaren, gen Baumkrone gerichtet, sie ungläubig angafften. Aber Frau Brösel, was machen Sie denn zur nachtschlafenden Stunde da oben auf dem Baum und plärren die ganze Siedlung zusammen? Ja, das würden sie freilich fragen. Und Sie? Was sollte sie dann antworten? Dass sie zufällig des Nachts auf einen Baum saß, ganz beiläufig in das Fenster ihrer Nachbarn geschaut und beobachtet hat, wie sich das Paar gerade erschlagen, erwürgen oder sonst wie um die Ecke bringen wollte? Ich wollte doch nur Unheil vermeiden, würde sie von ihrem Baum wispern. Unheil? Wieso Unheil, würden die beiden Drahtzieher ihr in den Rücken fallen und sie verständnislos angaffen. Sie würden über Isolde lachen. Sich demonstrativ in den Arm nehmen und sich ein Küsschen auf die Wange geben, um Isoldes schwachsinnige Anmaßung – denn darauf liefe es ja wohl hinaus, zu unterstreichen. Heißt es nicht so schön: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich?

Nein, du lieber Himmel, ich halt mich da mal lieber raus, ich werde überhaupt gar nichts tun, dachte Isolde. Dann habe ich eben einen Mord mehr auf den Gewissen. Einen mehr oder...

Isolde stockte.

„Nein ... nicht...“, wimmerte sie.

Ihre Fingerkuppen bohrten sich instinktiv in die Rinde des Astes. Ihre Augen waren entsetzt auf die Frau gerichtet, die am Kragen ihres Kimonos gepackt, mehrmals um die eigene Achse gewirbelt wurde, zu Boden gedrückt, wie ein nasser Lappen wieder hochgezogen und in Richtung Terrassentür geschleift wurde. Ihr Gesicht wurde gegen die Glasscheibe gepresst, ihre Nase war platt gedrückt, so dass sie aussah wie ein verschwommenes Schweinchen. Anschließend wurde die Tür aufgerammelt und die Frau flog wortlos hinaus. Alles geschah wie im Zeitraffertempo. Isolde vergaß das Atmen, bemerkte es erst, als ihr schwindelig wurde. Während die Frau wie ein neugeborenes Kalb auf die Wiese torkelte, zusammenbrach, sich wieder aufraffte, zurückhumpelte und gegen die Fensterfront trommelte:

„Lass mich rein – du Schlappschwanz! Das ist mein Haus!“

Viel zu laut, wie sie gleich selbst feststellen musste. Denn auch im Nachbarhaus ging ein Licht an. Isolde konnte sich ein sachkundiges Nicken nicht verkneifen. Noch bevor sich eine Stimme nach dem Rechten erkundigen konnte, war die Frau verschwunden. Isolde war sicher, dass sie zum Eingang des Hauses gelaufen war, um sich über die Garage wieder Zutritt zu verschaffen. Auch Isolde versuchte, sich aus dem Staub zu machen. Sie war gerade im Begriff, die Leiter hinabzuklettern, als sie sich an den ursprünglichen Beweggrund ihrer nächtlichen Baumbesteigung erinnerte. Ihr Brief! Ja, natürlich, dachte sie. Also kletterte sie wieder hinauf und steckte ihn in das Vogelhäuschen.

„Ist da jemand?“, meldete sich eine verschlafene Stimme aus dem Nachbarhaus.

„Die Müllerin, na dacht ich’s mir doch“, murmelte Isolde gepresst.

„Hallo – ist da wer?“

Die Stimme entpuppte sich hartnäckiger als sie klang.

Entnervt verdrehte Isolde die Augen und zappelte ungeduldig von einem Bein aufs andere.

„Verdammt, hier ist niemand. Kriech zurück in deine Koje“, zischte sie stattdessen leise.

Sie wollte so schnell wie möglich wieder hinabklettern, aber hatte Bedenken, dass sie sich durch das Knarren der Sprossen unnötig Aufmerksamkeit verschaffte.

„Haaallo?“

„Haaallo?“, äffte Isolde sie nach und stieß einen Stoßseufzer aus, als die Nachbarin endlich die Fensterläden schloss.

 

„Was für ein Tag“, stöhnte Isolde und massierte ihre pochenden Schläfen.

Sie knetete ihr Kopfkissen zurecht und ließ sich erschöpft nieder. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Wie Irrlichter flackerten ihre Augen durch den von Mondlicht erhellten Raum. Sie fand keine Ruhe. Vergeblich versuchte sie, die Gedanken zu zügeln, die in ihrem Kopf galoppierten. Wie war es möglich, dass sich Liebe und Hass so unverhohlen die Klinke in die Hand geben konnten? Sie hatte Schwierigkeiten, sich eine Erklärung zurechtzulegen. Isolde suchte ein Motiv. Aber ihre Spekulationen schweiften ab und blieben im Morast schlüpfriger Indizien stecken, die sie am Ende selbst als Täterin entlarvten. Sie dachte an das sündige Bildmaterial, das sie sich während des Gewitters heimtückisch verinnerlicht hatte, als sie in die Intimsphäre ahnungsloser Menschen eingedrungen ist. Schon längst war es auf ihrer geistigen Festplatte gespeichert. Jederzeit abrufbar. Zum Kopieren, Stimulieren, Mastu...

Wie nannte man das wohl im Sinne der Anklage? Diebstahl von sexuellem Privateigentum!

Schuldig! wisperte ein dünnes Stimmchen ganz tief aus ihrem Inneren.

„Nicht schuldig!“, durchschnitt Isoldes energische Stimme die klösterliche Ruhe ihres Schlafzimmers.

Sie schloss die Augen und spürte wieder dieses erregende

Kribbeln, das ihre geistig frivole Beute bei ihr auslöste. Isolde schob ihre kläglichen Gewissensbisse beiseite und ihre Hand zwischen die Beine.