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Ein paar Tage nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus erhielt Henning einen Anruf von Kalle. »Ich hab hier was für dich. Am besten kommst du gleich mal her und schaust es dir an.«

Kurz darauf saßen sie vor Kalles Computer.

»Es geht um Danko Dierks. Der Kerl ist mir einfach nicht aus dem Kopf gegangen.«

»Red weiter«, drängte Henning.

»Nach dem, was du mir erzählt hast, dürfte es für ihn wesentlich einfacher sein, eine neue Identität anzunehmen, als seine Spielsucht abzulegen. Es sei denn, er macht eine Therapie. Und selbst dann ist nicht gesagt, dass er nicht wieder rückfällig wird. Mir ist jedenfalls niemand bekannt, der von heute auf morgen von seiner Spielsucht geheilt worden wäre. Das hat mich auf die Idee gebracht, mich etwas eingehender mit seinen Gewohnheiten zu beschäftigen.« Kalle hielt kurz inne, um sich zu räuspern. »Du musst wissen, dass unsere Croupiers dazu angehalten sind, genauestens auf das Verhalten der Spielgäste zu achten.« Um Henning zu verdeutlichen, worauf er hinauswollte, fügte er hinzu: »Ein paar Tage, nachdem das Bild von Danko Dierks die Runde gemacht hat, meldete sich einer meiner Angestellten bei mir. Ihm war wieder eingefallen, dass der Mann auf dem Foto eine Schwäche für die Zahl sieben hatte.«

»Du meinst, er hat sein ganzes Geld auf diese Zahl gesetzt?«, vergewisserte sich Henning ungläubig.

Kalle nickte. »Vielleicht besaß diese Zahl ja eine besondere Bedeutung für ihn und er wollte das Glück damit herausfordern? Nur dass sich das Glück nicht so einfach herausfordern lässt. Es kommt und geht, wie es ihm passt. Jedenfalls«, fuhr Kalle fort, »habe ich daraufhin eine Suchmeldung übers Internet verteilt.«

»Eine Suchmeldung? Wie hast du das denn gemacht?«, erkundigte sich Henning.

»Ganz einfach. Ich habe einen Steckbrief mit Dankos Bild und dessen spezieller Vorliebe verfasst. Dann habe ich das Ganze als Rundmail an all die Kasinos verschickt, deren Adressen ich in meinem Verteiler hatte. Meine Anfrage begrenzte sich zunächst auf Deutschland, hat durch die Weiterleitung der Mail aber eine nahezu weltweite Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst.«

»Nahezu weltweit – das ist ja Wahnsinn«, zeigte sich Henning beeindruckt.

»Und es hat sich gelohnt!« In geradezu spielerischer Leichtigkeit ließ Kalle seine riesigen Pranken über die Computertastatur gleiten.

Nach ein paar Mausklicks erschienen auf dem Bildschirm die Aufnahmen einer Überwachungskamera. Sie zeigten einen Mann in einem dunkelblauen Zweireiher vor der Kulisse eines luxuriösen Kasinos.

»Wo ist das?«

»Las Vegas.«

»Und?« Henning hing förmlich an seinen Lippen.

»Meine Nachforschungen haben ergeben, dass eben dieses Kasino seit ein paar Monaten einen neuen Stammgast hat. Einen gewissen Tom Hartmann. Er kommt einmal pro Woche. Manchmal auch öfter. Und er hat eine ganz besondere Schwäche für die Zahl sieben.«

Henning beugte sich vor, um besser sehen zu können. Der Mann trug sein Haar kurz. Und es war nicht dunkel, sondern blond. Dennoch bestand kein Zweifel. Es war Danko Dierks.