DAVOR
Im Auto war es knallheiß. Felix warf die Türe hinter sich zu, ließ den Motor an und wendete. Staub wirbelte auf, er gab Gas und kurbelte das Fenster herunter. Bis zur Straße hielt er den Kopf in den Fahrtwind, dann schnallte er sich an. Sein Nacken brannte und irgendetwas juckte ihn in den Schuhen. Er streifte sie ab und fuhr barfuß, ein gutes Gefühl. Er sah zur Uhr: noch eine Stunde bis Redaktionsschluss. Die Straße ging abwärts, Richtung Stadt, eine Strecke durch den Wald. Er konnte nicht schnell fahren, zu viele Kurven und der Straßenbelag war schlecht. Motorradfahrer überholten ihn. Die Maschinen hatten hohe Lenker und funkelten.
Auf den Wald folgten kleine Dörfer mit grünen Biergärten. Fahrräder standen da und Menschen saßen an Tischen, es roch nach Holzkohle und Grillfleisch. In den Vororten breiteten sich grüngepflegte Gärten aus, mit rasenmähenden Männern. Kinder spielten in einer Einfahrt Basketball, der Korb hing über dem Garagentor. Tim und er hatten auch immer Basketball gespielt, auf allen Plätzen der Stadt. Manchmal waren sie nachmittags in verwaiste Schulhöfe eingestiegen. Wenn ein Hausmeister sie erwischte, gab es Ärger. Einmal hatten sie über eine Mauer klettern wollen und Felix hatte den Ball schon hinübergeworfen. Tim hatte in letzter Sekunde gekniffen und er hatte den Ball alleine holen müssen.
Felix hatte schon lange keinen Korb mehr geworfen. Ob er es überhaupt noch konnte?
Über den Fluss, im Feierabendverkehr. Es dauerte, bis er zur Redaktion kam. »Die Woche« stand auf der Fassade des Betonbaus. Ein großer Würfel, der die Kreuzung in der Nähe des Bahnhofs überschattete. Felix stellte das Auto ab, öffnete die Türe und suchte seine Schuhe, klopfte sie am Trittbrett aus. Ein paar kleine Steine und Pflanzensamen fielen auf den Boden und ordneten sich wie Voodoo-Knochen.
Er streckte sich und blinzelte in die Sonne, die langsam hinter dem Betonwürfel versank. Ihr Schatten wanderte mit scharfen Rändern über die Fahrzeuge. Felix holte sein Jackett und den Kuchen des kleinen Mädchens aus dem Auto. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen.
Der Pförtner grüßte. Felix nickte und betrat das fensterlose Foyer. Helle Deckenstrahler verbreiteten eine nüchterne Stimmung. An den Wänden hingen Bilder von einem Fotowettbewerb. Er schlitterte über die glatten Marmorfliesen zum Aufzug, drückte beide Leuchtknöpfe, wartete.
Es klingelte und die mattsilbernen Türen öffneten sich. Die Kabine war leer. Es roch nach Schweiß und Herrenparfum. Auf dem Weg nach oben betrachtete er sich in der spiegelnden Aufzugswand. Das künstliche Licht ließ ihn erholt aussehen. Seine halblangen schwarzen Haare hingen ihm ins Gesicht. Das hellblaue Hemd war verschwitzt, die Leinenhose zerknittert. Er hatte Farbe bekommen. Vorsichtig drehte er den Kopf, um seinen Sonnenbrand zu begutachten. Die silbernen Türen gingen auf.
»Na, Süßer. Wie wär's mit uns beiden?«
Kollege Martinek, genannt Marti, stand vor ihm.