14. KAPITEL
Ich liebe dich.
Die Worte klangen noch in Johns Ohren, als er sich schlaflos auf der Liege wälzte und an die Decke starrte. Für einen Mann, der gerade den besten Sex seines Lebens hatte, sollte er sich eigentlich besser fühlen, als er es tat. Vielleicht würde er es auch, wenn er endlich seine Schuldgefühle abschütteln könnte. Wenn sie nicht mehr still und leise in sein Gehirn kriechen und ihre unsichtbaren Finger um sein Herz schließen würden. Wenn er genügend Selbstbeherrschung aufbrachte, um Hannah in sichere Entfernung von ihm zu bringen.
Doch nichts davon gelang ihm.
Er hatte seine Gründe, warum er ihre Liebeserklärung unbeantwortet ließ. Trotzdem fiel es ihm dadurch nicht leichter, sie zu verletzen. Und es dämpfte auch seine eigenen Schmerzen nicht.
John hatte den schlimmsten Fehler seines Lebens begangen und sich zum ersten Mal schwer und unwiderruflich verliebt, und das bereitete ihm Angst. Und auch Hannah sollte sich ängstigen, angesichts dessen, wer er war, aber er wusste, dass sie es nicht tat. Hannah verstand nicht, was die Liebe in einem Mann wie ihm auslösen konnte, wie sie seine Gefühle und seine Selbstbeherrschung beeinflusste. Hannah wusste nicht, was ein Mann wie er in einer Beziehung anrichten konnte. In seiner Kindheit in Philadelphia hatte er die Liebe als ein hässliches Monster mit schwarzem Herzen und tödlichem Biss kennengelernt. Er hatte erfahren, dass Leidenschaft eine gefährliche Falle ist, und sich geschworen, sich eher sein eigenes Bein abzuhacken, als sich ihr jemals hinzugeben. Er hatte als Junge zu oft die Gewalt am eigenen Leib gespürt, um sie nicht zu fürchten. Deshalb wollte er nie jemandem so wehtun, wie sein alter Herr seiner Mutter wehgetan hatte.
Deshalb lebte er nach der Regel der körperlichen und emotionalen Distanz. Zu schade nur, dass er nicht die Disziplin besaß, dieser Regel auch in Bezug auf Hannah zu folgen. Übelkeit stieg in ihm auf. Vermutlich fühlte es sich genauso an, wenn man am Galgen stand und sich die Schlinge um den Hals ganz langsam zuzog.
Da er Hannah nicht wecken wollte, stand er vorsichtig auf, zog seine Boxershorts an und ging barfuß den Flur hinunter zur Küche. Im Hauptgebäude war es kalt, aber das war ihm egal, denn er brauchte Ablenkung. Er musste anfangen, Hannah aus seinem Kopf und seinem Körper zu vertreiben. Angesichts des engen Gefühls in seiner Brust wusste er, dass es lange dauern würde.
In der Küche setzte er Kaffee auf. Honeybear erhob sich von seinem Platz neben der Tür und trottete zu ihm herüber. Lächelnd streckte John seine Hand aus und kraulte den Hund hinter den Ohren. Honeybears Nähe beruhigte ihn. „Dieses Mal habe ich es richtig verbockt, oder?“
Honeybear sah ihn mit seinen weisen braunen Augen an und grunzte wie zur Zustimmung. „Ja, das dachte ich mir.“ Der Hund tapste zu seinem Platz zurück. John blickte nachdenklich aus dem Fenster. In einer Stunde würde die Dämmerung heranbrechen. Kurz danach kam der Einsatzleiter zum Dienst. John vermutete, dass es das Beste wäre, Buzz anzurufen und Hannah dann aufs Revier in Denver zu bringen. Dort könnte Buzz ihr eine Unterkunft besorgen, während der Polizeichef das Geheimnis ihrer Identität lüftete und herausfand, was auf dem Berg wirklich passiert war. John war dazu nicht mehr in der Lage, nachdem er Hannah berührt, in ihre wunderbaren Augen geschaut und sich eine Zukunft gewünscht hatte, die er niemals bekommen würde.
Ein Schrei aus dem rückwärtigen Raum ließ seinen Atem gefrieren. Mit allen möglichen Horrorszenarien im Kopf wirbelte er herum und rannte den Flur hinunter. „Hannah!“
„Nein! Bitte nicht!“
In ihrer Stimme schwang Panik mit. An der Tür sah John, dass Hannah aufrecht auf dem Feldbett saß und wild mit den Beinen strampelte. Ihre Augen waren weit aufgerissen. „Richard, nein!“
John eilte zu ihr, fiel neben ihr auf die Knie und schlang seine Arme um sie. „Hannah. Ganz ruhig. Ich bin’s. John.“
Sie kämpfte gegen ihn und schlug mit Fäusten auf ihn ein. Er spürte ihre Panik und hielt sie sanft fest. „Hannah! Ich bin’s, John! Ganz ruhig, Honey.“
Einen Moment später entspannte sie sich, als sei alle Energie aus ihr gewichen. „Oh Gott! Oh, John! Er war hier.“
„Wer?“
„Richard“, schluchzte sie. „Er hat versucht …“
„Aber hier ist niemand. Du bist in Sicherheit.“
„Er hatte eine Waffe. Er wollte …“ Sie schluckte.
„Pssst! Das war nur ein Traum.“ Aber noch während er das sagte, richteten sich seine Nackenhaare auf, und er blickte angespannt über seine Schulter. „Atme tief durch, okay?“
Hannah löste sich zitternd von ihm und richtete sich auf. „Das war nicht nur ein Traum.“ Sie blickte sich verwirrt um. „Ich muss zurück.“
„Wohin?“
„Auf den Berg.“
„Warte!“
„Nein.“ Sie hielt seinen Blick fest. „Ich muss dorthin zurück, wo du mich gefunden hast.“
So hatte John sie noch nie erlebt. Hannah war vollkommen verängstigt und emotional aufgewühlt, dennoch lag in ihrem Blick eine eiserne Entschlossenheit, die es ihm verbat, ihr zu widersprechen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, wenn sie ihn so ansah. „Geht es dir gut?“, fragte er nach einer Weile.
„Ja.“
„Du zitterst.“
„Du auch.“
„Das geschieht, wenn man morgens um sechs Uhr Schreie hört, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.“
Sie seufzte und sah John fest an. „Ich bin froh, dass du hier bist.“
„Ich auch.“
Ihr war die Decke von den Schultern gerutscht, und John erhaschte einen Blick auf den Ansatz ihrer Brüste, bevor sie die Decke wieder hochzog. Ihre Schönheit ließ ihn einen verrückten Moment lang denken, dass vielleicht doch alles möglich war, auch wenn er tief in seinem Inneren wusste, dass es nicht stimmte. Verdammt, er steckte wirklich viel zu tief drin! Er wollte sie wieder. Er wollte sie unter sich spüren, wollte, dass sie seinen Namen schrie, während er seinen Samen in ihr vergoss. Er wollte ihr Herz an seines binden.
Schockiert von ihrer Wirkung auf ihn zog sich John zurück und setzte sich auf seine Fersen. Jetzt war nicht der Moment, um an Sex mit ihr zu denken.
Aber das Bild von ihr, wie sie so vollkommen offen und ergeben unter ihm lag, während er sie zum Höhepunkt streichelte, blieb beharrlich in seinem Kopf. Es erregte ihn so sehr, dass es ihn verstörte. Er hatte in seinem Leben schon viele Geliebte gehabt und viele kurze, gefühllose Beziehungen geführt, die nur auf der Befriedigung körperlicher Bedürfnisse beruhten und von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren. Noch nie hatte ihn eine Frau so tief berührt wie Hannah. Nie zuvor war es einer Frau gelungen, sein Weltbild und seine Selbstbeherrschung zu erschüttern. Hannah war süß und ehrlich und die empfänglichste Liebhaberin, die er kannte. Die Macht ihrer Vereinigung hatte ihn verblüfft und vollkommen überwältigt. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, dass er sein erotischstes Abenteuer mit einer Schwangeren erleben würde.
Nein, das hier lief alles andere als geplant.
„Warum musst du auf den Berg zurück?“, fragte er und hoffte, dass sie den Frust in seiner Stimme nicht hörte. „Es ist Januar. Da oben liegt knapp ein Meter Neuschnee.“
„Ich erinnere mich mit jedem Albtraum an mehr, John. Dieses Mal habe ich mich daran erinnert, dass ich da oben etwas zurückgelassen habe. Ich weiß nicht, was es ist. Vielleicht ein Buch, oder so.“
Sie sprach zu schnell, dass die Worte nur so aus ihrem Mund purzelten. „Ganz langsam“, sagte er sanft. „Was hast du zurückgelassen?“
Sie runzelte nachdenklich die Stirn und drückte ihre Finger gegen ihre Schläfen. „Ich bin mir nicht sicher, vielleicht war es ein Hinweis. Ich erinnere mich, dass ich nicht wollte, dass er so davonkommt. Er sollte nicht ungestraft bleiben, wenn er mich oder mein Kind umbringt.“ Bei den letzten Worten brach ihre Stimme. John sah, wie sie gegen die Tränen ankämpfte. „Ich dachte in jener Nacht, ich würde sterben. Ich wollte etwas zurücklassen, das ihn belastet. Nicht so sehr meinetwegen, sondern wegen meines Babys. Ich habe den Gedanken nicht ertragen, dass …“ Sie schluckte. „Ich wollte nicht, dass er mein ungeborenes Kind ungestraft tötet.“
Der Gedanke an einen so grauenhaften Akt machte ihn krank. „Also hast du irgendeinen Hinweis zurückgelassen?“
„Ich glaube, ja. Die Erinnerung ist nicht besonders klar. Vielleicht ist es ein Buch, vielleicht eine Schachtel oder ein Portemonnaie. Es ist etwas Kleines, Dunkles. Ich weiß es nicht, und das macht mich verrückt.“ Sie schloss die Augen und massierte ihre Schläfen. „Das ergibt alles keinen Sinn.“
„Wenn du befürchtet hast, dass du sterben wirst, und du etwas hinterlassen hast, was ihn belastet, ergibt das durchaus Sinn.“
Sie sah ihn verstört an.
„Was ist das für ein Buch?“, drängte er.
„Ich weiß es nicht. Es ist klein und dunkel. Schwarz oder blau vielleicht, mit verschiedenen Unterteilungen.“
„Ein Adressbuch? Ein Kalender?“
„Ich weiß es nicht!“ Sie klang frustriert. „Ich muss es herausfinden.“
Er sah durch die Fenster, wie die Morgendämmerung anbrach. „Bitte mich nicht …“ Weiter kam er nicht.
„Wie weit sind wir von der Stelle entfernt, an der ihr mich gefunden habt?“
Die Art, wie sie ihn ansah, gefiel John gar nicht. Vor allem nicht das entschlossene Funkeln in ihren Augen. Hannah war im Begriff, etwas zu tun, was er für absolut unklug hielt. „Ich bringe dich nicht zum Elk Ridge.“
„Dann fahre ich ohne dich.“
„Das werde ich nicht zulassen, Hannah.“
„Das hast nicht du zu entscheiden, sondern ich. Verdammt, ich habe es verdient zu erfahren, wer ich bin! Ich habe es verdient …“
„Dich von deiner Unterkühlung zu erholen, ganz zu schweigen von dem schweren Sturz.“
„Ich fühle mich gut.“
„Du bist im dritten Monat schwanger, verdammt noch mal! Du wirst nichts riskieren.“
„Wage es ja nicht, diese Karte zu ziehen, John Maitland. Ich bin schwanger, nicht krank. Verwechsle das bitte nicht. Es gibt schwangere Frauen, die Marathon laufen.“
Ihr Ton sollte ihn wütend machen, doch er flößte ihm nur Angst ein. „Komm her“, knurrte er.
Als Hannah nicht gehorchte, zog er sie an sich heran. Wieder schien er den Boden unter den Füßen zu verlieren, als Hannah gegen ihn fiel. Sein Gehirn setzte aus, als ihr Duft ihn umfing. Er spürte, wie ihn seine Selbstbeherrschung verließ. „Ich muss dich einfach einen Moment lang halten, okay?“
Sie fühlte sich so klein, verletzlich und weich an. Er fragte sich, wie eine so kleine Person so viel Mut und Stärke besitzen konnte. Wie schaffte es diese eine Frau, dass er alle Kontrolle verlor?
„Ich muss das tun.“ Sie zog sich ein Stück zurück. „Aber ich brauche deine Hilfe.“
„Ich werde dir nicht helfen.“
„Oh doch, das wirst du!“
Eigentlich wollte er sie nicht küssen, doch dann streichelte er ihr gedankenverloren über den Kopf und versuchte, nicht herauszufinden, was genau ihm solche Angst bereitete. Und im nächsten Moment schon presste er seinen Mund auf ihren und verschlang sie wie ein zum Tode geweihter Mann.
Sie seufzte, als er seine Zunge zwischen ihre Zähne gleiten ließ. Einen Moment lang dachte er, sie würde ihm widerstehen, doch das tat sie nicht. Sie öffnete sich ihm bereitwillig, und er tauchte tief in sie hinein. Als sie ihren Körper an seinen presste und sich an ihm rieb, blitzten vor Johns innerem Auge Dutzende Irrlichtblitze auf wie ein farbenfrohes Feuerwerk. Nur am Rande nahm er wahr, wie die Decke Hannah von den Schultern rutschte und er seine Hände über ihr Dekolleté gleiten ließ. Er streichelte ihre festen, schweren Brüste und verschluckte Hannahs lustvolles Glucksen, als er mit seinen Fingerspitzen sanft ihre Brustwarzen massierte.
Er wollte sie noch einmal lieben, noch einmal in ihr sein und sie halten, weil der Zeitpunkt der Trennung nahe lag. Er küsste sie noch einmal, und sein Widerstand schwand. Mit einem Mal wusste John, dass er nicht nur eine Schlacht, sondern einen ganzen Krieg verloren hatte. Als er sich kopfüber in die Tiefe stürzte und in das Vergessen taumelte, versuchte er zu verdrängen, welchen Preis sie beide dafür zahlen würden.
Mit der Dämmerung brach ein kalter Nordwind aus, der neuen Schnee in höheren Lagen mit sich führen würde. Während das Jaulen des Motors des Schneemobils den Hangar erfüllte, kuschelte sich Hannah tiefer in ihren Mantel und versuchte keine Schuldgefühle zu empfinden, weil sie von John verlangte, sie an einem so kalten Tag zum Elk Ridge hinaufzubringen. Sie wusste, dass es gefährlich und zudem absoluter Wahnsinn war. Draußen lief noch immer dieser Verrückte mit der Pistole frei herum. Und im Westen braute sich ein Schneesturm zusammen. Dennoch war der Ausflug Hannahs einzige Chance herauszufinden, wer sie wirklich war und was sich auf dem Berg ereignet hatte.
John warf ihr einen unmissverständlichen Blick zu. Er war über den Ausflug alles andere als glücklich, dennoch holte er den Rest seiner Ausrüstung aus seinem Spind. „Das ist der kleinste Schneeanzug, den ich habe. Zieh ihn an und streif die Handschuhe und die Stiefel über.“
Sie griff nach dem Anzug und schlüpfte hinein. Dann zog sie den Reißverschluss bis zum Kinn hinauf. „Wie lange brauchen wir dorthin?“
„Ungefähr eine Stunde.“
„Was ist mit dem Abhang, vor dem ihr mich gefunden habt?“
„Keine Chance.“ Sein Blick verbat ihr jede weitere Diskussion.
Er wollte sich umdrehen, doch Hannah hielt ihn zurück. „Ich weiß, dass du meine Idee nicht gutheißt.“
„Nur fürs Protokoll, in meinen Augen ist es eine absolut wahnsinnige Idee.“
„Aber ich kann das nicht allein machen. Du verfügst über die Ausrüstung, du kennst die Berge und du weißt, wie man die Gegend am besten erreicht.“
„Und außerdem verfüge ich über ausreichend gesunden Menschenverstand, um eine verrückte Idee zu erkennen, wenn ich sie höre.“
„Ich habe da oben etwas zurückgelassen, John. Vielleicht liegt es nicht in der Schlucht, vielleicht können wir einfach die Gegend absuchen und finden es.“
„Und vielleicht sollte ich meinen Verstand testen lassen, weil ich auf dich höre.“ Er fluchte leise. „Das verdammte Ding liegt vermutlich unter einem Meter Neuschnee.“
„Ich muss das tun!“
„Und ich muss dich beschützen!“
Sie starrte ihn entsetzt an. Seine Wut schockierte sie, und sie erschrak, da sie kurz davorstand, in Tränen auszubrechen. John löste mit einem kleinen Blick so viele Gefühle in ihr aus, die sich in ihrem Inneren verknäulten.
„Mir gefällt die Vorstellung einfach nicht, mit dir allein unterwegs zu sein, während der Mann, der auf dich geschossen hat, noch frei herumläuft“, sagte er etwas milder.
„Du hast Buzz angerufen. Er weiß, wo wir sind.“
„Buzz kann uns auch nicht helfen, wenn sich irgendein Verrückter entschließt, uns eine Stunde von der Zentrale entfernt als Zielscheibe zu nutzen.“
Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken hinab, und Hannah klapperte mit den Zähnen. Sie versuchte, es zu verbergen, aber John bemerkte es. „Verdammt, Hannah!“
„Ich habe keine andere Wahl“, flüsterte sie. „Ich muss wissen, wer ich bin. Bitte, hilf mir.“
„Es wäre klüger gewesen, den Psychiater aufzusuchen, den Dr. Morgan dir empfohlen hat.“
„Wenn wir auf dem Berg nichts finden, werde ich einen Termin mit ihm vereinbaren. Aber ich weiß ganz sicher, dass ich meine Erinnerung zurückerlange, sobald wir finden, was ich zurückgelassen habe.“ Tränen brannten unter ihren Augenlidern, aber Hannah war entschlossen, sie zu unterdrücken. Sie biss auf ihre Lippe.
Er grummelte leise. „Du bist so verdammt stur.“
„Danke.“ Hannahs Knie wurden weich, als John sie an sich zog. Sobald er seine Arme um sie schlang, schmolz die Welt nur so dahin. Hannah wusste, dass alles gut werden würde, ganz egal, was sie auch auf dem Berg fand.
„Ich bringe dich hoch, aber wir werden dort nicht lange bleiben“, sagt er. „Da oben ist es mindestens zehn Grad kälter als hier bei uns und es ist absolut einsam. Ich will nicht, dass dir etwas zustößt.“
„Es wird schon nichts passieren.“
Er lächelte besorgt. „Das sagen alle Leute, kurz bevor etwas passiert.“
Sie wollte etwas Kluges erwidern, etwas, das ihn zuversichtlich stimmen sollte, aber sein Blick lähmte ihren Geist und raubte ihr die Worte. Sie konnte nur ihrem Herzen lauschen, das vor Liebe zu einem Mann raste, der glaubte, diese Liebe nie erwidern zu können.
Das Schneemobil heulte durch den Wald. Es wirbelte Schnee auf und kratzte über eisverkrustete Felsen. John lenkte das Gefährt einen kleinen Abhang hinunter auf eine große Lichtung zu, dann riss er den Gashebel auf und beschleunigte, um über einen kleinen gefrorenen See zu rasen. Er sollte außer sich vor Freude sein, durch diese atemberaubende Landschaft fahren zu dürfen, während im Osten über dem Elk Ridge die Sonne aufging, doch das war er nicht. John fühlte sich wie ausgeweidet, von außen nach innen gekehrt und zum Trocknen aufgehängt.
Ich liebe dich.
Hannahs Worte verfolgten ihn. John würde alles dafür geben, diese drei Worte und die Gewissheit, die dahintersteckte, zu erwidern. Doch egal, wie sehr er Hannah und das Kind, das sie unter ihrem Herzen trug, auch wollte, er durfte sie niemals der Gefahr aussetzen, die eine Beziehung zu ihm mit sich brachte.
Er war nicht sicher, wann genau es passiert war, aber irgendwann in den letzten zwei Tagen hatte er sich in sie verliebt. Eine panische kleine Stimme in seinem Hinterkopf versuchte, es zu leugnen, aber John war ehrlich genug, um die Wahrheit zu erkennen. Das Ehrbarste, was er tun konnte, war, sie zu verlassen. Er versuchte, nicht an die Schmerzen zu denken, die ihm der Abschied bereiten würde.
Hannah saß hinter ihm. Sie hatte ihre Arme um seine Brust geschlungen und drückte ihre Beine gegen seine Hüften. Verwirrt, wie er war, kam er nicht umhin, ihre Nähe zu genießen. Sie hatten sich letzte Nacht zwei Mal geliebt – und dann noch einmal nach ihrem Albtraum. Mit diesem Fehler würde er bis zum letzten Atemzug leben müssen. Aber er wollte diese kostbaren Stunden auch niemals vergessen. Wieder drängte ihn eine Lust, John wollte Hannah noch einmal nehmen, wollte in sie eindringen, sie halten und an sich drücken. Er sagte sich, dass sie ohne ihn besser dran wäre. Auch sein Leben wäre weniger kompliziert, wenn er es allein verbrachte.
Zu schade, dass sein Herz dem widersprach.
Nach einer Stunde Fahrt drosselte John auf einer Anhöhe die Geschwindigkeit des Schneemobils. Die Bäume teilten sich, und es lag nur eine dünne Schneedecke auf dem windumtosten Granitboden. John wich Felsen von der Größe eines Kleinwagens aus, lenkte das Fahrzeug auf eine überstehende Felszunge und stellte den Motor ab. Dann löste er den Riemen an seinem Helm, stand auf und sah Hannah an. „Von hier an wird es steil und felsig. Wir müssen zu Fuß weiter.“
Sie glitt vom Sitz, nahm ihren Helm ab und schüttelte den Kopf. Ihre roten Haare fielen ihr wie ein Wasserfall über die Schultern. John starrte sie an und spürte, wie die Lust weiter an ihm nagte. Er liebte diese Haare. Er liebte es, sie zwischen seinen Fingern zu spüren – und wie sie sein Gesicht kitzelten, wenn Hannah auf ihm lag, während er sich tief in ihr vergrub.
Er würde diese Haare vermissen.
Er würde Hannah vermissen.
Unbewusst streckte er seine Hand aus und berührte ihre Wange. Hannah sah ihn überrascht an. In den Tiefen ihrer Augen las er schmerzhafte Fragen. Offenbar wusste sie, dass er ihre Beziehung beenden würde, und der Schmerz darüber schnürte ihm die Kehle zu. Das leichte Wabern der Lust schwoll zu einer mächtigen Welle heran, die durch ihn hindurchraste und ihn schüttelte. Wortlos zog er Hannah an sich heran und küsste sie hart und gierig. Sie keuchte auf, aber er verschluckte das Geräusch und nahm die Gefühle, die dahintersteckten, in sich auf. Ihre Zungen schienen miteinander zu tanzen. John knurrte tief, als er mit seinen Fingern durch ihre Haare strich und ihren Hinterkopf ergriff. Dann drehte er ihr Gesicht so, dass er den Kuss vertiefen konnte, während sich die Verzweiflung wie ein engmaschiges Netz fest um seinen Magen zog.
Einen Moment später ließ er Hannah wieder los. Sie stolperte ein paar Schritte zurück. Ihre Wangen waren gerötet, die Augen blickten vorsichtig und überrascht. „Ich verstehe dich nicht. Du willst mir zwar nicht sagen, was du fühlst, und doch küsst du mich so.“
Er konnte ihr nicht sagen, dass die körperliche Liebe der einzige Weg für ihn war, seine Gefühle zu äußern. Er könnte sie nie in Worte fassen. Körperliche Liebe war unproblematisch, doch die emotionale Liebe hatte einen Preis, den er nicht zahlen wollte. „Ich bin besser darin, Beziehungen zu zerstören, als sie zu führen.“
„Das glaube ich nicht.“
Um sie herum rüttelte der Wind an den Zweigen der Bäume. In der Ferne rief ein Weißkopfseeadler.
„Wir müssen reden“, sagte John.
Sie sah ihn wachsam an. „Über uns.“
Er nickte. „Die Sache ist kompliziert geworden.“
„Das ist nicht unbedingt schlecht.“
„Es liegt daran, dass ich nicht ganz ehrlich zu dir gewesen bin.“
„Was meinst du damit?“
Er wusste, dass es der falsche Zeitpunkt war, um darüber zu sprechen. Sie befanden sich mitten im Niemandsland, und eine Schlechtwetterfront nahte heran. Außerdem waren sie erschöpft und sie hatten Angst, aber John musste ihr die ganze Wahrheit sagen, auch wenn sie wehtat. Aber auf lange Sicht wäre es für sie beide besser, das hoffte er jedenfalls. „Es gibt Dinge in meiner Vergangenheit, von denen ich dir noch nichts erzählt habe. Dinge, die du wissen solltest.“
„Ich weiß, was ich wissen muss.“
„Du weißt nicht, warum ich kein Polizist geworden bin. Du weißt nicht, warum die Akademie mich abgelehnt hat.“ Er spannte den Kiefer an, um die Scham zu unterdrücken, die in ihm aufstieg. „Du weißt nicht, warum ich im Staat Colorado keine Waffe tragen darf. Du weißt nichts von Rhonda.“
Er wollte die Hand nach ihr ausstrecken, doch er unterließ es. Sie jetzt zu berühren würde seine Sinne nur noch mehr verwirren und für sie beide alles noch schlimmer machen. John Maitland hatte vielleicht den Charakter seines Vaters geerbt, aber er war nicht so gemein.
„Ich verstehe nicht“, sagte sie.
„Die Polizeiakademie hat mich abgelehnt, weil ich vorbestraft bin, Hannah. Ich wurde wegen häuslicher Gewalt verurteilt.“
„Du hast mir doch erzählt, was in Philadelphia passiert ist“, sagte sie. „Du warst siebzehn und hast versucht, deine Mutter zu beschützen.“
„Das Urteil hat nichts mit Philadelphia zu tun“, unterbracht er sie. „Ich rede von einem Ereignis, das fünf Jahre zurückliegt. Es betrifft eine Frau. Hier in Colorado.“
Hannah sah ihn erschrocken an. „Aber …“ Sie stockte.
„Ich wurde nach einem Streit mit meiner Freundin verhaftet. Sie hat Anzeige erstattet und mich vor Gericht gebracht.“
„Das kann ich nicht glauben.“ Sie ging auf ihn zu, aber er schüttelte den Kopf.
„Das ist nicht leicht, Hannah. Ehrlich gesagt ist es sogar verdammt schwer. Mach es nicht noch schwerer, indem du logisch interpretierst, was ich getan habe.“
„Ich weiß nicht, was du getan hast. Aber ich glaube auf keinen Fall, dass du ein gewalttätiger Mensch bist.“
John lachte gequält. „Das sah der Staatsanwalt anders und die Jury auch.“
„Ich will es von dir hören.“
Er wollte die hässlichen Einzelheiten nicht erzählen, aber er wusste, er hatte keine andere Wahl.
„Ich habe Rhonda vor fünf Jahren auf einem Kunstfestival in der Pearl Street in Boulder kennengelernt. Sie war eine talentierte Inneneinrichterin und sehr temperamentvoll.“ Er seufzte bei der Erinnerung an ihre und seine Naivität. „Sie war etwas verstört, aber lustig und im Grunde ihres Herzens ein guter Mensch. Wir sind ein paar Wochen miteinander ausgegangen.“ Er sah Hannah an. „Wir haben von Anfang an miteinander geschlafen. Ich hatte nicht vor, etwas Ernstes daraus werden zu lassen. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass es für sie etwas Ernstes war. Aber mit der Zeit tauchten immer mehr ihrer Sachen in meiner Wohnung auf, bis wir eines Tages zusammengewohnt haben.
Selbst vor fünf Jahren wusste ich schon, dass ich aufbrausend sein kann und dass es nicht leicht ist, mit mir zusammenzuleben. Anfangs war zwischen uns alles gut, aber Rhonda war leider nicht unabhängig, sondern hilfsbedürftig. Sie klammerte mir zu sehr. Anfangs habe ich darüber hinweggesehen, vielleicht, weil ich mich nicht damit auseinandersetzen wollte, vielleicht war es mir aber auch nicht wichtig genug, ich weiß es nicht. Doch als ich schließlich bemerkte, dass sie sich in mich verliebt hatte, war es zu spät.
Ich konnte es nicht zulassen, denn ich wusste ja von meinem Temperament und meiner Beziehungsunfähigkeit. An dem Abend, an dem ich ihr sagte, dass ich ausziehen werde, ist sie durchgedreht. Sie hatte so eine Art, meine wunden Punkte zu treffen, dass ich aus der Wohnung gegangen bin, um etwas zu trinken. Als ich ein paar Stunden später nach Hause kam, war sie noch wütender. Wir haben uns gestritten. Als ich dann anfing, zu packen, hat sie komplett die Kontrolle verloren.“ Die Erinnerungen ließen ihm den Schweiß ausbrechen. Erinnerungen an Philadelphia brachen wieder auf. Die Ängste des Jungen, der in einem gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen war. „Sie war so irrational. Sie hat mich angeschrien, mit Sachen nach mir geworfen und wüste Drohungen ausgesprochen. Sie hat sich im Badezimmer eingeschlossen. Ich wollte es dabei belassen und einfach nur weg, aber da hörte ich Glas splittern. Ich fürchtete, sie tut sich etwas an. Als ich ins Bad kam, war da überall Blut. Sie hatte in ihrer Hysterie mit der Faust den Spiegel zerschlagen. Ich habe mein Bestes versucht, normal mit ihr zu reden, aber sie hatte jegliche Kontrolle verloren. Ich wusste, dass ich sie nicht berühren sollte, wenn ich genauso wütend bin, aber sie hat versucht, sich durch die Glastür der Dusche zu stürzen.“ Er verzog den Mund, als der bittere Geschmack der Erinnerung wieder in ihm hochstieg. Verdammt, er hasste diesen Geschmack der Scham!
„Ich habe sie zurückgehalten, aber sie hat sich gewehrt. Sie hat auf mich eingeschlagen und mich gebissen, aber ich habe sie so fest gehalten, dass Blutergüsse auf ihren Armen zurückblieben.“ Niemals würde er ihren Blick vergessen, als sie diese blauen Flecke bemerkte. Es lag ein Anflug von Verrat in ihren Augen, Schock und Ekel, die wie eine Lawine über ihm zusammenbrachen.
„Die Nachbarn haben die Polizei gerufen. Als die Beamten kamen, sahen sie das Blut und die Prellungen und verhafteten mich. Rhonda erstattete Anzeige, und ein paar Monate später kam die Sache vor Gericht. Der Staatsanwalt hatte Fotos von den Blutergüssen. Das genügte, um die Jury von meiner Schuld zu überzeugen. Ich wurde verurteilt.“ Es war lange her, dass John diese Nacht und den schrecklichen Prozess noch einmal durchlebt hatte. Selbst jetzt, fünf Jahre später, quälten ihn die Scham und tiefe Schuldgefühle. „Ich habe eine Strafe gezahlt und dreißig Tage im Gefängnis verbracht – und dabei eine sehr wichtige Lektion gelernt.“
Hannah wurde leichenblass. „Du hast sie nicht geschlagen.“
„Nein, das habe ich nicht, aber ich habe es gewollt.“
„Du hast versucht, sie davon abzuhalten, sich selber zu verletzen, John. Du hattest dich unter Kontrolle. Das unterscheidet uns von den Tieren.“
„In Philadelphia hatte ich mich nicht unter Kontrolle.“ Er kämpfte gegen die unangenehmen Gefühle an, die über ihn hereinbrachen, und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. „Ich habe ihr die Blutergüsse zugefügt. Ich habe an mir heruntergeschaut und gesehen, dass meine Hände zu Fäusten geballt waren, Hannah. Wenn ich die Kontrolle verloren hätte …“ Er stockte.
„Das hast du aber nicht, und das ist alles, was zählt.“
Ihr Vertrauen richtete ihn zugrunde, vor allem, weil er es nicht verdient hatte. „Ich habe in Philadelphia die Kontrolle verloren, Hannah. Du bist mir zu wichtig, als dass ich zulassen könnte, dass du dich mit mir einlässt.“
„Ich habe mich bereits mit dir eingelassen.“
Ihm fehlten die Worte. Sein Gehirn war nicht mehr in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Und trotz seines erbitterten Widerstands spürte er, wie er sich noch ein kleines bisschen mehr in sie verliebte. „Das solltest du nicht sagen“, knurrte er.
„Erwartest du etwa, dass ich alles vergesse, was ich über dich weiß, und weglaufe, nur weil irgendein Staatsanwalt es geschafft hat, eine Jury von deiner Schuld zu überzeugen, weil du dir nicht die Mühe gemacht hast, dich zu verteidigen?“ Ihre Stimme zitterte, aber ihr Blick blieb standhaft. „Du hast dich für ein Verbrechen verurteilen lassen, das du nicht begangen hast, weil du dich wegen deines Vaters schuldig fühlst.“
„Du hast einen Mann verdient, vor dem du keine Angst haben musst.“ John spürte einen Anflug von Eifersucht, als der Gedanke an einen anderen Mann in ihrem Leben durch seinen Kopf schoss. Das Gefühl gefiel ihm gar nicht, aber er schob es beiseite. Hier ging es nicht um ihn, es ging um Hannah und um ihr Recht, von jemandem geliebt zu werden, der ihr niemals wehtun würde.
„Ich habe keine Angst vor dir.“
John seufzte. „Wenn wir hier fertig sind, bringe ich dich zu Buzz.“
„Ich will nicht zu Buzz.“
„Er wird mit dir aufs Polizeirevier fahren und dich dann an einem anderen Frauenhaus absetzen.“
„Ich will in kein Frauenhaus.“
„Du hast keine Wahl. Wenn wir zusammenbleiben, endet es in einem Fiasko. Verdammt, Hannah, lieber sterbe ich, als das zuzulassen!“
Zu seiner Überraschung trat sie vor und stieß ihm den Finger so hart gegen die Brust, dass er einen Schritt zurücktaumelte. „Hör dir doch mal selber zu. Wie kannst du glauben, dass du in der Lage wärst, die Hand gegen mich zu heben?“
„Ich bin verurteilt worden, Hannah. Ich habe meinen alten Herrn krankenhausreif geschlagen. Ich hätte ihn beinahe umgebracht.“
Sie stieß ihm erneut gegen die Brust, und John machte noch einen Schritt zurück. „Du warst ein siebzehn Jahre altes Kind“, fauchte sie. „Du hast deinen Vater auf die einzige Art aufgehalten, die du kanntest.“
„Und was ist mit Rhonda? Was wäre geschehen, wenn die Polizei nicht aufgetaucht wäre?“
„Du hast sie nicht geschlagen, John. Sie ist aus irgendeinem Grund ausgeflippt. Du hast die Verantwortung dafür übernommen, weil du dich schuldig gefühlt hast, das ist der einzige Grund. Und genau so ein Mann bist du.“
John starrte sie an. Seine Hände froren in den dicken Handschuhen, und sein Herz klopfte wie eine Trommel. Ihm gefiel nicht, wie das hier lief. Ihm gefiel nicht, wie ihm Hannah das Wort im Munde umdrehte und seine eigene Logik durchbrach, auf der er seine einsame Existenz aufgebaut hatte. Sah sie denn nicht, dass er nicht der richtige Mann für sie war? Sah sie nicht, dass ihm das hier genauso wehtat wie ihr?
Hannah funkelte ihn wütend an. John glaubte, noch nie eine schönere Frau gesehen zu haben. Die Lust schoss mit solcher Macht durch ihn hindurch, dass ihm schwindelig wurde. Seine Hände begannen zu zittern, und seine Knie folgten. Ohne seine stählerne Disziplin würde er vermutlich die Hände ausstrecken und Hannah in seine Arme ziehen.
Aber die Disziplin war stärker.
„Wir können uns später darüber unterhalten.“ Er sagte es, obwohl er nicht vorhatte, das Gespräch fortzuführen. Sobald er sie zur RMSAR zurückbrachte, wollte er sie an Buzz übergeben und sich ein für alle Mal aus ihrem Leben verabschieden.
Da er wusste, dass sie seinen Widerstand allein durch einen Blick brechen konnte, drehte er sich um und zeigte in Richtung des kaum sichtbaren schneebedeckten Weges, der seitlich am Berg entlangführte. „Da hinten über dem Kamm verläuft eine Straße. Es ist eine einspurige Schotterstraße voller Serpentinen und Schlaglöcher; sobald wir sie erreicht haben, sind wir auf dem Elk Ridge. Die Straße ist den Winter über eigentlich nicht passierbar, aber in diesem Jahr gab es nicht so viel Schnee. Mit einem SUV könnte man vermutlich durchkommen. Wenn dich jemand am fraglichen Abend hierhergefahren hat, dann muss er diese Straße genommen haben.“
„Wie weit sind wir von der Stelle entfernt, an der du mich gerettet hast?“
„Die Straße liegt knapp neunzig Meter entfernt auf der anderen Seite dieses Kamms. Wir werden ungefähr fünfzehn Minuten klettern müssen, um sie zu erreichen. Von dort sind es bis zu der Schlucht, in die du gefallen bist, noch einmal zehn Minuten.“ Er sah sie fragend an. „Glaubst du, das schaffst du?“
„Natürlich schaffe ich das.“
Er hielt sich zurück, sie zu berühren, und griff stattdessen nur nach ihrem Reißverschluss, um ihn bis zu ihrem Kinn hochzuziehen. „Ist dir kalt?“
„Nein.“
„Sei bloß nicht zu stolz zuzugeben, wenn du Probleme hast. Du bist schwanger, und Schwangerschaften können gerade in dieser Höhe zur Erschöpfung führen.“
„Mir geht es gut.“ Ihr Blick suchte den seinen. „Du kannst das gerne ignorieren, wenn du willst, aber ich werde das hier durchziehen.“
John betete, dass er die Stärke hatte, das Richtige zu tun, sobald es so weit war. „Gehen wir“, sagte er und marschierte auf den Pfad zu.