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Das Parkhaus sah von außen unverändert aus, langweilig und verlassen, doch die kleine Gruppe war während der letzten 24 Stunden nicht faul gewesen. Sal und Ron hatten eine Plattform für Jeffs Fahrstuhlmechanismus gebaut und dann ein Loch in die Wand rings um die Öffnung einer der Auffahrten geschnitten, um die per Winde betriebene Vorrichtung wieder auf der zweiten Ebene anzubringen. Der Fahrstuhl hielt ein ordentliches Gewicht aus. Sie strichen die Ober-und Unterseite der Plattform schwarz, damit sie sich zwischen die umgebenden Wände fügte und beinahe unsichtbar war, wenn man zu ihr aufschaute, nachdem sie ganz hochgezogen worden war.
In den vergangenen Tagen hatten sie eine beeindruckende Menge nützlicher Dinge in ihrem neuen Zuhause zusammengetragen. Auch hatten sie mehrere einfache Räume errichtet und deren Außenwände wiederum mattschwarz bepinselt, um sie zu verbergen. Den Bereich nahe der Tür zum Treppenhaus verwendeten sie immer noch als eine Art Wohnzimmer. Es lag zwischen zwei Betonmauern, die jeweils etwa 20 Fuß lang waren. Obwohl sie nur einen sehr geringen Teil der Fläche in Anspruch nahmen, den das Gebäude bot, verfolgten sie bereits große Pläne für die Nutzung des restlichen Raums.
Jeff hatte eine Windturbine gebaut und eine Menge Autobatterien daran angeschlossen. Diese speicherten nun den Strom, der für seinen Computer notwendig war. Er arbeitete an vielen Projekten, doch seine jüngste Errungenschaft war ein ferngesteuertes Auto mit verstärkter Antenne. So konnte er es sehr weit vom Parkhaus wegfahren, wenn er nicht gerade versuchte, eine Kamera darauf zu montieren, damit er es zur Erkundung einsetzen konnte. Er hatte das Auto schon mehrmals in Gebrauch genommen, unter anderem um einen Zombie von einem Mann abzulenken, der über den Parkplatz gelaufen war.
Der Fahrstuhl jedoch war die Konstruktion, welche seine Gefährten am nützlichsten fanden. Der Lift bestand aus einer Holzplattform von zehn Quadratfuß mit vier daran befestigten Metallseilen, eines pro Ecke. Diese führten etwa acht Fuß senkrecht nach oben zu einem Rahmen, dessen Größe sich mit dem Bodenteil deckte. Er hielt es waagerecht. Vorerst drehte sich die Plattform noch, aber es gab schon Ideen, auch dies auszubessern.
So bauten sie sich Schritt für Schritt ein neues Zuhause. Die Arbeit diente gleichzeitig dazu, ihre Stimmung aufrechtzuerhalten und am Abend leichter zur Ruhe zu kommen – nur Ron nicht, der feststellen musste, dass er, selbst wenn er bis ins Mark erschöpft war, unruhig und wenig schlief. Die Motorradgang war immer noch irgendwo da draußen. Wenngleich die untere Ebene 16 Fuß über der Erde lag, war das Parkhaus vor kriminellen Elementen beileibe nicht sicher. Die Gruppenmitglieder nahmen je zweistündige Wachschichten auf sich, während derer sie auf der unteren Ebene patrouillierten und die Augen offenhielten. Sal und Jeff bauten eine Alarmanlage aus dünnen Drähten, die straff gespannt mit Windspielen aus dem Baumarkt behangen waren.
Ron rang sich dazu durch, die Biker aufspüren zu wollen, und bat Sal, ihn zu begleiten. Er wollte wissen, wo sie waren, oder zumindest sichergehen, dass sie sich nicht in der Gegend aufhielten. Zum Morgengrauen brachen die beiden auf.
***
Sie fuhren langsam durch die breiten, einst sorgsam gepflegten Straßen. Beide schwiegen. Ron dachte daran, wie er sich früher über das hohe Verkehrsaufkommen in San José geärgert hatte. An dessen Stelle waren Abfälle, liegengebliebene Fahrzeuge und Leichen gerückt.
Sal störte ihn beim Sinnieren. »Hast du das gesehen?«
»Was?« Ron schaute sich um.
»Das Auto gerade eben. Eine Frau saß darin.«
»Na, dann fahr zurück.«
Sal wendete den Van. Als er die Stelle erreichte, wo er den Wagen gesehen hatte, war dieser fort.
»Zu dumm, dass wir sie verpasst haben. Sah aus, als wäre sie allein unterwegs gewesen. Sollen wir sie suchen?«
»Ja.«
***
Sally sah übel aus. Sie war blass und reagierte auf nichts. Das konnte sich nicht nur auf ihre Entzugserscheinungen zurückführen lassen, doch Wendy hatte keinen blassen Schimmer, was sie für sie tun sollte.
Darüber hinaus war es schwierig, einen sicheren Ort auszumachen, an dem sie beide sich ausruhen konnten. Jedes Mal, wenn sie anhielt, tauchten Tote auf. Zweimal schon hatte sie versucht, Sally in ein Gebäude zu bringen, und nur knapp fliehen können, als die Zombies angerückt waren. Einmal hatten sie sich genähert, als sie in einem Haus gewesen war, und sich um den Wagen geschart. Sie zu vertreiben, um Sally herauszuholen, hatte ewig gedauert.
Gerade war ein Van vorbeigefahren! Gut möglich, dass dieser Irre, Banjo, dringesessen hatte, der nach ihnen suchte. Sie mussten schnell verschwinden und Wendy parkte nun hinter einem Müllcontainer, wo sie hoffte, nicht entdeckt zu werden. Sie fürchtete sich zu sehr, um weiterzufahren, weshalb sie abwarten wollte, bis es dunkel war.
***
Während Sal und Ron weiter langsam und vorsichtig durch die Straßen von San José fuhren, mieden sie die Toten, soweit sie konnten. Wollten sie ein Gebäude betreten, fuhren sie möglichst nahe am Eingang vor. Die Zombies schafften es irgendwie immer, ihnen nahezukommen. Manchmal krochen sie unter dem Wagen hindurch oder übers Dach, ein anderes Mal lauerten sie bereits in den Räumlichkeiten.
Beim Durchstöbern einiger Geschäfte sammelten die beiden viele Vorräte. Zügig beluden sie den Van mit Waren jeglicher Art, bis nichts mehr hineinpasste, während ihr Hauptanliegen darin bestand, den Verbleib der Biker in Erfahrung zu bringen. Zuerst hatte Ron gehofft, sie zu finden, um sie im Auge behalten und einer Konfrontation aus dem Weg gehen zu können, doch nun beschlich ihn das immer stärker werdende Gefühl, dass kein Weg daran vorbeiführte, sie unschädlich machen zu müssen.
Ironischerweise war die Gang unterwegs zum Parkhaus, während die beiden in der Stadt nach ihnen fahndeten. Unter den verschiedenen Waffen, die sie bei sich trugen, befand sich auch ein Seil, dessen Ende zu einer Schlinge geknüpft war.