9.
Ich nehme nichts als gegeben hin. Das Imperium mag über Millionen von Truppen verfügen, aber es ist dennoch ein zerbrechliches Gut, steckt noch immer in den Kinderschuhen, und es wird stets jene geben, die es stürzen wollen. Aber sie werden nach vorne schauen, in eine Zukunft, in der sie stark genug dazu sein werden. Sie haben keine Ahnung, dass der beste Zeitpunkt, zuzuschlagen, der Jetzige ist, solange ich meine Macht noch festigen muss. Wie immer spielt mir die Ignoranz und Apathie der Bevölkerung in die Hände.
- Imperator Palpatine zu seinem Sekretär-Droiden
Skirata konnte entfernt und gedämpft hören, wie sich jemand wutentbrannt mit General Zey stritt. Aber Zey war längst tot und diese Tatsache störte ihn so sehr, dass er entschied, er müsse träumen.
Das tat er. Er wachte in seinem Stuhl auf, dennoch verstummte das Geschrei nicht. Es fand statt. Ein Handgemenge war im Gang. Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln und zu erkennen, dass eine der Stimmen einer Frau gehörte.
Shab, Jilka hat sich doch noch Besany vorgeknöpft...
Er rappelte sich auf und rannte den Korridor hinunter, wobei er auf halbem Weg beinahe über Mird stolperte. Wenn Eindringlinge gekommen wären, hätte das Tier sie zerrissen.
„Menav ni! Menav ni taan!"
Jilka sprach kein Mando'a - nein, es war kein Mando'a, es war Concordianisch. Es war Arla, die da wie am Spieß brüllte und forderte, losgelassen zu werden. Skirata warf die Tür zum hinteren Vorraum auf und ließ instinktiv sein Messer aus dem Ärmel in seine rechte Hand rutschen. Er traf auf Jusik, der einer wild dreinschauenden Arla den Arm auf den Rücken gedreht hatte.
Nun konnte Skirata sehen, dass sie Jangos Schwester war. In ihren Augen funkelte die gleiche verletzte, unersättliche Wut.
„Tut mir leid, Kal'buir." Jusiks Gesicht war mit blutenden Kratzern überzogen. Arla fror und keuchte, als würde sie einen toten Punkt überwinden. „Was anderes blieb mir nicht übrig, um sie reinzubringen, ohne was kaputt zu machen."
„Shab." Skirata lehnte sich aus der Tür und brüllte. „Mij'ika? Mij'ika, bist du wach? Sani!"
Arla rammte Jusik ihren Ellbogen in die Brust, als er seinen Griff etwas lockerte. „Bleib weg von mir, Mando", spuckte sie. „Ich schneid dir deine verdammte Kehle auf. Das verspreche ich dir. Und du, Großpapa, komm mir bloß zu nahe und ich schlitz dich auf."
Skirata konnte das Trampeln herannahender Stiefel hören. Arla riss ihren Kopf nach hinten in Jusiks Gesicht, dass es laut klatschte. In der nächsten Sekunde erschlaffte ihr Körper und Jusik, dem Blut aus der Nase rann, ließ sie behutsam auf den Boden gleiten. Skirata war sich nicht sicher, ob sie sich selbst bewusstlos geschlagen hatte oder ganz einfach zusammengebrochen war. Gilamar erschien mit seiner Arzttasche in der Tür und blickte von Skirata zu Jusik und wieder zurück.
„Sie wird schon wieder", sagte Jusik. Er wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. „Es tut nicht weh. Frag Ruu." „Was?"
„Macht-Betäubungsstoß. Tut mir leid, aber es musste sein." Mird trappelte hinüber, um an Arla zu schnüffeln und ihr Gesicht abzulecken, aber sie war ohnmächtig. „Ist angenehmer, als ihr das Handgelenk zu brechen."
Skirata vergaß manchmal, über welche Bandbreite an Kampffähigkeiten Jusik verfügte. „Ich glaube nicht, dass sie das aufgehalten hätte. Was war denn los?"
„Ich fand sie, wie sie draußen herumwanderte, völlig aufgebracht, und als ich versucht habe, sie wieder reinzubringen, ist sie durchgedreht und wollte mich mit einem Holzscheit angreifen. Die weiß, wie man zuschlägt."
Gilamar hielt ein Hypospray gegen das Licht, um es zu überprüfen, und beugte sich dann über Arla, um es in ihren Arm zu injizieren. „Das kommt dabei raus, wenn man die Medikation abrupt abbricht", erklärte er. „Jetzt weiß ich, warum sie sie bis zur Schädeldecke vollgepumpt haben. Ich muss etwas finden, mit dem ich das Sebenodon ersetzen und die Dosis langsam reduzieren kann."
„Du kannst mir das ja irgendwann ins Basic übersetzen", meinte Skirata. Er winkte Jusik zu sich und sah sich dessen Verletzungen an. Seine Nase war etwas zur Seite gebogen. „Wird das wieder passieren? Ich kann schon Vaus Vorwurf hören, er hätte es mir ja gesagt."
„Nur weil sie eine verurteilte Mörderin ist, bedeutet das nicht, dass dieser Vorfall ihr normales Verhalten widerspiegelt", sagte Gilamar. „Sie kommt von einem Betäubungsmittel runter, das einen Hütt ausschalten könnte, sie ist traumatisiert und sie hat Angst. Nichts weist darauf hin, dass wir sie nicht aus diesem Stadium herausholen könnten."
„Da fühl ich mich doch gleich viel besser", meinte Skirata. Ja, es war seine Idee gewesen - und Jusiks -, sie aus der Anstalt zu befreien, obwohl sie ganz genau wussten, dass auf ihrer Akte Mörderin stand. Er hatte selbst schon öfter als ein Mal getötet. Daher konnte er über die kriminelle Vergangenheit anderer kaum die Nase rümpfen. „Aber wie gefährlich ist sie?"
„Gefährlich genug." Jusik drückte sich einen Kühlbeutel an die Nase und legte seinen Kopf leicht in den Nacken. Gila-mar rückte ihn wieder nach vorn. „ Ich kann mich nicht weiter so mit ihr herumschlagen."
„Gut, als Erstes schließen wir die Türen ab und bringen für jedermanns Sicherheit ein Schloss an ihrem Zimmer an", bestimmte Skirata. So eine Komplikation konnte er nicht brauchen, aber er hatte sie nun mal am Hals. „Bist du in Ordnung, Sohn?"
„Ich werd's überleben."
Inzwischen waren alle aufgewacht und schauten nach, was der Aufruhr zu bedeuten hatte. Eine kleine Gruppe versammelte sich in der Tür, angeführt von Fi und Vau.
„Bringen wir sie weg", sagte Fi. Er und Parja schienen nicht im Geringsten überrascht zu sein. „Wir wollen doch nicht, dass sie mitten in einer Menschenmenge wieder zu sich kommt, oder?"
Vau schüttelte den Kopf. „Ich hab's dir ja gesagt."
„Ja ... hast du." Skirata sah weg, als Gilamar Jusiks Nase zurechtbog. Er konnte den Schmerz spüren, als der Knorpel mit einem deutlichen Schlick wieder zurückschnappte. „Aber wir können sie nicht in einem Medicenter abladen, und selbst wenn wir irgendeine Fett-Verwandtschaft finden, wären die nicht in der Lage, mit ihr in diesem Zustand fertig zu werden. Wir brauchen eine andere Lösung."
„Wie kommst du darauf, dass wir heilen könnten, was das Valorum Center nicht geschafft hat?", fragte Vau.
„Wir hatten ein eigennütziges Interesse, sie zu befreien. Die wollten sie nur von der Straße weghaben."
Gilamar täuschte gute Laune vor. Er war jedoch alles andere als glücklich und Skirata brauchte kein Jedi zu sein, um das zu spüren. „Kal, irre Leute un-irre zu machen, ist eine langfristige Arbeit, wenn die Ursache in einem Trauma liegt. Bei einem chemischen Ungleichgewicht im Gehirn ist es relativ einfach. Man gießt einfach etwas Öl nach, pharmazeutisch ausgedrückt. Schlimme Erfahrungen sind nicht so leicht zu reparieren."
„Vielleicht kann ich es schaffen", meinte Jusik, dessen Stimme von seiner gebrochenen Nase verzerrt war. „Ich bin gut in Gehirnen."
„Kaum holt er Fi von den Toten zurück, ist er auch schon ein Gehirnchirurg." Gilamar zwinkerte ihm zu. „Kannst du dir ein Bild davon machen, wie es in ihrem Hirn aussieht? So hast du Fi wieder hinbekommen, oder? Du siehst etwas vor deinem geistigen Auge und manipulierst es mit der Macht."
Jusik zuckte mit den Schultern. Skirata bemerkte plötzlich Scout. Sie hatte sich an den anderen vorbeigedrängt und sah Jusik aufmerksam an, als würde er etwas sagen, das sonst niemand hören konnte.
„Es muss möglich sein", sagte Jusik. „Das Gehirn ist eine Maschine. Gedanken, Gefühle, Erinnerungen - das sind letzten Endes alles chemische und elektrische Knöpfe, die an- und ausgeschaltet werden. Ich glaube, die manipulieren wir häufig, nur bemerken wir nicht, dass wir es tun."
„Wir?", fragte Scout.
„Machtnutzer."
Irgendetwas hatte ihre Fantasie gepackt. Skirata sah es in ihrem Gesicht geschrieben. „Die Vorstellung ist vorbei, ad'ike", sagte er. „Zeit für euren Schönheitsschlaf."
Während sich alle umdrehten, um wieder zurück auf ihre Zimmer zu gehen, sah Scout erneut zu Jusik, als wollte sie ihn etwas fragen, es sich dann aber anders überlegte. Besany blieb noch da.
„Ich werde sie sediert halten, bis wir etwas Sebenodon bekommen können", sagte Gilamar. „Das stellt sie bestenfalls ruhig und schadet ihr schlimmstenfalls erheblich. Das Zeug kann eine Menge bleibende Nebenwirkungen hervorrufen. Ich gehe jetzt wieder ins Bett und morgen sehen wir sie uns noch mal an."
Niemand hatte sich sonderlich dafür interessiert, wen Arla umgebracht hatte. Skirata stellte fest, wie er es hin und wieder tat, dass die aruetiise im Unterschied zu den Mandalorianern eine andere Herangehensweise an die brutale Seite des Lebens hatten. Über Jahrtausende hatten die Mandalorianer die Aufgaben erledigt, die für die Armeen anderer zu gefährlich oder zu schwierig waren, und sie hatten die brutalsten Verbrecher der Galaxis gejagt. Das Töten passierte. Und wenn man auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdiente, gab es immer irgendjemanden, der darauf wartete, dich zu töten. In vornehmeren, wohlgenährteren Teilen der Galaxis konnte ein einziger Mord die Nachrichten und die Bewohner über Wochen in Schrecken versetzen. Hier... gehörte es einfach zum Dasein und nur die Umstände spielten eine Rolle. Es lag kein Glanz darin, ein Killer zu sein, stellte jedoch auch keinen Makel dar, es sei denn, der Mord war ori'suumyc - „extrem drüber", zu weit außerhalb der Regeln annehmbaren mandalorianischen Verhaltens.
Bevor nichts anderes bewiesen war, gingen sie davon aus, dass Arla ihre Gründe gehabt hatte. Allerdings war sie trotz ihres berühmten Bruders keine Mandalorianerin und Skirata rief sich ins Gedächtnis, dass er so gut wie nichts über sie wusste.
„Was hast du getan, dass sie so ausgerastet ist?", fragte Besany Jusik. Jusik wirkte leicht empört. „Nichts, außer ein Mann zu sein."
„Ich versuche mir besser nicht vorzustellen, was einer Frau solche Angst vor Männern machen kann." Besany machte einen ziemlichen Wirbel um Jusiks Nase und bereitete ihm eine Tasse shig zu. „Und was sie so weit in den Wahnsinn getrieben hat."
„Tja, solange wir das nicht herausfinden, hat sie keine Chance auf Besserung."
„Vielleicht hatte sie schon immer psychische Probleme", meinte Skirata. „Wir mutmaßen verdammt viel. Wenn sich jeder, der eine schreckliche Kindheit hatte, in einen irren verwandeln würde, dann würde sich die halbe Galaxis gegenseitig an die Gurgel gehen."
Es klang herzlos, kaum dass er es gesagt hatte, und er hatte es auch nicht so gemeint. Besanys Blick verfinsterte sich ein bisschen. „Hat Ordo sich gemeldet?"
„Nein. Läuft alles nach Plan."
„Na gut. Ich nehme an, er wird es tun, wenn es ihm zeitlich passt." Besany gähnte. „Es wird schön, Darman und Niner wieder bei uns zu haben. Ohne sie scheint diesem Ort etwas zu fehlen. Gute Nacht, Kal'buir."
Es war drei Stunden nach Mitternacht. Skirata fragte sich, wie sich wohl ein ereignisloses Leben anfühlte? Doch seine Söhne kamen heim und er hatte in Jusik einen brandneuen Sohn gefunden und das ließ ihn die Hürden, die er noch zu nehmen hatte, aus einem anderen Blickwinkel sehen.
Um sie geht es. Deshalb ist es die Mühe wert. Immer ein Problem nach dem anderen abarbeiten. Am Ende ...
„Wie fühlst du dich, Bard'ika?" Skirata wuschelte ihm durchs Haar. „Möchtest du ein Schmerzmittel?"
„Ich komm schon klar, danke", erwiderte Jusik. „Ist nicht mein erstes blaues Auge."
„Du solltest mehr Zeit darauf verwenden, dich selbst zu heilen, weißt du. Wäre nicht egoistisch."
„Fi braucht nach wie vor Therapie. Und ganz sicher kann ich etwas für Arla tun. Ich muss nur herausfinden, wie. Wenn du Dinge in der Macht spüren könntest, Kal'buir... das Elend, das sie verströmt, ist schrecklich. Als ob sie permanent weinen würde."
Skirata fand es bezeichnend, dass Jusik so fachliche Ausdrücke benutzte, wenn er über seine Kräfte redete -Therapie. Er sah seine Machtfähigkeiten in Bezug auf die reale Welt wie ein Werkzeug, das den Gesetzen der Physik gehorchte und das verstanden und erklärt werden konnte. Er tat nie so geheimnisvoll. Manchmal glaubte Skirata, seine Kräfte seien ihm peinlich, weil sie nicht logisch waren, und dass er sie konkretisieren und definieren musste.
Wenn sie nur alle so wie er wären. Wenn die Jedi alle wie Jusik gewesen wären, hätte es niemals Krieg zwischen uns gegeben.
„Schlaf ein bisschen, Bard'ika", sagte Skirata.
Er ging an Arlas Zimmer vorbei, um zu sehen, ob die Dinge wieder auf dem Stand waren, der als normal durchging. Mird hatte sich direkt vor der Tür zusammengerollt, ein wachsames goldenes Auge auf Skirata gerichtet und die Nüstern gebläht, um seinen Geruch zu mustern. Normalerweise schlief das Strill am Fußende von Vaus Bett. Entweder hatte man ihm den Wachdienst zugeteilt oder es hatte selbst beschlossen, Arlas Tür zu hüten.
Ny hat wirklich was für Mird übrig. Ein Banthaknochen, also wirklich ... Er vermisste sie jetzt schon. Er hoffte, sie würde gut mit den Nulls zurechtkommen. Mird grummel-te, als wollte er ihm versichern, dass alles unter Kontrolle war und dass er sich nun wirklich etwas Schlaf gönnen sollte.
Er fand keine Ruhe. Immerzu sah er auf seinen Chrono, um die Zeit auf Coruscant auszurechnen, und sagte sich, Ordo würde sich bald melden. Dann gab es da noch Uthan, um die sie sich kümmern mussten, bevor sie von Gibads Schicksal zu sehr abgelenkt wurde, um sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren.
Ich bin manchmal ein ganz linker Typ, oder?
Aus irgendeinem Grund musste er an Dred Priest denken. Wahrscheinlich, weil der auch ein ganz linker Typ war, und er fragte sich, ob der chakaar mitbekommen hatte, dass seine Cuy'val Dar-Kameraden in der Nähe waren. Im Oyu'baat wusste es jeder, also musste Skirata davon ausgehen, dass Priest es auch wusste. Er war sich nur nicht sicher, welches Risiko Priest darstellte.
Nein, der ist viel zu gern am Leben. Und falls er weiß, dass Gilamar hier ist - wird er sich den Ärger ersparen wollen.
Skirata machte es sich in der Küche mit einer Tasse shig bequem und lauschte der Nachrichtenübertragung, um das Neueste über Gibad zu erfahren. Viel gab es nicht zu berichten, da der Großteil der Bevölkerung tot war und die verbliebenen Auswanderer den nächstgelegenen Studios nicht gerade die Bude einrannten, um ihre Empörung auszudrücken.
Ist es richtig, mich auf Uthan zu verlassen, wo sie gerade ihren gesamten Heimatplaneten verloren hat?
Am Ende übergehen wir alle, die uns eigentlich egal sind. Der einzige Unterschied ist, dass ich mir da nichts vormache.
Nach einer Weile piepte sein Comlink. Ordo war ein bisschen früh dran. Skirata aktivierte den Kanal in der Hoffnung, zu hören, dass Dar und Niner auf ihrem Weg zu ihm waren, aber ihm wurde klar, dass es wohl eine Weile dauern würde, um sich von Coruscant fortzuschleichen.
Imperial City an shebs. Corrie.
„Sergeant?", meldete sich eine Stimme.
Es war nicht Ordo. Die Stimme klang vertraut. Es war ein Klon, aber keiner von Skiratas Jungs. Es hätte jeder sein können. Wahrscheinlich sprach sich herum, dass es einen sicheren Hafen für Deserteure gab. Es war schwierig, jene, die eine Zuflucht brauchten, wissen zu lassen, wo sie Hilfe bekamen, und gleichzeitig Kyrimoruts Standort geheim zu halten. Jedoch kannten nur sehr wenige Skira-tas alten Comlink-Code und es gab auch keine Möglichkeit mehr, die Verbindung einem bestimmten Standort zuzuordnen.
„Wer will das wissen?", sagte Skirata.
„Ich bin's, Maze. Ehemals Captain Maze."
Maze stand auf der Gesuchtenliste. Er war der letzte Klon, auf dessen Desertion Skirata gesetzt hätte. Andererseits waren die ARC-Trooper auch ein komischer Haufen. „Brauchst du Hilfe, Sohn?"
„Ich habe gehörte, Sie ... leiten einen Umsiedlungsdienst."
Skirata spürte, wie ihn eine Welle der Erleichterung überspülte. Das hatte er erreichen wollen. Seine Existenz war gerechtfertigt. „Wir lösen dein Problem. Möchtest du mir sagen, wo du bist?"
„Wie sollen wir das abwickeln?"
„Wir geben über Comm keine Koordinaten raus. Such dir einen RV-Punkt aus und wir kommen zu dir." Maze machte eine Pause. „Fradian. Das Erz-Terminal."
„Könnte ein paar Tage dauern." Skirata konnte Mazes Comlink keinen Standort zuordnen. Allerdings wäre er auch enttäuscht gewesen, wenn ein ARC-Captain nicht übervorsichtig bis an den Rand der Paranoia gewesen wäre. „Kommst du damit klar, zu warten?" „Ja."
Skirata wollte Maze fragen, was ihn dazu gebracht hatte, die Seiten zu wechseln, aber das konnte noch warten. Je kürzer die Übertragung lief, desto besser. Er würde Ma-ze von der Imperialen Garnison erzählen, wenn es schließlich sein musste. Doch ein ARC würde sich von ein paar Imperialen als Nachbarn nicht beunruhigen lassen.
„Möchtest du mir deinen Comlink-Code geben? Ich bekomme keinen angezeigt."
„Ist 'ne öffentliche Comm-Zelle", erklärte Maze. „Ich melde mich wieder, wenn ich Fradian erreiche."
Er hätte also überall sein können und er hatte seine Gründe, es nicht zu verraten. Skirata beendete die Verbindung und lächelte vor sich hin. Die Streuner und Heimatlosen kamen endlich heim. Alles würde gut werden, er wusste es.
„Komm schon, Ord'ika", murmelte er und blickte auf seinen Chrono. „Melde dich. Erzähl mir, dass meine Jungs unterwegs sind."
Frachter-Parkanlage, Quadrant G-80, Imperial City
Ny wünschte, sie hätte sich ein besseres Sicherheitssystem für die Cornucopia ausgesucht.
Die Außenkameras des Frachters verschafften ihr nur einen begrenzten Blick auf die Außenwelt und filmten lediglich die kritischen Bereiche, die sie aus Sicherheitsgründen im Auge behalten musste: Die Frachtrampe, die Triebwerksentlüftungen, der Boden direkt um die Landestreben und die Hauptluke. Während sie dasaß und grübelte, wer auf dem Gelände lauern könnte, um sie festzunehmen, wurde ihr bewusst, wie viel sie nicht sah.
Und in ein paar Stunden wird es auch noch dunkel.
„Entspann dich, Ny." Prudii sah aus, als würde er völlig von seinem Datapad beansprucht, aber er sah mehr aus seinen Augenwinkeln, als sie angenommen hatte. „Die Eier zerbrechen schon nicht."
Im Frachtraum befand sich, fest an Deck gesichert, eine ganze Palette verschiedener Eier: Nuna, Marlello, sogar Ganza-Eier, von denen eines eine ganze Mahlzeit hergab. Ny hoffte, die restlichen Aufgaben auf ihrer Liste wären ebenso leicht zu erledigen wie der Einkauf der Lebensmittel. Wenn sie gewusst hätte, wie lange sie hier festsitzen würden, hätte sie sehr viel mehr Vorräte aufgefüllt.
„Ich sorge mich nicht um zerbrochene Eier", sagte sie. „Eher um andere zerbrochene Dinge. Zum Beispiel Beine und Hälse."
Ein großes Leuchtzeichen auf der anderen Seite des Geländes regte sie wirklich auf. Es war das einzige neue, glänzende Etwas, das sie in der Gegend entdecken konnte, die noch Zeichen der Bombeneinschläge der fehlgeschlagenen separatistischen Invasion trug: explosionszernarbte Wände und Lücken in den Häuserzeilen wie fehlende Zähne. Das leuchtende Schild zeigte einen freundlichen, aber ernsten Cop und einen Sturmtruppler. Seite an Seite. Die Hüter des neuen Imperialen Friedens, und unter ihnen stand: VERDÄCHTIG? FEHL AM PLATZ? MELDE ES! SEI AUGE UND OHR DES IMPERIUMS.
Die Plakate waren groß, grell und überall. Sie fand es richtig unheimlich.
„Schmälert das Ansehen des Militärs, oder?" Jaing rollte mit den Schultern, als wäre ihm die neue Rüstung zu eng. Die Nulls waren stärker gebaut als der Durchschnittssoldat und Ny fragte sich, wann sich die ganzen überflüssigen Mahlzeiten zum Zeitvertreib auf Kyrimorut um ihre Taillen herum bemerkbar machen würden. „Als Nächstes lassen sie die Sturmies Strafzettel verteilen."
Ny streckte ihren Arm aus und zupfte an seinem Gürtel. „Ich würde euch empfehlen, mal die geheimen Tanks auf ihre Größe zu testen, Jungs. Die Jedi fanden es ziemlich eng. Und wir haben auf dem Rückweg sechs stramme Jungs zu verstecken."
„Aber nicht lange", entgegnete Prudii. „Außerdem halten diese Anzüge eine halbe Stunde im Vakuum aus."
Ny malte sich Klone aus, die sich außen an ihr Schiff klammerten wie Salgari-Straßenkinder, die sich eine Um-sonst-Mitfahrgelegenheit an einem Transportgleiter erschleichen. „Das musst du mir genauer erklären."
„Das bedeutet, dass sie auch komplettes Untertauchen aushalten. Wer sucht schon in einem vollen Wassertank nach Illegalen? Oder in einem vollen Treibstofftank, wo wir schon dabei sind."
„Das ist verrückt", sagte Ny. Allein der Gedanke ließ sie schaudern. Der Treibstoff bestand aus flüssigem Trimose-ratat - nicht ganz so flüchtig wie flüssiges Metall, dennoch fies genug. „Ihr habt sie doch nicht alle."
„Wir können's nicht ändern, Buir'ika." Prudii stand auf und hielt sich einen Finger ans Ohr. Er hatte gerade der Audio-Übertragung von Niner gelauscht, aber er überspitzte es zu einer glaubhaften Darstellung eines Wahnsinnigen. „Die Aiwha-Happen haben uns verrückt gebaut."
Mereel zog eine Braue hoch. „Solange ich mich nicht im Klärtank verstecken muss."
„Vielleicht versuchen sie nicht mal, an Bord zu kommen", spekulierte Ordo. „Außerdem finde ich euren Mangel an Glauben an die Imperiale Ausstattungsqualität beklagenswert."
Mereel biss nicht an. „Heute ist jeder ein Witzbold ..."
„Also, wie lautet der Plan nun?", fragte Ny. „Sitzen wie hier einfach rum?"
Sie widersetzte sich einem Imperator, der einen ganzen Planeten dafür auslöschte, dass die Bewohner sich mit ihm anlegten, und sie hatte Angst, sie könne das schwache Glied sein, das die gesamte Mission gefährdete. Die Nulls mochten die Sache abreiten, ohne einen Tropfen Schweiß zu verlieren, aber sie lief Gefahr, alle zu enttäuschen, indem sie aussah, als hätte sie etwas zu verbergen, wenn sie durch die Abflugskontrollen mussten. Warten war nicht leicht. Es gab einem zu viel Zeit, sich Sorgen zu machen.
„Genau, wir sitzen hier rum", bestätigte Prudii. „Es sei denn, Niner bittet um Unterstützung."
Ordo war nie sehr gesprächig. Er starrte auf den Chrono am Schott und wartete auf etwas ganz anderes - seine planmäßige Lageberichterstattung an Skirata. Auf den Punkt genau alle sechs Stunden meldete er sich über Comm in Kyrimorut, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Ny beobachtete seinen starren Blick auf die Sekundenanzeige des Chronos.
Fünf, vier, drei, zwei, ...
„Kal'buir? Alles bestens hier. Ich nehme an, du hast die Nachrichtenberichte über Gibad gesehen."
Jaing, Mereel und Prudii schienen die Unterhaltung zu ignorieren. Prudii lauschte Niners Audio-Übertragung, während er ein technisches Handbuch las und sich am Rand Notizen machte. Jaing und Mereel sahen sich irgendetwas auf Jaings Datapad-Schirm an.
„Meine Güte", sagte Jaing voll selbstgefälliger Zufriedenheit, „war mein kleines Hintertürprogramm nicht fleißig? Es ist doch immer erfreulich, wenn die Sprösslinge groß werden und anfangen, Ableger zu treiben."
„Ist das das zweite, das du ins System geschleust hast?", fragte Ny.
„Sie waren so gutgläubig in der Republik. So unschuldig." „Was hat es gefunden?"
„Bist du sicher, dass du das wissen willst? Viel Wissen schafft viel böse Magensäure."
Skirata hatte erklärt, wie Jaing das enorme Vermögen des Clans organisiert hatte, indem er über das galaktische Verrechnungssystem nur einen Credit - manchmal nur einen halben - von Billionen Bankkonten abgeschöpft hatte. Das war nach jedermanns Maßstäben Bankraub im großen Stil: Diebstahl, Betrug, etwas sehr Unrechtes. Wenn Jaing in eine Filiale der Kern-Banken spaziert wäre und das Personal mit dem Blaster umgenietet hätte, bevor er mit Säcken voller Credits abgehauen wäre, dann hätte Ny ihn als Verbrecher eingestuft. Aber wenn sie ihm zuschaute, wie er so eindeutig entzückt in seinem technischen Genie schwelgte, sah sie nur einen netten jungen Mann, der den schlimmsten erdenklichen Start ins Leben gehabt hatte und der nun das Gleichgewicht für andere junge Männer wie ihn wiederherstellte.
Skirata nannte es soziale Besteuerung. Ny versuchte herauszufinden, wie weit die Nulls gehen mussten, bevor sie sie Furcht einflößend oder abstoßend finden würde. Dennoch waren sie Killer und Saboteure, ganz gleich, wie freundlich sie sich zu Tieren und wie höflich sie sich zu alten Damen verhielten. Unverschämt gefährliche Männer, dazu gezüchtet, den Tod zu bringen. Ny befand sich lediglich innerhalb des Abwehrkreises der Nulls und nicht als Ziel außerhalb ihrer Schutzgrenze.
Ob sie mich umbringen würden, wenn sie der Meinung wären, ich sei eine Gefahr für Skiratas Pläne?
Sie kannte die Antwort, selbst wenn die Nulls sie nicht kannten.
„Treibt es Palpi mal wieder in den Ruin?", fragte sie vorsichtig.
„Es durchstöbert eher seine Schubladen." Jaing lächelte. „Er bewahrt viel darin auf oder bezahlt zumindest seine Helferlein, die das für ihn tun. Jeder Bürger in einer Datenbank, Daten, die unter Abteilungen aufgeteilt werden, Angestellte, die den Namen ihrer Akks als Passwort benutzen ... wenn man erst einmal die erste Stufe der Sicherheitsvorkehrungen hinter sich hat, kann man fröhlich durchs System wandern und abziehen, was einem gefällt. Schatzamtsdaten, Bankgeschäfte, persönliche Details über Imperiale Angestellte, Beschaffungsprogramme, Fahrpläne von Regierungsgleitern ... du würdest staunen, was für ein Bild sich aus dem ganzen Kram ergibt."
„Nein, würde ich nicht, denn ich habe für euch schon KDY ausspioniert, schon vergessen?", sagte Ny.
„Das hast du." Mereel lächelte. „Kal'buir gefällt's, wenn seine Frauen etwas waghalsig sind."
Ordo schenkte ihnen keine Beachtung und war noch in das Gespräch mit Skirata vertieft. Er schien mehr zuzuhören, als zu reden, und schloss gelegentlich die Augen, als hätte er Mühe, sich zu konzentrieren. Ny hörte ihn sagen, „Tja ... das ist eine Überraschung. In Ordnung, Buir. Ordo Ende."
Allein das war beunruhigend. Ordo hatte immer alles untermauert und unter Kontrolle. Soweit Ny das beurteilen konnte, wurde er nie von irgendetwas überrascht.
„Was ist eine Überraschung?", fragte Mereel.
Ordo setzte sich und streckte die Beine aus. „Ratet mal, wer nach Asyl sucht: Maze."
Ny konnte sich nicht erinnern, Captain Maze begegnet zu sein. Die anderen Klone vermittelten ihr den Eindruck, er sei humorlos und einsam, obwohl Fi sagte, dass er für einen Alpha-Holzkopf ganz in Ordnung sei, was immer das auch bedeutete. Ordo schien vor ihm eine Art widerwilligen Respekt zu haben. Er beschrieb ihn als beharrlich.
„Wirklich?", sagte Mereel. „Er scheint dich zu vermissen, Ord'ika."
„Kal'buir knobelt schon aus, wie er ihn nach Mandalore holen kann. Er ist nicht direkt dorthin gegangen. Komisch."
„Vielleicht hat er gedacht, das wäre ein zu offensichtlicher Standort für Kyrimorut."
„Ach ja, und Jaing - Kal'buir will, dass dein Programm mal auf die Suche nach Arlas Strafregister geht. Er will die Einzelheiten über ihre Morde wissen. Sie hat Bard'ika angegriffen und je mehr Hintergrundinfos sie haben, desto bessere Chancen bestehen für ihre Heilung."
Ny erschrak. „Ist alles in Ordnung mit ihm?"
„Gebrochene Nase und ein paar Kratzer. Geht ihm gut."
Prudii schüttelte den Kopf. Offenbar fand er das Ganze höchst fragwürdig. Ny hatte das Gefühl, die Nulls würden Arla akzeptieren, weil Skiratas Wort Gesetz war, dass sie sie aber, wäre es nach ihnen gegangen, nicht gerettet hätten.
„Wenn die auf mich mit 'nem Hackebeil losgeht", sagte Mereel, „vergesse ich meine guten Manieren."
Niemand sprach über Gibad oder darüber, wie Uthan die Nachricht aufgenommen hatte. Die einzige Frage lautete wahrscheinlich, inwieweit sie der Schock gelähmt hatte und ob die Wissenschaftlerin weiter ihre Aufgabe verfolgen konnte. Das Versprechen, wieder nach Hause zurückkehren zu dürfen, war das Einzige gewesen, was sie am Arbeiten gehalten hatte.
Prudii hielt plötzlich einen Finger hoch, um für Ruhe zu sorgen, und starrte durch das Schott ins Leere, als würde er sich auf die Audio-Übertragung konzentrieren.
„Hey, Niner ist in Bewegung", sagte er. „Melusar hat ihn und Dar zu einer Besprechung bestellt."
„Nur die beiden?", fragte Ordo. „Die anderen nicht?"
„Hört sich so an. Vielleicht sind sie ja der Kantinennachtisch des Monats, weil sie Camas erledigt haben. Hauptgewinn."
„Wir haben noch ein paar Stunden. Was immer es ist, wir können auf sie warten."
Ordo verschränkte die Arme und sah entspannt genug aus, um eindösen zu können. Die Nulls schienen dieses Gefahrenniveau als absolut normal anzusehen und Ny beneidete ihre lässige Zuversicht. Skirata hatte es klasse hinbekommen, sie in dem Glauben zu erziehen, sie könnten absolut alles schaffen. Die Tatsache, dass sie mit ihnen hierhergekommen war, bewies es. Am helllichten Tag in den Vorgarten des Imperators zu spazieren, um ihn aufs Kreuz zu legen, wirkte bei ihnen wie Routine.
Ordo sagte, die beste Zeit für solche Operationen wäre die Nacht, aber Ny hatte schon immer ein bisschen Angst im Dunkeln gehabt. Menschen hatten sich nicht ohne Grund mit dieser fest veranlagten Furcht entwickelt. Die Dunkelheit war gefährlich. Sie stellte ihren Sitz so ein, dass sie die Aufnahmen der Sicherheitskameras im Auge behielt, und erwartete jederzeit ein Klopfen an der Luke und eine Stimme, die über Megafon forderte, dass sie mit den Händen über dem Kopf den Frachter verlassen und sich ergeben sollte.
„Also, was denkst du, ist auf dem Chip?", fragte Mereel. „Namen, Orte, Codes?"
„Man sollte meinen, die würden sich Dinge einprägen, anstatt sie aufzuzeichnen." Jaing schüttelte den Kopf. „Die lernen's nie."
„Guter, alter Jaller", murmelte Prudii. „Aber der Tag wird bald kommen, an dem wir ihn auch raushauen müssen. Er wird erwischt werden."
Ordo blickte aus dem Seitenfenster. Die Cornucopia stand zu hoch über dem Boden, als dass irgendjemand in das Cockpit hätte sehen können. Außerdem hatte Ny dafür gesorgt, dass das Schiff von den Sicherheitskameras abgewandt stand. Die schienen sowieso nur symbolischen Wert zu haben. Niemand stellte auf diesem Gelände kostbare Schiffe oder Fracht ab. Man konnte viel zu leicht eindringen. Deswegen hatte sie sich diesen Platz ausgesucht.
„Gerade wenn man glaubt, die aruetiise wären alle gleich", meinte Ordo, „trifft man wieder einen, der sein Leben für einen aufs Spiel setzt."
Ny dachte mit einem mulmigen Gefühl im Magen darüber nach und für eine kurze Weile sah sie sich selbst von außerhalb: Eine verrückte alte Witwe mit einem ramponierten Schiff, die Staatsfeinde schmuggelte, sich mit einer Bande Attentäter und Diebe herumtrieb und versuchte, einen Diktator auszutricksen, der einen ganzen Planeten abmurkste, um seinen Standpunkt klarzustellen.
In ihrem Alter hätte sie Westen für Kad'ika stricken und ihm Geschichten erzählen sollen.
Aber verängstigt oder nicht - verrückt oder nicht - es gab ihr das Gefühl, dreißig Jahre jünger zu sein.
Kaserne der Spezialeinheiten, 501ste Legion, Imperial City
In Commander Melusars kleinem Büro herrschte eine tote, gedämpfte Stille, die Niner das Gefühl gab, ihm seien die Ohren zugefallen.
Die Wände hingen voller Flimsi-Bögen: Karten, Listen, Kalender. Eine einzige Schreibtischlampe und die Projektion einer Holokarte strahlten Melusars Gesicht von unten an, weshalb er wie eine Leiche aussah. Man konnte die lauernde Abkanzelung förmlich spüren. Schwarz auf weiß ohne Caf, wie Skirata es nannte, eine markige Könntet-BesseresIeisten-Ansprache vom KO. Niner hielt seinen Helm unter den Arm geklemmt, alle Systeme aktiv, und fragte sich, wie viel die Nulls wohl mithören konnten.
„Camas ist Ihr kommandierender Offizier gewesen, nicht wahr?", begann Melusar. Er schien allerdings nicht auf Abkanzelungsmodus geschaltet zu haben. „War sicher nicht leicht, ihm unter diesen Umständen zu begegnen."
Das konnte nur ein Test sein. Niner nahm sich fest vor, ihn lange genug zu bestehen, um zum Extraktionspunkt zu kommen. Melusar schien eigentlich ein ganz netter Kerl zu sein, aber Niner und Darman hatten jede Menge zu verbergen. Daher blieb jeder Vertreter Imperialer Autorität eine Bedrohung, solange nicht das Gegenteil bewiesen war.
Zwei von unserer alten Schwadron auf der Flucht Unser Sergeant und alle, die wir kennen - auf der Todesliste. Nicht einmal Zey hat uns vollkommen vertraut. Wieso sollte es Melusar tun?
„Es war uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, Sir", sagte Niner.
Melusar blickte von der Holokarte auf. Er bewegte mit einem Griffel virtuelle Markierungen hin und her, wobei jeder grüne Lichtpunkt den letzten bekannten Aufenthaltsort eines flüchtigen Jedi kennzeichnete. Die Anzahl der grünen Lichter schrumpfte. „Wie bitte?"
„Wir wurden nach Geonosis auf Eis gelegt und erst drei Monate nach Kriegsbeginn wiederbelebt", erklärte Niner. „Daher haben wir nicht viel von Camas zu sehen bekommen. Die meiste Zeit über war General Zey unser KO." Und dann musste er noch etwas hinzufügen, denn sonst würde Melusars Überprüfung keinen Sinn ergeben. Es sei denn, er wäre blöde - was er offensichtlich nicht war -oder er würde versuchen, ihnen eine Falle zu stellen. „Die meisten Truppen mussten ihre eigenen Jedi-Offiziere ausschalten, daher fiel es uns nicht schwerer als den anderen. Eigentlich sogar leichter, Sir. Camas feuerte auf uns."
Omega hatte die Order 66 natürlich nicht ausgeführt. Ihr Versuch, zu desertieren, hatte sie zu sehr beschäftigt. Niner verspürte eine scheußliche Übelkeit im Magen, wenn er daran dachte, wie sehr dies alles langsam zu einer Wiederholung jener schrecklichen Nacht mutierte.
„Es geht eben nur darum, die Arbeit zu erledigen, Sergeant", sagte Melusar. „Es geht darum, professionell zu sein. Und sie stehen immer noch hier, während andere es nicht tun."
Nur ein Zivi konnte die Order 66 in so einfache Begriffe wie unerschrockene Loyalität oder grausamen Verrat einteilen. Es war keines von beiden. Es war kompliziert. Es war derart kompliziert, dass man es nur dann vollständig begreifen konnte, wenn man mit dem Gewehr in der Hand vor Ort war und wenn alle Kameraden tot waren und man verstand, weshalb Befehle nicht optional waren. All das gestaltete sich kompliziert auf eine Art, die einem mitten in einer Krisensituation keine Zeit für Diskussionen oder Zweifel ließ.
Deswegen wurde exerziert. Deswegen gab es Befehle. Es ging darum, dass Situationen - und Soldaten - nicht außer Kontrolle gerieten, wenn es hart auf hart kam.
Es gab Klone, die ihre Jedi-Offiziere mochten, die sie hassten oder die sie nicht gut genug kannten, um sich eine Meinung zu bilden, und es gab Klone, die ganz und gar von dem Gefühl besessen waren, die Jedi würden einfach nur die Leben der Soldaten verheizen, um die Regierung zu stürzen. Aber die meisten von ihnen führten die Order aus und das aus einem einzigen Grund: Legitime Befehle konnte man nicht ignorieren, nur weil einem der Sinn danach stand. Die Armee war dazu da, die Anweisungen gewählter Regierungen zu erfüllen, nicht um über die Politik selbst zu entscheiden. Befehle erhielt man von jenen, die das Gesamtbild vor Augen hatten, während man es selbst nicht sehen konnte.
Aber wir haben nicht gespurt.
Das hat nichts mit moralischer Einstellung zu tun. Nur damit, fortzuwollen und nicht die beiden Ex-Jedi umzubringen, die alles für uns aufgegeben haben. Unsere Kumpel. Und Dars Frau.
Niner fühlte sich nicht wohl dabei. Ein Teil von ihm fragte sich, ob das Schicksal ihn nun bestrafte, weil er die anderen Schwadronen hängen gelassen hatte. Die hatten sich professionell verhalten, ob es ihnen nun die Herzen gebrochen hatte oder nicht, und Omega hatte es nicht getan.
Darman stand rechts von Niner und sagte nichts.
„Die Arbeit will erledigt sein", sagte Niner unverbindlich. Er konnte den Duft frischer Kräuter riechen, wie Tee, und den metallischen Geruch von Tinte oder Kopierflüssigkeit. „Keine Heldentaten. Nur die Arbeit."
„Nun, ich bin immer noch beeindruckt, dass Sie Camas gekriegt haben", schmeichelte Melusar.
„Ich hatte den Eindruck, er wollte gekriegt werden, Sir."
„Oh, der wäre abgehauen, wenn er es gekonnt hätte. Aber der Geheimdienst ist ziemlich sicher, dass der Ranger entkommen ist, möglicherweise mit ein paar Padawanen. Sie untersuchen immer noch die Schiffsbewegungen, die mit Ihrem Angriff zusammenfallen.
Die jüngsten Analysen deuten darauf hin, dass Kester Flüchtlinge von Planet zu Planet transportiert und dann zu ein paar Meistern - Altis oder Vamilad."
Niner spürte den Datenchip in der Tasche jucken. Er war so daran gewöhnt, mit Jedi-Offizieren zu tun zu haben, dass er erwartete, Melusar könne seine Täuschung spüren, aber Melusar war ein ganz normaler Mensch und das änderte die Sache.
Melusar tippte mit seinem Griffel auf die Tastatur der Holokarte. Ein weiteres grünes Licht schien blinkend zum Leben zu erwachen. „Wissen Sie, weshalb es so ein gelungener Streich war, Camas zu beseitigen, Niner? Weil jeder Jedi-Meister, den wir beseitigen, die Chancen mindert, dass sich der Jedi-Orden wieder neu formiert. Ohne die Meister beginnt der Kult auszusterben. Die kannten alle Tricks. Wenn sie sie nicht weitergeben können, sich nicht organisieren können - ist es vorbei. Schneide den Kopf ab und der Körper wird sterben."
Niner war sich da nicht so sicher. „Aber die Ritter sind auch ziemlich gerissen. Solange auch nur ein Jedi da draußen ist, gibt es genug Grundlagenwissen, um wieder Machtbegabte zu finden und auszubilden."
„Ganz genau." Melusar schaute Niner an und nickte dann lächelnd vor sich hin. „Sie sind alle ein Risiko."
Niner konnte nicht sagen, ob Melusar ihn auf die Probe stellte oder auf irgendeine Enthüllung abzielte. „Wir tun, was immer uns aufgetragen wird, Sir."
„Die Jedi haben jetzt nicht mehr die zahlenmäßige Stärke auf ihrer Seite, Niner. Selbst der Steuerzahler kommt nicht mehr für ihre Schiffe und Waffen auf. Sie werden sich für eine Weile verstecken und ihre Wunden lecken. Aber dann werden sie zwei Dinge tun müssen: andere Jedi kontaktieren, um sich neu zu formieren, und sich dann an gewöhnliche Wesen heranmachen, um einen Aufstand anzuzetteln. Sie brauchen eine Armee, die die Drecksarbeit für sie erledigt.
Sie werden Widerwillen erschnüffeln, wo immer sie ihn finden können, ihn gären lassen und auf ihm dahinfahren. Niemand, der sich so an Herrschaft gewöhnt hat, kann sie jemals wieder aufgeben."
Niner verstand das nur zu gut. Auf Qiilura hatten Zey und Etain die Einheimischen ausgebildet und organisiert, um die Besatzung der Separatisten zu bekämpfen, sie hatten es eine Widerstandsbewegung genannt. Als die Seps das Gleiche im Kampf gegen die Republik taten, nannte man es Verbreitung von Terror. Niner sah darin nur den Kampf mit allen verfügbaren Mitteln, obwohl er, wenn es so weit war, immer wusste, auf welcher Seite er stand.
Sie sind alle gleich schlimm. Wir sind nur das Fleisch, das zwischen ihnen zerhackt wird.
„Sir, ich verstehe nicht", sagte er. „Sind das neue Befehle? Sollen wir Jedi jagen, indem wir nach Brennpunkten möglicher Aufstände suchen?"
„Was wir in diesem Raum besprechen, wird nicht weitergetragen."
„Selbstverständlich, Sir."
„Nicht einmal an ihre Schwadronskameraden."
Das sorgte für Unwohlsein. Eine Schwadron teilte alles miteinander. Niner stimmte nie gern etwas zu, bevor er nicht wusste, was es war. Dennoch, in wenigen Stunden würde er desertieren, von daher waren es entweder Informationen, die ihm in seinem neuen Leben von Nutzen sein konnten oder irgendetwas, das er vergessen konnte, sobald Ny Vollens Schiff den Orbit verließ.
Darman sah einfach nur zu - und gab sich wahrscheinlich alle Mühe, nicht die Fassung zu verlieren, wie Niner annahm. Es konnte ihm nicht leichtfallen, einer beiläufigen Unterhaltung über die Order 66 zuzuhören.
Wusste Melusar davon? Wusste er von Etain, wer sie gewesen war, was mit ihr passiert war? Niner rätselte, wer in der Nähe gewesen war und davon erzählt haben könnte. Keine Klone, so viel war sicher, aber es waren eine Menge CSK-Cops da gewesen, und ganz gleich, wie verschwiegen sie unter Obrims Kommando waren, früher oder später redete jeder. „Verstanden, Sir."
„Sergeant, dieses Büro ist schalldicht und ich untersuche es jedes Mal, wenn ich die Tür aufmache, auf Überwachungsgeräte." Melusar war ein Mann nach Niners Fasson. „Das hier bleibt absolut zwischen Ihnen und mir."
Oha, er ist nervös. Oder er will uns ausquetschen.
„Klar, Sir."
„Ihre Schwadron stand General Jusik recht nahe, nicht wahr? Verraten Sie mir doch, wie Sie ihn einschätzen."
Niners Magen zog sich jetzt beinahe zu einem einzigen Knoten zusammen. Es war ihm nicht anzusehen, da war er sich sicher, denn in Tipoca City lernte man als Klon, wie man gegenüber den Kaminoanern ein ausdrucksloses Gesicht behält. Den gewöhnlichen Soldaten bewahrte es davor, generalüberholt zu werden. Für Commandos, die von ihren grimmigen Ausbildungssergeants beschützt wurden, war es nur eine Angewohnheit, aber immerhin eine nützliche.
„Hängt davon ab, was Sie meinen, Sir. Als Soldat?"
„Als Jedi."
„Er hat den Orden verlassen, Sir. Er schämte sich am Ende für ihn. Stritt mit den Meistern, sagte Zey, er hätte seine moralische Autorität verloren. Wollte kein Jedi mehr sein. Sollten Sie sich fragen, ob er Überlebende neu organisiert - nein, der nicht."
Es stimmte. Niner hoffte nur, er hätte es nicht mit zu viel Überzeugung gesagt.
„Reine Neugier. Ich hörte, er hätte ihnen den Rücken gekehrt, und solcher Macht den Rücken zu kehren, ist für die meisten Spezies sehr ungewöhnlich."
Melusar schien zurückzuschrauben. Niner befand sich inzwischen in höchster Alarmbereitschaft. „Vergessen Sie nicht, dass nicht alle Machtnutzer Jedi sind. Und es sind auch nicht alle von ihnen auf der Flucht. Manche befinden sich direkt unter uns und geben vor, auf unserer Seite zu sein. Aber das kaufe ich ihnen nicht ab. Die einzige Seite, auf die sie sich schlagen, ist ihre eigene."
Niner konzentrierte sich einfach nur auf die grünen Lichter der Holokarte, um nicht mit etwas herauszuplatzen, das er bereuen könnte. Meint er Vader? Weiß er über Palpatine Bescheid? Wenn ja - ist er ein toter Mann. Zu schade. Aber ich kann ihm jetzt nicht helfen.
Niner war sich schmerzlich des tickenden Chronos bewusst, der seine Flucht hinauszögerte, aber wenigstens würden die Nulls wissen, warum sich Darman und er verspäten könnten.
„Sie sind recht still, Sie beide."
Darman erwachte plötzlich zum Leben und Niner hätte sich vor Angst beinahe die Rüstung vollgemacht. Er wusste nicht, was als Nächstes aus Dars Mund zu hören sein würde. „Wir haben nicht viel zu sagen, Sir."
„Wissen Sie, warum ich Ihnen all das erzähle?"
„Nein, Sir."
„Weil ich ein paar Männer brauche, denen ich in schwierigen Zeiten vertrauen kann." Melusars Untertreibungen erinnerten Niner beinahe an Vau. „Ich zweifle nicht die Loyalität und Disziplin irgendeines Trupplers an, aber manchmal müssen wir Dinge tun, ohne dass der Geheimdienst es bemerkt. Und nach allem, was ich in den letzten ein, zwei Jahren gehört habe - sind Sie die Richtigen. Sie hatten in Skirata einen sehr unabhängigen Sergeant. Sie waren absolut loyal gegenüber ihm und der Großen Armee. Durch irgendeinen seltsamen Vorgang sind all Ihre Republik-Akten, Helm-Protokolle und alles andere, was mit ihrem Dienst in Verbindung steht, aus dem Verteidigungshauptcomputer verschwunden." Melusar machte eine Pause. „Ich weiß genug über Sie aus dem Krieg. Sie sind nicht desertiert, als sie zusammen mit den anderen die Möglichkeit dazu hatten, und Sie haben auch nicht Skirata verraten. Das kann nicht leicht sein."
Melusar hatte ja keine Ahnung, wie nicht leicht das war. Niner schämte sich furchtbar, während er kurz davor war, sich eine Entschuldigung für sein Fortgehen auszudenken. Desertieren. Er wurde das Gefühl immer noch nicht los, dies könnte eine Falle sein. Andererseits ging Melusar ein großes Risiko ein, indem er ihnen anvertraute, dass er vorhatte, den Geheimdienst zu umgehen. Dies war sein erster Tag als ihr Chef. Er glaubte offensichtlich nicht ans Herumhocken.
„Was verlangen Sie von uns, Sir?", fragte Niner. Er musste dieses Theater höchstens noch ein oder zwei Stunden spielen. „Sie brauchen es nur zu sagen."
„Ich bin nicht davon überzeugt, dass der Geheimdienst frei von Machtnutzern ist. Sie glauben, wir normalen Leute würden es nicht merken, aber für gewöhnlich erkenne ich sie. Also ... manchmal werde ich Ihnen ohne deren Wissen Aufgaben zuteilen müssen, denn die können niemals auf der Seite des Durchschnittsbürgers stehen. Die werden versuchen, noch mehr von ihrer machtnutzenden Art zu rekrutieren. Zumindest lese ich das aus ihrer Aufforderung heraus, die rangniedrigsten Jedi und kleinen Fische lebend zurückzubringen." Melusar strotzte vor Verachtung. „Ich persönlich würde das Sicherheitsbudget ja für mehr Akk-Hunde ausgeben."
Alles beim Alten. Omega und die Nulls hatten den gesamten Krieg damit zugebracht, Dinge vor dem Geheimdienst zu verbergen und vor dem Führungsstab ebenfalls. Und es war dabei nicht darum gegangen, dass es Machtnutzer waren.
Aber Melusar hatte es wirklich auf jeden mit Machtkräften abgesehen. Niner fragte sich, was mit ihm passiert war, das ihn zu einem solchen Fanatiker gemacht hatte. Seine Argumente ergaben Sinn, aber er meinte dieses Misstrauen und diese Abneigung wirklich mit jeder Zelle seines Körpers. Es troff förmlich aus ihm heraus.
„Ist Ihnen dabei wohl?", fragte Melusar ruhig.
„Wir verstehen das vollkommen, Sir", sagte Darman, noch bevor Niner antworten konnte.
„Ausgezeichnet." Melusar schien wirklich erleichtert. „Zu schade, dass wir nicht diesen charakterfesten General Jusik im Stab haben. Ein Machtnutzer, der kein Interesse an Einfluss hat, könnte sehr nützlich sein."
Niner hoffte, dass Ordo das mitbekam. Diese Bemerkung hätte alles bedeuten können. Es konnte ein indirektes Angebot an Jusik sein, das Bard'ika - natürlich - niemals angenommen hätte. Es konnte auch eine Falle sein. Niner fing an, alles an dieser Welt zu verabscheuen, weil er gezwungen war, an jedem Wort zu zweifeln, das an ihn gerichtet war. Er wollte in einer Welt leben, in der Hallo einfach nur Hallo bedeutete.
Aber er musste seine Chance nutzen. Gerade eben schien der Zeitpunkt dafür günstig. „Sir", sagte er, „während des Krieges ließen uns unsere Kommandanten in die Stadt gehen, wenn wir keinen Dienst hatten. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir das tun würden? Es ist nicht einmal in den Vorschriften vermerkt, also ..."
Melusar klopfte Niner auf die Schulter, als hätte ihn sein Gewissen gezwickt. „Natürlich, Sergeant. Ein Mann muss sich auch mal entspannen und von Zeit zu Zeit ein Ale trinken dürfen. Tut der Seele gut. Vielleicht nehmen Sie ja Rede mit. Ich sorge mich um diese jungen Burschen."
Niner musste raus, sofort, bevor er sich noch tiefer hineinritt. „Danke sehr, Sir."
„Wegtreten. Und machen Sie sich nicht so viele Sorgen. Sie sind immer noch die gleichen Soldaten, die sie waren, und jedermann respektiert das."
Darman passte sich Niners hastiger Flucht den Korridor hinunter an und ging, so schnell es ihm möglich war, ohne in Laufschritt auszubrechen.
„Der hat's ja echt mit Machtnutzern", sagte Darman.
„Kann man ihm 'nen Vorwurf draus machen?"
„Nö." Darman schien im Gehen über etwas nachzudenken. Er starrte auf einen Punkt ein paar Meter vor ihnen. „Aber sie sind alle gleich, oder? Jedi, Sith - was die meisten Leute betrifft, ist es völlig egal, wer das Sagen hat. Die Machtnutzer schmeißen den Laden, zumindest hinter den Kulissen, aber niemals wir."
„Meinst du, die Jedi hätten die Republik geführt?"
„Du hast gesagt, es war ein Sith gewesen. Die Jedi waren die Gesetzesvollstrecker- sogar noch vor Palpi."
„Ist jetzt auch egal."
„Ja, wahrscheinlich ja."
„Bist du okay?"
„Nein, ich hab 'ne Wahnsinnsangst. Die Galaxis geht drauf." Dars Stimme wurde leiser, als sie sich dem Vorraum zur Messe näherten. „Mein Kind. Was wird aus meinem Kind? Du hast gehört, was Holy Roly gesagt hat. Er kann nicht mal dem Geheimdienst vertrauen. Wir haben ein verkommenes Regime gegen ein anderes getauscht."
„Willkommen in der realen Welt", bemerkte Niner. „Aber es gibt immer eine Tür mit dem Schild AUSGANG."
Sie brauchten nichts mit sich zu nehmen. Sie besaßen sowieso nichts von Wert. Niner musste nur seinen Helm bei sich haben, um Kontakt zum Schiff zu halten.
Als sie in ihr Schwadronszimmer kamen, war Rede gerade damit beschäftigt, seine Stiefel zu putzen. Er schaute mit großen Augen hoch. Nein, die Wissenschaft konnte diesen Spaarti-Klonen innerhalb eines Jahres unmöglich genug einpauken. Armer Junge - sie ließen ihn im Stich, gerade als er sie am meisten brauchte. Ennen war nicht da.
„Werden Sie mir ein paar Techniken mit der Vibroklinge zeigen, Sarge?", fragte Rede. „Ich lerne schnell."
„Morgen", erwiderte Niner. Erfühlte sich schrecklich. Jetzt musste er rundherum lügen. „Wir machen nur 'ne kleine Aufklärung durch die Stadt. Nach ein paar alten Kumpels sehen. Wir sind vor dem Ausschalten der Lichter zurück."
Rede runzelte leicht die Stirn, fuhr aber mit dem Putzen fort. Wirklich verrückt war die Tatsache, dass er sich direkt vor Niners Augen zu verändern schien. Er lernte tatsächlich von einem Augenblick zum nächsten. Im Verlauf eines Tages übernahm er Angewohnheiten und Gesten. Ganz gleich, welche Versuche die medizinische Wissenschaft anstellte, um die Entwicklung menschlicher Wesen zu beschleunigen, diese Menschen mussten trotzdem noch den Prozess durchlaufen, von den Erwachsenen um sie herum zu lernen, um sich dann in die Sippschaft einzufügen. Rede tat es einfach schneller als ein Kamino-Klon.
Und wir taten es schneller als die Mischlinge.
„Bis später", sagte Darman. Er wirkte ziemlich überzeugend.
Niner setzte seinen Helm wieder auf, als sie durch die Vordertüren hindurch und auf das Haupttor zu gingen. Dahinter lag das, was einst Galactic City gewesen war und heute Imperial City hieß. Niner hätte die Male, an denen er hinaus in diese zivile Welt gegangen war, wahrscheinlich an einer Hand abzählen können.
Er aktivierte die gesicherte Comm-Leitung. „Ordo? Bist du auf Empfang? Wir sind unterwegs."
„Nette Ausrede übrigens." Ordo klang entspannt. „Wir haben das meiste von dieser gemütlichen Plauderei mitgehört. Was für ein leutseliger Typ, dieser Holy Roly."
„Der ist verrückt", sagte Niner. „Der wird noch seine eigene Privatarmee anführen."
Jaing unterbrach sie. „Ich muss sagen, ich bin schockiert. Wer würde seine Kommandoprivilegien so schamlos ausnutzen? Und ratet mal, was - seine Familie stammt von Dromund Kaas. Den findest du nie in deiner Datenbank, ner vod, denn der war nicht mal in den Karten der Republik verzeichnet. Der Planet wird von irgendwelchen Spinnern der Dunklen Seite regiert, die sich Propheten nennen. Die passen drauf auf, dass ihre Prophezeiungen von Finsternis und Verderben wahr werden. Also, ich bin zwar kein Psychologe, aber zwischen den Schwertschwingern und diesen verrückten Mönchen kann ich mir, glaube ich, vorstellen, was für die fiese Einstellung deines Chefs gegenüber unseren paranormal begabten Freunden gesorgt hat."
„Zu schade, dass er auf der falschen Seite steht", meinte Ordo. „Kal'buir würde ihn mögen."
„Kal'buir wird nie Gelegenheit dazu haben." Niner beschleunigte seine Schritte, als sie die Sicherheitstore passierten. „Wir kommen heim, vode."
„Oya manda", sagte Mereel zustimmend. „Ich hoffe, ihr beiden habt nichts dagegen, euch in einem Wassertank zu verstecken, während wir abhauen."
Sie gingen nach Mandalore. Niner erinnerte sich nur selten daran, aufgeregt gewesen zu sein, aber das hier war anders als alles, was er bisher erlebt hatte. Es war der Sprung in ein neues Leben, eines, das er sich nicht einmal ansatzweise vorstellen konnte. Allein schon dieses NichtWissen sorgte für einen ungeheuren Nervenkitzel. Erfand das seltsam für einen Mann, der den Spitznamen Sorgenkopf trug.
Er würde die Farmarbeit ausprobieren. Fischen. Die Kopfgeldjagd, falls ihn das Landleben langweilte. Und er würde ein nettes Mädchen treffen, genau wie Fi.
Fi. Er hatte seinen Bruder seit fast zwei Jahren nicht gesehen.
Und Darman - Niner fragte nicht, weil es gar nicht nötig war. Dar wäre wieder mit seinem Sohn vereint.
„Was hatte Ordo zu sagen?", fragte Darman. Er war von der gesicherten Verbindung ausgeschlossen, aber er konnte erraten, dass Niner mit den Nulls sprach. „Ist alles in Ordnung?"
„Alles läuft bestens", sagte Niner und bedauerte, dass er nie dazu kommen würde, Holy Roly zu fragen, was bei ihm zu Hause passiert war, um ihn so zu verbittern, dass er den machtnutzenden Geheimdienstagenten die Stirn bot. „Bald zu Hause."