4.
Ruu geht's gut, Sohn. Wir haben sie gefunden. Du wirst für eine Weile nicht wieder von ihr hören oder von mir. Und ich kann dir auch nicht sagen, wo wir sind. Pass auf dich auf. Sag ljaat, es tut mir leid, dass ich nie mit ihm reden konnte. Es ist sicherer für euch beide, wenn ihr nicht versucht, mich wieder zu kontaktieren.
- Kal Skirata, in einer nicht zurückverfolgbaren Nachricht an seine entfremdeten Söhne, um sie über das Suchergebnis nach ihrer Schwester aufzuklären
Jedi-Meister waren bei Sichtkontakt zu erschießen und Darman war überrascht, wie wenig ihn das scherte. Er schaltete sein Gewehr auf tödliche Ladung, gerade als Camas - ein Mann, den er kannte, ein Mann, der sein Chef gewesen war - hoch in die Luft sprang und unwirklich grün in Darmans Nachtsichtfilter auf ihn hinunterkrachte.
Wenn Ennen nicht für diesen Bruchteil einer Sekunde an der richtigen Stelle gestanden und dem General seinen Deeze direkt ins Gesicht gedrückt hätte, bevor er sein Gleichgewicht wiederfand, hätte das Lichtschwert ihm den Kopf abgeschlagen, da war sich Darman sicher. Niner wurde von einem Machtstoß gegen die Wand geschleudert. Camas wehrte Brys Hagel aus Blasterfeuer ab und stürzte hinaus auf den Korridor.
Nelis' Stimme meldete sich über den Comm-Kanal. „Vier-Null, was zum Stang ist los? Wir kommen rein!"
„Bleibt draußen", bellte Niner. „Es ist ein shabla Jedi."
Darman hoffte, die Cops besäßen genügend Vernunft, das Feuer nicht zu eröffnen, solange sie nicht wussten, wer als Nächstes aus der Tür kam. Beinahe hätte er Bry umgestoßen, auf seiner Jagd, als Erster an Camas ranzukommen. Camas Stiefel stampften über Bodendielen -nicht aus dem Gebäude hinaus, sondern in ein anderes Zimmer.
Wahnsinnig. Wieso nicht flüchten?
Vielleicht wusste Camas, wie viele Polizei-Blaster da draußen auf ihn warteten. Nicht einmal ein Jedi-Meister konnte einen Blitzhagel aus allen Richtungen abwehren. Sie waren alles andere als untötbar.
„Falle!", rief Niner. „Der shabuir spielt mit uns. Bringen wir das zu Ende." „Was für eine Falle?"
„Weiß nicht, aber Camas gerät nicht in Panik."
Darman rechnete fast damit, dass Niner - guter, alter, treuer Niner - Probleme damit hatte, Camas zu erschießen. Hatte er nicht. Er schoss die Tür zum Vorderzimmer aus ihren Angeln und jagte eine Salve durch den Raum. Weiße Blitze knallten zu ihm zurück. Auch Camas kannte sich mit Blastem aus.
Darman kniete sich hin, als Schüsse über seinen Kopf hinwegfegten, aber Ennen stand genau hinter ihm und blieb stehen. Zwei Schüsse krachten in seinen Visor. Ennen ging zu Boden. Bry war nirgends zu sehen. Darman drehte sich um, damit er Ennen aus der Schusslinie zerren und nach ihm sehen konnte, während Niner Camas mit Blas-terfeuer festnagelte.
Wieso benutzt Camas einen Blaster?
Für gewöhnlich taten Jedi das nicht. Sie verließen sich auf ihre Lichtschwerter, dumm und eingebildet.
„Ennen? Ennen!" Darman nahm dem Mann den Helm ab. Er lebte, war aber für einen Moment benommen. „Alles klar?"
Ennen rappelte sich auf die Knie und schnappte sich seinen Helm. Er schien trotz des Schadens zu funktionieren. „Wo ist Bry?"
„Schneidet ihm den Weg zum Durchgang ab", meldete sich Brys Stimme. „Ich komme durchs Vorderfenster rein."
Niner duckte sich neben die Tür, um nachzuladen. „Was ist das für ein Geruch?"
„Ich glaube, es ist -"
Darman packte ein Adrenalinstoß. Er hatte schon so viele Nahkampfgefechte ausgetragen, dass ihm das hier herrlich befreiend vorkam - keine Vorsicht, kein Schnappt-ihn-lebend, keine hochtrabenden Einsatzregeln, nur töten oder getötet werden. Er rückte hinter Niner in den Raum vor und sah, wie Camas mit einem Machtstoß ein Loch durch die Wand zur Küche brach. Bry schwang sich durch das Fenster und ballerte auf Camas, während der Jedi über einen Haufen Schutt kletterte. Er stieß mit der Vib-roklinge seines Kampfschuhs kräftig zu, aber sie glitt am Rücken des Generals ab, als ob sie auf eine Panzerplatte gestoßen wäre.
Wieso flieht Camas nicht? Warum bewegt er sich im Kreis?
„Gas", sagte Niner. „Shab, das ist Gas."
Mit Bio-Gas hatten sie nicht häufig zu tun. Sie brauchten ein paar Sekunden zu lange, um zwei und zwei zusammenzuzählen. Camas stieß sein Lichtschwert in Brys Brustpanzer und schmetterte ihn dann mit einem gewaltigen Machtstoß durch die Hauswand.
Darman blieb keine Zeit, etwas anderes zu denken als Camas aufhalten. Der Jedi war durch das Loch in der Wand geschlüpft und plötzlich sah Darman, weshalb er so darauf aus gewesen war, zurück in die Küche zu kommen: Der General stand beim Herd, für einen Augenblick erstarrt, als sei etwas nicht nach Plan verlaufen. Dann riss er mithilfe der Macht die Rohre aus der Wand. Darman hörte das laute Zischen von ausströmendem Gas.
„Sieht aus, als hätte ich das zeitlich ganz schlecht abgestimmt, was?", sagte Camas.
Er hob sein Lichtschwert und Darman feuerte. Das war das Letzte, was er hätte tun sollen, dennoch geschah es aus reinem Reflex. Er konnte seinen Körper nicht davon abhalten, zu reagieren. Aus dem geborstenen Rohr schoss eine Stichflamme wie ein Flammenwerfer durch den Raum. Camas duckte sich. Er versuchte nicht, fortzurennen. Darman kam der flüchtige und zeitverschwenderische Gedanke, der alte chakaar hätte noch einen Trumpf im Ärmel. Aber ihn trieb der Reflex, zu kämpfen, und von Vergeltung so sehr, dass er sogar dann noch weiter aus kürzester Nähe auf Camas feuerte, als Niner ihn packte und versuchte, ihn fortzuzerren. Der gesamte Raum stand jetzt in Flammen. Die Plastoidoberflächen begannen zu schmelzen und Holz und Vorhänge loderten.
„Dar! Raus!"
Darman stieß Niner von sich fort. „Ich lasse ihn nicht entkommen."
„Er versucht es gar nicht, Dar. Raus - jetzt!"
„Wir werden alle sterben!", schrie Camas mit dem Lichtschwert in einer Hand und dem Blaster in der anderen. „Aber ich hatte gehofft, es würden mehr von euch kommen und mit mir sterben ... "
Darman fiel ein, dass sich keiner von ihnen vor Camas als dessen alter Commando-Kader zu erkennen gegeben hatte. Er fragte sich, ob es irgendeinen Unterschied gemacht hätte, hätten sie es getan.
Camas ließ seinen Blaster fallen und stand breitbeinig da, während er seine Hand hinunter zum Boden streckte, als wollte er an einer unsichtbaren Falltür ziehen.
„Lauft!", brüllte Niner.
Er packte Darman am Gurt von dessen Tornister und riss ihn mit solcher Wucht fort, dass Darman glaubte, er würde rückwärts rennen. Ihm fehlte jede Erinnerung daran, wie er draußen vor der Tür gelandet war. Er wusste nur, dass Niner ihn hochgezogen hatte, nachdem er gestolpert war. Gerade noch starrte er in die Flammen, die aus einem Seitenfenster züngelten, und im nächsten Augenblick blendete ihn für eine Sekunde ein explodierender Feuerball.
„Das ist die Hauptleitung", stellte Lieutenant Nelis fest. „Jemand muss das Ding abdrehen. Hey, Berila - ruf die Gasfirma an. Die sollen die Hauptleitung abdrehen!"
Um Darman herum herrschte Chaos. Das Gebäude brannte kontinuierlich, das Dach fehlte, rote und blaue Lichter flackerten. Überall verteilt standen Sanitätsgleiter, eine Feuerwehrmannschaft, hektische Cops und ein paar Nachbarn, die entsetzt zuschauten. Und dort war Ennen -Ennen, der neben Bry kniete und mit beiden Händen dessen Brust drückte, bis ein ziviler Sani kam und ihn fortzog. Ennen ging ein paar Schritte zur Seite und rannte wieder zurück. Darman wusste jedoch, wie zu spät aussieht.
„Es wird nicht noch mal hochgehen", sagte Niner gelassen. Er schien sich auf etwas vorzubereiten, wippte auf einem Absatz vor und zurück, als wolle er gleich losrennen. So war es auch. „Der Computer muss da raus."
Darman überkam eine tief verwurzelte, animalische Furcht bei dem Gedanken, in die Flammen zurückzugehen. Er war standhaft geblieben, als das Feuer um ihn herum ausgebrochen war. Aber durch die Flammen hindurchzulaufen, war trotz der hitzeresistenten Rüstung irgendwie etwas ganz anderes. Seine animalischen Instinkte sagten „Nein". Er kannte das Gefühl, in Flammenmeeren zu braten, und es führte ihn so nah an blinde Panik heran, wie es näher nicht ging.
„Ansonsten wäre es umsonst", sagte Niner. „Bry ist tot, Niner, Bry ist tot-" „Umsonst."
Er rannte zurück in das brennende Haus. Darman wollte ihm schon folgen, doch da lag Bry am Boden, Ennen ging auf und ab, kurz davor, die Fassung zu verlieren, und die Neun Höllen von Corellia tobten und für ein paar Sekunden wusste Darman nicht, wo er am dringendsten gebraucht wurde. Niner. Er ist es, der mich braucht.
Darman atmete tief ein und rannte ihm nach. Wenn er nicht nachdachte, würde es gehen. Er würde die Hitze nicht spüren - für gut und gerne dreißig Minuten - und seine Panzerung würde ihn vor herabfallendem Schutt schützen. Aber er hatte trotzdem Angst. Seine Eingeweide gefroren.
„Du gehorchst nie." Niner tastete in dem Nebel aus Flammen und geschwärzten Trümmern nach dem Computer. Die Unterhaltung wirkte seltsam surreal und das Gefühl verschlimmerte sich, als Darman fand, was von Iri Camas übrig war. Die Explosion hatte das Lichtschwert des Generals in die gegenüberliegende Wand gerammt. „Ich sagte, bleib, wo du bist."
„Nur für den Fall, dass du Schwierigkeiten bekommst", entgegnete Darman.
Er hatte Niner an der Shinarcan Brücke nicht alleingelassen und er würde ihn auch hier nicht alleinlassen.
„Da, das ist er." Niner stemmte ein brennendes Bord von etwas hoch, das einmal ein Tisch gewesen war. „Er ist mit der Arbeitsplatte verschmolzen."
Flammen züngelten an den Überresten der Deckenbalken entlang, während das brennende Gas ausströmte wie ein überdimensionaler Schweißbrenner. Schmelzende Küchenregale tropften auf den Boden. Der Computerschirm war eingeschlagen und sein Stecker war mit dem An-schluss in der Wand verschmolzen, aber sie brauchten nur die Basiseinheit. Niner riss das Kabel heraus.
„Hauen wir ab!", rief er. Als sie sich zur Tür aufmachten, zog Darman den Griff des Lichtschwertes aus der Wand und stellte dabei fest, dass sein Kampfhandschuh klebrig von nahezu flüssigem Plastoid war. Die schmelzenden Bodenfliesen hafteten an ihren Stiefeln wie Klebstoff. Als er schließlich nach draußen stolperte, lief er in eine Wand aus Wasserstrahlen. Feuerwehrleute waren angerückt.
„Idioten." Einer der Feuerwehrleute blieb stehen, um sie zurechtzuweisen. „Ratet mal, wer da hätte reingehen und eure traurigen Ärsche retten müssen, wenn die Nummer schiefgelaufen wäre."
„Ja, ist es aber nicht", entgegnete Darman, ohne jeden Dank für die Aussicht auf Rettung. Er musste nicht gerettet werden. Commandos passten aufeinander auf. Bry hatte die Brüderschaft jedoch nicht retten können. „Deswegen sind wir hier."
Niner hielt noch immer den ramponierten Computer in beiden Armen. Er konnte ihn nicht absetzen, weil das Plas-toid an seinem Panzer klebte. „Komm schon. Lass uns von hier abhauen."
Der verbissene Einsatz seiner Vibroklinge war nötig, damit Darman das geschmolzene Material von Niners Rüstungsplatten losbekam. In Wahrheit waren sie deshalb nicht gekommen. Sie waren wegen Ranger Kester hier und hatten stattdessen General Camas und einen Computer gefunden. Außerdem hatten sie einen Mann dabei verloren.
Simple Polizeiarbeit Na klar. Ich und meine große Klappe.
„Tut mir leid wegen eures Kumpels", sagte Nelis. „Grade wenn man glaubt, der Krieg sei vorbei. Eine Schande."
Zum Glück hatte er es außer Hörweite von Ennen gesagt. Kein Soldat musste darauf hingewiesen werden. Kameraden zu verlieren, war schlimm genug, aber es lag noch etwas viel Schlimmeres darin, sie am Rand des Gefechts zu verlieren. Die Grausamkeit des Schicksals, die einen in dem Glauben wiegte, man hätte das Schlimmste heil überstanden, ohne zu wissen, dass es hinter der nächsten Ecke herumtrödelte und nur zu spät zu seiner Verabredung kam.
Niner schaltete zurück auf Sergeant-Modus. Er ging zu Ennen, der neben einem Sanitätsgleiter stand und mit der Stirn an der Durastahlseite des Fahrzeugs lehnte. Darman streckte die Hand aus, um sie dem Kerl auf die Schulter zu legen. Aber Ennen schüttelte sie ab und ging davon. Darman konnte Brys Leiche nirgends sehen. Er hielt einen Sani an, der gerade vorbeiging. Wahrscheinlich war hier die Gesamtheit von Chelporis Notfallmannschaften versammelt. Es war ein kleiner Ort.
„Wo ist unser Kumpel?", fragte Darman. „Was habt ihr mit seiner Leiche gemacht?"
Der Sani zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. „Einer der Beamten sucht nach einem Leichensack. Wird nicht lange dauern."
Niemand verlor ein Wort über die Zerstörung ringsum. Vielleicht hatten sie Angst, sich mit dem Imperium anzulegen oder zumindest mit schwer gepanzerten und bewaffneten Commandos. Die Häuser neben Kesters Basis - und wo war Kester überhaupt? - waren, bis auf die Fenster, noch intakt. Die Explosion schien mehr nach oben als zu den Seiten gelenkt worden zu sein. Die Gasarbeiter aus den Häusern standen draußen und glotzten, als könnten sie nicht glauben, dass die gesamte Häuserzeile mit ihnen darin demoliert worden war.
Darman wagte einen neuen Versuch bei Ennen. Es fiel schwerer bei einem Kerl, den man nicht sonderlich mochte. Freunde und Brüder- eine instinktive Angelegenheit Darman rang nach den richtigen Worten. Er hatte Brüder verloren und er hatte seine Frau verloren. Er war sich nur nicht sicher, ob es eine gute Idee wäre, Ennen zu erzählen, dass auch er mit angesehen hatte, wie jemand, der ihm viel bedeutete, von einem Lichtschwert niedergestreckt worden war, und dass er es nur zu gut nachvollziehen konnte.
Ennen sah ihn finster an, während er seinen Helm ein ums andere Mal zwischen seinen Händen herumdrehte. Darman fragte sich, was sie mit der Leiche tun würden. Beerdigungen waren für die meisten Klone, die im Einsatz getötet wurden, keine Option und Mandalorianer hatten mit Friedhöfen und Denkmälern im Allgemeinen nicht viel zu schaffen. Ein Stück Rüstung als Erinnerung, das war alles.
Aber Ennen und Bry waren von einem corellianischen Sergeant ausgebildet worden. Man sah es. Ihre Haltung war corellianisch. Sie hätten sich nahtlos in irgendeine corellianische Stadt eingliedern können.
„Einäscherung", sagte Ennen. „Es ist mir egal, wie wir es machen, aber ich will, dass er eine ordentliche Einäscherung bekommt."
Es erschien wie ein unschönes Gegenstück zu dem brennenden Haus hinter ihnen. „Das bekommen wir hin."
„Genau, zur Hölle mit den Vorschriften. Ganz gleich, wie die jetzt lauten." Ennen wischte sich die Nase im rußverschmierten Gesicht mit dem Rücken seines Panzerhandschuhs. „Jedi. Auch noch unser eigener General. Meinst du, er hat gewusst, dass wir es sind?"
Es gab so wenig Commandos im Vergleich zur Hauptarmee - weniger als fünftausend nach Geonosis und inzwischen vielleicht drei-oder viertausend -, dass die Annahme, Camas würde seine Männer auch nach Zeys Übernahme noch kennen, plausibel erschien. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach hatte er kaum mehr als ein paar Hundert vom Sehen her gekannt und abgesehen davon wusste Darman nicht, ob der General sie hatte auseinanderhalten können, wie es Etain oder Jusik oder Zey möglich gewesen war. Wahrscheinlich waren sie nur Nummern, Fremde. Camas konnte sie nicht alle gekannt haben. Darman wusste nicht, ob das die Sache noch schmerzhafter machte oder nicht.
„Wen schert's?", sagte Darman. „Camas spielt keine Rolle mehr. Auch sonst keiner von ihnen."
„Hast du ihn umgebracht oder Niner?"
„Camas? Eigentlich weder noch. Er wurde auf der Stelle gebraten, als mein Deeze das Gas entzündet hat." „Das reicht mir", sagte Ennen. „Danke."
Sie überließen Lieutenant Nelis und die Notfallmannschaffen ihren Aufgaben. Ennen und Darman trugen Brys Leichnam zurück zur Fähre und Ennen übernahm das Steuer. Darman und Niner saßen hinter ihm in der Mannschaftskabine, retteten, was von dem Computer noch zu retten war, und versuchten nicht über Bry und die Beziehung, die sie nicht zu ihm aufgebaut hatten, nachzudenken. Darman konnte es alles aus Niners Gesicht ablesen, als der seinen Helm abnahm.
„Also, was war da los?", fragte Darman. „Kisten. Kein Kester. Camas, der verschlüsselte Übertragungen sendet." „Fluchtweg."
„Schon, das weiß ich ja, aber..."
„Mal schauen, ob ich aus dem Ding irgendwelche Hinweise bekomme."
Niner schnitzte eine Ewigkeit das Plastoid ab und schaffte es schließlich, ein paar Schaltplatten herauszuziehen. Der Datenchip steckte noch in einer von ihnen.
„Warum nicht gleich nachsehen", überlegte er laut. Er zog den Chip heraus und steckte ihn in sein eigenes Data-pad. „Atin hätte das alles längst aussortiert."
Als Niner den Chipleser herumdrehte, um Darman den kleinen Bildschirm zu zeigen, war darauf nichts zu sehen. Camas musste ihn gelöscht haben, bevor er sich seinem letzten Gefecht gestellt hatte, das nach wie vor den dümmsten Tod darstellte, den Darman sich vorstellen konnte.
Aber wir würden uns auch nicht lebend schnappen lassen, oder?
Camas hätte sich mehr Mühe geben können, zu entkommen. Gut, er war nicht Jusik oder Kenobi und er hatte vor dem Krieg zu lange auf seinem Hintern gesessen, aber er schien entschlossen gewesen zu sein, nicht von der Stelle zu weichen.
„Ich glaube, es war ein Köder", vermutete Darman schließlich. „Ich glaube, er hat uns, so lange er konnte, auf Trab gehalten, während irgendetwas anderes vor sich ging."
„Eine Schande, dass uns das Teil nicht verrät, was." Ni-ner zog den Chip heraus und starrte ihn an, als könnte ihn sein Stirnrunzeln neu starten und die Daten wiederherstellen. „Aber wer weiß? Jaing hat immer gesagt, es wäre enorm schwierig, Daten vollkommen zu löschen. Vielleicht bekommt ja doch noch jemand etwas aus diesem Ding raus."
Falls sich irgendetwas Wiederherstellbares auf dem Chip befand, würde man es den Commandos wahrscheinlich nie mitteilen. Darman wusste das. Selbst als Skirata noch involviert war, hatte man ihnen nicht alles erzählt.
Vor allem konnte er den Gedanken nicht ertragen, dass Bry gestorben war, nur um einen Jedi auszuschalten, und sei es ein Meister und General wie Camas. Er wollte, dass der Chip der Schlüssel zu einem Dissidenten-Netzwerk darstellte. Er wollte, dass er ausschlaggebend war.
Darman plagten Schuldgefühle. Immerhin hatte er Bry eine schwere Zeit bereitet und nun war es zu spät, um sich mit ihm anzufreunden.
Kyrimorut, Mandalore; Woche sechs des neuen Imperiums
Von den eisüberzogenen Bäumen um Kyrimorut fiel ein zögerlicher, steter Regen auf den Boden. Die ersten Anzeichen dafür, dass die Schneeschmelze einsetzte.
Jusik stand am Fenster und lauschte dem entfernten Plätschern des Wassers in den Fallrohren und Abflussgräben. Die Welt draußen sah immer noch steif gefroren aus, doch der Frühling nahte. Er konnte es riechen. Er spürte, wie das Leben unter der Erde darauf wartete, zu erwachen. Ein wundervolles Gefühl der Hoffnung und Vorfreude, das er auf Coruscant nie wahrgenommen hatte, lag in der Luft. Die globale Stadt erstickte an Permabeton und ihr künstlich kontrolliertes Wetter ließ so gut wie keinen Platz mehr für Wildnis, die in Verbindung zum natürlichen Kreislauf der Jahreszeiten stand.
Ich liebe es. Ich fühle mich lebendig. Ist es so in der Welt, in der
ich geboren wurde? Ich erinnere mich nicht Aber es fühlt sich an wie zu Hause.
Kad schien es ebenfalls zu spüren. Jusik trug ihn auf einer Hüfte und er starrte mit großen Augen durch den Transparistahl hinaus auf die tropfenden Pflanzen im Hof. Gelegentlich zeigte er mit dem Finger und rief: „Riesen! Riesch!" Jusik brauchte eine Weile, bis er darauf kam, dass er ein neues Wort gelernt hatte - piryc, nass - und davon noch nicht mehr als die letzte Silbe sprechen konnte.
„Es ist nass, weil es taut, Kad'ika", erklärte Jusik. „Es wird wärmer. Bald kannst du draußen spielen. Das wird schön, nicht?"
Niemand nannte das Kind noch Venku. Obwohl Darman von der Existenz des Babys länger als ein Jahr nach dessen Geburt nichts gewusst hatte, hatte ihm Kad besser gefallen und dabei war es geblieben. Es war Dars Junge; Jusik ermahnte sich dessen jeden Tag erneut. Er war nur eine Person aus einer ganzen Armee von Pflegeeltern, die auf Kad aufpasste, bis sein Vater wieder nach Hause kam, und die Tatsache, dass er durch die Macht eine besondere Bindung zu ihm besaß, gewährte ihm keinerlei Privilegien.
Er ist nicht mein Sohn. Ich darf ihm nicht mehr bedeuten als sein Vater, nur weil ich immer da bin und Darman nicht.
Es entsprach nicht der Mando-Art, diese Fixierung auf biologische Elternschaft. Jeder Mando'ad hatte die Pflicht, sich um die Kinder des Clans zu kümmern, und die Vergangenheit eines Kindes - oder sogar eines Erwachsenen -wurde durch Adoption ausgelöscht. Dennoch fühlte sich Jusik jedes Mal wie ein Eindringling, wenn er Kontakt mit Kad hatte und ihn in der Macht spürte.
„Hey, Kad'ika, sieh mal, was ich hier habe." Jusik fischte mit einer Hand den Holoprojektor aus seiner Gürteltasche und schaltete ihn ein. Er konnte es nicht ertragen, Kad schon Bilder von seiner Mutter zu zeigen, und überließ diese Aufgabe Laseema, aber er verkraftete es, Kad an Darman zu erinnern. „Schau, das ist dein Dad. Dada.
Buir. Er kommt bald zurück. Wir wissen, wo er ist. Wir bringen ihn nach Hause."
Kad gluckste und zeigte auf das Holobild. „Buu! Dada!" „Ganz genau. Buir kommt heim."
Jusik spürte, dass sich Gilamar näherte. Für gewöhnlich konnte er den Eindruck von jedem in der Macht so deutlich wahrnehmen, als würden sie vor ihm stehen. Vau war ein seltsamer See aus Ruhe; Kal'buir ein Strudel aus Leidenschaft, von brutalem Hass bis zu selbstlos hingebungsvoller Liebe. Ordo war eine weitere widersprüchliche Mischung - ein gemeingefährlich wendiger Verstand und restlos körperliche Zuversicht, verbunden mit den wilden, emotionalen Schwankungen eines Jugendlichen. Und Gi-lamar ... Gilamar war größtenteils Hinnahme, ein bisschen Einsamkeit und Schmerz, der so tief saß, dass er ein essentieller Teil von ihm zu sein schien. Jusik hatte keine Ahnung, wie lange der Tod von Gilamars Frau schon zurücklag, aber sein Gefühl sagte ihm, es würde für den Mann immer gerade erst gestern bleiben.
„Wie ist es so?", fragte Jusik, ohne sich umzudrehen. Kad legte seine Hand flach auf die Scheibe und schlug ein paar Mal dagegen, um Mirds Aufmerksamkeit zu erheischen. Das Strill hielt sich im Hof auf, hielt seine Nase in den Wind und beschnupperte die faszinierenden Gerüche in der Luft. „Was für ein Gefühl ist das, immerzu einen Machtnutzer um sich zu haben? Beunruhigt es dich?"
„Was? Dass du vielleicht irgendwelche Gedankentricks bei mir anwendest oder so?" Gilamar schnitt Grimassen für Kad. „Oder dass ich keine Emotionen vor dir verbergen kann? Eigentlich nicht. Ist nicht viel anders als bei dem Strill. Es kann Dinge wahrnehmen, die ich nicht mitkriege. Das nehm ich ihm nicht übel."
„Ich hoffe, ich rieche besser..."
Gilamar betrachtete ihn eingehend. „Wenn du machtbegabt wärst, ohne darin geschult zu werden, würdest du dann überhaupt Kräfte entwickeln? Würdest du überhaupt wissen, dass du Kräfte hast?"
„Wahrscheinlich nicht." Jusik fühlte, wie sich die nächste Frage aufbaute. „Der Jedi-Rat hätte mich sonst nicht auf Midi-Chlorianer getestet. Du stellst nur fest, dass du Leute besser verstehst als die meisten oder mit deinen Ahnungen besser liegst als deine Kumpel oder bemerkst ein fantastisches visuospatiales Bewusstsein. Am Ende wirst du Psychologe. Oder ein erfolgreicher Spieler. Oder Pilot. Oder Spitzensportler."
„Also ..."
„Okay, du meinst, es wäre kein guter Plan, Kads Fähigkeiten zu fördern. Hab ich recht?"
„Ich dachte, der Plan wäre, ihm beizubringen, wie er sie kontrollieren kann, damit er nicht die falsche Art Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wenn er sie einfach brachliegen lassen kann und so schlau bleibt wie zuvor. Das ist ein interessantes Dilemma."
„Und du steckst voll von denen."
Gilamar sah ihn mit väterlicher Toleranz an. „Und du auch."
„Ich glaube nicht, dass es sich davon unterscheidet, irgendein Talent in einem Kind zu fördern, um ihm dann die Wahl zu lassen, wie es damit umgehen soll."
„Außer dass dieses Talent, bei der Art wie Palpatine tickt, ein Todesurteil bedeutet. Also bring ihm weiter bei, es schön für sich zu behalten."
Kad würde .die Wahrheit über seine Mutter zu gegebener Zeit erfahren, aber Jusik sah keinerlei Notwendigkeit, ihm die Weisheiten der Jedi nahezubringen. Kad durfte seine eigene, persönliche Verbindung zur Macht haben, ohne Meister oder Lords, die dazwischentraten oder die Form dieser Bindung diktierten. War nicht ohnehin jede lebendige Kreatur auf irgendeine Weise mit ihr verbunden? Die Frage war nur, bis zu welchem Grad.
„Ich werde nachschauen, was ich heute für Arla tun kann", sagte Jusik. „Du weißt, dass ich mich bei der Sache im Ungewissen vortaste, oder?"
„Willkommen in der Welt der praktischen Medizin." Gi-lamar klopfte ihm auf die Schulter, während sie den Flur hinuntergingen. „Du hast dich recht gut durchs Ungewisse vorgetastet, als du Fis Gehirn wieder instand gesetzt hast. Daher werde ich zuschauen und lernen, Bard'ika."
Jusik musste Arla nicht gegenüberstehen, um zu sehen, wie es ihr an einem bestimmten Tag ging. Er konnte sie in der Macht spüren. Er spürte sie ähnlich, wie er sie im Va-lorum Center für gewalttätige Nervenkranke gespürt hatte: Eine zutiefst gestörte Seele, die sich vor seinem inneren Auge in zerklüfteten Linien und grellen Farben manifestierte. Verwirrt und voller Schmerz forderte er sie heraus, weiterzugehen und sich ihrem Elend zu überlassen.
Ich habe sie gerettet Ich bin für sie verantwortlich. Wo liegt der Sinn darin, sie von einer geschlossenen Abteilung in die nächste zu stecken?
Auf dem Korridor vor ihrem Zimmer blieb er stehen. Er trug immer noch Kad auf der Hüfte. Gilamar hielt bewusst Abstand.
„Ich fürchte mich davor, was passieren könnte, wenn wir ihre Medikation absetzen", sagte Jusik. „Aber ich frage mich immerzu, ob sie nicht eher dazu diente, sie zum Nutzen des Centers fügsam zu halten als um ihrer Genesung willen."
„Nun, ich muss zugeben, wenn ich mit gemeingefährlichen Patienten zu tun hätte, würde ich auch die Zaloxipin-Keule rausholen", meinte Gilamar mit einem Achselzucken. „Wir könnten versuchen, die Dosis zu verringern. Aber ich bin kein Seelenklempner. Deine Machtkräfte können dir besser vermitteln, wie es ihr geht, als jeder Doktor."
Jusik hatte versucht, die Macht so wenig wie möglich einzusetzen, als er Coruscant verließ, als könne er dadurch jede Spur seiner Jedi-Vergangenheit abschütteln. Es erschien wie ein unfairer Vorteil, Gaben zu besitzen, über die seine Clan-Brüder nicht verfügten. Aber es gelang ihm nicht. Es war, als würde er die Augen schließen, um vorzutäuschen, er würde einer Gemeinschaft von Blinden angehören, in dem Wissen, dass er seine Augen jederzeit wieder öffnen konnte. Dabei ging es weniger darum, die Situation auszugleichen, als sich der Vorstellung hinzugeben, wie es wäre, dieses Gespür zu verlieren. Das Beste, was er tun konnte, war, sich darüber bewusst zu bleiben, auf welche Art er sich seiner Machtsinne bediente, und sie niemals auszubeuten.
„An manchen Tagen ist sie ruhiger als an anderen, ganz gleich, wie hoch die Dosis ist", erklärte Jusik.
„Nun, dann wird es ein Fall von Versuch und Irrtum." Kad griff nach Gilamars Hand und schüttelte sie mit der ernsten Höflichkeit eines Diplomaten. „Glaubst du, Kad'ika könnte weiterhelfen?"
„Wenn ich mit einem kleinen Kind zu ihr hineingehe, ist klar, dass ich ihr nichts zuleide tun will."
„Was, wenn er sie zu stark an Jango erinnert?"
„Warum sollte es sie mehr verstören, als seine Klone zu sehen?"
„Sie kann sich an Jango nicht als Erwachsenen erinnern. Aber er war ein Kind, als sie ihn das letzte Mal sah. Also könnte sie sich daran erinnern, wie sie sich um ihn kümmerte, als er noch in Kads Alter war."
„Tja, probieren wir's aus."
Jusik klopfte an die Tür. Niemand hatte sie abgeschlossen, seit Arla eingetroffen war. Das Alarmsystem würde anspringen, falls sie das Haus verließ, und abgesehen von Vau schien sich niemand Sorgen zu machen, dass sie ir-gendjemandem etwas tun könnte. Sie wollte sowieso nie herauskommen. Manchmal versuchte sie das Zimmer von innen mit einem Stuhl oder einem Tisch zu verbarrikadieren. Was immer sie dazu gebracht haben mochte, zu töten, schien sie hier nicht dazu anzutreiben, nach Opfern zu suchen.
„Arla? Ich bin's, Bardan." Erwartete. Kad schlug ein paarmal mit der Handfläche gegen die Tür. „Möchtest du mit uns auf einen Spaziergang nach draußen gehen? Ein bisschen frische Luft schnappen?"
Stille. Jusik spürte ihre Vorsicht und Verwirrtheit. Letzteres mochte natürlich an der geistlähmenden Dosis Zalo-xipin liegen.
„In Ordnung, darf ich reinkommen und sehen, wie es dir geht? Ich habe Dr. Gilamar mitgebracht."
Jusik öffnete die Tür. Die inneren Türen auf Kyrimorut bestanden aus Holz und waren mit Angeln versehen, nach der uralten Bauart, die keine Energie zum Öffnen brauchte. In den abgelegensten Gebieten eines größtenteils ländlichen Planeten ohne verlässliche Energieversorgung war das wichtig. Arla Fett - Mitte vierzig, ausgeblichenes blondes Haar, dünn und ihrem Bruder so unähnlich, dass sie kaum als eine Fett zu erkennen war - saß auf der Bettkante und hielt ein Kissen an die Brust gepresst. Das Bett war so ordentlich bezogen, Laken und Decke so straff gezogen, dass es aussah, als hätte es ein Soldat gemacht. Jusik versuchte gar nicht erst, sich vorzustellen, was in den circa dreißig Jahren mit Arla geschehen war, seit ihre Eltern von der Death Watch ermordet wurden, weil sie Jaster Mereel halfen.
Weiß sie von Jango? Wie kann ich ihr das Thema überhaupt nahebringen? Gute Neuigkeiten, Arla, dein Bruder hat das Massaker überlebt Schlechte Neuigkeiten, er hat mit angesehen, wie alle, die ihm etwas bedeuteten, abgeschlachtet wurden, hat Jahre in Sklaverei verbracht und wurde am Ende von einem Jedi getötet Tut mir alles echt leid, Arla.
Nein, das konnte er noch nicht tun. Aus den Akten des Medicenters, zu denen er sich auf Coruscant Zugang verschafft hatte, ging hervor, dass sie vor zehn Jahren in das Valorum Center überwiesen worden war. Keine nächsten Verwandten, keine persönlichen Angaben, bis auf kein fester Wohnsitz. Und das alles war lange vor den Klonkriegen passiert. Er bezweifelte, dass das Personal überhaupt von ihrem Bruder gewusst hatte, ganz zu schweigen davon, dass es sich bei ihm um Jango Fett handelte.
Gilamar wartete bei der Tür. Auch ohne Rüstung sah er noch nach Schlägertyp aus und Rüstungen verstörten Arla auf jeden Fall. Wie sollte sie auch einen Mando vom anderen unterscheiden? Für sie bedeuteten sie wahrscheinlich allesamt Leid und Qual.
„Hallo, Arla." Jusik hielt sich ein paar Meter von ihr entfernt und alberte mit Kad herum, nahm die Hand des Jungen und winkte ihr damit zu. „Sag Hallo zu Arla, Kad. Arla, du hast Kad schon mal gesehen, oder? Er ist ein ... entfernter Verwandter von dir."
„Vorsichtig, ad'ika ...", murmelte Gilamar.
Arla betrachtete Kads Gesicht mit leichtem Stirnrunzeln. Kad erwiderte gebannt ihren Blick und für einen Moment konnte Jusik nicht sagen, ob das Kind etwas in der Macht spürte oder nur ein neugieriges kleines Kind wie jedes andere war.
„Was bist du?", sagte sie schließlich und sah Jusik direkt an. „Du bist kein Arzt."
Jusik war überrascht, sie zusammenhängend sprechen zu hören, noch dazu auf Basic. Sie hatte einen leichten Akzent. Und für ein paar Sekunden behielt sie Blickkontakt wie jeder normale Mensch.
„Nein, ich bin ein ... nun, ich weiß eigentlich nicht, was ich bin. Ein Soldat vielleicht." Jusik schöpfte Atem. „Ich würde gerne sagen können, dass ich ein Freund deines Bruders war, aber ich habe ihn nie kennengelernt. Ich tue bloß das, wovon ich glaube, dass er es sich für dich gewünscht hätte. Nämlich dich gesund pflegen und dir helfen, ein Leben für dich selbst aufzubauen."
Arla starrte Kad an und blickte dann wieder zu Jusik auf. „Woher kommst du?"
„Ich weiß es nicht." Sie stellt mir genau die Fragen, die ich nicht beantworten kann. „Ich wurde von meiner Familie fortgenommen, als ich noch ein Baby war."
„Sind sie tot?"
Oh Mann. „Ich weiß es nicht. Ich wüsste nicht einmal, wo ich mit der Suche nach ihnen anfangen sollte." Das stimmte eigentlich nicht; die Aufzeichnungen des Jedi-Rates waren zwar nichts mehr als Asche, aber sein Familienname war wahrscheinlich echt. Deshalb konnten Mereel und Jaing innerhalb weniger Augenblicke einen Suchlauf durchführen und Planeten ausfindig machen, auf denen der Name Jusik geläufig war.
Jusik vermutete, dass er es nicht wissen wollte. Er brauchte nicht noch eine zwiespältige Identität. Der Clan Skirata war jetzt seine Familie und alles andere konnte er ausblenden. Das musste er. Er konnte nur jeweils ein Zugehörigkeitsgefühl bewältigen, alles oder nichts.
Aber er fragte sich, ob es irgendeinen Funken entzünden würde, wenn er zufälligerweise seinem eigen Fleisch und Blut begegnen würde. Biologen behaupteten, eng verwandte Menschen könnten sich tatsächlich gegenseitig am Geruch erkennen, auch wenn sie es gar nicht mitbekamen, ebenso wie Siolaner oder Kemlaner. Vielleicht wusste Arla tief in ihrem Innersten, dass die Klone und Kad mit ihr verwandt waren.
Arla blickte glatt durch ihn hindurch. „Tja, meine Familie ist tot."
„Ich mach dir einen Vorschlag", meinte Jusik. „Du ziehst einen Mantel an und kommst mit uns auf einen Spaziergang raus. Wenn du mir von dir selbst und von deiner Familie erzählen möchtest, wäre das doch ganz gut."
Sie starrte immer noch ins Leere. Alles in allem stellte das eine Besserung dar. „Wann muss ich wieder von dem Zeug trinken?"
„Welches Zeug?"
„Die Medizin. Nicht die Kapseln. Die Flüssigkeit, von der ich Albträume bekomme."
Gilamar hielt seine Stimme ruhig, ganz ruhig. „Dann haben sie dir im Valorum Center noch etwas anderes gegeben? Nicht nur Zaloxipin? Weißt du, wie es hieß?"
„Nein."
„Hast du immer noch Albträume?", fragte er.
„Nicht die gleichen. Mehr so schlimme Träume, die ich nicht verstehe. Meistens erinnere ich mich nicht an sie, aber ich weiß, dass ich sie geträumt habe."
Gilamar trat zwei vorsichtige Schritte vor. Jusik konnte kaum glauben, dass sie so deutlich sprach. Als sie frisch eingetroffen war, hatte sie entweder geschwiegen oder redete völlig zusammenhanglos.
„Wenn du bereit wärst, mir eine Probe deines Haars und Bluts zu geben", erklärte Gilamar, „könnte ich nachprüfen, ob sich noch irgendwelche anderen Medikamente in deinem Kreislauf befinden."
„Ihr könnt mich nicht zwingen, das Zeug zu trinken."
„Ner vod, wir haben nicht mal welches, das wir dir geben könnten, ganz gleich, was es ist. Wir haben nur das Zaloxipin, das uns das Center gegeben hat."
Ner vod. Mit den Worten hätte Arla vertraut sein können. Im Concordianischen, dem Concord-Dawn-Dialekt des Mando'a, klang der Ausdruck - Bruder, Schwester -sehr ähnlich. Sie sah Gilamar stirnrunzelnd an, als wolle sie sich eher auf ihn konzentrieren als missbilligen, was er vorschlug.
Sie ist bis zur Halskrause voll mit Medikamenten. Wir müssen vorsichtig damit sein, wie wir die Dosis herabsetzen.
„Okay", murmelte sie. Sie rollte ihren Ärmel hoch und hielt ihre Armbeuge vor, so als hätte sie sich schon Hunderte Male Blutproben abnehmen lassen. „Bringen wir es hinter uns."
Jusik begann Hoffnung zu schöpfen. Arla machte allein schon dadurch Fortschritte, dass sie aus der Anstalt heraus war. Als er sie das erste Mal gesehen hatte, war sie vor allen Männern zurückgewichen. Momentan ließ sie sich von Gilamar Blut abnehmen.
„So, möchtest du jetzt mit zu unserem Spaziergang aufbrechen?", fragte Gilamar.
Arla zuckte mit den Schultern. „Vielleicht morgen."
Sie mussten die Proben zur Analyse nicht einmal fortschicken. Mit dem kleinen Labor, das Mereel für Ko Sai eingerichtet hatte, und dem Sortiment an medizinischer Ausrüstung, die Gilamar aus den Krankenhäusern der Republik entwendet hatte, konnte Kyrimorut die meisten Laborarbeiten selbst bewältigen.
Das Labor befand sich gegenüber des Roba-Pferchs, wo eine riesige Bache den Eingang zu ihrem Stall bewachte. Das Bild unterstrich die mandalorianische Gegenüberstellung von Hightech und dem nach Dung riechenden Landleben, das sich seit den Tagen von Canderous Ordo nicht verändert hatte.
Gilamar schüttelte das schwarzrote Blut, als er den Korridor hinunterging, und hielt an, um es ins Sonnenlicht zu halten, das schräg durch eines der Fenster fiel.
„Komisches Zeug, Blut", bemerkte er.
„Chemisch oder spirituell gesehen?"
„Sowohl als auch. Und es ist nicht dicker als Wasser, egal, was man sagt."
„Es scheint ihr diese Woche besser zu gehen. Die andere Medikation muss nachlassen."
Gilamar öffnete die Tür zum Labor. Uthans Duft wehte heraus, der dezente, kräuterartige Geruch, der vielleicht von einem Shampoo stammte. „Ich frage mich, weshalb sie sie auf zwei unterschiedlichen Antipsychotika hielten. Ich meine, dafür sollte es einen guten Grund geben."
„Wir werden's herausfinden, nicht wahr?", erwiderte Jusik und ging mit Kad davon, um darüber nachzudenken, wie wenig ihm Blut bedeutete.
Verfallene Jagdhütte, Olankur; Südwestküste von Mandalores Nordkontinent
„Du bist ein argwöhnischer Mann, das bist du, Kal."
Fenn Shysa wischte eine Staubschicht von dem unebenen Tisch und stellte eine Flasche tihaar und zwei Gläser vor Skirata. Die Schicht toter Insekten auf dem Fensterbrett ließ darauf schließen, dass die Jagdhütte schon seit langer Zeit nicht mehr benutzt worden war. Olankur war schrecklich weit weg, um sich dort auf einen Drink zu treffen.
Es lag auch schrecklich weit entfernt von der Imperialen Garnison, und genau darum ging es.
„Hält mich am Leben", erwiderte Skirata.
„Wir hätten das auch in Keldabe tun können. Traust du deinem Mand'alor nicht?"
„Wir hätten das auch über Comm erledigen können, aber du wolltest dich ja von Angesicht zu Angesicht unterhalten."
Skirata vertraute Shysa ebenso sehr, wie er irgendje-mandem, der nicht zur Familie gehörte, traute. Allerdings wollte er nicht zu oft mit ihm gesehen werden. Der Mand'alor war dem Garnisons-Commander bekannt. Ski-rata musste davon ausgehen, dass einer der Sturmies oder der Mischlingsoffiziere oder sogar dieser inzüchtige, kinnlose di'kut von Commander selbst - früher oder später einen Glückstreffer landete und etwas herausfand.
Mandalorianer verhielten sich Außenstehenden gegenüber verschlossen. Aber nichts blieb für immer geheim.
Shysa zog den Korken aus der Flasche und schenkte zwei kleine Gläser tihaar ein. Skirata konnte den farblosen Schnaps über den Tisch riechen. Das wunderbare, samtige Aroma reifer Varosfrüchte, aus denen er gebrannt worden war. Jeder tihaar war anders, jeweils aus den regionalen Früchten gemacht, die zur Verfügung standen. Varos wuchs in den Tropen, daher war diese Flasche ein seltener Genuss.
„Dein Junge muss nicht draußen warten, Kal."
„Ordo behält die Dinge einfach gern im Auge."
„Vernünftiger Bursche." Shysa nippte und runzelte konzentriert die Stirn. „Aber du könntest jederzeit deine shab-la Rüstung wechseln. Die Imperialen können einen Mando nicht vom anderen unterscheiden, solange man seinen buy'ce aufbehält."
Skirata erhob sein Glas und leerte es in einem Zug. „K'oyacyi."
„K'oyacyi." Shysa wollte nachschenken, aber Skirata hielt seine Hand über sein Glas. „Aha, du denkst, ich will dich zu etwas rumkriegen. Dafür kennen wir beide uns zu gut, oder?"
„Ich kann nicht schnell denken, wenn ich ein paar Drinks intus hab."
„Du musstauch nicht schnell denken. Du musst nur zuhören."
„Du willst immer noch, dass ich und die Cuy'val Dar deine Widerstandsbewegung ausbilden, geht es darum?"
„Widerstandbewegung klingt in meinen Ohren ein bisschen zu romantisch und überstürzt. Ich sehe darin mehr... die Absicht, entsprechend zu reagieren, falls sich das Imperium nicht als der verlässliche und vernünftige Pächter erweist, den sich ein anständiger Mand'alor wünschen würde. Aber das ist nicht der Grund für unsere Unterhaltung."
Shysa war ein zurückhaltender Mandalore, was in Skira-tas Augen eine gesunde Einstellung war. Er war angetreten, weil er es musste. Nach drei Jahren ohne Jango Fett, ohne den Clanfürsten aller Clanfürsten, gewöhnten sich die Clans zu sehr an die Vorstellung, keinen Richtungsweiser zu haben, und es lag nur ein schmaler Grat zwischen freidenkerischer Unabhängigkeit und dem Chaos. Aber Shysa war nicht da, um den Laden wie irgendein aruetyc Bürokrat zu führen. Er war da, um Schwerpunkte zu setzen, und davon hatte er reichlich. Er war ein entschlossener Mann, wenn er auf etwas stieß, das ihm erstrebenswert schien. Skirata wartete darauf, herauszufinden, was das war.
„Okay, wenn das Angebot noch steht, nehme ich den zweiten tihaar", meinte Skirata.
Shysa lächelte vor sich hin und schenkte zwei weitere Gläser ein, bevor er sein Datapad aus seiner Gürteltasche zog und über den staubigen Tisch schob. Skirata nahm es in die Hand.
„Geschäfte sind gut, Kal. Das Imperium will Geld ausgeben. Es ist nur die Beschaffenheit ihrer Einkaufliste, die mir Sorgen bereitet, sozusagen."
Skirata nippte an dem tihaar und ging die Nachrichten und Bestellungen auf dem Pad durch, wobei er die üblichen Kopfgeldjägerangelegenheiten und Söldneraufträge bemerkte. Nichts Überraschendes war dabei. Auf diese Art hatten Mandalorianer seit Generationen ihre Brötchen verdient. Was Skirata ins Auge stach, war ein an Mandal-Motors adressiertes Dokument, dicht gefolgt von einem Angebot über achthundert Millionen Credits für die Schürfrechte für beskar in der Region Tokursh.
Zunächst benötigen wir dreihundert funktionstüchtige, mit beskar verstärkte Schiffe. Der Vertrag wird über die Modernisierung jener Schiffe laufen, die seit der letzten Aktion gegen die Jedi brachliegen, als auch über den Bau neuer Schiffe. Des Weiteren wollen wir Bestellungen für fachspezifische Ausrüstung aus beskar aufgeben, einschließlich Handfesseln, Arrestkäfige, Sicherheitstüren ...
„Palpi will also beskar", stellte Skirata fest und schob das Pad zu Shysa zurück. „Aber wozu braucht er es, solange er nicht gegen andere Machtnutzer vorgeht? Profane Kreaturen wie wir kann man recht gut zu einem Bruchteil des Preises mit dickwandigem Durastahl in Schach halten."
Shysa hob sein Glas und zwinkerte. „Das ist ein schlimmer Fall von zu viel des Guten. Und eine Menge Creds für das Privileg."
Ein paar Hundert Millionen. Was der Skirata Umsiedlungsfond in ein paar Wochen an Zinsen abwirft. Aber das brauchst du nicht zu wissen, Shysa, so gern ich dich auch mag. Selbst wenn du mein Mand'alor bist „Du bist besorgt. Bitte sag mir, dass du besorgt bist."
„Sagen wir: vorsichtig."
„Vor wem fürchtet er sich?"
„Vielleicht nur vor uns, weil wir auf dem beskar sitzen und wissen, wie man es einsetzt."
„Wir haben seit Jahrtausenden nicht mehr gegen die Sith gekämpft. Du weißt, dass der alte chakaar ein Sith ist, oder?"
„Das hätte ich mir auch schon aus den Gerüchten zusammenreimen können, die ich über so 'nen großen Typen mit rotem Lichtsäbel höre. Vader."
„Aber er beseitigte ... so ziemlich alle Jedi." Skirata hoffte, Shysa würde seine Pause auf den Alkohol zurückführen. Shysa konnte keine Ahnung davon haben, dass Etain eine Jedi gewesen war und dass es auf Kyrimorut jetzt vor Machtnutzern nur so wimmelte. „Irgendeine Sith-Fehde?"
„Wenn Palpi mit anderen Dunkelseitern in der Wolle liegen würde, wüssten wir inzwischen davon. Vielleicht will er nur beskar aufkaufen, um alle anderen davon abzuhalten, sich gegen ihn erneut zu bewaffnen."
Abgesehen von Söldnern, bestand Mandalores einziges Exportgut, das einen Cred wert war, aus seinem einzigartigen Eisen und den geheimen Techniken der Metallverarbeitung, die das Beste aus dessen Resistenz gegen Lichtschwerter und Macht-Taktiken herausholten. Nicht einmal Skirata, der sich damit rühmte, an jede Art Information herankommen zu können, war in die Geheimnisse der Schmieden eingeweiht. Er wusste nur, dass Palpatine ohne die Mando-Kunsthandwerker für seine Credits nichts aus dem beskar herausbekommen würde. Langsam sah das Ganze mehr nach einer Belastung als nach einer Trumpfkarte aus.
„Erinnerst du dich an die königlichen Grabmalarchitekten von Belukat? Die, die von den Königen versklavt wurden und dann erschossen, damit sie niemandem verrieten, wie die Gräber zu plündern seien ... "
„Die Ähnlichkeiten sind mir nicht entgangen, ner vod..."
„Wenn der gesamte Jedi-Orden nicht dazu fähig war, Palpatine aufzuhalten, kann es nicht mehr viele machtbegabte Bedrohungen geben, die ihm Kopfzerbrechen bereiten."
Shysa hob sein Glas in den Lichtstrahl, der schräg durch das schmutzige Fenster fiel, und kniff ein Auge zu, während er die Reinheit des tihaar prüfte, bevor er wie ein echter Kenner das Aroma einatmete.
„Ach, da gibt's sogar ein kleine Liste, Kal." Er nippte genüsslich und schloss für einen Moment die Augen, so als würde ihn die reine Wonne des Geschmacks überwältigen. Vielleicht erkannte er auch gerade,, was für einen Riesenjob er sich aufgehalst hatte. „Ein paar geflohene Jedi ... seine eigenen Schergen der Dunklen Seite, wenn sie aus der Reihe tanzen ... all die kleinen Sekten, die untergetaucht sind, um den Jedi zu entgehen ... und die ganzen unglückseligen Individuen, die das Pech haben, machtbegabt geboren zu werden. Oh, und dann so Typen von Orten wie Haruun Kal, wo jeder dieses Talent besitzt. Da würde ich mir keine Immobilie zulegen, wenn ich du wäre, es sei denn, du magst deinen Vorgarten verkohlt und glatt wie Glas."
„Plötzlich bist du Experte in Sachen Midi-Chlorianer." Shysa machte eine Pause. „Da haben wir doch mal ein interessantes Wort."
„Es hat überhaupt keinen Sinn, zu versuchen, Macht-sensitivität auszuradieren." Skirata bemühte sich, altklug zu tönen, aus Sorge, damit verraten zu haben, dass er ein bisschen zu viel über Machtnutzer wusste. „Was glaubst du, wo Jedi herkommen? Die haben keine Familien - also die meisten, jedenfalls. Macht kommt vor. Das weiß er."
„Es geht nicht darum, ob es wahr ist, sondern darum, ob er es glaubt."
„Vielleicht will er die Ausbildung ausmerzen. Wenn Begabte nicht ausgebildet werden, dann bekommen sie den ganzen gewieften Kram wie Telekinese oder Gedankentricks nicht hin."
„Du weißt wohl selbst 'ne ganze Menge über das Midi-Chlorianer-Geschäft, Kal."
Skirata fühlte, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog. Er hatte dieses verbale Sabacc-Spiel über die Jahre mit zu vielen Wesen gespielt und es hatte ihn gelehrt, lieber vom Schlimmsten auszugehen, als etwas wörtlich zu nehmen.
Meistens lag er richtig. Wenn er falsch lag - nun, es war sicherer als die Alternative und er war bereit, lieber ein paar Freunde zu verlieren, als etwas viel Schlimmeres zu riskieren.
„Ich habe in den letzten Jahren mit genügend Jedi zusammengearbeitet", antwortete Skirata mit Bedacht. Für eine Sekunde oder zwei verspürte er Bedauern wegen General Zey, der alle Voraussetzungen für einen anständigen Menschen gehabt hatte, wenn man ihn nur von dieser Je-di-osik hätte heilen können. „Da schnappt man unterwegs so einiges auf."
„Ja, das kann sein. Das würde man wohl."
Shysa wurde still und schenkte sich einen dritten tihaar ein. Er neigte die Flasche in dem stummen Angebot, nach-zuschenken, zu Skirata, aber der schüttelte den Kopf. Wenn er wirklich komplett haryc b'aalyc - müde und emotional, wie die Mando'ade es nannten - werden wollte, dann würde er damit warten, bis er zu Hause war. Im Augenblick musste er wirklich alle Sinne beisammen haben.
Die Stille war verführerisch. Es schien allzu leicht, sich in ihr fallen zu lassen und die Leere damit auszufüllen, Informationen anzubieten. Aber Skirata kannte dieses Spiel. Er konnte es schweigsam aussitzen.
Was für eine Art Mando bin ich? Ein Mando mit einem machtbegabten Enkelsohn und einem Ex-Jedi, der mir so teuer ist wie meine eigenen Söhne, so einer bin ich. Und ein Mando, der seine Jungs nicht in einen weiteren Krieg stoßen wird, für den sie sich nicht freiwillig melden.
Shysa behielt die Stille noch etwas bei, kippte dann seinen Stuhl auf zwei Beinen hoch, um seine Stiefel auf einen nahe gelegenen Hocker zu legen. Es ging immer nur darum, wer am längsten sitzen und warten konnte.
„Sieh mal, Kal, ich erinnere mich an eine Begegnung mit einem ungewöhnlichen jungen Kerl im Oyu'baat", sagte er schließlich. „Ist gar nicht so lange her. Einer der Jedi-Generäle, der unsere schicke beskar'gam so sehr liebte, dass er für das Leben eines beroya den Jedi-Orden verließ. Ah, das nenn ich mal Modebewusstsein."
Er tippte auf seinem Datapad und reichte es Skirata. Auf dem Schirm war eine Imperiale Kopfgeldliste zu sehen mit dem körnigen Bild einer Sicherheitskamera, das einen sehr jungen, bärtigen, langhaarigen Jusik in seiner Jedi-Robe zeigte. „Dieser flotte, kleine Krieger hier."
Das war es also, worüber Shysa wirklich reden wollte. Skirata konnte es nicht leugnen. Die Fahndungsliste war in Kopfgeldjägerkreisen durch alle Hände gegangen, daher war Jusik kaum ein Geheimnis. Außerdem hatte Jusik direkt vor Shysas Nase eine Auseinandersetzung mit Sull gehabt. Es war unmöglich, dem keine Bedeutung zuzumessen.
„Jep, das ist General Jusik", sagte Skirata. Die Wärme des tihaar schwand aus seinem Magen und Eis trat an seine Stelle. „Er lehnte es ab, Klone zu benutzen, und sagte dem Jedi-Rat, wohin die sich ihr Gewissen stecken können."
„So. Und nur mal angenommen, er wäre in der Schnellwahl deines Comlinks gespeichert... dann würdest du es mich doch wissen lassen, oder nicht, Kal?"
„Nein." Skirata blieb freundlich, aber er konnte jetzt nicht lügen. Er konnte nur verzögern. „Würde ich nicht."
Shysa machte erneut eine Pause, aber das leichte Lächeln verließ nie sein Gesicht. „Wir haben nicht sonderlich viele machtbegabte Mandos, was ich ein bisschen unglücklich finde, in Anbetracht der vielen Planeten, von denen unsere feine Bevölkerung herkommt. Man stelle sich vor, wie praktisch es wäre, ein paar Mando'ade zu haben, die mit der Macht umgehen können."
„Man stelle sich vor", wiederholte Skirata. „Aber ein Machtnutzer in Rüstung wird uns gegen Palpatine nicht viel helfen. Der gesamte Jedi-Orden konnte ihn nicht aufhalten."
„Ich dachte eher langfristig. Vielleicht wird der junge General Jusik viele Kinder haben, die nach ihm geraten."
„Nein."
„Das war keine Frage, Kal."
Shysa wusste es. Er wusste es. Gut, es brauchte keinen Hellseher, um die Verbindung herzuleiten, nur ein freundliches Gespräch mit der Belegschaft des Oyu'baat. Skirata blieb standhaft. „Wenn irgendjemand wüsste, wie man Machtbegabung weiterzüchtet, hätten sie's schon längst getan", bemerkte er. „Wir haben fünftausend Jahre lang auch ganz gut ohne Machtnutzer ausgehalten. Das ist kein Defizit. Es ist, was wir sind."
„Welch edle Geisteshaltung, aber die wird kein Trost sein, wenn das Imperium beschließt, dass wir ein Problem sind. Und das wird es."
„Wir sind besser dran, wenn wir uns auf Verpinen-Technologie und ein bisschen ehrlichen Schweiß verlassen, statt auf Genetik. Macht uns nicht besser als diese aruetii-se - oder Jedi, mit ihrer genetischen Überlegenheit. Nein, danke."
Shysa hatte mittlerweile sein geduldiges Gesicht aufgesetzt, ein leichtes, aber wohlwollendes Stirnrunzeln. „Ich verderbe dir diese hübsche Illusion nur ungern, Kal, aber sieh dich mal unter den Mando'ade um. Ein völlig gemischter Haufen, ganz klar, aber meinst du nicht, wir haben selbst die zähen, unbeugsamen Typen ausgewählt und vermehrt? Wo liegt der Unterschied?"
„Das ist nicht das Gleiche wie der Versuch, Machtnutzer zu produzieren", entgegnete Skirata, der sich bemühen musste, die Beherrschung nicht zu verlieren. Er war wütend - auf sich selbst, nicht auf Shysa. Er wusste, dass er die Diskussion bereits verloren hatte. „Wir haben eine Einstellung herangezüchtet, Fenn - Eigenständigkeit, Hartnäckigkeit, Schneid. Das liegt nicht in den Genen." Er tippte sich an die Schläfe. „Sie steht jedem zur Verfügung, der willens ist, sie sich zu erarbeiten. Sitzt alles hier oben."
„Ich werd's Palpi garantiert ausrichten, wenn er mit einer ganzen Flotte Kriegsschiffe hier anrollt. Wir denken einfach scharf nach und winken ihm hinterher."
Skirata wartete auf die unvermeidliche Frage und wusste, dass es, wenn Shysa sie stellte, das letzte Mal wäre, dass er mit dem Mann sprach. Das machte ihm Angst. Es verriet ihm, dass er seine eigenen Wünsche über die seines Volkes gestellt hatte. Dazu hatte Munin Skirata ihn nicht erzogen. Gemeinschaftliche Verantwortung. So lautete die Parole. Ein Mandalorianer, der nur an sich dachte, war überhaupt kein Mando'ad.
Aber ich kümmere mich um meinen Clan. Clans bilden das Volk. Man kann das eine nicht ohne das andere haben.
„Kal, ich bitte dich nur um Manda'yaim willen", sagte Shysa. „Falls du jemals Jusik begegnest und er sich immer noch für einen von uns hält, dann besitzt er die Qualitäten, die wir in kommenden Jahren brauchen."
Skirata spürte seine Welt schrumpfen. Sein Blick verschob sich, sodass der Rest der schäbigen Hütte nur ein unscharfer Schleier war, aus dem Shysa jedoch so gestochen scharf hervorstach, dass Skirata jede Pore und jedes Haar sehen konnte.
Wir könnten den ganzen Arger aussitzen. Irgendwohin gehen. Jusik hat sich etwas Frieden verdient, mindestens genauso wie meine Jungs. Aber wenn ich das ihm gegenüber erwähne - dann wird er denken, es wäre seine Pflicht.
„Ich kann dir nicht helfen, Mand'alor", sagte Skirata.
„Na gut, war ja nur eine Frage, nur für den Fall, dass er dir über den Weg läuft." Shysa zuckte mit den Schultern. „Naja ... falls deine ausgezeichneten Klon-Jungs mal Lust haben, ein bisschen zu observieren, wo sie doch so gut als Sturmies durchgehen können, dann wäre ich sehr dankbar."
Skirata wusste, dass Shysa nicht ahnen konnte, wie gut die Klone wirklich in Spionage waren. Er hoffte, es wäre ihm nicht anzusehen. Aber er brachte es immer noch nicht über sich, sie Shysas frischgebackener Widerstandsbewegung anzuvertrauen. Alle dachten, der Zweck der eigenen Sache würde die Mittel heiligen. Aber das war der Punkt, an dem Skirata eine Grenze ziehen musste. Würde er diese Entscheidung für die Klone fällen, dann wäre er nicht besser als ein Jedi-General. Er war sich nicht einmal sicher, ob er es über sich bringen könnte, sie zu fragen. Sie würden Ja sagen, genau wie Jusik. Das wusste er. Sie würden alles für ihn tun.
„Das ist ihre Entscheidung", erwiderte Skirata. „Und wenn ich darum gekämpft habe, diesen ad'ike auch nur eine Sache zu geben, Fenn, dann ist es Entscheidungsfreiheit."
Shysa sah ihn lange an, ohne eine Spur von Frustration oder Enttäuschung in seinem Gesicht, und dann schob er ihm die Flasche zu.
„Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Kal", sagte er. „Behalte den tihaar."
Es war eine durchsichtige Glasflasche. Es konnte kein Peilsender darin versteckt sein, aber Skirata war trotzdem zu argwöhnisch, um sie anzunehmen.
„Bewahr sie für's nächste Mal auf", schlug er in dem Wissen vor, dass es vielleicht keines mehr geben würde. „Ich werde dich weiter mit Informationen versorgen. Akzeptiere nur, dass ich in Sachen drinstecke, von denen du vorläufig besser nichts wissen solltest."
Ein schreckliches Gefühl der Endgültigkeit hätte ihn beinahe übermannt. Er war bereit, Shysa irgendein Zugeständnis einzuräumen, aus purem Schuldgefühl, weil er sich nicht darauf gestürzt hatte, alles in seiner Macht stehende zu tun, um Mandalore gegen das Imperium zu verteidigen.
Wie kann ich den Mand'alor in Zeiten wie diesen nur enttäuschen? Was würde mein Vater von mir denken?
Skirata standen inzwischen weitreichende Mittel zur Verfügung, von Reichtum über Biowaffen bis hin zu ... Je-di-Blut, was immer für ein Nutzen sich wirklich daraus ziehen ließ. Die resol'nare, die sechs Grundsätze der manda-lorianischen Identität, besagten, dass er dazu verpflichtet war, sich um seine Kinder, seinen Clan und seine Kultur zu kümmern und sich in Zeiten der Not schützend vor den Mand'alor stellen musste. Shysa lächelte. „Ich vertraue dir, Kal."
Es war ein äußerst scharfes Messer, das er Skirata damit in den Bauch rammte. Er umfasste zum Abschied Shysas Unterarm, der traditionelle mandalorianische Handschlag mit der Hand kurz unter dem Ellbogen, und ging.
Sein Gleiter parkte in der Nähe. Die Luke ging auf, als er darauf zuging, und er konnte Ordo mit verschränkten Armen auf dem Pilotensitz sehen.
Ordo zog ganz leicht eine Braue hoch. „Was stimmt nicht, Kal'buir?"
„Hauen wir hier ab, dann sag ich's dir. Niemand war in der Nähe, oder? Nicht irgendwo beim Schiff?"
„Falls du wissen willst, ob irgendjemand die Möglichkeit hatte, uns einen Peilsender anzuheften - nein, hatte niemand. Dieser Ort ist völlig verlassen."
Die Antriebe sprangen an und stiegen von einem tiefen Rumpeln zu einem schrillen Heulen an, bevor sich der Gleiter in die Luft erhob.
„Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn man dem eigenen Mand'alor nicht vertraut", sagte Ordo und bestätigte damit Skiratas Schuld. „Was wollte er?"
Skirata rang mit seinem gespaltenen Gewissen, wusste, welcher Teil dabei gewinnen würde, und verspürte keinerlei Stolz dabei.
„Zu viel", antwortete er.