7.

Wir haben ganze Sternensysteme erobert. Wir besaßen ein Imperium. Wenn Städte hörten, dass unsere Armeen anrückten, floh die Bevölkerung, bevor auch nur ein Schuss fiel. Jetzt klammern wir uns an einen armseligen Sektor dreckig-öder Planeten und balgen uns um die Krümel, die uns die feigen aruetiise hinwerfen, wenn sie wollen, dass wir für sie kämpfen, und sie benutzen uns als Zuchtvieh für ihre Klonarmeen. Die aruetiise werden uns immer wie eine Tierspezies behandeln, die sie nach ihrem Gutdünken benutzen können, wenn wir uns nicht endlich erheben und für uns eintreten.


- Lorka Gedyc, Commander der mandalorianischen Death Watch -nicht entlassen, sondern lediglich auf ba'slan shev'la, in Erwartung eines günstigen Zeitpunkts für die Rückkehr


Frachter Cornucopia, in der Nähe von Ralltiir, Rendezvouspunkt 


Ny Vollens Frachter kam gerade aus dem Hyperraum, als sie bemerkte, dass sie etwas in ihrem Overall trug, das sie nicht dorthin getan hatte.

Ihre Beintasche wölbte sich so weit, dass sie offen stand. Sie bemerkte es erst, als sie ihre Hand nach der Steuerung ausstreckte und sich dabei der Stoff an der Armlehne ihres Sitzes verfing. Als sie nachschaute, was die Tasche so sehr ausfüllte, fand sie die ganzen Creditchips, die sie Skirata wieder in die Hand gedrückt hatte, bevor sie Mandalore verließ. Ein Stapel aus Fünfhunderter- und Tausender-Chips.

Ich brauche deine Credits nicht, Kurzer. Ist mir egal, wie viel du wert bist Mir wird niemand vorwerfen, einem reichen Mann auf der Tasche zu liegen. Irgendeinem Mann, um genau zu sein.

„Du sturer, alter Barve", murmelte sie mit Blick auf die Plastoidchips. Sie hatte nicht einmal gespürt, wie er sie ihr untergeschoben hatte. Der Mann hätte einen ausgezeichneten Taschendieb abgegeben und war in der Vergangenheit wahrscheinlich auch einer gewesen. „Rate mal, wo ich die hinstecke."

Mereel lachte. „Perfekt. Wann darf ich anfangen, dich Mama zu nennen?"

„Wenn die Kaminoaner deine Gene frisiert haben. Die für Feingefühl haben sie dir ja wohl eindeutig rausgenommen, oder?"

Ordo lachte nicht, nur Prudii, Jaing und Mereel. Vier Nulls waren so ziemlich das Maximum, mit dem Ny gleichzeitig fertig wurde. Alle sechs - das war eine Meute. Nicht widerspenstig, nicht undiszipliniert, vielmehr... gepolt. Sie spürte diese rohe Kraft und völlige Fokussierung in ihnen, wie Jagdtiere, die darauf warteten, von der Leine gelassen zu werden. Nicht einmal Mird löste dieses Gefühl bei ihr aus.

„Wir meinen's nur gut", beschwichtigte sie Jaing. „Buir trifft nun mal nicht viele Leute, die er mag und denen er vertraut, besonders keine weiblichen in seinem Alter."

„Das Diplomatie-Gen ist also auch abhanden gekommen, wie ich sehe."

„Es ist nur eine Frage der Zeit, Ny. Wir alle haben weniger davon, als wir haben sollten."

Jaing besaß das seltene Talent, direkt zur Sache zu kommen, nicht so unbeholfen und freiheraus wie Ordo, aber nichtsdestotrotz ebenso dazu fähig, die Dinge auszusprechen, die andere Leute für sich behielten. Es stimmte, für sie alle war die Uhr bereits abgelaufen und es war gut möglich, dass Ny sie überleben würde. Und ihren Vater vielleicht auch.

„Die Dinge sind nicht immer so einfach", sagte sie.

Mereel setzte sein Ich-bin-nur-ein-unschuldiges-Kind-Gesicht auf, das bei Ny alle Schalter umlegte, obwohl sie nur allzu gut wusste, dass er es mimte.

„Wir haben dich gerne bei uns", sagte er. „Und Buir war jahrelang allein - schon lange vor Kamino. Wir wissen, dass er dich mag, weil er dir Dinge erzählt, die er normalerweise niemandem sagen würde."

„Was denn, dass er auf einer Billion verdammter Credits sitzt?"

„Er hat dir erzählt, dass er von Kuat kommt", sagte Jaing. „Und er hat zugegeben, dass er ein Billionär ist. In der Nacht, als du ihm das erste Mal begegnet bist. Erinnerst du dich?"

Ny erinnerte sich bestens. Ja, das hatte er. Und die Nulls vergaßen nie etwas, nicht bei dem fotografischen Gedächtnis, das die Kaminoaner ihnen eingepflanzt hatten. „Ich dachte, er macht Witze."

Ordo saß gekrümmt im Kopilotensitz und blickte von der Navigationsanzeige auf. „Mereel, halt die Klappe, ja?"

„Tja, Buir besitzt nicht meinen angeborenen Charme im Umgang mit Damen, daher würde er nie die Frage -"

„Ich sagte, Klappe halten." Ordo drehte sich um, griff nach hinten und packte Mereel beunruhigend grob an der Schulter. „Ny hat ihren Mann verloren. Vielleicht ist sie für so etwas nicht bereit. Vielleicht mag sie Buir nicht auf diese Weise. Also lass sie einfach in Frieden."

Ny hatte nie erlebt, dass die Klone untereinander die Beherrschung verloren. Aus irgendeinem Grund hatte sie angenommen, sie wären auf irgendeine mystische, zwillingsähnliche Weise perfekt aufeinander eingespielt, aber damit lag sie falsch. Sie waren wie jede andere Familie auch, mit den gleichen Zänkereien und Ausfällen. Sie fühlte sich schrecklich, weil sie der Auslöser dafür war.

„Hey, Ordo, ist schon in Ordnung." Seine Einmischung klang, als stammten die Worte von Besany. Als handle es sich um eine Lektion, die er aufgesaugt hatte. Aber womöglich glaubte er es auch wirklich. „Ich fühle mich nicht gekränkt. Mereel hat nur... ach, kommt schon, ihr beiden. Waffenstillstand, okay?"

„Bring sie bloß nicht dazu, nach hier hinten zu kommen", warnte Prudii.

Ny verstand, weshalb Skirata so schamlos nachsichtig mit seinen Söhnen war. Sie hätte so ziemlich allem nachgegeben, worum sie sie baten.

„Es gibt Kuppelei", begann sie vorsichtig, „und es gibt Zwangsehen."

Jaing grinste. „Schon. Aber wann im Leben soll eine Rentnerin wie du sonst noch einen exzentrischen Billionär treffen."

„Ich bekomme keine verdammte Rente." Sie biss die Zähne zusammen. Wenn sie lachte, würde es sie nur weiter anstacheln. „Lasst mir einfach ein bisschen Bedenkzeit. Ich nerve euren Papa ja auch nicht deswegen."

„Seht ihr? Sie hat das Mutterding voll drauf." Ordos Gereiztheit hatte Mereel kein bisschen abgeschreckt. „Als Nächstes kommt: Wartet nur, bis ich das eurem Vater erzähle."

Ny wusste, dass Mereel so etwas nur in Holovids aufgeschnappt haben konnte. Diese Klone besaßen einen hingebungsvollen Vater, aber sie hatten niemals eine Mutter gehabt oder irgendjemanden, der dem nahekam. Wegen ihrer ständigen Flachserei dachte sie darüber nach, ob ihnen das vielleicht irgendwo im Unterbewusstsein zu schaffen machte oder ob es nur daran lag, dass sie ihren Vater liebten. Möglicherweise wünschten sie Skirata die gleiche Sesshaftigkeit, die sie bei ihren Brüdern sahen. Womöglich dachten sie, es gäbe ein universelles Heilmittel für gebrochene Herzen.

Ny war dagegen nicht immun. Die Chance, die Leere in ihrem Leben auszufüllen, drängte sich ihr geradezu auf. Wieso sonst hätte sie sich in diese Sache hineingestürzt? Es wäre einfach gewesen, ihre Witwenjahre auszuleben, ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass das Imperium ihr die Tür eintrat.

Jaing schloss eine Sonde an die Navigationskonsole an und studierte die Anzeige auf seinem Datapad. „Na also -gefälschte Tachometerangaben geregelt. Wir kommen gerade von Phindar. Habt ihr euch dort alle gut amüsiert?"

„Kann's gar nicht erwarten, wieder hinzukommen." Prudii gähnte. „Wo immer das auch sein mag."

Ordo beteiligte sich nicht. Er war der ernste Bruder, immer im Dienst, immer dabei, die Details zu überprüfen. Besany war ihm da sehr ähnlich. Ny nahm an, ihre Kinder würden wunderschöne, aber todernste Perfektionisten werden, denen man jeden Witz erklären musste.

Die Cornucopia steuerte den RV-Punkt an, an dem sie Mereels Kontaktleute treffen würden. Nur ein weiteres Handelsschiff mit Kurs auf eine FrachterDurchgangsstation, nichts Besonderes, nichts Gefährliches. Ny überlegte, wo sie andocken sollten, um auf dem Rückweg Vorräte aufzunehmen. Ordo folgte den Trans-ponderspuren auf dem Monitor, das Audio-Headset mit einer Hand ans Ohr gehalten.

„Mereel, kannst du bestätigen, dass das Teeka ist? Hyperantrieb-Wartungsschiff, registriert unter der Konzessionsabteilung Healthi-Drive, ausgewiesen als Acht-Null-Fünf."

„Das stimmt. Schick ihm den Code."

„Empfange Bestätigung." Ordo nickte ein paarmal, den Blick auf den Schirm geheftet. Was immer auch vor sich ging, Ny verstand die Unterhaltung nicht. „In Ordnung, Ny, docke bei Pier Neun-Delta an. Sie kommen dann dort längsseits."

Es war nur Routine, sagte sie sich. Sie hatte hier über die Jahre schon Dutzende Male haltgemacht. Die Station lag günstig, um Notfallreparaturen durchzuführen oder eine Reise zu unterbrechen, wenn sie die beiden Hauptrouten zwischen Kern und Tingel-Arm abflog - für gewöhnlich die Hydianische Handelsstraße, manchmal aber auch die Perlemianische. Alles, was sie tun musste, war, sich so zu verhalten, wie sie es auf jeder Reise während der letzten vierzig Jahre getan hatte. Wenn sie gefilzt werden würde, wäre sie nur irgendeine Pilotin, die vier Mandalo-rianer als zahlende Passagiere an Bord hätte. Absolut nichts Ungewöhnliches. Sie überließ dem Computer die letzten Schritte des Anflugs und staunte, dass es ihr selbst nach vierzig Jahren, in denen sie Fracht befördert und ihr Schiff automatisierten Systemen überlassen hatte, immer noch zuwider war, den Steuerknüppel aus der Hand zu geben.

Die Cornucopia glitt an die Landeplattform heran. Halteklammern streckten sich vor, um mit einem alarmierenden Tschunk das Landewerk des Frachters zu sichern. Eine Routine, die man leicht vergaß und die gerade eben auf unangenehme Weise wirkte. Als würden einem Handfesseln angelegt.

Mereel setzte seinen Helm auf und versiegelte seinen Anzug. Danach überprüfte er seinen Blaster. „Okay, lass Teeka einfach zur Reparatur andocken und ich übernehme den Luftschleusentransfer", sagte er. „Und ich möchte euch shabuire nur daran erinnern, dass ich bereits Fleischbüchse gespielt habe."

„Warst du gut?", fragte Ny.

„Hab die Aiwha-Happen reingelegt und die kennen Klone besser als jeder andere. Ordo hat's auch schon gemacht." Mereel verschwand durch die Luke der Achterbrücke und seine Stiefel klapperten auf der Leiter. „Wir haben viel gemacht."

„Er erwartet doch keinen Ärger, oder?", fragte Ny und machte mit ausgestrecktem Daumen und Zeigefinger einen Blaster nach.

„Gewohnheit", antwortete Ordo. „Wir öffnen die Tür einer ruppigen Nachbarschaft."

„Es ist nur ein Frachter-Stopp."

„Wenn wir auftauchen, ist jede Nachbarschaft ruppig."

Prudii kicherte vor sieh hin. „Eines Tages bist du ori'mando, Ny ..."

Der Transfer dauerte nur Minuten, aber er kam ihr länger vor. Ny schlenderte hinunter zu den Seitentüren des Frachtraums und sah zu, wie ein Droide und ein junger Mann im Healthi-Drive-Overall einen schwer beladenen Repulsor durch die innere Luftschleuse lenkten. Es sah aus, als hätten sie den Laden eines Imperialen Quartiermeisters leer geräumt.

„Hat irgendjemand eine Treibstoff-Einspritzdichtung bestellt?", fragte Gaib.

„Gut. Schön, dich in deiner Rolle zu sehen." Mereel deutete mit einem Nicken auf die mattgrauen Plastoidkisten, als der Repulsor vor ihm stehen blieb. Er öffnete einen der Deckel. „Vier Monturen, Gaib. Hast du passende Garnituren in den neuesten Frühlingsfarben besorgt, oder was?"

„Zehn Monturen." TK-0 glitt zwischen Mereel und seinen menschlichen Geschäftspartner. „Wir wissen, wie gerne ihr im Pulk auftretet, daher dachten wir - wieso nicht ein paar mehr anschaffen als angefordert. Einfacher als wegen Sonderwünschen noch mal loszuziehen."

„Ihr denkt auch an alles", spöttelte Mereel.

„Das könnt ihr mit euren Positronen-Gehirnen machen." Der Droide streckte seine Arbeitsarme in die Kisten und begann weiße Plastoid-Rüstungsteile zu entnehmen. „Wusstet ihr, dass ein organisches Gehirn zu sechzig Prozent aus Fetten besteht? Widerwärtig. Wie haltet ihr das nur aus, all diesen Brei im Kopf zu haben?"

Mereel hielt sich eine Panzerplatte vor die Brust, um die Größe zu probieren. „Ist das die neue Bauart? Nicht schlecht. Nicht so elegant wie Kama und Schulterpaulron, aber wenn's sein muss."

Jaing und Prudii klapperten die Leiter herunter und stürzten sich auf die Helme. Sie mussten die Imperialen Comms und Anschlusskomponenten herausnehmen und gegen ihre eigenen gesicherten Systeme austauschen. Und sie schienen hocherfreut, das erledigen zu dürfen. Ny fiel es schwer, keine Kinder in ihnen zu sehen - schwer bewaffnet, kampfgehärtet und tödlich und dennoch Kinder. Sie besaßen ein liebenswert kindliches Vermögen, sich an Dingen zu erfreuen.

„Sonst noch etwas, was ihr brauchen könntet?", fragte TK-0 und streckte Mereel einen Arm entgegen, die metallene Handfläche nach oben gehalten.

„Oh, ich glaube, mit dem hier werden wir eine Weile durchkommen." Mereel legte einen Stapel Creditchips in das Greifwerkzeug des Droiden. Ny versuchte von der Größe des Stapels auf den Wert zu schließen - Fünfhunderttausend? Eine Million? - und dann erinnerte sie sich daran, dass die Zinsen von Skiratas Fond davon nicht einmal einen Kratzer abbekommen würden. Die Zahlen waren zu hoch, um sie zu erfassen.

Ich wünschte, er hätte mir nicht von dem Vermögen erzählt Ich habe doch nicht einmal danach gefragt Ny lernte noch, nie zu viele Fragen zu stellen, in der Gesellschaft, in der sie sich nun befand. Es zählte nicht nur die Reaktion, die sie dadurch eventuell hervorrief, sondern zusätzlich das Risiko der Antworten, von denen sie sich hinterher wünschte, sie lieber nicht gehört zu haben. Immerhin konnte alles, was sie wusste, später aus ihr herausgeprügelt werden, falls jemand dahinterkam, dass sie diese Informationen haben könnte.

Dennoch war sie neugierig wegen der Rüstungen und fragte nach. Sie wollte weniger etwas lernen, als sich die Chancen, erwischt zu werden, ausrechnen. „Dann werden die also keine zehn Mon-turen vermissen?"

„Wir haben den Auftragszuschlag bekommen, ein paar der Rüstungssysteme zu warten", erklärte Gaib. „Daher können wir mangelhafte Monturen als Rücksendungen kennzeichnen. Nur tun wir's nicht. Wir kennzeichnen sie als Behalten und Für ordentlich Profit verkaufen. Außerdem ist diese neue Armee sehr viel größer als die der Republik - Millionen und Abermillionen. Die würden's nicht mal merken, wenn tausend Monturen fehlen würden."

„Oder die Tatsache, dass sie jeder Servodreher, den ich ihnen in Rechnung stelle, zweihundert Credits kostet." TK-0 griff mit seinem Sondenarm in einen der Helme und zog ein paar winzige Chips und haarfeine Golddrähte hervor. „Ihr wisst, dass wir eure Bestellung auch hätten liefern können, oder? Ihr hättet zu Hause bleiben können. Unser Haustürbringdienst, Fünf-Sterne-Dienstleistung."

Jaing blickte von der zerpflückten Helmauskleidung auf, an der er gerade arbeitete. „So einfach ist das nicht. Hier geht's drum, Leute zu schmuggeln."

Ny fragte sich, weshalb er ihm so viel verriet - oder so wenig? Der Droide wusste auf jeden Fall, wer Niner war und dass er eine illegale Comm-Ausstattung in seinem Helm trug, Aber bei diesem Spiel hatte niemand seinen Geschäftspartnern gegenüber mehr in der Hand als ihre Partner gegen sie. Seit sie A'den begegnet war, lernte Ny die Ökologie des Verbrechens sehr schnell.

Wir müssen alle den Mund halten. Wird einer erwischt, werden alle erwischt. Wir alle müssen einander... vertrauen.

Ironie gefiel ihr. Ein Gundark, so sagten die Weisen, reißt dem anderen kein Ohr ab.

Ny Vollen, Steuerzahlerin und aufrechte Bürgerin, war inzwischen eine Verbrecherin und das akzeptierte sie. Sie erkannte, wie leicht es geschah, wieso es geschah, und würde aufgrund ihrer eigenen Fehlbarkeit nie wieder über ein Wesen richten können.

„Komm schon, Mer'ika." Sie legte die Panzerteile einer Montur auf dem Boden aus. „Lass uns nachsehen, ob wir den ganzen Satz haben."

„Alle würden glauben, dass ihr uns nicht vertraut", sagte Gaib vergnügt.

„Oh, das tue ich", erwiderte Ny. „Ich glaube, es sind die gesetzestreuen Leute, die ich im Auge behalten muss."

Sie war einmal einer von ihnen gewesen. Sie fragte sich, was Terin von ihr gehalten hätte, könnte er sie jetzt sehen. Er hätte es verstanden. Da war sie sich sicher.


Besprechungszimmer der Spezialeinheiten, HQ 501ste Legion, Imperial City 


Commander Roly Melusar war ein Mischling, aber Darman machte ihm keinen Vorwurf daraus.

Tatsächlich gefiel ihm der Mann sogar auf Anhieb ganz gut. Er kam mit Ennen in das Besprechungszimmer, in eine ruhige Unterhaltung vertieft. Was auch passiert sein mochte, nachdem Ennen eine corellianische Kremierung für Bry gefordert hatte, Melusar schien dabei etwas bewirkt zu haben, dem Ennen zustimmte. Ennen setzt sich zu Darman und Niner. „Und?", fragte Niner.

„Guter Mann", urteilte Ennen. „Anständiger Mann. Bry hat jetzt seinen Frieden."

Er hatte also die Riten bekommen, die ihm wichtig waren. Das verhieß Gutes. Melusar war aus dem Nichts aufgetaucht, um das alltägliche Kommando der Einheit von Sa Cuis zu übernehmen, der einfach so, ohne jede Erklärung, verschwunden war, wie Spitzel das so an sich hatten.

Wie er da so vor ihnen auf dem Podium stand, schien Melusar seine neue Rolle entspannt zu sehen. Darman versuchte nie voreilige Schlüsse über irgendwelche Wesen zu ziehen, aber dieses Mal fiel ihm das schwer. Melusar war in Ordnung. Er wusste es einfach.

„Wo steckt die Wanze?" Fixers Stimme knisterte als Flüstern über Darmans Helm-Comlink. Das war sein Spitzname für Sa Cuis, obwohl es noch andere, weniger schmeichelhafte gab. „Ich hoffe, er macht 'nen Fünfzig-Klick-Lauf, um ein paar von den Polstern an seinem Hintern wegzuschwitzen."

Boss mischte sich ein. „Wahrscheinlich in einem schwach beleuchteten Raum, wo er irgendeinem vergesslichen Bürger zeigt, wie wertvoll Elektroden dabei sein können, das Gedächtnis auf Trab zu bringen."

Darman wagte es nicht, in dem spärlichen Publikum den Kopf umzudrehen. Als er auf Weitwinkel-Optik schaltete, saßen um ihn herum nur anonym behelmte Gestalten in schwarzen Rüstungen wie seine eigene. Allerdings beruhigte es ihn, zu wissen, dass die Delta-Jungs immer noch da waren. Niemand verlor noch ein Wort über Sev - keinen Ton - und Darman hatte keine Ahnung, was die Brüder des Kerls vorhatten.

Sie waren am Leben. Nur das zählte.

„Agent Cuis wird aufgrund von Rekrutierungsbelangen anderweitig beansprucht", verkündete Melusar. Was zum shab sollte das? Je nichtssagender die Erklärung ausfiel, dachte Darman, desto unheimlicher war die Realität. „Sie müssen es mir nachsehen, wenn ich Dinge wiederhole, die er bereits gesagt hat, meine Herren. Aber gestatten wir uns einen Moment, um unseres Kameraden Bry zu gedenken. Ich kannte ihn nicht, aber Sie alle kannten ihn, und ich weiß, Sie werden ihn vermissen. Es tut mir aufrichtig leid."

Melusar stützte sich auf das Rednerpult - groß, hellbraunes Haar, spindeldürr - und irgendetwas an seinem ernsten Gesicht und dem direkten Blickkontakt erinnerte Darman an Bardan Jusik. Die graue Imperiale Uniform war nur ein Detail, jedoch nicht das, was den Mann als solchen ausmachte. Nach einer Schweigeminute fuhr er fort. Während er zu den Commandos sprach, ging er auf dem Podium langsam auf und ab und gestikulierte, um seine Worte zu unterstreichen. Allerdings der Art, wie sich Politiker verhalten hätten, vollkommen unähnlich. Er erschien wie ein Mann, der glaubte, was er sagte.

„Die Galaxis wird für alle Bürger ein viel sicherer Ort sein, wenn wir die Machtnutzer ausmerzen", sagte er. „Ich meine damit nicht nur die Jedi. Ich meine sie alle. Ich kann Ihnen keinen Vorwurf daraus machen, wenn sie mich als trotteligen Mischlingsoffizier abtun, der die Parteilinie des Imperators nachplappert, aber täuschen Sie sich nicht: Die Macht-Kulte auszurotten, bringt uns allen Stabilität und Sicherheit. Werfen Sie einen Blick in unsere Geschichtsbücher. Sehen Sie sich an, in wie viele Kriege uns Machtnutzer gestürzt haben."

Melusar hatte jetzt definitiv ihre Aufmerksamkeit.

Und er wusste, wie Klone die regellos gezeugten Wesen nannten: Mischlinge. Roly Melusar war ganz und gar nicht wie Sa Cuis. Er wusste, was seine Männer dachten, und er behandelte sie wie die zynischen, überdrüssigen, argwöhnischen Veteranen, die sie tatsächlich waren.

„Wow", murmelte Fixer. „Der weiß, dass wir nicht wie der Rest der Fünf-Null-Ersten sind."

„Weil wir Schwarz tragen und die Weiß", vermutete En-nen. „Wir müssen ja die Bösen sein."

Niner sagte ihnen nicht, sie sollten die Klappe halten. Auch er schien von Melusars sachlicher, geradliniger Einstellung fasziniert zu sein. Normalerweise rutschte er auf seinem Sitz hin und her, als müsste er für alle Ewigkeit stillsitzen, und schlug ungeduldig mit den Zähnen aufeinander. Nun jedoch war er erstarrt - und absolut still. Darman konnte ihn nicht einmal atmen hören. Er schaltete sein Helm-zu-Helm-Comlink ab. In den anderen Sitzreihen verlagerten die Commandos ihre Haltung. Manche beugten sich ein wenig vor, als würden sie ein packendes Holo-vid ansehen, andere lehnten sich entspannt zurück, als wäre ihnen klar geworden, dass sie dem Commander keine kampfeslustige Imperiale Begeisterung mehr vorspielen mussten. Melusar war - soweit das ein Mischlingsoffizier überhaupt sein konnte - einer von ihnen.

Das war es. Das erinnerte Darman an Jusik. Melusar wirkte, als würde er dieses Gefecht mit ihnen zusammen austragen, statt sie nur hineinzuführen. Es wirkte nicht gespielt. Niemand konnte Ehrlichkeit so gut vortäuschen.

Melusar ging weiter auf und ab und klatschte den Handrücken seiner rechten Hand in die Fläche seiner Linken, um seinen Worten Ausdruck zu verleihen. Er redete wie ein normaler Coruscanti. Kein Getue, keine Allüren, kein hochtrabender Tonfall. Wenn er sprach, schien er sich so auszudrücken wie alle, die Darman kannte und liebte.

„Was habe ich gegen Machtnutzer?" Melusar legte eine Pause ein und schien seine Gedanken zu sammeln, als befände er sich in einer Cantina mit ein paar Kumpanen über einem Ale in eine Debatte vertieft. „Alles. Die Jedi haben über Jahrtausende einflussreiche und mächtige Positionen besetzt gehalten, nicht gewählt, niemandem Rechenschaft schuldig, der so ist wie wir - den gewöhnlichen Wesen der Galaxis. Über Generationen haben wir sie finanziert. Wir haben sie ausgerüstet. Wir haben uns aus ihren internen Angelegenheiten herausgehalten und ein Auge zugedrückt, weil wir dachten, sie würden das Kind schon schaukeln. Diese Leute wussten wirklich, wie sie sich zu organisieren hatten, um sich auf Kosten von uns gewöhnlichen Narren den Bauch vollzuschlagen. Und dennoch gibt es noch immer andere Sekten dort draußen, alle dazu fähig, das Gleiche zu tun, wenn wir sie lassen. Die Macht manifestiert sich selbst, wie es ihr gefällt, und dagegen können wir mit Blastem nichts ausrichten, aber die Ausbildung, die Geheimorganisationen, die Ränke, die der Regierung ins Ohr geflüstert werden - das ist unsere Aufgabe. Das können wir ausmerzen."

Die Commandos passten auf. Darman erwartete beinahe, dass jemand aufstand und applaudierte oder zumindest Hurra schrie. Melusar hielt inne, um durchzuatmen, sich umzusehen, dann schien er sich an einen Punkt zu erinnern, den er vergessen hatte.

„Wissen Sie, was mich am meisten beunruhigt? Sie können unsere Gedanken beeinflussen." Er sah aus, als würde er es ernst meinen.

„Sie können einen halluzinieren und Dinge tun lassen, die man nicht tun möchte, und man würde nicht einmal merken, wie es passiert. Das ist das Gefährlichste dabei. Aber jetzt wird damit Schluss sein. Endgültig."

Darman hatte Gedankenbeeinflussung erlebt und so war es ihm eigentlich nicht vorgekommen. Aber auf der anderen Seite waren die Jedi, die er kannte ...

Etain hat mich vorher immer um Erlaubnis gebeten. Sie tat es, um Scorch zu beruhigen. Und Jusik, der - Darman schaffte es, sich am Riemen zu reißen, aber nur kurz. Etains Bild wurde in seinem Kopf wieder lebendig, wurde nicht mehr von der Entfernung getrübt, die er zwischen sich selbst und den Schmerz zu legen versuchte, und das Einzige, an das er in diesem Augenblick denken konnte, war seine Reaktion, als sie ihm erzählt hatte, dass sie ein Baby hatte und dass es seines war.

Er hätte alles gegeben, um diesen Augenblick zu ändern. Er hätte die Geschichte umgeschrieben, sodass er ihr die Arme um den Hals geworfen und ihr gesagt hätte, wie glücklich er war. Aber das hatte er nicht getan. Er war schweigend davongegangen.

Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Nur die Zukunft. Hör auf. Sie ist fort. Hör auf. Sofort. Komm wieder auf Kurs! Finde etwas, auf das du dich konzentrieren kannst, tu etwas, was wichtig ist.

Commander Melusar fuhr mit seiner Rede fort. Eine Weile lang konnte Darman jedes Wort verstehen, nur die Bedeutung drang nicht zu ihm durch. Er schaltete sein Helm-Mikro ab und ließ seinen Tränen freien Lauf. Dieses Mal half es nicht einmal, sich zur Ablenkung auf die Lippen zu beißen.

Als er sich wieder im Griff hatte, stand Melusar mit verschränkten Armen vor der ersten Reihe, hatte einen Stiefel auf einen freien Platz gestellt und diskutierte. Diskutierte das Thema mit einem Commando. Es war Jez, von einer der Aiwha-Squads, einer von Skiratas ursprünglicher, hundert Mann starken Ausbildungskompanie. Er hatte seinen Helm abgesetzt. Ihr alter Chef, General Zey, war eigentlich ganz in Ordnung gewesen, der arme shabuir, nur schien er immer von einem Graben umgeben zu sein, den man nicht überqueren konnte, selbst wenn man sehen konnte, was auf der anderen Seite lag. Melusar war überhaupt nicht distanziert. Er stand direkt neben ihnen im Dreck.

„Demnächst gibt's bei Besprechungen noch Caf und Kekse", witzelte Scorch, jedoch war der Hab-ich-alles-schon-gesehen-Tonfall in seiner Stimme leiser geworden. „Vielleicht so 'ne Commando-des-Monats-Sache, eine Kiste Ale für den missionsbewusstesten Mann."

„Kannst ja General Vos wiederhaben, wenn dir der Führungsstil lieber ist...", murmelte Ennen.

Niner war ungewöhnlich still. Darman schluckte, unfähig, sich Augen und Nase abzuwischen, ohne den Helm abzunehmen. Melusar folgte immer noch seinen Auslassungen. Jez hörte aufmerksam zu. Alle waren gebannt.

„Nehmen wir folgendes Szenario", sagte Melusar. „Was ist mit all den anderen Machtnutzer-Sekten geschehen? Wenn ein Kind Machtbegabung gezeigt hat, sind die Jedi gekommen und wollten es mitnehmen. Die anderen Sekten wollen nicht, dass ihre Machtbegabten von Rivalen abgeworben werden. Sie begeben sich in den Untergrund, um dem Jedi-Rat aus dem Weg zu gehen. Und jetzt, nachdem wir den Jedi in den Hintern getreten haben, werden diese anderen Sekten da glauben, es wäre sicher, wieder hervorzukommen?"

„Nicht, wenn sie meine Auftragsliste gelesen haben ...", meldete sich eine Stimme und alle lachten.

Sie werden Kad holen. Aber wenn er nicht darin geschult wird, seine Kräfte zu nutzen, wird er in Ruhe leben können und Palpatine wird ihn nicht jagen. Wenn die Jedi zurückkehren - werden sie ihn holen.

Genau das treibt mich an. Auch ohne das, was mit Etain passiert ist. Auch ohne den Krieg.

Darmans sorgfältig errichtete Barriere zwischen zwei Persönlichkeiten war endlich zusammengebrochen. Der Schmerz war beinahe unerträglich. Es fehlte nicht viel und er wäre hinausgegangen, um die Pistole an seinen Kopf zu halten und die Qual endgültig zu beenden. Er stand kurz davor, auf jeden einzuschlagen, der ihm in den Weg trat, und sich selbst zu zerstören, so sehr blendete ihn das Elend. Aber als die Barriere einstürzte, spürte er, wie sie etwas anderes freisetzte: den Sohn. Er hatte einen Sohn, dieser Darman, er hatte einen Sohn, den er liebte und um dessen Sicherheit er sich nun kümmern musste. Er hatte eine klare Vorstellung davon, wie er Kads Zukunft zu sichern hatte.

Sorg dafür, dass es nicht noch mal passiert. Sorg dafür, dass die Jedi nie wieder als politische Macht zurückkehren.

Der Schmerz machte es ihm fast unmöglich, zu schlucken, dennoch konnte er ihm in diesem Augenblick ins Auge sehen, weil er einen Grund dazu hatte.

„Der Jedi-Rat hat gute Arbeit darin geleistet, so zu tun, als sei er das einzige Sprachrohr der Machtnutzer", fuhr Melusar fort, ohne sich vermutlich bewusst zu sein, dass er Darman mit einem einzigen beiläufigen Kommentar eine neue Bestimmung gegeben hatte. „Aber mittlerweile sehen wir, wer noch da draußen steckt. Die Korunnai auf Haruun Kal - die sind dort alle machtbegabt, vielleicht Abkömmlinge einer verloren gegangenen Jedi-Mission. Wenigstens wissen wir, wo sie sind. Kein Kult, aber ein potenzieller Ausgangspunkt für einen. Stellen Sie sich einen Planeten voller Leute vor, die dazu ausgebildet werden könnten, das zu tun, was die Jedi konnten. Das ist eine Waffe, die nur darauf wartet, zusammengesetzt zu werden."

Darman dachte an Jusik, der sich ein Bein ausgerissen hatte, um mithilfe der Macht Fis Hirnschaden zu heilen. Dann dachte er an ein paar Jedi, die den Kaminoanern die Hände schüttelten, während sie eine bestellte Klonarmee in Empfang nahmen. Er wusste nie, welche Sorte Jedi er abbekommen würde.

„Sie nennen uns Balawai, nicht wahr?", sagte Jez. „Jeder, der kein Korunnai ist, ist ein Unterlebender, und von denen halten sie nicht viel."

Genau wie die aruetiise, dachte Darman. Mandalorianer teilten ihre Welt in Mandos und Nicht-Mandos ein, obwohl das Wort von Fremder bis hin zu Verräter alles Mögliche bedeuten konnte, je nachdem, wie es gesagt wurde. Aber es bedeutete niemals willkommener Besucher. Darman fühlte sich immer unwohl, wenn er feststellte, dass er etwas mit Leuten gemeinsam hatte, die anderweitig seine Feinde waren. Dabei handelte es sich meistens um den schlechten Kram, selten um den guten.

Die Commandos wirkten inzwischen völlig entspannt. Melusar konnte gut mit ihnen.

„Haben Sie irgendein vertracktes Dossier über unsere machtprotzenden Freunde erstellt, Sir?", fragte Ennen. „Hört sich fast so an."

„Kenne deinen Feind", erwiderte Melusar und tippte sich dabei mit dem Zeigefinger an die Schläfe. „Die erste Waffe im Arsenal. Um mit ihnen fertig zu werden, müssen wir sie verstehen. Ja, ich habe sie über die Jahre studiert. Aber es war die Vereinigung der Volksuntersuchung, die das Material zusammengestellt hat."

Ennen verschränkte die Arme. „Ist das dieser Jedi-Überwachungsverein? Die Typen, die mehr Transparenz bei den Jedi-Ausgaben gefordert haben und denen die Republik dann die HoloNet-Station dichtgemacht hat?"

„Na, sieh mal an, wer da Buch führt. Gut erinnert, Ennen. Und ja, die haben dann gerufen: ,Wir haben's euch ja gesagt.'"

Zey hatte bei solchen Unterrichtungen niemals einen Lacher hervorrufen können. Armer, alter Sa Cuis; Wo immer er momentan stecken mochte, die Imperiale Com-mando-Spezialeinheit würde seine Führung nicht vermissen. Roly Melusar hatte sich die Schwadronen zu eigen gemacht und dazu hatte er nicht einmal eine halbe Stunde gebraucht.

„Guter, alter Roly", witzelte Scorch. „Holy Roly." „Das bleibt hängen ...", meinte Boss.

Niner zuckte plötzlich, so als hätte ihn etwas aufgeschreckt. Darman fragte sich, ob er am wegdösen war. „Netter Typ, aber gefährlich." Von Ennen oder von Delta Squad kam keine Reaktion. Nur Darman konnte Niners Stimme hören. „Aber weiß er, dass Palpi ein Sith ist?"

Niner war also endlich zu dem Schluss gekommen, dass es sicher war, sich über Privatkanäle zu unterhalten. Darman meinte, dass er angespannt klang, aber das war vielleicht nur wieder seine angeborene Paranoia, die ihn übermannte.

„Ist das bestätigt?", fragte Darman. „Wo hast du das gehört?"

„Bloß ... Gerede. Vader hat ein rotes Lichtschwert. Jusik meinte, die Sith hätten solche."

„Wenn Melusar es weiß", sagte Darman, der sich nicht allzu sehr um Sith sorgte, „dann ist es ihm entweder egal oder er meint, Sith wären nicht so gefährlich wie Horden unerlaubter Machtnutzer. Oder er baut vielleicht darauf, es auszusitzen, bis Palpatine stirbt."

Melusar musste nichts von alldem diskutieren. Jeder Commando im Raum wusste, worin seine Aufgabe bestand: Die Ziele auf seiner Liste umlegen. Begründungen waren nicht erforderlich. Zu wissen warum, war nützlich, denn der Kontext half dabei, sich ein Bild davon zu schaffen, wen man jagte und wie der Betreffende in einer bestimmten Situation reagieren würde. Aber Grundfragen diskutieren - nein. Die Republik hatte sich nie auf diese Art der Auseinandersetzung eingelassen und das Imperium schien es auch nicht vorzuhaben. Melusar erklärte allerdings ganz deutlich, wieso die Dinge getan werden mussten, wie Skirata, und er griff dabei nicht auf Schlagwörter wie Freiheit oder Demokratie zurück, die alles bedeuten konnten, einschließlich des genauen Gegenteils.

„Also, wir haben noch mehr Informationsstückchen", sagte Melusar und drehte sich zu einer Holo-Anzeige um, die Notizen an die Wand hinter ihm projizierte. Er kritzelte auf sein Data-pad und die Worte und Zeilen erschienen auf der Anzeige. „ Wir wissen, dass immer noch Jedi hier in Imperial City festsitzen. Und wir wissen, dass manche über Whiplash und andere Untergrundbewegungen vom Planeten geflohen sind. Ihre Führungsetage wurde beinahe völlig ausgelöscht, daher erwarte ich, dass sich manche um die Cha-rismatiker unter den verbliebenen Mitgliedern gruppieren werden. Ein Name, der immer wieder auftaucht, lautet Meister Djinn Altis."

Er notierte den Namen ALTIS auf die Anzeige und trat zurück, um sich das Geschriebene anzusehen, wobei er mit seinem Griffel geistesabwesend auf seine Handfläche tippte. Ein paar Kerle in der ersten Reihe schüttelten den Kopf.

„Ist mir noch nie begegnet, Sir."

„Das liegt daran, dass er niemals Teil von Yodas Rat war. Ging seiner eigenen Wege. Stand der Republik letztendlich bei, aber seine Gruppe bestand trotzdem aus Andersdenkenden. Antiquierte Jedi-Einstellungen. Zurück zu den Wurzeln. Sehr beliebt bei Zivilisten, weil sie anfingen, Kriegsopfern zu helfen." Melusar machte eine Pause, um ein paar Worte aufzuschreiben: ANTARIANER - JEDI-AUSSENSEITER - JAL SHEY - MACHTNUTZER ODER NICHT? Es glich einer Einkaufsliste und war eine Gedächtnisstütze, um diese Themen später wieder aufzugreifen. „Ich bin mir über ihre Philosophien nicht ganz im Klaren, aber sie gestatten es, zu heiraten und Familien zu haben, also gab es bestimmt keine Willenseinigung zwischen Yoda und Altis."

Den letzten Teil des Satzes hörte Darman nicht mehr.

Jedi, die Heirat erlauben. Familien.

Plötzlich regte sich das Messer, das in seiner Brust saß, seit Etain getötet wurde, und seine Hoffnungen ausbluten ließ, und bohrte sich tiefer.

Hätte sich Etain diesem Altis angeschlossen ... wäre nichts von all dem passiert.

Sie hätte eine Jedi und eine Ehefrau sein können, ohne Schuldgefühle und Geheimhaltung. Andere Jedi haben es getan. Melusar hatte es ihm gerade erzählt. Darman wusste, dass der Rat der Jedi die Regeln zugunsten von Ki-Adi-Mundi zurechtgebogen hatte. Jedoch das hier war etwas anderes, eine ganze Art von Jedi-Denken, das er nie gekannt hatte, und die Tatsache, dass es sogar verbreitet gewesen war, schien es noch schlimmer zu machen.

Er konnte es den Jedi nie vergeben, dass sie Etain und ihn auseinandergehalten hatten, bis es zu spät war. Es war überhaupt nicht Kal'buirs Schuld. Die Jedi hatten sie im Stich gelassen.

Und ich habe sie auch im Stich gelassen. Ich hätte in der Lage sein müssen, auf sie aufzupassen.

Er konnte seinen Sohn nicht genauso hängen lassen, wie er es mit seiner Frau getan hatte. Er musste sich zwischen ihn und alle anderen stellen, die ihm etwas zuleide tun wollten - von den Jedi, die ihn für sich beanspruchten, bis zum Imperium, das die Machtnutzer auslöschen wollte.

Es musste getan werden, um Kads willen. Die Galaxis konnte ihm gestohlen bleiben.

Ich weiß sehr viel mehr über Jedi als die meisten Klone -sogar als die meisten Mischlinge. Ich habe keine Angst vor ihnen. Ich weiß, wie man sie kleinkriegt. Für Etain, für Kad, für alle, die mir am Herzen liegen.

„Holy Roly", kicherte Fixer vor sich hin, ohne sich über Darmans Moment der Klarheit bewusst zu sein. „Genau, das haut hin. Ein echter Heiliger."

Darman wollte keinen Heiligen als Chef. Er wollte einen Soldaten und er wollte an ihn glauben können, so wie er an Kal'buir geglaubt hatte. Vader-Vader hatte ein Lichtschwert. Er benutzte die Macht. Das bedeutete, er war ein potenzieller Feind, jemand, der ein persönliches Interesse daran hatte, Kad zu jagen, um ihn entweder zu ermorden oder um ihn in den Sith-Club aufzunehmen. Die Sith und die Jedi waren zwei Seiten derselben Münze; das hatte Skirata gesagt.

Aber Roly Melusar war ein gewöhnlicher Mensch, der sich keinen Illusionen über die Jedi oder irgendwelchen anderen Machtnutzer-Sekten hingab.

„Hey", flüsterte Scorch. „Schon gehört? Es heißt, Vader ist losgezogen, um neue Klonspender zu suchen. Vielleicht sind das die Rekrutierungsbelange, mit denen Dickerchen Cuis beschäftigt ist."

Darman glaubte immer noch, dass Cuis ein Machtnutzer war. Und wenn irgendwelche Rekrutierungen anstanden -würde Kad nicht dabei sein.

Iri Camas war der erste Jedi, gegen den Darman gekämpft hatte, aber er würde nicht der Letzte sein.


Kyrimorut, Mandalore 


Skirata hackte Holz im Hof und ärgerte sich.

In der Vergangenheit war er es gewesen, der in den Krieg zog und eine Familie zurückließ. Inzwischen war er derjenige, der auf Nachricht wartete, und plötzlich hatte er eine sehr viel bessere Vorstellung davon, was llippi alles durchgemacht hatte, während sie verheiratet gewesen waren. Warten war hart. Trotz der neuesten Comlinks und Transponder, die zur Verfügung standen, um in Kontakt zu bleiben -ein Luxus, den seine Exfrau niemals gehabt hatte -, zogen sich die Minuten endlos leer dahin und bettelten darum, mit falschen Mutmaßungen gefüllt zu werden.

So fühlt es sich also an, zurückzubleiben. Entschuldige, Ilippi. Ich habe das nie richtig verstanden.

Jedes Mal, wenn er die Axt auf das Harzholz niedersausen ließ, stieg ihm der stechende Geruch in die Nase. Wahrscheinlich war es dieser Geruch, der all die Erinnerungen wachrief. Der süße, medizinische Duft des Harzes erinnerte ihn an die ersten Monate seiner Ehe, als er verrückt nach einer corellianischen Nachtclubkellnerin namens llippi Jiro gewesen war. Er hatte versucht, ihr ein paar der grundlegenden Fertigkeiten einer mandalorianischen Ehefrau beizubringen -wie man einen einfachen Unterschlupf im Feld baut, ein vheh'yaim, oder wie man am offenen Feuer kocht. Sie kam nie ganz dahinter, wie man richtig Holz hackt. Ihm war es egal. Er liebte sie, sie hatten ein Kleinstadthaus in Shuror, in dem sie nie über offenen Flammen kochen musste, und er glaubte, das Feuer in ihrer Beziehung würde niemals erlöschen.

Ich kann für Monate fortgehen, ein ganzes Jahr sogar, ohne an sie zu denken. Und jetzt ist sie zurück, als sei es erst gestern gewesen.

In Ruu konnte er jedoch keine Spur von ihr entdecken. Das Mädchen ähnelte ihm selbst so sehr, dass er es schon beunruhigend fand. Wenn sie auch noch Anzeichen seiner Charakterschwächen zeigen würde, wäre es wie eine Vorhaltung, mit der er leben müsste. Sie würde ihm immer vor Augen stehen und ihm wäre vollkommen klar, warum das Schicksal sie wiedervereint hatte.

Das Knirschen von Stiefeln näherte sich langsam von der Seite. Skirata sah aus dem Augenwinkel, dass es Vau war.

„Wenn du dich so sehr sorgst", sagte Vau, „brauchst du nur dein Comm zu nehmen und sie anzurufen."

Skirata richtete seinen Blick stur auf den Holzklotz, der auf dem Hackblock balancierte. Er würde noch einen Axtunfall zu viel erleben, wenn er sich ablenken ließ.

„Wenn sie einen heiklen Job erledigen, könnte ich vielleicht zur falschen Zeit anrufen ... " Skirata holte mit der Axt aus, zog durch und teilte einen weiteren Holzklotz in zwei saubere Hälften. Es war eine Art Meditation - nichts Mystisches, nur das Leben im Augenblick durch die Wiederholung einfacher und notwendiger Handlungen ohne Nachdenken, das beste Mittel, um den Verstand ruhigzustellen. „Genau wie damals."

„Dir ist schon klar, dass Niner und Darman Imperial City schon längst auf eigene Faust hätten verlassen können? Meine Güte, sie sind Commandos. Irgendwo rauskommen können sie am besten - gleich nach reinkommen, natürlich."

„Ja, aber sie haben es nicht getan. Das sagt mir, dass Extraktion nötig ist."

„Genau das bereitet mir Sorge", sagte Vau. „Will sagen?"

„Darman hat einen Sohn hier. Sogar Niner hat am Ende zugestimmt, zu desertieren. Sie hatten jeden Grund, abzuhauen, sobald Niner wieder laufen konnte. Aber sie haben es nicht getan."

„Du weißt genauso gut wie ich, dass man den richtigen Zeitpunkt abwarten muss, um sich aus so einer Situation zurückzuziehen."

Skirata hatte nicht darüber nachdenken wollen. Trotzdem fragte er sich, ob er nicht vielleicht alles falsch beurteilt hatte und die beiden Klone in der Armee bleiben wollten. Falls sie es wollten, dann war es allein seine Schuld. Er war dafür verantwortlich gewesen, dass Etains Schwangerschaft vor Darman geheim geblieben war, keine einmalige Lüge, sondern tagtägliche Verheimlichung, bis das Baby ein Kleinkind war. Wenn Darmans Beziehung zu dem Kind nicht so stark war, dass für ihn nichts wichtiger war, als bei ihm zu sein, dann nur, weil Skirata ihm ein verdorbenes Beispiel für einen Vater gewesen war. Und Niner - Niner besaß ein unerschütterliches Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein, das Skirata genährt hatte.

Ich habe sie darauf trainiert, perfekte Soldaten zu sein. Jetzt will ich, dass sie das alles vergessen und hierherkommen, um mit mir abtrünnige Mandos zu spielen. Was erwarte ich da?

„Ja", sagte Vau, als hätte er während Skiratas langem Schweigen in Gedanken eine Diskussion mit sich selbst geführt. „Ich werde zu nervös. Zu viel ungenutzte Zeit. Sicherlich haben sie nur auf den richtigen Moment gewartet."

„Hat keinen Sinn, sich den Weg nach draußen zu erkämpfen, wenn man auch rausspazieren kann", sagte Ski-rata. Er blickte auf den Chrono auf seinem Unterarmpanzer. „Mittagessen. Komm schon, genießen wir ein paar schöne sha'kajir Momente mit unseren hoch qualifizierten Kameraden."

Sha'kajir bedeutete, sich zu einem Mahl zusammenzusetzen, und hatte über die Zeit auch die Bedeutung eines Waffenstillstands gewonnen. Während eines ausgiebigen Essens konnte alles geklärt werden. Es war der neutrale Boden, auf dem man «sagte, was man zu sagen hatte, und auf dem jeder wie ein Verwandter behandelt wurde, zumindest bis das Essen vorüber war. Er war immer noch dabei, seinen Waffenstillstand mit Uthan auszuhandeln.

Vau rang sich ein Lächeln ab. „Mij'ika scheint ein ganz neuer Mann zu sein, seit er jemanden gefunden hat, mit dem er über Bakteriologie und kongenitale Urethrasteno-sen diskutieren kann. Wenn doch nur alle so leicht zufriedenzustellen wären."

„Aber doch wohl nicht bei Tisch, will ich hoffen."

„Alles nur große Worte, Kal. Die ganzen medizinischen Einzelheiten, von denen dir wirklich schlecht wird, verstehst du sowieso nicht."

Skirata ignorierte den kleinen Seitenhieb einfach. Vor einem Jahr noch oder weniger wäre darüber der alte Streit wieder ausgebrochen, aber beide waren inzwischen der Ansicht, ihre Meinungsverschiedenheiten wären die Mühe nicht wert. „Weißt du, Walon, ich kann Uthan nicht nicht mögen. Ich hab's versucht, aber ich kann nicht."

„Du hast auch keine Abneigung gegen Kina Ha und ich weiß, du meinst, du müsstest allein schon der Ehre halber eine aufbauen." Vaus Gesichtsausdruck war milder geworden und das passte überhaupt nicht zu ihm. Die Natur hatte ihn dazu auserlesen, ein brutaler, unerbittlicher Adliger zu sein. Ein Mann, der Diener schlug, während er seinem reinrassigen Vieh mehr Zuneigung schenkte. Es war in seinen Knochenbau eingepflanzt, zeigte sich in seinem rauen, aristokratischen Gesicht. „Von der Spezies mal abgesehen, wünschte ich, meine Mutter wäre so gewesen. So groß, so liebenswürdig. Sie hat mehr von einer Gräfin, als meine Mutter je hatte."

Soweit es Skirata betraf, änderte Alter nicht das Geringste. Vau schien zu denken, hohes Alter wäre eine Art Heiligkeit, als ob einem das Leben einen Neuanfang schenken würde, nur weil man zu schwach war, die Schläge zu erwidern, die es austeilte. Skirata zog an der Tür seine Stiefel aus und stellte sie im überdachten Vorraum ab.

„Wenn Demagol plötzlich hier hereinkäme, viertausend Jahre alt", sagte er, „was würdest du dann tun?"

„Ihm sagen, dass er sich zur Abwechslung mal nützlich machen und Uthan im Labor zur Hand gehen soll."

„Im Ernst."

„Du fragst mich, ob ich vor einem sehr bejahrten Mann den Blaster ziehen und ihm für seine Eugenik-Verbrechen die Kniescheiben rausschießen würde?"

Skirata fragte sich, ob Vau auch seinem verhassten Vater bloß deshalb vergeben würde, weil er steinalt geworden war? Er bezweifelte es. „Ich bin nur ein Verbrecher, der versucht, Moralphilosophie zu ergründen, Wal'ika."

„Dann muss ich sagen, dass ich ihm erst gegenüberstehen müsste, um die Antwort zu wissen. Aber ich bin mir sicher, dass du glaubst, deine schon zu kennen."

„Tue ich. Es ist okay, einen hilflosen, alten Mann zu erschießen. Denn als er nicht hilflos war, hat er einigen Lebewesen aus purer wissenschaftlicher Neugier ein paar schreckliche Dinge angetan." Skirata zog im Vorraum die Platten seines Brustpanzers aus. Er bot bei jeder Arbeit einen guten Schutz, ob man nun Holz klein schlug oder Trandoshaner. Außerdem stützte er auf willkommene Weise alte Gelenke. „Keine Sorge, Kina Ha ist sicher. Shab, sie war ein Mängelexemplar, soweit es die Aiwha-Happen anging. Ich bezweifle, dass sie ihre Unterschiedlichkeit gepriesen hätten, wenn sie ihnen für ihre Basteleien nicht irgendwie von Nutzen gewesen wäre."

Zwei Geräusche wetteiferten um Skiratas Aufmerksamkeit, als er in den Korridor trat. Das eine rührte vom Klappern des Essgeschirrs her, vermischt mit dem schwach summenden Ton eines Holo-Empfängers aus der Küche. Der andere Ton weckte nach wie vor gemischte Gefühle in ihm: Das Vzzzm-vzzzm-vzzzm von einem Lichtschwert in Bewegung.

Tatsächlich handelte es sich um zwei Lichtschwerter. Das eindringliche Summen überschnitt sich, also war Jusik mit irgendwem beim Kampftraining und Skirata bezweifelte, es wäre Kina Ha.

Er nickte Vau zu, um ihn wissen zu lassen, dass er nachsah. Sein Weg führte ihn zu einem der leeren Räume, dessen Tür weit offen stand, ein Schlafzimmer für einen Deserteur, derein Dach über dem Kopf brauchte. Jusik, in voller Rüstung, bis auf seinen Helm, duellierte sich mit Scout. Er hielt sofort inne. Skirata bedeutete ihm, weiterzumachen und nicht auf ihn zu achten.

„Wir versuchen, unaufdringlich mit den Lichtschwertern zu bleiben", sagte Jusik und hielt seine Klinge dabei weit nach rechts, während Scout in Stellung ging. „Entschuldige, Kal'buir."

Skirata zuckte mit den Schultern. „Achte einfach nicht auf mein Gefasel. Ich hab auch schon mal eines benutzt, erinnerst du dich?" Er hatte tatsächlich einmal Jusiks benutzt. Er hatte damit einen Jedi getötet in den kurzen, hektischen Sekunden des Schocks, nachdem Etain niedergestreckt worden war. Er fragte sich, ob es Jusik inzwischen schwerfiel, es zu halten, und ob die Klinge ihm von verlassenen Brüdern erzählte oder ob sie irgendwie den Wendepunkt markierte, an dem er seine Jedi-Identität hinter sich gelassen hatte. „Lichtsäbel... sie kennen keine Dünkel. Du kannst einen schwingen, ganz gleich, wer dein Vater war."

„Scout muss auf Zack bleiben." Jusik schien eine Entschuldigung für das Training zu brauchen. „ Eines Tages wird sie sich wieder selbst verteidigen müssen."

Jusik wirbelte herum. Scout reagierte und blockte seinen Hieb ab, noch bevor er sein Gewicht hineinlegen konnte. Sie schien zu wissen, in welche Richtung er sich bewegen würde, noch bevor es ihm selbst klar war. Sie tat es wieder und wieder. Schließlich hielt Jusik sein Lichtschwert fast wie ein Messer, Cantina-Kampfstil, sein Gewicht auf beide Füße verteilt, Knie gebeugt und hin-und her wiegend, bevor er nach vorn schnellte. Und sie blockte seine Klinge trotzdem ab. Dann machte sie einen Satz nach vorn und traf ihn an seinem Brustpanzer. Ein rußiger Kratzer zog sich über die grüne Farbschicht.

„Entschuldigung!" Sie hielt sich mit der Hand den Mund zu. „Wow, Lichtschwerter machen einer richtigen bes-kar'gam tatsächlich nicht viel aus, was?" Sie trat vor und fuhr mit dem Finger über den Kratzer. „Es hat nur die Farbe versengt. Das Metall ist in Ordnung."

„Deshalb trage ich beskar und keinen Durastahl." Jusik blickte hinunter auf die Kerbe und zwinkerte. „Schau mal, Kal'buir, das hier wird meinen Ruf ohne Ende aufwerten. Hat gegen Jedi gekämpft und überlebt, um mit den Spuren prahlen zu können."

Selbst harmlose Kommentare erweckten das Bild des Chaos bei der Shinarcan Brücke in Skirata zum Leben. Aber er konnte nicht durchs Leben gehen und bei jedem Wort zusammenzucken. Er zwang sich, sich jeder schmerzhaften Silbe zu stellen.

„Mittagessen, ad'ike", sagte er und klatschte in die Hände, um sie anzutreiben. „Wir sind heute dünn gesät. Wenn wir Jilka warten lassen, zieht sie uns das Fell über die Ohren."

In der Küche saßen Vau, Uthan und Gilamar am Tisch und sahen sich die Holonews an, während Besany und Jil-ka Arla dabei halfen, das Essen aufzutragen. Es war das erste Mal, dass Arla sich zu ihnen gesellte. Sie wirkte verloren, aber andererseits war die Küche nach Jahren in einer gepolsterten Zelle auch ein ziemlich chaotischer, lärmender Ort.

„Du musst entschuldigen, dass ich den Holo hier reingeschleppt habe", sagte Gilamar. „Aber auf Gibad spitzt sich die Lage zu."

„Kein Problem." Skirata bediente sich an den Brotröllchen. „Wo stecken denn alle?"

„Fi, Parja und Corr sind mit Mird auf die Jagd gegangen", antwortete Besany. „Kina Ha meditiert am See und alle anderen sind beim Fischen oder helfen Levet dabei, Bohnen zu säen. Oh ja, Laseema hat Kad mitgenommen, nachdem sie ihn schön warm eingemummelt hat. Hab ich jemanden vergessen?"

„Du kennst mich zu gut, ad'ika."

Besany zwinkerte. Jilka war nicht mit Corr losgezogen, also taute ihre Beziehung zu Besany vielleicht langsam auf. Skirata hoffte es.

„Will mir irgendwer das Neueste über Gibad erzählen?", fragte er.

Uthan wandte ihren Blick nicht vom Schirm ab. Die Ho-lo-Übertragung kam live vom Vorplatz des gibadanischen Parlaments, eine trügerisch freundliche Szenerie, von Bäumen gesäumt und mit einem schmückenden Brunnen in der Mitte. Skirata entdeckte gepanzerte Fahrzeuge vor dem Gebäude, Truppen, welche die riesigen Bronzetüren am oberen Ende der Treppen bewachten, die sich über die gesamte Breite des Säulenbaus erstreckten. Kästen mit aktuellen Meldungen liefen über den Schirm oder blitzten kurz als feststehende Felder auf.

„Sie haben Palpi gesagt, er könne ihre versammelten shebse lecken", erläuterte Gilamar. „Also zählen sie jetzt runter zur Kapitulationsfrist und stehen bereit für einen kompletten Orbitalangriff."

So schön der Planet auch war, es gab nichts, worum es sich in Gibad zu kämpfen gelohnt hätte, außer dem Rest der Galaxis eine Lektion zu erteilen. Uthan wusste wahrscheinlich, was kommen würde. Skirata fragte sich, ob er es ertragen könnte, hilflos zuzusehen, wenn es sich um Keldabe gehandelt hätte und er Lichtjahre entfernt festsitzen würde. Er bezweifelte es. Aber nicht zuzusehen, wäre ihr wahrscheinlich wie eine Pflichtversäumnis vorgekommen.

„Doktor, haben Sie noch Familie dort?", fragte Jilka.

„Indirekte Familie, ja. Kollegen am Institut. Freunde ..."

Skirata verspürte eine fahle Kälte in seinem Bauch aufsteigen. Sie konnte drei Jahre lang keinen Kontakt zu ihrer Heimat herstellen. Ich hatte nie daran gedacht, dass sie vielleicht anrufen und mit ihrer Familie sprechen will, aber andererseits hätte ich das sowieso nicht riskiert. Jetzt hat sich alles geändert. Soll ich sie zu Hause anrufen lassen?

Es sah aus, als wäre es bereits zu spät. Er ließ sein Com-link trotzdem zu ihr über den Tisch rutschten. Sie sah ihn an, dann nahm sie es in die Hand.

Falls sie etwas Törichtes versuchte, konnte er sie immer noch erschießen. Das Comlink war nicht zurückzuverfol-gen. Sie tippte einen Code ein und hob das Comlink langsam an ihren Mund.

„Sessaly? Sessaly, meine Liebe, bist du's? Ja, ich bin's, Qail ... ja, mir geht's gut, ich bin in Sicherheit, ich ... " Uthan sah Skirata nur eine Sekunde in die Augen, dann wandte sie ihren Blick wieder ab. „Ich kann nicht sagen, wo ich bin, aber alles ist bestens ... nein, jemand hat mich rausgeholt, aber das spielt keine Rolle, geht es dir gut? Wirklich? Ich sehe mir alles in den Nachrichten an ..."

Skirata wünschte, er würde noch schlechter hören, als er es ohnehin schon tat, denn es war schrecklich, den panischen Unterton in Uthans Stimme zu hören. Sie war hart wie Durastahl - bis jetzt. Und das machte es umso schlimmer. Jusik tätschelte seinen Arm, als er sich neben ihn setzte, und für ein paar Minuten versuchten alle zu essen und vorzugeben, sie würden Uthans zunehmend emotionale Unterhaltung nicht hören. So wie es sich anhörte, war Sessaly offenbar ihre Cousine.

Skirata konzentrierte sich auf den Nachrichtensprecher und erkannte, dass der Reporter vor Ort ein Droide hinter einer Holokamera war.

Na schön, schickt eine Büchse rein, um einen Krieg aufzuzeichnen - aber er wird in dem Moment eingeschmolzen werden, in dem die Turbolaser loslegen. Welche Art von Propagandaschau soll das bitte sein?

„Wie wir erfahren, ist die Kapitulationsfrist mittlerweile ohne eine Zusage vonseiten der Regierung Gibads abgelaufen", berichtete der Sprecher. „Der Imperator hat nun den Einsatz von Gewalt zur Wiederherstellung der Ordnung autorisiert."

Auf Skirata machte Gibad einen recht ordentlichen Eindruck.

Oh, shab ...

„Sessaly, du musst dringend irgendwo Schutz suchen." Uthan stand auf und raufte sich mit einer Hand durchs Haar. „Bitte. Wir können später noch reden. Such einfach nur einen Schutzraum auf. Bitte."

Selbst eine Frau, die bereit war, Millionen umzubringen, hatte Gefühle. Skirata blickte zu Gilamar, der ein sehr viel gefühlvollerer Mann war, als die meisten annahmen, und sah, wie er mit ihr litt. Skirata hätte niemals darauf gewettet, dass sich die beiden so nahekommen würden.

„Nein ...", murmelte sie. Das Nachrichtenlaufband, das über das untere Ende des Bildes lief, verkündete KAPITULATIONSFRIST FÜR GIBAD AUSGELAUFEN -IMPERIALE KAMPFTRUPPEN BEGINNEN ANGRIFF. „Sessaly, bleib im Keller, hörst du mich? Sessaly? Sessaly!"

Gilamar stieß einen langen Seufzer aus. Uthan blickte mit feuchten Augen auf das Comlink.

„l-ich glaube, die ausgehenden Comm-Signale wurden blockiert", sagte sie.

Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass Sessaly es schaffen würde, aber Skirata brauchte nicht sehr lange, um ihre Chancen auszurechnen. Uthan gab ihm das Com-link zurück und schaute mit starrem Blick auf den Schirm. Scout und Jusik beobachteten sie mit ernsten Gesichtern und dann beugte sich Scout vor, um der Frau ihre Hand auf den Arm zu legen. Welche Ausstrahlung Scout und Ju-sik auch immer von ihr wahrnahmen, es musste sehr viel erschütternder sein als das, was Skirata ihr ansah.

„Wer zeichnet das auf?", fragte Gilamar. Er wirkte gleichermaßen unglücklich. Shab, er hatte Uthan viel zu lieb gewonnen. „Wenn das Bombardement angefangen hat, dann verpassen sie es."

„Droide", sagte Skirata geistesabwesend. „Bis ihn das Laserfeuer trifft."

Seltsam ...

Das Bild der Holokamera glitt hinauf in den Himmel, richtete sich auf etwas in den Wolken und dann nahmen kleine schwarze Punkte die Form von Jägern an - zumindest glaubte Skirata das. Dann wurde ihm klar, dass es keine Militärflieger waren, sondern Droiden-Feldspritzen.

Als die Holokamera näher heranzoomte, erkannte er dünne Wolken, die aus ihren Unterseiten ausströmten.

Gilamar schien schneller als er zu begreifen. „Nein, das ist selbst für Palpatine zu widerwärtig."

Der Angriff hatte durchaus begonnen. Aber es gab kein Bombardement. Und nun wusste Skirata auch, weshalb der Reporter ein Droide war, denn es würden keine Turbolaser auf Gibads Städte gerichtet werden. Alles würde am morgigen Tag noch stehen.

Feldspritzen taten nur eines. Sie versprühten Chemikalien. Und das war es, was diese Flotte anscheinend gerade tat.

„Chemische Waffen", sagte Gilamar. „Durch und durch feige. Hutuune."

Ja, ein Feigling benutzte solche Waffen. Skirata fragte sich, ob es eine Rolle spielte, wie man in einem Krieg starb, solange es nur schnell ging. Aber die Art und Weise des Kampfes einer Armee entschied darüber, ob ihre Gesellschaft ehrenwert war oder aus einem Haufen Wilder bestand. Skirata konnte sich keinen schlimmeren Angriff vorstellen, als Chemikalien auf eine Stadt abzuwerfen, statt Truppen landen zu lassen. Was immer die aruetyc Welt von den Mandalorianern halten mochte, sie besaßen ihren Verhaltenskodex, und Zivilisten in einen Krieg hineinzuziehen, als Ziele, Schilde oder sonst was, bedeutete, dass alles möglich war. Ein solcher Feind verdiente keine Gnade und bekam auch keine.

Aber es ist Palpatine. Wir werden nicht gegen ihn kämpfen. Jedenfalls nicht heute. Also werde ich es für die Zukunft zu den Akten legen.

Das Kellerversteck würde Sessaly nicht retten. Niemanden. Uthan schloss die Augen, legte ihre Hand über den Mund und weinte still, während die Droiden-Kamera den Winkel veränderte und ihren Fokus auf die Stadt selbst richtete. Gilamar nahm ihre Hand und warf Scout einen Blick zu. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie wie eine Familie aus.

Skirata wandte seinen Blick ab. Er fühlte sich wie ein Voyeur und fragte sich, welchen chemischen Wirkstoff das Imperium verwendete. Dann durchfuhr ihn ein schrecklicher Gedanke. Er fragte sich, ob es sich überhaupt um eine Chemikalie handelte.