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Dreizehn

«Doppelmord – eine außerordentlich unangenehme Geschichte», Heinrichs tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

«Aber es kann ja gar nichts passieren», frotzelte van Appeldorn, «wo du doch sein vollstes Vertrauen hast, Helmut.»

«Genau», rief Ackermann und sprang auf. Er riss sich die dicke Hornbrille von der Nase und wedelte wild damit herum. «Servieren Sie uns doch ma’ ebkes kurz den Mörder!»

«Setz dich, Ackermann», stöhnte van Appeldorn. «Also, was ist? Wer übernimmt was?»

«Astrid hat ihre Aufgabe», sagte Toppe, «Günther und ich befragen weiter die Bigband. Wie viele sind das jetzt noch?»

Breitenegger zählte. «Fünf. Die zwei Püplichhuisens kommen ja gleich. Bleiben noch Daniela Tappeser, da habe ich noch keinen erreicht. Derksen, der Vertreter, kommt um zwei, hat seine Frau mir versprochen, und dann der Student aus Bonn. Da weiß ich immer noch nichts.»

Es klopfte wieder, und ein Mann trat hastig ein. «Morgen», grüßte er mit düsterer Miene. «Tappeser, mein Name. Ich möchte den Leiter der Mordkommission sprechen.»

Van Appeldorn stand auf und ging um seinen Schreibtisch herum auf den Mann zu. «Guten Morgen. Bitte warten Sie einen Augenblick draußen im Flur.» Er zeigte um die Ecke auf die Stühle, die dort standen, schob den Mann hinaus und schloss sehr bestimmt die Tür hinter ihm.

«Wenn ihr mit der Bigband weitermacht», sagte er, «bleiben also die Familie, die Nachbarn und die Fetengäste für Walter, mich und für Ackermann. Wie wollen wir das aufteilen, zu dritt?»

«Nun ja, die Bigband-Befragung dürfte nicht allzu lange dauern, und Astrid kann das mit dem Archiv sicher auch schnell schaffen. Fangt mit den Fetengästen an. Wir treffen uns dann um drei und sehen, wie weit wir sind. Sag Stein Bescheid, Günther. Der will sicher kommen.»

Breitenegger griff zum Telefon, Astrid machte sich auf den Weg zum Archiv, und van Appeldorn und Heinrichs beugten sich über ihre Listen, um die Reihenfolge der Befragungen festzulegen. Ackermann versuchte, einen Blick über ihre Schultern zu werfen.

Es eilt, dachte Toppe, es eilt sogar sehr, und wir treten hier dämlich auf der Stelle.

Wieder wurde die Tür geöffnet. Der Mann stürzte herein. «Jetzt reicht’s mir aber. Wer ist der Chef hier?»

«Ich», antwortete Toppe und nickte van Appeldorn, Heinrichs und Ackermann zu, die gerade das Büro verließen. «Wie war Ihr Name?»

«Tappeser», grollte der Mann. «Und ich verlange sofortigen Polizeischutz für meine Tochter!»

Der Mann ließ sich nur ungern beruhigen, versprach aber schließlich, um halb zwölf mit seiner Tochter ins Präsidium zu kommen.


Bis zum Nachmittag befragten Breitenegger und Toppe ohne Pause Musiker aus der Bigband.

Toppes Fragen gingen immer mehr in die Richtung: Was ist faul in dieser Band? Gab es irgendwelche besonderen Vorfälle in den letzten Monaten?

Aber er konnte keine Anhaltspunkte finden. Die Eltern der Jugendlichen waren beunruhigt, und Toppe sah keine Möglichkeit, ihnen ihre Sorge zu nehmen. Er war selbst unruhig und unzufrieden. Seine ganze Hoffnung konzentrierte sich jetzt auf Markus Versteyl, den Studenten aus Bonn, den sie immer noch nicht erreicht hatten. Breitenegger fand dank seiner gewohnten stoischen Hartnäckigkeit heraus, dass Versteyl gestern in zwei Seminaren gewesen war und morgen früh um zehn Uhr bei einer Konzertprobe im Audimax der Uni erwartet wurde.

«Dann fahre ich morgen nach Bonn», sagte Toppe. Er starrte eine ganze Weile aus dem Fenster und schlug mit den Fingerknöcheln so fest gegen die Scheibe, dass das Glas leise schepperte. «Gottverdammich!»

Breitenegger sah ihn über den Brillenrand hinweg an. «Geh was essen, Helmut.»

Er ging hinunter in die Kantine, aß drei Stücke Erdbeertorte mit doppelter Portion Sahne, trank zwei Tassen Kaffee, aber seine Stimmung besserte sich nicht.

Breitenegger legte gerade den Telefonhörer auf, als er zurückkam. «Reuters Mutter ist jetzt wieder zu Hause. Ich habe gerade mit ihr gesprochen. Und der Bruder ist auch bei ihr aufgetaucht, sagt sie. Es ginge ihm nicht gut. Man sollte hinfahren, meine ich.»


Die Ergebnisse, die van Appeldorn, Heinrichs und Ackermann zur Besprechung um drei mitbrachten, waren mager.

«Das sind alles ziemlich komische Typen, aber keiner ist bis jetzt besonders verdächtig», fasste Heinrichs zusammen.

Astrid legte Toppe einen kleinen Stapel Kopien und ein paar Fotos auf den Tisch. Sie hatte 278 Zeitungen durchforstet.

«37 muss ich gleich noch, dann bin ich durch.»

«278 in den paar Stunden!», staunte Breitenegger. «Wie haben Sie das denn gemacht?»

«Ich habe einfach den Chefredakteur gefragt, ob mir jemand helfen kann. Ist ein Freund von meinem Vater. Der hat mir zwei Volontärinnen geschickt, und die waren sehr eifrig.»

Breitenegger lachte, aber Toppe fragte: «Und gründlich waren die auch?»

«Wieso eigentlich 310 Zeitungen», wollte Heinrichs wissen, «das müssten doch eigentlich 620 sein.»

«Hast du das denn nicht mitgekriegt», antwortete Breitenegger verwundert, «das Archiv von dem anderen Blatt ist doch voriges Jahr ausgebrannt.»

Toppe gab sich einen Ruck. Er musste endlich die Mutter und den Bruder aufsuchen. «Dann wollen wir mal weitermachen. Ihr habt ja alle noch genug zu tun.» Schon an der Tür, drehte er sich noch einmal zu van Appeldorn um und fragte: «Sag mal, wo wohnt diese Frau Reuter eigentlich?»

Van Appeldorn zuckte nur die Schultern.

Breitenegger suchte in seinen Papieren. «Beethovenstraße 28», brummte er, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen.

Bei van Appeldorn fiel der Groschen endlich. «Okay, ich begleite dich. Kommt ihr alleine klar?», drehte er sich noch zu Heinrichs und Ackermann um.

«Null Problemo.» Ackermann kicherte.


«Na los, steig ein.» Van Appeldorn hielt ihm von innen die Beifahrertür auf.

«Und wo ist nun die Beethovenstraße?», fragte Toppe.

Die Beethovenstraße bestand aus vier kurzen Straßen, die in einem Karree angelegt waren, das von einer größeren Straße in zwei kleine Karrees unterteilt wurde. In der Mitte des einen Rechtecks lag ein großer Spielplatz, im anderen befand sich eine katholische, von Nonnen geleitete Einrichtung, die noch bis vor ein paar Jahren als ‹Heim für schwererziehbare Mädchen› bekannt gewesen war.

Die Hausnummer 28 befand sich auf der Spielplatzseite etwa in Höhe der Tischtennisplatte aus Beton. Die Häuser waren fast völlig identisch, zweigeschossige Vierfamilienbauten aus den frühen dreißiger Jahren, roter Backstein, alte weiße Holzfenster, davor kleine Vorgärten, die durch niedrige Mauern vom Bürgersteig getrennt waren. Die Eingänge wirkten düster, denn die alten Kastanien beidseits der Straße schluckten viel Licht.

Reuters Wohnung lag im Erdgeschoss. Toppe stieg die zwei Stufen zur Tür hoch und klingelte. Eine Frau öffnete ihnen.

«Guten Tag, Hauptkommissar Toppe, Kripo Kleve. Frau Reuter?», sagte er mechanisch.

Sie war ungefähr sechzig Jahre alt, untersetzt, hatte graumeliertes, wassergewelltes Haar und ernste Augen.

«Ja», nickte sie und wischte ihre roten Hände an der geblümten Kittelschürze ab.

«Kommen Sie doch herein.» Sie ließ sie an sich vorbei in den Flur treten. «Sie müssen entschuldigen, ich bin gerade am Waschen», erklärte sie und strich sich mit beiden Händen ordnend durchs Haar. In der Küche an der rechten Seite hörte man eine Waschmaschine laufen. Es roch nach Lauge, Zigarettenrauch und stickigem Moder.

«Kommen Sie doch.» Sie ging voran und öffnete die Tür zum Wohnzimmer am Ende des Flurs.

Es war ein kleiner Raum, vollgestopft mit viel zu wuchtigen Möbeln. Gegenüber von der Tür waren zwei kleine Fenster, die kaum Licht hereinließen. An der linken Wand stand ein großer Schrank aus heller Eiche, rechts eine messingfarbene Couchecke, davor ein sechseckiger Kacheltisch und ein schwerer Sessel. Zwischen Sofa und Sessel stand ein kleiner eichener Beistelltisch mit einer fast ein Meter hohen Madonna. Die Wände waren gepflastert mit kleineren Ölgemälden: Jagdmotive, Landschaften – Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Es war beinahe unerträglich warm, und es war laut.

«Klaus, machste mal den Fernseher aus?»

Der Sohn saß auf dem Sofa, die nackten Füße auf dem Kacheltisch, und rauchte. Er war hager, hatte ein schmales Gesicht, dünne Lippen und eine Hakennase. Sein Haar war kurz geschnitten. Er trug teure, neue Jeans und ein weißes Boss-T-Shirt.

Auf dem rechten Handrücken sah Toppe eine Tätowierung – drei kleine blaue Punkte –, an den Armen eine ganze Reihe vernarbter Stellen.

Der Mann sah sie aus schmalen Augen kurz an, nahm dann die Fernbedienung, die neben ihm auf dem Sofa lag, und drehte den Ton ab. Das Bild flimmerte weiter.

«Setzen Sie sich doch», forderte die Mutter sie auf und warf ihrem Sohn einen scharfen Blick zu.

Betont langsam nahm Klaus die Beine vom Tisch und rappelte sich zu einer Sitzposition hoch.

Van Appeldorn setzte sich in den Sessel, dem Sohn gegenüber, und sah ihn aufmerksam an.

«Sie wissen ja sicher, warum wir kommen, Frau Reuter», begann Toppe.

Sie nickte. «Ja, ich …»

«Hatte Ihr Sohn Feinde?», unterbrach Klaus sie und grinste breit. Toppe ignorierte ihn.

«Wir haben Ihren Sohn am Montagabend in seiner Wohnung gefunden. Er ist offensichtlich Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Als wir ihn fanden, steckte eine Spritze in seiner Armvene.»

Die Augen der Mutter wurden kugelrund. «Nein», stammelte sie und schlug die Hände vors Gesicht.

«Ach Gott, der Arme», sagte Klaus.

Toppe biss sich auf die Lippen. Er sah, dass van Appeldorn langsam zu kochen begann und unruhig mit den Fingern auf die Sessellehne trommelte.

«Aber … aber der Junge hat doch nie was mit Drogen zu tun gehabt.» Frau Reuter schüttelte den Kopf.

«Tja, wie man sich doch irren kann.» Klaus grinste zynisch.

Van Appeldorn lächelte böse. «Halt den Ball flach, Junge. Ich kann mir jederzeit einen Durchsuchungsbeschluss für dein Zimmer besorgen. Du kommst sowieso gleich mit, damit wir deine Fingerabdrücke nehmen können. Dann wollen wir mal sehen, ob du immer noch eine so große Klappe hast.»

Klaus verbeugte sich. «Jawohl, Massa!»

Frau Reuter fing an zu reden, als hätte sie die Szene gar nicht wahrgenommen.

«Wissen Sie, als mein Mann mich damals verlassen hat, da war Jochen erst acht. Von meiner Familie hab ich keine Unterstützung gekriegt, und bei den Nachbarn war man ja auch untendurch. Das war ja damals noch ganz anders wie heute. Stehen Sie mal alleine da mit zwei Kindern! Und ich hatte ja auch nichts gelernt. Was hatten wir denn für eine Jugend! Krumm hab ich mich arbeiten müssen, damit wir über die Runden kamen. Jeden Tag beim Bauern aufs Feld von fünf Uhr morgens bis es dunkel wurde. Und im Winter in die Gärtnerei. Tag für Tag, bei Wind und Wetter. Die Gicht habe ich ja nicht von ungefähr.»

«Und wo waren Ihre Kinder, wenn Sie gearbeitet haben?», fragte Toppe.

«Der Große hat eben auf den Kleinen aufpassen müssen. Jochen ging ja schon zur Schule. Ja, leicht hatte der es nicht, die Schule und den Bruder immer. Der musste schon früh der Große sein. Hat sich auch immer um Klaus gekümmert.»

«Ja, ja», bemerkte Klaus, «der hat sich immer um den kleinen Klausi gekümmert, der Gute.»

«Stimmt doch», fuhr ihn seine Mutter an, «später doch auch immer noch.»

«Ja, aber sicher. Der engagierte Sozialarbeiter, immer ein offenes Herz für die Schwachen.»

«Wieso Sozialarbeiter?», unterbrach ihn van Appeldorn.

«Mein großer Bruder war Sozialarbeiter im HPH bei den Schockels.»

«HPH?», fragte Toppe.

«Heilpädagogisches Heim im Landeskrankenhaus», erläuterte van Appeldorn. «Und wann war das?»

«Keine Ahnung», erwiderte Klaus desinteressiert, und Toppe schaute die Mutter an.

«Warten Sie mal.» Sie überlegte. «In den Siebzigern, so bis 1978 ungefähr.»

«Und warum hat er in dem Beruf nicht weitergearbeitet?», wollte Toppe wissen.

«Er war schon immer künstlerisch begabt. Eigentlich hat es ihn immer mehr zur Musik hingezogen.»

«Quatsch», unterbrach Klaus sie, «der Job war dem einfach nicht gut genug. Wollte lieber der große Star auf der Bühne sein. Und seit der sich für ’n Profi hält, ist der doch total abgewichst. Da hat der sich einen Scheißdreck darum gekümmert, wie es mir geht.»

«Dir!», schnaubte die Mutter. «Hast du dich denn jemals darum gekümmert, wie es mir geht?»

Toppe und van Appeldorn wechselten einen Blick.

«Wovon leben Sie eigentlich?», fragte Toppe den Sohn.

Der kniff die Augen zusammen und betrachtete die Glut seiner Zigarette. «Tja, heute mit diesen ganzen Aus- und Übersiedlern kriegt man ja keinen Job mehr.»

«Und wo nimmst du die Kohle für deinen Stoff her?» Van Appeldorn hatte sich nur noch mühsam unter Kontrolle.

«Bist du von der Mordkommission oder von der Drogenfahndung?», entgegnete Klaus lässig. «Was soll das hier eigentlich alles?» Er lehnte sich zurück und schloss die Augen.

Toppe sah van Appeldorn beschwichtigend an und wandte sich noch einmal der Mutter zu. «Erzählen Sie doch einmal von Jochens beruflichem Werdegang.»

«Der war immer fleißig, mein Jochen. Ist immer regelmäßig zur Schule gegangen. Klaus war ja immer schon ein schwieriges Kind. Jochen hat sogar sein Abitur gemacht. Ganz alleine. Ich konnte ihm dabei ja nicht helfen. Dann die Ausbildung zu Ende und gearbeitet. Und später ist er dann Musiker geworden und hat da auch seinen Erfolg gehabt.»

Sie brach ab und wartete auf Toppes nächste Frage.

Toppe atmete tief durch. Ihm war klar, dass er hier nicht viel mehr über Jochen Reuter herausbekommen würde.

«Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?», fragte er noch.

«Bevor ich zur Kur gefahren bin. Vor drei Wochen, da war er noch kurz hier», antwortete sie.

«Und wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?»

Klaus öffnete kurz die Augen. «Keine Ahnung, ist bestimmt ein Jahr her.»

Van Appeldorn stand auf. «Kennen Sie José Bruikelaer?»

«Wen?», fragte die Mutter. «Nein, war das seine Freundin? Um seine Mädchen hab ich mich nicht gekümmert. Ich hab genug mit meinen eigenen Sorgen.»

Klaus winkte ab. «Nie gehört.»

Toppe verabschiedete sich.

Van Appeldorn drehte sich noch einmal um. «Wir sehen uns morgen früh um neun im Büro, Herr Reuter!»

Frau Reuter begleitete sie zur Tür.

«Mann!», motzte van Appeldorn und knallte die Autotür zu.

Toppe nickte. Er fühlte sich, als habe ihm jemand die Luft rausgelassen.

«Und was der Reuter ihnen damit angetan hat, dass er sich hat ermorden lassen! Unverschämtheit!», schnaubte van Appeldorn und fuhr mit quietschenden Reifen an.

«Bei der HPH-Sache müssen wir nachhaken», beschloss Toppe.


Heinrichs und Ackermann hatten bis auf zwei Leute alle Gäste von Reuters Fete befragt, und Astrid hatte die restlichen Zeitungen durchgesehen. Auf Toppes Schreibtisch lagen die Artikel und Fotos, säuberlich nach dem Erscheinungsdatum geordnet.

«Kann ich gehen?», fragte Astrid. «Ich muss mir noch eine Wohnung ansehen.»

Toppe nickte nur. Er war müde und deprimiert.

«Wir müssen endlich unsere Berichte schreiben», sagte Breitenegger.

Damit waren sie in den nächsten Stunden ausgelastet.

Gegen halb zehn fuhr Ackermann zur nächsten Imbissstube und holte Pommes frites, Frikadellen, Fleischrollen und Schnitzel. Sie aßen schweigend, jeder für sich an seinem Schreibtisch in Gedanken versunken.

Selbst Ackermann hielt den Mund. Er suchte in Gedanken nach besonders schönen Formulierungen für seinen Bericht über die Befragung einer jungen Frau.

Toppe zog die Schreibtischlampe näher zu sich heran und begann, die Artikel zu lesen, die über die Bigband erschienen waren.

Es waren wohlwollende Berichte über Auftritte in der Stadthalle und bei der deutsch-niederländischen Kulturbörse, über eine Fahrt nach Worcester, der neuen Partnerstadt, und mehrere Konzerte im Forstgarten. Bis auf den Orchesterleiter waren die Künstler nicht namentlich genannt. Toppe fand nichts Auffälliges in den Artikeln und griff zu den Fotos. Das erste war aufgenommen worden nach einem Konzert der Bigband in der Stadthalle. Im Hintergrund sah man die Musiker mit ihren Instrumenten, im Vordergrund überreichte ein Mann dem Orchesterleiter einen Blumenstrauß. Beide lächelten in die Kamera. Toppe erkannte den Mann wieder. Er war ein städtischer Angestellter gewesen, der bei offiziellen Musikereignissen den Maître de Plaisir zu machen pflegte. Im letzten Jahr hatte er sich erhängt.

Die Gesichter der Musiker waren nur verschwommene Punkte.

Auf dem nächsten Foto konnte man sie besser erkennen. Toppe holte seine Lupe aus der Schublade.

«Aha, doch bei die Sherlock Holmes auf die Schule gegangen», flachste van Appeldorn, aber Toppe sah nicht auf.

Dieses Foto war in Worcester aufgenommen worden, und in der Bildunterschrift waren alle Namen aufgeführt. Er suchte und fand Jochen Reuter, der gelangweilt aussah, José Bruikelaer und die anderen, die er kannte, lächelten fotogen. Ein Bandmitglied kannte er nicht. Die Bildunterschrift wies den jungen Mann als M. Versteyl aus. Toppe nickte, der Student aus Bonn.

Am rechten Bildrand standen eine Frau und ein Mann in einem langen, ausgebeulten Parka. Die Bildunterschrift gab keine Hinweise. Links vorn standen der ‹Mayor of Worcester› und der Kreistagsabgeordnete O. Hetzel.

Das dritte Foto stammte von einem Auftritt im Konvikt Gaesdonk.

Heinrichs klatschte plötzlich in die Hände. «Jungs, es ist nach Mitternacht, und es ist immer noch nichts passiert», dröhnte er in die Stille. Toppe blinzelte verstört.

«Wieso?», fragte Ackermann.

«Ja, Mensch, wenn der in Serie mordet, denkt doch mal nach! Samstag, Montag – und was käme dann? Richtig: Mittwoch. Aber jetzt ist schon Donnerstag. Das beruhigt mich doch sehr.» Er streckte sich.

«Vielleicht ist die Leiche bloß noch nicht gefunden worden», gab Breitenegger zu bedenken.

«Hör auf», sagte Toppe.


Gegen zwei Uhr morgens kehrten sie alle heim und wurden mit offenen Armen empfangen. Nur van Appeldorn kroch in ein kaltes Bett. Marion schlief im Kinderzimmer. Sie redeten seit Tagen kein Wort miteinander.

Grenzgaenger
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