23.) Ramadan– Lama – Ding – Dong

 

Der Ramadan, der neunte Monat im Mondkalender des Islams, ist jedes Jahr für die Menschen in Dubai etwas Besonderes: Die Muslime fasten und die Expats leiden mit.

 

Wie man die Zeit des Ramadans am besten beschreiben kann? Vielleicht mit dem Gespräch zweier Krankenschwestern, das ich einmal mitangehört habe, als ich mit meiner Tochter im Krankenhaus war. Die beiden klagten sich gegenseitig ihr Leid über die Doppelbelegung der Zimmer, die überfüllte Notaufnahme und die Sonderschichten, die sie ständig schieben müssten. Schließlich sagte die eine zur anderen:

 

„Gott sein Dank ist bald Ramadan, dann können wir mal vier Wochen richtig ausspannen.“

 

Besser kann man es nicht ausdrücken: Während des Ramadans passiert einfach nichts. Die Muslime fasten und sind damit so ausgefüllt, dass der Rest des Lebens für einen Monat aufgeschoben wird. Kein Handwerker nimmt einen Auftrag an, bevor der Ramadan nicht zu Ende ist. Sein Auto in die Inspektion bringen? Möglich, dauert aber zwei, drei Tage länger als sonst. Der Arbeitstag endet während des Ramadans per Gesetzt in allen Firmen um 15 Uhr. Davor passiert meist auch nicht viel. Schulen, öffentliche Einrichtungen usw. haben ebenfalls verkürzte Zeiten. Offenbar ist man sogar zu erschöpft fürs Krankwerden.

 

Während des Ramadans dürfen erwachsene Muslime mit Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang weder essen noch trinken. Kinder, Kranke und Schwangere sind vom Fasten ausgenommen, wobei Kranke und Schwangere das verpasste Fasten nachholen müssen.

 

In den vergangenen Jahren hat es die Fastenden besonders hart getroffen. Der Ramadan – der Beginn verschiebt sich jedes Jahr um 11 Tage nach vorne – lag im Sommer und damit in der heißesten Zeit des Jahres. Im Juli und im August erreichen die Temperaturen regelmäßig an die 50 Grad und dazu ist es schwül und stickig. Nicht essen kann man durchhalten, aber nicht trinken?

 

Wer nun denkt, dies alles könne den Nicht-Muslimen doch alles herzlich egal sein, der irrt. Zu Hause kann zwar jeder machen – soll heißen essen – was er will, aber in der Öffentlichkeit sollte man sich auf keinen Fall während des Ramadans beim Essen oder Trinken erwischen lassen. Hier gilt das Motto: mitgefangen, mitgehangen.

 

 Jeder, der jetzt sagt: „Na und, das kann so schwer nicht sein“, der soll mal zählen, wie oft er beim Einkaufen, beim Spazierengehen, im Schwimmbad, beim Sport etwas trinkt oder sich irgendwo gemütlich zu einem Tässchen Kaffee hinsetzt.

Von gemütlich kann in den Malls sowieso keine Rede mehr sein. Sämtliche Restaurants bleiben tagsüber geschlossen, um bloß niemanden in Versuchung zu bringen. Die übliche Musik-Berieselung in den Geschäften ist ebenfalls ausgeschaltet.

 

Die Supermärkte sind dagegen geöffnet und machen den Umsatz des Jahres. Überall sieht man Muslime mit bis zum Rand gefüllten Einkaufwägen. Denn sobald die Sonne untergeht, beginnt der “Tag” und es wird gefuttert was das Zeug hält. Die großen Hotels bereiten zu diesem Zwecke sogenannte „Iftar-Büffets“ vor: Sobald die Sekunde des Sonnenuntergangs gekommen ist – die genaue Zeit wird stündlich in den Nachrichtensendungen bekannt gegeben und steht jeden Morgen in der Zeitung – geht auch dort das große Fressen los. Viele Emirates laden Freunde und Familie ein und essen bis tief in die Nacht.

 

Dubai wäre aber nicht Dubai, wenn nicht für die Expats, die es gar nicht aushalten können, ein kleiner Kompromiss gefunden worden wäre. Einige, wenige Restaurants, deren Namen nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda weitergegeben werden, haben tagsüber geöffnet und man darf dort auch etwas Essen und Trinken. Die Scheiben dieser Restaurants müssen allerdings mit dicken, schwarzen, absolut blickdichten Tüchern verhangen werden, damit vorbei gehende Muslime das Unglaubliche, was da vor sich geht, auf keinen Fall sehen können.