11.) „800 Millionen Meter hoch“

 

Wir schreiben das Jahr 2013 und der Burj Khalifa in Dubai ist das höchste Haus der Welt. Der Turm und ich, wir haben eine besondere Beziehung. Gut, so wirklich kann ich über die Gefühle des Turms mir gegenüber nichts sagen, aber ich fühle mich dem Burj Khalifa verbunden.

 

Als ich Anfang 2007 zum ersten Mal zu einem „Schnupperbesuch“ nach Dubai kam, lag mein Hotel direkt gegenüber der Baustelle dessen, was mal die Dubai Mall und eben der Burj Khalifa werden sollten. Mein Hotel und das gerade fertiggestellte Fundament des Turms wurden nur von einer Straße und einem kleinen, leeren Platz getrennt. Auf diesem leeren Platz standen ein gutes Dutzend Kamele. Mittlerweile ist die Gegend rund um den Burj Khalifa mit modernen Wohnanlagen, Bürogebäuden und Straßen zugepflastert.

 

Wir haben dem Burj Khalifa in den nächsten zwei Jahren quasi beim „Wachsen“ zugeschaut, seine Eröffnung mitgefeiert und fahren mindestens einmal im Monat in die Dubai Mall. So war meine ältere Tochter denn auch sehr aufgeregt, als sie einen Schulausflug auf das höchste Haus der Welt unternahm.

 

Ein paar Tage vor dem Ausflug fuhren wir zufällig am Burj Khalifa vorbei und meine ältere Tochter ließ es sich nicht nehmen, ihre kleine Schwester an ihrem bereits erlernten Wissen über den Turm an unserer Seite teilhaben zu lassen:

 

„Weißt du, das ist das höchste Haus der Welt. Das ist so hoch, das geht bis in den Himmel hinein! Das ist 800 Millionen Meter hoch“, sagte sie leicht angeberisch.

 

„Aha!“, antwortete die kleine Schwester nachdenklich nach einer Weile. „Wenn das Haus bis in den Himmel hineingeht, dann kann man da ganz oben bestimmt die Lola treffen.“

 

Lola war unser über alles geliebter Familienhund, der vor ein paar Jahren leider verstorben ist. Auf die Nachfrage meiner Töchter, wo die Lola denn nun sei, hatte ich ihnen erzählt, sie sei im Hundehimmel und dort sehr glücklich.

 

Insoweit hatte meine jüngere Tochter also irgendwie Recht, mit der Lola und dem Treffen ganz oben auf dem Burj Khalifa. Dummerweise sieht die Realität anders aus.

 

Burj Khalifa ist voll doof“, behauptete meine ältere Tochter denn auch nach der Rückkehr vom Schulausflug.

 

„Wir sind nicht nach ganz oben gefahren!“, erklärte sie mit tränenerstickter Stimme auf meine besorgte Nachfrage hin.

 

Es war nicht leicht, ihr zu erklären, dass sie zwar auf einer der höchsten Aussichtsplattformen der Welt war, die aber trotzdem nicht direkt auf der Spitze des Burj Khalifas angebracht ist. Mit immer noch tränenerstickter Stimme, fuhr sie fort:

 

„Aber Mama, jetzt habe ich die Lola gar nicht getroffen. Und 800 Millionen Meter war ich auch nicht hoch.“

 

Plötzlich begann sie unter Tränen zu grinsen, was mich in höchste Alarmbereitschaft versetzte.

 

„Weißt du, Mama, und weil ich mich so geärgert habe, habe ich die ganzen Leckerchen, die ich für Lola mitgenommen habe, von der Aussichtsplattform runtergeschmissen.“

 

Upps. Ich bin dann mal kurz im Internet nachschauen, ob jemand auf mysteriöse Weise von vom Burj Khalifa regnenden Hundekuchen erschlagen worden ist.