19.) „Wann kommt das Baby?“

 

Die Kindergärtnerin meiner jüngeren Tochter kommt aus Indien und hat geheiratet. Das ist schön für sie, wäre mir aber eher egal, wenn sie nicht zur Feier ihrer Tat ein paar indische Süßigkeiten mit in den Kindergarten gebracht hätte.

 

Nichts ahnend brachte ich die jüngere Tochter, wie immer in Begleitung der älteren Tochter, ins Kindergartengebäude, um dann mit der Älteren weiter ins Schulgebäude zu gehen. Immer noch vollkommen unbedarft, warf ich ein fröhliches „Guten Morgen“ in den Raum und schob die jüngere Tochter mit leichtem Druck  (sie verlässt ihre Mama nicht gern) vor mir her. In diesem Moment sah ich die Süßigkeiten und da war es auch schon zu spät.

 

„Ich habe geheiratet“, flötete die Kindergärtnerin stolz.

 

Sofort verengten sich die Augen meiner älteren Tochter zu Schlitzen und sie beäugte die Kindergärtnerin kritisch.

 

„Wie schön, Glückwunsch!“, trällerte ich so schnell ich konnte zurück und schob diesmal die ältere Tochter vor mir her aus dem Raum. Warum ich das tat? Weil ich weiß, was meine ältere Tochter unvermeidlich gefragt hätte:

 

„Wo ist das Baby?!“

 

Die Sache mit den Bienchen und den Blümchen ist bei ihr noch nicht so ganz angekommen und sie ist der festen Überzeugung, dass Kinder durch die Hochzeit entstehen. Es ist daher auch ein ewiges Mysterium für sie, wie ich mit einer Hochzeit zu zwei Kindern gekommen bin. Dezente Aufklärungsversuche haben nichts gefruchtet, meine Tochter bleibt bei ihrer „Kinder-Hochzeits-Theorie“.

 

Um der Kindergärtnerin und mir die Nachfrage, wo denn das Baby sei, zu ersparen, habe ich sie also schnell aus dem Raum geschoben. Nicht alle Menschen werden gerne gefragt, warum sie trotz Hochzeit kein Baby vorweisen können.

 

Manchmal allerdings sorgt die Unaufgeklärtheit meiner Tochter auch für großes Amüsement. So bei der Hochzeit von Prinz William und seiner Kate. Ich hatte ein paar Freundinnen zum gemeinsamen Schauen der Hochzeit eingeladen. In fröhlicher Runde saßen wir ganz englisch bei Gurkensandwiches, Scones und Prosecco vor dem Fernseher.

 

Als die Braut die Kirche betrat, riefen wir die Kinder, die im Garten spielten, herein. Andächtig schauten wir alle gemeinsam die Trauung. Kaum war die vorbei, wollte meine Tochter dann doch lieber wieder spielen gehen. Verpassen wollte sie aber auch nichts. Also wies sie mich streng an:

 

„Ruf mich aber auf jeden Fall, wenn das Baby kommt!“

 

Eigentlich war der Satz das Beste an der ganzen Hochzeit – auch wenn meine Tochter immer noch sauer ist, dass wir alle über sie gelacht haben. An ihrer Theorie hält sie aber trotzdem fest.