Tote Frau spielen
Ich wachte auf dem Rücksitz eines Polizeiautos wieder auf. Bucky Squirrely saß neben mir. Er tätschelte mir mit dem Handrücken die Wange. Ich hob meinen Arm, um ihn abzuwimmeln, und stellte fest, daß meine Hände in Handschellen steckten.
»Polizeiliche Brutalität!« schrie ich, was den brüllenden Schmerz in meinem Nacken nur verstärkte.
»Hast noch Glück, daß wir dir nur eins übergebraten haben, Schätzchen«, wurde mir vom Vordersitz gemeldet. Detective Dick O’Flanehey beobachtete mich mit eindeutigem Wohlgefallen. »Ich habe uns dein Kopfbild aus dem Verbrecheralbum heraussuchen lassen, von damals, als wir dich wegen der Erschießung dieses Rechtsanwalts festgenommen hatten.« Bei dem Fall hatte ich eine äußerst lehrreiche Zeit im Knast verbracht, aber das ist eine andere Geschichte. »Wir haben von einem Zeugen eine positive Identifizierung von dir bekommen. Der zweite, der dich gleich mal in Augenschein nehmen wird, sollte mittlerweile auch bei uns eingetrudelt sein.« »Weswegen werde ich denn angeklagt?« fragte ich.
»Erster Anklagepunkt: Mord«, zischte Bucky.
»Keine Leiche, ihr Lümmel«, sagte ich und schüttelte den Kopf. Auch das tat weh.
»Oh doch, Schätzchen, wir haben sehr wohl eine Leiche. Paßt genau auf die Beschreibung, außer ein paar winzigen Nebensächlichkeiten.«
»Als da wären? Daß die Leiche tot ist?«
»Daß sie keinen Kopf, keine Arme und keine Beine hat.«
»Ihr habt einen Torso gefunden.« Keine Fingerabdrücke, keine zahnmedizinischen Unterlagen.
»Im East River«, bestätigte Dick.
»Zweiter Anklagepunkt: Mutilation einer Leiche.« Das war Bucky.
Ich faßte es einfach nicht. »Ihr Jungs kennt mich doch schon seit Jahren.«
»Leider«, kommentierte Bucky.
»Wir kennen die Auswirkungen von diesem Khat-Scheiß nicht«, sagte Dick. »Nach allem, was wir wissen, kann einen dieses Zeug auch zu einem mörderischen Wahnsinnigen werden lassen.«
Da dämmerte mir, daß die möglicherweise tatsächlich glaubten, ich sei in der Lage, eine Leiche auseinanderzuschneiden und sie in den Fluß zu schmeißen. Ich spürte eine Welle von frustrierten Tränen aufsteigen, kämpfte sie aber nieder. Die Zeitungen würden garantiert als Titelfrage schreiben: »Wie konnte es nur mit diesem netten Mädchen aus Short Hills so weit kommen?«
Auf dem Revier angekommen, zerrte Bucky mich aus dem Auto wie eine gewöhnliche Kriminelle, oder eher wie eine ungewöhnliche Kriminelle. Mord nebst Verstümmelung der Leiche machten mich sozusagen zu einer überdurchschnittlichen Verdächtigen, haha. Ich stolperte durch die Tür, und das erste Gesicht, in das ich blickte, war das des pickeligen Khatlutschers Benjamin Savage. Als seine Augen meinen Blick trafen, kreischte er wie der kleine Hosenscheißer auf, der er ja war, und verbarg sein Gesicht an der Schulter seiner Mammi. Es war genauso, wie wenn ich mit Otis zum Tierarzt ging. Ich sagte: »Mrs. Savage, Gottseidank sind Sie hier!«
»Lassen Sie mich in Ruhe!« kreischte sie. »Rühren Sie meinen Jungen nicht an!«
»Sagen Sie bitte den Herren hier, was passiert ist«, sagte ich.
»Kaum auszudenken, daß ich Sie dafür bezahlt habe, einen Ihrer Gangster umzulegen! Und das vor den Augen meines Jungen.« Sie rieb so heftig an seinem Kopf, um ihn zu streicheln, daß ich Haarbüschel in ihren Fingern bemerkte. »Sie wirkten ja schon damals gestört. Das habe ich gleich gespürt, als ich Sie kennenlernte. Wie konnte ich nur einen so schrecklichen Fehler machen?« klagte sie den Himmel an.
»Es ist doch nichts passiert«, rief ich über meine Schulter, während die Bullen mich an den Handschellen wegzerrten. »Ich bin kein Transvestit!« Ich wurde in einen Raum geführt, an dessen Wand sich ein Gegensehspiegel befand. Auf der anderen Seite stand bestimmt der Obdachlose, auf den ich fünf Dollar verschwendet hatte. Sie würden jetzt Benjamin Savage und sein Mütterchen dazubringen. Ich trat an den Spiegel heran und legte meine Stirn gegen das kühle Glas. Alles, was ich sehen konnte, war ich selbst, die Frau im Spiegel. Ich sah gar nicht so schlecht aus dafür, daß man mir gerade eins übergezogen hatte. Ich fuhr mir durch die Haare. Man hatte mir meine Handtasche weggenommen, und so hatte ich weder eine Pistole noch einen Lippenstift. Arschlöcher. Ich schaute auf die Uhr: sechs Uhr abends. Party Girls würde in zwei Stunden auf Livesendung gehen.
Eine Uniformierte kam, um mich herauszuholen. Sie nahm mich in ein Befragungszimmer mit. Dort wartete ich geschlagene zwanzig Minuten. Endlich kam Dick O’Flanehey herein und machte eine bedeutsame Miene. Er sagte: »Nun, Schätzchen, es sieht so aus, als ob wir auch von unserem zweiten Betrachter eine Bestätigung bekommen haben. Ich muß zugeben, daß ich dich nie für einen Killer gehalten hätte. Ich werde dich jetzt wegen Mordes anklagen müssen.«
Ich stand unter Schock. Ich sagte: »Fünf Minuten mit dem Obdachlosen.« Ich wollte ihm die Lunge durch den Hals hochziehen. Ich wollte an seiner Nase lutschen, bis sein Gehirn zusammenbrach. Ich wollte meine fünf verdammten Dollar zurückhaben.
»Du kannst dir einen Rechtsanwalt nehmen, und der Rechtsanwalt kann so lange mit dem Obdachlosen reden, wie er oder sie das will. Ich werde dir jetzt deine Rechte vorlesen, und dann werden wir dich einbuchten.« Er schien aufrichtig enttäuscht zu sein über die Tiefen, in die ich mittlerweile gesunken war.
»Okay. Ich sag dir, was wirklich passiert ist. Es war alles ein Gag, verstehst du. Ich hab das Ganze inszeniert. Die Mutter hat mich beauftragt, verstehst du.« Ich begann ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Er hörte zu, nickte und machte sich hin und wieder eine Notiz.
Als ich den Teil erzählte, in dem der Obdachlose die < Pizza von Alex erbat, sagte er: »Die Geschichte kenne ich schon, Mallory. Die Mutter hat mir auch erzählt, daß sie dich angeheuert hat. Aber gleichzeitig hatte sie keine Ahnung, daß sie eine aus der Art geschlagene Männerhasserin, so hat sie dich genannt, beauftragt hat, die ihren Spaß daran hat, ihre Opfer zu zerhacken. Sie wird sich vermutlich demnächst in ein Kloster begeben, so stark sind ihre Schuldgefühle.« Das war ja wenigstens eine gute Nachricht. Dick fuhr fort: »Wir haben eine Leiche. Ich habe zwei Zeugen, einer davon glaubhaft« - ich spottete lautlos mit Hilfe meines Mienenspiels — , »einer halbwegs glaubhaft, und du hast gar nichts.«
»Aber es hat keinen Mord gegeben. Alex lebt noch. Ich bin sicher, du kannst von dem Jungen die Bestätigung bekommen, daß Alex der Typ ist, den ich angeblich erschossen habe.«
»Das Kid sagt, der Tote sei die ganze Zeit über hinter ihm gewesen. Das eine Mal, das er ihn hat ansehen können, lag er schon auf dem Boden, als Leiche ohne Gesicht.« Das stimmte einfach nicht. Alex hatte ihn von Angesicht zu Angesicht auf offener Straße angebrüllt.
»Er hat ja ein ausgesprochen selektives Erinnerungsvermögen. Und was ist eigentlich mit seiner ersten Beschreibung des Täters?«
»Er hat seinen Fehler schon zugegeben.«
»Also steht meine Aussage gegen die eines verängstigten Jünglings und eines Obdachlosen, der auf den Bürgersteig gepinkelt hat.«
»Im Grunde genommen ist es so«, stimmte mir Dick zu.
Ich kniff mir in den Arm und wartete darauf, daß ich endlich aufwachen würde. Es funktionierte nicht. Ich versuchte es nochmal. Nichts. Ich seufzte und fragte Dick: »Und wem glaubst du nun wirklich?«
Dick drehte seine Schweinsäuglein nach unten und zwirbelte seinen Schnurrbart. »Du wirst in polizeilichem Gewahrsam bleiben müssen, bis wir dir eine Zelle organisiert haben. Ich werde versuchen, deine Kautionsverhandlungen ein bißchen zu beschleunigen. Es wird aber ein paar Tage dauern.«
»Ich habe aber keine paar Tage Zeit. Ich habe« — ich schaute auf die Uhr — »eine Stunde und fünfzehn Minuten Zeit, um zum Channel 6 zu fahren. Ich weiß, wer der Killer von Party Girls ist, und wenn ich nicht rechtzeitig zum Studio komme, dann wird auch heute abend jemand sterben.« Na und, dann habe ich halt gelogen, aber auch nur zum Teil.
»Wenn eine zerschnittene Leiche im Spiel ist, Wanda, dann kann ich nicht die geringsten Sonderabmachungen erwägen.« Er nannte mich beim Vornamen. Er hatte mich noch nie bei meinem Vornamen genannt. Ich wollte sein Mitleid nicht.
Er stieß seinen Stuhl zurück und verließ den Raum.
Im mir stieg die Panik hoch, kaum daß er draußen war. Ich brauchte Alex. Ich schlug mit den Fäusten auf die Tür ein und verlangte, jetzt sofort das mir zustehende Telefonat führen zu dürfen. O’Flanehey brachte mich zu einem öffentlichen Telefon auf dem Korridor. Ich versuchte es bei Sabrina. Es ging niemand an den Apparat. Ich versuchte es im Studio, wo ich bat, mich mit Sabrinas Garderobe verbinden zu lassen — die Leitung wurde unterbrochen. Ich versuchte es noch einmal, aber dasselbe passierte. Ich versuchte es mit Sin-gers Büro. Seine Sekretärin ging an den Apparat und schrieb ihm eine Nachricht auf: Ich sei im Gefängnis und wolle da raus. Alles, was der machen würde, wäre wahrscheinlich, mich stante pede zu feuern, dachte ich. Aber ich hatte keine Wahl. Ich holte tief Luft. Scheiße. Verdammt. Ich redete weiter auf den Hörer ein, um mir damit Zeit zum Nachdenken zu verschaffen.
Laut sagte ich: »Ja, das Revier auf der East Fifty-ninth Street.« Ich wandte mich beiläufig um, ob Dick mich wohl hören konnte. Er konnte. Ich sagte: »Nein, Mr. Singer — ich soll Sie Sinclair nennen? Nein, Sinclair. Ich kann nicht behaupten, daß ich allzusehr mißhandelt worden bin, außer daß sie mir einen Totschläger über den Kopf gehauen haben. Ich habe aber kein Blut bemerkt. Warten Sie, lassen Sie mich mal eben nachsehen.« Ich hielt die Hand an meinen Nacken. Kein Blut. »Es ist nur ein kleines bißchen da. Bitte beruhigen Sie sich, Mr. Singer. Ach so, ja, Sinclair.«
Ich sah zu Dick. Er blickte mich mißmutig an, während er an einem halben Twinkie herumkaute. Spuren von dessen gummiartigem weißen Innenleben klebten an seinem Schnurrbart. Er schluckte den Rest der Süßigkeit in einem hinunter. Ich sollte dadurch wohl eingeschüchtert werden. Laut sagte ich: »Wen werden Sie anrufen? Ich glaube nicht, daß er für so etwas Zeit hat. Nein, wirklich. Ich bin schon in einer schlechten Situation... Ganz recht. Doch, sicher weiß ich, daß der District Attorney einer Ihrer besten Freunde ist. Das habe ich doch damals auf Seite sechs gelesen.« Mittlerweile war Dicks Wut deutlich zu spüren. Ich sagte: »Nein, alles, was die gegen mich ins Feld führen können, ist eine nicht zu identifizierende Leiche und zwei Zeugen, von denen der eine gerade seine Aussage geändert hat, während der andere sich dadurch von einer anderen Anklage freikaufen will. Ja, lächerlich. Klar, völliger Schwachsinn.« Ich blies auf meine Nägel und polierte sie an meiner Schulter. »Sie werden den District Attorney anrufen? Jetzt gleich? Klar bleibe ich dran.« Ich blieb dran.
Dick kam zu mir herübergestürmt, riß mir den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf die Gabel. Das Blut, das ihm vor lauter Aufregung in den Ohren pochte, mußte ziemlich laut gewesen sein, denn er schien nicht bemerkt zu haben, daß ich so angeregt mit einem Freizeichen telefoniert hatte. Er grunzte: »Der District Attorney ist verreist, Schätzchen.«
Ich hatte eine Inspiration. »Sinclair hatte tatsächlich ein Hotel in Albany erwähnt.« Ich hatte über die Reise gestern im Daily Mirror gelesen. Gut, daß Dick mich daran erinnert hatte.
»So, jetzt ist endgültig Schluß.«
»Ich bin noch nicht offiziell angeklagt worden.«
»Das werde ich jetzt sofort nachholen.« Er las mir meine Rechte im Zusammenhang mit dieser Festnahme vor und schloß mit den schönen Worten: »Und du hast außerdem das Recht, dir deinen Sinclair Singer in den Arsch zu stecken. Ich bin der stellvertretende Leiter der Mordkommission für den Bezirk von Manhattan. Was ich sage, hat hier ein gewaltiges Gewicht. Es hat ausreichend Gewicht, um bis nach Albany gehört zu werden, und das kannst du gerne deinem reichen, britischen Stück Katzenscheiße sagen.«
Ich betrachtete seinen vorstehenden Kesselbauch. »Das ist allerdings wahr, daß du jede Menge Gewicht mit dir herum trägst.«
Bucky stand plötzlich neben Dick. Er sagte: »Wir haben gerade einen Anruf vom District Attorney in Albany bekommen. Wir haben keine ausreichenden Beweise gegen Mallory. Er sagt, wir müssen sie laufen lassen.« Bucky starrte mich an. Er versuchte, tough auszusehen.
Ich sagte: »Ja, dann werde ich mal gehen.« Ich holte meinen Lippenstift ab und spazierte zur Tür hinaus, vollkommen sprachlos. Singer mußte also meine Nachricht bekommen haben. Durch die Telefonfirma gerettet. Ich winkte mir ein Taxi und ließ mich die zwanzig Blocks bis zum Channel 6 fahren.
Mein Name stand immerhin noch auf der Liste derjenigen, die Zugang zum Sender hatten. Ich wurde in das Studio durchgewinkt. Uhrzeit: sieben Uhr abends. Noch eine Stunde bis zur Show. Ich mußte Alex finden. Ich hatte das Gefühl, Tonys Killer würde es heute abend noch einmal versuchen.
Ich bog um die Ecke in Richtung Sabrinas Garderobe. »Hey, Sonderkommando«, bellte hinter mir eine Stimme. Ich wandte mich um. Es war Ringo Schwartz. Neben ihm ging Woody Latrek. Ringo sah wütend aus. Als er nah genug herangekommen war, umfaßte er mit einer Hand meinen Oberarm. Er starrte mir ins Gesicht und sagte: »Sie werden dafür schon ausreichen. Verschwinden Sie zum Make-up.«
»Das kann sie nicht«, protestierte Woody mit einem Augenzwinkern. »Schau doch nur mal, was sie anhat.« Ich trug meine Jeans und das wendbare J. Crew-Sweat-shirt, dazu meine Air-Pegasus-Turnschuhe.
»Es mag Ihnen möglicherweise nicht ganz klar sein«, sagte ich, »aber ich sehe gerade heute besonders gut aus.« Hatte hier noch niemand etwas von innerer Schönheit gehört?
»Kommen Sie schon.« Ringo zerrte mich an Sabrinas Garderobe vorbei.
Ich sagte: »Ist das hier etwa der Moment, auf den ich schon so lange gewartet habe?«
Ringo verharrte mitten im Schritt. Reihen von Spiegeln und Schminktischchen standen links von uns. Fluoreszierende Glühbirnen rahmten jeden einzelnen Spiegel ein. Woody sagte: »Wir werden etwas wegen dieser Ringe unter ihren Augen machen müssen. Die kriegen wir nie als Fünfundzwanzigjährige durch.«
»Im übrigen bin ich vierundzwanzig«, sagte ich. Ich setzte mich vor einen der Schminktische und fuhr mir durchs Haar.
Ringo sagte: »Wir haben eine Notlage, Mallory. Zwei Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer haben sich geweigert, bei der Show mitzumachen. Diese Idioten. Was sind das eigentlich für Leute, für deren Ergötzung ich meine Arbeitszeit hingebe?«
»Langsam, langsam, Ringo, mein Bester«, schmeichelte Woody, ehe er zwinkerte.
Ringo zeigte Woody den Stinkefinger und sagte: »Lola Lipsanski hat sich freiwillig für die andere freie Stelle gemeldet. Und Sie müssen mir Ihre Pistole geben. Jetzt.«
»Und welcher Typ hat sich als Ersatzmann gemeldet?« fragte ich und fand unter den ganzen Stiften, Fläschchen und Töpfen mit Cremes, Lotions und Puder genau meinen Lieblingston an Lippenstift. Ich erinnerte mich an meine Kindheit, als Make-up noch Spaß bedeutete.
»Ich will keine Pistole im Umkreis von fünfzig Meilen vom Set sehen.«
»Wie wäre es mit Alex Beaudine?« schlug ich vor. »Er ist auch ein ausgebildeter Professioneller.«
»Sabrina will ihn nicht riskieren«, sagte Ringo.
»Ich kann also davon ausgehen, daß ich ein Risiko wert bin«, sagte ich und fühlte mich wie kleingehackte Hühnerleber.
Ringo schaute auf seine Uhr. »Sie haben noch vierzig Minuten Zeit, um uns Ihre Waffe auszuhändigen«, sagte er und stürmte von dannen, wobei seine Arme durch die Luft schnitten wie Papieräxte. Seine weißen Socken ließen die Knöchel unsichtbar werden, als er den weißgestrichenen Korridor entlangging. Die Maskenbildnerin — genau diejenige, die Lola und ich vor einigen Tagen vom Badezimmer ausgesperrt hatten — stand von ihrem Stuhl auf. Sie stellte sich hinter mich und beobachtete mich, wie ich sie im Spiegel beobachtete. Sie legte ihre zehn Finger um mein Gesicht und zog meinen Kopf zurück, um sich meine Flaut genauer anzuschauen.
»Sie sind also diejenige, die man mir vorgezogen hat«, sagte sie und schmierte mir dabei irgendein weißes schmalzartiges Zeug über die Wangen. »Ich habe ja auch nur drei Stunden lang gebettelt. Ich versuche ja auch erst seit drei Jahren, in die Show zu kommen.«
Sherri Tigre kam in einer glitzernden roten Paillettengeschichte dahergeschlendert. Sie glitt zu mir an den Make-up-Tisch. Ich fühlte mich plötzlich verlegen. Ich wollte nicht, daß jemand, der so aussah wie sie, mich mit all dieser Schmotze auf dem Gesicht sähe. Sie fragte: »Sind Sie Wanda Mallory?« Wir waren uns ja auch erst gestern vorgestellt worden. Ich hatte sogar für sie geschwärmt. Ich hasse es, wenn die Leute sich nicht an mich erinnern.
»Ich habe Sie gestern bei Tonys Beerdigung gesehen«, sagte ich.
»Und ich Sie«, erwiderte sie. »Ich soll Ihnen etwas aussuchen, was Sie heute abend für die Show anziehen können. Welche Kleidergröße tragen Sie? Ich habe Größe sechs. Ich bewahre meine Figur, indem ich wenig Fett und viel Rohkost esse, makrobiotische Diät halte und jeden Tag dreißig Minuten Aerobic mache.«
Na, wie wunderbar für dich. »Ich trage Größe acht«, sagte ich. Ich hoffte, die Sachen in Größe acht würden eher in Richtung neun ausfallen.
Sie lächelte spöttisch. »Ich habe ein paar Stretch-Sachen, Lycrakleider. Sie werden wunderbar darin aussehen.«
»Ich gehe davon aus, daß Sie gerade keinen Tanga mehr da haben, der dazu passen könnte«, sagte ich.
Sherri biß sich in den Finger. Ihre Augen füllten sich, und sie fing an zu weinen. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Nichts. Die Maskenbildnerin wischte mir die Fettcreme vom Gesicht, während Sherri schluchzend neben mir stand, ohne sich im geringsten zu genieren. Ich sagte: »Machen Sie mir doch bitte nur noch die Wangen, das reicht dann.«
Lady Makeup erledigte noch die letzten Handgriffe und stieß mich dann aus dem Stuhl. Ich blickte in den Spiegel. Sie hatte mehr gemacht als nur Wangen. Ich hatte außerdem Augen und einen Mund und ein Kinn. Das einzige Natürliche an mir waren meine Haare geblieben. Ich legte meinen Arm um Sherris Schultern, während wir zu ihrer Garderobe gingen.
Sherri holte ein paar Kleider aus ihrem Schrank. Ein schlichtes schwarzes Minikleid von Chanel fiel mir auf. Ich zog es über. Sherri sagte: »Das Kleid hat die Show 2.000 Dollar gekostet.«
»Bei solchen Aufmunterungen nebenher verstehe ich nicht, warum Sie gehen wollen.«
»Wovon reden Sie überhaupt?« fragte sie und klimperte mit den Wimpern.
Ich zog den Bauch ein. »Das Talkshow-Projekt mit Woody und Ringo. Wie ich gehört habe, ist es zum Sterben schön. Im wahrsten Sinne des Wortes.« Ich zog den Reißverschluß hoch.
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte sie. »Daß ich den Jungen erschossen habe?«
»Das ist nicht im Entferntesten das, was ich andeuten wollte. Ich bin nur neugierig, warum Sie zu seiner Beerdigung gegangen sind.« Das Kleid lieferte die hübsche Figur gleich mit. Ich freundete mich zusehends mit der Idee an, im Fernsehen zu erscheinen.
Sherri brach schon wieder in Tränen aus. Sie sagte: »Ich hasse Sie.«
»Sie haben den Jungen gevögelt und haben ihn dann in der Show mitmachen lassen.« Ich hatte mir den ganzen Tag überlegt, was es sonst noch hätte sein können.
Sherri nickte und wischte sich den Wimperntuschenschaden von der Wange. »Wir haben uns bei der Vorstellung der Bewerber für die Party kennengelernt«, fing sie an. »Er achtete sehr darauf, nur das Gemüse mit dem Balsamessig zu essen. Er trank Evian. Das fiel mir auf. Er war süß und sehr nett zu den Mädchen. Er flirtete ein bißchen mit mir. Ich flirtete zurück. Woody und ich führen diesen Teil der Auswahl durch. Schließlich dürfen wir auch ein bißchen Spaß haben. Aber Tony Fellud hat einfach nicht aufgegeben. Er wollte so furchtbar gerne in der Show sein.« Sie wischte sich mit einer Fingerspitze eine Träne aus dem Gesicht, wobei sie vorsichtig die Wimpern aussparte. »Ich habe mit ihm geschlafen. Genau hier, auf dieser Couch. Es war wunderbar.«
»Hat er Ihnen gesagt, daß er in der Show sein wollte, damit er Sabrina Delorean kennenlernen konnte?«
»Das hatte er erwähnt.«
»Hat Sie das eifersüchtig gemacht?«
»Ich habe doch Woody.«
»Und Woody weiß, daß Sie Tony gevögelt haben.«
»Nein.«
»Vielleicht weiß er es doch, und das ist der Grund, warum er den Jungen erschossen hat. Aus Rache.«
»Woody könnte keiner Fliege etwas zuleide tun.« Und wie sah das mit Spinnen aus?
Ich zog das Teil von Chanel aus und holte ein Schlauchkleid von Betsey Johnson aus Sherris Schrank. »Wahrscheinlich haben Sie sehr starke Schuldgefühle, daß er sterben mußte, weil Sie ihn in die Show geholt haben.« Das Schlauchkleid war schwarz mit roten und rosa Blumen. An der Hüfte stand der Rock weit ab. Wie durch ein Wunder hatte ich an dem Tag tatsächlich die Beine rasiert und trug Unterwäsche.
»Wenn Sie denken, ich hätte ihn für die Show ausgewählt, weil wir miteinander Sex hatten, dann haben Sie absolut recht. Aber das ist auch der Grund, warum Woody die Mädchen aussucht, die er sich aussucht, und was macht das also für einen Unterschied? Die ganze Show ist eine Farce. Es ist ein riesengroßer Aufwand an totaler Falschheit und Vorgaukelei, und es macht mich krank. Deswegen will ich eine Talkshow machen. Die ist so viel echter, verstehen Sie?«
Ich wußte nicht, wovon sie redete. Und ich war kurz davor, das zu sagen, als wir ein lautes Knallen, gefolgt von dem Splittern von Glas, hörten. Ein zweiter Rums erschütterte die Wand — und es war die, die an Sabrinas Garderobe grenzte.
Ich durchwühlte meine Handtasche nach Mama. Ich ließ meine Schuhe stehen und lief eine Tür weiter zu Sabrinas Ankleideraum. Ich rannte ohne zu klopfen hinein. Patty saß mit Sabrina auf der Couch mit dem Goldlamé-Bezug. Buster Singer saß in seinem Rollstuhl und warf Gegenstände von Sabrinas Schminktisch gegen die Wand. Ein hübsches Häuflein zersplittertes Glas lag bereits in einer Pfütze aus Parfüm. Der Duft stieg in meine Nase und erstickte mich förmlich mit seiner Stärke: Opium. Durchaus eine angemessene Wahl für Sabrina.
Buster hörte auf, den Kram zu werfen, als er mich sah. »Sag du es ihr, Wanda. Sag ihr, wie sehr ich sie liebe.«
Pattys Augen blitzten vor Wut. »Gibt es einen Grund dafür, daß Sie beide sich kennen?«
»Alte Freunde aus dem College, soll ich das jetzt sagen?« fragte Buster. »Wanda arbeitet für Dad. Sie soll mich von Sabrina fernhalten.«
»Und das schaffe ich auch prima.« Der Ring befand sich in meiner Handtasche in Sherris Garderobe. Ich hielt meine Pistole auf ihn gerichtet. »Los jetzt, Buster, wir gehen.«
»Das kannst du doch nicht ernst meinen.« Tat ich aber wohl. »Das werde ich Dad sagen«, drohte er mir.
»Prima. Ich weiß auch das eine oder andere, was ich ihm schon immer mal erzählen wollte.« Mit immer noch erhobener Pistole trat ich hinter Buster und rollte ihn aus Sabrinas Zimmer. Während ich die Tür schloß, sagte ich: »Ich hoffe wirklich inständig, daß Alex nicht irgendwo im Krankenhaus liegt.«
Ich rollte Buster in Sherris Garderobe. Sie war gegangen. Ich grub in meiner Handtasche auf der Suche nach dem Ring, wickelte ihn aus dem Tempotaschentuch und zeigte ihn Buster. Er keuchte auf: »Mein Gott, du hast den Ring gefunden.«
»Sabrina hat ihn die ganze Zeit über gehabt.« Er nahm den Ring aus meiner Hand. Ich steckte meine Pistole wieder in die Tasche.
»Jetzt kann ich ihr noch einmal einen Antrag machen«, sagte er aufgeregt.
»Du hast noch ein Bein übrig. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich zusehen, daß ich es auch behalte.« Das Telefon auf Sherris Schminktisch hatte etliche Nummern gespeichert. Ich wählte den Sicherheitsdienst. Eine rauhe Stimme meldete sich. Ich sagte: »Ich rufe im Auftrag von Buster Singer an. Er braucht eine Begleitperson aus Sherri Tigres Garderobe. Er möchte das Gebäude verlassen.« Ich hörte zu und hing dann auf. »Du hast noch zwei Minuten. Ich werde mit dir warten.« Ich schaute auf die Uhr: nur noch zwanzig Minuten bis zur Show.
Nachdem Buster gegangen war, kehrte ich zu Sabrina zurück. Mit einem Fußtritt schloß ich die Tür. Gerade als ich mich dem Familien duo auf der Couch zuwandte, steckte Patty eine winzige rosa Pille zwischen die Lippen ihrer Tochter. Patty sagte: »Wanda, es tut mir leid, Sie davon in Kenntnis setzen zu müssen, daß Ihre Dienste in Zukunft nicht mehr benötigt werden.« Sabrina starrte durch mich hindurch.
»Mich zu feuern wird das Problem nicht lösen, Patty. Was werden Sie tun, wenn sie versucht, Alex etwas anzutun, ihn einen Vergewaltiger nennt oder ihn einfach im Krankenhaus sitzen läßt? Warum pumpen Sie Sabrina nicht einfach mit noch mehr Drogen voll und tun so, als wäre die ganze Sache nie passiert?«
»Wovon reden Sie eigentlich, um Himmels willen?«
In dem Moment kam Alex in die Garderobe, ohne vorher angeklopft zu haben. Er trug Jeans und ein T-Shirt von der University of Michigan. Sein Haar war voll und glänzte. Ich lächelte, als ich ihn sah. Er hielt einen braunen Umschlag in der Hand.
»Er ist es«, beharrte Sabrina. »Er versucht, mich umzubringen.«
»Ich?« fragte Alex und zeigte auf seine Brust.
»Buster«, sagte Sabrina. »Er ist hier, Alex. Bitte beschütz mich.«
»Buster versucht nicht, dich umzubringen«, sagte ich und war selber von mir überrascht.
Alex fragte: »Wo ist er?«
Ich sagte: »Er will ihr in Wirklichkeit nochmal einen Heiratsantrag machen.«
»Sabrinas Antwort ist nein«, verkündete Alex. »Wir haben uns nämlich verlobt.«
Gong — das schlug ähnlich zu wie eine Bratpfanne gegen den Schädel. Auch bei Sabrina, allem Anschein nach. »Wovon redest du überhaupt?« fragte sie.
»Ich wollte dich eigentlich erst heute abend nach der Show fragen.« Alex und ich hatten uns nach einem Jahr des Zusammenlebens getrennt, weil er nicht bereit gewesen war, sich zu binden. Er sagte: »Ich möchte dich glücklich machen.«
Sabrina sagte: »Wenn du mich glücklich machen willst, dann trittst du heute abend in der Show auf.« Ihre Augen waren kalt geworden.
»Aber du hast doch gesagt, du wolltest mich dieser Gefahr nicht aussetzen«, entgegnete Alex.
»Ich habe eben meine Meinung geändert.« Das war ja nun auch ihr gutes Recht.
Alex sagte: »Ich bin aber kaum ein so witziger Unterhalter wie die meisten deiner Teilnehmer.«
»Ich bin sicher, daß du jetzt nicht mit mir herumstreiten wirst, oder?« Sie lächelte ihn an.
»Kann ich dann wenigstens neben dir sitzen?« fragte er. Sie nickte, aber mit eher geringem Enthusiasmus.
»Ich werde auf deiner anderen Seite sitzen«, bot ich mich an. »Ich habe mich mächtig aufgedonnert, und ich möchte, daß die ganze Welt mich so sieht.« Ich mußte unbedingt Max anrufen und ihm sagen, er solle die Show auf Video aufnehmen.
Alex legte den braunen Umschlag in Sabrinas Schoß. »Das lehnte an deiner Tür, als ich kam.«
Ich nahm den Umschlag und riß ihn auf. Ich ließ den Inhalt auf den Teppich fallen und zählte sechsunddreißig spirlige, angewinkelte, haarige, braune Stäbchen von Tarantelfleisch. Der verkrustete Knoten in der Nähe des abgerissenen Gelenks war schwarz wie Teer. Sabrina starrte durch die Dinger hindurch. Ich schluckte schwer und versuchte mir zu überlegen, wer den Umschlag in den fünf Minuten an die Tür gelehnt hatte, die ich schon im Raum war. »Alex, hast du irgend jemanden gesehen?« Er schüttelte den Kopf.
»Sabrina kann nicht auftreten«, sagte Patty. »Sie ist viel zu aufgeregt.«
»Sabrina wird sehr wohl auftreten, Patty«, sagte ich eindringlich. »Sie können dieser Angelegenheit nicht dauernd aus dem Weg gehen.«
Es klopfte an der Tür. Marnie O’Shea schaute herein, heute in einem zauberhaften gestreiften Overall. »Showtime in zehn Minuten.«
»Alex wird doch auftreten«, sagte Patty zu Marnie.
»Weiß Ringo das?« fragte sie.
»Warum sagen Sie es ihm denn nicht selber?« fragte Patty hämisch zurück.
Marnie holte tief Luft und sagte: »Okay. Wanda und Alex, wenn Sie mir bitte folgen wollen. Sherri und Woody warten schon auf dem Set, um Sie einzuweisen.«
Wir folgten Marnie hinaus auf das Set. Ich entdeckte Buster, der in seinem Rollstuhl genau in der Mitte vor den Rängen der Zuschauer saß. Ich ging geradewegs zu ihm.
»Perfekte Sicht auf Sabrina von hier aus«, sagte ich.
»Willst du damit andeuten, daß ich vorhabe, sie zu erschießen?« fragte er.
»Nein, aber du nimmst immerhin an, ich wolle andeuten, daß du schuldig bist.«
Plötzlich sagte er: »Oh je! Versteck mich bitte irgendwo, schnell.« Ich sah mich um und suchte nach Sinclair. Ich ging davon aus, Buster wolle nicht, daß sein Vater erführe, daß er hierher gekommen war. Auf der Suche nach Sabrina. Aber der war nirgendwo zu sehen.
»Versteck mich doch, verdammt noch mal. Ich falle ein bißchen auf in diesem verfluchten Rollstuhl.« Ich rollte ihn auf die Loge in der Mitte zu. »Herrjeh!« zischte er. »Doch nicht hier!« Kaum hatte er diesen Protest geäußert, als ich auch schon die singende, einlullende Stimme einer Frau hörte, die ich neulich kennengelernt hatte.
»Hier bin ich, Buster«, rief sie und winkte heftig. Ich blickte in die Ränge. Sie waren schon fast alle mit Fans vollgepackt. Mitten in der ersten Reihe der mittleren Loge saß Sandra Ulsen, die Stewardess, die ihren wohltrainierten Arm hin- und herwedelte, wodurch ihr umfangreicher Busen in sanfte Schwingung geriet.
»Du kennst Sandra?« fragte ich.
»Ich habe sie auf Jamaika kennengelernt. Was für ein Dummchen.«
»Sie scheint dich aber zu mögen.«
»Das passiert eben, wenn man unsicheren Mädchen gegenüber lügt und behauptet, sie seien im Bett einfach wunderbar«, sagte Buster.
Sandra bahnte sich den Weg zu uns. Sie zwitscherte:
»Hi!«
»Hallo«, sagten Buster und ich unisono. Aus dem Augenwinkel sah ich Marnie O’Shea, die mich zum Set herüberwinkte. Ich fragte Buster: »Ich kann dich jetzt hierlassen?«
Sandra sagte: »Ich werde bei ihm bleiben« und fand ein gemütliches Plätzchen auf seinem Schoß. Buster wurde knallrot. Er warf mir Messer statt Blicke zu. Ich konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. Ich ging zurück zum Set. Marnie verteilte die Teilnehmer auf verschiedene Stühle. Ich setzte mich rechts von Sa-brinas Thron und damit Lola zur Linken. Die eine echte mutige Teilnehmerin, die sich um die Reise bemühen wollte, hieß Alice. Ich bewunderte ihr Lederhalsband. Es war ähnlich denen, die man benutzt, um größere Tiere in Schach zu halten. Lola sah süß aus in einem blauen Babydoll-Kleidchen aus Baumwolle, das in ziemlichem Kontrast zu ihrem Charakter stand, nicht aber zu der Art, in der ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Sie sah kein bißchen älter aus als sechzehn. Ich fragte mich, ob ich auch wie sechzehn ausgesehen hatte, als ich neunzehn war. Lola musterte mich gleich zweimal von oben bis unten und sagte: »Mit Schuhen hast du es nicht so?«
Ich hatte sie bei diesen ganzen Teppichen hier schlicht vergessen. Ich kreuzte meine Füße und steckte sie so weit es ging unter die Couch. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit der Männercouch zu. Die beiden mutigen männlichen Teilnehmer hießen Bobby und Johnny. Nette Jungs. Einer trug einen Trainingsanzug von der Art, wie ihn Joe Buttafuoco trägt, mit silberfarbener Paspelierung. Der andere Typ trug die klassische Gap-Uniform und eine baumelnde Perle als Nasenring. Er zwinkerte dauernd Woody zu. Alex saß links von Sabrinas Thron. Er hatte die Arme über seiner Hühnerbrust gekreuzt.
Ich sagte: »Versprich mir nur eins.«
Er sagte: »Bitte nicht jetzt, Wanda. Ich glaube, ich bin gerade in die Wüste geschickt worden.« Er hatte gar keine Ahnung, was für eine wunderbare Nachricht das war.
Ich sagte: »Wenn du dich irgendwann wirklich dazu durchringst, laß mich bei deiner Hochzeit der Zeremonienmeister sein.«
»Nur, wenn ich bei dir Brautjungfer sein darf.«
Sherri und Woody unterbrachen auf das Unhöflichste. Sherri sagte: »Dies ist eine eher ungewöhnliche Situation. Unsere Sonderteilnehmer sind nicht berechtigt, die Reise nach Jamaika zu gewinnen, so daß der Preis an dich gehen wird, Alice, und an einen von den beiden Herren. Sollten die Zuschauer einen unserer Ersatz-Teilnehmer wählen, dann spielt einfach mit. Nun denn« — Sherri lächelte fröhlich — , »die Show wird in der Regel sowieso improvisiert. Tut einfach alle so, als wärt ihr alle auf derselben Fete gewesen. Jeder von euch hat ein bißchen mit den anderen geschmust — ich meine Jungen mit Mädchen, es sei denn — , nun ja, so etwas ist bei uns in der Show eigentlich nicht üblich.«
Woody übernahm die Gesprächsleitung. »Lehnt euch einfach zurück und laßt die Sache laufen. Wer weiß? Womöglich amüsiert ihr euch sogar!« Er zwinkerte. Ich zwinkerte zurück und rieb mir das Auge. Woody wirkte verunsichert. Er rieb sich das Auge und sah seinen Finger an. »Okay. Sabrina wird euch in der Unterhaltung führen. Wir haben eine Verzögerung von sieben Sekunden bei dieser Show, daher braucht ihr euch in bezug auf euren Sprachgebrauch keine Sorgen zu machen. Schaut einfach, was Sabrina macht, und seid kreativ.«
Lola hob die Hand. Woody nickte ihr zu. »Ich muß mal.« Die Teilnehmer kicherten.
Sherri runzelte die Stirn. Sie sagte: »Da mußt du leider auf einen Reklamespot warten.«
Der Kameramann befahl Ruhe auf dem Set. Sabrina kam hinter den Kulissen hervorgeeilt. Sie wirkte normal. Nicht nervös. Sondern ganz sie selbst — kalt, ruhig und vollkommen von der wirklichen Welt abgelöst. Ich fragte mich, was sie wohl diesmal genommen hatte und wieviel. Mit den Augen suchte ich Patty hinter den Kulissen und in den Zuschauerrängen. Sie war nirgends zu sehen. Die Musik der Show kam aus den riesigen Lautsprechern gewummert, die sich über meinem Kopf befanden. Der Kameramann zoomte dicht an Sabrinas leuchtenden roten Schopf heran.
Sie sagte: »Knapp vorbei ist auch daneben, du Arsch.« Die Musik donnerte noch lauter, und die Zuschauer explodierten in wildes Kreischen und Stampfen. Ich entdeckte Buster und Sandra, die an der Seite der Zuschauerränge saßen. Er versuchte verzweifelt, sich ihrer umherschweifenden Hände zu erwehren.
Sabrina zündete sich eine Zigarette an. Ich hatte noch nicht einmal das Bedürfnis, einen Zug daran zu nehmen. Sie wandte sich den Zuschauern zu und sagte: »Das Leben geht weiter. Die Party geht weiter. Nichts wird diese Fete aufhalten können, es sei denn, wir haben kein Budweiser mehr.« Das Publikum jubelte und trampelte auf den Rängen. Ich war entsetzt über ihre Gefühllosigkeit. Sabrina fuhr fort: »Wir haben heute abend eine ganz schöne Truppe von Fetengängern. Jeder einzelne von ihnen mußte vom Sicherheitspersonal von der Party weggezerrt werden. Wenn wir die nicht in die Taxis gesteckt hätten, dann hätten die die ganze verdammte Nacht weitergefeiert. Vor allem der hier«, sie zeigte auf Alex. »Der hat versucht, jedes einzelne Mädel auf der Veranstaltung gleich zu bumsen.«
Alex wand sich ungemütlich in seinem Schleudersitz.
Er sagte: »Aber nur die Hälfte von denen kam auch über.«
»Was war mit der anderen Hälfte?« fragte sie herausfordernd.
»Die haben eindeutig einen Fehler gemacht.«
Die Motorradfahrermieze neben mir sagte: »Man höre sich das nur an. Der denkt wohl, er wäre Gottes Geschenk an die Menschheit.«
»Oder vielleicht sollten wir ihn uns lieber schenken?« fragte der Typ mit den hochgefönten Haaren neben Alex. Eindeutig wollte er auch einmal ins Rampenlicht.
Ich blickte hoch zu den Laufplanken über uns, ob dort wohl irgendjemand sei, der eine .45 Magnum mit sich herumschleppte. Die Laufplanken lagen vollkommen ruhig da und ganz dunkel. Ich schaute zu Buster und Sandra. Sie machte sich gerade an seinem Kragen zu schaffen, obwohl sie ganz konzentriert auf die Show blickte. Ich fragte mich, wieso sie überhaupt hier war. Buster starrte Sabrina an, als warte er auf etwas. Wenn er nicht damit beschäftigt war, Sandras Annäherungsversuche abzuwehren, tauchten seine Hände in die tiefen Taschen, die von den Armlehnen seines Rollstuhles hinabhingen.
Eine Schweißperle rollte an meiner Wange entlang. Die Scheinwerfer wirkten wie gigantische Lebensmittelwärmer, und ich kam mir vor wie ein kleines brutzelndes Pommesstäbchen. Ich spürte Hunderte von Augen auf mir und wandte mich zu Sabrina um. Sie starrte mich an und sagte: »Wie ist das eigentlich, fühlen die Männer sich abgestoßen, wenn sie sehen, wieviel du auf Feten reinschaufelst? Vom Videotape her zu urteilen kannst du ganz schön futtern.«
Ich antwortete: »Eigentlich haben die Männer in meinem Leben bislang nichts gegen meine orale Fixierung einzuwenden gehabt. Es hat sogar einige gegeben, die auf die Knie gegangen sind, um dafür zu danken.«
»Hast du das auch getan?« Sabrina wirbelte herum, um Alex das zu fragen.
Das war ein bißchen zu sehr unter die Gürtellinie. Alex zuckte zurück, und ich fühlte mit ihm. Er sagte: »Du kannst ganz schön zickig werden, nicht wahr?«
Lola sagte: »Wag es nicht, sie so anzugehen.«
»Sabrina kann auf sich selber aufpassen«, antwortete Alex.
»Kann sie nicht. Ich kenne sie besser als du. Sie braucht jemanden«, hielt Lola ihr die Stange.
»Tatsache ist, das bist jedenfalls nicht du«, entgegnete Alex. »Womit ich unter keinen Umständen gesagt haben will, daß ich es deswegen sein soll.«
Lolas Pferdeschwanz schoß geradewegs in die Höhe. »Als ob du von irgendwas eine Ahnung hättest.«
»Als ob du irgendwelche hättest«, konnte ich mich nicht zurückhalten zu sagen. Erst gestern abend hatte Sabrina sie doch endgültig abgesägt. Wenn Sabrina eine Droge war, dann blieb Lola ein Junkie.
»Was ist hier eigentlich los?« fragte die Motorradfahrermieze.
»Wollte ich auch grad fragen«, grunzten die beiden Trottel unisono.
Sabrina, kühl und wie immer vollkommen auf drogen-induzierter Raumstation, sagte: »Nach diesen erhellenden Worten von Westinghouse ist unsere Show gleich wieder da!« Und wir waren nicht mehr auf Sendung.
Ringo Schwartz platzte aus den Kulissen heraus und brüllte Sabrina an: »Ich hoffe wirklich, irgendjemand erschießt dich doch noch. Ich hoffe, du wirst genau hier auf dem Set in tausend kleine Stücke gerissen. Ihr alle«, fügte er hinzu und wies mit einem weiten Schweifen seines Armes auf uns, »ihr seid beschissen. Ihr seid grausam schlecht. Ich hoffe, irgend jemand erschießt mich und erlöst mich so von meinem Leiden. Aber ich würde wahrscheinlich trotzdem Schmerzen spüren, selbst im Jenseits. Das ist wohl der ausschließliche Sinn meiner Existenz: zu leiden, unaufhörlich, in den Händen von vollkommen mit Drogen vollgepumpten, verwöhnten kleinen Gören wie Euch.« Er zeigte mit einem langen Finger auf Sabrina, ungefähr einen Zentimeter von ihrer perfekt gerichteten Nase entfernt. »Ich kündige, verdammt noch mal«, sagte er und stürmte vom Set, als der Kameramann anfing, von zehn rückwärts zu zählen.
Marnie O’Shea kam in der letzten Sekunde herausgeschossen und stellte eine Flasche Evianwasser auf Sabrinas Beistelltischchen. Sabrina begann den nächsten Teil der Show, indem sie eine weitere Zigarette anzündete. Sie sagte: »Ich zünde mir eine weitere Zigarette an. Von allen Zigaretten in meinem Leben könnte dies die letzte sein.« Das Publikum schwieg. Sabrinas Finger zitterten leicht, während sie daran sog. »Der Killer könnte genau jetzt da draußen sein und mich im Visier haben.« Irgendwie schien es, als sei ihr die Bedrohung durch den Tod jetzt doch bewußt geworden. Sie sah mich an wie ein Reh, das von Scheinwerfern geblendet wird, ganz Augen und Angst. Sie nahm erneut einen tiefen Zug, als könne der Rauch ihr Leben retten. Ich sagte: »Kann ich mal dran ziehen?« Sie streckte mir die Hand entgegen und ich nahm die Zigarette aus ihren Fingern. Und drückte sie im Aschenbecher aus.
Sabrina schien von mir genervt zu sein, aber nur den Bruchteil der Sekunde, den sie brauchte, um sich eine neue Zigarette zu nehmen. Sie sagte: »Wer auch immer da draußen ist und versucht, mich umzubringen, kann sich selbst bliepen. Keiner wird an mich rankommen.« Sie sagte tatsächlich >bliepen<.
In den Zuschauerreihen lächelte Buster. Alex und Lola und ich blickten uns an. Tun konnten wir aber nichts, um Sabrinas freien Sturz in die Katastrophe zu verhindern. Das Motorradmädel unterbrach das peinliche Schweigen, um zu fragen: »Reden wir jetzt endlich über Blaskonzerte im Badezimmer oder was geht hier ab?«
»Finde ich auch«, sagte der Typ mit dem aufgefönten Haar. Die Zuschauer, die froh waren, endlich einmal wieder zu einem Thema zu kommen, mit dem sie wirklich etwas anfangen konnten, stampften und klatschten, aber schon mit geringerer Begeisterung. Das hier war ihnen offensichtlich alles ein bißchen zu merkwürdig. Ich nahm die Gelegenheit wahr und durchsuchte noch einmal die Laufplanken über uns. Die einzigen Wesen, die ich da oben bemerkte, waren Bullen. Einige hielten sich außerdem in den Seitenkulissen auf. Hinter der Bühne stand Marnie O’Shea mit vor der Brust zusammengepreßten Händen, als würde sie beten. Ihr Cowboyhut saß schräg auf ihrer Riesenmähne an weißen Haaren. Sherri und Woody sahen ihr über die Schulter. Sie hofften wohl inständig, daß Sabrinas Abgang und Scheitern wenigstens von einem wahren Höllenfeuer begleitet werden würde. Ringo war nirgendwo zu sehen.
»Ihr wollt einen geblasen bekommen, also kriegt ihr auch einen geblasen.« Sabrina wandte sich zum Motorradmädel. Sie sagte: »Okay. Erzähl uns alles darüber, was im Badezimmer passiert ist. Erstens, habt ihr ein Kondom benutzt? Wir wollen hier doch nicht verklagt werden.« Sie streckte die Hand nach der Evianflasche aus. Das Wasser warf kleine Wellen und klatschte gegen die Seiten der Flasche, weil Sabrinas Hand so sehr zitterte. Es war klar und schimmerte im reflektierenden Licht. Ein weiterer Schweißtropfen rann mir den Hals hinunter, während ich darauf starrte, wie in Bann geschlagen durch die kleine bewegte Welt in dieser Wasserflasche. Ich war so heiße Lichter einfach nicht gewöhnt. Mein Mund war trocken. Mein Hals war ganz kratzig. Ich spürte, wie ein Husten sich aus den Tiefen meiner Gurgel hochkämpfte. Ich versuchte, ihn zu unterdrücken, schaffte es aber nicht.
Während die Motorradmieze ihre Technik detailliert beschrieb, streckte ich die Hand nach dem Wasser aus. Sabrina zog es mir weg. Ein paar Tröpfchen spritzten heraus und fielen auf mein Handgelenk und auf die Finger. Wie eine Katze leckte ich die Flüssigkeit wieder ab. Es schmeckte bitter, ganz merkwürdig. Dann bemerkte ich den Geruch, und das leichte Brennen auf meinen Lippen. Ich riß die Flasche aus Sabrinas Hand und nahm den ganzen Mund voll Wasser. Ganz entgegen meinen sonstigen Angewohnheiten war ich dieses Mal sehr darauf bedacht, nicht zu schlucken.
Dann brach ich auf dem orangefarbenen Paisley-Muster des Bodens zwischen den Sofas zusammen, wobei mein Gesicht leider genau in Richtung der Kameras lag. Ich hielt die Flasche so, daß das Evian herauslaufen konnte, und ließ auch den Schluck wieder aus meinem Mund rinnen. Danach führte ich krampfhafte Windungen der Art vor, wie ich sie in den Filmen über Drogenentzug gesehen hatte. Um den Effekt zu vervollkommnen, zuckte ich noch einige Male und lag dann bewegungslos da, eine tote Frau.
Ich hörte Schreie und Aufruhr. Irgendjemand hatte meine Hände genommen und warf mich auf die andere Seite. Hände schlugen mir ins Gesicht. Ich wollte sprechen, hatte aber Sorge, daß ich damit alles vermasseln würde. Ich riskierte es. Der Mensch, der mich hielt, war Alex. Das wußte ich irgendwie. Neben ihm kniete Lola. Ich ließ meine Augenlider einen Spalt aufgehen, gerade genug, um sie wissen zu lassen, daß ich nur so tat. Alex zwinkerte und rieb sich das Auge. Dann ließ er mich mit einem Rumms wieder fallen. Er rief: »Mein Gott, sie stirbt. Hilfe! Kann uns bitte jemand helfen!«
Eine Frau im Publikum rief: »Ich bin Ärztin!«
Alex jammerte: »Wenn wir nur wüßten, was für ein Gift in dem Wasser war. Dann könnte uns die Ärztin helfen. Aber so? Sie wird jede Sekunde sterben.«
Das Aufheulen kam von hinter der Bühne. Es klang wie Otis, wenn ich ihr aus Versehen auf den Schwanz trete. Der jaulende Ausbruch eines rasenden Schmerzes schwebte auf die Decke zu und schien dann wieder auf den Boden zurückzusinken, schwer und tot. Ich fühlte die Dielen des Bodens zittern, als sie auf uns zukam. Ich öffnete die Augen, um sie anzusehen. Sie war groß, rosa und auf gefährliche Weise emotional. Eine dicke Träne fiel auf den Boden neben meiner Nase. Ich beobachtete, wie die Flüssigkeit in den Boden zog und den Fleck verdunkelte. Ich rollte mich auf den Rücken.
Marnie O’Sheas Hände flatterten wie kleine Albino-Fledermäuse vor ihrem Gesicht. Sie weinte. Sie sagte: »Seidelbast«, und dann zerfloß sie erneut in Tränen.
Ich hatte diesen merkwürdigen holzigen Geruch in dem Evian bemerkt. Ich habe ein ausgezeichnetes olfaktorisches Erinnerungsvermögen — erstaunlich bei einer Raucherin, ich weiß. Ex-Raucherin.
Ich ging davon aus, daß ich jetzt beruhigt mein Schauspiel beenden konnte. Ich gurgelte und keuchte wild, ehe ich mich wieder gerade hinsetzte. Erst dann bemerkte ich, daß mein Kleid über meine Unterwäsche hochgerutscht war. Marnie war zu sehr damit beschäftigt, zu schluchzen und mit den Händen zu flattern und mit ihren weißen Cowboystiefeln vor mir herumzutrampeln, als daß sie bemerkt hätte, wie ich geschickt wieder auf die Füße sprang. Niemand klatschte.
Ich sagte: »Hey, Marnie.« Sie wirbelte herum. Ihre Augen waren die reinsten Schleusentore, und sie kippte die Tränen förmlich eimerweise aus. Ich erinnerte mich an das Photo von dem Farmhaus, das in Marnies Büro gestanden hatte. Ich holte das andere Farmhaus, das an der Ausfahrt in Vermont stand, in mein Gedächtnis.
Ich sagte: »Sie haben das für Thomas getan.« Ihren toten Sohn, den Kameramann.
»Diese arme Frau«, heulte Marnie. Ich ging davon aus, damit meinte sie Mrs. Felluti, die andere Mutter eines toten Sohnes.
»Huhu, Mrs. Felluti, wenn Sie uns da draußen Zusehen«, sagte ich für alle Fälle in die Kameras. Ich schaute kurz auf Sabrina, die immer noch ruhig auf ihrem roten Thron am Kopf des Dreiecks saß.
Sie bemerkte, daß ich sie ansah, und sagte: »Du tust so, als ob dir das was ausmacht — aber ich weiß, daß das unmöglich ist.« Sabrina schloß langsam die Augen und schlug ihre langen Beine übereinander. Dafür öffnete sie leicht den Mund, während sie sich an Alex und Lola wandte, die neben mir standen. »Laßt uns Mutter suchen«, sagte sie. »Ich will jetzt nach Hause gehen.«
Die Polizisten hatten Marnie umringt. Einer hielt ihr sanft die Hände hinter dem Rücken fest, während er die Handschellen vorsichtig um ihre Gelenke schloß. Sie sagte zu Sabrina: »Er hat Sie mehr geliebt, als er mich jemals geliebt hat. Aber ich habe ihn noch mehr geliebt als er Sie.«
»Das heißt wohl, Sie haben gewonnen«, antwortete sie.
»Nein«, entgegnete Marnie. »Ich habe verloren, mal wieder.« Die flatternden Fledermäuse waren in ihrem Kreuz festgebunden. Während sie von den Bullen abgeführt wurde, sagte sie: »Ich liebe einfach zu sehr. Ist das denn ein Fehler?« Der Cowboyhut hüpfte auf ihren Schulterblättern. Ihre Stiefel schlurften über den Boden. Dann verschwand sie hinter dem Vorhang.