Nachwort
Wenn man auf Entdeckungsreise gehen will, sind ›dunkle Jahrhunderte‹ oft die spannendsten. Ein Beispiel dafür ist die Zeit zwischen Antike und Mittelalter, die wegen schwieriger Quellenlage in den Schulbüchern meist übersprungen und von Romanautoren gemieden wird. Wann endet nun aber die eine, wann beginnt die andere Epoche? Die üblicherweise genannte Absetzung des letzten weströmischen Kaiserleins im Jahre 476 war ein Datum ohne Bedeutung. Im Bewusstsein der Zeitgenossen bestand das Römerreich fort, auch wenn die Kaiser künftig nur noch in Konstantinopel residierten. Folgerichtig bezeichneten sich die Byzantiner selbst immer als Römer (Rhomaioi) und wurden von den Arabern ›Rum‹ genannt.
Die Schlacht am Yarmuk 636, mit der Syrien und bald darauf der ganze Nahe Osten der islamischen Herrschaft zufiel, leitete jedoch eine wahre Zeitenwende ein. Im 7. Jh. zerbrach die Einheit des bis dahin römisch geprägten Mittelmeers und es bildete sich die noch heute bestehende religiöse und politische Zweiteilung heraus. Von daher ist es sinnvoll, darin den Beginn des Mittelalters zu sehen. Für Hunderte von Jahren führte Europa einen verzweifelten Abwehrkampf, bekannt sind der Sieg von Karl Martell in Frankreich 732 sowie die abgewehrten Türkenbelagerungen von Wien 1529 und 1683. Doch 673 drohte dem politisch zersplitterten Europa eine viel größere Gefahr, denn das Kalifenreich bot seine gesamte Flottenmacht auf, um die Entscheidung zu erzwingen. Der nach vier Jahrzehnten byzantinischer Niederlagen vor Konstantinopel endlich errungene Sieg kann in seiner Bedeutung für die weitere Entwicklung unseres Kontinents gar nicht überschätzt werden. Ohne ihn wären wir jetzt vielleicht genau so muslimisch wie Nordafrika.
Seltsamerweise ist jedoch diese entscheidende Schlacht den meisten Europäern kaum bekannt. Genau so unbekannt wie viele andere Ereignisse dieser Zeit, als ein neues Europa aus den Trümmern der Antike entstand. Eine solche Epoche in Romanform zum Leben zu erwecken, bedeutete für mich selbst ein faszinierendes Eintauchen in die Vergangenheit. Es würde mich freuen, auch meinen Leserinnen und Lesern etwas von dieser Faszination vermitteln zu können. Praktisch alle geschilderten Ereignisse sind historisch belegt, nur die persönlichen Schicksale habe ich erfunden. Wer sich für den Faktenhintergrund interessiert, der auf weit über hundert Fachbüchern basiert, findet im Folgenden einige Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln.