Kapitel 9
Am Hofe des Kalifen
(669-671 n. Chr.)
»Im Namen Allahs, des Allerbarmers. Folgendes sichert Chalid Ihn al-Walid den Einwohnern von Damaskus zu, wenn er die Stadt betritt: Er verspricht ihnen Sicherheit für ihr Leben, Eigentum und ihre Kirchen. Die Stadtmauer wird nicht zerstört werden, und kein Moslem wird in ihren Häusern Quartier beziehen. Wir befehlen sie dem Bunde Allahs und dem Schutz des Propheten, des Kalifen und der Gläubigen. Solange sie volle Kopfsteuer zahlen, wird ihnen nur Gutes widerfahren.«
Vereinbarung zwischen den Einwohnern von Damaskus und dem arabischen Eroberer
Die Hitze lastete auf dem Land. So drückend war sie, dass auch der sanfte Wind keine Linderung brachte. Selbst das Wasser in den Ziegenlederschläuchen erfrischte den Gaumen nur kurzzeitig. Obgleich erst beim letzten Brunnen eingefüllt, war es bereits lauwarm, schmeckte schal und abgestanden. Bald war der Mund wieder trocken, die Zunge klebte am Gaumen, feine Sandkörner knirschten zwischen den Zähnen. Erschöpft hatte Pelagia es aufgegeben, den Vorhang des Baldachins beiseitezuschieben, der ihren Sitz auf dem Kamelrücken vor der Sonne schützte. Es war ihr gleichgültig geworden, wie die ausgedörrte Sommerlandschaft aussah, die an ihr vorüberzog. Die ewig gleichen Lehmziegelhütten, die ewig gleichen gelblichen Stoppelfelder, die ewig gleichen staubigen Felsen, die ewig gleichen Herden zotteliger Ziegen. Sie wünschte sich nur noch eines: anzukommen. Endlich in Damaskus anzukommen!
Zu Beginn der Reise, als sie nach zwei Monaten Aufenthalt in der hell schimmernden Marmorstadt Alexandria das Schiff bestiegen hatte, war alles noch neu und aufregend gewesen. Ashkelon, Joppe, Akko, Tyrus, Sidon – das bunte Treiben in den Hafenstädten, die sich wie Perlen längs der palästinensischen und phönizischen Küste reihten, hatte Pelagias Neugierde geweckt und sie vorübergehend ihr Schicksal vergessen lassen. In Berytos, dem Ziel ihrer Schiffsreise, waren sie sogar eine Woche geblieben, da Daud eine nahegelegene Erzmine in Augenschein nehmen wollte, deren Eisen für den Flottenbau wichtig war. Pelagia konnte sich in der Stadt frei bewegen, wurde aber stets von zwei kräftigen Nubiern begleitet, die zu Dauds persönlicher Leibwache gehörten. Dessen Kühnheit bei der Ghaziya, dem Raubzug gegen Syrakus, war selbst dem Kalifen zu Ohren gekommen, so dass er ihm zusammen mit dem Admiral die Gnade einer Audienz gewähren würde.
»Damaskus!« Der Name verbreitete sich rasend schnell in der Karawane.
Pelagia spähte zwischen den Vorhängen hinaus. Die Ebene, die sie durchquerten, war erfüllt von Olivenbäumen und Reihen grüner Weinreben, die sich bis zu den Mauern der Stadt erstreckten. Es schien Markttag zu sein – Karren voller Melonen, mit Säcken beladene Esel und Bauern mit Rückentragen, aus denen die Hälse von Hühnern ragten, schoben sich über die Straße, so dass die Karawane nur schleppend vorankam. Pelagia wandte sich neugierig um. Dabei kreuzte ihr Blick den des völlig entkräfteten Urso, dem Schweißtropfen über das staubige Gesicht rannen. Sie versuchte ein aufmunterndes Lächeln, konnte sie sich doch unschwer vorstellen, wie der an solche Hitze nicht gewöhnte Mann leiden musste.
Er verzog die Mundwinkel und hob die Hände zu einer schicksalsergebenen Geste, bevor sein Kopf wieder nach vorne sackte.
Während ihr Kamel seinen wiegenden Passgang fortsetzte, schweiften Pelagias Gedanken erneut zu den Wochen in Alexandria zurück.
Bei der Verteilung der Beute hatte der Blick von Abdallah Ibn Kais anfangs wohlwollend auf ihr geruht. Als sie jedoch seinem Befehl Folge leistete und hinkend aus der Menge der Gefangenen trat, flog ein Schatten des Unwillens über das gebräunte Gesicht des Admirals und er winkte ab. So war es für Daud ein Leichtes gewesen, sie und Urso zu seinem Teil der Beute zu schlagen. Die beiden wurden in das Haus gebracht, das er in der Nähe des Hafens bewohnte. Urso teilte eine Kammer mit den Dienern, und nachdem Pelagia Daud gegenüber ihr Wort verpfändet hatte, dass er nicht fliehen würde, konnte er sich weitgehend frei in der Stadt bewegen. Sie selbst dagegen musste im Haus bleiben, das sie nur zusammen mit ihrem Herrn verlassen durfte. Die Tage vergingen, ohne dass er sie anrührte, und Pelagia fragte sich schon, welche Pläne er hegen mochte.
Eines Abends war es so schwül, dass sie keinen Schlaf finden konnte und nackt auf dem Bett lag. Durch das offene Fenster schimmerte die dünne Sichel des zunehmenden Mondes, umgeben von flimmernden Sternen. Von der Straße schallten griechische Worte herauf – betrunkene Seeleute, die aus einer nahen Schänke torkelten. Grölend erkundigten sie sich beim Wirt nach dem nächsten Hurenhaus, lachten prahlerisch, bis endlich ihre Schritte in der Ferne verklangen.
Pelagia, die sich unwillkürlich verkrampft hatte, atmete langsam aus. Wie leicht wäre das ihr Schicksal gewesen – wenn sie nicht zufällig ihren Herrn an seine unerfüllte Liebe erinnert hätte.
Etwas später, eine Zikade zirpte monoton, irgendwo in der Nähe spielte jemand Laute, und Pelagia war gerade dabei, in den Schlaf zu sinken, wurde die Türe vorsichtig geöffnet. Sie erkannte Dauds Umriss, doch ohne sein Gesicht zu sehen. Wortlos schloss er die Türe, trat an ihr Bett, setzte sich. Sie spürte, was er wollte, dass er zu guter Letzt seine Scheu überwunden hatte, und sie wusste, was sie tun würde: Ihm zu Willen sein. Verglichen mit Mizizios fand sie ihn wenig anziehend – er war klein, seine Gesichtszüge hart und sein Auftreten oft grob, fast linkisch. Aber dafür strahlte er eine Kraft aus, die an Besessenheit grenzte. Einen unbedingten Willen zur Macht, der sie erschreckte, zugleich jedoch auch faszinierte. Vor allem aber war er derjenige, der über ihr Schicksal gebot. Die schreckliche Zeit auf dem Schiff war Pelagia eine harte Schule gewesen und hatte ihr eines ins Gedächtnis gebrannt: Nie wieder solches Elend, nie wieder Sklavin unter Sklaven! Zwar hatte sie oft an Flucht gedacht, doch den Gedanken immer schnell verworfen. Tausend Meilen durch das von den Sarazenen beherrschte Gebiet, als junge Frau ohne Geld, ohne Kenntnis der Sprache, ohne eine Ahnung von den Ländern, die sie heimlich durchqueren musste, verfolgt von Dauds Häschern – sie konnte sich ausmalen, wie das enden würde.
»Komm«, flüsterte sie, streckte ihre Arme aus und zog ihn zu sich. Als sie ihm den weiten Burnus vom Körper streifte, hörte sie, wie sein Atem schneller wurde. Ihre Rechte betastete seine Brust, fuhr über die Muskeln, spielte mit den Haaren, glitt tiefer, fühlte seine Erregung. »Ich will dich«, hauchte sie und war erstaunt, wie leicht ihr die Lüge von den Lippen ging. Jetzt lag Daud auf ihr, den Oberkörper auf die Ellbogen gestützt, küsste sie ungeschickt, dann verschob er seine Hüften, bis er sie nehmen konnte. Seine Bewegungen waren heftig, abgehackt, grob – die Art eines Mannes, dessen Erfahrungen mit Frauen sich auf käufliche Liebe beschränken. Auf den flüchtigen Umgang mit Weibern, die keinen Wert auf langes Vorspiel legten, da sie nur eines wollten: Rasch ihre Kunden abfertigen. Ein vorgetäuschtes Luststöhnen, die aufgehaltene Hand, einige Münzen, ein flüchtiger Abschied – schon wartete der Nächste … Und so kam Daud auch schnell zum Höhepunkt, um danach erschöpft auf ihr zu liegen. Sie spürte sein Herz pochen und streichelte gedankenverloren seinen Rücken. Als er sich nach einiger Zeit erhob, murmelte sie: »Das war schön. Kommst du morgen wieder?«
»Ja«, antwortete er mit rauer Stimme. »Ja, ich werde wiederkommen.« Er zog sich an und ging, während sie noch lange über ihr weiteres Schicksal nachsann.
***
»Pelagia, wir sind da!«
Dauds Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie schob den Vorhang abermals zur Seite und sah Festungsmauern und Türme aus Quadersteinen aufragen, während ihr Kamel auf einen großen Torbogen direkt vor ihnen zuschritt. Daud blickte sie von seinem Reittier aus an, das er neben das ihre gelenkt hatte. »Wir müssen die Stadt durchqueren, am Heiligtum vorbei, bis zu unserem kleinen Palast!«
Trotz ihrer Erschöpfung versuchte sie ein Lächeln. »Schön. Ich bin froh, wenn wir endlich angekommen sind.«
Daud hatte ihr erzählt, dass er von seinem Beuteanteil ein geräumiges, leer stehendes Haus erworben hatte. Obwohl Damaskus jetzt die Residenz des Beherrschers der Gläubigen war, hatte sich die Stadt noch nicht wieder von den Kriegen der letzten Jahrzehnte erholt. Die Römer, denen die Stadt jahrhundertelang gehört hatte, waren von den angreifenden Persern vertrieben worden, um diese ihrerseits ein Jahrzehnt später wieder aus dem Lande zu werfen. Wenige Jahre danach waren die Sarazenen eingefallen, abgezogen, nur um bald darauf die Stadt erneut zu belagern. Wie Daud berichtete, hatten nach der ausgehandelten Übergabe viele wohlhabende Griechen die Gelegenheit ergriffen, mitsamt ihrer beweglichen Habe den abziehenden Truppen des Kaisers zu folgen und sich in Konstantinopel niederzulassen. Ihre Häuser waren in das Eigentum der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, übergegangen, ebenso ihre Ländereien.
Erwartungsvoll musterte Pelagia die Geschäfte beidseits der Straße. Hier waren bunte Stoffballen gestapelt, dort glänzten Kupfergefäße, ein Stück weiter folgten Rollen fein gewebter Teppiche, dann zogen braun glasierte Teller, grünliche Glasflaschen, lederne Satteltaschen und kunstvoll geflochtene Körbe an ihren Augen vorbei. Dazwischen drängten sich Männer mit Pluderhosen und Turbanen, Wüstenbewohner mit Kopftüchern und Mönche in ihren dunklen, oben spitz zulaufenden Kapuzenkutten. Ein Wasserverkäufer pries lautstark seine Erfrischung an: »Kühles Wasser, so köstlich wie aus den Gärten des Paradieses.« Eine verschleierte Frau mit einem Kind auf dem Rücken, die einen kleinen Jungen an der Hand hielt, ließ sich einen gefüllten Becher reichen, und Pelagias Gedanken drifteten erneut zurück.
Seit der ersten Nacht hatte Daud sie regelmäßig aufgesucht. Mit der Zeit war es ihr gelungen, seine Hast etwas zu zügeln, doch blieb ihre Lust vorgetäuscht und nie erlebte sie die Ekstase, die sie bei Mizizios so oft genossen hatte. Doch ihrem Herrn gefiel es offensichtlich, so dass seine Zuneigung zu ihr wuchs, und langsam begann auch sie, sich mit dem kleinen, drahtigen Krieger abzufinden. Das Leben als seine Geliebte war auf jeden Fall besser, als an irgendeinen Unbekannten verhökert zu werden. Und sollte sie je den ersehnten Sohn gebären …
Nachdenklich umfasste Pelagia mit Daumen und Zeigefinger das Rollsiegel an ihrer Glasperlenkette. Ihre Blutung war nun schon drei Wochen überfällig; gestern und heute Morgen war ihr übel geworden. Vielleicht nur Folgen der anstrengenden Reise – vielleicht aber auch mehr. Bald würde sie Gewissheit haben.
Wieder sah sie nach vorne, wo ein großer, säulengestützter Giebel in den Himmel ragte. In seiner Mitte überspannte ein Bogen die Straße, etwa hundert Schritte weiter versperrte eine mächtige, durch Pilaster gegliederte Mauer den Weg.
Von neuem lenkte Daud sein Kamel heran. »Der heilige Bezirk mit der Johannesbasilika und der Masdjid«, erklärte er, »unser Haus liegt ein Stück südlich davon.«
Sie folgten noch ein Stück der Straße, die nun beidseitig von Bogenreihen gesäumt wurde, dann bogen sie nach rechts ab und standen bald vor einem von Säulen eingefassten Portal. Pelagias Kamel kniete nieder, so dass sie steifbeinig absteigen konnte. Das aus Kalksteinquadern erbaute Haus war dreistöckig und hatte einen Innenhof mit einem Wasserbecken; aus den vier Ecken streckten Oleanderbäumchen ihre dolchförmigen Blätter. Die Mitte der Südseite des Hofes nahm eine offene, überwölbte Halle ein. In ihrem Schatten stand eine Liege, auf der sich eine hellbraun getigerte Katze räkelte.
»Das ist ja wunderschön!«, entfuhr es Pelagia unwillkürlich.
Daud lächelte. »Das freut mich, denn hier werden wir wohnen.«
Zwei Wochen später – das Haus war inzwischen mit Teppichen, Leuchtern, Kupfergefäßen, Ebenholztischchen, Öllampen und kissenbedeckten Liegen wohnlich ausgestattet – war Pelagia sich sicher, schwanger zu sein. Am Abend, als sie sich wie üblich geliebt hatten, legte sie Dauds Hand auf ihren Bauch und sagte leise: »Da drin.«
Der Mann erstarrte, stützte sich auf den Ellenbogen. »Meinst du etwa …?«
Sie strich ihm über die rasierte Wange, auf der jetzt feine Bartstoppeln spürbar waren. »Ja. Das meine ich. Dein Kind …«
Daud atmete tief ein, um mit einer Freude und Dankbarkeit in der Stimme, wie sie Pelagia noch nie bei ihm bemerkt hatte, zu flüstern: »Allah ist groß.« Er schluckte. »Das ist wunderbar … Wunderbar!« Seine Stimme schien zu versagen, er küsste Pelagia und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, lachte und richtete sich auf. »Ein Sohn! Ich bekomme einen Sohn!« Er erhob sich und ging nackt durch den Raum, wobei er mehrfach wiederholte: »Ein Sohn. Wie soll er heißen?«
Pelagia musste schmunzeln, als sie den drahtigen Mann auf und ab gehen sah – hinein in den Schein der flackernden Öllampe, dann wieder ins Dunkel des Zimmer, erneut zurück in den Lichtkreis.
»Wie soll er heißen? Mohammed? Hassan?« Er wandte sich Pelagia zu. »Du bist wunderschön. Wie eine Gazelle. Ich bin so glücklich! Allah sei gepriesen, der dich mir geschickt hat.« Er setzte sich an den Rand des Bettes, strich Pelagia mit einem Finger über den Haaransatz und murmelte: »Du brauchst Hilfe. Ich wollte schon lange meine Mutter aus Medina kommen lassen. Seit dem Tod meines Vaters lebt sie dort alleine. Jetzt habe ich endlich genug Geld für ihre Reise.«
»Hast du keine Geschwister?«, fragte Pelagia.
»Nein, ich bin der erste und einzige. Nach mir sind alle Kinder meiner Mutter gestorben. Ich allein muss für sie sorgen.« Er zog sich den Burnus über. »Wir sollten das feiern. Ich lasse dir Wein holen.« Er rief einen Diener, der bald darauf mit einer silbernen Kanne, einem irdenen Krug und zwei Bechern zurückkehrte. Daud, der nie etwas Berauschendes trank, schenkte sich Wasser und Pelagia Wein ein. Dankbar nahm sie den Becher mit dem Getränk, das sie seit Monaten entbehrt hatte. »Lass uns auf unseren Sohn trinken«, lächelte Daud sie an.
»Auf unseren Sohn«, entgegnete Pelagia zufrieden und nahm einen tiefen Schluck.
***
Die folgende Zeit war die bisher glücklichste in ihrem Leben. Daud verhielt sich rücksichtsvoll, las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und schien keine Eile zu haben, wieder auf sein Schiff zu kommen. Die Audienz bei Kalif Mu'âwija war die Krönung seines bisherigen Aufstiegs, der ihn vom Ziegenhirten in Medina zum Befehlshaber eines Segelschiffs gemacht, ihm zu Reichtum und Ansehen am Hof des Beherrschers der Gläubigen verholfen hatte. Immer wieder erzählte er, wie er den Eingang des Dar al-Imara betreten hatte, den Herrscherpalast, dessen grüne Kuppel südöstlich des heiligen Bezirks die Stadt überragte. Innen, so berichtete Daud, sei der Ziegelbau relativ schmucklos, doch dafür angefüllt mit den Schätzen der eroberten Länder. Fein gewebte Teppiche bedeckten den Boden, Tische aus Ebenholz mit Verzierungen aus Perlmutt trugen persische Silberschalen, geschliffene Glasbecher, goldene Kirchenkelche und bronzene Statuen. Alle am Hof kleideten sich nur in seidene Gewänder, an den Griffen ihrer Schwerter und Dolche funkelten Rubine, der Duft frisch gestreuter Rosenblätter hing in der Luft und im Innenhof stolzierten Pfauen umher.
Daud hatte sich vor dem Kalifen auf den Boden geworfen, der auf Seidenkissen thronte und ihm gnädig gestattete, sich zu erheben, um von der geglückten Ghaziya gegen die Feinde des Glaubens zu berichten. Zuletzt hatte der Beherrscher der Gläubigen seine Rechte in einer Schale mit Goldmünzen vergraben, Daud huldvoll eine Handvoll überreicht und ihn gebeten, sich bis auf Weiteres zu seiner Verfügung zu halten.
»Was will er von dir?«, hatte Pelagia beklommen gefragt, als Daud seine Erzählung das erste Mal beendet hatte.
»Ich weiß es nicht«, hatte er mit glänzenden Augen geantwortet, »aber ich glaube, dass er etwas plant. Vielleicht einen letzten, entscheidenden Feldzug gegen das Dar al-Harb. Einen von noch nie dagewesener Kühnheit …«
Doch so sehr Pelagia auch in ihn drang, mehr wollte er dazu nicht sagen.
Die Monate vergingen, langsam wölbte sich Pelagias Bauch, und Daud achtete sehr darauf, dass sie sich nicht überanstrengte. Anfangs durfte sie noch frei durch die Straßen von Damaskus streifen, um alle Wunder der Stadt in sich aufzunehmen. Vor allem der ummauerte, innen von Säulen gesäumte heilige Bezirk hatte es ihr angetan, in dessen Mitte sich die Johanneskathedrale majestätisch erhob. Einst errichtet als heidnischer Haupttempel der Stadt, hatten ihn die siegreichen Christen vor fast drei Jahrhunderten gestürmt, die Götzenbilder zerschlagen und den Riesenbau in ihr Gotteshaus umgewandelt. Doch was Pelagia fast noch mehr faszinierte als die Pracht der Altäre, die geheimnisvollen Ikonen und die goldenen Statuen der Kirche war ein schlichter, flacher Holzbau in der südöstlichen Ecke des Tempelbezirks. Die Sarazenen sagten Masdjid dazu und trafen sich dort fünfmal am Tag zum Gebet. Zumindest, wenn sie in der Nähe waren, denn ihr seltsamer Glaube verlangte die Anwesenheit in der Masdjid nur einmal pro Woche, am Freitag zum Mittagsgebet. Mehrfach hatte Pelagia ihren Herrn dorthin begleitet und, stumm an eine Säule gelehnt, aus der Ferne beobachtet, wie die Gläubigen herbeiströmten. Früher, so hatte Daud ihr berichtet, in den ersten Jahren nach der Eroberung, waren es nur wenige Hundert gewesen, die dem Singsang des Muezzins von dem nahe gelegenen Eckturm des Tempelbezirks Folge geleistet hatten. Doch als immer mehr Sarazenen nach Damaskus gezogen waren, hatte die Menge rasch Abertausende gezählt. Bald hatte sie keinen Platz mehr unter dem Holzdach gefunden, sondern war darüber hinausgewachsen, bis sie den ganzen südöstlichen Teil des heiligen Bezirks erfüllte, ja selbst die Johanneskathedrale umfloss. Am Südrand der Masdjid, an der Mauer, die nach Mekka zeigte, hing noch immer das blutbefleckte Gewand des ermordeten Kalifen Uthman, das Mu'âwija, der bei dessen Ermordung Statthalter von Damaskus gewesen war, dort hatte aufhängen lassen. Anschließend war er in den Krieg gezogen, um den Tod seines Verwandten zu rächen – in einen Machtkampf, an dessen Ende sein Rivale Ali tot und er Beherrscher der Gläubigen war.
Oft nahm Mu'âwija am Freitagmittag, in ein weißes Gewand gekleidet, am gemeinsamen Gebet teil. Seitdem er bei einem Anschlag eines religiösen Fanatikers verwundet worden war, schützte eine Maqsura genannte Einfriedung seinen Platz, den seine Leibwache mit blanken Schwertern umgab. Manchmal nutzte der Kalif auch die Gelegenheit, als religiöser Führer über den Glauben zu predigen und wichtige politische Botschaften zu verkünden. Obwohl Pelagia kein Arabisch verstand, übte die harte, befehlsgewohnte Stimme, die über den Platz hallte, eine seltsame Faszination auf sie aus. Zu dieser freitäglichen Mittagsstunde mieden die Christen den Ort, denn viele Sarazenen feindeten sie an, da sie ihnen den prächtigen Kirchenbau neideten, den sie am liebsten niedergerissen sehen wollten. Daud hatte erzählt, dass der Kalif vergeblich versucht habe, für eine hohe Summe Goldes den Christen den Platz abzukaufen. Doch die Gemeinde hatte immer auf den Übergabebedingungen beharrt, denen zufolge sie von den Kirchen der Stadt ein Drittel behalten durfte, darunter auch die Johanneskathedrale.
Je weiter Pelagias Schwangerschaft fortschritt, desto besorgter gab sich Daud um ihr Wohlergehen. Dass er ihr befohlen hatte, die Sänfte zu nehmen, statt durch die Gassen zu laufen, konnte sie noch gut hinnehmen, schämte sie sich doch selbst ihres leichten Hinkens. Doch mit der Zeit schien er immer stärker darauf bedacht zu sein, dass sie sich überhaupt möglichst wenig außerhalb des Hauses zeigte.
»Du hast doch hier alles, was du brauchst, meine Gazelle«, bemerkte er mit der Freundlichkeit, hinter der er ihr gegenüber oft seine Härte verbarg.
Pelagia sah ihn fragend an, die schnurrende Diana auf dem Schoß. Wegen ihres raubtierhaften Anpirschens hatte sie der Katze, die ihr immer mehr ans Herz gewachsen war, den Namen der heidnischen Göttin der Jagd gegeben. »Was meinst du damit?«
»Dass der Platz der Frau im Haus ist …«
»Soll ich denn nicht in die Stadt dürfen?«, begehrte Pelagia auf. »Soll ich wie eine Einsiedlerin leben? Soll ich nicht unter andere Menschen kommen?«
Daud zog die Augenbrauen zusammen. »Ich glaube, du vergreifst dich im Ton.« Dann nahm er beschwichtigend ihre Hand. »Bist du unglücklich, genügt dir unser Leben nicht?«
Pelagia zögerte kurz, bevor sie widerwillig einlenkte. »Entschuldige, natürlich ist es schön. Aber ich möchte auch Damaskus kennenlernen, durch die Märkte streifen. Kannst du das nicht verstehen – die Stimmen der Händler hören, die samtene Haut der Pfirsiche berühren, den Duft der Gewürze riechen, den Glanz der Goldketten sehen, mich an den bunten Stoffen erfreuen …«
Ihr Herr schien zu überlegen. »Wenn es denn sein muss … Aber du darfst nur verschleiert ausgehen.«
»Verschleiert? Was soll ich denn verbergen?«, rief sie und entzog ihm so heftig ihre Hand, dass Diana maunzend aufsprang, um mit hoch erhobenem Schwanz aus dem Raum zu stolzieren.
»Und was willst du unbedingt zur Schau stellen?«, gab er scharf zurück, während sein linkes Augenlid zuckte. »Warum willst du auf den Gassen den Neid der Frauen erregen? Oder, schlimmer noch, die Begehrlichkeit der Männer?« Seine Stimme wurde schneidend. »Bei uns ist es Sitte, dass die Frau ihre Schönheit für ihren Ehemann aufspart, anstatt eitel damit herumzuprunken. Darum will Allah, dass sittsame Frauen ihre Blöße bedecken!«
Pelagia starrte ihn an, nickte dann stumm und senkte den Kopf. Sie kochte innerlich, wusste aber inzwischen, wann Widerspruch zwecklos war.
»In einem Monat erwarte ich Schirin aus Medina«, fuhr Daud zufrieden fort. »Bis dahin wird das Haus umgebaut, damit es für meine Mutter und die meines Sohnes die richtige Wohnstatt bietet.«
Was er damit meinte, sollte Pelagia bald erfahren. Die Fenster, die auf die Straße gingen, wurden teils verschlossen, teils mit kastenförmigen Holzgittern verkleidet, durch die man hinunterspähen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Innen wurden Türen zugemauert, so dass ein abgetrennter Bereich entstand, der in der Sprache der Sarazenen Haram genannt wurde, was soviel wie heiliger, abgegrenzter Bezirk bedeutete. Für einen prallen Beutel Goldstücke erwarb Daud auch einen feisten Beschnittenen namens Sergios, der das Haus verwalten sowie den Haram bewachen sollte. Er war ein kleiner Mann, der stets lächelte, lautlos wie eine Schlange durch die Räume glitt und dessen stechenden Augen nichts zu entgehen schien. Pelagia hasste ihn aufrichtig.
Im Dezember, als kalte Winde über die Stadt fegten, ritt Daud in bester Stimmung los, seiner Mutter entgegen, um sie in Iliya abzuholen, wie die Sarazenen Jerusalem nannten. Pelagia, die stark zugenommen hatte, nun beim Gehen noch mehr hinkte und sich alleingelassen fühlte, bat Sergios, Urso zu rufen.
»Ich weiß nicht, Herrin, ob sich das ziemt«, entgegnete der Diener mit seiner kläglichen Knabenstimme. »Ein Mann im Haram …«
Die Frau stutzte ungläubig, dann lachte sie herablassend. »Das lass ruhig meine Sorge sein. Gehorche ganz einfach meinen Befehlen!«
»Aber …«
»Bist du schwerhörig?« Mit einer Handbewegung scheuchte sie ihn weg. »Los, worauf wartest du?«
Kurze Zeit später saß ihr Urso gegenüber, nachdem sich Sergios unter missbilligenden Blicken zurückgezogen hatte, und wärmte sich die Finger über dem Kohlebecken. Naserümpfend betrachtete Pelagia seine schmutzigen Nägel, dann erkundigte sie sich, wie es ihm ergangen war.
Der lockenköpfige Mann zuckte mit den Schultern. Da hier niemand seine Geschicklichkeit beim Verfertigen von Fässern benötigte, war er dazu eingeteilt worden, die niederen Arbeiten im Haus zu verrichten – Latrinen leeren, Abfälle wegtragen und Botengänge erledigen. Dabei, hier hellte sich seine Miene auf, hatte er einen alten Küchensklaven getroffen, der einige Häuser weiter Dienst tat, neben Volkslatein auch Griechisch sowie Arabisch konnte und der gerne bereit war, ihm gegen kleine Hilfsdienste diese Sprachen beizubringen. Mit wachsender Begeisterung sprudelte er seine neu gelernten Worte heraus, wobei er hemmungslos die Sprachbrocken mischte, so dass Pelagia unfreiwillig in Gelächter ausbrach.
»Magst du mir von deiner Heimat erzählen?«, fragte sie ihn, einer plötzlichen Eingebung folgend.
Urso wurde wieder ernst, nickte wehmütig und ließ seine Gedanken zurückwandern, zurück zu seinem Dorf, zu den vielen Sorgen und den kleinen Freuden der Bauern. Zu den Wintern, in denen die Bäche unter einer Eisschicht dahingluckerten, zum Frühjahr, wenn die Sonne auf dem Schnee glitzerte, der sich allmählich in die Senken zurückzog, um für die ersten Schneeglöckchen Platz zu machen. Zu den Lämmern, Kälbern und Zicklein, die bald darauf über, die Weiden staksten, zur Apfelblüte und zu den grünen Dinkelhalmen, die im Sommer gelb wurden und rasch geschnitten werden mussten, bevor sich graue Wolken auftürmten und Gewitter die Ernte niederwalzten. Zu den roten Herbstblättern und den weißen Morgennebeln, die die Täler erfüllten, und zur Vorfreude auf den Schweinebraten am Erntedankfest. Und nicht zuletzt zu den jungen Burschen und Mädchen, die sich schöne Augen machten und denen es immer wieder gelang, der Aufsicht ihrer Väter und Mütter zu entwischen, so wie diese einst ihre Eltern überlistet hatten. Und zu einem rothaarigen, wunderschönen Mädchen, das seine unerreichbare Jugendliebe gewesen war …
In eine Seidendecke gehüllt lag Pelagia auf ihrer Liege und lauschte Ursos Schilderungen dieser fremden Welt. Als er verstummte, nickte sie, ergriff gedankenverloren eine in Honig eingelegte Dattel und reichte auch ihrem Gast den Teller. Vergeblich versuchte sie, eine bequeme Stellung zu finden, um schließlich ihrerseits stockend zu beginnen. Sie berichtete von ihrer Kindheit in einer Villa mit Blick über das türkisfarbene Meer, mit Mosaiken, Wandmalereien, einer Bibliothek, einem Bad und vielen Sklaven, die auf ein Händeklatschen hin herbeieilten. Von ihrer Jugend in Karthago, einer Metropole mit mosaikengeschmückten Kirchen, mit großen Thermen am Meer, über Dutzende von Meilen mit frischem Gebirgswasser versorgt; eine Stadt mit marmorprunkendem Forum, auf dem seit Jahrhunderten Sprachen aus allen Ländern durcheinander schallten, während in dem gebüschüberwucherten Theater nur noch Zikaden zirpten und Eidechsen Sonnenbäder nahmen. Von Reisen zu ihrem Landgut bei Thugga mit seinen silberblättrigen Olivenbäumen, seinen Weizenfeldern und Dattelpalmen. Von den runden Strohhütten der Landarbeiter und den Ausritten, die erst endeten, wenn die Sonne hinter den westlichen Hügeln versank. Von einer behüteten Jugend, der es an nichts gemangelt hatte und von der die Eltern die Wolken, die sich immer drohender am Horizont auftürmten, sorgsam abgeschirmt hatten – bis es nicht länger möglich gewesen war …
Danach erinnerten sie sich an die gemeinsamen Tage in Rom – eine Zeit, als sie noch nicht vor jedem vorüberreitenden Sarazenen buckeln mussten. Bei aller Unterschiedlichkeit einte sie das Gefühl, Überbleibsel eines vergangenen Zeitalters zu sein, und die Sehnsucht nach ihrer verlorenen Heimat, die unerreichbar weit jenseits des Horizontes lag. Zuletzt saßen sie nur noch schweigend da, in Gedanken versunken, bis Urso unvermittelt aufstand. »›Eine gute Botschaft aus fernen Landen ist wie kühles Wasser für eine durstige Kehle‹, sagt der weise Salomo«, bemerkte er schmunzelnd, »ich muss jetzt wieder zurück zu meiner Arbeit.«
***
Einen Tag nach der Wintersonnwende schallten auf einmal Stimmen durch den Hof. Schwerfällig erhob sich Pelagia von ihrer Liege und schlurfte zum Fenster. Ihr Bauch wölbte sich jetzt stark, immer öfter spürte sie die Bewegung darin, dieses zarte Zappeln, und ihr plump gewordener Körper fiel ihr zur Last. Sie sehnte die Geburt ebenso herbei, wie sie sich davor fürchtete. Im Hof erspähte sie eine kleine, verschleierte Frau, der Daud dabei half, aus dem Sattel des niedergeknieten Kamels zu steigen, und die er anschließend ins Haus geleitete. Eine Viertelstunde ungeduldigen Wartens mochte vergangen sein, als sie endlich Schritte hörte und er in der Türe stand. Sein Turban war vom Regen durchweicht und sein Mantelsaum mit Dreck bespritzt, doch ein strahlendes Lächeln verlieh seinen sonst harten Zügen eine seltene Weichheit. Mit wenigen Schritten war er bei ihr und nahm sie in die Arme.
»Du siehst wunderbar aus, meine Gazelle«, befand er.
»Ach Daud«, seufzte Pelagia und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Ich bin plump und hässlich, ich fühle mich schwach und …«
»Nein, du bist und bleibst für mich die schönste Frau der Welt. Lass mich nur die Kleider wechseln und den Schmutz der Reise abwaschen, dann komme ich zu dir. Mit einer Überraschung!«
Eine gute Stunde später betrat er erneut ihr Gemach, in dem die Glut zweier Holzkohlebecken wohlige Wärme verbreitete. Er war in ein langes Seidengewand gehüllt, in der Hand trug er ein Kästchen aus schwarzem Ebenholz. Als er es ihr hinhielt, sah sie, dass auf der Oberseite ein Stern aus eingelegtem Elfenbein schimmerte. »Nimm, es ist für dich.«
Sie klappte langsam den Deckel auf. Darin glänzte ein goldener Armreif aus gedrehten Ringen, deren Mitte jeweils eine Taube zierte – mit einer einzigen Ausnahme.
»Sieh hier«, sagte Daud mit einem breiten Lächeln und wies auf ein kleines Kreuz. »Euer Nasranizeichen!«
»Danke!« Pelagia nahm gerührt den schweren Armreif und streifte ihn sich über das linke Handgelenk. »Das ist ein wunderbares Geschenk, aber …« Sie strich nachdenklich über die fein gearbeiteten Vögel, dann über das Kreuz, und sah Daud an. Seine scharfen Augen wirkten jetzt milde, auch wenn sein Gesicht von den Anstrengungen der Reise gezeichnet war und die wulstige Narbe bleich aus der geröteten Haut hervorstach. Zögernd fuhr sie fort.
»… aber ihr Sarazenen bekämpft uns. Bist du nicht ein Feind meines Glaubens?« Kaum hatte sie den Satz vollendet, wurde es ihr bewusst, dass sie zum ersten Mal die Religion, die sie in ihrer Jugend stets abgelehnt hatte, als die ihre bezeichnete.
Daud setzte sich zu ihr auf die Liege, nahm ihre Hand in die seine und schüttelte den Kopf. »Der Islam ist der Feind des Irrtums, nicht der Irrenden. Allah brachte seine Botschaft bereits den Juden über Moses und den Nasrani über Isa, den ihr Jesus nennt. Aber die Rabbiner und Priester verfälschten sein Wort. So sandte Allah als letzten den Propheten Mohammed, gepriesen werde sein Name, um durch den Koran seine Lehre rein zu verkünden.«
»Wieso verfälscht?«, fragte Pelagia verwundert. »Stimmt es also, was viele Christen behaupten, dass euer Glaube eigentlich der gleiche sei wie der unsrige?« Sie verstand nicht viel von den theologischen Unterschieden, über die sich gerade hier im Osten die Priester der verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen so erbittert stritten, und hielt sie samt und sonders für sinnlose Spitzfindigkeiten. Aber jetzt, da sie über das Kind mit diesem fremden Mann auf immer verbunden sein würde, suchte sie fast verzweifelt nach möglichen Gemeinsamkeiten.
»Nun, es gibt sicher viel Verbindendes«, lächelte Daud geduldig und strich ihr sanft über das Haar, »darum heißt es in der fünften Sura: ›Wahrhaftig, du wirst finden, dass unter allen Menschen die Juden und die, welche Allah Götter zur Seite stellen, den Gläubigen am meisten Feind sind, und wirst finden, dass den Gläubigen diejenigen, welche sprechen Wir sind Nasrani, am freundlichsten gegenüber stehen.‹ Und in der vierten Sura steht: ›Der Messias Isa, der Sohn der Maria, ist der Gesandte Allahs und sein Wort, das er in Maria legte, und Geist von ihm.‹ Aber er war kein Gott, wie eure Priester behaupten.«
»Aber er wurde doch gekreuzigt und ist danach auferstanden!«
»Auch das gehört zu den Verfälschungen unverständiger Menschen«, antwortete Daud ernst. »Isa war ein Prophet. In der gleichen Sura steht: ›Sie sprachen: Siehe, wir haben den Messias Isa, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs, ermordet.‹ Doch ermordeten sie ihn nicht, sondern einen ihm ähnlichen.«
Pelagia schüttelte den Kopf. »Da hat euer Mohammed etwas falsch verstanden, denn …«
»Nein!«, gab Daud scharf zurück. »Der Koran ist das ungeschaffene Wort Allahs, nicht etwas, das sich irgendwer ausgedacht hat. Da gibt es nichts falsch zu verstehen!«
»Ja, aber …« Doch Pelagia verstummte und ließ ihre Finger über die Tauben des Armbands gleiten. Es hatte keinen Sinn, über Religion zu streiten.
»Muss ich deinen Glauben annehmen?«, fragte sie schließlich zögernd, »um deine Frau sein zu können?«
»Nein«, antwortete er ruhig. »Muslimische Männer dürfen Dhimmi-Frauen heiraten. Sogar unser Kalif Mu'âwija hat eine Christin zur Frau. Außerdem steht im Koran in der zweiten Sura: ›Es sei kein Zwang im Glauben.‹ Dies gilt für alle Völker des Buches.«
»Was sind Dhimmi-Frauen?«, erkundigte sich Pelagia misstrauisch.
»Zu den Dhimmi gehören alle Andersgläubigen, die als Schutzbefohlene der Umma, also der Gemeinschaft der Gläubigen, unter islamischer Herrschaft leben. Diese Möglichkeit haben Angehörige der ›Völker des Buches‹, die wie Juden und Christen auch die Offenbarung empfangen haben.« Daud drückte ihre Hand. »Nun, solche Einzelheiten müssen dich nicht weiter bekümmern. Schenk mir einfach einen Sohn, meine Gazelle. Ich habe beschlossen, ihn Suleiman zu nennen. Dann darfst du den Ehrennamen Umm Suleiman führen.«
»Wie soll ich heißen?«
»Mutter des Suleiman. Das ist so Sitte bei uns. Aber jetzt«, bei diesen Worten erhob sich Daud, »muss ich nach meiner Mutter sehen. Ob sie es bequem hat, ob es ihr an nichts fehlt. Später wirst du sie kennenlernen. Ihr werdet euch sicher gut verstehen.«
»Gewiss«, lächelte Pelagia, als Daud zur Türe ging. Sie dachte lange über das Gespräch nach und ließ ihre Gedanken in die Zukunft wandern. Daud liebte sie, er war fähig und willensstark, ihm stand eine große Laufbahn am Hofe des Kalifen bevor. Eine Zukunft, die sie mit ihm teilen würde. Solange ihr Mann so war, konnte es ihr ziemlich gleichgültig sein, was ansonsten die Sarazenen glaubten und taten. Auch wenn sie jetzt noch Sklavin war, würde sie am Ende doch erreichen, was sie stets erstrebt und in Syrakus bereits zum Greifen nahe geglaubt hatte: Eine Familie, Reichtum und Ansehen. Lächelnd drehte sie den goldenen Armreif an ihrem linken Handgelenk.
Am nächsten Tag musste Daud zum Hof des Kalifen, so dass Pelagia ihren Mann erst am Folgetag wiedersehen konnte. In Erwartung seines Besuchs hatte sie ihre Haare gelockt, die Augen mit dunklem Khol umrandet, sich mit Rosenwasser eingerieben und das goldene Armband angelegt. Doch als Daud endlich ihr Zimmer betrat, schob er ihre Hand brüsk beiseite.
»So geht das nicht!«, herrschte er sie an. »Du bringst Schande über mein Haus!«
»Ich?«, entgegnete Pelagia erstaunt. »Ich sitze doch nur herum.«
»Und triffst dabei andere Männer!«
»Rechnest du Sergios zu den Männern?«, lachte sie. »Den hast du doch selbst angeschafft!«
»Du weißt genau, dass ich nicht von ihm rede.«
»Von wem dann?«
»Von diesem Lockenkopf, an dem dir so viel lag, dass ich ihn in Alexandria unbedingt nehmen sollte.«
»Von Urso?« Pelagia wurde ernst. »Das war doch völlig harmlos, wir haben nur gesessen und …«
»Schluss, ich will davon nichts hören!«, zischte Daud und sein links Augenlid zuckte. »Ich werde ihn verkaufen, weit weg, nach Kufa …«
»Nein!« Pelagia fuhr auf. »Er hat mir auf dem Schiff das Leben gerettet. Lass ihn frei!«
»Warum sollte ich?«
»Weil …«, Pelagias Stimme versagte und sie begann zu schluchzen, »weil du mich liebst …«
Daud schwieg verblüfft, dann lenkte er ein. »Gut, so sei es. Aber er soll sich künftig von meinem Haus fernhalten!«
»Darf ich mich wenigstens von ihm verabschieden?«, fragte Pelagia und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, wobei sie den schwarzen Khol auf der Wange verschmierte.
»Wenn du darauf bestehst. Aber noch heute, nur kurz und in Sergios' Gegenwart.« Daud ging aufgebracht im Raum auf und ab, während Pelagia ihren Spiegel nahm und sich die Schminke von der Wange wischte.
»Um meiner Ehre willen musst du mir gehorchen. Selbst wenn du einmal nicht mehr meine Sklavin sein solltest, sondern meine Frau«, stieß er zuletzt hervor. »In der vierten Sura des Korans heißt es: ›Die Männer sind den Frauen überlegen wegen dessen, was Allah den einen vor den anderen gegeben hat, und weil sie von ihrem Vermögen auslegen.‹ Für den Unterhalt der Frauen«, fügte er erklärend hinzu.
»Hast du eigentlich das ganze Buch auswendig gelernt, damit du immer einen Spruch bereit hast?«, fauchte Pelagia, die sich an Urso erinnert fühlte.
Daud hielt inne, ging zu ihr und stellte sich vor sie, die Arme in die Seiten gestützt. »Hüte deine Zunge«, sagte er mit gepresster Stimme, während sein Augenlid zuckte. »Ja, ich gehören zu denen, die den Koran auswendig können. Weil er Gottes Gebote enthält, die zu befolgen allen Menschen zur Ehre gereicht. Und weißt du, was noch in der vierten Sura steht?«
»Wie sollte ich das wissen?«, gab Pelagia patzig zurück, »du weißt doch, dass ich eure Sarazenensprache nicht verstehe.«
»Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der Abwesenheit ihrer Gatten, wie Allah für sie sorgte. Diejenigen aber, deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet – warnet sie, verbannt sie aus den Schlafgemächern und schlaget sie«, zitierte Daud und ging zur Türe, wo er sich noch einmal umwandte. »Treib es also nicht zu weit. Zwing mich nicht zu etwas, das ich eigentlich nicht will …« Mit diesen Worten verließ er den Raum. Pelagia starrte ihm mit geballten Fäusten nach. Noch nie hatte ein Mann damit gedroht, sie zu züchtigen, und die Vorstellung, dass Daud es wagen könnte, verwirrte sie. Zuletzt ließ sie sich auf das Bett sinken, um ihren plötzlich aufkommenden Tränen freien Lauf zu lassen.
Eine Stunde mochte vergangen sein, als sie sich wieder so weit in der Gewalt hatte, dass sie aufstehen und sich neu schminken konnte. Sie wollte sich nichts von der soeben erlebten Demütigung anmerken lassen und befahl Sergios, Urso zu rufen. Wenig später stand der junge Mann vor ihr, während der Eunuch behäbig in der Ecke lehnte und sie beobachtete.
»Du hast mich rufen lassen?« Urso wischte sich die schmutzigen Finger an seiner bereits speckigen Tunika ab. Er trug noch immer die abgetretenen Sandalen mit den dicken Sohlen, die er schon bei ihrer ersten Begegnung in Syrakus angehabt hatte, und musterte sie besorgt. »Geht es dir nicht gut, sollen wir wieder etwas über die Heimat plaudern?«
»Nein«, entgegnete Pelagia kühl und wies auf einen Hocker. »Setz dich, mir geht es ausgezeichnet.« Sie streichelte Diana, die auf ihrem Schoß zusammengerollt lag und leise schnurrte. »Da ich jetzt einen reichen Mann habe, möchte ich dich für deine Hilfe auf dem Sklavenschiff belohnen.«
»Mich? Wofür? Ich habe doch nichts Besonderes getan.«
»Doch, du hast mir das Leben gerettet. Dafür erhältst du deine Freiheit. Ja, glotz mich nicht so an«, setzte sie gereizt hinzu. »Du bist frei, du kannst in dein Dorf zurückkehren!«
»Mein Dorf …«, Urso kratzte sich unschlüssig hinter dem rechten Ohr, »das liegt Tausende von Meilen entfernt. Mein Geld reicht nicht für so eine Reise und wenn, was sollte ich dort? Meine Mutter ist schon lange tot, meine Jugendfreundin gewiss die Frau eines Anderen. Valei ist nur noch eine schöne Erinnerung.« Er lächelte sie treuherzig an. »Ich bleibe lieber bei dir.«
»Das ist sehr freundlich«, antwortete Pelagia abweisend, »aber das geht nicht. Unsere Wege müssen sich trennen, hier und heute. Du kannst nicht in diesem Haus bleiben. Das wäre mit Dauds, nein mit unserer Ehre unvereinbar.«
»So, wäre es das …« Urso verstummte, dann murmelte er, »du schickst mich also weg. Ich verstehe. Wie rät schon der weise Salomo: ›Halte deinen Fuß zurück vom Hause deines Nächsten, er könnte dich satt bekommen und dir gram werden.‹« Er rieb sich versonnen das Kinn. »Ich danke dir und werde gehen.« Er sah Pelagia fest in die Augen, bis diese den Blick senkte. »Aber ich bleibe in Damaskus. Es gibt viele Pilger, die ich führen kann. Immerhin wurde hier Saulus zum Paulus bekehrt. Und wenn du mich treffen willst«, fügte er leise hinzu, obwohl Sergios kein Volkslatein verstand, »komm sonntags zum Gottesdienst der Melkiten in die Johanneskathedrale. Solltest du je meine Hilfe brauchen, so trage ein rotes Tuch um den Hals.«
»Danke, das dürfte allerdings kaum mehr notwendig sein«, entgegnete Pelagia. »Alles Gute für dein weiteres Leben.«
Urso erhob sich stumm, verbeugte sich übertrieben tief und ging hinaus, ohne sich noch einmal umzublicken. Pelagia sah ihm mit einer Mischung aus Trauer und Erleichterung nach. Jetzt war sie ganz alleine in diesem fremden Land, auf Gedeih und Verderb der Gnade ihres Mannes ausgeliefert. Aber andererseits hatte Daud auch Recht. Urso, ein ungepflegter Schlingel, der sein Brot mit zweifelhaften Diensten für christliche Pilger verdiente, war wirklich kein Umgang mehr für sie. Das Schicksal hatte ihr einen anderen Weg gewiesen. Sie würde Arabisch lernen und mächtige Männer treffen, wie sie am Hofe des Kalifen verkehrten. Dort lag ihre Zukunft, Urso dagegen war nur noch ein Teil ihrer Vergangenheit. Eine Erinnerung wie Patricius. Doch bei dem Gedanken an den irischen Priester überfiel sie schon wieder eine unerklärliche Traurigkeit. Mühsam hielt sie die Tränen zurück und schalt sich eine schwangere, launenhafte Närrin.
Am nächsten Tag erklärte ihr Daud, er müsse im Auftrag des Kalifen nach Tyrus an der Küste reisen.
»Aber bei mir können jeden Tag die Wehen einsetzen«, wandte Pelagia erschrocken ein.
»Ich kann es leider nicht ändern. Schirin wird bei dir sein, ich stelle sie dir nachher vor. Maria, der Hebamme, habe ich schon einen Dinar in die Hand gedrückt, sie wartet nur auf eine Nachricht von uns. Sei beruhigt, Allah wird alles zum Guten wenden!«
Am Nachmittag kam Daud mit einer etwa fünfzigjährigen Frau zurück, die in einen weiten, dunkelblauen Umhang gehüllt war. Sie hielt sich aufrecht, ihr schwarzes Haar war grau gesträhnt und ihr Gesichtsausdruck von strenger Würde. Sie lächelte Pelagia höflich an und sagte etwas, das Daud übersetzte.
»Sie freut sich, die Mutter meines Kindes kennenzulernen.«
»Nicht mich als Frau, sondern nur als Mutter?«
»Natürlich auch dich – das ist doch dasselbe. Sie wird dir bei allem helfen, sie kennt sich aus.«
»Aber ich kann kein Arabisch und sie nicht meine Sprache.«
»Sergios wird übersetzen, und die Hebamme versteht Griechisch. Mach dir keine Sorgen.«
»Daud«, Pelagia nahm seine Hand. »Nach der Geburt möchte ich Arabisch lernen. Ich will mit deiner Familie sprechen können, den Koran lesen …«
»Nein, das geht nicht!«, antwortete er bestimmt. »Ungläubige dürfen den Koran nicht lesen. Aber wenn du die Sprache lernen willst, habe ich nichts dagegen.« Er küsste sie auf die Stirne. »Ich muss aufbrechen.«
Pelagia sah ihm nach, dann wandte sie sich Schirin zu, doch sie konnte in dem unbeweglichen Gesicht keine Gefühlsregung erkennen.
»Sag ihr, dass ich mich freue, sie kennengelernt zu haben«, befahl sie Sergios, der lautlos in den Raum getreten war.
»Die Freude ist ganz auf ihrer Seite«, übersetzte der Eunuch, doch als sich Schirin zum Gehen wandte, vermochte Pelagia keinerlei Wärme in ihrem Blick zu spüren.
***
Drei Tage später – Daud war noch immer an der Küste – setzten am Nachmittag Pelagias Wehen ein. Bei den ersten Anzeichen geriet sie in Panik und begann laut zu rufen, worauf der stets im Vorzimmer lauernde Sergios losstürmte. Keine Viertelstunde verging, bevor die Türe aufgestoßen wurde und die Hebamme hereinkeuchte. Sie war eine dickliche, ältere und unglaublich hässliche Frau mit Doppelkinn und Warzen im Gesicht, doch ihr warmes Lächeln ließ Pelagia sofort Vertrauen fassen. Die Hebamme nahm ihre Hand und beugte sich über sie. »Mein Name ist Maria. Ruhig atmen, mein Kind, schön langsam und tief. Alles wird gut, ich selbst habe schon mit Gottes Hilfe drei gesunden Kindern das Leben geschenkt.« Pelagia, die das Gesicht aus der Nähe noch abstoßender fand, schoss die unchristliche Frage durch den Kopf, welcher Blinde sich wohl diese Frau erwählt haben mochte. Doch just in diesem Augenblick setzten die Wehen erneut mit solcher Macht ein, dass sie laut aufstöhnte.
Es mochte Mitternacht sein, und der Raum war nur noch durch zahlreiche flackernde Öllampen erhellt, als es endlich so weit war. Eine letzte Anstrengung, dann hatte sie es geschafft. Unendlich erleichtert, zugleich aber auch völlig erschöpft, spürte sie noch, wie man ihr etwas Rotes, Runzliges in die Arme legte, das kläglich greinte. Dann sank sie zurück, überwältigt von einem tiefen Glücksgefühl. Als sie die Augen wieder öffnete, war das Zimmer von Nachtschwärze erfüllt, aus der nur eine einzige Lampe einen kleinen, hellen Kreis herausschnitt. Niemand schien mehr anwesend zu sein, doch als sie sich etwas aufrichtete, bemerkte sie im Halbdunkel Schirins strenge Züge.
»Wo ist mein Kind?«, flüsterte Pelagia. Die Frau antwortete Unverständliches, zeigte in Richtung des Nebenzimmers, aus dem Geplätscher zu hören war.
»Ualed?«, fragte Pelagia ängstlich. Das arabische Wort für ›Junge‹ war so oft in den letzten Tagen gefallen, dass sie es wohl nie wieder vergessen würde. Doch Schirin sah sie nur mit unbewegter Miene an, antwortete »Bint« und verließ den Raum.
Die junge Mutter erschrak. Was mochte ›Bint‹ bedeuten? War das Kind verkrüppelt? Oder gar tot? Sie richtete sich auf und rief, so laut sie konnte: »Maria!«
Schritte, dann stand die Hebamme neben ihr. Mit den Worten »Gott sei gepriesen!« reichte sie ihr ein Bündel, aus dem ein friedliches, runzliges Gesichtchen mit geschlossenen Augen lugte. Pelagia wickelte das Kind aus, und dann wusste sie, was Bint bedeutete. Doch in diesem Moment war es ihr gleichgültig und sie küsste ihre schlafende Tochter.
***
Daud kam zwei Tage später zurück. Tage, in denen sich Pelagia immer ängstlicher fragte, wie er sich wohl verhalten würde. Doch als er ihr Zimmer betrat, schien er die Neuigkeit schon erfahren zu haben, denn er ließ sich nichts anmerken, umarmte Pelagia und drückte das kleine Mädchen, das sogleich zu schreien begann, an seine stoppelbärtige Wange. »Sie ist wunderschön«, sagte er andächtig. »Fatima soll sie heißen. Wie die Tochter Mohammeds, gepriesen werde sein Name.« Mit diesen Worten reichte er das Kind Pelagia zurück, die es an die Brust legte.
Die nächsten Wochen kostete Pelagia ihr Glück voll aus. Die kleine Fatima entwickelte sich zu einem fröhlichen Kind, das meist zufrieden nuckelte, nicht übermäßig schrie und nachts ruhig an der Mutterbrust einschlief. Daud hatte eine Sklavin als Amme gekauft: Helena, eine junge, rundliche und stupsnasige Frau von naiver Offenheit. Sie stammte aus einer nordafrikanischen Bauernfamilie, war vor Jahren als Kind von sarazenischen Seeräubern verschleppt worden und sprach zu Pelagias großer Freude sowohl Volkslatein als auch Arabisch. Helena kümmerte sich nicht nur um das Kind, sondern half Pelagia auch beim Anziehen und Schminken, begleitete sie ins Bad und brachte ihr außerdem nach und nach Arabisch bei. Regelmäßig saßen die zwei Frauen im Hof, in dessen Ecken jetzt die Oleander rosa blühten, während Pelagia sich mit den kratzigen Kehllauten der fremden Sprache abmühte.
»Oh Gott«, stöhnte sie, »das lerne ich nie.«
»Wieso?«, entgegnete Helena aufmunternd, »ich habe es auch geschafft. Und du, Herrin, bist gewiss nicht dümmer als ich.«
»Manchmal bin ich mir da nicht so sicher. Also, wie hieß doch die Mehrzahlform von Bint?«
»Banat, Herrin. Aber beim Jungen weißt du es noch, oder? Ualed ist einer, und bei vielen sagt man …«
»Aulad«, seufzte Pelagia. »Nur wozu soll ich mir das merken – ich habe ja noch nicht mal einen einzigen zustande gebracht.«
»Du bist jung, das wird noch«, tröstete sie Helena. »Ist der Herr schon wieder eifrig?« Bei diesen Worten machte sie eine so eindeutige Handbewegung, dass Pelagia die Röte ins Gesicht schoss.
»Nun, noch nicht. Aber die Geburt ist ja erst fünf Wochen her. Bisher habe ich noch überhaupt keine Lust.«
»Aber vorher schon?«, erkundigte sich die Sklavin mit unschuldiger Miene.
»Du stellst vielleicht Fragen!«, wehrte Pelagia ab, um dann einzugestehen. »Ehrlich gesagt, nein. Zumindest nicht auf Daud«, fügte sie zögernd hinzu.
»Schade, aber es geht ja auch so«, stellte Helena nüchtern fest. »Lass ihn nur kräftig dein Gärtchen beackern. So kriegt er bald seinen ersehnten Jungen, heiratet dich und du bist fein raus.«
Pelagia nickte. Seit Fatimas Geburt hatte Daud nicht wieder davon gesprochen, sie zu seiner rechtmäßigen Frau zu machen.
»Dann kannst du endlich essen, soviel du magst«, sinnierte Helena weiter, »du bekommst einen dicken Hintern, dein Bauch wird rund und eh du dich versiehst, nimmt er sich eine Geliebte, so dass du deine Ruhe hast!«
»Wunderbare Aussichten!«, lachte Pelagia. »Nur möchte ich nie so werden. Und was ist, wenn er auf Dicke steht?«
»Dann jammere ihm ständig die Ohren voll. Das hält kein Mann aus.«
»Aber wenn er sich scheiden lässt? Er muss das gemäß dem Sarazenengesetz nur dreimal vor Zeugen erklären?«, entgegnete Pelagia mit gespieltem Ernst.
»Macht er nicht, wenn du erst Umm Ualed bist, die Mutter seines Sohnes«, versicherte Helena. »Außerdem musst du das mit der Keiferei ja nicht übertreiben. Du könntest vielleicht …«
»Fatima hat Hunger«, unterbrach sie Pelagia, als ein zartes Weinen aus der Wiege drang, »und wenn du sie gestillt hast, möchte ich noch etwas Arabisch lernen. Kannst du das eigentlich auch schreiben?«
»Nein, Herrin«, entgegnete Helena betrübt, während sie dem Kind die Brust gab, »dazu bin ich zu dumm. Ich kenne ja nicht einmal die lateinischen Buchstaben. Die arabischen sind noch viel schwieriger. Die sehen aus, als seien Würmer über das Blatt gekrochen. Und«, fügte sie kopfschüttelnd hinzu, »die Sarazenen schreiben von rechts nach links, wie ich selbst gesehen habe. Verrückt, nicht war?«
Pelagia musste Daud nicht lange bitten, ihr die Schrift beizubringen. Anfangs fühlte er sich sogar geschmeichelt, doch bald wurde er ungeduldig und fuhr aus der Haut, wenn sie nicht gleich begriff, was er meinte. Zuletzt rief er völlig entnervt nach Sergios und drückte ihm Feder samt Papyrusblättern in die Hand. Pelagia fühlte sich in der Nähe des rundlichen Mannes mit den scharfen Augen unwohl, der sie beim kleinsten Fehler mit seiner melodischen Knabenstimme und erhobenem Zeigefinger korrigierte. Doch lernte sie die Buchstaben rasch und konnte, als sie die Struktur der Worte erst begriffen hatte, sich diese viel leichter als zuvor einprägen. Dass die Sarazenen nur die Konsonanten, aber fast keine Vokale schrieben, wollte ihr allerdings nicht in den Kopf, und sie machte ihrem Missfallen so lange Luft, bis es ihrem Lehrer zu viel wurde.
»Du kannst ja zum Kalifen gehen«, säuselte er spöttisch, »und ihn anflehen, bei der Freitagspredigt eine Änderung zu befehlen!« – eine Bemerkung, die Pelagia nur mit schweigendem Naserümpfen quittierte.
***
Als sie nach der Geburt wieder zu Kräften gekommen war, nutzte sie jede sich bietende Gelegenheit, Damaskus weiter zu erforschen. Am liebsten ließ sie sich die lange Straße entlangtragen, die die Stadt von West nach Ost durchzog und von Läden gesäumt war. Dann spähte sie zwischen den Vorhängen ihrer Sänfte nach den schwer bepackten Kamelen, deren Ballen Schätze aus den fernen, unbekannten Ländern enthalten mochten, die die Sarazenen im Osten unterworfen hatten. Sie beobachtete die Kupferschmiede, die fein ziselierte Teller und Kannen hämmerten, die Gewürzhändler vor ihren farbenprächtigen Haufen und die Märchenerzähler, die stets eine Schar aufmerksam Lauschender um sich sammelten. Einmal erblickte sie in einer Gruppe Pilger den heftig gestikulierenden Urso, gab sich jedoch nicht zu erkennen. Dafür befahl sie ihren Sänftenträgern, sie zu dem heiligen Bezirk zu bringen, wo sie lange den Tempel mit seiner riesigen Säulenvorhalle betrachtete, in dem sich jetzt die Johanneskathedrale befand. Doch konnte sie sich nicht entschließen, auszusteigen und hineinzugehen, sondern kehrte nach Hause zurück.
Dort kümmerte sich Schirin zwar liebevoll um die kleine Fatima, begegnete Pelagia aber nur mit förmlicher Höflichkeit, ohne jede Wärme, so dass diese es aufgab, Freundschaft mit ihrer Schwiegermutter schließen zu wollen.
Dafür besuchte Daud sie jetzt wieder regelmäßig. Als sie es Helena erzählte, schmunzelte die Amme. »Ein fleißiger Mann ist gut. So wird das bald etwas mit dem Sohn – und du wirst endlich seine Frau!«, meinte sie, wobei sie das rechte Auge zukniff.
Tatsächlich spürte Pelagia bereits im Herbst, dass sie wieder guter Hoffnung war. Daud zeigte sich begeistert, überhäufte sie mit Zärtlichkeiten und legte ihr eines Abends eine goldene Kette um den Hals. »Für meine Gazelle«, flüsterte er ihr ins Ohr, worauf er sie auf den Nacken küsste, »obwohl dich kein Schmuck dieser Welt schöner machen kann, als du es schon bist!«
Der Winter nahte, Pelagias Leib rundete sich allmählich und sie war zuversichtlich, diesmal Dauds Herzenswunsch erfüllen zu können. Sie verbrachte viel Zeit mit der kleinen Fatima, die fröhlich in ihrer Wiege brabbelte, verbesserte mit Helenas Hilfe ihr Arabisch und war immer wieder erstaunt, wie viel die einfache Frau über die Ereignisse in Damaskus, ja sogar im Kalifenreich wusste.
»Hast du gehört«, berichtete diese eines Tages, »dass die Sarazenen wieder plündernd in Africa eingefallen sind? Diesmal wollen sie wohl die Provinz erobern«, fügte sie bedrückt hinzu, »sie haben dort sogar schon eine Stadt gegründet, Kairouan heißt sie.«
Pelagia musste an ihre Familie denken, die sie vor sieben Jahren verlassen hatte. Ob ihr Vater noch lebte, der sie trotz aller Sorgen stets verwöhnt hatte? Und ihre fromme Mutter, die für jede Lebenslage einen guten Ratschlag bereitgehalten hatte? Oder war ihr Haus nur noch eine rauchgeschwärzte Ruine?
»Haben sie auch Karthago gestürmt?«, fragte sie mit belegter Stimme.
»Nein, nicht das ich wüsste. Aber sie werden es sicher versuchen«, entgegnete Helena mit einem Seufzer.
»Hoffentlich holen sie sich eine blutige Nase!«, entfuhr es Pelagia, doch sogleich verstummte sie betroffen. In diesem Augenblick wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich im Innersten ihres Herzens nach wie vor als gefangene Römerin fühlte – nicht als die Frau eines siegreichen Sarazenen.
***
Wieder verging der Winter, der diesmal sogar Schnee brachte, wieder kam das Frühjahr. Die Tage wurden wärmer, die Oleander im Hof schmückten sich mit ihren rosa Blüten und Fatima plapperte eifrig in ihrer Kindersprache. Pelagia war alles, was mit ihrem Körper geschah, jetzt schon so vertraut, dass sie keine Angst mehr hatte und sich sogar auf die Geburt freute. Daud saß oft bei ihr, beschrieb seine Besuche im Palast des Beherrschers der Gläubigen und ließ einfließen, dass dieser immer mehr Wert auf seinen Rat zu legen schien.
»Wie ist der Kalif«, fragte Pelagia ihn eines Abends, »was ist er für ein Mensch?« Sie hatte beschlossen, sich innerlich zu ihrem Mann und zu ihrem neuen Leben zu bekennen, anstatt ihrer Vergangenheit nachzutrauern. Vielleicht würde sie sogar, wenn sie erst Dauds Frau war, seinen Glauben annehmen können. Warum auch nicht, dachte sie, wenn selbst manche christliche Priester meinten, dass der Glaube der Hagarener, wie sie die Anhänger der siegreichen Religion nannten, auch nichts anderes sei als eine andere Interpretation der gleichen göttlichen Gebote?
»Mu'âwija ist ein überaus fähiger Herrscher«, meinte Daud, »der ebenso zu handeln wie abzuwarten versteht. Man munkelt, seine Herrschaft gründe sich auf fünf Säulen.«
»Auf welche?«, erkundigte sich Pelagia neugierig.
»Güte, Geduld, Geld und Gift«, antwortete Daud, »sowie als letztes Mittel Gewalt. Aber nur, wenn es nicht anders geht.« Er lächelte über ihren verblüfften Gesichtsausdruck. »Ja, er ist ein aufgeschlossener und toleranter Mann.«
»Mit Gift und Gewalt?«, entfuhr es Pelagia, die sich sogleich erschrocken die Hand vor den Mund hielt.
Doch Daud lachte nur kopfschüttelnd. »Ein Herrscher, meine Gazelle, der seine Machtmittel nicht einzusetzen weiß, hat sein Todesurteil unterschrieben. So wie Ali, der Schwiegersohn Mohammeds, gepriesen werde sein Name.«
»Was war mit ihm?«, wollte sie wissen, denn der Name war schon oft gefallen, wenn auch immer mit einem seltsamen Unterton. »War er nicht Mu'âwijas Vorgänger?«
»Ja, er wurde nach der Ermordung des dritten Kalifen Uthman in Medina zum Beherrscher der Gläubigen ausgerufen. Aber da Uthman ein Verwandter Mu'âwijas war, und Ali keinen Versuch unternahm, die Mörder zu bestrafen, weigerte sich Mu'âwija, der damals Statthalter in Damaskus war, Ali anzuerkennen. Es kam zu einer Schlacht, die Ali schon fast gewonnen hatte. Da ließ unser schlauer Statthalter Koranverse an die Lanzen seiner Soldaten binden und verkünden, Muslime sollten nicht gegeneinander kämpfen.«
»Womit er doch Recht hatte, oder?«
»Ja, obwohl ihm das reichlich spät einfiel«, pflichtete Daud ihr bei. »Der arglose Ali stimmte jedenfalls einem Waffenstillstand zu, worauf sich beide darauf einigten, die Angelegenheit einem Schiedsgericht aus frommen Männern vorzulegen. Aber bis zu dessen Einberufung verging Zeit, und innerhalb der Schiat Ali, wie die Partei seiner Anhänger genannt wurde, gärte es. Eine besonders radikale Gruppe zog aus und proklamierte, nur der Frömmste dürfe Kalif werden, und sei es ein abessinischer Sklave. Da diese Charidschiten, wie sie genannt wurden …«
»Warte! Mir schwirrt schon der Kopf vor lauter Namen«, stöhnte Pelagia.
»Charidschiten bedeutet ›Auszügler‹, meine Gazelle. Du willst doch Arabisch lernen, oder?«, entgegnete Daud nachsichtig. »Nun, diese Fanatiker hielten beide Kontrahenten für nicht fromm genug, also für ungeeignet. Deshalb versuchten sie am selben Tag, beide mit vergifteten Schwertern zu ermorden. Bei Ali gelang es ihnen, aber Mu'âwija wurde nur verletzt und sein Arzt konnte ihn retten. So kam es, dass er übrig blieb und als Kalif anerkannt wurde. Aber Ali hatte einen Sohn namens Hassan, der Ansprüche erhob. Rate mal, was unser Herrscher tat?«
»Ihm Gift schicken, vermute ich …«
»Falsch! Erst wenn weder Geduld, Güte noch Geld ihre Wirkung getan hätten. Aber siehe da – das Geld wirkte. Gegen fünf Millionen Dirham und eine üppige Rente verzichtete Hassan auf seine Ansprüche auf das Kalifat. Er zog nach Medina, wo er sich solange mit seinem Harem vergnügte, bis ihn eines seiner Weiber aus Eifersucht vergiftete. Darum regiert nun der Fähigste, nämlich Mu'âwija, als fünfter Kalif unser Reich.«
»Womit nun alle glücklich und zufrieden wären«, ergänzte Pelagia mit ironischem Unterton.
Daud sah sie misstrauisch an, dann widersprach er. »Nein, leider wühlen die Schiiten, also die Partei Alis, nach wie vor im Untergrund. Es gibt da noch einen jüngeren Sohn Alis namens Hussein. Aber der Beherrscher der Gläubigen ist wachsam und bereit, jederzeit mit eiserner Faust zuzuschlagen. Darum lebt er noch«, ergänzte er langsam, »wie ich dir vorhin zu erklären versucht habe.«
Pelagia nickte unwillig. »Aber hattest du nicht auch etwas von Toleranz gesagt?«
»Ja, hatte ich«, stimmte Daud ihr zu. »An seinem Hof sind Nasrani und Muslime gleichermaßen willkommen. Sein Leibarzt Ibn-Uthal gehört deiner Religion an, ebenso sein Finanzminister Sergios Ibn Mansur, und sein Hofdichter al-Akthal läuft selbst im Kalifenpalast mit einem Kreuz um den Hals herum. Was die Strenge im Glauben betrifft, so scheint er mir gelegentlich eher zu nachlässig für einen Kalifen.«
»Wieso das?«
»Neulich, als einige Würdenträger, darunter auch ich, mit dem Kalifen in seinem privaten Bad weilten …«, hier machte Daud eine Pause, um die Bedeutung seiner Worte wirken zu lassen, »da sah ich mir die Wände an. Und was glaubst du, was für Darstellungen die Räume schmückten?«
»Woher soll ich das wissen? Ich bade nicht mit dem Kalifen!«
»Fresken von Musikantinnen, nackten Tänzerinnen, ja sogar eine heidnische Göttin mit einer Schlange um den Hals war da zu sehen. Außerdem schätzt Mu'âwija Wein und Gesang.«
»Was ich ihm nicht verdenken kann«, schmunzelte Pelagia, »das liebe ich ebenfalls.«
Zunächst sah Daud sie missbilligend an, als erwarte er von seiner zukünftigen Frau mehr Sittenstrenge, dann lächelte er. »Ich selbst trinke keinen Wein, aber die Musik gefällt mir – auch wenn manche frommen Eiferer sie verdammen. Neulich hatte der Kalif einen Lautenspieler, der im Hintergrund wunderschön sang. Einen Augenblick, vielleicht bekomme ich die Melodie noch zusammen.« Daud schwieg mit gefurchter Stirn, bevor er leise zu singen begann.
»Feinde – wer schert sich darum,
ich lebe in meinen Tagen!
Schöne Frauen, gleich Statuen, Sklaven
Und Rosse, damit zu jagen …«
Daud verstummte und Pelagia legte ihren Kopf an seine Schulter. »Ein schönes Lied«, sagte sie leise. »Vielleicht lerne ich den Kalifen eines Tages kennen?«
»Vielleicht«, antwortete Daud und umarmte sie.
***
Einen Monat später setzten an einem schwülen Spätsommerabend die Wehen ein. Wieder war Maria, die Hebamme, schnell zur Stelle. Doch wenn Pelagia gehofft haben sollte, dass bei der zweiten Geburt alles leichter sein würde, so hatte sie sich getäuscht. Ihr Körper verkrampfte sich, wie eine wilde Brandung durchfluteten sie die Schmerzen. Dann wieder lag sie still und wartete voll Angst auf die nächsten Wehen. Stunde um Stunde verging. Stunden, in denen Pelagia immer schwächer wurde, Stunden, in denen das Kind sich der Welt zu verweigern schien, Stunden, in denen Maria und Helena der werdenden Mutter immer wieder zwischen die gespreizten Beine griffen. Doch allen Bemühungen, dem werdenden Leben bei seinem Versuch zu helfen, ans Licht zu kommen, schien der Erfolg versagt zu bleiben. Erst ganz zum Schluss, der Morgen graute schon, rief Maria etwas, das Pelagia nicht mehr verstand, so schwach war sie inzwischen. Sie spürte noch die Hände der Frauen, hörte ihre Rufe, dann umfing sie eine gnädige Ohnmacht.
Als sie wieder erwachte, war alles ruhig um sie herum. Die flachen Strahlen der Morgensonne erleuchteten das Zimmer und ließen die bunt bemalten Wandschränke erglänzen, während durch das offene Fenster das Gezwitscher der Vögel drang.
»Wo … wo ist mein Kind?«, flüsterte Pelagia.
Schritte näherten sich, dann blickte Marias erschöpftes Gesicht auf sie herab.
»Ruhig, ganz ruhig«, sagte sie und nahm Pelagias Hand.
»Geht es ihm gut? Ist es ein Junge? Zeig ihn mir!«
»Ja, gleich, aber nicht aufregen. Alles wird gut.«
»Warum ist mein Kind nicht bei mir? Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Doch, aber …«
»Was soll dieses aber?« Pelagia richtete sich mit unerwarteter Kraft auf, so dass die Seidendecke auf den Boden glitt. »Wo ist mein Kind?!« Sie ergriff Marias Hand und starrte verzweifelt in das hässliche Gesicht mit den vielen Warzen. »Wo ist mein Kind!!!«