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Da Henrik immer noch nicht im Revier
aufgetaucht war und auch nicht an sein Telefon ging, beschloss
Peter etwas zu tun, was sich eigentlich nicht gehörte. Bevor er am
Vortag das Präsidium verlassen hatte, war er noch einmal zurück in
sein Büro und hatte sich die Adresse des Kollegen ausgedruckt.
Normalerweise würde man nie einen kranken Kollegen zu Hause
belästigen, aber diese E-Mail ließ Peter einfach keine Ruhe und
Henriks Kollege erschien ihm alles andere, als kompetent zu
sein.
Nach einer ziemlich unruhigen Nacht mit seiner Ärztin und einem
späten, ausgedehnten Frühstück setzte er sich auf sein Fahrrad und
fuhr in Richtung Innenstadt. Die angegebene Adresse war gerade
einmal fünf Kilometer von ihm entfernt und er hatte keine Lust,
zusammen mit all den Kaufwütigen, die an einem Samstag in die Stadt
stürmten, im Stau zu stehen. Außerdem hatte er in der Nacht
feststellen müssen, dass es mit seiner Kondition nicht mehr zum
Besten stand, und er etwas Bewegung nötig hatte.
Das Radwegenetz war gut ausgebaut und er kam schnell voran. Als er
allerdings an einer Ampel halten musste und in eines der wartenden
Autos blickte, durchzog ein Stich seine Brust und augenblicklich
beschleunigte sich sein Puls. Das Trauma des Einsatzes war
verdrängt, aber noch lange nicht verarbeitet. Hinter der
verdunkelten Autoscheibe grinste ihn ein Junge mit gespielt
verächtlicher Mimik an, und Peter war es, als würde der Junge sagen
wollen: »Mich erschießt du nicht!« Für einen Moment dachte er, sich
übergeben zu müssen, konnte sich aber gerade noch beherrschen. Doch
der Klumpen, in den sich sein Magen verwandelt hatte, ließ sich
nicht so einfach aufweichen. Er stieg vom Rad, schob es etwas von
der Straße weg und setzte sich für einige Minuten auf eine
herumstehende Sitzbank. Menschen liefen vorbei und sahen ihn
verstohlen an. Manchen stand Sorge, anderen Verachtung ins Gesicht
geschrieben. Dann passierte, was irgendwann passieren musste, und
eine Frau mittleren Alters erkannte ihn als den Polizisten, der
einen unschuldigen Jungen erschossen hatte. Offensichtlich war sie
zu feige, um stehen zu bleiben, aber für ein Ausspucken und das
Wort »Kindermörder!« reichte ihr Mut.
Peter rief ihr kraftlos »Hallo!« hinterher, aber die Passantin war
schon weitergegangen und drehte sich auch nicht mehr um. Der Platz
war nicht dazu geeignet, um sich wieder unter Kontrolle zu bringen.
Mit unsicheren Beinen stand er auf, nutzte das Fahrrad als Stütze
und ging langsam in eine ruhigere Seitenstraße. Dort blieb er
erneut stehen und lehnte sich mit der Stirn gegen den kühlen Mast
einer Straßenlaterne. Er hatte keine Ahnung, wie lange er so
dastand, doch das kalte Metall vertrieb irgendwann die dunklen
Wolken und er begann, wieder klarer zu denken.
Für eine Begegnung mit seinem Kollegen aus der Computerabteilung
hatte er jetzt keine Kraft mehr, aber er wollte zumindest noch zu
dessen Haus fahren, um die Adresse zu überprüfen.
Nach einigen hundert Metern wurde er allmählich wieder etwas
sicherer und zehn Minuten später bog er in die angegebene Straße
ein. Haus Nummer sechzehn war ein typischer Altbau, der die
Bombenangriffe der Alliierten, im Zweiten Weltkrieg, überstanden
hatte. Das Erste, was Peter auffiel, waren die für die Größe des
Hauses, unverhältnismäßig vielen Klingelschilder. Anscheinend
bestand das Haus nur aus Einzimmerwohnungen. Peter musste die Reihe
der Klingeln zweimal durchgehen, bevor er das völlig verblichene
Schild mit der Aufschrift »Henrik Krone« fand. Wenn die
Unterteilung nach Stockwerken stimmte, hatte Henrik seine Wohnung
im vierten Stockwerk auf der rechten Seite. Peter ging einige
Schritte zurück und zählte die Fenster bis zur vierten Etage. Auf
den ersten Blick hätte die Wohnung leer stehen können, denn der
Schmutz auf den Scheiben war selbst von hier unten aus zu erkennen
und Vorhänge gab es nicht. Doch als er noch einige Meter weiter
zurückging, erkannte er eine Deckenleuchte und irgendetwas, dass
vielleicht ein Bild an der Wand sein könnte. Peter überlegte
gerade, ob er vielleicht doch klingeln sollte, als sich die Haustür
öffnete und eine junge Frau heraustrat. Der Polizist in Peter
reagierte, noch bevor er richtig darüber nachdenken konnte. Ohne
Hast ging er auf die Frau zu und sprach sie in einem
unverbindlichen Tonfall an: »Bitte entschuldigen Sie, ich suche
meinen Freund Henrik. Er hat sich lange nicht gemeldet und ich
mache mir ein wenig Sorgen. Haben Sie Herrn Krone vielleicht in der
letzten Zeit gesehen?«
Die junge Frau sah ihn an, als würde sie sich schon allein wegen
der Frage veralbert vorkommen. Dann strich sie sich eine
Haarsträhne aus dem Gesicht und antwortete: »Dieser Einsiedler hat
Freunde?«
»Wie meinen Sie das?« Peter konnte sich die Gegenfrage nicht
verkneifen und bekam tatsächlich eine Antwort. »Ich bin seit drei
Jahren seine Nachbarin und habe noch keine fünf Sätze mit ihm
gesprochen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass noch nie ein
anderer Mensch, außer ihm selbst, durch seine Wohnungstür gegangen
ist.«
Peter stellte auf Schauspielerei um. Sein Blick wurde traurig und
seine Stimme verzweifelt: »So schlimm steht es um ihn? Sie müssen
wissen, dass ich selbst lange im Ausland war und schon früher
gespürt habe, dass Henrik Probleme hat, aber dass es so schlimm
ist …« Peter schüttelte gespielt schockiert den Kopf. Dann sah
er der jungen Frau in die Augen, bedankte sich und wartete, bis sie
um die nächste Häuserecke verschwunden war.
Verwirrt überlegte er, was er nun tun sollte. Hatte er das Recht,
seinem Kollegen hinterher zu spionieren? Dass er der Frau etwas
vorgespielt hatte, empfand er als nicht weiter schlimm, denn nicht
jeder Nachbar musste wissen, dass man Polizist war. Aber dass er
selbst hier war, empfand er als grenzwertig. Er beschloss, noch
abzuwarten, ob Henrik am Montag wieder zum Dienst erschien, und
wenn nicht, konnte er immer noch wiederkommen.
Für Familie Köstner begann der Tag zunächst in beklemmender
Stimmung. Katja wusste nicht, wie sie auf ihre Eltern reagieren
sollte, und ihre Eltern nicht, wie auf Katja. Einzig an Felix
schien die ganze Situation vorbeizugehen. Er plapperte wie immer
einfach drauf los und nahm so, ohne dass er es wollte, etwas von
der allgemeinen Spannung aus der Luft. Mike hatte sich auch wieder
beruhigt und war zu der Einsicht gekommen, dass es für eine
Sechzehnjährige normal war, erste sexuelle Erfahrungen zu sammeln,
auch wenn es sich dabei um seine Tochter handelte.
Beim Frühstück lockerte sich die Atmosphäre dann merklich. Man
sprach über Banalitäten und überlegte gemeinsam, wie die nächsten
Tage weitergehen sollten. Katja hatte beschlossen, erst einmal
nicht weiter wegen Sjören zu fragen. Sie kannte ihren Vater und
wusste, dass sie im Moment auf Granit beißen würde. Sie selbst
hatte keine Sekunde geglaubt, dass Sjören diesen Film mit Absicht
gemacht und veröffentlicht hatte. Es musste sich um unglückliche
Umstände handeln, denn sie konnte sich nicht derart in ihm
getäuscht haben!
Wie zur Bestätigung hörten sie von Weitem das wohlbekannte Dröhnen
seines Mofas, das langsam näher kam.
»Du gehst rein!«, befahl Mike seiner Tochter in einem Ton, der
jeden Protest im Keim erstickte und tatsächlich tat Katja, was ihr
gesagt wurde.
Petra hielt ihren Mann noch kurz zurück und mahnte ihn: »Sei nicht
zu hart, immerhin stellt er sich der Situation.«
»Mal sehen«, brummte Mike und verschwand in Richtung Zufahrtsweg.
Katja war in ihr Zimmer gegangen und sah verstohlen dabei zu, wie
ihr Freund näher kam. Wenn das kein Beweis
ist! Jeder andere hätte sich nie wieder blicken lassen,
stellte sie für sich selbst fest.
Mike war Sjören ein Stück des Weges entgegengelaufen und hob dann
die Hand, damit er anhielt. Der Junge streckte ihm die Hand
entgegen, aber Katjas Vater ignorierte diese Geste und redete, noch
bevor Sjören seinen Helm abnehmen konnte, auf ihn ein. Als er dann
endlich seinen Helm unten hatte, schwand Katjas Hoffnung. Sjörens
Gestik war fast schon flehend und immer wieder schüttelte er den
Kopf, doch ihr Vater blieb offensichtlich hart und zeigte immer
wieder in die Richtung, aus der Sjören gekommen war. Schließlich
stieg dieser wieder auf sein Mofa und blickte noch einmal zum Haus
herüber. Katja war es inzwischen egal, ob ihr Vater sie sah, und
öffnete ihr Fenster. Dann trafen sich ihre Blicke und ihr Herz
verkrampfte sich. Auch wenn die beiden ein Stück weit
auseinanderstanden, war sie sich sicher, eine Träne bei ihm zu
sehen. Mike sagte noch einige Worte, die Katja nicht verstehen
konnte, dann löste Sjören den Blickkontakt, zog den Helm über den
Kopf und fuhr in Richtung Wald davon.
Wieder einmal hatte Mike es geschafft, die Stimmung seiner Familie
auf den Nullpunkt zu bringen. Trotz Petras Kritik, zu hart mit dem
Jungen gewesen zu sein, war er überzeugt davon, das Richtige getan
zu haben.
Da keiner Lust hatte etwas zu unternehmen, beschlossen sie
wenigstens mit Felix hinunter an den See zu gehen. Vor dem
Zwischenfall mit ihrer Tochter hatten sie von Frau Kasper erfahren,
dass dies der letzte halbwegs schöne Tag werden sollte. Da Katja es
bevorzugte, in ihrem Zimmer zu bleiben, packten die drei ihre
Strandtasche, und kurz darauf war sie alleine in dem
Haus.
Die erste halbe Stunde lag Katja einfach nur auf ihrem Bett, hörte
die traurigsten Songs, die sie auf ihrem Handy hatte, und weinte
leise vor sich hin. Doch irgendwann gewann ihr Trotz die Oberhand.
Immerhin war sie sechzehn und musste sich nicht mehr alles
vorschreiben lassen!
Nur weil ihr Vater Polizist war, lauerte nicht an jeder Ecke das
Böse und überhaupt, was wusste der schon von ihrem Leben, so wenig,
wie er sonst zu Hause war. Ein Blick auf ihr Handy zeigte, dass das
Gerät noch genug Strom für ein paar SMS hatte, also stand sie auf
und zog sich ihre Schuhe an. Dann verließ sie das Haus über die
Terrassentür, ging vor bis zur Böschung und warf einen vorsichtigen
Blick zum See hinunter. Felix und ihre Mutter ließen sich gerade
ein gutes Stück vom Ufer entfernt dahintreiben. Da Katja sich
sicher war, dass ihr Vater die beiden nicht aus den Augen lassen
würde, rannte sie erst zurück zum Haus und dann weiter den Weg
entlang bis zum Waldrand. Inzwischen kannte sie die Stellen, an
denen man zumindest ein bisschen Handyempfang hatte und tatsächlich
erschienen zwei Balken der Anzeige. Die erste Nachricht, welche
»Ich liebe dich und ich glaube dir!« lautete, tippte sie eilig, da
sie nicht wusste, wie lange der Akku noch halten würde. Dann musste
sie warten und wurde immer unruhiger. Alle paar Sekunden wechselte
der Blick zwischen dem Handy und dem Garten des Hauses. Doch es
dauerte nur kurze Zeit, bis ihr Display aufleuchtete und sie mit
zittrigen Fingern auf ANZEIGEN drückte,
worauf Sjörens Nachricht erschien. Katjas Magen verkrampfte sich,
als sie die Worte las. Auf dem Display stand: »Danke, dass du mir
vertraust! Ich war es nicht und ich vermisse dich ganz
schrecklich.« Der weinende Smiley hinter den Buchstaben tat sein
Übriges und eine Träne lief über ihr Gesicht. Dann tippte sie: »Ich
sehne mich nach deinen Armen. Mein Vater ist so ein Idiot!« Der
Batteriewarnton erklang und sie schaffte es gerade noch »Akku leer,
ich melde mich« einzutippen und abzuschicken, dann schaltete sich
das Gerät ab und Katja ging langsam und immer noch weinend zurück
zum Haus.
Offenbar hatte niemand ihren Ausflug bemerkt, denn die Terrassentür
war immer noch geschlossen und auch im Wohnraum war niemand zu
sehen. Sie ging zuerst ins Bad, um sich das Gesicht abzuwaschen und
danach wieder in ihr Zimmer, wo sie ihr Vater bereits
erwartete.
Der blechern klingende Hinweiston wurde fast von den groben
Felswänden verschluckt, riss IHN aber
trotzdem aus dem Halbschlaf. Der Dämon hatte ihm gerade noch sagen
können, was zu tun sei, bevor die Gedanken in sich zusammenbrachen.
Trotz der wieder aufkommenden Magenschmerzen schaffte er es schnell
auf die Beine und war mit zwei Schritten an seinem Laptop. Die
Jugendlichen machten es ihm einfach! Etliche der zahlreich am Handy
installierten Programme meldeten sich sofort, wenn ein Gerät wieder
Empfang hatte. Nach zwei schnellen Mausklicks startete das
FishingProgramm und kurz darauf erschien der Text von drei
Kurznachrichten auf seinem Bildschirm. Der kurze Triumph über die
Technik wich schnell der Erkenntnis, dass man diesen jungen
Menschen nicht mehr die Augen öffnen konnte. Selbst in diesem
jugendlichen Alter waren sie schon durch und durch von der
vorgespielten Liebe ihrer Eltern verdorben. Wieder einmal wurde ihm
bewusst, dass die einzige Lösung darin lag, sie zu erlösen. Sollten
die Eltern ruhig erst sehen, was sie verbrochen hatten, bevor auch
sie ihre gerechte Strafe erhielten.
Da er gerade keinen Kaffee hatte und auch das Feuer nicht brannte,
griff er nach seinem Notmittel. Schon nach zwei Zügen hatte die
Zigarre genug Glut, um ihm etwas Entspannung zu verschaffen. Der
Geruch verbrannter Haut verflog so schnell, wie er entstanden war,
und anschließend war er klar genug, um die weiteren Schritte
einzuleiten.
Das Handysignal des Mädchens erlosch so schnell, wie es gekommen
war, aber das des Jungen blieb. Er tippte einige wenige Worte in
die Tastatur, drückte auf SENDEN und
wartete. Wie nicht anders als zu erwarten, erhielt er nur wenige
Augenblicke später eine positive Antwort auf seine Frage. Dann
schickte er noch einen weiteren Hinweis auf den leeren Akku
hinterher und trennte die Verbindung. Der Dämon in ihm klatschte
Applaus.
»Wo kommst du her?«, fragte Mike scharf, und Katja antwortete
zickig: »Ich war spazieren.« Er wollte schon zu neuerlichen
Vorwürfen ansetzen, besann sich dann aber darauf, dass er auf diese
Weise nicht wirklich weiterkam. Mit möglichst ruhiger Stimme fragte
er daher: »Hast du ihn angerufen?« Sie zog ihr Handy aus der Tasche
und hielt es ihm unter die Nase: »Habe ich nicht, es ist leer!«
Mike atmete einmal tief durch und suchte nach den richtigen Worten:
»Verstehst du mich denn überhaupt nicht? Du weißt doch, wie sich
solche Sachen im Netz verbreiten und ich will nicht, dass du wegen
diesem Jungen zum Gespött wirst.« Offensichtlich hatten seine Worte
genau das Gegenteil von dem erzielt, was er sich erhofft hatte.
Seine Tochter lief rot an und antwortete in einer Lautstärke, die
sie sich ihm gegenüber noch nie erlaubt hatte: »Er ist nicht ein
SOLCHER Junge und er hat es auch nicht mit Absicht getan.
Vielleicht hat diese bescheuerte Hanna ihm ja einen Computervirus
geschickt, oder was weiß ich …« Dann machte sie auf dem Absatz
kehrt und schloss sich im Badezimmer ein. Mike schüttelte hilflos
den Kopf, ging einige Male in dem Wohnraum umher und verließ dann
das Haus in Richtung See. Vielleicht sollte
ich solche Gespräche wirklich besser Petra überlassen,
dachte er und machte sich eine Zigarette an.
Katja verließ das Badezimmer, hängte das Handy an den Strom und
löschte alle ihre Nachrichten. Dann zog sie sich um und versuchte
im Pool auf andere Gedanken zu kommen.
Der restliche Tag verging in gedämpfter Stimmung. Ihre Eltern und
Felix kamen am Nachmittag wieder vom See zurück und jeder
versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und normal mit der
Ältesten umzugehen. Es war einer dieser Tage, an denen Katja froh
war, einen Bruder zu haben, denn er war der Einzige, der sich nicht
verstellen musste. Felix war begeistert von der Aufmerksamkeit
seiner Schwester, die sonst nur genervt von ihm war, sich jetzt
aber sogar seine neuesten Nintendo-Spiele zeigen ließ. Nur einmal
fragte er, was denn passiert sei und warum ihre Eltern so sauer auf
sie gewesen waren. Doch Katja vertröstete ihn auf irgendwann und
Felix genügte das als Antwort.
Kurz vor dem Abendessen beschlossen die beiden noch einmal in den
Pool zu springen. Der Himmel hinter den Glasscheiben hatte sich
inzwischen Katjas Stimmung angepasst und wurde immer dunkler. Es
würde nicht mehr lange dauern, bis der Regen kam.
Auch das Abendessen verlief mehr oder weniger schweigend. Draußen
begannen die ersten Tropfen zu fallen, als Petra ein Gespräch
versuchte: »Was machen wir denn in der nächsten Woche? Frau Kaspar
hat mir auf dem Fest erzählt, dass das Wetter völlig umschlagen
soll und auch Stürme nicht ausgeschlossen sind.«
»Wir fahren heim«, brummte Mike, dessen Laune sich noch weiter
verschlechtert hatte. Alle drei protestierten und selbst Katja, die
eigentlich nicht mit ihrem Vater sprechen wollte, stellte fest: »Na
super, da sind wir einmal alle paar Jahr im Urlaub und fahren dann
früher heim.« Und auch Felix unterstützte sie: »Wir haben doch
einen Pool und es regnet bestimmt nicht ununterbrochen.« Petra sah
ihre beiden Kinder mit dem Lächeln einer Mutter an. Sicherlich, die
beiden hatten ihre eigenen Gründe, warum sie noch bleiben wollten,
aber auch sie hatte die letzten Tage mit ihrer Familie genossen.
Ein Gefühl von mütterlicher Wärme durchzog sie, dann legte sie ihre
Hand auf die von Mike und sagte einfach: »Uns wird schon etwas
einfallen. Und wenn das Wetter ganz schlimm wird, können wir immer
noch heimfahren. Aber lass uns jetzt bitte noch nicht darüber
nachdenken.«
»Das könnt ihr nicht!«, rief ER laut in
seiner Höhle. »Ihr werdet eure Strafe entgegennehmen, und wenn ich
euch die Augen geöffnet habe, werdet ihr mir danken!« Der Regen
wurde stärker und er konnte nur noch bruchstückhaft verstehen, was
in der Hütte geredet wurde, aber das war egal. Es war an der Zeit
dem Dämon die Führung zu überlassen und er kannte seine Pläne. Er
wusste, dass diese Familie noch nicht reif war; er wusste, dass
sich der Dämon viel Zeit für ihre Bestrafung nehmen würde. So war
es immer gewesen und so wird es immer sein!
Was passierte, wenn man es zu schnell tat, hatte er bei dem
Polizisten gesehen. Der kurze Augenblick seiner Schüsse hatte nicht
gereicht, um ihn auf den rechten Pfad zu führen. Noch nicht einmal
der Tod des Jungen hinter dem Spiegel hatte gereicht. Es hatte den
Polizisten verletzt statt ihn zu heilen, sonst hätte er den Sinn
begriffen und sich das Leben genommen. Doch stattdessen machte er
weiter wie zuvor, heuchelte Liebe und Loyalität, wo in Wirklichkeit
nur Egoismus war.
Er schüttelte die Gedanken ab. Denn es war an der Zeit sich
vorzubereiten!