XVIII
Urassn sagt heutzutage kein Mensch mehr. Aber nicht, weil das Wort ausgestorben ist – weil der Begriff ausgestorben ist. Weil heute das ganze Leben ein einziges Urassn ist. Drum ist ja auch das hochdeutsche Wort prassen komplett verschwunden. Weil verschwenderisch mit Lebensmitteln umgehen heute bei uns die Norm ist – und nicht die Ausnahme. Kannst du dir ein eigenes Wort dafür also sparen.
Ich will jetzt gar nicht davon anfangen, was bei uns alles verurasst wird. Das geht ja sowieso auf keine Kuhhaut! Mir geht es auch nicht darum, wie viel arme Neger man mit dem durchfüttern könnt, was bei uns weggeschmissen wird. Was mich beim Urassn am meisten stört, ist, dass es kein Schwein wirklich genießt. Weil es für alle völlig normal ist. Wie wenn wir im Schlaraffenland wären – eh schon wissen: Gebratene Tauben fliegen herum, knusprige Spanferkel rennen mit Messer und Gabel im Rücken über die Wiese, und so weiter, aber keiner sagt: „Super!“, sondern höchstens: „Na ja!“
Die Gucki ist da eine Ausnahme. Der taugt das Urassn wirklich. Rafft sich eh nur alle heiligen Zeiten zum Kochen auf, aber wenn sie kocht, dann kocht sie gescheit. Dann kocht sie immer zu viel. Dann wird geurasst, was das Zeug hält. Hat sie wahrscheinlich von der Oma. Die hat auch immer viel zu viel gekocht.
Aber bei der Oma verständlich. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehungert, während dem Zweiten Weltkrieg gehungert, und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gehungert. Und wie es dann in den sechziger Jahren bergauf gegangen ist bei uns, hat die Oma das erste Mal in ihrem Leben urassn können. Meingott, welche Freude! Hat die Oma – nur so als Beispiel – alle Jahre wieder so viel Vanillekipferl gemacht, dass sie der Gucki noch zu Ostern bei den Ohren herausgestaubt sind.
Trotzdem kocht auch die Gucki immer zu viel. Kocht halt gern. Ist für sie keine Arbeit, sondern ein Volksfest. Drum trinkt sie auch beim Kochen immer ein bisserl war. Heute einen Grünen Veltliner. Erhebt jetzt ihr Glas und sagt: „Auf die Stelzen!“
Der Turrini trinkt zwar auch einen Grünen Veltliner, kann aber natürlich nichts sagen. Verstehen tut er das Wort Stelzen aber sehr wohl. Geht er also zu seinem Fernseher. Ich denk mir, für einen Hund ist so ein Backrohr mit einem Sichtfenster praktisch ein Fernseher, der noch dazu auch ein Programm für die Nase liefert. Geht der Turrini also zum Ofen und bellt die Kalbsstelze freudig an.
Weiß ja genau, dass der Knochen ihm gehört. Ist ja ein blitzgescheiter Hund, der Turrini. Auch wenn er ein bisserl viel sauft. Hat aber heute wirklich einen Grund zum Saufen. Erstens Vorfreude auf das Festessen. Zweitens aber Wiedersehensfreude. Hat ja eine Nacht und einen Tag lang um sein Frauli gezittert. Von Dienstag am Abend bis Mittwoch am Abend.
Ist eh tapfer dem Rettungsauto nachgerannt. In das sie sein Frauli hineingezerrt haben. Ist aber abgehängt worden. Obwohl er gerannt ist wie ein Windhund. Hat er nicht recht gewusst, was er tun soll. Soll er zum Leo-Herrli laufen? Der zahlt ihm sicher ein Bier. Und weit ist es auch nicht nach St. Moritz. Ist aber dann doch nach St. Anton gelaufen. Heim. Zwanzig Kilometer!
Hat sich vor die Haustür gelegt und auf die Gucki gewartet. Bis sie gekommen ist. Na, das war vielleicht ein Bellen und Schlecken und Schlecken und Bellen! Hat der Canetti keine Chance gehabt, dass er auch was derwischt von der Gucki.
Und gestern, am Donnerstag, da haben der Turrini und die Gucki einen richtigen Hundi-Frauli-Tag gemacht. Lang geschlafen, ein bisserl Schwammerlsuchen und Rehestauben – und das war es dann auch schon. Und Einkaufen waren sie natürlich auch. Für das heutige Festessen.
Mit einem schneeweißen Cabrio. Ist dem Fuzzi sein Zweitauto. Ein Peugeot 205. Hat er der Gucki am Donnerstag in der Früh vorbeigebracht. Damit sie nicht ganz ohne Auto dasteht. Weil ohne Auto bist du im Mühlviertel komplett derschossen. Praktisch weg vom Fenster. Und der Karmann Ghia ist von der Kripo beschlagnahmt und außerdem fetzhin.
Dem Turrini taugt das Cabrio sowieso mehr. Weil beim Offen-Fahren sein Fell so schön im Fahrtwind flattert. Wie wenn er gerade einen Geschwindigkeitsrekord im Rennen aufstellen tät. Und trotzdem sitzt er kommod am Beifahrersitz und braucht kein bisserl schnaufen.
„Was interessieren denn uns die Auto-Vorlieben von einem Hund?“, werden sich jetzt manche beschweren. „Wenn schon die ganze Zeit vom Urassn die Rede ist, wollen wir endlich wissen, was die Gucki alles kocht! Weil so eine Kalbsstelzen – das ist ja noch nix Besonderes!“
„Okeh!“, sag ich da. „Von mir aus. Ich bin ja eh auch schon neugierig, was es gibt. Schnappen wir uns halt einmal so einen Deckel und schauen in ein Häferl hinein!“
Ist aber kein Häferl, sondern ein ausgewachsener Häfen, der da bei der Gucki am Ofen steht. Fassungsvermögen zehn Liter. Und drinnen –? Geh leck, ein Kalbsbeuschel! Die Lieblingsspeis von der Erni. Also: noch nicht das fertige Beuscherl, sondern Herz und Lunge von einem Kalberl.
Musst du zuerst stundenlang kochen. Mit allen möglichen Gewürzen. Welche, verrat ich aber jetzt nicht. Weil ich das nicht not hab, dass ich meine Geschichte mit allen möglichen Kochrezepten streck. Gibt ja eh schon genug Kriminalromane, die eigentlich nur Kochbücher sind. Halt mit ein bisserl Handlung zwischen den einzelnen Rezepten.
Auf jeden Fall musst du das Beuschel nach dem Kochen auskühlen lassen. Dann aber kommt die eigentliche Arbeit: das Schneiden. Weil in so einem Herz und in so einer Lunge steckt ein ganzer Haufen Arterien und Venen. Die gehören fein säuberlich herausgeschnitten. Kriegt natürlich der Turrini. Wer sonst?
Und jetzt kommt noch das Feinnudelig-Schneiden von den essbaren Teilen: die reinste Dodelarbeit! Die überlässt die Gucki lieber ihren Gästen. Da sind sie auch schon! Grad in dem Moment angekommen. Die Erni ist von der Vivi hergebracht worden, die Diana vom Pezi.
Wobei nur die Vivi und der Pezi zum Beuschel-fein-Herschneiden zu gebrauchen sind. Die Erni zittert so arg, dass ihr die Gucki kein Messer in die Hand geben kann. Und die Diana graust es so derartig vor dem Beuschel, dass sie in den Garten geschickt werden muss. Damit sie nicht die ganze Küche anspeibt. Darf sie in der Gucki ihrer Hängematte liegen und kann endlich einmal in Ruhe essehmessn.
Jetzt muss man aber dazusagen, dass es bei diesem Abendessen nicht nur ums Fressen und Saufen geht, sondern eigentlich ums Kennenlernen. Dass die Erni die Diana ein bisserl besser kennenlernt. Schließlich soll sie ihr alles vererben und heute das neue Testament unterschreiben. Drum ist ja auch der Herr Notar zum Essen eingeladen.
Na ja – ein bisserl vielleicht schon auch, weil der Franz eigentlich ein gutaussehender Mann ist. Und außerdem hat er der Gucki schon zweimal aus der Patsche geholfen. Einmal aus der Untersuchungshaft und einmal aus dem Narrenhaus. Also schon auch ein verlässlicher Mann. Drum ruft er ja jetzt auch an.
„Landesnervenklinik Wagner-Jauregg, geschlossene Abteilung!“, meldet sich die Gucki. Ist anscheinend gut aufgelegt.
Der Franz steigt aber nicht ein auf ihre Blödelei. Ganz ernst ist er: „Pass auf, Gucki! Der Mörder ist nicht tot – der Mörder lebt! Der Mörder ist nämlich kein Mörder, sondern eine Mörderin!“
Kennt sich die Gucki natürlich nicht aus: „Hnn? Musst du mir schon ein bisserl genauer erklären!“
„Die DNA. Vom Halsketterl mit dem Kreuz. Eindeutig von einer Frau! Aber nicht nur von der Butsek. Und nicht nur deine DNA. Auch von einer anderen Frau! Logischerweise von der Mörderin!“, erklärt er ihr jetzt doch ziemlich lautstark, der Franz.
„Du brauchst nicht so schreien! Hab’s ja eh schon kapiert!“
„Gar nichts hast du kapiert, Mädel! Du bist das nächste Opfer! Bis dato bist immer noch du die Universalerbin von der Hungerbauer. Und drum wird die Mörderin als Nächstes dich beseitigen! Ist dir das klar?“
„Und? Glaubst du, ich scheiß mir deswegen in die Hosen?“
„Nein: Du sperrst die Haustür zu, gehst nicht zum Fenster und wartest, bis ich da bin!“
„Und du erwürgst die Mörderin eigenhändig?“
„Nein, mein Kind, ich bin Besitzer mehrerer Schusswaffen und kann selbige auch handhaben!“
Wahnsinn, das hätte die Gucki ihrem Franz gar nicht zugetraut! Dass der Herr Notar so ein Mann der Tat ist. Einer, der nicht nur seine Beziehungen spielen lasst, sondern einer, der die Sache selber in die Hand nimmt. Praktisch wirklich ein Mann!
Lasst sich aber nix ankennen, die Gucki. Dass ihr das imponiert. Rattert die Speisekarte herunter: „Vorspeise Kalbsbeuschel mit Serviettenknödel, dann Kalbsstelze mit Reis und Eierschwammerlsauce, und Salzburger Nockerl als Nachspeis. Um Punkt halb fünf wird gegessen!“
So, jetzt wissen wir wenigstens einmal, was es zum Essen gibt. Aber: Abendessen – um halb fünf? Schon ein bisserl anbald – wenn du mich fragst! Ist wegen der Erni. Die ist das so gewohnt. Vom Altersheim. Da müssen sie auch immer so bald essen. Dass es sich mit dem Bettgehen noch ausgeht, bevor die Pflegerinnen aus dem Dienst gehen. Weil ab sechs – da ist dann nur mehr der Nachtdienst da. Sprich: Bettruhe!
Die Gucki veranstaltet das ganze Festessen ja sowieso nur für die Erni. Dass sie auch einmal was Gescheites kriegt. Nicht immer nur den faden Altersheim-Fraß! Seit die Gucki in St. Hans arbeitet, ist ihr nämlich auch klar, warum sich die alten Leute bei der Geburtstagsfeier wie wild auf die Geschenkskörbe gestürzt haben: weil das Essen im Heim so aufregend schmeckt wie eingeschlafene Füß!
Hat sich ja auch bei der Menüplanung was überlegt, die Gucki. Kalbsbeuscherl: der Erni ihre Lieblingsspeise. Kriegst du im Altersheim nicht. Kriegst du aber auch sonst nirgends. Nicht um viel Geld! Hat es früher in jedem Wirtshaus gegeben. Heute von allen Speisekarten verschwunden. Einfach nimmer gefragt! Gibt ja beim Essen genauso eine Mode wie beim Gewand. Beuschel praktisch komplett aus der Mode. Dafür sind jetzt so Bröckerl von einem rohen Fisch modern. Brr!
Das meiste wird aber eh nicht so roh gegessen wie gekocht. Zumindest nicht im Mühlviertel. Weil wir gottseidank bei allem immer ein bisserl nachhinken. Da verschwinden dann oft die ärgsten Blödsinnigkeiten wieder sang- und klanglos von der Bildfläche, bevor sie es überhaupt ins Mühlviertel geschafft haben. Hoffentlich auch der rohe Fisch!
Immer funktioniert das aber auch nicht. Sagen wir einmal: die Leggins. Wer Leggins nimmer kennt: Das war eine hautenge dünne Hose für Frauen – beziehungsweise eine dicke Strumpfhose mit abgeschnittenen Füßen. War ein absoluter Renner. So um 1990 wird das gewesen sein. Da hat in Linz praktisch jede Frau Leggins angehabt. Dezent oder in knalligen Farben, einfärbig oder bunt gemustert – Leggins waren Pflicht!
Egal, welche Figur eine gehabt hat! Hat ja bei einer guten Figur gar nicht so schlecht ausgeschaut. Eben figurbetonend. Nur: Welche Frau hat schon eine gute Figur? Da haben dann die Leggins öfter nicht nur figurbetonend, sondern auch ziemlich arschbetonend sein können. Bin ich eine Zeitlang lieber nimmer nach Linz gefahren. Weil dort alles arsch war.
Sind nach zwei Jahren eh wieder verschwunden, die Leggins. Wie es bei der Frauenmode halt so ist. Aber damit war der Spuk nicht vorbei. Weil zehn Jahre später sind die Leggins dann auf einmal im tiefsten Mühlviertel aufgetaucht und haben sich langsam, aber sicher ausgebreitet. Und sind bis heute ein fester Bestandteil der Damengarderobe.
Um Gottes willen! Da red ich lang und breit über die Mode daher – und die Gucki hat ganz andere Sorgen: Wer ist die Mörderin? Lasst sich aber eh nix ankennen, die Gucki. Übergießt die Stelze, schenkt Wein nach und führt Schmäh mit ihrem Besuch.
Da merkt keiner, dass es in ihrem Hirnkastl wurlt wie in einem Ameisenhaufen. Ist sowieso typisch für die Gucki: nachdenken und dabei was ganz was anderes tun. Genauso wie es typisch für sie ist, dass sie so tut, wie wenn alles in bester Ordnung wär. Auch wenn die Situation noch so beschissen ist.
Aber so ist die Gucki halt einmal erzogen worden. Da hat auch so einiges nicht gepasst in der Familie. Papa gestorben, wie sie noch ganz klein war. Mama dafür größere Probleme: Männer-Probleme, Spielcasino-Probleme, Alkoholprobleme. Praktisch nur Probleme.
Aber geredet – geredet ist nie darüber worden. Höchstens gemurmelt. Von der Oma. Der Opa aber hat nicht einmal gemurmelt. Hat die Zähne zusammengebissen und hat sich auf die Gucki gestürzt. Wie wenn sie ein Werkstück wär. Aus Eisen. War ja ein gelernter Schlosser, der Opa. Da musst du als Lehrbub ziemlich viel feilen. Und wie er gefeilt hat, der Opa! An der Gucki. Bis sie fast wirklich der Bub war, den er gern als Enkerl gehabt hätte. Kommt der Gucki jetzt aber zugute. Die Kaltblütigkeit, die ihr der Opa eingeimpft hat. Weil sie sich nix scheißt. Weil sie wirklich keine Angst hat vor der Mörderin.
Hat eher Angst um das Beuschel. Weil der Pezi hübsch schlampert ist beim Schneiden. Da hat er als Journalist mehr Talent. Wirklich rührend, die Geschichte, die er am Mittwoch in den Mühlviertler Nachrichten gebracht hat. Von der alten, einsamen Frau, die ihr vieles Geld einem armen Waisenkind vermacht. Der lieben, kleinen Diana. Mit Foto. Natürlich von der Diana. Wirklich ein hübsches Mäderl! Auch ohne Zahnspange. Während die Erni auf ihre alten Tag doch nimmer so fotogen ist. Weil Alter halt einmal nicht nur Reife und Würde heißt, sondern auch Demenz und Inkontinenz.
Jetzt hat die Gucki natürlich nicht nur gekocht und ihren Besuch unterhalten, sondern auch die ganze Zeit fest nachgedacht. Und ist auch zu einem Ergebnis gekommen: Die Mörderin muss irgendwie mit dem Hartl Horsti verwandt sein. Drum darf der Pezi jetzt das Schneidbrettl mit dem Laptop vertauschen und sämtliche Hartl-Frauen aus dem Telefonverzeichnis heraussuchen. In Blumenthal gibt es keine, aber in St. Anton wird er schon fündig: Hartl Mathilde, Winkel 7.
Praktisch eine Nachbarin vom Johnny! Kennt die Gucki aber trotzdem nicht. Obwohl sie schon zehn Jahre in St. Anton ist. Wird halt keinen Mann haben, die Hartl Mathilde. Und deswegen nicht fortgehen. Ins Wirtshaus oder auf Zeltfeste oder auf Bälle. Kannst du sie auch nicht kennenlernen. Kann eigentlich nur die Mama vom Horsti sein. Na, die wird eine Wut haben auf die Gucki!
Trotzdem hat die Gucki im nächsten Moment auch schon eine Entscheidung getroffen: Sie wartet nicht lang, bis die Mörderin auftaucht – sie knöpft sich die Hartl Mathilde selber vor! Gleich jetzt! Auf der Stelle! Wartet auch nicht auf den Franz mitsamt seinen Schusswaffen – hat ja eh ein Taschenmesser!
Aber grad wie die Gucki der Vivi erklären will, wie das Beuschel gewürzt wird, weil sie schnell für eine halbe Stunde weg muss, läutet auf einmal ihr Handy.
„Du Mörderin!“, sagt nicht die Gucki, sondern eine unbekannte Frauenstimme.
„Selber Mörderin!“, entgegnet die Gucki. „Genau genommen: Doppelmörderin, liebe Mathilde!“
Die Anruferin lasst sich aber nix ankennen. Dass sie überrascht ist, dass die Gucki weiß, wer sie ist. Wechselt einfach das Thema: „Ich hab was, was du gern hättest!“
„Soll das jetzt ein Ratespiel werden – oder was?“
„Geht dir nix ab?“
Was soll der Gucki schon abgehen? Ihr Turrini liegt friedlich vor dem Fernseher und verfolgt sein Kalbsstelzen-Programm. Und sonst gibt es nix, an dem die Gucki wirklich hängen tät. Höchstens noch ihre Lederjacke. Weil sie der Opa angehabt hat, wie er noch nicht bei der Oberösterreichischen Landesregierung gearbeitet hat, sondern bei der deutschen Luftwaffe. Aber sonst?
Genau in dem Moment hat die Gucki aber auch schon überzuckert, um was es geht. Hat eigentlich gar nicht mehr in den Garten hinausrennen müssen. Hat sowieso längst gewusst, dass die Diana nicht mehr da ist. Hat aber trotzdem nicht den Kopf verloren, sondern ganz nüchtern gefragt: „Wo? Und: wann?“
Ebenso nüchtern die Antwort: „Am Winklerberg – beim Bankerl. Und: sofort!“
Muss die Gucki kurz überlegen. Fünf Minuten braucht sie mit dem Auto zum Winklerberg, zehn Minuten für das letzte Stückerl vom Wanderweg. Ist ja vor ein paar Wochen mit dem Turrini oben gewesen. Damit der Hund auch einmal eine schöne Aussicht hat. „In einer Viertelstunde bin ich da!“, sagt sie also.
„Aber allein! Sonst schneid ich dem Slowaken-Mensch die Gurgel durch. Dass ihr das Erbschleichen ein für alle Mal vergeht!“
„Klar!“, sagt die Gucki. „Ich komm!“
Und schnappt sich auch schon die Lederjacke. Hat ja eh das Taschenmesser vom Opa in der Jacke. Und einen braven Hund hat sie auch. Verzichtet der Turrini doch glatt auf sein Kalbsstelzen-Programm. Aber Cabrio-Fahren ist halt einmal noch klasser wie Fernsehen. Noch dazu, wenn das Frauli fährt wie eine gesengte Sau.