Prolog
Rom, 16. Juni 1552
Das Kraut gedieh wenige Schritte vom
Tiberufer entfernt, an einer einsamen Stelle außerhalb der Stadt.
Eine mächtige Trauerweide spendete ihm Schatten, und vom Fluss
stieg an jedem frühen Morgen Dunst auf, der das Ufer in
Feuchtigkeit hüllte. Eine einzelne Pflanze zunächst - hergeweht vom
Wind oder angespült vom Tiber, fallengelassen von der Hand Gottes
oder des Teufels inmitten einer fast biblischen Landschaft -, die
sich vermehrt hatte und von einer kleinen Schar Nachkommen umgeben
war. Um die Weide und das Kraut herum breitete sich ein Meer von
Geröll aus, das unter der Sonne glühte.
Nicht ein Vogel sang, nicht eine Grille zirpte.
Sogar der Tiber, der in den Apenniner Bergen entsprang, sich durch
das uralte, etruskische Land schlängelte, Rom durchquerte und die
Stadt dabei gelegentlich das Fürchten lehrte, selbst dieser Strom
wirkte hier, auf seiner letzten Etappe zum Meer, ohne Leben.
Eigentlich liebte das Kraut mit Namen Poleiminze
die Gesellschaft von üppigem Grün und Tümpeln, wie es sie
flussaufwärts zahlreich gab, und es hatte in dieser Einöde deswegen
schwere Zeiten erlebt. Aber nun, wo es tapfer aufragte und zur
blasslila Blüte ansetzte, schien es mit seiner Giftigkeit, die in
seinen Säften steckte, wie geschaffen für eine Landschaft wie
diese: eine Landschaft im ewigen Todeskampf.
An jenem Morgen fand sein und das seiner Familie
Dasein im Schatten der Weide ein jähes Ende. Man rupfte es mit
Stumpf und Stiel aus, beendete sein Leben, um mit seiner Hilfe
schon bald das Leben eines Menschen zu beenden.