Der erste Feuerwehreinsatz
Wir haben ein halb fertiges neues Feuerwehrhaus in Kattenbach und ein neues Feuerwehrauto. Das ist ganz fertig. Für den allerersten Einsatz des neuen Feuerwehrwagens haben wir gesorgt. Wir haben es praktisch eingeweiht. Aber wir konnten nichts dazu.
Neue Häuser haben ihren ganz besonderen Reiz, besonders wenn sie noch nicht ganz fertig sind. Das Feuerwehrhaus hat eine Halle fürs Auto und die Schläuche. Oben drüber ist das Dachgeschoss. Das ist noch nicht ganz fertig. Es muss noch ein Durchbruch zur Treppe gemacht werden. Außerdem ist es noch nicht verputzt. Gila, Rita und ich kamen gerade vom Tischtennis und hatten noch keine Lust, heimzugehen. Da haben wir uns mal das neue Feuerwehrhaus, den Stolz von Kattenbach, angesehen. Unten war die Halle leer und langweilig. Da sind wir die Leiter hochgestiegen. Das Dachgeschoss war genau so leer. Wir haben uns dort aber häuslich niedergelassen und ein bisschen geschwätzt. Da das Haus direkt an der Straße liegt, konnten wir ungesehen die Vorübergehenden betrachten und sie auch gut hören. Aber die Leute, die vorbei gingen, waren alles langweilige Erwachsene.
Wir wollten schon wieder runter steigen, da sah ich auf einmal meinen alten Feind, Helmut Holler mit einem Jungen vorbeigehen, den wir nicht kannten. Und der Zufall wollte es, dass er hochgeguckt und mich gesehen hat. Er hat nur ganz dämlich gegrinst. Plötzlich blieb uns fast das Herz stehen. Nahm der Kerl doch unsre Leiter weg. Da sie ziemlich schwer ist, half ihm der fremde Junge dabei. Ächzend schleppten sie die Leiter weg. Dabei rief doch der dämliche Kerl uns noch zu: „Gute Nacht, meine Damen, schlaft gut da oben!“
Sie verschwanden mit unserer einzigen Verbindung zur Außenwelt. Zum Runterspringen war’s viel zu tief und über die Treppe konnten wir auch nicht runter. Da fehlte ja noch der Durchbruch.
Wie das so ist, die ganze Zeit gingen da unten Leute vorbei, jetzt ließ sich kein Mensch mehr blicken. Gila hatte Angst, Rita hatte langsam Hunger und ich tröstete beide: „Naja, jetzt ist das ein bisschen unbequem, aber wir werden bestimmt gefunden. Ich kann mir denken, dass unsere Eltern losziehen, um uns zu suchen, wenn wir die ganze Nacht nicht heimkommen.“ „Ich will aber nicht die ganze Nacht hier oben hocken“, maulte Gila. Rita runzelte die Stirn: „Wir müssen uns was einfallen lassen!“ „Nehmt die Sache doch nicht so tragisch. Wenn wir wieder unten sind, erinnern wir uns bestimmt ganz stolz an unser Abenteuer und können was erzählen. Außerdem kommt bestimmt bald wieder jemand vorbei, der uns die Leiter wieder hinstellt. Wir konnten über die Kirche hinwegsehen, dort lief jemand. Aber unsre Straße war wie ausgestorben. Da fiel mir was ein. „Wir müssen um Hilfe schreien. Ja, ganz genau, das ist es. Da drüben auf der Wiesenstraße gehen Leute. Wenn wir ganz laut brüllen, müssen sie uns hören.“
Wir brüllten im Chor, es klang schaurig, half aber. Zwei Männer kamen auf uns zu. „Hier sind wir, hier, im Feuerwehrhaus!“ Die Männer schauten nach oben. Einer war Herr Bollmann. „Was macht Ihr denn da oben?“ fragte er völlig verblüfft. Gisela erklärte es ihrem Vater. Jetzt gingen sie in die Feuerwehrhalle, um nach der Leiter zu suchen. Er kam zurück. „Verflixt, die Burschen haben die Leiter versteckt, und zwar so gut, dass wir sie nicht finden können.“ „Und die Leiter vom Feuerwehrauto?“ Rita meinte, die sei doch lang genug. „Das ist sie“, sagte Herr Bollmann, „aber die kann nur die Feuerwehr bedienen. Am besten gehe ich grade mal ins Bürgermeisteramt und rufe Herrn Kampf an. Habt keine Angst, bald seid Ihr wieder unten.“ Und so geschah es, dass die Feuerwehr zu ihrem ersten Einsatz kam. Die Leiter wurde auch wieder gefunden. Sie lag unter dem Feuerwehrauto. Das haben sie allerdings erst gemerkt, als wir wieder unten waren und das Auto wieder in die Halle fuhr.
Schon ein tolles Gefühl, von der Feuerwehr gerettet zu werden, auch wenn’s nicht brennt.