47
Oscar Saint-Just schloss die Datei und lehnte sich zurück. Niemand war zugegen, und darum sah keines Menschen Auge, was viele für absolut unmöglich gehalten hätten: ein leichtes Beben, ein Zittern, das die Finger beider Hände durchlief, bevor er sie fest faltete, um sie zu beruhigen.
Endlose Sekunden lang blickte er ins Nichts, und in seinem Innern herrschte völlige Ruhe. Zum ersten Mal seit Rob Pierres Tod regte sich in ihm Hoffnung, und er holte tief Luft, hielt den Atem an und stieß ihn lautstark wieder aus.
Er hatte nie erwartet, dass Unternehmen Hassan tatsächlich funktionieren würde. Nun gestand er es sich ein, auch wenn er es zuvor nicht gekonnt hatte. Nicht solange es so überlebenswichtig gewesen war, dass der Plan aufging. Die Enthauptung der Allianz war seine einzige Hoffnung gewesen, während der militärische Zusammenbruch sich immer deutlicher abzeichnete. Und darum hatte er sich gezwungen, an den Erfolg von Unternehmen Hassan zu glauben.
Und am Ende war es wirklich erfolgreich durchgeführt worden. Nicht so umfassend, wie Saint-Just gehofft hatte, aber es hatte funktioniert.
Schon die ersten Berichte wiesen darauf hin, dass Elisabeth III. und Benjamin Mayhew überlebt hatten, und Saint-Just hatte mit den Zähnen geknirscht, als er entdeckte, wer dafür verantwortlich war. Nur in wenigen Punkten hatte er mit der weitgehend unbetrauert verstorbenen Cordelia Ransom hundertprozentig übereingestimmt … doch zu diesen Dingen gehörte seine Haltung gegenüber Honor Harrington. Im Unterschied zu Ransom hätte er Harrington jedoch heimlich erschießen und in einem namenlosen Grab verscharren lassen, ohne jemals zuzugeben, sie überhaupt gesehen zu haben.
Doch als die ersten, fragmentarischen Berichte über die innere Lage Manticores eintrafen, begriff Saint-Just, dass es vielleicht am besten war, wie es war. Wenn er Elisabeth III. und Benjamin IX. erwischt hätte, aber nicht Cromarty, wäre Elisabeths Sohn ihr auf den Thron gefolgt. Die Regierung jedoch wäre die gleiche geblieben. Im Endeffekt hätte sich damit das Unausweichliche nur hinauszögern, aber nicht aufhalten lassen. Doch dadurch, dass er Cromarty getötet hatte und Elisabeth am Leben ließ, hatte Saint-Just unbeabsichtigt eine viel günstigere Situation geschaffen. Als die Führung der manticoranischen Opposition verlautbaren ließ, sie wolle unter Ausschluss von Cromartys Zentralisten und der Kronenloyalisten eine Regierung bilden, fiel Saint-Just eine betörende Gelegenheit in den Schoß. Und er beabsichtigte nicht, sie ungenutzt verstreichen zu lassen.
Er drückte einen Knopf auf dem Intercom.
»Jawohl, Bürger Vorsitzender?«, antwortete die Sekretärin augenblicklich.
»Rufen Sie Bürger Minister Kersaint und Bürgerin Minister Mosley zu mir«, befahl Saint-Just. »Ich möchte sie unverzüglich sprechen.«
»Sofort, Bürger Vorsitzender!«
Saint-Just lehnte sich wieder zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und blickte zur Decke, während er auf den neuen Außenminister der VRH und die Frau wartete, die Leonard Boardman beim Informationsministerium ersetzt hatte. Als Saint-Just die Sprengung des Oktagons angeordnet hatte, waren ihre Vorgänger beide im Gebäude gewesen – ob als Verräter oder Geisel, wusste niemand so genau. Die neuen Minister waren zweifellos sehr unerfahren, aber andererseits empfanden sie eine Todesangst vor Oscar Saint-Just, und er war sich sicher, dass sie genau das tun würden, was er von ihnen verlangte.
»Also gut, Alyson«, knurrte White Haven und rieb sich noch immer den Schlaf aus den Augen. »Ich bin wach.«
Er blickte auf das Chronometer auf dem Nachttisch und jammerte inwendig. An Bord der Benjamin the Great galt der 24-stündige Standardtag, nicht der Zweiundzwanzig-Komma-noch-was-Stundentag Manticores, und es war erst kurz nach drei Uhr. Er war also noch keine drei Stunden im Bett, und er hatte noch eine letzte Flaggoffiziersbesprechung vor sich, bevor es in nur fünf Stunden gegen Lovat losging.
Wehe, das ist nicht wichtig, dachte er und drückte den Knopf auf seinem Com.
Auf dem Terminal erschien Captain Granston-Henleys Gesicht. Die Bildverbindung wurde jedoch nur einseitig aufgebaut; White Haven wollte von niemandem in schlaftrunkenem Zustand gesehen werden. Als er ihre Miene sah, vergaß er das völlig.
»Was ist los?« Seine Stimme klang weit weniger beißend als beabsichtigt. Granston-Henley mühte sich sichtlich um Fassung.
»Wir haben soeben ein Kurierboot empfangen, Mylord. Ein havenitisches Kurierboot.«
»Von den Havies?«, vergewisserte White Haven sich sehr vorsichtig, und sie nickte.
»Jawohl, Sir. Es ist vor sechsundzwanzig Minuten aus dem Hyperraum gekommen. Das Signal haben wir vor fünf Minuten und …« – sie blickte aufs Chronometer – »dreißig Sekunden erhalten. Signal im Klartext, Sir.« Sie verfiel in Schweigen.
»Und worum geht es?«, drängte er sie.
Granston-Henley schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Eine direkte Nachricht von Saint-Just an Ihre Majestät, Mylord«, sagte Granston-Henley. »Er will … Sir, er sagt, er will Friedensverhandlungen einberufen.«
»!«
Behände sprang Elisabeth III. auf und schlug die Faust wie einen Hammer auf den Konferenztisch. Mehr als eine Person im Raum zuckte zusammen, nur Premierminister High Ridge und Außenministerin Descroix wirkten völlig ungerührt.
»Euer Majestät, dieses Angebot muss sorgfältig und ernsthaft überdacht werden«, sagte High Ridge in das hallende Schweigen.
»Nein«, wiederholte Elisabeth leiser, aber noch entschlossener. Mit ihren braunen Augen fixierte sie den Premierminister bedrohlich. »Das ist ein Trick. Ein Zug der Verzweiflung.«
»Was immer es ist und welche Beweggründe Bürger Vorsitzender Saint-Justs auch immer hat«, sagte Descroix im Ton zuckersüßer Vernunft, den Elisabeth mittlerweile von Herzen verabscheute, »dieses Angebot ist eine Chance, die Kämpfe zu beenden. Und das Sterben, Euer Majestät, nicht nur auf Seiten der VRH, sondern auch auf unserer.«
»Wenn wir jetzt zulassen, dass Saint-Just sich herauswindet, obwohl wir ihn und sein Regime zerquetschen könnten, dann ist das Verrat an jedem Mann und jeder Frau, die gestorben sind, damit wir an diesen Punkt gelangen«, entgegnete Elisabeth tonlos. »Es wäre auch Verrat an unseren Verbündeten, die auf unsere Führung zählen und auf unsere Unterstützung angewiesen sind, um zu überleben! Es gibt nur einen Weg, um einen dauerhaften Frieden mit der Volksrepublik zu gewährleisten. Und dieser Weg besteht darin, sie niederzuringen, ihre Rüstungsindustrie zu zerstören und sicherzustellen, dass sie nicht wieder aufgebaut wird!«
»Euer Majestät, mit Gewalt hat man noch keinen einzigen Konflikt beigelegt«, warf Innenministerin New Kiev ein. Als die Queen sie mit einem verächtlichen Blick taxierte, zeigte die Gräfin tiefes Unbehagen, schüttelte aber störrisch den Kopf. »Ich habe den Krieg immer abgelehnt, weil ich glaube, dass die friedliche Lösung eines Konfliktes der Gewalt bei weitem vorzuziehen ist. Wenn die vorherige Regierung dies begriffen und nach dem Harris-Attentat dem Frieden eine Chance gegeben hätte, dann hätten die Kämpfe schon vor zehn Jahren enden können! Mir ist klar, dass Sie das nicht für möglich halten, aber ich und auch viele andere hier im Raum schon. Vielleicht hatten Sie damals Recht und wir Unrecht, aber das können wir im Nachhinein nicht feststellen, denn damals wurde die Gelegenheit zurückgewiesen. Diesmal aber liegt uns ein definitives Friedensangebot der Gegenseite vor, ein Angebot, das Morden zu beenden, und meiner Ansicht nach sind wir moralisch verpflichtet, alles zu erwägen, was diesem Zweck dient.«
»Was für ein ›definitives Friedensangebot‹?«, fragte Elisabeth und stach verächtlich mit dem Zeigefinger auf das Memopad, das vor ihr auf dem Tisch lag. »Er schlägt lediglich einen Waffenstillstand vor – der ihn vor dem Verlust von Lovat und seinem Hauptsystem bewahrt. Er will eine ›Atempause‹ für Verhandlungen erreichen! Und was diesen heuchlerischen Mist angeht, von wegen er teile unseren Schmerz über den Verlust unserer ermordeten Regierung, weil ihm das Gleiche zugestoßen sei …!«
Sie verzog die Lippen, als wolle sie ausspucken.
»Gewiss lassen sich nicht gerade präzise Parallelen zwischen den Situationen ziehen«, warf High Ridge mit öliger Gelassenheit ein, »aber beide haben wir umwälzende Regierungswechsel erlebt. Während natürlich jeder den Tod des Herzogs von Cromarty und des Earls von Gold Peak bedauert, wäre es durchaus möglich, dass die durch diese Tragödie ausgelöste Verschiebung der politischen Verhältnisse tatsächlich einige vorteilhafte Folgen zeitigt. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Pierre uns solch einen Vorschlag unterbreitet hätte, aber Saint-Just ist gewiss ein erheblich pragmatischerer Mensch. Gewiss war es der Regierungswechsel, der ihn auf die Idee brachte, einen Verhandlungsfrieden zu suchen. Und wenn das stimmt, dann würde der Friedensvertrag gewissermaßen dem Herzog von Cromarty und Ihrem Onkel ein Denkmal setzen, Euer Majestät.«
»Wenn Sie mir gegenüber noch ein einziges Mal meinen Onkel erwähnen, drücke ich persönlich ihr Gesicht durch die Tischplatte«, erklärte Elisabeth ihm mit flacher, todesverkündender Stimme, und der Baron wich vor ihr zurück. Er setzte zu einer raschen Entgegnung an und stockte, als der Baumkater auf der Schulter der Königin ein noch bedrohlicheres Fauchen ausstieß. High Ridge leckte sich die Lippen und konnte nicht den Blick von Ariel nehmen. Der Kater entblößte schneeweiße Reißzähne, und High Ridge schluckte heftig.
»Ich … ich bitte um Verzeihung, Euer Majestät«, sagte er schließlich in das gelähmte Schweigen. »Ich wollte keinesfalls respektlos von Ihrem … Ich meine, ich wollte nur sagen: Durch die Veränderungen auf beiden Seiten der Front, so bedauerlich einige davon auch sein mögen, könnte doch ein Klima entstanden sein, in dem ernst gemeinte Verhandlungen und ein Ende der Kämpfe möglich wären. Und wie die Gräfin von New Kiev sagt, ist es unsere moralische Pflicht, jeden Weg zu erwägen, auf dem sich die gewaltigen Opfer an Menschenleben und Verluste an Eigentum beenden lassen, die dieser Krieg schon gefordert hat.«
Elisabeth III. bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick, doch dann schloss sie die Augen und lehnte sich zurück. Ihr Temperament. Ihr verdammtes Temperament. Wenn sie überhaupt eine Chance hatte, diesen Irrsinn zu verhindern, so nur auf eine Weise. Sie musste wenigstens eine Minderheit von High Ridges Ministern auf ihre Seite ziehen. Mit Wutanfällen erreichte sie das ganz bestimmt nicht.
»Mylord«, sagte sie schließlich mit beinah normaler Stimme, »die Sache ist doch, dass auf havenitischer Seite überhaupt kein Wechsel stattgefunden hat. Haben Sie denn Arnos Parnell gar nicht zugehört? Pierre und Saint-Just waren zusammen die treibende Kraft hinter allem, was in der VRH geschehen ist, seit sie Präsident Harris und sein gesamtes Kabinett ermordet hatten. Saint-Just ist ein Schlächter – der Schlächter der Volksrepublik. Ihm ist es egal, wie viele Menschen sterben; ihn interessiert nur der Sieg und die Konsolidierung der Staatsmacht – der Macht seines Staates. Darum kann jedes Friedensangebots das er uns macht, nur eine Finte sein, ein Trick, um Zeit zu gewinnen, während er verzweifelt versucht, eine hoffnungslose militärische Lage zu überwinden. Und wenn wir Verhandlungen zustimmen, dann schenken wir ihm die ersehnte Zeit. Sonst aber erreichen wir nichts!«
»Ich habe diese Möglichkeit bedacht, Euer Majestät.« High Ridge war noch immer etwas grün im Gesicht, und auf seiner Stirn stand der Schweiß, doch auch er bemühte sich sichtlich, in normalem Ton zu sprechen. »Genauer gesagt, habe ich mit Admiral Janacek darüber gesprochen.«
Er nickte dem neuen Ersten Lord der Admiralität zu, Sir Edward Janacek, und der zivile Oberkommandierende der Navy richtete sich in seinem Stuhl auf.
»Ich habe die militärische Lage eingehend betrachtet, Euer Majestät«, sagte der Admiral mit der Gönnerhaftigkeit des Spezialisten (obwohl sein letztes Kommando im Weltraum mehr als dreißig Jahre zurücklag). »Es ist gewiss denkbar, dass Saint-Justs Motiv wenigstens zum Teil darin besteht, sich eine Atempause zu verschaffen. Doch eine Atempause nutzt ihm nichts. Unser technischer Vorteil ist überwältigend. Nichts, was Haven besitzt, kann den neuen Waffen und dem neuen Gerät standhalten, das wir auf der Grundlage von Admiral Hemphills Arbeiten entwickelt haben.« Er lächelte strahlend, und Elisabeth knirschte mit den Zähnen. Sonja Hemphill war Janaceks Cousine, und der Erste Lord führte sich auf, als stammten all ihre Ideen letztendlich von ihm selbst.
»Es stimmt schon, bislang hat die Volksflotte Earl White Haven nichts entgegenzusetzen gehabt«, räumte Elisabeth ein und genoss, wie Janacek zusammenzuckte, als der Name ›White Haven‹ fiel. Die Feindschaft zwischen den beiden Admiralen reichte Jahrzehnte zurück und war so bitter wie unversöhnlich. »Aber wer kann sagen, was die Volksrepublik ihrerseits entwickelt, wenn wir ihnen die Zeit lassen, zu Atem zu kommen und sich Gedanken zu machen?«
»Euer Majestät, das fällt in mein Fachgebiet«, beschied Janacek sie. »Unsere neuen Systeme sind das Ergebnis jahrelanger Forschung und Entwicklung durch Wissenschaftler und Ingenieure, die weit, weit besser ausgebildet und ausgerüstet sind als irgendjemand in der Volksrepublik. Haven kann unsere Systeme keinesfalls in weniger als vier bis fünf T-Jahren nachahmen. Das ist doch wohl genügend Zeit, um entweder zu einem vernünftigen Friedensschluss zu gelangen oder herauszufinden, dass Saint-Just in keiner Weise ernste Verhandlungen beabsichtigt! Und inzwischen, das versichere ich Ihnen, wird die Navy mit Adleraugen nach jedem Anzeichen einer zukünftigen Bedrohung Ausschau halten.«
»Sehen Sie, Euer Majestät?«, warf High Ridge glatt ein. »Das Risiko unsererseits ist gering, aber der mögliche Nutzen, nämlich einen blutigen, wirtschaftlich ruinösen Krieg gegen einen Feind zu führen, dessen Welten wir keinesfalls erobern wollen, ist gewaltig. Wie die Gräfin von New Kiev sagte, sollten wir dem Frieden eine Chance geben.«
Elisabeth musterte ihn schweigend und ließ die Augen um den Konferenztisch schweifen. Nur ein oder zwei Leute mieden ihren Blick, die meisten aber erwiderten ihn mit mehr oder weniger großer Zuversicht – oder Renitenz.
»Und wenn unsere Alliierten anderer Meinung sind, Mylord?«, fragte sie schließlich.
»Das wäre sehr bedauerlich, Euer Majestät«, gab High Ridge zu, dann lächelte er dünn. »Dennoch ist es das Sternenkönigreich, dass die Rechnung für diesen Krieg zum größten Teil bezahlt, und zwar sowohl wirtschaftlich als auch im Verlust an Menschenleben. Wir haben das Recht, jede Möglichkeit zu erwägen, um den Krieg zu beenden.«
»Auch unilateral und ohne Zustimmung unserer Bündnispartner«, sagte Elisabeth.
»Ich habe mir die diesbezüglichen Verträge genau angesehen, Euer Majestät«, versicherte High Ridge ihr. »Darin steht nichts, was unilaterale Verhandlungen zwischen irgendeinem Unterzeichner und der Volksrepublik verböte.«
»Vielleicht, weil den Verhandlungspartnern, die diese Verträge aufgesetzt haben, nie in den Sinn gekommen wäre, dass irgendeiner unserer Verbündeten dem anderen so kaltblütig die Treue brechen könnte«, entgegnete Elisabeth beiläufig und beobachtete mit Genuss, wie High Ridge rot anlief.
»Das ist nur eine Sicht der Dinge, Euer Majestät«, sagte er. »Man könnte aber auch anführen, dass erfolgreiche Verhandlungen zwischen dem Sternenkönigreich und der Volksrepublik auch den Frieden zwischen der VRH und unseren Verbündeten zur Folge hätte. Und dann hätten wir es keineswegs mit Treubruch zu tun, sondern das eigentliche Ziel dieser Verträge erreicht: Frieden, sichere Grenzen und ein Ende der militärischen Bedrohung durch die Volksrepublik.«
Er hatte auf alles eine Antwort, begriff Elisabeth, und sie bedurfte nicht der Fingerzeige durch Ariel, um zu erkennen, dass so gut wie jedes Kabinettsmitglied hinter ihm stand. Und ihr eigenes Verhalten, das musste die Königin sich eingestehen, hatte ihr nicht gerade geholfen. Sie hätte den Mund halten, ihr Temperament zügeln und den rechten Augenblick abwarten sollen; stattdessen hatte sie ihre Karten viel zu früh auf den Tisch gelegt. Das gesamte Kabinett High Ridges wusste, dass es sich die Königin zur Todfeindin gemacht hatte. Doch mit der Wirkung, die dieses Wissen ausübte, hätte sie nicht gerechnet. Die Bedrohung durch ihre Königin – die Vergeltung, die sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit üben würde – hatte sie enger zusammengeschweißt. Die Unterschiede, die eigentlich Uneinigkeit stiften sollten, gingen vor der Notwendigkeit unter, sich vor der größeren Gefahr zu schützen: vor Elisabeth III. Auf keinen Fall würde jemand aus der Reihe tanzen, um ihr gegen High Ridge, New Kiev und Descroix beizustehen. Und ohne einen einzigen Verbündeten innerhalb des Kabinetts war selbst die Königin von Manticore außerstande, die Empfehlungen ihres Premierministers, der Außenministerin, der Innenministerin und des Ersten Lords der Admiralität zurückzuweisen.
»Also schön, Mylord«, brachte sie hervor. »Wir versuchen es auf Ihre Weise. Und ich hoffe um unser allen willen, dass Sie Recht haben … und ich nicht.«