16. KAPITEL

Der Flug zum Hartsfield-Jackson Airport in Atlanta dauerte etwa drei Stunden. Für die kurze Fahrt nach Ashton mietete Cash einen Wagen am Flughafen.

Ashton war eine verschlafene Kleinstadt im Süden Georgias, etwa so groß wie Jacobsville. Im Ortszentrum stand ein mehr als hundert Jahre alter Ziegelbau, in dem das Gericht untergebracht war, und ein privat geführtes College für Geisteswissenschaften. Das weite Land rings um die Stadt wurde zum größten Teil landwirtschaftlich genutzt. Sergeant James, ein älterer Herr mit weißem Haar und grünen Augen, erwartete sie bereits. Er war zwar im Dienst, opferte für sie aber seine Mittagspause. Zunächst fuhr er sie zu einem Motel, wo Cash Zimmer buchte und wo sie ihr Gepäck abstellten. Dann brachte Sergeant James sie ins städtische Krankenhaus.

Tippys Mutter lag in einem Zweibettzimmer, mit Drähten und Schläuchen angeschlossen an Monitore und medizinische Geräte. Sie war bleich und aufgedunsen. Ihr Haar, das einmal rot gewesen war, hatte inzwischen eine schmutziggraue Farbe angenommen.

Tippy und Rory betrachteten sie mit gemischten Gefühlen, von denen das ausgeprägteste Widerwille war. Cash stand hinter ihnen und hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt.

Als ob die Frau im Bett ihre Anwesenheit plötzlich gespürt hätte, öffnete sie die Augen. Sie waren von einem wässrigen Blau, blutunterlaufen und trübe. Mit einem verwirrten Stirnrunzeln betrachtete sie die Besucher in ihrem Zimmer.

“Tippy?”, fragte sie mit krächzender Stimme.

“Ja”, bestätigte sie, ohne näherzutreten.

Die alte Frau seufzte. “Danke, dass du gekommen bist. Ich weiß, dass du es nicht gern getan hast. Ist das Rory?”, fragte sie und starrte ihn durchdringend an. “Mein Gott, bist du gewachsen.”

Keiner von ihnen sagte ein Wort.

Die alte Frau schien über ihre Zurückhaltung nicht weiter erstaunt zu sein.

“Sie können nichts mehr für mich tun”, erzählte sie. “Ich habe versucht, trocken zu werden. Ich bin seit Jahren nicht mehr nüchtern gewesen. Es hat mir nicht gefallen”, fügte sie mit schleppender Stimme hinzu. “Ich habe angefangen, mich an Dinge zu erinnern, an schreckliche Dinge, die ich euch beiden angetan habe.” Sie schnappte nach Luft, hustete und krümmte sich. “Ich habe mit einem Priester gesprochen. Er hat gesagt, keine Sünde sei so groß, dass sie nicht vergeben werden kann.” Sie sah Tippy in die Augen. “Ich erwarte nichts von euch und bitte um nichts”, fuhr sie fort. “Ich wollte mich nur entschuldigen für alles, was ich euch angetan habe. Wenn ich es ungeschehen machen könnte, würde ich es sofort tun.” Wieder atmete sie schwer. “Ich habe mit der Polizei gesprochen. Ich hab ihnen alles erzählt, wie Sam und ich die Entführung geplant haben, um an Geld für Drogen zu kommen. Ich habe ihnen Namen und Orte genannt, alles, was sie wissen wollten. Sam wird sein Lebtag nicht mehr aus dem Gefängnis kommen, das steht schon mal fest. Euch beiden kann nichts mehr passieren.”

Tippy schaute zu Rory und Cash, deren Gesichter ebenso ausdruckslos waren wie ihr eigenes. Mit den wenigen Worten konnte sie das Elend nicht aus der Welt schaffen, und ihre Entschuldigung kam zu spät, um noch etwas ändern zu können.

Die alte Frau schien das zu wissen. Sie schloss die Augen. “Tippy, ich wünschte, ich könnte dir sagen, wer dein Vater ist, aber ich weiß selbst nicht mehr als seinen Vornamen, Ted, und dass er schnelle Autos mochte. Das ist die reine Wahrheit. In der Nacht damals war ich so high, dass ich mich kaum an etwas erinnern kann. Aber ich weiß, wer Rorys Dad ist. Er steht hinter dir.”

Mit angehaltenem Atem blickte Rory auf den Polizisten, der sie so freundlich in Empfang genommen hatte. Er wirkte schockiert. Tippy dagegen lächelte erleichtert, weil nicht Sam Stanton sein Vater war.

“Vielleicht entschädigt dich das ja ein wenig für all die schlimmen Dinge, Rory”, fuhr sie fort. “Ich erzähle deinem Vater heute übrigens zum ersten Mal, dass du sein Sohn bist. Es … es tut mir wirklich leid. Wirklich sehr, sehr leid.” Damit schloss sie die Augen.

Sie sollte sie nie wieder öffnen.

Die Totenfeier war sehr bescheiden, und nur wenige Leute nahmen an der Beisetzung teil. William James war sehr zurückhaltend gegenüber Rory, der sich in seiner Gegenwart seltsam gehemmt fühlte. Aber die Beziehung würde sich entwickeln und enger werden, denn sie hatten ihre Adressen ausgetauscht und wollten sich regelmäßig schreiben. Sergeant James war ein Witwer ohne Kinder; Rory würde also einen wichtigen Platz in seinem bislang weitgehend leeren Leben einnehmen.

Ihre Mutter hinterließ ihnen nur wenige persönliche Dinge, dafür aber eine Menge Schulden. Tippy kümmerte sich darum, und sie bezahlte auch die ausstehende Miete für den Wohnwagen, in dem ihre Mutter gelebt hatte. Sie tat dies alles kühl und ohne Emotionen, denn sie konnte den Schmerz und das Leid nicht vergessen, das sie durch sie erlitten hatte. Alles, was sie empfand, war ein Gefühl der Erleichterung. Und Rory erging es ebenso.

Tippy und Rory flogen mit Cash zurück nach Jacobsville. Cash hatte bereits mit den Ermittlern gesprochen und erfahren, dass die Aussage, die Mrs. Danbury auf dem Sterbebett gemacht hatte, Sam Stanton lebenslänglich hinter Gitter bringen würde, und seine Kumpane ebenfalls. Die Verhandlung würde in einigen Monaten beginnen, und Tippy und Rory freuten sich bereits darauf, endlich ihre Aussagen machen zu können.

Mit der Zeit gewann Tippy den Eindruck, dass ihre größten Sorgen verschwunden waren. Ihre Wunden und Prellungen waren verheilt, und ihre Rippen waren ebenfalls wieder in Ordnung. Sie schwebte nicht länger in Lebensgefahr. Sie konnte wieder arbeiten.

Tatsächlich rief Joel Harper einen Tag, nachdem sie nach Jacobsville zurückgekommen waren, bei ihr an, um ihr den vorgesehenen Termin für die Wiederaufnahme der Dreharbeiten mitzuteilen.

Cash hatte keine Einwände. Er küsste sie nur zärtlich und versicherte ihr, dass er und Rory während ihrer Abwesenheit sehr gut zurechtkommen würden. Sie hatten sogar vor, sie auf dem Set zu besuchen. Der Gedanke, die beiden verlassen zu müssen, gefiel ihr ganz und gar nicht, aber schließlich hatte sie ja versprochen, dass sie ihre Arbeit sobald wie möglich wieder aufnehmen würde. Sie traf Vorkehrungen für ihren Aufenthalt in Chicago, wo die restlichen Aufnahmen gefilmt werden sollten, und in gedrückter Stimmung verabschiedete sie sich von ihrer Familie.

“Ruf mich an”, schärfte Cash ihr ein, während er sich am Flughafen ohne Rücksicht auf die Schaulustigen mit einem leidenschaftlichen Kuss von ihr verabschiedete. “Und keine gefährlichen Stunts. Du hast einen Ehemann und einen kleinen Bruder, die sich die Haare raufen würden, wenn du noch einmal so riskante Sachen machst.”

Sie musste grinsen. “Ich werde dran denken.”

“Das möchte ich dir auch raten.” Noch einmal küsste er sie heiß und innig.

Rory gab ihr ebenfalls einen Kuss. “Du musst uns anrufen”, sagte er.

Sie umarmte ihn liebevoll. “Jeden Abend. Versprochen. Und ihr zwei passt gut auf euch auf”, ermahnte sie.

“Wir tun unser Bestes”, versprach Cash.

Auf dem Flug nach Chicago weinte sie die ganze Zeit. Sie vermisste Cash so sehr, dass sie sich überhaupt nicht auf die vor ihr liegende Arbeit konzentrieren konnte. Jetzt, da sie wusste, wie viel er ihr bedeutete, empfand sie die Trennung als noch viel schlimmer. Aber sie musste diesen letzten Vertrag noch erfüllen. Sobald die Dreharbeiten beendet waren, konnte sie nach Hause zurückkehren. Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Und es würde ja auch nur ein paar Wochen dauern.

Doch diese wenigen Wochen waren die reinste Quälerei. Tippy rief jeden Abend zu Hause an, um mit Rory und Cash zu sprechen. Die Telefonate erleichterten ihr die Arbeit ein wenig und halfen ihr über die Einsamkeit hinweg. Am meisten vermisste sie Cashs starke Arme, die sie nachts umschlungen hielten. Ohne ihn fühlte sie sich ganz elend.

Nachdem die erste Woche mit intensiver Arbeit vorbei war, musste Tippy sich plötzlich jeden Morgen nach dem Frühstück übergeben. Joel Harper fiel das sofort auf und er führte lange, diskrete Gespräche mit seiner Crew über Tippys Gesundheitszustand. Sie durfte so viele Pausen machen, wie sie wollte, und sie konnte sich auch ausruhen, wann immer sie das Bedürfnis danach hatte. Er ahnte nämlich, was mit ihr los war.

Tippy hatte auch so ein Gefühl. Sie konnte es kaum glauben, aber als die Tage vergingen und sich zu der Übelkeit eine lähmende Müdigkeit gesellte, wurde ihr ganz leicht ums Herz.

Sie besorgte sich einen Schwangerschaftstest aus der Apotheke, doch das Ergebnis verschwieg sie Cash. Es sollte fürs Erste nur ihr Geheimnis sein. Bei der Arbeit achtete sie sehr sorgfältig darauf, nichts zu tun, was sie gefährden konnte. Ihr entging nicht, dass Joel sie ebenfalls von allen Risiken fernhielt. Und mit heimlichem Vergnügen stellte sie fest, dass sogar die beiden Regieassistenten sie fast so umsorgten wie zwei Krankenschwestern.

Ihre Freude war grenzenlos. Sie war sich fast hundertprozentig sicher, dass sie schwanger war. Sie hatte nicht einmal ein ungutes Gefühl, was Cash anbetraf, denn sie hatte ja gesehen, wie er mit Jessamina, Crissys kleinem Mädchen, umging. Er liebte Kinder. Und ein eigenes Kind würde all ihre Wunden heilen. Sie kaufte Wolle, Stricknadeln und eine große Tasche, um ihre Utensilien immer bei sich zu haben.

Gegen Ende der Dreharbeiten besuchte ein Reporter das Set, und es war nicht schwer vorherzusagen, dass er Eins und Eins zusammenzählen konnte. Eine Klatschkolumnistin schrieb in ihrem Artikel durchaus freundlich, dass die frisch vermählte Miss Moore in ihrer Freizeit Babysachen strickte. Aber das Timing der Reporterin war vorzüglich. Sie wartete mit der Veröffentlichung der Geschichte, bis die Dreharbeiten beendet waren und Tippy nach Jacobsville zurückgekehrt war.

Drei Abende später saß sie, dicht an Cash gekuschelt, auf dem Sofa vor dem Fernseher. Rory war mit zwei Freunden zum Zelten gefahren.

“Musst du wieder zurück?”, fragte er.

“Ich glaube nicht”, murmelte sie an seinem Hals. “Joel hat mir gesagt, dass er den ganzen Film im Kasten hat. Er hat sogar ein paar Extra-Szenen gedreht – für alle Fälle.”

“Für alle Fälle?”

“Nun ja, in ein paar Wochen werde ich ja ein bisschen anders aussehen.”

Er war gebannt von der Schießerei in dem Western, der gerade über den Bildschirm flimmerte, sodass er ihr gar nicht richtig zuhörte. “Du wirst anders aussehen?”, murmelte er unkonzentriert.

Sie griff in die Tasche ihrer weiten Bluse und hielt ihm etwas vor die Nase. Es war rosa, weich und sah aus wie ein Söckchen. Ein sehr kleines Söckchen.

Mit offenem Mund starrte Cash sie an, nachdem ihm klar geworden war, was da vor seinem Gesicht baumelte. Es war ein gestrickter Babyschuh.

Sie lächelte verschmitzt. “Überraschung.”

Stürmisch schlang er die Arme um sie, und sein Kuss nahm ihr fast den Atem. Sein Herz klopfte wie wild.

Sie erwiderte seinen Kuss und lächelte glücklich, weil er so begeistert auf die Neuigkeit reagierte. “Ich bin so glücklich”, weinte sie. “Ich habe es zunächst kaum glauben können – selbst als ich mich jeden Morgen nach dem Frühstück übergeben musste.”

Er wiegte sie in seinen Armen und musste gegen seine eigenen Tränen ankämpfen. Sein Gesicht an ihren Hals geschmiegt, wiederholte er immer wieder: “Ein Baby, ein Baby …”

Sie seufzte zufrieden. “Ich hätte gerne Zwillinge wie Judd und Crissy, aber in meiner Familie gibt es keine. Wie sieht es bei dir aus?”

“Ebenfalls Fehlanzeige.” Er hob den Kopf und schaute sie sehnsüchtig an. “Vermutlich nimmst du keine Bestellungen entgegen, aber ich hätte gern ein kleines Mädchen mit grünen Augen und roten Haaren.”

Sie lachte durch ihre Tränen. “Und ich hätte gern einen kleinen Jungen mit schwarzen Haaren und dunklen Augen”, flüsterte sie.

Er lächelte selig. “Ich glaube, wir werden es lieben, egal, was es ist.”

“Natürlich.” Sie reckte den Kopf und küsste ihn aufs Kinn. “Glücklich?”

“Ich könnte vor Glück sterben”, erwiderte er mit belegter Stimme.

“Ich verstehe, was du meinst.” Sie schloss die Augen und schmiegte sich an. Noch nie zuvor in ihrem Leben war sie so selig gewesen.

Rory machte einen Luftsprung und schrie vor Freude, als er die Neuigkeit erfuhr. “Hurra, ich werde Onkel!”

Cash lachte. “Sieht ganz so aus”, meinte er und klopfte dem Jungen auf die Schulter.

“Das ist wirklich fantastisch, Schwesterherz”, sagte er, während er Tippy umarmte. “Meine Freunde werden grün vor Neid sein.”

“Da wir gerade von Freunden sprechen”, wechselte Cash das Thema. “Möchtest du nächstes Jahr zurück zur Kadettenschule, oder würdest du lieber bei uns wohnen und in Jacobsville auf die Schule gehen?”

Rory schaute verunsichert drein. “Ich glaube, hier wäre ich doch nur im Weg …”

“Und ich glaube, du spinnst”, unterbrach Cash ihn. “Wer soll denn dann mit mir angeln gehen? Sie bestimmt nicht”, zeigte er mit dem Finger auf Tippy. “Ihr wird doch schon übel, wenn ich Würmer und Haken nur im gleichen Atemzug erwähne.”

Tippy würgte und rannte ins Badezimmer.

“Was hab ich dir gesagt?”, triumphierte Cash. “Das stehe ich nicht allein durch. Du musst einfach bleiben.”

Rory strahlte übers ganze Gesicht. “Das würde ich auch am liebsten.”

“Dann sind wir uns ja einig”, meinte Cash und fuhr mit der Hand durch Rorys dichtes schwarzes Haar. “Ich habe mich nämlich an dich gewöhnt.”

“Ja”, sagte Rory. Er wollte sich den Kloß im Hals nicht anmerken lassen. “Ich habe mich auch an dich gewöhnt.”

Mit einem feuchten Handtuch vor dem Mund kam Tippy aus dem Bad. “Wenn du noch einmal von Würmern sprichst, hole ich die Eisenpfanne aus dem Schrank”, schwor sie halb amüsiert, halb verärgert.

Die beiden Männer griffen sich gleichzeitig ans Herz. “Wir schwören!”, versprachen sie wie aus einem Mund. Dabei schauten sie so ernsthaft drein, dass sie trotz ihrer Übelkeit laut lachen musste.

In den folgenden Wochen wurde die Freundschaft zwischen Tippy und Crissy immer enger. Auch Cash und Rory kamen einander noch näher. Unterdessen beruhigte sich die Situation im Rathaus und im Polizeirevier allmählich, und Cash konnte sich wieder mehr um seine eigentliche Aufgabe kümmern – die Bürger von Jacobsville zu schützen und zu unterstützen. Er war auch im Umgang nicht mehr so distanziert wie zuvor, sondern benahm sich wie ein Mann, der bald Vater werden würde. Seine Kollegen amüsierten sich über sein plötzliches Interesse an Büchern über Kindererziehung. Ohne dass er ihnen etwas gesagt hätte, konnten sie sich zusammenreimen, was geschehen war. Immer häufiger fand Cash kleine Geschenke auf seinem Schreibtisch, darunter sehr viele hübsche Babyschuhe in allen möglichen Farben. Unter den Gaben waren auch selbst gestrickte Babydecken, Strampelanzüge, Babyrasseln und Löffel. Er war ganz gerührt, mit welcher Begeisterung die Abteilung auf seine baldige Vaterschaft reagierte, allerdings auch ein wenig verblüfft.

“Das ist doch ganz einfach”, erklärte Judd ihm. “Du wirst demnächst eine richtige Familie haben. Daraus schließen sie, dass du sesshaft werden willst und hier bleiben wirst. Das wiederum bedeutet Jobsicherheit für alle und garantierte Rentenansprüche. Sie hätten dich niemals auf diese Weise akzeptiert, solange sie damit rechnen mussten, dass du eines Tages die Stelle wechselst.”

Cash war geschmeichelt und sehr darum bemüht, es sich nicht anmerken zu lassen. Aber er grinste stillvergnügt übers ganze Gesicht.

Im Laufe der folgenden Wochen wurden er und Tippy zu allen möglichen Partys und Gesellschaften eingeladen, und schließlich begannen die Leute, hinter Tippys schöner Fassade die echte und warmherzige Frau zu sehen. Sie und Cash waren Bürger von Jacobsville geworden und nicht länger Geheimnis umwitterte Berühmtheiten. Zum ersten Mal in ihrem Leben waren sie Teil einer großen Familie.

Und als es eines Tages an einem sonnendurchfluteten Samstagmittag im Frühherbst an Cashs Haustür klopfte, gewann das Wort Familie für ihn eine weitere Dimension. Seine drei Brüder und sein Vater waren in die Stadt gekommen, um ihn zu besuchen.

Tippy hatte die Tür geöffnet und schaute die Besucher verdutzt an. Der Vater, der silbergraues Haar hatte, war das exakte Ebenbild von Cash – nur eben älter. Die anderen drei Männer ähnelten ihm, wenn auch eher entfernt. Alle vier waren hochgewachsen und wirkten Respekt einflößend. Und sie sahen nicht so aus, als würden sie häufig lächeln.

“Kann ich Ihnen helfen?”, fragte sie.

Sie starrten auf ihren runden Bauch und den Ehering am Finger ihrer linken Hand, die sie schützend auf den Bauch gelegt hatte, und warfen sich fragende Blicke zu.

“Ist Cash zu Hause?”, erkundigte sich der älteste Bruder.

“Ja. Er spielt mit meinem Bruder im Garten Verstecken.”

“Und … wer sind Sie?”, wollte der Vater wissen.

“Ich bin Tippy Grier, Cashs Frau”, antwortete sie schlicht.

Der Schock stand allen vier ins Gesicht geschrieben.

“Und du hast gesagt, das sei nur eine von diesen Klatschgeschichten, die die Revolverblätter immer drucken”, knurrte der älteste Sohn den alten Mann an.

“Hätte doch sein können”, verteidigte der Vater sich.

Der ältere Bruder, der ebenso dunkle Augen wie Cash, dagegen braunes, mit blonden Strähnen durchsetztes Haar hatte, musterte sie mit unverhohlenen Blicken. “Sie sind schwanger, nicht wahr?”, fragte er unverblümt.

“Machen Sie sich nichts daraus, er arbeitet fürs FBI”, erklärte der Jüngste grinsend. “Er hat keinen Funken Humor im Leib – genau wie Cash.”

“Cash hat Humor”, erwiderte Tippy brüsk.

“Glauben Sie, dass er mit uns sprechen will?”, fragte der Vater verlegen.

“Natürlich”, antwortete Tippy mit Bestimmtheit. “Wollen Sie nicht hereinkommen?”

Sie schienen unschlüssig.

“Es ist schon in Ordnung”, versicherte sie mit einem strahlenden Lächeln und öffnete die Tür ein Stück weiter. “Ich wollte gerade Kaffee kochen und Cash und Rory hereinrufen. Ich habe auch einen Käsekuchen gebacken. Es ist genug für alle da.”

Zögernd betraten sie das Haus und schauten sich unbehaglich um.

“Ich sage Cash Bescheid …”, begann sie und hielt inne, als die Männer betreten über ihre Schultern blickten.

“Nicht nötig”, fiel Cash ein. Er trat zu der kleinen Gruppe und schaute von einem zum anderen.

Schweigend betrachtete er die Familie, die er seit Jahren nicht gesehen hatte – abgesehen von einem unerwarteten Besuch seines älteren Bruders Garon im Winter vergangenen Jahres. Damals war er als Vermittler gekommen, und nun sah es ganz so aus, als sei er erfolgreich gewesen. Gemischte Gefühle befielen Cash jedoch beim Anblick seiner beiden jüngeren Brüder. Sie hatten sich nach seiner Wiederverheiratung schließlich auf die Seite ihres Vaters geschlagen und Front gegen Cash gemacht.

Cash nahm Tippy beiseite. “Haben sie sich schon bei dir vorgestellt?”

“Nicht im Einzelnen”, antwortete sie und lächelte ihm zu. Die Besucher waren fasziniert von dem strahlenden Lächeln. Es verwandelte sie sofort in das Model, dessen Gesicht in der ganzen Welt berühmt war.

“Ich bin Vic”, stellte Cashs Vater sich vor. “Das ist Garon.” Er deutete auf den FBI-Agenten, der fast ebenso groß war wie Cash. “Und das ist Parker” – er zeigte auf einen schlanken Mann mit dunklem, welligem Haar und grünen Augen. “Er ist verantwortlich für die Fisch- und Wildbestände im gesamten Bundesstaat. Und der Typ im Cowboyhut, den er niemals abnimmt, ist Cort”, fügte er mit bissiger Ironie hinzu. Doch sie prallte an dem kräftigen Mann mit dunklen Augen und einem zynischen Blick vollkommen ab. “Er kümmert sich um unsere Ranch in West-Texas.”

“Ich bin Tippy”, antwortete sie lächelnd. “Schön, euch endlich alle kennenzulernen. Wie wär’s jetzt mit Kaffee und Käsekuchen?”

Sie entspannten sich sichtbar und folgten Cash und Tippy in die Küche.

“Du kannst kochen?”, fragte Garon höflich, als sie den Kaffee aufsetzte.

“Natürlich kann sie kochen”, erwiderte Cash ein wenig steif.

“Aha. Na, das wäre ja auch eine Erklärung für die Bratpfanne, von der wir gelesen haben”, murmelte Parker mit einem boshaften Grinsen.

“Das war doch bloß so eine Sensationsstory”, meinte Garon angewidert.

Cash sah ihn durchdringend an. “Es war ausnahmsweise mal die Wahrheit. Sie hat ihm eine 45er Automatik aus der Hand geschlagen und mit der Pfanne eins über den Schädel gezogen. Als ich mit zwei Streifenwagen im Schlepptau hier eintraf, war er draußen im Garten auf den Knien und flehte uns an, ihn vor ihr zu retten.”

Er warf seiner Frau ein liebevolles Lächeln zu. “Seitdem ist ihr Ruf in der Stadt geradezu legendär.”

Sie grinste zurück. “Ich werde mir diese Bratpfanne noch einrahmen lassen”, meinte sie.

“Die Sache mit der Heirat haben wir auch nur für eine Erfindung der Klatschblätter gehalten”, sagte Garon.

“Irrtum”, meinte Cash, und der Blick, mit dem er Tippy maß, ließ keine Zweifel an seinen Worten aufkommen. “Sie wird mich nie wieder loswerden.”

“Was ich auch gar nicht will”, ergänzte Tippy zärtlich.

Schweigend betrachtete Vic seinen Sohn und seine Schwiegertochter, während er seinen Kaffee trank. “Ich hätte nie gedacht, dass du mal heiratest und sesshaft wirst”, gestand er. “Obwohl ich es immer gehofft habe.”

“Es hat lange gedauert, bis ich Wurzeln geschlagen habe”, gab Cash zu.

“Das war meine Schuld”, sagte Vic ruhig. “Ich habe gehofft, dass es für eine Entschuldigung noch nicht zu spät ist. Garon hat gesagt, dass du ihn im vergangenen Jahr nicht hinausgeschmissen hast. Deshalb haben wir uns entschlossen, dir ein wenig Zeit zu lassen, um danach mal zu schauen, ob wir uns wieder vertragen können. Was meinst du?”, fragte er, ohne ihn anzusehen. Seine Hände umklammerten die Kaffeetasse so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.

Cash holte tief Luft. “Irgendwann habe ich verstanden, warum alles so gekommen ist”, meinte er schließlich. Sein Blick wanderte zu Tippys glücklichem Gesicht. “Ich hätte mich von Tippy ebenfalls nicht mehr trennen können, egal, ob ich verheiratet gewesen wäre oder nicht”, bekannte er freimütig.

Bei diesen Worten und seinem Blick stockte Tippy der Atem. Sie hatte das Gefühl, auf einer Wolke zu schweben. Schließlich hatte er ihr noch nie so direkt gesagt, wie er für sie empfand, obwohl es manchmal ziemlich offenkundig war.

Er griff nach ihrer Hand und lächelte ihr zu, ehe er sich wieder an seinen Vater wandte. “Keiner von uns wird jünger”, sagte er schließlich. “Ich denke, es ist Zeit, das Kriegsbeil zu begraben.”

Zum ersten Mal lächelte Vic. “Ja, es ist Zeit”, stimmte er Cash zu.

“Wir haben auch Neuigkeiten für dich”, erzählte Garon. “Wir kaufen das Land, das dem alten Jacob gehört hat.”

Cash war überrascht. “Ich habe gehört, dass ihr euch dafür interessiert habt. Aber ihr handelt doch eigentlich gar nicht mit Pferden.”

“Das werden wir auch in Zukunft nicht tun”, erwiderte Garon. “Wir wollen echte Black-Angus-Rinder züchten.”

“Ausgerechnet du?”, wunderte sich Cash. Schließlich war sein ältester Bruder Ermittler.

“Irgendwo muss ich ja leben”, meinte er ein wenig nervös. Sein Blick wanderte zu Cort, dem jüngsten, der seinen Cowboyhut immer noch nicht abgenommen hatte. “Er denkt darüber nach zu heiraten.”

“Ein Mädchen aus dem Ort?”, wollte Cash wissen, da er sich an die Leute aus seiner Jugend kaum noch erinnern konnte.

“Er hat noch keine näher ins Auge gefasst, die er beglücken will”, antwortete Parker grinsend. “Aber er will unbedingt eine Familie. Irgendwann dieses Jahr will er anfangen, sich nach einer geeigneten Kandidatin umzusehen.”

“Er ist ziemlich eingebildet”, fügte Garon mit einem amüsierten Augenzwinkern hinzu. “Er hält sich nämlich tatsächlich für attraktiv.”

“Bin ich auch”, sagte Cort knapp.

Alle brachen in Gelächter aus.

“Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich das Land hier kaufen will”, erklärte Garson weiter. “Wir suchen einen Standort in deiner Nähe – nicht so weit entfernt wie West-Texas.”

“Außerdem soll es hier eine sehr tüchtige Polizeitruppe geben”, ergänzte Vic.

Cash grinste. “Darauf kannst du wetten.”

Es war ein langes und sehr erfreuliches Wiedersehen. Als Rory sich zu ihnen gesellte, wurde er reihum vorgestellt. Besonders begeistert war er von dem FBI-Agenten. Er löcherte ihn eine halbe Stunde lang mit Fragen und wollte von ihm wissen, welche Fächer er belegen musste, um diesen Beruf nach der High School ergreifen zu können.

Als sich ihre Gäste nach vielen Stunden verabschiedeten, war Cash zuversichtlich, dass sie in Zukunft sehr gut miteinander auskommen würden. Es gab zwar noch einige Wunden, aber sie waren klein und alt. Sie würden mit der Zeit auch noch heilen.

Tippy und Cash winkten ihnen zum Abschied an der Haustür hinterher, und Rory schaute sein Video zu Ende.

Während des Besuchs war Tippy an den anderen Griers einiges aufgefallen. Sie trugen unauffällige, aber teure Designeranzüge. Sie fuhren einen Mercedes, das teuerste Modell auf dem Markt, der recht neu aussah.

“Sie sind wohl ziemlich reich, nicht wahr?”, fragte sie.

Er nickte. “Sehr. Dad hat geglaubt, mit dem Geld könnte er mich dazu überreden, zu Hause zu bleiben und alle Widerstände aufzugeben. Das war ein großer Irrtum. Ich bin nicht käuflich.”

Sie schlang den Arm um ihn und drückte ihn an sich. “Ich habe es bereits gemerkt, als ich zum ersten Mal mit dir allein im Wagen saß – als wir vom Krankenhaus in mein Hotel gefahren sind, nachdem Crissy niedergeschossen worden war.”

Sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, sich an ihn zu schmiegen, sobald sie nahe bei ihm stand, und so legte er fast automatisch die Arme um sie. “An diesem Tag hast du mich wirklich überrascht. Mir hat gefallen, was ich gesehen habe.”

“Das hast du dir aber nicht anmerken lassen”, entgegnete sie.

Er lächelte zärtlich. “Ich hab mich nicht getraut. Ich wollte nicht auf den Sex-Appeal eines heißen Models reinfallen.”

“Das war doch alles nur Show”, meinte sie. “Ich habe gelernt, mich zu verkaufen. Eigentlich war ich immer schüchtern und introvertiert.”

Er küsste sie auf die Nasenspitze. “Und du trägst noch immer nicht deine Brille”, sagte er mit Betonung.

Sie lachte. “Doch, manchmal schon, wenn du nicht zu Hause bist.”

“Eitelkeit”, tadelte er sie. “Vollkommen überflüssig. Ich glaube, mit Brille siehst du auch sehr sexy aus”, fügte er hinzu und küsste sie sanft. “Ich glaube, du siehst überhaupt immer sexy aus, egal was du trägst oder nicht trägst.”

“Wirklich?”, fragte sie atemlos.

Sein Kuss wurde fordernder, als er ihren weichen warmen Körper spürte, der sich gegen ihn drängte. Sein eigener Körper reagierte sofort.

Sie biss ihn in die Unterlippe. “Ich fühle mich auf einmal ganz schwach. Ich muss mich hinlegen. Du könntest mir ein feuchtes Handtuch bringen und die Tür abschließen.”

“Aber Rory …”

“… wird glauben, dass ich einen späten Anfall von Morgenübelkeit habe und einfach sein Video zu Ende sehen”, flüsterte sie. “Wir sind auch ganz, ganz leise.”

“Das glaubst aber auch nur du”, stöhnte er und küsste sie heftiger.

Sie musste lächeln, als sie seine Begierde spürte.

Im Schlafzimmer war es heiß, aber keiner von ihnen dachte daran, die Klimaanlage einzuschalten. Cash ließ sich kaum Zeit, die Tür abzuschließen. Dann warf er sie aufs Bett und fiel hungrig über sie her – zu hungrig, um die Tagesdecke herunterzuziehen.

Tippy half ihm beim Ausziehen, aber er unterbrach sie ungeduldig.

“Tut mir leid”, flüsterte er, als er sich zwischen ihre langen Beine legte und sein mächtiger Körper vor Begehren zitterte. “Ich kann nicht länger warten …”

“Das ist schon okay. Ich nämlich auch nicht”, keuchte sie und legte sich so hin, dass er sie voll und ganz in Besitz nehmen konnte.

Der Atem stockte ihr, als sie die Lust und Begierde in seinen dunklen Augen flackern sah. Dann ließ er sich auf sie fallen und bedeckte sie mit seinem ganzen Körper.

Unwillkürlich krallten sich ihre Fingernägel in seine muskulösen Oberarme, als sich das köstliche Gefühl so plötzlich Bahn brach.

“Habe ich dir wehgetan?”, fragte er sichtlich besorgt und hielt sofort inne.

“Nein”, rief sie zitternd. “Tu es noch mal.”

In seinen Augen zuckten kleine Blitze, als er ihre Wärme, ihre Hitze und ihre Weichheit spürte. Er richtete sich ein wenig auf und zog ihr die Jeans von den langen Beinen. Dann streifte er ihr das Höschen ab, spreizte ihre Beine und beugte sich über sie. Er stützte sich auf seine Ellbogen und hielt ein paar Sekunden inne, ehe er mit aller Kraft in sie eindrang und sie ganz ausfüllte. Seine Bewegungen wurden wilder und schneller.

Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, so sehr genoss sie jede seiner Bewegungen.

“Komm”, wisperte er rau, “leg deine Beine um mich, dann zeige ich dir, wie tief ich in dich hineinkommen kann.”

Sie keuchte, während sich jede Faser ihres entflammten Körpers nach ihm verzehrte. Ihre Beine wurden zu einer eisenharten Klammer, und sie bog ihm ihre Hüften entgegen, eine wilde Geste der Begierde. Heftig bewegte er sich in ihr auf und ab und betrachtete ihr Gesicht, dessen Züge sich lustvoll verzerrten, während das köstliche Ziehen zwischen ihren Beinen schnell stärker wurde.

“Wir sind gut zusammen”, flüsterte er mit zitternder Stimme. “Wir werden von Mal zu Mal besser.”

“Ja. Besser und besser.” Kleine Schauer liefen durch ihren Körper, während er sich in ihr bewegte und sie dem Gipfel der Lust immer näher brachte. Als sie ihr Ziel fast erreicht hatte, wurde ihre Miene starr, und ihre Pupillen weiteten sich. Ihr Atem ging stoßweise und passte sich dem Rhythmus seiner wilden Stöße an, mit denen er ihnen beiden Erfüllung verschaffen würde.

Explosionen, schoss es ihr durch den Kopf. Herrliche, heiße Explosionen ließen ihre empfindlichsten Körperteile anschwellen, und dann erlebte sie den köstlichsten Höhepunkt ihres Lebens.

Sie presste sich mit ihrem Unterleib an ihn heran und versuchte vergeblich, die kleinen spitzen Schreie zu unterdrücken, die mit ihrer Lust einhergingen. Dabei erkannte sie ihre eigene Stimme nicht wieder.

In diesem Moment kam auch er. Sein Körper wurde von konvulsivischen Zuckungen erschüttert, und seiner Kehle entrang sich ein lautes, lustvolles Stöhnen. Dann ließ er sich ermattet auf ihren feuchten Körper fallen.

Mit geschlossenen Augen genoss sie das Nachbeben ihrer Lust an seiner Haut. Die Arme hatte sie fest um ihn geschlungen. Sie genoss die Schwere seines Körpers, der so nahe bei ihr war, dass sie fast verschmolzen. Sein Atem wurde ihr Atem.

“Es ist immer wieder anders”, wisperte sie matt. “Und es ist immer besser als das letzte Mal, sogar wenn das letzte Mal fantastisch war.”

“Das habe ich auch gemerkt”, flüsterte er. Sein Mund bedeckte ihr gerötetes Gesicht mit heißen Küssen. Dann fanden sich ihre Lippen.

Sie fuhr mit den Fingern durch sein feuchtes Haar und lächelte erschöpft. “So sehr habe ich dich noch nie begehrt.”

“Wir sind inzwischen eben besser aufeinander eingestimmt”, erklärte er. “Und dann ist da ja auch noch das Baby.” Seine große Hand fuhr an ihrem Bauch hinab und streichelte zärtlich die kleine Rundung. “Das törnt mich mächtig an. Der Gedanke, dass du mein Baby unter dem Herzen trägst, ist einfach überwältigend. Ich kann es immer noch nicht glauben.”

Mit den Fingerspitzen berührte sie seinen Mund. “Ich liebe es, schwanger zu sein”, flüsterte sie lächelnd. “Fast so sehr, wie ich dich liebe.”

Er hob den Kopf und schaute in ihre großen Augen. “Und ich liebe dich, Tippy”, sagte er ernst. “Von ganzem Herzen. So lange ich lebe.”

Hörbar atmete sie ein.

“Hast du das etwa nicht gewusst?”, fragte er liebevoll. “Allen anderen ist das längst klar.”

Tränen traten ihr in die Augen. “Das hast du mir noch nie gesagt. Ich habe immer nur gehofft, dass du es sagen würdest. Ich habe es so sehr gehofft.”

Er küsste ihr die Tränen fort. “Du hättest dich mir damals in jener ersten Nacht niemals hingegeben, wenn du mich nicht geliebt hättest. Ich wusste das, und ich hatte eine Heidenangst, dass ich das alles noch einmal würde durchmachen müssen. Ich habe gedacht, wenn du mich erst einmal besser kennst, wirst du mich auch verlassen.”

“Das wäre mir im Traum nicht eingefallen”, flüsterte sie. “Ich habe dich viel zu sehr geliebt.”

“Das habe ich dann auch bemerkt.” Er bedeckte ihr Gesicht mit liebevollen Küssen. “Es tut mir so leid, dass ich dir eine so schreckliche Zeit bereitet habe.”

Sie lächelte und kuschelte sich entspannt in die Kissen. “Das hast du inzwischen tausend Mal wettgemacht. Deshalb glaube ich auch, dass wir hier in Jacobsville immer glücklich sein werden – mit einem Haus voller Kinder und vielleicht auch einem Hund.”

“Ich könnte die Schlange zurückholen”, schlug er vor.

“Vielleicht ein Hund”, wiederholte sie. “Rory liebt Hunde.”

Er seufzte. “Vielleicht ein Hund”, stimmte er schließlich mit einem Lächeln zu.