15
Als Melanie erwachte, wusste sie weder, wo sie sich befand, noch, wie sie dahin gekommen war. Im Zimmer war es dunkel. Da es keine Fenster gab, fiel kein Licht herein. Das Laken in ihrem Rücken fühlte sich weich an – ebenso weich wie die Bettdecke, die ihren Körper bedeckte.
Aus Gewohnheit blinzelte sie, während sie versuchte, trotz der Dunkelheit ihre Umgebung zu erkennen. Aber dann wurde ihr plötzlich klar, dass sie – auch ohne die Augen zusammenzukneifen – alles im Zimmer sehen konnte.
Sie hob den Kopf und studierte das Schlafzimmer genauer. Es war eigenartig, es so zu sehen. Im Dunkeln sahen Wände, Decke und Einrichtungsgegenstände aus, als wäre die Farbe aus ihnen herausgesogen worden.
So sahen die Unsterblichen also die Welt? Nahmen Katzen, Hunde und andere Nachtgeschöpfe die Welt bei Nacht auch so wahr? Es war ziemlich cool.
Sie ließ den Kopf zurück auf das Kissen sinken und kam zu dem Schluss, dass die Zahnschmerzen, die sie plagten, nicht besonders cool waren. Genauso wenig wie die hämmernden Kopfschmerzen.
Aber wenigstens war ihr nicht mehr schlecht.
Sie versuchte, die Hand zu heben, um sich die pochenden Schläfen zu massieren, und schaffte es nicht, da ihre Finger mit den Fingern einer anderen Hand verschränkt waren. In diese Hand kam jetzt Bewegung, sodass ihr Handrücken gegen eine muskulöse Brust gedrückt wurde.
Langsam drehte Melanie den Kopf.
An ihrer Seite schlief Bastien, ihre Hand und ihr Unterarm lagen auf seiner Brust. Die Bartstoppeln auf seinem Kinn kitzelten sie an den Fingerknöcheln.
Seine Augen waren geschlossen, und die Augenbrauen hatte er sorgenvoll zu einem dunklen Strich zusammengezogen. Ihr war noch nie zuvor aufgefallen, wie lang seine Wimpern waren. Seine wunderschönen braunen Augen ließen sie jedes Mal alles um sich herum vergessen, insbesondere wenn sie anfingen, in diesem warmen Bernsteinton zu leuchten.
Sie rollte sich auf die Seite, um ihn anzusehen.
Er sah müde aus. Offenbar hatte er schon länger kein Blut mehr getrunken.
Wie lange wachte er schon an ihrer Seite?
Seine Lider hoben sich, und er sah sie an.
Melanie streckte ihre freie Hand aus und streichelte ihm über die Wange.
Seine Augen fingen an, schwach zu leuchten. »Verlass mich nicht«, flüsterte er.
Der fast flehentlich vorgebrachte Appell bewirkte, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Das werde ich nicht. Es geht mir schon viel besser.«
Er nahm ihre Hand und küsste sie zärtlich. »Brauchst du etwas? Soll ich dir etwas holen?«
»Nein. Ich muss mich nur ausruhen«, flüsterte sie und kuschelte sich enger an ihn.
Er schloss die Augen wieder und seufzte so tief, dass sie spürte, wie sein Atem über ihre Fingerknöchel strich. Dann glättete sich seine Stirn, und er schlief wieder ein.
Der eiserne Griff um ihre Hand ließ jedoch nicht nach.
Trotz der Kopf- und Zahnschmerzen lächelnd, machte auch Melanie die Augen zu und ließ zu, dass der Schlaf sie übermannte.
Als sich eine Hand um seine Kehle schloss, wurde Bastien ruckartig wach. Goldfarbene Augen blitzten ihn in der Dunkelheit an.
Seth. Oh verdammt.
Bastien warf einen Blick auf Melanie, die neben ihm schlief.
Wenn Seth vorhatte, ihn zu töten, dann tat er das hoffentlich woanders.
»Wie du willst«, schnarrte der Anführer der Unsterblichen Wächter. Er teleportierte sie in den Trainingsraum. Dort kämpften Edward und Ethan gegen Étienne und Lisette, während Tracy mit Sheldon trainierte.
Die sechs hörten sofort auf mit dem Training, als Seth und Bastien in ihrem Blickfeld erschienen. Der älteste Unsterbliche war damit beschäftigt, Bastien zu erdrosseln, der mit nichts als ein paar Jogginghosen bekleidet war.
»Raus hier!«, fuhr Seth sie an.
Unsterbliche und Sekundanten steckten ihre Schwerter in die Scheiden zurück. Die Unsterblichen schlurften im selben Tempo aus dem Trainingsraum wie die Sterblichen, wobei sie mit den Füßen scharrten und sich die Hälse verrenkten, um bloß nichts zu verpassen.
»Sofort!«
Prompt kam Bewegung in sie, und nur Bastien und sein Henker blieben im Trainingsraum zurück.
Flüchtig kam Bastien der Gedanke, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Seth sie zu seinem Schloss in England gebeamt hätte. Dann hätten sie den Kreis schließen können – schließlich hatten sie diese Situation schon einmal gehabt.
Seth packte ihn am Kragen. »Ah, richtig, aber damals habe ich dich am Leben gelassen.« Etwas, das sich wie eine Faust anfühlte, schloss sich um sein Herz. Ein jäher Schmerz durchzuckte seine Brust.
»Nicht doch, warte!« Marcus stürmte herein und marschierte mit grimmigem Gesicht auf sie zu. »Wenn jemand dieses Arschloch tötet, dann bin ich das.«
In seinen Träumen vielleicht. Auf keinen Fall würde Bastien zulassen, dass Marcus derjenige war, der sein Leben beendete. Mindestens zweimal wäre Ami durch sein Versagen fast getötet worden.
Seth ließ Bastien fallen wie einen nassen Sack. »Willst du mich auf den Arm nehmen? Das ist der Grund, warum ich vorhabe, dich zu töten! Du warst derjenige, der Ami in Gefahr gebracht hat.«
Bastien hustete und schnappte keuchend nach Luft. Der Druck auf seinen Brustkorb ließ nach.
»Hast du wirklich vor, ihn zu töten?«, schaltete sich eine neue Stimme ein.
Die drei Unsterblichen drehten sich zu David um, der in der Türöffnung aufgetaucht war.
»Ja«, erwiderten Seth und Marcus gleichzeitig, um sich in der nächsten Sekunde gegenseitig mit bösen Blicken zu durchbohren.
»Na schön. Aber veranstaltet dabei keine Schweinerei. Ich bin es langsam leid, dass dieser Bastien-ist-an-allem-schuld-Mist dazu führt, dass ich ständig die Handwerker rufen muss.«
Bastiens zugedrückte Kehle hatte sich inzwischen wieder so weit erholt, dass er etwas sagen konnte. »Ich dachte, dass du mich ebenfalls tot sehen willst«, brachte er mühsam heraus.
David schüttelte den Kopf. »Ich wollte dir nur einen ordentlichen Arschtritt verpassen.«
»Na dann, herzlichen Dank.« Egal wie das ausging, er war am Arsch. Sein inzwischen ein paar Jahre zurückliegender Kampf gegen Roland hatte ihm ganz klar vor Augen geführt, dass ihm jeder Unsterbliche haushoch überlegen war, der mehr Jahrhunderte auf dem Buckel hatte als er. Sicher, er würde den einen oder anderen Treffer landen, aber das war’s auch schon.
Er sah von einem zum anderen und dachte an Melanie, die zusammengerollt in seinem Bett lag und sich immer noch nicht von ihrer Verwandlung erholt hatte.
Herrgott noch mal. Wann hatte dieser Blödsinn endlich ein Ende? Melanie brauchte ihn. Wenn es nötig war, dann würde er gegen jeden Unsterblichen und Sekundanten kämpfen, der sich in diesem Haus aufhielt. Er würde Melanie nicht enttäuschen.
David stöhnte und verdrehte die Augen.
Seth fluchte.
Marcus wirkte verwirrt. »Was denn?«
»Wenn du dir um Ami auch so viele Sorgen gemacht hättest«, bemerkte Seth, »dann müsste ich dich jetzt nicht in ein Häufchen Asche verwandeln.«
»Glaubst du im Ernst, dass mir diese Entscheidung leichtgefallen ist?«, wollte Bastien wissen. »Glaubst du, ich wollte sie dieser Gefahr aussetzen? Ich kenne sie schon fast so lange wie du, und sie bedeutet mir genauso viel wie euch allen.«
David schlenderte gemächlich auf ihn zu. »Aber Seth und ich haben sie Emrys’ Klauen entrissen. Du hingegen hast sie ihm direkt vor die Nase gesetzt.«
»Emrys war nicht dort.«
»Aber wenn es so gewesen wäre …«
»Dann hätte Marcus ihn in seine Einzelteile zerlegt, und ich hätte ihm dabei geholfen. Auch ich will Emrys tot sehen. Und je länger wir brauchen, um ihn aufzuspüren, desto mehr Zeit hat er, anderen von unserer Existenz zu erzählen. Chris’ Kontakte helfen uns nicht weiter. Und diese ganze Vampirarmee-Geschichte richtet sich auf einmal gegen mich.«
»Aber Stuart hat dich nicht verraten«, widersprach David. »Nach dem zu urteilen, was ich während des Kampfs in den Gedanken der Söldner gelesen habe …«
»Also handelt es sich definitiv um Söldner?«
»Ja«, bestätigte David. »Die Soldaten, denen Stuart auf dem Unigelände der Duke begegnet ist, haben das Gespräch mit seinem Vampirkumpel belauscht und beobachtet, wie er und sein Freund die Studenten angriffen. Dann haben sie die beiden Vampire betäubt. Sie wussten, dass Stuart vorhatte, sich mit einem Unsterblichen zu treffen. Sie hörten, wie er versuchte, Paul dazu zu überreden, ihn zu dem Treffen zu begleiten. Deshalb beschlossen sie, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, und pflanzten ihm den Mikrochip ein. Dann brachten sie Stuart in den Garten, damit er dort aufwachte und glaubte, dass ihm die Flucht geglückt sei. Da sie den anderen Vampir versehentlich zweimal betäubten, starb er an einer Überdosis.«
Na ja, wenigstens hatte Stuart nicht versucht, ihn hinters Licht zu führen, so wie es ein paar andere Blutsauger getan hatten.
»Stuarts Verhalten steht hier aber nicht zur Debatte. Wir reden über dich«, erinnerte ihn Seth.
»Ich konnte dich nicht erreichen«, verteidigte sich Bastien. »Und ich wusste, dass Ami die Soldaten mithilfe ihrer Energiesignaturen aufspüren kann, jedenfalls wenn sie nahe genug an sie herankommt, um sich ihre Signaturen einzuprägen.«
»Aber David hätte sie ebenfalls aufspüren können – ohne dabei entdeckt zu werden.«
Nicht schon wieder. War das sein Ernst? »Aber ich wusste nicht, dass er ein Gestaltwandler ist!«
»Was ist hier los?« Ami betrat den Trainingsraum. »Mir war so, als hätte ich meinen Namen gehört.« Sie warf Marcus einen fragenden Blick zu. »Oder habe ich mich verhört?«
»Nein, Liebste.«
»Außerdem haben Étienne und die anderen mich so merkwürdig angesehen, als sie nach oben gekommen sind. Marcus, du hast doch nicht wieder Seth geschlagen, oder?
»Nein, mein Herz. Wir haben nur … wir diskutieren nur gerade etwas.«
Sie schürzte nachdenklich die Lippen und musterte sie argwöhnisch. »Ihr seid doch nicht sauer auf Bastien, weil er mich gebeten hat, dem Kampf beizuwohnen, oder?«
Seth machte einen Schritt auf sie zu. »Ami …«
»Das war eine kluger Schachzug«, verteidigte sie den unbeliebten Unsterblichen und streckte trotzig das Kinn vor, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen.
»David hätte den Soldaten problemlos folgen können, ohne dabei entdeckt zu werden.«
»Ja, das stimmt. David weiß, wohin sie für’s Erste gegangen sind. Aber er weiß nicht, ob sie an diesem Ort bleiben, und falls sie es nicht tun, hat er nicht die Möglichkeit, ihren neuen Aufenthaltsort zu bestimmen. Ich hingegen schon.«
»Ami …«
Beschwichtigend hob sie die Hand und legte den Kopf in den Nacken, um dem Ältesten der Unsterblichen in die Augen schauen zu können. »Ich habe dir bereits gesagt, dass ich gern eine aktive Rolle dabei spielen möchte, Emrys seiner gerechten Strafe zuzuführen. David hat mir dieses Recht zugestanden, genauso wie Marcus.« Sie suchte den Blick ihres Mannes und hielt ihn fest. »Entspricht das nicht der Wahrheit?«
Marcus seufzte schwer. »Ja.«
»Also gibt es auch kein Problem, stimmt’s? Und jetzt lasst Bastien endlich zu Melanie zurückkehren. Er hat sich schreckliche Sorgen um sie gemacht.«
Sicherheitshalber ließ Bastien eine volle Minute verstreichen, ehe er sich bewegte. Als niemand Einspruch erhob, verließ er den Trainingsraum und marschierte den Flur hinunter zu einem der schalldicht isolierten Ruheräume, die David erst kürzlich hatte bauen lassen.
In diesem Augenblick materialisierte sich Seth vor der geschlossenen Tür.
Bastien blieb direkt vor ihm stehen und wartete.
Der Anführer der Unsterblichen Wächter legte ihm die Hand auf die Schulter.
Bastien versteifte sich unwillkürlich, als der Flur um ihn herum verschwand und ersetzt wurde durch Bilder, die Seth in seinem Kopf heraufbeschwor. Großer Schmerz begleitete diese Bilder. Zahllose Stunden unerträglicher Schmerzen, während Männer in Krankenhauskitteln und chirurgischen Gesichtsmasken ihm Verbrennungen zufügten und Fleischstücke aus ihm herausschnitten, wieder und wieder. Sie zerschnitten seinen ganzen Körper. Nahmen Tausende von Gewebeproben. Entfernten einzelne Organe. Schnitten ihm Finger und Zehen ab. Versetzten ihm elektrische Schläge, wobei sie sich erst auf den Kopf und dann auf das Herz konzentrierten. Sie sezierten ihn bei lebendigem Leib.
Noch nie zuvor hatte er solche unerträglichen Qualen aushalten müssen, und er öffnete unwillkürlich den Mund, um vor Schmerzen zu schreien.
Doch in diesem Moment zog Seth die Hand weg. Die Bilder lösten sich auf, und er stand wieder im Flur von Davids Haus.
Der Schrei erstarb in Bastiens Kehle. Seine Knie gaben nach. Keuchend sank er zu Boden und wartete darauf, dass der Schmerz nachließ.
»Was zum Henker war das?«, ächzte er. Er stützte sich mit der Hand an der Wand ab und stand mühsam wieder auf.
»Das«, sagte Seth, »war nur ein winziger Bruchteil von dem, was Ami erwartet hätte, wenn sie wieder von Emrys’ Leuten gefangen genommen worden wäre. Eine Gefahr, der du sie wissentlich ausgesetzt hast.«
Grauen ergriff Besitz von Bastien. Er hatte gewusst, dass sie Schlimmes durchgemacht hatte, aber das … »Das haben sie ihr angetan?«
»Das und noch mehr. Emrys’ Leute haben sie sechs Monate lang gefoltert und bei lebendigem Leib seziert. Ohne den Einsatz von Betäubungsmitteln.«
Seth hatte jedes Recht, seinem Leben ein Ende zu bereiten.
»Diesen Fehler mache ich kein zweites Mal«, schwor Bastien. Seit vor zweihundert Jahren seine Schwester Cat gestorben war, war Ami die einzige Frau, der er vergleichbare geschwisterliche Gefühle entgegenbrachte. Und selbst wenn es nicht so gewesen wäre – niemals würde er riskieren, dass sie noch einmal gefangen genommen wurde und solche Qualen erleiden musste. Wenn er davon gewusst hätte, wäre er das Risiko nicht eingegangen. Wenn sie im Hauptquartier in eine gefährliche Situation geraten wäre, und es Marcus nicht gelungen wäre, sie zu beschützen, hätte Bastien nicht gezögert, sein Leben für sie zu geben, dennoch …
Selbst das schien nicht genug zu sein.
Seth gab die Tür frei und klopfte Bastien auf die Schulter. »Ich wusste, dass du es wert bist, gerettet zu werden.«
Verblüfft starrte Bastien ihn an. »Aber du hast gesagt, dass du mich töten willst!«
Der Älteste der Unsterblichen zuckte mit den Achseln. »Frag Roland, wie häufig ich ihm schon damit gedroht habe, ihn umzubringen. Nichts Ungewöhnliches, wenn man zur Familie gehört.«
Bastien runzelte nachdenklich die Stirn. Wollte er wirklich zu so einer durchgeknallten Familie gehören?
»Ja, das willst du. Vertrau mir.«
»Es würde mir leichter fallen, dir zu vertrauen, wenn du aufhören würdest, mich zu würgen.«
»Du hast mich verärgert. Und ich schlage vor, dass du versuchst, mich in Zukunft nicht mehr zu wütend zu machen. Aber solange du Amis Sicherheit an erste Stelle stellst, werden wir beide keine Schwierigkeiten miteinander haben. Sie ist mir sehr wichtig. Und wenn sie durch deine Dummheit stirbt, wirst du ihr sehr schnell nachfolgen.«
Was eine weitere Frage aufwarf. »Warum bedeutet sie dir so viel?« Bastien hatte bisher nie das Gefühl gehabt, dass die beiden romantische Gefühle füreinander hegten. Dennoch schien Seth’ Beschützerinstinkt gegenüber Ami sehr ausgeprägt zu sein.
Seth gab ihm eine Kopfnuss. »Werd nicht frech. Ami liebt Marcus.«
»Was meine Frage nicht wirklich beantwortet.«
»Sie ist wie eine Tochter für mich. Reicht das?«
Bastien nickte. »Alles klar.«
»Dann sind wir beiden hier fertig. Halt mich auf dem Laufenden, was Melanies Verwandlung angeht.« Plötzlich lächelte Seth und winkte jemandem zu, der am anderen Ende des Korridors stand.
Bastien warf einen Blick über die Schulter und sah Ami vor dem Trainingssaal stehen. Hinter ihr ragte Marcus auf.
Ami musterte Seth mit zu Schlitzen verengten Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Seth hob die Hände, wobei er die Handflächen nach oben drehte, als wollte er sagen: Was hab ich denn getan?
Marcus grinste.
Ami schüttelte den Kopf, verdrehte die Augen und ging die Treppe zum Erdgeschoss hoch.
Bastien beschloss, dass er für heute genug hatte von seiner Ersatzfamilie, und ging zurück in das Zimmer, das er mit Melanie teilte.
Melanie, die neben dem Bett stand, sackte vor Erleichterung in sich zusammen, als Bastien das Zimmer betrat. »Alles in Ordnung?« Obwohl sie nichts außer einem schwarzen T-Shirt trug, das sie sich von Bastien geliehen hatte, hatte sie offenbar die Absicht gehabt, nach ihm zu suchen.
»Ja.« Eilig ging er zu ihr, wobei er besorgt die Stirn runzelte. »Warum bist du nicht im Bett?
»Ich bin aufgewacht, als Seth sagte: »Wie du willst«. Ich habe gerade noch rechtzeitig die Augen aufgemacht, um zu sehen, wie er dich wegteleportierte.« Und der mörderische Glanz in den goldfarbenen Augen des Unsterblichen hatte ihr gar nicht gefallen.
»Es geht mir gut. Wir haben uns nur …«
»Jetzt erzähl mir nicht, dass ihr nur ein bisschen gequatscht habt.«
Er zog die Augenbrauen hoch.
»Ich habe richtig geraten, stimmt’s? Das wolltest du mir doch gerade erzählen, nicht wahr?«
»Ja. Und ich finde es erschreckend, wie gut du mich bereits kennst.«
Sie lächelte matt. »Seine Hand lag an deiner Kehle, Bastien.«
Er beugte sich vor und hob sie hoch. Melanie schlang den Arm um seinen Hals, während er sich umdrehte und sie auf das Bett legte.
»Er war sauer wegen Ami.«
»Was ist mit Ami? Die Soldaten haben sie doch nicht etwa gefangen genommen?
»Nein. Keiner der Soldaten ist auch nur in ihre Nähe gekommen. Aber sie war meinetwegen dort. Ich war derjenige, der sie darum gebeten hat, ins Hauptquartier zu kommen. Ich habe Marcus dazu überredet zuzulassen, dass Richart sie zum Netzwerk teleportiert, damit sie sich die Energiesignaturen der Söldner einprägen kann.«
»Das war eine gute Idee.« Melanie klopfte neben sich auf die Matratze.
»Seth war nicht dieser Meinung.« Bastien setzte sich neben sie. »Wie fühlst du dich? Ist dir immer noch übel? Soll ich dir ein Glas Mineralwasser holen?«
»Nein. Ich möchte, dass du hierbleibst und mit mir kuschelst.«
Er lächelte. »Nichts lieber als das.«
Er rückte näher an sie heran und streckte sich dann neben ihr aus.
Melanie schmiegte sich an ihn und legte den Kopf auf seine Brust.
So war es schon viel besser.
Sie schlang den Arm um seinen Oberkörper und zog das Knie nach oben, sodass ihr Bein auf seiner Leiste zu liegen kam, und lächelte, als sein Körper auf die Berührung reagierte. »Ich kann hören, wie dein Herz klopft«, flüsterte sie.
Sanft strich er ihr über das Haar. »Du liegst ja auch mit dem Ohr darauf.«
»Aber ich konnte deinen Herzschlag auch quer durch das Zimmer hören, als du hereingekommen bist. Und den von Seth konnte ich ebenfalls hören, draußen im Flur, ehe du die Tür hinter dir zugemacht hast.«
»Dann ist deine Verwandlung fast abgeschlossen.«
»Ich habe gehört, wie sich Lisette und die anderen im Erdgeschoss unterhalten haben. Sie haben Wetten darauf abgeschlossen, welcher von den Unsterblichen dich umbringen wird.«
»Ach, das. Das habe ich auch gehört. Da du jetzt einer von ihnen bist, ist es besser, wenn du weißt, dass diese Jungs auf praktisch alles eine Wette abschließen.«
Sie rollte sich auf den Bauch und faltete ihre Hände auf seiner Brust, um sich mit ihrem Kinn darauf abzustützen. »Du bist ebenfalls einer von ihnen, Bastien.«
»Nein, und das werde ich auch nie sein. Bei meiner Vergangenheit ist das einfach nicht möglich.«
»Du willst mir erzählen, dass die anderen Unsterblichen alle ein perfektes Leben geführt haben?«
»Soweit ich weiß, bin ich der Einzige unter ihnen, der jemals einen anderen Unsterblichen getötet hat. Vielleicht verzeihen sie mir eines Tages, aber vergessen werden sie es nie. Und ich werde immer der Unsterbliche sein, der mit den Vampiren zusammengelebt hat. Ich werde immer ein Außenseiter bleiben. Sie werden mir nie vertrauen.«
»Seth scheint dir zu vertrauen.«
Er schnaubte. »Jetzt nicht mehr. Nicht nachdem ich Ami in Gefahr gebracht habe.«
Melanie hoffte, dass er sich irrte. Er brauchte dringend einen Verbündeten wie Seth.
Eindringlich studierte sie Bastiens Gesicht, seine angespannte Mundpartie. »Du wirkst müde.«
Er lächelte matt. »Das bin ich.«
Mit dem Zeigefinger beschrieb sie einen Kreis auf seiner Brust und bedachte ihn mit einem koketten Augenaufschlag. »Wie müde?«
Ein Teil der Anspannung schwand, als sich sein Gesicht zu einem Lächeln verzog. »Was hattest du im Sinn?«
»Nun ja, jetzt, da es meinem Magen wieder besser geht und ich kein Fieber mehr habe, da dachte ich …«
»Ja?«
Sie holte tief Luft. »Du riechst wirklich unglaublich gut.«
Seine Augen fingen an zu leuchten. »Du aber auch.«
»Und ich muss zugeben, dass es da etwas gibt, auf das ich sehr neugierig bin.«
Er nahm sie fester in die Arme und zog sie zu sich hinunter, sodass sie auf ihm lag. »Und das wäre?«
Sich absichtlich an ihm reibend, rutschte sie längs an seinem Körper nach oben und beugte sich dann zu ihm hinunter, wobei sie die Hände rechts und links von seinem Kopf abstützte. Ihr Haar fiel nach vorn und umrahmte sein Gesicht wie einen Vorhang. Ihre Lippen schwebten nur wenige Millimeter über seinen. Sie ließ sich noch weiter nach unten sinken, bis sich ihre Lippen fast berührten. »Wie fühlt sich Sex an, wenn man unsterblich ist?«
»Mit einem anderen Unsterblichen? Keine Ahnung«, gestand er leise. »Hatte ich noch nie.« Er legte die Hände auf ihre Hüften. »Aber ich würde es gern herausfinden. Lust, es mir zu zeigen?«
Sie küsste ihn lächelnd. Seine Lippen waren so weich. Und so warm. Je mehr seine Erregung wuchs, desto leidenschaftlicher und fordernder wurden seine Küsse. Bei ihr war es nicht anders.
»Hmmm.« Sie summte leise vor Wohlbehagen. »Ich fand schon vorher, dass du gut schmeckst. Aber jetzt schmeckst du so köstlich, dass es beinahe lächerlich ist.« Tatsächlich schmeckte er so gut, dass sie fast ihre Zahnschmerzen vergessen hätte.
Sein leises Lachen verwandelte sich in ein erregtes Stöhnen, als sie sich mit gegrätschten Beinen auf seine Hüften setzte. Nur das locker sitzende Material seiner Jogginghose trennte sie jetzt noch.
»Ich frage mich, ob alles an dir so gut schmeckt.« Sie ließ verführerisch die Hüften kreisen und presste ihren Schoß gegen seine Erektion. Lust durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag.
Er spannte die Muskeln an und packte sie so fest an den Hüften, dass sie sich nicht mehr rühren konnte. »Bist du sicher, dass du schon wieder fit bist?«
Ihr Herz klopfte schneller. »Du kannst alles spüren, was ich empfinde, nicht wahr?« Wieder ließ sie die Hüften kreisen.
Er stöhnte. »Ja.«
»Dann ist das hier die Antwort.«
Denn sie spürte … einfach alles. Und hörte alles. Wie wild sein Herz schlug, während seine Hände unter ihr Shirt glitten und sich um ihre Brüste schlossen. Jeder Millimeter ihres Körpers prickelte vor Lust.
Konnte er es fühlen? Die Lust, die sie durchzuckte, als seine Daumen ihre Brustwarzen liebkosten? Konnte er dank seiner Gabe ihre Erregung spüren? Empfand er sie genau so intensiv wie sie selbst?
Er richtete sich auf und schlang die Arme um sie, wobei seine Augen genauso durchdringend leuchteten wie die ihren.
Oh ja. Das konnte er definitiv.
Mit einer schnellen Bewegung zog er ihr das geliehene Oberteil über den Kopf.
Melanie schenkte ihm ein Lächeln, von dem sie hoffte, dass es so verführerisch war wie das einer Sirene.
Knurrend senkte er den Kopf, sodass seine Lippen über ihren Brüsten schwebten. Jeder seiner Atemzüge war wie eine Berührung, es fühlte sich an, als würden warme Fingerspitzen ihre Brüste mit zarten Berührungen verwöhnen.
Sie ächzte. »Das ist nicht fair.«
Als er in sich hineinlachte, war sein Lachen so voller Sinnlichkeit, dass sie Mühe hatte, sich länger zurückzuhalten. »Und das ist nur der Anfang.«
Er nahm ihre kleinen, harten Nippel in den Mund. Die Lust raubte ihr fast die Sinne, als er sie mit seiner Zunge verwöhnte und behutsam an ihren Brustspitzen knabberte.
Mit einem kleinen Schrei vergrub Melanie die Hände in seinem Haar. In seinem weichen, glänzenden Haar.
Ihr war nicht klar gewesen, wie intensiv ein Unsterblicher jede Berührung empfand. Jeder Nerv ihres Körper schien zu prickeln. Wenn diese Nacht vorbei war, hatte sie sich wahrscheinlich tatsächlich in eine Person verwandelt, die beim Sex laut schrie – genau das, was Sheldon Bastien unterstellt hatte.
Er umgriff ihre andere Brust und fuhr zärtlich mit dem Daumen über ihre aufgerichtete Brustspitze.
Ihr Kopf fiel nach hinten, und sie schmiegte sich noch enger an ihn.
Noch nie in seinem langen Leben hatte sich Bastien so gut gefühlt.
Zumindest bis zu dem Moment, als sich Melanie vorbeugte und ihn nach unten auf die Matratze drückte.
Ihre normalerweise braunen Augen glühten jetzt in einem hellen Bernsteinton. Ihr dunkelbraunes Haar fiel nach vorn und umrahmte ihr hübsches Gesicht, als sie sich verführerisch lächelnd vorbeugte. Ihre Lippen waren vom Küssen geschwollen und leicht geöffnet, sodass er die Spitzen ihrer Reißzähne sehen konnte.
Sie war schöner als je zuvor.
Er drückte sie noch fester an sich und spürte, wie die Flammen ihrer Leidenschaft immer höher schlugen.
Den Kopf neigend, beschrieb sie mit den Lippen einen feurigen Pfad über seinen Oberkörper. Als sich ihre spitzen Zähne um seine Brustwarze schlossen, stöhnte er kehlig auf vor Lust und spürte gleichzeitig den Schmerz, der durch sie hindurchschoss.
Sie ließ von seiner Brustwarze ab und setzte ihre Erkundung seiner erogenen Zonen fort, indem sie sich küssend und leckend einen Weg bis hinunter zu seinem Bauch bahnte. Aber auch wenn es ihn erregte, wenn sie an ihm knabberte, so konnte er doch spüren, dass es ihr Schmerzen bereitete.
Er griff nach ihren Armen. »Melanie.«
»Hmmm?«
Er unterdrückte ein Stöhnen. »Melanie, Liebste, sosehr es mir auch gefällt, wenn du das tust« – allein der Gedanke daran, wie sie ihren warmen weichen Mund um seinen Schwanz legte, ließ ihn fast zum Höhepunkt kommen – «aber du musst damit aufhören.«
Stirnrunzelnd hob sie den Kopf. »Warum?«
»Weil ich spüren kann, wie sehr dir Zähne und Zahnfleisch wehtun, und ich weiß, dass der Druck es nur noch schlimmer macht.«
Frustriert verzog sie das Gesicht und richtete sich auf. »Es tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Wir haben die ganze Ewigkeit Zeit, um einander kennenzulernen, schon vergessen?«
Das brachte sie zum Lächeln. »Du hast recht. Ich wünschte nur, dass diese verdammten Reißzähne endlich herauskommen würden und mein Mund aufhören würde wehzutun.«
»Sie sind schon da.« Was, wenn er so darüber nachdachte, ein weiterer guter Grund war, sich in dieser Hinsicht Zeit zu lassen … Vielleicht war es besser, wenn sie erst Kontrolle über ihre neuen Zähne hatte, bevor sie sich seinem …
»Ich habe Reißzähne?«, platzte sie aufgeregt heraus. Mit großen Augen hob sie die Hand, befühlte ihre neuen Zähne und atmete hörbar ein.
Dann krabbelte sie aus dem Bett und rannte Richtung Badezimmer.
Bastien stöhnte und grinste gleichzeitig, fasziniert vom Anblick ihres nackten Körpers, als sie durch das Zimmer flitzte.
»Heilige Scheiße! Meine Augen!«
Er zog seine Jogginghose aus und stellte sich im Badezimmer neben sie, wo sie nackt vor dem Spiegel stand.
»Sieh doch nur!« Sie beugte sich vor und betrachtete ihr Gesicht in dem großen Spiegel über dem Waschbecken. »Sie leuchten genauso wie deine.«
Offen gesagt war er mehr an dem Anblick ihres nackten Hinterteils interessiert, als sie sich über das Waschbecken beugte. Verdammt, was für eine Versuchung!
»Und meine Zähne!« Sie fletschte sie und fauchte ihr Spiegelbild an.
Bastien musste lachen, er war völlig verzaubert.
Sie drehte sich zu ihm um. »Wie sehe ich aus?«
»Wunderschön und gefährlich«, sagte er.
Grinsend legte sie die Arme um seinen Hals, stieß sich vom Boden ab und schlang ihre langen wunderschönen Beine um seine Hüften.
Ihre Wangen glühten, als sie sich vorbeugte und ihn überschwänglich küsste. »Autsch!« Stirnrunzelnd zog sie den Kopf zurück und betastete erneut ihre Lippen. »Verdammt noch mal! Das ist ja so ätzend! Ich kann dich nicht mal küssen!«
»So schlimm ist das gar nicht«, widersprach er und trug sie zurück ins Schlafzimmer. Er atmete schneller, und sein ganzer Körper brannte, da sich ihr Körper bei jeder Bewegung an seinem rieb.
»Ist es nicht?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Er warf sie auf das Bett und bedachte sie mit einem schelmischen Grinsen. »Weil mit meinem Mund alles in Ordnung ist.« Er kniete sich vor sie auf das Bett und griff nach ihren Knöcheln, sodass sich ihre Oberschenkel öffneten.
Ihr Herzschlag setzte kurz aus.
Ihm ging es genauso, als er sich vorbeugte und anfing, ihre empfindlichste Stelle mit der Zunge zu erforschen.
Pure Lust ergriff von ihr Besitz.
Aufstöhnend vergrub sie die Hände in seinem Haar und hielt seinen Kopf fest, während er ihre Klitoris verwöhnte.
Einer seiner langen Finger glitt in sie hinein.
Das war so gut. So unglaublich gut, dass sie nach Atem rang und keuchte, während er sich weiter saugend, knabbernd und leckend ihrem Kitzler widmete.
»Bastien.«
»Halt dich nicht zurück, komm für mich«, sagte er lockend, und er atmete genauso schwer wie sie.
Spürte er wirklich alles, was sie empfand?
Ein zweiter Finger gesellte sich zu dem ersten und streichelte sie rhythmisch.
Melanie keuchte.
Bastien stöhnte laut.
Ihre Körper spannte sich wie ein Bogen, als sich ihre Muskeln zusammenzogen und ihr Orgasmus sie erbeben ließ. »Bastien!«
Die Ekstase nahm kein Ende, verlängert durch die eifrigen Bewegungen seiner Zunge, während sie gleichzeitig durch ihre gesteigerten Sinneswahrnehmungen alles viel intensiver empfand. Erschöpft fiel sie zurück auf das Bett.
Bastien rang ebenfalls um Kontrolle und zerknüllte mit den Händen das Bettlaken. Melanies Höhepunkt hätte beinahe seinen eigenen ausgelöst. Und als sie auch noch seinen Namen gerufen hatte …
Er sehnte sich danach, in ihr zu sein. Er wollte spüren, wie sich ihre Muskeln um seinen Schwanz zusammengezogen. Er wollte dieselbe Ekstase erleben, die sie fortgerissen hatte.
Vor Anspannung zitternd, bahnte er sich küssend einen Pfad über ihren blassen Unterleib, hielt kurz inne, um an ihren wunderschönen Brüsten zu schwelgen, und beugte sich dann über sie.
»Melanie?«
Er liebte das befriedigte Lächeln auf ihrem Gesicht genauso wie das leise Grollen, das aus ihrer Kehle drang, als sie ihre bernsteinfarbenen Augen öffnete und zu ihm aufsah.
»Das war unglaublich«, flüsterte sie und fuhr ihm mit gespreizten Fingern durch das Haar.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er. Seine eigenen Gefühle waren inzwischen so übermächtig, dass er es wirklich nicht hätte sagen können. Falls die Übelkeit zurückgekehrt war …
Ihre Hände wanderten zu seinen Hüften und schlossen sich dann um seine Pobacken, um seinen Unterleib noch fester gegen den ihren zu pressen.
»Lust auf mehr.« Sie lehnte sich vor und küsste ihn, wobei sie seine Lippen und seine Zunge sanft mit der ihren verwöhnte. »Jetzt bist du dran …«
Das ließ er sich nicht zweimal sagen.
Er erwiderte ihren Kuss, wobei er darauf achtete, nicht zu viel Druck auszuüben, und schob seinen Unterleib zwischen ihre Beine. Melanie streckte die Hand aus und legte sie um seinen Schwanz, um ihm den Weg zu weisen.
Bastien zögerte keine Sekunde. Sie war so warm und weich und eng. Er spürte, wie dieselbe Lust, die ihn verzehrte, auch durch ihren Körper strömte.
»Mehr«, flehte sie.
Er zog sich zurück und stieß erneut zu. Und dann wieder. Es war einfach zu gut.
Sie umklammerte seine Pobacken und drängte ihn weiterzumachen. »Härter!«
Oh ja.
Bei jedem seiner Stöße kam sie ihm entgegen, genoss es, ihn in sich zu spüren. Er beugte sich über sie, sodass sein Haar mit jeder Bewegung über ihre Brüste strich, während er wieder und wieder zustieß. Sie atmete immer schneller.
Mit der einen Hand stützte er sich ab, während er mit der anderen ihre Klitoris streichelte.
Ein weiterer Höhepunkt ließ ihren Körper erbeben.
Als sich ihre Scheidenmuskeln pulsierend um sein Glied schlossen, schrie Bastien auf. Reine Seligkeit durchzuckte ihn, als der Orgasmus ihn mit sich fortschwemmte.
Sie schnappten keuchend nach Luft, ihre Körper waren schweißnass.
So etwas hatte Bastien noch nie erlebt.
Vollständig befriedigt zog er sich aus ihr zurück und legte sich neben sie auf die Matratze. Melanie rollte sich auf die Seite und schmiegte sich enger an ihn.
Ein Frieden, wie er ihn seit dem Mord an seiner Schwester nicht mehr gekannt hatte, senkte sich über ihn, während er wie ein Schwamm Melanies Wärme und Zufriedenheit aufsaugte. Sie atmete jetzt tiefer und regelmäßiger.
Er schloss die Augen und ließ zu, dass der Schlaf von ihm Besitz ergriff.
Die Stimmen der Unsterblichen und ihrer sterblichen Freunde drangen aus dem Haus zu Zach herauf. Er saß schweigend auf dem eisigen Dach direkt über ihren Köpfen und achtete sorgfältig darauf, seine Körpertemperatur zu regulieren. Wenn er vor Kälte gezittert hätte, dann hätte das die Schmerzen, die ihm seine Verletzungen bereiteten, noch verstärkt.
Verdammt, tat das weh.
Mondlicht drang durch die dünnen Wolkenschleier. Die üblichen zwielichtigen Nachtgestalten trieben ihr Unwesen in der Dunkelheit zu seinen Füßen und in den dunklen Schatten außerhalb seines Gesichtsfelds.
Gelächter drang zu ihm herauf. Wie unbeschwert und sorglos es klang.
Zach versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal so unbeschwert gelacht hatte, und konnte es nicht.
Die Hintertür des Hauses öffnete sich und wurde kurz darauf wieder geschlossen. Jemand ging über die Veranda, die Treppe hinunter und eilte dann über den Rasen neben dem Haus, wobei das vertrocknete, winterbraune Gras unter den Schritten raschelte. Metall schepperte.
Zach sah nach rechts.
Das obere Ende einer Aluminiumleiter tauchte in seinem Blickfeld auf und wurde behutsam gegen die Kante des schrägen Dachs gelehnt.
Er seufzte. Wie wollten sie ihn dieses Mal quälen?
Eigentlich hätte niemand wissen sollen, dass er hier oben war. Selbst Seth schien seine Anwesenheit nicht bemerkt zu haben. Der arme Kerl musste sich zurzeit mit so vielen Problemen herumschlagen, dass Zach nicht begriff, warum er nicht einfach das Handtuch warf, um sich aus purer Erschöpfung zu Zach und den anderen zu gesellen.
Auf der Leiter waren Schritte zu hören. Hände glitten an den Längsseiten entlang.
Er öffnete die Flügel, bereit zum Abflug, und schnappte unwillkürlich nach Luft. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Körper. Er ballte die Hände zu Fäusten und wartete geduldig, bis der Schmerz abebbte.
Alles in Ordnung bei Ihnen?
Es war eine weibliche Stimme. Sie war sanft und leise und versetzte ihm einen solchen Schock, dass er seine Schmerzen vergaß.
Er sah zu der Leiter.
Ein feuerroter Lockenkopf war über der Dachkante aufgetaucht, dicht gefolgt von einem Paar smaragdgrüner Augen.
Wortlos starrte Zach die Unbekannte an. Es war die Frau, die Seth vor ein oder zwei Jahren aus den Händen der Söldner befreit hatte.
Die Frau, die von einem anderen Planeten kam.
Als er keine Anstalten machte abzuhauen, verstand sie das offenbar als Einladung, denn sie erklomm die letzte Sprosse und kletterte auf das Dach.
Zach machte sich bereit, notfalls hinter ihr herzuhechten, falls sie stolperte und vom Dach fiel. Seth würde garantiert ihm die Schuld geben, wenn sie abstürzte, und Zach hatte absolut keine Lust, sich noch mehr Ärger einzuhandeln.
Für eine Sterbliche war sie erstaunlich trittsicher. Ihre kleinen Füße steckten in Turnschuhen, und sie kletterte behände wie eine Gazelle das Dach hinauf und marschierte dann über den Dachfirst auf ihn zu, bis sie neben ihm stand.
Ihre Flügel gefallen mir.
Eine Telepathin also. Darf ich mich zu Ihnen setzen?
Ihm fiel auf, dass sie diese Frage erst stellte, nachdem sie sich neben ihn gesetzt hatte. Fast hätte er gelächelt. Vielleicht, wenn er nicht solche Schmerzen gehabt hätte … Okay.
Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir auf diese Weise miteinander reden, statt uns laut zu unterhalten? Ich habe das Gefühl, dass Sie nicht wollen, dass die anderen merken, dass Sie hier sind und zu uns stoßen – zumindest mit Seth und Marcus müssten wir rechnen.
Mir wäre es tatsächlich lieber, nicht noch mehr Gesellschaft zu bekommen. Also einverstanden.
Gut.
Woher wussten Sie, dass ich hier bin?
Ich habe gespürt, dass Sie Schmerzen haben. Sind Sie in Ordnung? Kann ich etwas für Sie tun?
Verdammt. Kein Wunder, dass Seth und die anderen sie so gern mochten. Sie kannte ihn nicht einmal und bot ihm trotzdem ihre Hilfe an.
Mir geht es gut.
Warum bitten Sie nicht Seth oder David, Sie zu heilen?
Er schüttelte den Kopf. Dann wüssten alle, dass ich hier bin.
Sie nickte.
Haben Sie keine Angst vor mir? Wenn man ihre Vorgeschichte bedachte, wäre es verständlich gewesen, wenn sie Angst vor ihm gehabt hätte. Er wusste, dass sie sich normalerweise vor Fremden fürchtete.
Und er war in der Tat ein sehr seltsamer Fremder.
Nein.
Warum nicht?
Sie zuckte mit den Achseln. Sie erinnern mich an Seth.
Kein Wunder.
Ich nehme an, dass ich das besser fragen sollte … sind Sie Freund oder Feind?
Hm, diese Frage war nicht leicht zu beantworten. Keins von beidem?
Man kann nicht beides sein.
Wenn es doch nur so einfach wäre.
Sie zitterte. Ihre Jacke war offenbar zu dünn, um die Kälte abzuhalten.
Er biss die Zähne zusammen und breitete seine Flügel aus, dann faltete er sie so, dass sie ihren Körper vor dem eisigen Wind schützten.
Sie warf ihm einen Blick aus dem Augenwinkel zu. Ich wusste, dass Sie ein Freund sind.
Er fluchte im Stillen und entschuldigte sich dann, als ihm einfiel, dass sie ihn hören konnte.
Aber sie grinste nur. Dann öffnete sie den Reißverschluss ihrer Jacke, um etwas herauszuholen.
Hatte sie eine Waffe dabei? Unsterbliche und ihre Sekundanten hatten einen Hang zu Gewalttätigkeit.
Plastik raschelte.
Als sie die Hand aus der Jacke zog, hielt sie darin zwei Lollis.
Er holte tief Luft. Der eine hatte Blaubeergeschmack, der andere Erdbeere.
Welchen möchten Sie lieber? Erdbeeeere? Sie wedelte mit der pinkfarbenen Süßigkeit unter seiner Nase herum. Oder lieber Blaubeere? Erdbeeeeeeere? Wieder hielt sie ihm den pinken Lolli unter die Nase. Oder Blaubeere?
Hmmm. Lassen Sie mich nachdenken. Erdbeere?
Perfekt! Sie gab ihm den rosafarbenen Lutscher.
Er lächelte. Es war ein … seltsames Gefühl – fast so, als würde er zum ersten Mal eine Fremdsprache sprechen.
Sie packte ihren Blaubeerlutscher aus und steckte ihn in den Mund.
Zach tat es ihr nach und befreite den Erdebeerlolli von dem Plastik. Süßer Erdbeergeschmack prickelte an seinem Gaumen.
Sie lächelte. Schmeckt gut, stimmt’s?
Er nickte und ließ seine Zunge über die schmackhafte Süßigkeit gleiten.
Stille senkte sich auf sie herab. Gelegentlich waren die Geräusche verschiedener Nachttiere zu hören, und aus dem Haus klangen Kampfgeräusche vom Training herauf, wobei er annahm, das Ami Letzteres gar nicht hören konnte.
Die Wolkenschleier teilten sich. Das Mondlicht funkelte auf den Solarzellen, die auf dem Dach zu ihren Füßen angebracht waren. Nebel hing über Davids winzigem Garten und wurde vom Wind aufgewirbelt.
Also, sagte sie schließlich. Sie wissen, was ich bin?
Ja. Die Neugier trieb ihn dazu, zu fragen: Wissen Sie, was ich bin?
Sie legte den Kopf schräg und betrachtete ihn nachdenklich. Ja, ich glaube, das tue ich.
Interessant. Wie viel hatte Seth ihr erzählt?
Die Minuten vergingen, in denen sie beide in Gedanken versunken mit ihren Lollis beschäftigt waren. Als sie nur noch die Plastikstiele übrig hatten, zog sie zwei weitere heraus.
Für welchen entscheide ich mich dieses Mal?, fragte er.
Sie grinste. Orange-Mango.
Er streckte die Hand aus und nahm den gelb-orangefarbenen Lutscher entgegen. Sie packte einen pinkfarbenen aus, der einen köstlichen Duft nach Wassermelone verströmte.
Erst als er den zweiten Lolli fast vernichtet hatte, fiel ihm auf, dass die Schmerzen nachgelassen hatten. Er hörte, wie Marcus unten jemanden fragte, ob er Ami gesehen hatte.
Ihr Mann sucht nach Ihnen.
Sie stand auf und ging zur Leiter.
Zach behielt sie ihm Auge, bis sie auf der obersten Sprosse stand. Was werden Sie ihm sagen?
Sie fing an, die Leiter hinunterzusteigen, bis nur noch ihre Augen und ihr feuerrotes Haar sichtbar waren. Die Wahrheit. Dass ich etwas frische Luft brauchte.
Danke.
Ihre Augen strahlten ihn an. Keine Ursache.
Er lauschte auf die Geräusche, die sie beim Hinunterklettern machte. Die Leiter wurde wieder vom Haus weggerückt und verschwand. Ihre kleinen Füße raschelten im Gras, gingen die Treppe hinauf und über die Veranda. Die Hintertür wurde geöffnet und schloss sich wieder.
Mehrere Unsterbliche und Sterbliche grüßten sie im Vorbeigehen, als sie durch das Erdgeschoss ging und dann in den Keller hinunterstieg.
»Hallo Liebling.«
»Hey Babe. He, du bist ja ganz kalt. Warst du draußen?«
»Ja. Ich brauchte etwas frische Luft.«
Er hörte, wie sie sich küssten. »Hmmm. Du schmeckst nach Blaubeere und Wassermelone.«
»Ich habe mir ein paar von deinen Lollies gemopst.«
»Ach, tatsächlich. Na ja, wenn du gerade in Stimmung bist, an etwas zu lecken, dann wüsste ich da was …«
Sie lachte.
»Wir können euch hören«, rief Seth.
»Und?«, entgegnete Marcus und küsste seine Frau noch einmal.
»Ich sagte es dir schon, sie ist wie eine Tochter für mich, du Blödmann.«
»Eben«, sprang David ihm zur Seite. »Es gibt einen Grund, warum ich Tausende von Dollar ausgegeben habe, um dein Schlafzimmer schalldicht zu isolieren.«
»Hmmm.« Marcus klang nachdenklich. »Ich glaube, damit will deine Familie mir sagen, dass wir jetzt ins Bett gehen sollen.«
»So hatte ich das eigentlich nicht gemeint – ach, zum Teufel«, brummte Seth.
Marcus lachte. »Na komm, gehen wir und sorgen wir dafür, dass dir wieder warm wird.«
Ami kicherte.
Eine Sekunde später wurde eine Tür geschlossen.
Zachs Federn flatterten im eisigen Wind.
Er sah hinunter auf die beiden kurzen weißen Plastikstiele, die er zwischen den Fingern hin und her drehte, sie waren alles, was von den beiden Lutschern übrig geblieben war.
Diese beiden Lollies waren das einzige Geschenk, das er in seinem langen Leben jemals bekommen hatte.
Unten im Haus wurden Gespräche angefangen und beendet, manchmal redeten sie durcheinander oder fielen einander ins Wort.
Zach erhob sich mit steifen Gliedern. Wieder war er gezwungen, den Atem anzuhalten, bis der Schmerz, den die Bewegungen ausgelöst hatten, nachließ. Seine Finger spielten weiter mit den beiden weißen Plastikstielen herum.
Über sich selbst den Kopf schüttelnd, stopfte er sie in die Gesäßtasche seiner Lederhose.
Einfach erbärmlich.
Er biss die Zähne zusammen, beugte die Knie, stieß sich ab und sauste mithilfe eines Schlags seiner kraftvollen Flügel hinauf in den Nachthimmel.