6

»Bewegen Sie Ihren Arsch, MacTavish. Der Captain hat gesagt, es ist Zeit, Sie freizulassen. Sie können Ihre Waffen in seinem Büro abholen.«

Die Zellentür wurde geöffnet, und der Mann der Wache forderte Tanner mit einer Geste auf, herauszukommen. »Wird auch Zeit«, grollte Tanner. »Es ist fast Mittag.«

»Ja, er wollte Ihnen genügend Zeit geben, um sich abzukühlen.«

Tanner sagte nichts, als sie über den Gang gingen und in den strahlenden Sonnenschein hinaustraten.

»Folgen Sie mir. Der Captain wartet.«

Tanner ging über den Exerzierplatz, die Gedanken bei Cole und dem Plan, den sie während der Nacht geschmiedet hatten. Er musste klappen. Cole war der Einzige, der helfen konnte, Ashley zu finden. Er war überzeugt davon, das Lager von Rasender Elch finden zu können, und es blieb Tanner nichts anderes übrig, als dem Yankee zu vertrauen. Natürlich war dieser Yankee Ashleys Zwillingsbruder, wodurch Tanner sich viel besser fühlte.

»Kommen Sie rein, MacTavish«, sagte Captain Callahan, als der Adjutant Tanner angekündigt hatte. »Ich hoffe, die Übernachtung in unserem Gefängnis hat sie etwas beruhigt.« Er betrachtete forschend Tanners Gesicht. »Wenn nicht, kann ich gern einen längeren Aufenthalt arrangieren.«

»Ich habe genug von Ihrem Fort gesehen, Captain. Ich werde meinen Proviant auffüllen und weiterreiten. Meine Frau ist immer noch in der Gewalt der Indianer, und ich werde sie mit oder ohne Ihre Hilfe suchen.«

»Viel Glück, obwohl ich nicht viel Hoffnung habe. Wenn Sie sie in ein paar Wochen nicht gefunden haben, kommen Sie wieder. Vielleicht sind wir dann in einer besseren Lage und können Ihnen Hilfe anbieten.« Er zog eine Schublade seines Schreibtischs auf und nahm Tanners Revolver heraus. »Hier sind Ihre Waffen. Sie können sich Ihr Pferd im Mietstall abholen. Ich hoffe, Sie haben das Geld für die Unterbringung und Verpflegung des Tiers.«

»Ich werde mich darum kümmern«, sagte Tanner, als er den Revolvergurt um die schmalen Hüften schnallte. Er hatte sich ohne seine Waffen fast nackt gefühlt und freute sich, sie wiederzuhaben.

Zu seiner Erleichterung war all sein Besitz noch in den Satteltaschen vorhanden, einschließlich des Geldes, das er aus Ashleys Koffer genommen hatte. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, es zu zählen, doch es schien eine beträchtliche Summe zu sein. Er kaufte einen kastanienbraunen Wallach, zahlte dem Stallmann den ausgehandelten Preis, holte sein eigenes Pferd aus der Box und führte beide Tiere über die Straße zum Laden. Der Angestellte wurde leicht neugierig, als Tanner einen Sattel, Satteltaschen, zwei komplette Garnituren Wildlederkleidung, einen Hut, zwei .45er Colts, ein Gewehr, Munition und reichlich Proviant kaufte.

»Planen Sie einen längeren Ausflug, Mister?«

»So was in der Art«, erwiderte Tanner kurz angebunden. Er bezahlte und verließ das Geschäft, jedoch nicht das Fort. Noch nicht. Zunächst musste Cole aus dem Gefängnis entkommen, und das war erst nach Einbruch der Dunkelheit möglich.

Die meiste Zeit des Tages verbrachte Tanner in einem der Saloons im Fort. Er trank zwei Bier, jedoch nicht mehr, er wollte nüchtern bleiben. Er bestellte eine gute Mahlzeit und wartete auf die Dunkelheit. Es wurde ein langer Nachmittag, sogar noch länger durch den Strom von Soldaten in blauen Uniformen, die kamen und gingen. Es kostete Tanner beträchtliche Mühe, sich zu beherrschen. Bei jedem Yankee, den er sah, hätte er am liebsten zum Revolver gegriffen.

Am späten Nachmittag schloss sich Tanner einer Pokerpartie an und überraschte sich selbst, indem er gewann. Das Spiel endete gegen Mitternacht, und Tanner verließ den Saloon so unauffällig, wie er ihn viele Stunden zuvor betreten hatte. Der Exerzierplatz war verlassen, die Büros und Wohngebäude waren dunkel. Ein Wachtposten patrouillierte vor dem offen Tor, während ein anderer auf einem Turm oberhalb der Palisaden Wache hielt.

Tanner führte die beiden Pferde leise und heimlich zur Rückseite des Gefängnisses, bis er an das kleine vergitterte Fenster gelangte, das sich hoch in der Wand befand.

»Cole«, zischte Tanner und wartete, dass Cole sein Signal bestätigte. Das geschah fast sofort.

»Bist du es, Tanner? Reich mir die Waffen und die Kleidung hoch«, raunte Cole.

Tanner führte sein Pferd näher an die Außenwand und nahm einige Kleidungsstücke sowie die Waffen, die er für Cole gekauft hatte, aus den Satteltaschen. Dann stellte er sich vorsichtig auf den Sattel, bis er das Fenster erreichen konnte, und zwängte die Sachen für Cole durch die schmalen Lücken zwischen den Gitterstäben.

»Warte auf mich beim Tor«, zischte Cole. »Hast du mir ein Pferd beschafft?«

»Es steht bereit«, flüsterte Tanner zurück.

Tanner hatte von Anfang an Zweifel an Coles Plan gehabt. Er hatte es für einfacher gehalten, mit gezogenen Waffen in das Gefängnis einzudringen und Coles Freilassung zu erzwingen. Cole jedoch war ein vorsichtiger Mann. Er wollte nicht, dass Tanner gesehen oder als Komplize identifiziert wurde. Es reichte, dass er gejagt werden würde; er wollte nicht seine Familie mit hineinziehen.

Tanner führte die beiden Pferde am Rand des Exerzierplatzes entlang und duckte sich in den Schatten. Als er zu einer Gasse nahe beim Haupttor gelangte, führte er die Pferde hinein, wie mit Cole abgesprochen, und wartete auf ihn.

Cole versteckte die Kleidung und alles außer einem Sechsschüsser unter der Matratze der Pritsche. Den Colt steckte er in den Gürtel unter seine Jacke. Dann streckte er sich am Boden aus. Als alles bereit war, rief er den Wächter, wobei er versuchte, das richtige Maß an Verzweiflung in die Stimme zu legen. Er musste ein paar Minuten rufen und um Hilfe betteln, bevor der mürrische Wächter erschien.

»Was, zur Hölle, hat der Lärm zu bedeuten?«

Cole wälzte sich wie unter Schmerzen auf dem Boden. Er presste eine Hand auf die Brust und stieß gurgelnde, verzweifelt klingende Laute aus. »Hilf mir. Ich glaube, ich sterbe.«

Der Wächter starrte ihn zweifelnd an, und Cole glaubte schon, vor Anspannung fast verrückt zu werden. Er durfte nicht scheitern. Nicht jetzt. Ashley brauchte ihn. Plötzlich zuckte er krampfhaft, versteifte sich und erschlaffte. Endlich überzeugt, dass Cole nicht schauspielerte, öffnete der Wächter die Zellentür und kniete sich neben Coles reglose Gestalt. Bevor der arme Mann wusste, wie ihm geschah, zog Cole den Colt und schlug ihn nieder. Der Mann faltete sich zusammen wie ein Akkordeon und lag still.

Cole sprang neben ihm auf, knebelte ihn mit dessen Halstuch und band ihm die Hände mit dem Hosengurt zusammen. Dann zog er schnell die neue Wildlederkleidung an, die Tanner ihm besorgt hatte. Eilig verließ er die Zelle und schloss sie hinter ich ab. Er warf den Schlüssel in eine Gasse und schlich zu der Stelle, an der Tanner wartete.

Tanner atmete erleichtert auf, als er Cole in die Gasse schlüpfen sah. »Ist alles planmäßig verlaufen?«

Cole grinste. »Genau, wie ich es mir vorgestellt hatte. Lenk den Wachtposten ab; ich erledige den Rest.«

Tanner packte die Zügel von Coles Pferd, stieg auf sein eigenes und verließ die Gasse. Als er sich dem Tor näherte, rief der Wachtposten: »Halt, wer da?«

»Ich verlasse das Fort, Soldat, ich versuche nicht, mich hineinzuschleichen«, erklärte Tanner. »Gibt es ein Gesetz, das dies verbietet?«

Sichtlich verwirrt, spähte der Wachtposten an Tanner vorbei in die Dunkelheit und versuchte, seine Gesichtszüge zu erkennen. Tanner hatte den Hut tief ins Gesicht gezogen, und nur seine Mundpartie war sichtbar.

»Nicht, dass ich wüsste, Mister. Sie sollten nur wissen, dass es gefährlich ist, des Nachts durch diese Gegend zu reiten. Die Roten sind zur Zeit unruhig.«

Tanner zuckte mit den Schultern. »Es ist immer gefährlich, nachts zu reiten.«

»Das ist ein prächtiges Pferd, Mister«, sagte der Wachtposten und betrachtete neugierig den kastanienbraunen Wallach.

»Ich liebe gute Qualität. Darf ich jetzt passieren?«

»Wie Sie wollen, auch wenn ich nicht verstehen kann, wieso Sie mitten in der Nacht den Schutz des Forts verlassen wollen. Viel Glück.«

Tanner ritt durchs Tor, dankbar dafür, dass der Wachtposten kein misstrauischer Typ war. Er ritt nur ein kurzes Stück und zügelte dann sein Pferd an einer Stelle, die der Posten auf dem Turm nicht einsehen konnte.

Der Wachtposten ging zum Tor, um in die Dunkelheit zu spähen, wobei er wohl nachsinnte, dass jemand, der sich mitten in der Nacht in die Wildnis begab, verrückt sein musste. Er bemerkte Cole nicht, der sich hinter ihm anschlich, und sah nicht, was ihn traf, als Cole ihn von hinten niederschlug.

Cole schlich an den Palisaden entlang und fand Tanner mühelos. Sie führten die Pferde von den Palisaden fort und in einen Graben hinab, der als Schutz rings um das Fort ausgehoben worden war, bevor sie in die Nacht galoppierten.

Als die Tage und Nächte zu Wochen wurden, gab Ashley alle Hoffnung auf Rettung auf und begann, ihre Flucht zu planen. Leider war sie nie allein. Morgennebel wurde ihr Schatten. Jeder aus dem Stamm von Rasender Elch schien Ehrfurcht vor ihr zu haben, sogar der Schamane. Man behandelte sie mit Ehrerbietung und großem Respekt, ein krasser Gegensatz zu allem, was sie über die Behandlung von indianischen Gefangenen gehört oder gelesen hatte. Ashley war dankbar dafür, dass Traumdeuter den günstigen Tag für ihre Vereinigung mit Rasender Elch noch nicht vorausgesagt hatte, und sie hoffte, dass der alte Mann es niemals tun würde.

Ashley begann, von Morgennebel ein paar Worte Sioux aufzuschnappen, auch wenn sie die Sprache gar nicht bewusst lernen wollte. Je länger sie bei den Indianern war, desto begieriger wurde Rasender Elch, sie zu nehmen. Seine harten, wollüstigen Blicke jagten ihr Furcht ein. Er begehrte sie - das konnte sie sehen-, und seine Geduld ging zu Ende. Wenn sie des Nachts neben ihm lag, spürte sie seine Anspannung, ahnte, welche Mühe es ihn kostete, sich zur Zurückhaltung zu zwingen. Sie fragte sich, wie lange er sich noch unter Kontrolle behalten konnte.

Eines Tages bat Rasender Elch Ashley, mit ihrer Kraft zu einer erfolgreichen Jagd zu verhelfen. Der Stamm brauchte unbedingt frisches Fleisch, und die Krieger hatten seit vielen Jagdtagen kein Wild entdeckt.

Ashley zögerte. »Ich kann dir nichts versprechen. Ich bin eine sterbliche Frau ohne übernatürliche Kräfte.«

»Deine Macht ist groß. Gib uns deinen Segen, Flamme. Das Volk will an dich glauben, doch meine Krieger werden mürrisch. Sie haben in letzter Zeit nur Pech gehabt.«

»Wenn es etwas nutzt, habt ihr meinen Segen«, sagte Ashley.

Rasender Elchs Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Ich bin dir dankbar, Flamme. Wenn wir uns vereinigen, werde ich dir zeigen, wie dankbar. Ich bin jung und kräftig, und ich werde dafür sorgen, dass du den Himmel spürst.«

Er blickte sie noch einmal heiß an, und dann trabte er davon.

Am nächsten Tag kehrte der Jagdtrupp jubelnd ins Lager zurück. Sie hatten Wild aufgespürt und genügend davon erlegt, um einen Fleischvorrat für viele Wochen zu haben. An diesem Abend wurde ein großes Fest gefeiert. Das Vertrauen in Ashleys Macht war wieder grenzenlos. Denn laut Traumdeuter war Ashley dafür verantwortlich, dass der Große Geist ihnen eine so gute Jagdbeute beschert hatte. Mehr als je zuvor befürchtete Ashley, dass ihr die Rückkehr zu den Weißen niemals erlaubt werden würde. Am nächsten Tag unternahm sie einen Fluchtversuch.

Sie hatte alles sorgfältig geplant. Als sie zum Baden im Fluss ging, schickte sie Morgennebel zum Tipi zurück, um etwas zu holen, das sie absichtlich vergessen hatte. Sobald Morgennebel außer Sicht war, watete Ashley durch den seichten Fluss und schlug sich in den Wald. Sie ging stundenlang und verlor jegliche Orientierung. Verwirrt überlegte sie, ob sie an der gleichen Stelle nicht schon einmal gewesen war, und das war tatsächlich der Fall, denn sie war im Kreis gewandert. Sie hatte sich gerade entschlossen, zum Fluss zurückzukehren und ihm bis zum Fort zu folgen, als sie Rasender Elch auf seinem Pferd durch den Wald brechen sah.

Sie warf sich herum und floh, so schnell sie die Beine tragen konnten, doch es war nicht schnell genug. Rasender Elch preschte hinter ihr her, neigte sich wie ein Racheengel hinab, riss sie hoch und setzte sie vor sich. Dann zog er mit einem Triumphschrei sein Pferd herum und ritt zum Camp zurück. Ashley stellte überrascht fest, welch kurze Distanz sie während der langen Stunden ihrer Wanderung zurückgelegt hatte. Rasender Elch setzte sie vor dem Tipi ab, schob sie hinein und folgte ihr dichtauf.

»Warum bist du weggerannt, Flamme? Hat mein Volk dich schlecht behandelt? Musst du zu viel arbeiten? Bist du misshandelt worden ?«

Ashley schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr habt mich gut behandelt, doch ich will zu meinem Mann zurückkehren.«

»Ich werde dein Mann sein, Flamme. Deine Kraft gehört dem Volk. Deinetwegen war unsere Jagd erfolgreich. Ich werde Traumdeuter drängen, ein Datum für unsere Vereinigung festzulegen.«

Er war wütend, das war nicht zu übersehen. Wenn sie nicht dieses verdammte rote Haar hätte, wäre sie ihm niemals aufgefallen, als er mit seinen Kriegern den Treck gestoppt und Wegzoll verlangt hatte. Sie hatte ihr rotes Haar stets gehasst und versucht, es zu verbergen, wann immer das möglich war. Jahrelang hatte sie es unter Hauben und Hüten verborgen, zu einem strengen Knoten zusammengebunden und sogar versucht, es mit Öl dunkler zu färben. Nichts hatte geklappt.

»Du solltest Rasender Elch nicht provozieren«, riet Morgennebel, als ihr Bruder das Tipi verlassen hatte. »Er ist entschlossen, dich zu seiner Frau zu machen.«

»Dein Bruder ist ein guter Mann«, sagte Ashley vorsichtig, »aber ich bin bereits verheiratet. Es ist gegen das Gesetz, mehr als einen Ehemann zu haben.«

»Nicht bei uns«, erklärte Morgennebel. »Du wirst alles über deinen Mann vergessen, wenn Rasender Elch dich glücklich gemacht hat. Frühlingsregen sagt, er befriedigt sie köstlich unter den Fellen.«

Ashley errötete und blickte fort. »Dann soll Frühlingsregen ihn haben.«

»Frühlingsregen ist eine gewöhnliche Frau. Du bist es, die Rasender Elch will. Sei nicht dumm und versuch nicht wieder wegzulaufen. Der Wald kann sehr gefährlich sein.«

»Meine Kraft wird mich schützen«, sagte Ashley mit einer Spur von Sarkasmus und wandte sich von dem freundlichen Indianermädchen ab.

Morgennebel lächelte. »Ich verstehe deinen Wunsch, zu deinem Volk zurückzukehren, aber jetzt sind wir dein Volk. Wenn der Große Geist nicht wollte, dass du eine von uns wirst, hätte er jemanden geschickt, der dich holt.«

Morgennebel brauchte Ashley nicht zu sagen, dass sie keinem so viel bedeutete, dass er die Suche nach ihr auf sich nahm; das wusste sie bereits. Aber sie konnte es hoffen. Sie konnte davon träumen, dass Tanner sie begehrte, auch wenn sie ahnte, dass es Wunschdenken war.

»Verdammt, Cole, ich schwöre, wir sind im Umkreis von hundert Meilen jeden Hügel hinauf- und hinuntergeritten, ohne einem einzigen Indianer zu begegnen. Wo, zur Hölle, sind diese roten Teufel?«

»Ich habe dir doch gesagt, Tanner, sie sind gerissen. Wir haben noch nicht überall gesucht. Es gibt immer noch ein oder zwei Stellen, an denen sie sein könnten.«

»Die Sioux haben Ashley seit über zwei Wochen in ihrer Gewalt. Woher willst du wissen, dass sie noch lebt?«

»Ich weiß es nicht.« Cole wollte bei Tanner keine falsche Hoffnung wecken. »Aber immerhin ist sie meine Zwillingsschwester. Ich würde spüren, wenn sie tot wäre.«

Tanner zuckte zusammen, wollte keinen Gedanken daran zulassen, dass Ashley nicht mehr leben könnte. Es war wie verhext. Alles, was er geliebt hatte, war ihm genommen worden. Er hatte Ellen geliebt, und was war passiert? Er hatte seine Mutter geliebt, seinen Vater, und sie waren Opfer eines Krieges geworden, den die Yankees ihnen aufgezwungen hatten.

»Du musst meine Schwester sehr lieben«, sagte Cole, der Tanners Seelenqual bemerkte.

»Es ist nicht so, wie du denkst, Cole. Unsere Ehe ... unsere Ehe ... es war nicht ... o verdammt, Ashley soll es dir erklären.«

Cole brauchte keine Erklärung. Er wusste, dass seine Schwester geliebt wurde, ganz gleich, was Tanner auch sagte. »Du magst keine Yankees, oder?«

Tanners Gesichtszüge verhärteten sich. »Yankees sind mit dem Teufel im Bunde. Sie haben mir das Leben zur Hölle gemacht.«

»Der Krieg ist vorüber, Tanner. Ich habe meinen Anteil im Osten dazu beigetragen, bevor ich nach Fort Bridger versetzt worden bin, und ich habe keinen Groll.«

»Deine Mutter starb auch nicht in einer Sklavenhütte in deinen Armen, ohne Essen und ohne ordentliches Dach über dem Kopf, abgemagert zu Haut und Knochen. Deine Frau wurde nicht... ach, verdammt, ich will nicht darüber reden. Seit dem Krieg hat mein Leben darin bestanden, Yankees zu hassen und andere Dinge zu tun, auf die ich nicht stolz bin. Ich habe mich von Stadt zu Stadt durchgeprügelt, immer dem Gesetz einen Schritt voraus, auf der Suche nach einem Platz, an dem mich nicht der Anblick von blauen Uniformen quält.«

»Du und Ashley, ihr müsst irgendeine gemeinsame Basis haben. Mir gefällt der Gedanke, dass es Liebe ist.«

»Denk, was du willst, Cole. Aber unsere Eheschließung hatte nichts mit Liebe zu tun. Wenn du es unbedingt wissen willst, Ashley hat mich bezahlt, damit ich sie heirate. Captain Cramer wollte sie nur verheiratet oder in Begleitung ihrer Eltern mit dem Treck mitnehmen. Sie war verzweifelt, weil sie unbedingt nach Fort Bridger gelangen und dir helfen wollte, deinen Namen reinzuwaschen. Sie hat mich im Gefängnis von St. Joe aufgegabelt.«

Cole zügelte abrupt sein Pferd und starrte Tanner entsetzt an. »Ashley musste dafür zahlen, dass du sie geheiratet hast?« Das war erstaunlicher für Cole als die Tatsache, dass Ashley Tanner im Gefängnis getroffen hatte.

»Nur zum Schein«, fügte Tanner hastig hinzu. »Und so blieb es. Ich sollte sie sicher nach Fort Bridger bringen, und dann sollte die Ehe annulliert werden. Ich bin nicht der Typ, der heiratet, Cole. Ashley braucht einen Mann, der ihr ein richtiger Ehemann sein kann.«

»Wie bist du so sicher, dass du ihr nicht geben kannst, was sie braucht? Wenn du ein völliger Bastard wärst, würdest du nicht dein Leben für sie aufs Spiel setzen. Leugne, so viel du willst, Tanner, aber da ist mehr zwischen dir und Ashley, als du zugeben willst.«

»Als ich Ashley kennen lernte, hatte ich wenig, für das es sich zu leben lohnte. Sie bot mir höllisch viel Geld, und ich nahm ihr Angebot an, weil ich zu diesem Zeitpunkt nichts Besseres zu tun hatte. Und mir stand bevor, in ein Bundesgefängnis gebracht zu werden, wenn ich das Angebot nicht annehme. Belassen wir es dabei.«

»Wenn du meinst«, sagte Cole und entschloss sich, das Thema fallen zu lassen. Ashley war 25 Jahre alt, gewiss alt genug, um zu wissen, was sie wollte und wie sie es bekommen konnte. Wenn sie den Rebellen wollte, würde der arme Kerl keine Chance haben.

Als der Pfad zu schmal wurde, um zwei Pferden nebeneinander Platz zu bieten, fiel Tanner hinter Cole zurück, und die Unterhaltung versickerte. Am Ufer eines plätschernden Baches saßen sie ab, um Wasser zu trinken und die Pferde zu tränken. Plötzlich scheuten die Pferde und schnaubten. Cole hob den Kopf vom Wasser und neigte ihn, um zu lauschen.

Tanner verspürte ein unheilvolles Prickeln, an seiner Wirbelsäule, als er die herabhängenden Zügel seines Pferdes packte, und versuchte, das Tier unter Kontrolle zu bekommen. »Was ist los?«

»Ich bin mir nicht sicher. Lass uns auf der Stelle verschwinden.«

Doch bevor sie auf ihre Pferde steigen konnten, brachen sechs, sieben Indianer mit Kriegsbemalung zwischen den Bäumen hervor und umzingelten sie. Cole fluchte, als ihm die Zügel seines Pferdes aus der Hand gerissen wurden und er von hinten gepackt wurde. Er warf einen Blick zu Tanner und sah, dass dieser in der gleichen misslichen Lage war.

»Ich nehme an, wir waren näher an den Roten dran, als wir gedacht haben«, bemerkte Tanner trocken.

»Lass mich mit ihnen reden«, sagte Cole. »Wenn sie kein Englisch verstehen, kann ich ein bisschen Zeichensprache.«

»Du solltest dich aber damit beeilen«, riet Tanner. »Sie sehen nicht allzu freundlich aus.«

Die Indianer begannen, die beiden Männer anzuschreien und auf sie einzuschlagen, während sie ihnen die Hände mit Lederstricken fesselten. »Rasender Elch!«, rief Cole und hoffte, so ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Bringt uns zu Rasender Elch!«

Einer der Indianer blickte ihn hart an, sagte jedoch nichts, das für Cole und Tanner Sinn ergab. Bei dem Versuch, die Hände von den Stricken zu befreien, damit er sie zur Zeichensprache benutzen konnte, rutschte Cole der Hut vom Kopf. Sein rotes Haar war wie eine leuchtende Fahne vor dem Dunkelgrün des Waldes und der Hügel. Die Indianer prallten zurück und sprachen und gestikulierten wild miteinander.

»Was, zum Teufel, hat das zu bedeuten?«, fragte Tanner.

»Wenn ich das nur wüsste. Ich hoffe, sie streiten sich nicht, wer meinen Skalp bekommt.«

Plötzlich hob einer der Indianer Coles Hut auf und rammte ihn zurück auf dessen Kopf. »Rasender Elch«, wiederholte Cole. »Bringt uns zu Rasender Elch.«

Die Indianer packten die herabbaumelnden Enden der Handfesseln und führten Tanner und Cole durch den Wald zu der Stelle, an der sie ihre Pferde angebunden hatten. Sie sprangen auf die ungesattelten Tiere, rissen die gefesselten Männer mit und zwangen sie, neben den Pferden herzustolpern, wenn sie nicht über den Boden geschleift werden wollten. Tanner rang um Atem und befürchtete, das er nicht lange genug leben würde, um Ashley helfen zu können. Er hatte keine Ahnung, ob diese Wilden zum Stamm von Rasender Elch gehörten oder zu irgendeinem anderen wilden Stamm. Und nach dem Ausdruck von Coles Gesicht zu schließen, wusste der es ebenfalls nicht. Wenn er dies nicht überlegte, würde er mit Wut und Hass auf die Yankees sterben. Wenn die Armee eine Patrouille losgeschickt hätte, wie er sie gebeten hatte, wäre Ashley jetzt vielleicht in Sicherheit.

Tanner war überrascht darüber, wie nahe er und Cole einem Dorf gewesen waren. Wenn sie nicht gefangen genommen worden wären, hätten sie es sehr bald selbst erreicht. Als die Indianer endlich hielten, war Tanner ein paar Mal gestürzt und durch den Staub geschleift worden. Seine Kleidung hing in Fetzen um seinen geschundenen Körper, er rang nach Atem, und sein Geicht war hochrot. Cole schien in der gleichen Mitleid erregenden Verfassung zu sein. Tanner rappelte sich unbeholfen auf und sah, dass er und Cole von einer grimmigen Schar bronzefarbener Männer, Frauen und Kinder umgeben war.

Ein Murmeln ging durch die Versammelten. Tanner blickte auf und sah einen schlanken, muskulösen Indianer, nackt bis auf einen Lendenschurz und Mokassins, auf sich zuschreiten. Einer der Krieger, der sie gefangen genommen hatte, begann mit gutturaler Stimme aufgeregt zu sprechen und zu gestikulieren. Der Krieger, der am nächsten bei Cole stand, zog ihm den Hut vom Kopf. Plötzlich wusste Tanner Bescheid. Coles rotes Haar. Hatten sie endlich Rasender Elch gefunden? Oder -treffender - hatte Rasender Elch sie gefunden?

Angespannt suchte Tanner in der Menge nach einem Gesicht, das ihm wichtig geworden war.

Dann sah er sie, und ihm stockte der Atem.

Die Neugier hatte Ashley aus dem Tipi getrieben. Sie hatte die Unruhe mitbekommen und war trotz Morgennebels Warnung der Menge in die Mitte des Lagers gefolgt.

Und da entdeckte sie ihn. Stille setzte ringsum ein, als Tanner den Blick hob und ihre Augen seine trafen. Er war gekommen. Aber zu welchem Preis ? Er war genauso ein Gefangener wie sie. Und nach seinen Beulen und Schrammen und der zerfetzten Kleidung zu schließen, waren sie alles anderes als freundlich mit ihm umgegangen.

Ihr Blick glitt zu dem Mann neben Tanner, und sie stieß einen ungläubigen Schrei aus, als sie das rote Haar sah, das nur eine Spur dunkler als ihr eigenes war. Cole! Hier! Wie war das möglich? Sie fand keine Erklärung, aber das spielte auch keine Rolle. Es zählte nur, dass Tanner hier war und dass ihr geliebter Bruder bei ihm war. Sie wollte hinrennen, hinfliegen, doch ihre Beine schienen ihr nicht zu gehorchen. Sie schaffte es nur, langsam auf Tanner und Cole zuzugehen.

Tanners Herz schlug schneller, als ihre Blicke ineinander versanken. Er betrachtete ihr Gesicht und ihren Körper und erkannte erleichtert, dass sie nicht misshandelt worden war. Dann sah er, wie sie Cole anstarrte und musste über ihren verzückten Gesichtsausdruck lächeln. Er würde seine Seele verkaufen, wenn Ashley nur halb so viel Freude empfunden hätte, ihn zu sehen, wie beim Anblick ihres Bruders.

Ashley bahnte sich einen Weg durch die Menschentraube, ging zuerst auf Cole zu, umarmte ihn und weinte und lachte gleichzeitig. Dann trat sie vor Tanner, und Tränen schimmerten in ihren Augen. Wegen der Art, wie Rasender Elch sie anstarrte, verzichtete sie darauf, Tanner zu berühren »Du bist gekommen.«

Er schenkte ihr ein zärtliches Lächeln. »Hast du etwas anderes angenommen?«

»Ich ... weiß nicht. Du hättest mein Geld nehmen und für immer verschwinden können.«

Tanner runzelte die Stirn. »Das hätte ich tun können.«

»Wer sind diese Männer, Flamme?« Die strenge Stimme von Rasender Elch zerstörte die Wiedersehensfreude.

»Der Mann mit dem roten Haar ist mein Bruder. Mein Zwillingsbruder. Ich habe ihn seit vielen Monden nicht gesehen. Der andere Mann« - sie lächelte Tanner unsicher an - »ist mein Ehemann. Er ist mit meinem Bruder gekommen, um mich nach Hause zu holen.« Das war nicht ganz wahr; sie hatte kein Zuhause mehr, aber das brauchte Rasender Elch nicht zu wissen.

Rasender Elch bedachte Tanner mit einem giftigen Blick, der ihn hätte warnen sollen. »Flamme hat keinen Ehemann. Sie lebt in meinem Tipi und schläft auf meinem Lager. Wenn der Mond voll ist, wird sie sich mit mir vereinigen.«

Langsam heftete Rasender Elch seinen Blick auf Coles Gesicht, dessen Züge so sehr denen Ashleys ähnelten. Seine Miene verfinsterte sich. »Du und dein Freund werdet sterben.« Er nickte bekräftigend, und Cole und Tanner wurden gepackt und fortgeschleppt.

»Warte! Du kannst sie nicht töten!«, schrie Ashley und klammerte sich an den Arm des Indianers. Sie war verzweifelt. Sie musste etwas sagen, irgendetwas, um Cole und Tanner zu retten. »Du hast gesagt, ich sei mächtig. Ich werde meine Macht gegen den Stamm richten, wenn du meinen Bruder und meinen Mann tötest. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich tatenlos zusehe, wie sie sterben. Wenn ich unglücklich bin, wird dein Volk leiden.«

Rasender Elch starrte Ashley mit einer Mischung aus Furcht und Zweifel an. Aberglaube war groß und ein wichtiger Teil seiner Kultur. Wenn an Ashleys Worten etwas Wahres war, musste er vorsichtig sein. Er musste Traumdeuter um Rat fragen, wie er weiter vorgehen sollte.

»Ich werde über deine Worte nachdenken, Flamme. Keiner der beiden Männer wird getötet werden, bis ich zu einer Entscheidung gelangt bin.« Ashley brach vor Erleichterung fast zusammen. Doch die Freude war kurzlebig, als Tanner und Cole weggeschleppt und an Pfosten gebunden wurden, an denen höchstwahrscheinlich schon andere unglückliche Gefangene gefesselt gewesen waren.

Als die Gefangenen zur Zufriedenheit von Rasender Elch gefesselt waren, eilte er zu Traumdeuters Tipi. Sobald er fort war, lief Ashley zu Cole und Tanner und fiel vor ihnen auf die Knie. Morgennebel folgte ihr, blieb ein wenig zurück, spähte jedoch unter halb gesenkten Lidern scheu zu Cole.

»Geht es euch gut?«, fragte sie und blickte von einem zum anderen. »Ich kann noch immer nicht glauben, dass ihr zusammen hier seid. Ist die Mordanklage fallen gelassen worden, Cole? Wo ist die Armee? Ihr habt Soldaten mitgebracht, nicht wahr? Folgen sie euch? Es gibt hier Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind, und ich möchte nicht, dass ihnen etwas passiert.«

»Leute wie Rasender Elch?«, fragte Tanner scharf. »Ich wusste nicht, dass du zu den Wilden übergewechselt bist. Nun, mach dir keine Sorgen. Es gibt keine Armee hinter uns. Nach meinem Tod wirst du frei sein, um ihn zu heiraten. Ich hätte wissen sollen, dass du dich hier gleich ins gemachte Nest setzt, Yankee.« Verdammt, was war mit ihm los? Er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um sie zu finden, und jetzt verhielt er sich wie ein eifersüchtiger Narr. Ashley fand das ebenfalls.

»Du bist ein Dummkopf, Rebell«, stieß sie hervor. »Ich habe nicht vor, Rasender Elch zu heiraten. Ich habe bereits einen Mann. Einen Mann, der verrückt genug ist, ohne Soldaten herzukommen. Ich verstehe nicht alles, was hier vor sich geht, aber vor vielen Jahren hatte der Schamane eine Vision. Er sah eine rothaarige, weiße Frau, die bei ihnen leben und ihnen Glück bringen würde. Sie halten mich für diese Frau. Ich bin gut behandelt worden, obwohl ich einmal zu flüchten versucht habe, und die Schwester von Rasender Elch ist meine Freundin geworden.«

»Ich unterbreche diesen netten Plausch ungern, Ashley, aber wie stehen unsere Chancen, hier lebend wegzukommen ?« Obwohl Coles Frage an Ashley gerichtet war, schien er nur Augen für die hübsche Indianerin zu haben, das in der Nähe stand. »Wer ist das Mädchen?«

Ashley zog Morgennebel heran. »Sie heißt Morgennebel, und sie ist die Schwester von Rasender Elch. Sie spricht auch recht gut Englisch. Morgennebel, dies ist mein Bruder, Cole, und der andere Mann ist mein Ehemann.« Morgennebel nickte scheu. »Was das Verschwinden von hier anbetrifft, so werden wir eine Möglichkeit finden. Ich werde euch Essen und Wasser bringen. Rasender Elch ist gegangen, um sich mit dem Schamanen über eure Zukunft zu beraten.«

»Yankee?«

Ashley sah Tanner an, betroffen von der Wut, die seine Augen widerspiegelten.

»Bist du wirklich wohlauf? Hat Rasender Elch oder sonst jemand dir etwas angetan?«

Sie sah ihm die Anspannung an, spürte den Zorn, den er empfand, und war erleichtert, weil sie ihm ehrlich sagen konnte, dass nichts passiert war.

»Ich bin in keiner Weise behelligt worden, Rebell. Das Volk von Rasender Elch glaubt, ich besäße irgendeine Macht.«

»Gott sei Dank.«

Sie wandte sich an Cole. »Bist du jetzt aus der Armee entlassen? Bist du frei?«

»Leider muss ich dich enttäuschen, Schwester, aber ich bin aus dem Militärgefängnis geflüchtet. Dein Mann hat mir geholfen. Als er mir von deiner Entführung erzählte und dass die Armee ihm nicht helfen würde, dich zu suchen, konnte ich nicht einfach dasitzen und untätig bleiben. Ich bin ein ausgebrochener Häftling und Deserteur.«

»Oh, Cole, es tut mir so Leid, wie sich die Dinge entwickelt haben. Ich wollte unbedingt deinen Namen reinwaschen. Ich wusste, dass du unschuldig bist.«

»Ich habe gehört, wie verzweifelt du gewesen bist«, sagte Cole und warf einen schiefen Blick zu Tanner. »So verzweifelt, dass du dir einen Mann gekauft hast.«

Ashley schoss das Blut in die Wangen, und sie blickte fort. »Lassen wir das jetzt beiseite. Wir müssen uns über Wichtigeres Sorgen machen.«

»Rasender Elch kehrt zurück«, sagte Morgennebel und berührte Ashley an der Schulter, um sie zu warnen. »Er sieht nicht glücklich aus.«

Ashley erhob sich und wartete auf das Nahen von Rasender Elch. Seine Miene spiegelte Ärger wider.

»Komm mit!«, befahl Rasender Elch, packte Ashley am Arm und zog sie grob von den Gefangenen fort.

»Lass die Pfoten von ihr!«, schrie Tanner und bäumte sich in den Fesseln auf.

»Flamme ist nicht länger deine Frau, Bleichgesicht. Ich bin der Mann, der jede Nacht das Lager mit ihr teilt. Sie hat große Kraft, und ich habe sie zu meiner eigenen gemacht.«

Tanner verschlug es die Sprache. Hatte der Wilde Ashley gegen ihren Willen genommen? Hatte er sie verletzt? »Verdammter Bastard!«, keuchte er, kochend vor Zorn.

Rasender Elch lachte und zog Ashley zu seinem Tipi. Als er sie durch die Plane am Zugang schob, heulte Tanner vor Empörung auf.

»Hab keine Angst, er wird ihr nichts tun«, flüsterte Morgennebel, bevor sie davonlief.

»Lass dich nicht von ihm aufstacheln«, meinte Cole. »Wir brauchen einen kühlen Verstand, um zu überleben.«

Im Tipi wandte sieh Ashley zu Rasender Elch um, und in ihren Augen blitzte Wut. »Was hast du mit ihnen vor?«

»Traumdeuter sagt, dass deine Wünsche erfüllt werden müssen, wenn wir deine Stärke nutzen wollen.« Seine mürrische Miene machte klar, dass er sich über den Rat des Schamanen nicht freute, »Die Bleichgesichter werden leben, jedenfalls im Augenblick noch. Es ist entschieden worden, dass dein Bruder sich mit Morgennebel vereinigt. Er ist dein Zwillingsbruder. Er geht in deinem Schatten. Traumdeuter glaubt nicht, dass Schattenmann deine Macht hat, aber er hat mir geraten, ihn in unserer Familie zu halten. Der Mann mit Augen wie Regenwolken vor einem Sturm, Donnerwolke, den du Ehemann nennst, wird der Sklave von Frühlingsregen werden. Vielleicht wird Donnerwolke sie erfreuen und sich ihren guten Willen verdienen.«

Ashley erschlaffte vor Erleichterung. Tanner würde leben. Aber zu welchem Preis? Er würde der Sklave von Frühlingsregen sein. Würde sie ihn in ihrem Bett wollen?