33 | Die Entzugsperiode

Bis zu drei Wochen nach Ihrer letzten Zigarette werden Sie möglicherweise mit Entzugserscheinungen zu tun haben. Dabei lassen sich zwei voneinander getrennte Faktoren unterscheiden.

  1. Die Folgen des Nikotinentzugs, dieses Gefühl der Leere und Unsicherheit, wie eine Art Hunger, was Raucher als drängendes Verlangen empfinden, oder als Bedürfnis, etwas mit ihren Händen zu tun.
  2. Die psychische Wirkung bestimmter Auslöser, was Sie zum Beispiel beim Telefonieren feststellen werden.

Raucher haben deshalb solche Schwierigkeiten mit der »Methode Willenskraft«, weil sie den Unterschied zwischen diesen beiden Faktoren nicht begreifen und nicht differenzieren können; das ist auch der Grund, warum viele Raucher, die es doch geschafft haben, erneut in die Falle gehen.

Obwohl beim Nikotinentzug keine körperlichen Schmerzen auftreten, sollten Sie die Macht der Entzugserscheinungen nicht unterschätzen. Wenn wir einen Tag lang nichts essen, knurrt uns der Magen, aber körperliche Schmerzen erleiden wir nicht. Trotzdem ist der Hunger ein mächtiger Trieb, und wir werden sehr gereizt, wenn wir nichts zu essen bekommen. Ähnlich verhält es sich, wenn unser Körper nach Nikotin verlangt. Der Unterschied ist, dass unser Körper Nahrung braucht, Gift aber nicht, und mit der richtigen inneren Einstellung werden die Entzugssymptome leicht überwunden und verschwinden sehr rasch.

Auch wenn es Rauchern gelingt, mit der »Methode Willenskraft« einige Tage lang ohne Zigaretten durchzustehen, verschwindet das Verlangen nach Nikotin rasch. Was Schwierigkeiten macht, ist der zweite Faktor. Der Raucher hat sich angewöhnt, sein körperliches Verlangen in gewissen Momenten und bei bestimmten Gelegenheiten zu stillen, wobei Gedankenverbindungen entstanden sind (z. B.: »Ich kann keinen Drink ohne Zigaretten genießen«). Vielleicht macht ein zweites Beispiel diesen Mechanismus klarer.

Sie fahren ein paar Jahre lang ein Auto, bei dem der Blinker links vom Lenker angeordnet ist. Bei Ihrem nächsten Wagen ist er rechts. Sie wissen, dass er sich auf der rechten Seite befindet, doch ein paar Wochen lang schalten Sie immer den Scheibenwischer ein, wenn Sie blinken wollen.

Ähnlich verhält es sich, wenn Sie mit dem Rauchen aufhören. In den Anfangstagen der Entzugsperiode wird bei bestimmten Gelegenheiten der Auslöser gedrückt. Dann glauben Sie: »Ich will eine Zigarette.« Es ist entscheidend, dass Sie von Anfang an diesen Folgeerscheinungen Ihrer Gehirnwäsche rigoros Widerstand leisten; dann werden die automatischen Mechanismen rasch verschwinden. Bei der »Methode Willenskraft« merzt der Raucher diese Auslösmechanismen nicht aus, sondern verstärkt sie noch, weil er überzeugt ist, er bringe ein Opfer.

Ein häufiger Auslöser ist eine Mahlzeit, insbesondere ein Essen im Restaurant mit Freunden. Der Exraucher fühlt sich bereits elend, weil er seiner Zigaretten beraubt ist. Seine Freunde zünden sich eine an, und das Gefühl, ihm würde etwas versagt, verstärkt sich noch. Jetzt kann er das gute Essen und das fröhliche Beisammensein gar nicht mehr genießen. Weil er das Essen und den geselligen Anlass gedanklich mit einer Zigarette verbindet, leidet er dreifach, und seine Gehirnwäsche vertieft sich noch. Ist er resolut und hält es lange genug aus, wird er sich schließlich in sein Schicksal ergeben und weiter zur Tagesordnung übergehen. Doch die Gehirnwäsche wirkt teilweise weiter, und das Zweitschlimmste am Rauchen ist der Raucher, der aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen dem Rauchen entsagt hat und doch noch mehrere Jahre danach bei bestimmten Gelegenheiten nach einer Zigarette giert. Er grämt sich wegen einer Illusion, die nur in seinem Kopf existiert, und quält sich grundlos selbst.

Sogar bei meiner Methode ist das Reagieren auf Auslöser der häufigste Grund des Scheiterns. Der Exraucher neigt dazu, die Zigarette als eine Art Placebo oder Zuckerpille zu betrachten. Er denkt: »Ich weiß, die Zigarette tut nichts für mich, aber wenn ich mir einbilde, sie tue etwas für mich, dann wird sie mir bei bestimmten Gelegenheiten eine Hilfe sein.«

Eine Zuckerpille kann, obwohl sie keine chemische Wirkung entfaltet, ein mächtiges psychologisches Hilfsmittel sein, das Symptome tatsächlich beseitigt und daher Vorteile bringt. Die Zigarette jedoch ist keine Zuckerpille. Sie erzeugt erst die Symptome, die sie anschließend beseitigt, und nach einiger Zeit beseitigt sie diese Symptome nicht einmal mehr vollständig. Die Pille selbst macht krank, einmal ganz davon abgesehen, dass sie das Killergift Nummer eins in der westlichen Gesellschaft ist.

Vielleicht wird die Wirkung am Beispiel von Nichtrauchern oder Exrauchern, die schon seit Jahren nicht mehr rauchen, anschaulicher. Nehmen wir den Fall einer Frau, die ihren Mann verliert. Bei einem solchen Anlass kommt es häufig vor, dass ein Raucher ihr mit den besten Absichten eine Zigarette anbietet: »Rauch eine. Das wird dich beruhigen.«

Wird die Zigarette angenommen, beruhigt sie nicht, weil die Frau nicht nikotinsüchtig ist und keine Entzugssymptome zu lindern hat. Bestenfalls ist die Zigarette eine vorübergehende psychologische Stütze. Ist sie zu Ende geraucht, hat sich an der ursprünglichen Tragödie nichts geändert. Sie wird sogar noch dadurch verschlimmert, dass die Frau jetzt an Entzugserscheinungen leidet und vor der Wahl steht, sie entweder auszuhalten oder durch eine weitere Zigarette zu lindern und damit den Teufelskreis in Gang zu setzen. Die Zigarette hat nichts weiter geleistet, als eine momentane psychologische Unterstützung zu geben. Dasselbe hätte sich durch tröstende Worte oder das Angebot eines Drinks erreichen lassen. Schon viele Nichtraucher und Exraucher sind nach solchen Anlässen nikotinsüchtig geworden.

Es ist entscheidend, der Gehirnwäsche gleich von Anfang an entgegenzuwirken. Prägen Sie sich ein für allemal ein: Sie brauchen die Zigarette nicht und quälen sich nur selbst, wenn Sie sie weiter für eine Art Hilfe oder Krücke halten. Es besteht absolut keine Notwendigkeit, sich wie ein Häuflein Elend zu fühlen. Zigaretten machen nicht den Reiz eines Essens im Restaurant oder einer geselligen Runde aus, sondern sind deren Ruin. Denken Sie auch daran, dass die Raucher im Restaurant nicht deshalb rauchen, weil die Zigaretten ihnen einen solchen Genuss verschaffen. Sie rauchen, weil sie müssen. Sie sind Drogenabhängige. Sie können das Essen oder das Leben ohne ihre Droge nicht genießen. Lösen Sie sich von der Vorstellung, das Rauchen sei an und für sich genussvoll. Viele Raucher denken: »Gäbe es doch nur unschädliche Zigaretten. Jeder Raucher, der Kräuterzigaretten probiert, findet bald heraus, dass es sich nicht lohnt, sie zu rauchen. Machen Sie sich klar, dass der einzige Grund, warum Sie geraucht haben, darin bestand, sich einen Schuss Nikotin in den Körper zu jagen. Sobald Sie sich von dem Verlangen nach Nikotin befreit haben, werden Sie kein größeres Bedürfnis haben, sich eine Zigarette in den Mund zu stecken, als sie sich ins Ohr zu bohren.

Ob nun tatsächlich Entzugserscheinungen (das Gefühl der Leere) oder ein Auslösemechanismus bei Ihnen den Drang nach einer Zigarette verursacht haben, akzeptieren Sie ihn einfach. Ein körperlicher Schmerz existiert nicht, und mit der richtigen inneren Einstellung wird kein Problem daraus. Machen Sie sich wegen des Entzugs keine Sorgen. Das Gefühl selbst ist nicht so schlimm. Das Problem ist nur die Assoziation mit einer heiß begehrten, aber versagten Zigarette.

Anstatt deswegen Trübsal zu blasen, sagen Sie sich nur: »Ich weiß, was das ist. Es ist nur die Wirkung des Nikotinentzugs. Raucher müssen das ihr ganzes Leben lang ertragen, das hält sie überhaupt bei der Stange. Nichtraucher leiden nicht darunter. Es ist nur eine der vielen üblen Seiten dieser Droge. Ist es nicht wunderbar, dass ich dieses Übel mitsamt den Wurzeln aus meinem Körper herausreiße?«

Mit anderen Worten wird sich Ihr Körper in den nächsten drei Wochen leicht lädiert fühlen, aber in diesen Wochen wird etwas Wunderbares passieren, das den Rest Ihres Lebens andauert. Sie werden sich von einer fürchterlichen Krankheit befreien. Dieser Bonus wird Ihr geringfügiges Leiden mehr als aufwiegen, und Sie werden die Entzugserscheinungen sogar genießen. Es wird ein Vergnügen daraus werden.

Verwandeln Sie die ganze Sache in ein aufregendes Spiel. Betrachten Sie das Nikotinmonster als eine Art Bandwurm in Ihrem Bauch. Sie müssen ihn drei Wochen lang aushungern, und er wird versuchen, Sie mit allen Tricks zum Rauchen zu bringen, damit er am Leben bleibt.

Manchmal wird er versuchen, Ihnen das Leben schwerzumachen. Manchmal werden Sie nicht auf der Hut sein. Jemand bietet Ihnen eine Zigarette an, und Sie vergessen vielleicht, dass Sie aufgehört haben zu rauchen. Wenn Sie sich daran erinnern, werden Sie ein leises Gefühl der Entbehrung empfinden. Auf solche Fallen müssen Sie von vornherein vorbereitet sein. Welche Versuchung auch auf Sie zukommt, denken Sie immer daran, dass nur das Monster in Ihrem Körper dafür verantwortlich ist, und jedes Mal, wenn Sie der Versuchung widerstehen, versetzen Sie ihm einen weiteren tödlichen Schlag.

Versuchen Sie auf keinen Fall, das Rauchen zu vergessen. Das ist eines der Dinge, die Rauchern, die nach der »Methode Willenskraft« vorgehen, stundenlange Depressionen bereiten. Sie schleppen sich in der Hoffnung durch den Tag, dass sie das Rauchen irgendwann einfach vergessen werden.

Das ist wie bei Schlafstörungen. Je mehr Sie darüber nachgrübeln, desto schlechter können Sie einschlafen.

Vergessen werden Sie jedenfalls nicht können. Die ersten paar Tage wird Sie unvermeidlich das kleine Monster daran erinnern; und solange es noch Raucher und Zigarettenreklame an jeder Ecke gibt, werden Sie auch weiterhin ständig mit dem Rauchen konfrontiert. Das Schöne ist, dass Sie es auch gar nicht nötig haben, das Rauchen zu vergessen. Es passiert ja nichts Schlimmes. Etwas Wunderbares findet statt. Auch wenn Sie tausendmal am Tag daran denken, kosten Sie jeden Moment davon aus. Erinnern Sie sich immer wieder daran, wie wunderbar es ist, wieder frei zu sein. Denken Sie an die reine Freude, sich nicht länger selbst die Luft zum Atmen abdrehen zu müssen.

Dann werden sich die Entzugserscheinungen in Augenblicke des Vergnügens verwandeln, und Sie werden überrascht sein, wie schnell das Rauchen aus Ihrem Denken verschwindet.

Was Sie auch tun, zweifeln Sie nie an Ihrer Entscheidung. Sobald Sie anfangen zu zweifeln, werden Sie auch anfangen zu jammern, und alles wird schlimmer. Nutzen Sie statt dessen den Moment, um neue Energie zu schöpfen. Ist eine Depression an Ihren Zweifeln schuld, erinnern Sie sich daran, dass Sie diesen Zustand nur den Zigaretten zu verdanken haben. Bietet Ihnen ein Freund eine Zigarette an, sagen Sie stolz: »Glücklicherweise brauche ich die nicht mehr.« Das wird ihn zwar verletzen, aber wenn er sieht, dass es Ihnen nichts ausmacht, ist er schon halb auf Ihrer Seite. Denken Sie daran, dass Sie sehr gewichtige Gründe für Ihren Entschluss hatten, mit dem Rauchen aufzuhören. Erinnern Sie sich an die Tausende von Mark, die eine Zigarette Sie kosten wird, und fragen Sie sich, ob Sie wirklich eine dieser gefürchteten Krankheiten riskieren wollen. Machen Sie sich vor allem bewusst, dass das Gefühl bald vorübergehen wird und jeder Moment Sie Ihrem Ziel näher bringt.

Manche Raucher fürchten sich davor, den Rest ihres Lebens damit verbringen zu müssen, die »automatischen Auslöser« umzupolen. Mit anderen Worten glauben sie, sie müssten sich lebenslänglich mit Hilfe psychologischer Tricks einreden, dass sie im Grunde keine Zigaretten brauchen. Dem ist nicht so. Erinnern Sie sich, dass der Optimist die Flasche als halb voll und der Pessimist sie als halb leer sieht. Im Fall des Rauchens ist die Flasche leer, der Raucher glaubt aber, sie sei voll. Das geht aufs Konto der Gehirnwäsche, die jeder Raucher durchgemacht hat. Sobald Sie sich klarmachen, dass für Sie keine Notwendigkeit zu rauchen besteht, brauchen Sie sich das nach kurzer Zeit nicht einmal mehr ständig vorzusagen, weil… wirklich keine Notwendigkeit zu rauchen besteht. Es ist das Letzte, was Sie nötig haben; sorgen Sie dafür, dass es nicht das Letzte ist, was Sie tun.