KAPITEL VIERZEHN

„Gib noch einmal Feuer, Chewie!", rief Han in das Comm- System. Der Wookiee feuerte sofort eine weitere Erschütterungsrakete ab. Sie schoss auf den nächsten TIE-Jäger zu und schlug in dessen Cockpit ein. Der Imperiale Jäger explodierte in einem Regen von Trümmern. Han riss das Steuer hoch und lenkte den Falken im nächsten Moment in eine Salve Laserfeuer.

„Wuul", schrie er, als Laserblitze in die Hülle einschlugen. Aus dem Instrumentenpuit sprühten Funken, und das Cockpit füllte sich mit Rauch. „Als ich ,Feuer' sagte, meinte ich etwas anderes", murmelte Han und brachte das Schiff in eine Abwärtsschraube, um den Imperialen Schiffen auszuweichen. Ein Protonentorpedo schoss vorbei und krachte in den X-Wing, der an Hans Steuerbordseite flog. Verbogene Durastahltrümmer zischten an der Frontscheibe vorbei. Überall explodierten Schiffe. Laserfeuer überstrahlte das Licht der Sterne. Han hatte sich während der langen Wochen am Boden nichts sehnlicher gewünscht, als wieder im All zu sein, am Steuer seines Schiffes. Aber so hatte er sich das nicht vorgestellt.

Zwölf von Soreshs Leuten hatten den Falken bewacht- nicht gerade eine Herausforderung für die gemeinsamen Kräfte Lukes, Hans, Divs, einer Firespray und eines wütenden Wookiee. Han war schon dabei gewesen, sich den Weg frei zu schießen, aber Luke hatte ihn zurückgehalten. „Lass mich das machen", hatte er gesagt. Und einen Augenblick später hatten die Wachen ihre Waffen gesenkt. Han hatte sein Bestes gegeben, um nicht allzu schockiert zu wirken, Luke hatte ihn dennoch durchschaut. „Jedi-Hokuspokus", hatte er mit einem Lachen geantwortet.

Danach war ihnen allerdings keine Zeit mehr geblieben. Weder für Witze noch für Hokuspokus. Div war in seiner Firespray gestartet, und Han zusammen mit Chewbacca im Falken. Luke war in den X-Wing gesprungen, mit dem er angekommen war. Sie hatten sich in das Schlachtengetümmel gestürzt und unterstützten die Feuerkraft der Rebellen.

Han schoss zwei weitere TIE-Jäger ab, bevor er Lukes X-Wing sah, der im Zickzack durch das Schlachtfeld flog. Drei Imperiale hingen ihm am Heck.

Han öffnete einen Comm-Kanal zu dem X-Wing. „ Luke, du hast Gesellschaft auf sechs Uhr."

„Ich sehe sie, aber ich kann sie nicht abschütteln!", gab Luke durch.

„Ich komme." Han gab Umkehrschub und flog zu den TIE-Jägern, die Luke verfolgten. Er eröffnete das Feuer, doch sie konnten ihm ausweichen. Diese Typen waren wirklich gut.

Aber Han war besser. „Auf mein Kommando steil nach oben ziehen", sagte Han in das Comm-System.

„Verstanden", meldete sich Luke, ohne zu zögern.

Han beschleunigte auf Höchstgeschwindigkeit und mischte sich unter die TIE-Jäger. „Jetzt!", rief er, und sofort ging Lukes X-Wing in einen fast senkrechten Steigflug. Die TIE-Jäger versuchten, an ihrer Beute hängen zu bleiben, waren aber zu langsam. Während sie ausgleichen wollten, schoss Han einen nach dem anderen ab.

„Hab sie!", rief er mit einem Grinsen, als das Licht der Explosionen sein Cockpit erhellte. „Ihr Imperialen Bruchpiloten lernt einfach nie, dass ..."

„Han!", kam Lukes Stimme aus der Comm-Einheit. „Hochziehen! Sofort hochziehen!"

Der Millennium Falke raste geradewegs auf eine Schwadron TIE-Jäger zu. Ihre Laserkanonen feuerten mit aller Kraft. Han riss das Steuer hoch, aber das Schiff reagierte nicht. Einer der Bildschirme zeigte die Backbord- Triebwerke, aus denen Rauch quoll.

Der Zusammenstoß war unvermeidlich.

Luke blieb keine Zeit zum Denken. Er schwenkte nach Steuerbord, stürzte sich auf die Schwadron TIE-Jäger und eröffnete das Feuer. Divs Firespray kam mit Höchstgeschwindigkeit aus der Gegenrichtung und passte sich Lukes Manöver so genau an, als hätten sie den Angriff miteinander abgesprochen. Die TIE-Jäger brachen die Formation auf, um Lukes Feuer zu entgehen. Div und Luke hefteten sich an ihre Hecks. Vom Falken bekamen sie Deckung, während sie mit Dauerfeuer durch das Labyrinth der Feindjäger flogen.

„Danke für die Rettung jungs", kam Hans Stimme aus dem Comm-System.

„Was ist passiert?", fragte Luke. Für einen Moment war er sich sicher gewesen, dass der Falke geradewegs mit den Imperialen zusammenstoßen würde.

„Bisschen Schwierigkeiten mit dem Nav-System", sagte Han locker, als hätte nie die Gefahr einer tödlichen Kollision bestanden. „Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste."

Luke schüttelte den Kopf und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Der Falke sah nicht gerade vertrauenerweckend aus - im Gegenteil: Er wirkte wie ein Schrotthaufen. Das corellianische Schiff litt andauernd unter irgendwelchen Ausfällen. Wenn es nicht die Partikelschilde waren, dann war es der Hyperantrieb oder die hintere Sensorengruppe. Han jedoch beharrte darauf, dass ihn das Schiff noch nie im Stich gelassen hatte und es auch nie tun würde. Und in einem Punkt hatte er auf jeden Fall recht: Wenn man den Falken gut behandelte, dann konnte man ihn fliegen wie kein anderes Schiff.

Trotzdem waren mehr als ein paar Schiffe nötig, um dieses Durcheinander zu entwirren. Luke fühlte sich nirgendwo so heimisch wie hinter dem Steuer eines Raumjägers. Er hatte seine Gedanken im Griff und konnte sich konzentrieren. Er war in der Lage, eins mit der Maschine zu werden. Er flog Kurven und Geraden, schlüpfte durch das Netz der Imperialen Schiffe und sah zu, wie seine Torpedos durch das All schössen. Und sie trafen immer.

Doch selbst wenn er jedes einzelne Schiff abschoss, das er sehen konnte - war er doch nur ein einzelner Pilot. Hunderte von TIE-Jägern, vielleicht Tausende waren hier im All. Die Rebellenflotte konnte sich nur mit Müh und Not halten.

Die Comm-Einheit piepte. „Weißt du, was ich im Sinn habe?", fragte Div.

„Wir müssen mehr Schiffe abschießen", sagte Luke. Aber das bedurfte keiner besonderen Erwähnung.

„Ganz zu schweigen davon, dass wir uns nicht selbst abschießen lassen", fügte Han hinzu, als ein weiterer X-Wing in Flammen aufging.

„Genau", sagte Div zustimmend. „Und ich habe eine Idee."

Luke hörte sich Divs Strategie an. Sie war gefährlich und höchstwahrscheinlich verrückt.

Und das hieß, dass sie funktionieren konnte.

„Auf mein Kommando!", rief Div in seine Comm-Einheit. Dann zwang er sein Schiff zu einer scharfen Kehrtwende. „Jetzt!" Er flog über die TIE-Jäger hinweg und lockte sie so zu einer wilden Verfolgungsjagd quer durch das Schlachtfeld. Han und Luke flankierten ihn rechts und links, begleitet von weiteren Rebellenschiffen. Die Rebellen eröffneten wie vereinbart nicht das Feuer, sondern leiteten alle verfügbare Energie in die Triebwerke, womit sie immer einen knappen Vorsprung zu den TIE-Jägern halten konnten.

„Schneller", murmelte Div und zwang seine Triebwerke fast bis zur Überlast. „Komm schon!"

Sie hatten die Wolke fast erreicht. Die Mon-Calamari- Kreuzer hatten ihre Arbeit perfekt erledigt. Ihre Plasmabomben hatten eine riesige Gaswolke hinterlassen, die mit ihrem unheimlichen roten Leuchten einen großen Bereich des Weltalls vor Blicken verbarg. Das Leuchten an sich war für passierende Schiffe nicht gefährlich, aber es war Gift für die Navigationsinstrumente. Das Durchfliegen der Wolke wurde zum Blindflug. Perfekt.

Div flog in die Wolke hinein und ließ sich von seinem Instinkt leiten, so wie immer. Er zählte die Sekunden laut herunter. „Drei, zwei, eins ... Jetzt!", rief er in das Comm- System. Er drückte das Steuer hart nach vorn und brachte sein Schiff auf eine Sturzflugbahn. Alle Rebellenschiffe folgten exakt seinem Vorbild. Doch die Imperialen hatten niemanden, der ihnen ein Signal geben konnte - und niemanden, der sie vor dem Imperialen Sternzerstörer warnte, der direkt hinter der Wolke schwebte.

Fast das komplette Geschwader TIE-Jäger kollidierte mit dem riesigen Schiff und riss ein gezacktes Loch in dessen Außenwand. Es kam langsam vom Kurs ab und begann zu vibrieren. Nur wenige TIE-Jäger konnten rechtzeitig beidrehen, gewarnt durch die Explosion und die umherfliegenden Trümmerstücke. Div hatte jedoch nicht vor, ihnen eine Chance zu geben, die fliehenden Rebellen abzuschießen. Während die X-Wings ihren Befehl befolgten und sich aus der Gefahrenzone machten, warf sich Div in das Schlachtengetümmel und schoss einen TIE-Jäger nach dem anderen ab.

Aus dem Comm-System hörte er mit einem Ohr die Stimmen Lukes und Hans, die die Rebellenflotte drängten, in den Hyperraum zu springen, solange die Imperialen noch mit der mühsamen Neuordnung beschäftigt waren. Die X-Wings gaben den größeren Schiffen Deckung, bis diese sich aus dem System manövriert hatten und im Hyperraum verschwunden waren. Doch Divs rasiermesserscharfe Sinne konzentrierten sich auf die vier TIE- Jäger, die dem Hinterhalt entkommen waren und die ihn alle zugleich beschossen.

Er war ein guter Pilot.

Der beste.

Aber Raketen, die ihn aus vier Richtungen zugleich bombardierten, konnte nicht einmal er ausweichen. Eine streifte ihn am Bug. Eine andere traf seine Haupttriebwerke. Die Pilotenkanzel füllte sich mit Rauch. Die Steuerung reagierte immer schlechter - und schließlich gar nicht mehr. Und das hieß, dass er der Rebellenflotte nichts mehr nützte, ganz gleich, ob er diesen Kampf überlebte oder nicht. Und da der Hyperantrieb gleich beim ersten Treffer ausgefallen war, war es nur eine Frage der Zeit, bis er gar niemandem mehr nützlich sein würde.

Doch die Laserkanonen funktionierten noch, weshalb Div die TIE-Jäger einfach näherkommen ließ. „Nur noch ein bisschen näher", flüsterte er. Sollte das sein letzter Kampf sein, dann wollte er ihn wenigstens gewinnen.

Die feindlichen Piloten hielten ihn für wehrlos und flogen ohne jede Vorsicht heran. Damit hatte Div eine Chance. Er nahm die Jäger ins Visier, schloss die Augen und wartete ab.

Dieses Mal brauchte er sich nicht anzustrengen, um die Macht zu rufen. Sie war für ihn da, sowie Ferus es ihm immerversprochen hatte. Jetzt. Er spürte sie mit einer tiefen Sicherheit. Er drückte den Abzug. Eine Rakete schoss auf den nächsten TIE-Jäger zu. Das Schiff explodierte, und die beiden Solarsegel wurden in entgegengesetzte Richtungen davongeschleudert, direkt in die beiden flankierenden TIE-Jäger hinein. Der vierte geriet in die Druckwelle der Explosionen und zerbarst einen Augenblick später.

Und dieser Augenblick hatte gereicht, um noch einen letzten Torpedo abzufeuern.

Div hatte sich verrechnet. Nicht um viel und dennoch verrechnet.

Die Zeit schien sich zu verlangsamen, als der Torpedo auf ihn zuflog. Unglücklicherweise konnte er dadurch zusehen, wie das Ende langsam auf ihn zukam.

Er hatte sich für sein Opfer entschieden. Möglicherweise war es zwecklos, da er den Rebellen aller Wahrscheinlichkeit nach nur etwas Zeit verschafft hatte.

Aber manchmal war mehr Zeit genau das, was man brauchte.

Dann traf der Torpedo sein Schiff und riss ihm die Stabilisatorflosse ab. Die Firespray geriet endgültig außer Kontrolle und begann sich in einem Wirbelsturm aus Trümmern um die eigene Achse zu drehen.

„Div!", schrie Lukes Stimme aus dem Comm-System.

„Sorg dafür, dass das hier nicht umsonst war, Luke", sagte Div. Allerdings befürchtete er, dass sein Kommunikationssystem bereits zusammengebrochen war, wie alle anderen Systeme auch. Der Alarm begann zu summen, als er auf die Atmosphäre des Mondes zustürzte.

Jetzt konnte er nur noch abwarten.

„Div!", rief Luke noch einmal, und wiederkam keine Antwort. Aus der Firespray drangen Rauch und Treibstoff, als sie ziellos in Richtung des Mondes trudelte. Nur wenige Augenblicke später war sie in die Atmosphäre eingetaucht. Wie ein rot glühender Edelstein raste sie durch die

Wolken. Sie wurde dunkler und dunkler. Und dann war sie verschwunden.

„Er hat es hinter sich, Junge", sagte Han. „Aber er hat uns etwas Zeit verschafft. Dafür kannst du ihm dankbar sein."

Luke wusste, dass Han recht hatte. Die Rebellen brauchten sie hier oben im All, nicht unten auf der Oberfläche, bei der Suche nach Wrackteilen.

Mehr als das würden sie sicher nicht finden: Wrackteile. Sollte es Div gelungen sein auszusteigen, bevor sein Schiff in der Atmosphäre verglüht war, wäre er irgendwo gelandet. Das bedeutete, man müsste Millionen von Quadratkilometern absuchen. Vor der Supernova schafften sie das niemals! Div war so oder so verloren.

Der Kampf tobte weiter. Nun ohne Div. Er hatte ihnen tatsächlich etwas Zeit verschafft. Einem großen Teil der Flotte war die Flucht bereits gelungen. Das hieß wiederum, dass die Übermacht der Imperialen gegenüber der Rebellenflotte gestiegen war. Div würde nicht das letzte Opfer dieser Schlacht bleiben.

Doch Luke dachte nicht darüber nach, was alles passieren konnte, und weigerte sich, einen Gedanken daran zu verschwenden, wie klein ihre Chancen waren. Er konzentrierte sich darauf, wie er von einem Moment zum anderen überleben konnte. Den nächsten TIE-Jäger, die nächste Rakete, den nächsten Laserschuss, die nächste Explosion. Die Augenblicke gingen nahtlos ineinander über, und die Schlacht schien sich ewig hinzuziehen, bis Luke schließlich das Gefühl übermannte, schon ewig in diesem Cockpit zu sitzen. Er schoss wieder und wieder, und trotzdem tauchten immer neue Feindschiffe hinter den Wrackteilen auf. Die Imperialen gaben nie auf.

Und dann erfüllte ein gewaltiger, alles überstrahlender Blitz den Himmel.

Zuerst dachte Luke, dass ein komplettes Geschwader explodiert war. Für eine herkömmliche Detonation war dieser Blitz allerdings zu hell. Denn er leuchtete heller als alles, was Luke jemals gesehen hatte. Er blendete ihn so stark, dass er für einen Moment nur noch schwarz sah.

Er blinzelte ein paarmal, und langsam kam sein Sehvermögen zurück. Dafür schien sich die ganze Welt verändert zu haben. Wo eben noch die schwach leuchtende Sonne gestanden hatte, befand sich jetzt ein gewaltiger Feuersturm. Die Resonanztorpedos hatten ihre Kettenreaktion in Gang gesetzt, und der Gasriese begann in sich zusammenzustürzen. Die Schockwelle breitete sich nur mit einem Bruchteil von Lichtgeschwindigkeit aus, weshalb ihnen noch etwas Zeit blieb, bis sie eintraf. Die Droi- den hatten ungefähr vierzig Minuten errechnet. Dann würde die Explosion alle verschlingen.

„Hier ist Gold Anführer", kam eine Stimme aus dem Comm-System. „Die Imperialen treten den Rückzug an. Ich wiederhole, die Imperialen treten den Rückzug an. Alle Schiffe zur Basis zurückkehren."

Tatsächlich. Das Laserfeuer endete, als beide Flotten langsam verstanden, was vorging. Stern Zerstörer wie Rebellenfrachter sprangen in den Hyperraum in dem verzweifelten Versuch, der sterbenden Sonne zu entkommen.

Leia befand sich jedoch noch unten auf dem Mond und half bei der Evakuierung. Und das hieß, dass Luke nirgendwohin fliehen würde. Er würde auf dem Mond landen.