Beobachten und Schlussfolgern
Einmal fragte mich
ein Verkäufer, ob ich nicht einen Tipp für ihn hätte. Sein Problem
war, dass er seine Produkte dem Kunden zwar sehr gut präsentieren
konnte, aber trotzdem nur wenig verkaufte. Er war der Meinung, dass
das Produkt an sich eigentlich ausreichen müsste, um den Kunden zu
überzeugen, und verstand daher nicht, warum er oft nicht zum
Abschluss kam.
Ich riet ihm, in Zukunft den Kunden und sein Umfeld stärker zu beobachten und darauf einzugehen. So machen es auch Mentalisten. Sie nehmen ihre Umgebung ganz bewusst wahr. Sie achten auf die kleinsten Details beim Gegenüber und sehen, was andere nicht sehen.
Ein paar Wochen später erhielt ich von diesem Verkäufer eine Mail. Darin bedankte er sich für meinen Rat und berichtete mir von einem erfolgreichen Geschäftsabschluss. Ausschlaggebend für seinen Erfolg war, dass er nicht wie sonst sofort mit der Präsentation begann, sondern versuchte, zunächst so viel wie möglich im Büro des Kunden wahrzunehmen. Dabei entdeckte er ein Bild, auf dem sein Gegenüber mit einer Segelyacht zu sehen war. Außerdem hing an der Wand ein Brett mit verschiedenen Seemannsknoten. Daher lenkte der Verkäufer zuerst das Gespräch auf das Segeln, und dem Kunden war es eine Freude, über seine Segeltörns zu erzählen. Durch aufmerksames Zuhören und Nachfragen signalisierte der Verkäufer Interesse. Es gelang ihm, Sympathie zu erzeugen. In der Folge war der Kunde eher bereit, Informationen das Geschäft betreffend preiszugeben. Dem Verkäufer fiel es leichter, sein Produkt an den Mann zu bringen.
Augen und Ohren offen halten
Ähnlich geht auch der Meisterdetektiv Sherlock Holmes vor, der das analytisch-rationale Denken verkörpert. Seine besonderen Fähigkeiten liegen darin, Menschen und Situationen schnell und detailgetreu wahrzunehmen, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und sein Gegenüber einzuschätzen.
In »Der blaue Karfunkel« zog Holmes zum Beispiel aus einem alten Filzhut Schlussfolgerungen über dessen Besitzer. Der Hut war von sehr guter Qualität und geschätzt drei Jahre alt. Daher ging Holmes davon aus, dass der Besitzer vor circa drei Jahren wohlhabend gewesen sein musste, da sich nicht jeder so einen Hut leisten konnte. Gegenwärtig schien es ihm aber finanziell nicht mehr so gut zu gehen wie damals, da er sich sonst schon längst einen neuen Hut gekauft hätte. Ferner entdeckte Holmes Flecken auf dem Hut. Diese versuchte der Besitzer mit Tinte zu kaschieren. Dies zeigte Holmes, dass er Wert darauf legte, trotz der schlechten Zeiten sein Ansehen zu wahren. Neben den Flecken fiel ihm Hausstaub auf dem Hut auf. Offenbar ging diese Person nur selten aus dem Haus. Die Schweißflecken, die im Inneren des Hutes zu erkennen waren, deuteten darauf hin, dass der Mann schnell schwitzte. Ein Indiz dafür, dass seine körperliche Verfassung nicht die beste war. An ein paar kurzen grauen Haaren im Hut erkannte er, dass die Person ergraut sein musste und vermutlich erst vor kurzem beim Friseur war. Wie sich später herausstellte, lag Holmes mit all seinen Vermutungen richtig.
Sicherlich ist Sherlock Holmes nur eine Romanfigur, und seine Fälle sind rein fiktiv. Sie zeigen jedoch eine interessante Denk- und Herangehensweise. Jeder Mensch sendet nämlich bewusst und auch unbewusst Informationen über sich selbst aus. Erkennt man diese Hinweise, erfährt man viel über seinen Gesprächspartner. Man muss sein Gegenüber mit Blicken geradezu sezieren. Folgend einige sehr auffällige Beispiele.
Bemerkt man der Begrüßung, dass die Hände rau sind, geht die Person vermutlich einer harten körperlichen Arbeit nach. Im Büro arbeitende Menschen besitzen hingegen eher weichere und feinere Hände. An den Nägeln kann man erkennen, ob jemand reinlich ist oder ob er dazu neigt, schnell nervös zu werden. Dann wären seine Nägel abgekaut. Vielleicht sind die Nägel aber auch perfekt manikürt, was zeigt, dass dieser Mensch viel Wert auf sein Aussehen legt. Auch der Körperbau gibt Aufschluss über eine Person. Ist sie durchtrainiert und sieht aus, als gehe sie regelmäßig ins Fitnessstudio, dann sind ihr das körperliche Erscheinungsbild und die Gesundheit wichtig. Ist eine Person gebräunt, kann das zum einen bedeuten, dass sie oft ins Solarium geht, es kann aber auch sein, dass sie erst kürzlich im Urlaub war. Beides bedeutet, dass die Person sich diesen Lebensstil leisten kann.
Ebenso erzählen Symbole und Kleidung viel über einen Menschen, zum Beispiel können Anstecker Aufschluss geben über Vereine, Unternehmen oder Parteien, denen jemand nahesteht. Man kann also wertvolle Informationen über eine Person gewinnen, wenn man die Bedeutung des Symbols kennt, das sie trägt. An einem Ehering kann jeder schnell den Familienstand ausmachen. Ein schlichter Kreuzschmuck deutet wahrscheinlich auf den Glauben hin.
Grundsätzlich sagt man aber auch schon mit seiner Kleidung viel über sich aus. Ich bin einmal einer Frau begegnet, die ein T-Shirt mit der Aufschrift »Ich bin solo und das ist gut so« trug. Daraus zu schlussfolgern, dass die Person derzeit keine Beziehung führt und auf Männer nicht gut zu sprechen ist, war nicht all zu schwer.
Vor allem im Business-Bereich tragen die meisten Männer einen Anzug. Man will sich anpassen und gibt dadurch weniger von sich preis. Beim genauen Hinschauen erkennt man schnell, wer sich im Anzug wirklich wohl fühlt und für wen dieses Kleidungsstück nur eine Fassade darstellt. Aber auch bei Anzügen ist die Spannweite groß. Teure Manschettenknöpfe zeigen zum Beispiel, dass es der Person wichtig ist, einen gewissen Status zu demonstrieren. Andere Accessoires wie Schmuck, Uhren und Sonnenbrillen, aber auch Smartphones und Notebooks können Aufschluss darüber geben, ob eine Person materialistisch eingestellt ist oder nicht. Diese Dinge dienen auch dazu, zu demonstrieren, was man sich leisten kann. Bei Schmuck sollte man zwischen echtem und Modeschmuck unterscheiden können, um nicht auf eine falsche Fährte zu gelangen.
Auf manchen Veranstaltungen oder auch im Berufsalltag bestimmter Branchen tragen die Menschen kleine Namensschilder. Einige vergessen das und sind dann überrascht, wenn man sie mit Namen anspricht. So wirkt ein Gespräch gleich viel vertrauter, und das Gesagte bekommt eine größere Bedeutung.
Obwohl mir das durchaus bewusst ist, habe ich so eine Situation selbst erlebt. Ich stand am Empfangstresen im Fitnessstudio. Dort muss man seine Mitgliedskarte vorzeigen, um hineingelassen zu werden. Meistens wünscht die Empfangsdame dann noch viel Spaß beim Training. Aber dieses Mal sagte sie: »Viel Spaß, Norman!« Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war perplex, woher sie meinen Namen wusste. Kannten wir uns vielleicht? Dann fiel mir ein, dass mein Name beim Scannen der Karte auf ihrem Bildschirm angezeigt wird. Das »Viel Spaß« wirkte mit der Ergänzung meines Namens viel direkter und persönlicher. Weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte, war der Effekt umso stärker.
Es gilt also, Augen und Ohren offen zu halten. Kann man z. B. während des Gesprächs einen Akzent oder Dialekt heraushören? Benutzt der Gesprächspartner bestimmte Worte häufiger, und haben diese einen Bezug zu einem bestimmten Beruf oder Hobby?
Zusammengefasst dienen also alle Informationen, die man mit seinen Sinnen aufnimmt, dazu, ein genaueres Bild von einer Person zu gewinnen. Dies ist oft einfacher als gedacht. Dabei geht es keinesfalls um Bewertungen oder Indiskretionen, sondern darum, dass man herausfindet und dann ausspricht, was dem anderen wichtig ist.
Sinne schärfen
Eigenschaften und Reaktionen des Gegenübers sowie die Gesprächssituation können nur bewusst wahrgenommen werden, wenn man all seine Sinne dazu nutzt. Oftmals richtet man nämlich die Wahrnehmung nur in eine Richtung und bemerkt dann nicht mehr, was rechts und links passiert.
In meinen Vorträgen zeige ich das in folgendem Experiment. Ich gebe meinem Publikum 30 Sekunden Zeit, um sich im Raum umzuschauen. Dazu erhalten die Zuhörer die Aufgabe, sich möglichst viele Dinge zu merken, die grün sind. Nach den 30 Sekunden bitte ich sie, sich folgende Frage zu beantworten: »Welche Dinge haben Sie gesehen, die rot sind?« Dabei dürfen sie sich aber nicht noch einmal umdrehen. Sie sollen versuchen, diese Frage aus dem Gedächtnis zu beantworten. Interessanterweise fällt fast niemandem etwas Rotes ein. Woran liegt das? Es hatten sich doch alle im Raum umgeschaut. Somit hätte jeder neben den grünen Dingen auch die roten sehen können. Genau hier muss man nun unterscheiden: Die grünen Dinge wurden ganz bewusst wahrgenommen. Die volle Konzentration und Aufmerksamkeit waren darauf gelenkt. Dadurch wurde alles andere, darunter auch die roten Dinge, nur noch unbewusst wahrgenommen.
Um mehr zu sehen, gilt es die Scheuklappen abzulegen und die Wahrnehmung zu erweitern. Allein dadurch, dass man die Perspektive verändert, kann man schon viel mehr entdecken als vorher. Erst wenn man seine volle Aufmerksamkeit dem Gegenüber und der aktuellen Situation schenkt, kann man auf alles eingehen, was passiert, und damit effektiv kommunizieren.
Wahrnehmung heißt aber nicht nur sehen. Um mehr wahrzunehmen, sollte man alle fünf Sinne einsetzen und diese auch trainieren. Dazu nutze ich folgende einfache Übung:
Zuerst konzentriere ich mich auf alles, was ich um mich herum sehe. Auf die Details, die man sonst schnell übergeht, achte ich besonders. Ich schaue genau hin und richte meine volle Aufmerksamkeit auf das, was ich sehe. Schnell entdecke ich nun Dinge, die mir vorher gar nicht so bewusst waren. Ich konzentriere mich nun für kurze Zeit auf alle visuellen Eindrücke, wie Farben, Formen und Kontraste.
Anschließend wechsle ich in die auditive Wahrnehmung und konzentriere mich auf alles, was ich um mich herum hören kann. Meine akustische Wahrnehmung ist sowohl auf die nahen Geräusche als auch auf die entfernteren ausgerichtet. Wieder nehme ich mir kurz Zeit, um alle akustischen Signale aufzunehmen.
Nach der visuellen und auditiven Wahrnehmung komme ich zu dem, was ich fühle. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf meinen gesamten Körper und mache mir bewusst, was ich gerade an welchen Körperstellen spüre.
Zum Schluss bleibt noch das Riechen und Schmecken. Um auch hier Eindrücke zu gewinnen, atme ich tief ein und versuche, die Luft um mich herum aufzusaugen. Dadurch ist es möglich, auch kleine Duftnuancen zu erkennen.
Diese Übung kam mir anfangs merkwürdig vor. Später entdeckte ich, dass etwas ganz Simples dahinter steckt. Man wird sich der Umgebung bewusst und beginnt, sie besser wahrzunehmen. Wiederholt man die Übung regelmäßig, bemerkt man, wie sich die Wahrnehmung verbessert und dass man nun im Gespräch schneller Details bemerkt, die einem vorher nie aufgefallen wären.
Aus Situationen schlussfolgern
Um auf Gedankengänge des Gesprächspartners schließen zu können, ist es wichtig, die Rahmensituation im Auge zu behalten. Aus dem, was um uns herum passiert und was auf uns einwirkt, kann man auf die Gedanken des Gegenübers schließen.
Wenn ich z. B. im Vortrag meinem Publikum etwas Spannendes erzählt habe und anschließend die Frage stelle: »Vermutlich fragen Sie sich nun, was als Nächstes kommt?«, dann werde ich damit bei fast jedem richtig liegen. Spätestens dann, wenn ich den Satz ausgesprochen habe, stellt sich das Publikum dieselbe Frage. Das ist, als würde ich jemanden bitten, bloß nicht an die Farbe Rot zu denken. Was passiert? Genau diese Farbe sehen wir sofort in unseren Gedanken. Indem ich also die Frage ausspreche, bringe ich mein Gegenüber dazu, selbst darüber nachzudenken. Gleichzeitig spreche ich diesen Gedanken selbst aus und signalisiere, dass ich weiß, was er denkt.
Das war ein einfaches Beispiel. Wenn man sich jedoch im Vorfeld überlegt, was eine Person in der bevorstehenden Situation denken und welche Erwartungen sie haben könnte, dann kann man genau diese Gedanken aussprechen.
Wenn ich beispielsweise auf einer Messe auf eine fremde Person zugehe, stelle ich mich mit meinem Namen vor. Danach sage ich: »Vermutlich bin ich Ihnen unbekannt.« Damit habe ich schon den ersten Treffer erzielt. Denn diese fremde Person kennt mich tatsächlich nicht. Aber der Gedanke »Kenne ich den?« geht ihr dennoch sehr wahrscheinlich bewusst oder unbewusst durch den Kopf, sobald ich auf sie zutrete. Wenn die Person nun auch noch fragend schaut, dann ist das ein klares Zeichen dafür, dass sie sich gerade wirklich fragt: »Wer ist denn das?« Ich spreche also ihren Gedanken aus und warte die Reaktion ab. Als nächstes sage ich nun zu ihr: »Da kommt jemand auf Sie zu, spricht Sie an, und vermutlich fragen Sie sich, was ich von Ihnen will«, und warte wieder auf ihre Reaktion.
Was habe ich getan? Ich habe das, was die Person in dieser Situation gerade erlebt hat, mit meinen Worten kurz beschrieben und daraus geschlussfolgert.
In Verkaufssituationen kann diese Vorgehensweise besonders hilfreich sein. So erwarten die meisten Kunden erfahrungsgemäß eine Präsentation des Produktes durch den Verkäufer. Der Verkäufer kann nun diesen Gedanken an den Anfang seines Gesprächs setzen, indem er z. B. sagt: »Sie erwarten jetzt von mir, dass ich Ihnen etwas präsentiere.«
Auch Einwände oder Vorurteile können dadurch abgemildert werden. Hat die Branche ein negatives Image, kann man das direkt ansprechen. Damit lässt man seinem Gegenüber keine Chance, den Einwand selbst vorzubringen. Über einen Verkäufer denkt man beispielsweise oft, dass er einem nur etwas aufschwatzen will und gar nicht wirklich am Kunden interessiert ist. Der Verkäufer kann nun zu Beginn des Gesprächs diesen Gedanken wie folgt aufgreifen: »Vielleicht haben Sie schon mal schlechte Erfahrungen mit Verkäufern gemacht. Dabei hatten Sie das Gefühl, dass die Ihnen nur was verkaufen wollten und auf ihre eigene Provision bedacht waren.« Der Kunde wird dies bestätigen, und der Verkäufer kann nun wie folgt fortfahren: »Dabei ist es doch viel wichtiger, dass Ihre Interessen im Vordergrund stehen.«
Körpersprachliche Signale
Viele Menschen glauben, Gedankenlesen beruhe ausschließlich auf dem Analysieren und Deuten der Körpersprache. Demnach müsste man ständig die Körpersprache seines Gegenübers beobachten und bei jeder kleinsten Veränderung alle Möglichkeiten der Deutung gegeneinander abwägen, um schlussendlich dessen Gedanken ableiten zu können.
Dies ist in der Praxis nicht immer möglich, da sich Körpersprache nicht allgemein bindend deuten lässt: Manche Arm- oder Handhaltung kann unterschiedliche Dinge aussagen. So nimmt das Analysieren und Deuten der Körpersprache einige Zeit in Anspruch. Betreibt man es zu akribisch, läuft man Gefahr, mit seiner Aufmerksamkeit vom eigentlichen Gespräch abzuschweifen und sich vielleicht sogar in eigenen Überlegungen zu verlieren. Dies wäre in geschäftlichen Gesprächen bestimmt nicht zielführend.
Dennoch kann die Körpersprache wertvolle Hinweise bieten, die einfach zu entdecken sind, wenn man menschliche Verhaltensweisen zu beobachten weiß. Es ist hilfreich, folgende Signale zu kennen, da sie häufig in Meetings und Gesprächen auftreten und auf bestimmte Gedankengänge schließen lassen.
Auf die Lippen beißen
Beißt sich jemand auf die Lippen, zeigt dies, dass er zu verhindern versucht, überstürzt etwas auszusprechen, was er eigentlich nicht sagen will. Ein Zeichen, das entweder Verlegenheit oder ein geringes Selbstbewusstsein signalisiert. Je nach Situation kann man nun daraus schließen, was das Gegenüber gerade denkt und empfindet. Wurde er zum Beispiel bei etwas Peinlichem ertappt, bedeutet das Beißen auf den Lippen, dass er nach Worten sucht und nicht weiß, wie er sich ausdrücken soll. Gibt man ihm nun etwas, das er bejahen kann, fällt es ihm leichter, seine wahren Gedanken zu äußern. Eine mögliche Reaktion wäre also: »Ich kann verstehen, dass Ihnen das unangenehm ist und Sie nicht wissen, wie Sie das erklären sollen.« Oder man wechselt das Thema, wenn es hilfreicher erscheint, die Situation zu umgehen.
Schlucken
Schlucken ist ebenso ein Hinweis darauf, dass man sich ertappt oder durchschaut fühlt und unter Druck gerät. Indem man schluckt, will man das, was passiert ist, einfach verschwinden lassen, eben runterschlucken. Ein unbewusster Versuch, unangenehmen Situationen zu entkommen. Auch hier gibt es verschiedene Wege, die Situation aufzulösen.
Zusammengepresste Lippen
Das Zusammenpressen der Lippen ist eine Sperre. Das Gegenüber weigert sich, eine Information aufzunehmen, weil es vielleicht auf seiner eigenen Meinung beharrt und sich nicht auf neue Dinge einlassen will. Bemerkt man diese Reaktion, zum Beispiel in einem Verkaufsgespräch, kann man den Gedanken des Gegenübers aussprechen, indem man sagt: »Ich glaube, Sie stimmen mir nicht ganz zu« oder »Vermutlich sehen Sie das anders«.
Hand an der Wange
Wenn jemand seine Hand an die Wange legt, deutet das darauf hin, dass er das Geschehen oder das Gehörte vorsichtig bewertet. Er macht sich also über die gegenwärtige Situation Gedanken. Der Aussage »Ich kann verstehen, dass Sie sich das erst überlegen müssen« wird er sehr wahrscheinlich zustimmen.
Kinn reiben
Diese Reaktion besagt Ähnliches. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass jetzt ein Entscheidungsprozess stattfindet. Oftmals folgen beide Bewegungen aufeinander. Die Hand wird dann zuerst auf die Wange gelegt und gleitet dann langsam zum Kinn herunter. Manchmal wird die Geste durch ein »Hmm …« oder ein leichtes Schnaufen unterstützt. Die Äußerung »Es ist Ihnen wichtig, alle Aspekte zu berücksichtigen, bevor Sie eine Entscheidung treffen« trifft es in diesem Fall gut.
Hände auf die Hüften
Werden die Hände auf die Hüften gestützt, hat dies oft mit Aggressivität zu tun. Meist wird dabei der Kopf zurückgelegt und die Hüfte nach vorn geschoben. Diese Haltung stabilisiert und lässt einen breiter erscheinen, da die Ellenbogen ausgefahren werden. Im übertragenen Sinn bedeutet das, man ist jetzt gewappnet und bereit zu kämpfen. Zum einen kann jemand mit auf die Hüften gestützten Händen eine andere Person herausfordern, zum anderen kann es sein, dass sie mit einem (verbalen) Angriff rechnet und durch ihre Haltung signalisiert, dass sie keinen Millimeter nachgeben wird. Hier gilt es genauer zu beobachten. Ist Ersteres der Fall, muss jeder für sich selbst entscheiden, inwiefern er sich auf diese Situation einlässt. Beim zweiten Fall, der entstehen kann, wenn man etwa jemanden mit einer Veränderung konfrontiert und dieser daraufhin seine Hände in die Hüfte stützt, weiß man, dass die Person nur schwer von ihrem Standpunkt abrücken wird. Um die Anspannung aufzulösen, ist es sinnvoll, auf ihn einzugehen und Verständnis zu zeigen, indem man zum Beispiel sagt: »Vermutlich würde ich genau so reagieren wie Sie.«
Klammernde Hände
Umklammert der Gesprächspartner die Armlehne des Stuhls, die Tischkante oder Gegenstände auf dem Tisch, ist dies ein Hinweis darauf, dass er verängstigt ist. Um die Unsicherheit zu unterdrücken und Halt zu gewinnen, greift er nach etwas, woran er sich festhalten kann. Die Angst kann verschiedene Ursachen haben. Solang man nicht weiß, woher sie rührt, sollte man Sicherheit und Ruhe ausstrahlen und sich dann langsam an die Hintergründe herantasten.
Trommelnde Finger
Wenn jemand mit seinen Fingern auf dem Tisch trommelt, ist das ein klares Signal für Ungeduld. Es geht ihm einfach zu langsam, und er würde die Situation gerne beschleunigen. Diese Bewegung kann auch durch wippende Füße oder Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl ergänzt werden. Je nach Situation sind die Ursachen unterschiedlich. Bei einer Präsentation kann er sich z. B. wünschen, dass man schneller zum Ende kommt. Die Aussage »Ich glaube, das geht Ihnen zu langsam. Lassen Sie uns gleich zum Punkt kommen.« trifft dann ins Schwarze.
Nase berühren
Sich an der Nase zu berühren oder zu kratzen, gilt als Zeichen für eine Lüge. Beim Lügen erhöht sich der Blutdruck, und chemische Botenstoffe werden im Körper freigesetzt. In der Folge schwellen die Nasenschleimhäute an, was zum Juckreiz führt. Nasenkratzen muss aber nicht immer auf eine Lüge hinweisen. Sonst müsste man ja jeden, der Schnupfen hat, verdächtigen. Bei einer Lüge wiederholt sich das Jucken meist öfter. Man sollte aufmerksam werden, wenn man diese Bewegung wahrnimmt. Sie ist oft beiläufig und nur minimal erkennbar. Jetzt gilt es, den Druck etwas zu erhöhen und genauer nachzufragen. Je nach Situation bemerkt man dann, ob man angelogen wird oder der Gesprächspartner die Wahrheit sagt.
Augen reiben
Kinder haben den Reflex, die Augen mit den Händen zu verdecken, wenn sie etwas nicht sehen wollen. Auch im Erwachsenenalter lässt sich dieses Verhalten beobachten. Allerdings ist es hier nicht so stark ausgeprägt. Man verdeckt die Augen nicht vollständig, sondern reibt nur leicht mit der Hand im Auge. Es zeigt, dass der Gesprächspartner zweifelt. Eine passende Aussage wäre: »Sie sind sehr kritisch und können noch nicht ganz glauben, was ich sage.«
Nase kneifen
Diese Geste unterscheidet sich vom Berühren der Nase beim Lügen. Der Kopf wird leicht gesenkt, und die Finger kneifen in den Nasenrücken. Oft werden dabei die Augen geschlossen. Diese Reaktion kann sehr kurz sein und zeigt, dass der Gesprächspartner das, was gerade passiert oder worüber gesprochen wurde, negativ bewertet. Die geschlossenen Augen zeigen, dass sich das Gegenüber stärker auf die innere Wahrnehmung konzentriert. Um die Gedanken des Gegenübers aufzugreifen, können Sie die Situation offen ansprechen: »Ich vermute, Sie sind unzufrieden.«
Am Ohr ziehen
Ein Zeichen für Unentschlossenheit ist es, sich am Ohr zu ziehen. Dabei wird der Kopf meist leicht gesenkt. Lässt man sein Gegenüber z. B. aus mehreren Optionen eine wählen und bemerkt dann, dass er sich am Ohr zieht, ist sich der Gesprächspartner mit hoher Wahrscheinlichkeit unsicher. Folgende Worte beschreiben die Gedanken des Gegenübers wahrscheinlich gut: »Sie fühlen sich hin und her gerissen und wissen noch nicht, wie Sie sich entscheiden sollen.« Erzählt man seinem Gegenüber aber etwas und es zieht sich dabei am Ohr, bedeutet das oft, dass er genug gehört hat und gerne etwas dazu sagen möchte.
Blick zu Boden
Wenn jemand im Gespräch immer wieder auf den Boden schaut und den Augenkontakt scheut, zeigt das, dass er den vorgetragenen Ideen eher ablehnend begegnet. Oftmals kann man auch Anzeichen von Angst erkennen. Stellt man beim Gesprächspartner diese Reaktion fest, nachdem man ihm einen Vorschlag unterbreitet hat, hilft es zu sagen: »Ich kann verstehen, dass es manchmal nicht leicht ist, sich auf etwas Neues einzulassen.« Nun kann man vorsichtig herausfinden, warum das Gegenüber so skeptisch gegenüber dem Vorschlag ist.
Das Beobachten dieser körpersprachlichen Signale ist nur ein Weg, um mehr über die Gedanken des Gesprächspartners zu erfahren. Deshalb sollte man nicht extra nach ihnen suchen, sondern vielmehr auf sie eingehen, wenn man sie wahrnimmt. Andernfalls läuft man Gefahr, andere wichtige Hinweise zu übersehen oder sich gar in einer »Körpersprachenanalyse« zu verlieren.