Gemeinsamkeiten schaffen
Damit wir in die Gedankenwelt eines anderen Menschen eintauchen können, ist diese Technik von unschätzbarem Wert. Sie ermöglicht es, uns in unser Gegenüber einzufühlen und genauso zu denken wie er. Wir werden dadurch schneller erkennen, woran wir sind und wie wir weiter vorgehen müssen.
Man kann nicht nur vorhandene Gemeinsamkeiten suchen, sondern auch welche schaffen. Die wirksamste Methode, Übereinstimmung zu erzeugen, ist das bewusste Spiegeln der Physiologie und der Körpersprache des Gegenübers. Dadurch signalisieren wir unserem Gesprächspartner, dass wir uns ähnlich sind.
Man beobachtet das Verhalten des Gegenübers und passt sich diesem an. Milton H. Erickson, der Meister und Revolutionär der Hypnosetherapie, hat genau diese Technik angewandt. Er spiegelte sein Gegenüber und baute dadurch innerhalb kürzester Zeit Vertrauen zu einem Menschen auf, auch wenn er ihn vorher noch nicht gekannt hatte.
Besonders konzentrierte er sich auf nonverbale Körpersignale. Warum? Nicht nur das, was wir sagen, ist entscheidend, sondern auch, wie wir es sagen und es durch unsere Mimik und Gestik übermitteln. Durch Stimme und Körpersprache kann man den gesprochenen Worten verschiedene Bedeutungen geben. Nicht umsonst müssen Schauspieler lernen, ein »Nein« auf unterschiedliche Weise auszudrücken.
Ein sehr schönes Beispiel dafür ist auch das Dr.-Fox-Experiment, das 1970 in den USA durchgeführt wurde. Vor einer Gruppe von Psychiatern, Psychologen und Ausbildern hielt ein Schauspieler, der sich als Experte für die Anwendung der Mathematik auf das menschliche Verhalten ausgab, einen Vortrag. Der Inhalt war bewusst völliger Unsinn, was aber keinem der Teilnehmer auffiel. Der vermeintliche Experte überzeugte mit seinem Auftreten und in der Art der Vermittlung des Gesagten. Das Dr.-Fox-Experiment belegt damit die starke Wirkung von Körpersprache und Stimme auf die Kommunikation.
Was bedeutet das für das Schaffen von Gemeinsamkeiten in der Businesspraxis? Nehmen wir z. B. ein Mitarbeitergespräch. Wenn der Chef bemerkt, dass der Mitarbeiter viel ruhiger spricht als er, dann sollte er selbst auch ruhiger sprechen und sich anpassen. Ebenso kann er dessen Sitzposition nachahmen. Durch diese Gemeinsamkeiten baut er Vertrauen auf und wird schneller sein Ziel erreichen. Natürlich funktioniert das auch umgekehrt. Es gibt unzählige Details, die man spiegeln kann.
Wissenschaftliche Studien bestätigen: Ähnliche Körperhaltungen, Stimmungen und Ausdrucksweisen signalisieren, dass man auf der gleichen Wellenlänge liegt. So fand man heraus, dass beispielsweise Kellnerinnen, die ihre Gäste spiegelten, mehr Trinkgeld erhielten als jene, die das nicht taten. In einem weiteren Experiment von Tanya L. Chartrand und John A. Bargh kam man zu dem Ergebnis, dass die Sympathiewerte von Menschen durch Gemeinsamkeiten positiv beeinflusst werden können. Die Teilnehmer haben sich mit einer fremden eingeweihten Person unterhalten. Manche wurden durch den Gesprächspartner gespiegelt, andere nicht. Diejenigen, die gespiegelt wurden, bewerteten im Vergleich zu den anderen den Fremden als sympathischer.
Um Gemeinsamkeiten zu schaffen, sollte man sich dem Gegenüber erst einmal nur in einigen wenigen Merkmalen angleichen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dadurch vermeidet man Übertreibungen. Wenn man nämlich krampfhaft versucht, alles genau so wie sein Gegenüber zu machen, wirkt es unecht. Es muss harmonisch ablaufen, so dass man sich immer mehr und mehr in den anderen hineinfühlt. Letztendlich sollte man anstreben, dass dieser Prozess auf natürliche Art und Weise abläuft. Nur so schafft man einen echten Zugang zu Menschen.
Körperhaltung und -bewegungen
Als ich mir einen neuen Computer kaufen wollte, ging ich in einen Technikmarkt und hatte, dort angekommen, auch schnell ein interessantes Modell gefunden. Ich schaute mir das Gerät, das auf dem Tisch stand, genauer an. Meine Hände stützte ich auf die Tischkante. Mein Oberkörper sowie mein Kopf waren leicht nach vorn gebeugt. Meine Füße standen etwa eine Schrittlänge auseinander, der linke vor dem rechten. Plötzlich kam ein Verkäufer hinzu. Er nahm genau meine Position ein. Auch er stützte sich leicht auf die Tischkante, senkte seinen Oberkörper und seinen Kopf, stellte seine Füße wie ich und begann, mir die Eigenschaften des Computers zu erklären. Diese – vermutlich intuitive – Anpassung seines Verhaltens empfand ich als angenehm und entspannend.
Es gibt verschiedene Haltungen und Bewegungen, die sich nachahmen lassen. Um sich diese Möglichkeiten bewusst zu machen, sollte man sich folgende Fragen beantworten:
Wie ist meine gesamte Körperhaltung?
Wie ist mein Gesichtsausdruck?
Ist mein Kopf geneigt?
In welche Richtung bewege ich meinen Kopf?
Wie ist die Position meiner Schultern?
Wie halte ich meine Arme?
Wie halte ich meine Hände?
Ist mein Oberkörper geneigt?
In welche Richtung bewege ich meinen Oberkörper?
Wie ist die Position meiner Beine?
Wie stehen meine Füße zueinander?
Welche Gesten sind markant?
Je genauer man sich selbst kennt, desto genauer kann man das Verhalten seines Gegenübers spiegeln.
Stimme und Sprache
Das Spiegeln der Stimme und Sprache ist ebenfalls eine schnelle und effiziente Methode, um Gemeinsamkeiten zu schaffen. Besonders gut eignet sie sich für Telefonate, schließlich können hier keine körpersprachlichen Gemeinsamkeiten geschaffen werden. Man sollte genau darauf achten, wie das Gegenüber spricht. Es gibt verschiedene Eigenschaften, die gespiegelt werden können.
Die Klangfarbe beschreibt, ob eine Stimme hoch oder tief ist. Wenn man sich nun im Gespräch mit einer Person befindet, deren Stimme eher hoch ist, dann erhöht man auch selbst die Stimme ein wenig. Aber: nicht übertreiben. Niemand darf das Gefühl haben, dass man sich über ihn lustig macht. Dann würde der Kontakt abbrechen, und man wird ihn nur schwer wieder aufbauen können. Die Stimme darf also nur minimal und bei einzelnen Worten erhöht bzw. vertieft werden.
Ein weiteres Charakteristikum unserer Sprache ist das Tempo. Manche Menschen sprechen so schnell, dass wir ihnen kaum folgen können. Umgekehrt gibt es auch Personen, deren Sätze wir schon in Gedanken oder sogar laut vervollständigen, weil sie so langsam sprechen.
Schnellsprecher sind an ihr Tempo gewöhnt. Wenn man nun dieses Verhalten nachahmt, muss man darauf achten, in kurzen Sätzen zu sprechen. Dann läuft man nicht Gefahr, sich zu verhaspeln. Will man ein langsameres Sprechtempo spiegeln, kann man einfach kleine Pausen zwischen den Sätzen einlegen. Dadurch gibt man dem Gegenüber die Zeit, die es braucht.
Man sollte generell darauf achten, an welchen Stellen der Gesprächspartner Pausen setzt. Wenn hier ein bestimmtes Muster zu erkennen ist, kann man das für sich übernehmen.
Wenn man sich auf die Pausen konzentriert, entwickelt man automatisch ein Gefühl für den Sprechrhythmus des Gegenübers. Ist er eher gleichmäßig und fast schon monoton oder variiert der Tonfall bei bestimmten Wörtern oder Stellen im Satz? Vielleicht kann man dabei auch eine Art Melodie erkennen und diese übernehmen.
Auch die Lautstärke ist ein wichtiges Merkmal der Sprache. Man sollte sich auch hier dem Gegenüber anpassen, es jedoch nicht übertreiben. Im Übrigen bedeutet eine laute Stimme nicht unbedingt, dass das Gegenüber Probleme mit dem Hören hat. Entsprechend muss eine leise Stimme kein Anzeichen für ein geringes Selbstbewusstsein oder Schüchternheit darstellen.
Wenn einem spezifische Ausdrücke auffallen, die das Gegenüber verwendet, dann sollte man sich diese merken. Häufig verwenden Menschen typische Begriffe und Redewendungen, die mit ihrem Umfeld, ihrem Beruf oder Hobby in Verbindung stehen. Optimal, wenn sich das Hobby ins Businessgespräch übertragen lässt: Anstatt »Hier müssen Sie noch unterschreiben« könnte man dann sagen »Jetzt muss das Runde nur noch ins Eckige«. Es geht letztendlich darum, die Sprache des Gegenübers zu sprechen.
Der Dialekt einer Person ist ein sehr markantes Merkmal der Sprache. Ich lernte einmal nach einem meiner Vorträge einen Verkäufer kennen, der mir erzählte, dass er nach seinem Umzug nach Baden-Württemberg Schwäbisch lernen musste, um bei seinen Kunden anzukommen.
Es gibt Menschen, die viele Akzente und Dialekte sprechen können und dabei auch authentisch wirken. Das sollte die absolute Voraussetzung sein. Es kann sonst sehr schnell passieren, dass sich das Gegenüber veralbert oder sogar gekränkt fühlt. Besonders dann, wenn er vielleicht gar nicht will, dass man seinen Dialekt oder Akzent heraushört.
Atmung
Unsere Atmung steht in enger Verbindung mit unserem emotionalen Zustand. Bei Aufregung atmen wir zum Beispiel sehr schnell und flach, bei Entspannung dagegen tief in den Bauch hinein und ruhig.
Um die Atmung des Gegenübers nachzuahmen, beobachtet man am besten das Heben und Senken seines Brustkorbs. Bewegungen der Schultern und des Zwerchfells können ebenfalls Hinweise auf den Rhythmus geben. Übernehmen Sie diesen Rhythmus, und Sie werden überrascht sein, wir wirksam es ist.
Stimmungen
Auch in den Stimmungen kann man den Gesprächspartner spiegeln. Die Stimmung, in der man sich gerade befindet, entscheidet mit darüber, ob wir jemanden sympathisch finden oder nicht. Es ist zum Beispiel nicht sonderlich hilfreich, auf die schlechte Laune seines Gegenübers mit großer Euphorie zu reagieren. Besser ist es, man versucht, diesen emotionalen Zustand aufzugreifen und Verständnis für seine Situation zu entwickeln. Wenn der Gesprächspartner merkt, dass er verstanden wird, dann wird es auch möglich sein, ihn in einen positiveren Grundzustand zu führen.
Bemerkt man, dass der Gesprächspartner voller Freude ist, dann greift man auch diese Stimmung auf und verstärkt sie. Er wird die positiven Gefühle spüren, sodass er sich in unserer Gegenwart noch besser fühlen wird.
Meinungen
Häufig kommt es vor, dass in einem Gespräch unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen. Um einen guten Zugang zur anderen Person zu finden, ist es jedoch wichtig, dass wir seine Gedanken respektieren. Denn wer ist schon gern mit Menschen zusammen, die unsere Meinungen anzweifeln oder kritisieren? Natürlich muss man nicht jede Ansicht seines Gegenübers akzeptieren. Vielleicht gibt es aber einen Aspekt in seiner Argumentation, mit dem man übereinstimmt. Wenn man diesen Punkt aufgreift und sich darauf konzentriert, dann muss man nicht lügen und kann trotzdem Übereinstimmung signalisieren.
Dazu fällt mir folgendes Erlebnis ein: Einmal kam eine Frau zu mir und bat mich, ihr die Zukunft vorauszusagen. Sie war der Meinung, dass ich als Mentalist doch auch hellsehen könne. Das kann ich keinesfalls. Nun wollte ich sie aber auch nicht enttäuschen und habe daher ihre Meinung akzeptiert. Sie vom Gegenteil zu überzeugen, hätte zu langen Diskussionen und keinem Ergebnis geführt. Vielmehr habe ich sie dann durch weitere Techniken, die in den folgenden Kapiteln beschrieben sind, in ihrer Situation abgeholt und mit einem positiven Gefühl gehen lassen. Wir hatten dadurch innerhalb kürzester Zeit eine enge Verbindung. Hätte ich aber ihre Bitte ausgeschlagen, wäre sie wahrscheinlich enttäuscht gewesen, und ich wäre ihr mit diesem Gefühl in Erinnerung geblieben.