KAPITEL 11
Regan war nicht gerade glücklich, als sie sich von Jagr in das zerfallende Gebäude führen ließ.
Vielleicht hatte es etwas mit dem Gestank nach verrottenden Matratzen zu tun, die in dem aufgestapelt waren, was früher einmal eine Eingangshalle gewesen war. Oder mit dem Putz, der von der Decke bröckelte, als sie die schmale Treppe in ein Kellergeschoss hinunterstiegen, das, um es offen auszusprechen, wirklich sehr unheimlich war.
Die kleinen, beengten Räume, an denen sie vorbeikamen, wiesen genau wie die zerbrochenen Stöcke und Gehhilfen, die in einem Lagerraum abgestellt worden waren, auf ein verlassenes Altersheim hin, aber der Charme, den es vielleicht irgendwann einmal gehabt haben mochte, war vor langer Zeit in Vergessenheit geraten.
Oder vielleicht hatte es auch etwas mit dem großen, gereizten Vampir zu tun, der sie durch die muffige Dunkelheit führte.
Oh,Tane war zum Dahinschmelzen.
Er bestand völlig aus glatten goldenen Flächen und Honigaugen.
Leckere tropische Hitze in niedrig sitzenden Khakishorts.
Aber die Wölfin in ihr ließ sich von Tanes Paradiesverheißung nicht täuschen. Wie Jagr hatte auch dieser Vampir den machtvollen Geruch von Gefahr an sich. Im Gegensatz zu Jagr versuchte Tane allerdings die tödliche Gefahr, die er darstellte, nicht hinter einer Wand aus Eis zu verstecken.
Nein, die Bedrohung, die von ihm ausging, war so offensichtlich wie ein blinkendes Neonschild.
Als sie etwas durchquerten, das wie eine leere Waschküche wirkte, blieb Tane stehen, um ein schweres Metallregal zur Seite zu schieben, wodurch eine schmale Öffnung in der Wand zum Vorschein kam.
Regan unterdrückte ein Aufseufzen, als sie ihm folgte. Sie war eher resigniert als überrascht, als sie die Treppe entdeckte, die unter die Erde führte. Wenn Vampire eins waren, dann berechenbar, was ihre Vorliebe für das Dunkle und Feuchte betraf.
Da sie sich anstrengen musste, um ihre sperrigen Tüten davon abzuhalten, sich in ihren Beinen zu verfangen, während sie zuerst die hohen Stufen und dann den langen Gang hinter sich brachte, der unter den umliegenden Feldern verlief, bemerkte Regan kaum, dass der Tunnel von Erde in rostfreien Stahl überging.
Erst als Tane eine schwere Tür aufschob, die den Weg versperrte, wurde ihr klar, dass es an dem verborgenen Versteck nichts Dunkles oder Feuchtes gab.
Mit großen Augen nahm sie die Reihen von Hightechgeräten, die den langen Raum säumten, in Augenschein. Da gab es Monitore mit Live-Übertragungen von wenigstens einem Dutzend Kameras, die überall in der Landschaft ringsum verteilt waren, glänzende Computer, die Gott wusste was überwachten, und komplexe, hoch entwickelte Maschinen, die Regan nicht einmal kannte.
»Heilige Scheiße«, keuchte sie und blieb instinktiv dichter bei Jagr, während die beiden großen Vampire, die den Blick prüfend über die komplizierte Ausstattung gleiten ließen, ihr einen ungeduldigen Blick zuwarfen. Selbst für einen Vampir wirkte das übertriebene Sicherheitssystem etwas paranoid. »Haben Sie eine Raumfähre in einem Maisfeld in der Nähe versteckt ?«
Tane warf einen Blick über seine Schulter, als er durch eine Tür am anderen Ende des Zimmers weiterging, die wieder zu einem mit Stahl ausgekleideten Gang führte.
»Ich habe zahlreiche Dinge in den Maisfeldern versteckt und würde sie Euch mit Freuden zeigen, sobald wir meinen ältlichen Bruder in sein Bett verfrachtet haben.«
»Tane«, knurrte Jagr, der den Köder erwartungsgemäß schluckte.
DerVampir, der die anzüglichen Worte gesprochen hatte, bog wieder in einen neuen Gang ab, und Regan fragte sich, wie weitläufig diese Tunnel wohl waren.
»Noch niemand hat Anspruch auf sie erhoben, und ich bin ebenso in der Lage wie Ihr, ihr Schutz zu bieten. Es scheint eigentlich sogar so, als sei ich dazu besser in der Lage, da es mein Versteck ist, in dem sie Sicherheit findet.«
Regan rollte mit den Augen. Nicht schon wieder!
»Wissen Sie, ich dachte schon, Culligan wäre ein Idiot, weil er ein Kobold war. Aber wie sich herausstellt, liegt diese ganze Idiotensache daran, dass er ein Mann ist«, sagte sie zuckersüß. »Lassen Sie mich eine Sache ganz klarstellen …« Sie ließ ihren verärgerten Blick zwischen den beiden Vampiren hin und her wandern. »Ich muss mich nicht von Dumm und Dümmer beschützen lassen. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
Tane hielt neben einer Tür an, die in die Stahlwand eingelassen war, und wandte sich um, um Jagr mit unerwarteter Belustigung zu betrachten.
»Ihr habt recht, Jagr, ihre Laune ist übel.«
Regan fauchte wütend. »Oh, sie kann noch deutlich schlimmer werden als übel.«
»Sie übertreibt nicht«, fügte Jagr hinzu, und ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. »Weise Dämonen erbeben, wenn Regans innere Wölfin sich auf Beutezug befindet.«
Regan drückte die Tüten gegen ihre Brust. »Seid ihr fertig?«
Die beiden Männer wechselten einen Blick, der jede Frau dazu bringen konnte, sich zu überlegen, ob die Welt nicht ohne Männer besser dran wäre. Dann öffnete Tane allerdings klugerweise die Tür und bedeutete den beiden anderen, den Raum dahinter zu betreten.
Regan trat über die Schwelle und drückte den Lichtschalter an der Wand. Sie hätte das weiche Licht nicht gebraucht, das ins Zimmer strömte, aber es half dabei, das Gefühl, unter der Erde gefangen zu sein, zu vertreiben.
Sie ging ein Stück vorwärts und blieb dann schockiert stehen. Großer … Gott. Es sah aus, als sei es von Hugh Hefner im Crackrausch dekoriert worden.
Sie zog die Augenbrauen hoch, als sie prüfend die detailreiche blutrote Tapete und die gerahmten Bilder von nackten Frauen betrachtete. Die Decke war mit Satyrn in voller sexueller Erregung bemalt, die in dem schimmernden Licht der großen Lüster tanzten. Noch schlimmer war allerdings, dass es kein einziges Möbelstück gab, sondern stattdessen ein Dutzend große Kissen, die auf dem weitläufigen elfenbeinfarbenen Teppichboden ausgebreitet waren, und ein waschechter Whirlpool summte und blubberte mitten im Raum.
»Dies ist meine Gastwohnung«, erklärte Tane aus dem Türeingang. Die spöttische Belustigung in seiner Stimme machte deutlich, dass er Regans entsetzten Gesichtsausdruck voll und ganz genoss. »Ihr solltet finden, was Ihr benötigt. Solltet Ihr Euch entscheiden zu gehen, weicht nicht von dem Weg ab, den ich Euch gezeigt habe. Es gibt alle möglichen hässlichen Überraschungen für ungebetene Gäste.«
Jagr nahm Regan die Kleidertüten aus den steifen Fingern und warf sie in eine Ecke, zusammen mit seiner eigenen Ledertasche.
»Apropos ungebeten – der Anasso hat mir seinen enervierenden Schoß-Gargylen nachgeschickt«, warnte er Tane. »Falls er hier auftauchen sollte, werdet Ihr vielleicht vermeiden wollen, ihn zu töten.«
»Ich hörte Gerüchte über diese Kreatur.«
»Gerüchte können Euch nicht auf die Realität vorbereiten«, meinte Jagr trocken.
Tane gab einen angewiderten Laut von sich. »Ich werde ihm gestatten, sich auf dem Dach niederzulassen, doch für den Fall, dass er versucht, in mein Versteck einzudringen, kann ich nichts versprechen.«
Jagr zuckte mit den Schultern. »Eure Sache.«
Tane, der bemerkenswert unbekümmert wirkte, trat wieder in den Gang. »Ich habe Angelegenheiten, um die ich mich kümmern muss, doch meine Wächter werden auf ihren Posten sein. Ihr werdet nicht gestört werden.«
Unerwartet beugte Jagr den Kopf. »Ich stehe in Eurer Schuld, Tane.«
»Ja, das entspricht der Wahrheit. Eines Tages werde ich die Schuld eintreiben.«
Nachdem er seine Warnung ausgesprochen hatte, schloss Tane die Tür, sodass Regan und Jagr allein in der geschmacklosen Wohnung zurückblieben.
Einen Moment lang genoss Regan einfach nur Tanes Abwesenheit, aber schließlich fing die Erkenntnis, dass sie an einem Ort, der wie geschaffen für Sex war, vollkommen allein mit Jagr war, an, sie … nervös zu machen.
Mit ruckartigen Schritten überquerte sie den elfenbeinfarbenen Teppich und warf einen Blick in die kleine Küche mit ihren teuren Haushaltsgeräten, bevor sie die Verbindungstür zum Schlafzimmer durchquerte.
Das war nicht die klügste Entscheidung.
Sie hatte kaum das Licht eingeschaltet, als Jagr schon an ihr vorbeischlüpfte. Er hob die Augenbrauen und trat auf das runde Bett mit den Draperien aus schwarzem Satin zu, das von den Spiegeln darüber reflektiert wurde.
Es wirkte wie ein einziges großes Klischee von einer Junggesellenhöhle.
Regans Wangen überzogen sich mit einer albernen Röte. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum Tane Gästezimmer braucht. Wer sollte ihn denn besuchen, verdammt noch mal?«
Jagr zog eine Schublade des lackierten Nachtschränkchens auf. »Im Gegensatz zu dir, meine Kleine, finden die meisten Frauen Tane unerklärlicherweise charmant. Selbst unter Vampiren ist sein Ruf der eines …«
»Windhundes?«
»Das ist nicht das Wort, nach dem ich suchte, aber es eignet sich dennoch.« Jagr nahm Handschellen aus der Schublade und ließ sie von seinem Finger baumeln. »Soso.«
»Du liebe Güte.« Regan runzelte die Stirn, als er sie erwartungsvoll ansah. »Denk nicht mal dran.«
Sein leises, beinahe greifbares Lachen ließ auf ihrer Haut eine Gänsehaut der Erregung entstehen. »Ich benötige kein Spielzeug, um eine Frau zu befriedigen. Allerdings …«
»Ich habe genug gesehen.«
Regan drehte auf dem Absatz um und marschierte in die Küche. Dabei hielt sie sich so steif, als hätte sie einen Besenstiel verschluckt, obwohl alle möglichen Arten von köstlichen Gefühlen in ihrer Magengrube tanzten.
Nein, Jagr brauchte definitiv kein Spielzeug.
Nicht, wenn seine Berührung pure Magie war.
Jagr, der nur einen Schritt hinter ihr war, ging auf den eingebauten Kühlschrank zu und öffnete den Gefrierschrank.
»Du solltest etwas essen. Bevorzugst du etwas Bestimmtes?«
Regan weigerte sich, ihr kindisches Unbehagen zuzugeben. Sie stellte sich direkt neben Jagr und spähte in den Gefrierschrank. Ihr lief augenblicklich das Wasser im Mund zusammen, als sie die ordentlich gestapelten Packungen aus einigen der berühmtesten Restaurants der Welt zu Gesicht bekam.
Pizza im Chicago-Stil … Gumbo aus New Orleans … Gegrilltes aus Kansas City … Hummer aus Maine …
»Alles«, murmelte sie und streckte die Hand aus, um einige der obersten Schachteln aus dem Gefrierschrank zu nehmen. Sie gab sie Jagr, damit er sie in der Mikrowelle auftauen konnte. »Wenigstens weiß Tane, wie er seine Gäste ernährt.«
In bemerkenswert kurzer Zeit quoll der kleine Glasesstisch vor Pizza, Grissini, Gemüsesuppe und warmer Apfeltorte über.
Regan setzte sich und versuchte nicht einmal, so zu tun, als wäre sie eine dieser lächerlich dünnen Frauen, die sie im Fernsehen gesehen hatte.Warum sollte sie hungern, nur um irgendeinem Mann zu gefallen?
Sie genoss das köstliche Essen, das nichts mit der billigen Tiefkühlkost gemeinsam hatte, die Culligan ihr zu essen gegeben hatte, bis sie schließlich merkte, dass Jagr sich gegen die Küchenzeile lehnte und sie mit unerschütterlicher Intensität beobachtete.
»Und was ist mit dir?«, fragte sie und wischte sich den Mund mit einer Leinenserviette ab. »Hast du keinen Hunger?«
Sein beunruhigender Blick glitt zu ihrer Halsbeuge. »Nicht auf das, was im Augenblick auf der Speisekarte steht.«
Begierde, scharf und beißend, sorgte dafür, dass Regans Körper sich anspannte. Sie stand auf und fing an, die leeren Verpackungen in den Abfalleimer zu werfen. O Mann. Sie wollte nicht einmal darüber nachdenken, dass ihre Haut ganz plötzlich zu eng für ihren Körper zu sein schien, dass ihr Herz ihr bis zum Hals schlug oder dass sich Hitze in ihrer Magengrube sammelte.
Sie wollte …
Okay, das fasste es ganz gut zusammen.
Sie wollte. Sie brauchte. Sie begehrte, und zwar heftig.
»Wie oft brauchst du Nahrung?«, fragte sie. Ihr Breigehirn war nicht imstande, sich etwas Besseres zur Ablenkung auszudenken.
»Das hängt davon ab, ob ich verwundet bin oder ob ich lange Zeit ohne Nahrung auskommen musste«, erklärte Jagr mit leiser, heiserer Stimme. »Und es hängt auch von der Wirksamkeit des Blutes ab. Werwolfblut wird für seine seltene Macht geschätzt. Unglücklicherweise ziehen die Werwölfe es vor, ihr Blut nicht mit Vampiren zu teilen.«
Regans Werwolfblut, das durch ihre Adern floss, erhitzte sich abrupt, als ob es bereits den erotischen Sog von Jagrs Fangzähnen erwartete.
Instinktiv sträubte sie sich gegen die peinlichen Gefühle. »Vielleicht liegt das daran, dass die Vampire sie fast haben aussterben lassen, indem sie sie in beengten Jagdgebieten eingesperrt haben, wodurch ihnen ihre uralten Fähigkeiten genommen wurden.«
»Hast du alles vorbehaltlos geschluckt, was Salvatore dir vorsetzte?«, fragte Jagr kühl.
Es dauerte einen Moment, bis Regan klar wurde, dass er sie beschuldigte, gehirngewaschen worden zu sein.
»Nein, aber er hat sehr überzeugend erklärt, dass die Vampire wenigstens teilweise für den Mangel an Rassewolfkindern verantwortlich sind.«
Jagr glitt auf sie zu. Er spürte mühelos ihr wachsendes Verlangen, trotz ihrer angestrengten Bemühungen, gleichgültig zu wirken.
»Seine Klage wurde den Orakeln vorgetragen«, murmelte er und hielt so dicht vor ihr an, dass sie in seine kühle Macht eingehüllt wurde. »Sie werden über das endgültige Schicksal der Werwölfe bestimmen.«
Regans Mund wurde trocken, als ihr Blick unbarmherzig von all diesen Muskeln angezogen wurde, deren Spiel unter seinem allzu engen T-Shirt gut zu erkennen war. O Gott. Sie sollte eigentlich eine Medaille dafür bekommen, dass sie ihn nicht auf den Küchenboden zerrte, um ihn zu vernaschen.
»Mir egal, wie mächtig die Orakel sind, ich lasse mich jedenfalls nicht in irgendeiner Art von Werwolfreservat einsperren«, murmelte sie, womit sie die Jahre meinte, in denen die amerikanischen Werwölfe gezwungen gewesen waren, auf Land zu leben, das ihnen von den Vampiren vorgeschrieben wurde.
Allerdings waren ihre Gedanken eigentlich nicht auf die uralte Fehde zwischen den beiden Spezies gerichtet. Nein, sie war weitaus mehr an der Verlockung interessiert, ihre Finger durch das lange, goldene Haar gleiten zu lassen.
Jagr wirkte genauso abgelenkt. Seine Augen erwärmten sich zu einem tiefen Blau, während er die Hand hob, um über die Wölbung ihres Halses zu streichen.
»Die Jagdgebiete wurden ebenso zum Schutze der Werwölfe wie zu dem der Menschen eingerichtet«, erklärte er, während seine Finger auf erregende Weise den tiefen Ausschnitt ihres Hemdes nachzeichneten. »Ohne starken Anführer waren die Werwölfe außer Kontrolle und zogen zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Die Dämonenwelt rüstete sich für einen Völkermord, bevor der frühere Anasso eingriff und die notwendigen Grenzen erschuf.Wenn Salvatore beweisen kann, dass er in der Lage ist, das Kommando über sein Volk zu übernehmen, werden die Orakel zweifelsohne zur Seite treten und es ihm gestatten, ohne Einmischung zu herrschen.«
Regan musste sich selbst daran erinnern zu atmen.
Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.
»Mir egal, wer die Verantwortung hat, solange er mich in Ruhe lässt.«
Jagrs Finger fuhren fort, sie zu reizen und zu necken. Sie streichelten über die Rundung ihres Busens, bis ihre Brustwarzen zu harten Spitzen geworden waren.
»Angenommen, das sei möglich – was wirst du dann tun?«
»Meine Freiheit genießen.«
»Es geht um mehr als nur um Freiheit.« Jagr hob die Hand, um ihren Nacken damit zu umfassen. Sanft massierte er ihre verkrampften Muskeln. »Du wirst in einer Welt leben müssen, über die du nur sehr wenig weißt.«
Regan bemühte sich, wütend über seine gönnerhaften Worte zu sein. Das wäre wesentlich einfacher gewesen, wenn sie nicht gerade dabei gewesen wäre, in einer Flut sinnlicher Begierde zu ertrinken.
»Das kann ich lernen. Ich bin nicht dumm.«
»Nein, du bist außerordentlich intelligent.« Seine Lippen streiften ihre Schläfe. »Intelligent genug, um zu wissen, dass ein einsamer Wolf am verletzlichsten ist.Weshalb willst du nicht die Hilfe derjenigen annehmen, die dir nur helfen wollen?«
Sie unterdrückte ein Stöhnen der Lust. Verdammt, dieser Mund war so verführerisch.
»Meine geliebte Schwester? Danke, aber nein, danke.«
»Darcy ist nicht deine einzige Option.« Er verpasste ihrem Ohrläppchen einen sanften Biss. »Mein Versteck ist gut geschützt, wenn auch nicht annähernd so elegant wie Styx’ Anwesen. «
Regan hielt die Luft an. »Jagr?«
»Hmmm?«
»Bittest du mich, bei dir einzuziehen?«
Jagr zögerte. Dann wich er mit vorsichtigem Gesichtsausdruck ein Stück zurück, um ihrem schockierten Blick zu begegnen.
»Ja.«
»Hast du je dein Versteck mit jemandem geteilt?«
»Nicht freiwillig, nein.«
»Warum bietest du es dann jetzt an?«
Seine Lippen zuckten. »Könnte ich nicht einfach ein guter Kerl mit einem großzügigen Herzen sein?«
»Nicht gerade sehr wahrscheinlich.« Regan schüttelte den Kopf, seltsam beunruhigt durch sein unerwartetes Angebot. »Was hast du davon?«
»Ich wünschte, ich wüsste es.«
»Was?«
Seine Hand wanderte von ihrem Nacken zu ihrem unteren Rücken und presste Regan gegen seine beginnende Härte. Regan holte stoßweise Atem, als sein dicker Penis gegen das zarte Fleisch an ihrem Bauch drückte.
»Ich weiß, ich begehre dich. So sehr«, sagte er, und ein wilder Hunger flackerte in seinen Augen auf. »Ich weiß, dass du mich faszinierst, selbst wenn du dich wie eine Verrückte aufführst.«
»Hey.«
»Ich weiß nur nicht, weshalb der Gedanke daran, dich fortgehen zu sehen, so …« Er schnitt eine Grimasse.
»So was ist?«
»Inakzeptabel.«
»Inakzeptabel?«
»Ganz und gar inakzeptabel.«
Sie leckte sich die Lippen, entnervt von der ungeheuren Genugtuung, die in ihrem Herzen aufflammte. Sie konnte doch wohl nicht erfreut über seinen offensichtlichen Besitzanspruch sein?
»Aber es ist unvermeidlich«, zwang sie sich selbst zu entgegnen. »Sobald Culligan tot ist, bin ich hier weg.«
Seine Lippen zuckten, während er seine Fangzähne leicht über ihren Hals kratzen ließ.
»Das werden wir sehen«, meinte er heiser. Seine geschickten Hände ergriffen den Saum von Regans Oberteil, um es ihr in einer einzigen geschmeidigen Bewegung über den Kopf zu ziehen. Schnell folgte ihr Büstenhalter und flatterte auf die Keramikfliesen. »Ich kann sehr überzeugend sein, wenn ich etwas haben will.«
Regan gab einen erstickten Laut von sich, als seine Daumen über ihre harten Nippel strichen. Heilige … Scheiße.
Überzeugend?
Er war absolut überwältigend.
Während sie verzweifelt versuchte, sich an den Grund zu erinnern, warum das eine schlechte Idee war (alles, was sich so verdammt gut anfühlte, musste einfach eine schlechte Idee sein), holte Regan tief Luft. Leider war Jagr ihr einen Schritt voraus, und bevor sie einen zusammenhängenden Gedanken fassen konnte, glitt sein Mund über die Rundung ihrer Brust, umschloss ihre Spitze, und seine Zunge neckte sie fast bis zum Wahnsinn.
»Verdammt sollst du sein«, murmelte sie und grub ihre Finger in die verlockende Seide seiner Haare. Er küsste und knabberte sich an ihrem Körper entlang nach unten. Zwischen seinen Liebkosungen zog er ihr den Rest ihrer Kleidung aus.
»Nein, nicht verdammt«, erwiderte er und richtete sich auf, um ihrem benommenen Blick mit einem nicht zu entziffernden Gesichtsausdruck zu begegnen. »Erlöst.«
Mit einer Bewegung, die zu schnell war, als dass sie ihr hätte folgen können, nahm Jagr sie auf die Arme und durchquerte mit ihr die Wohnung. Regan bemerkte kaum, was überhaupt passierte, als sie auch schon mitten auf das Austin-Powers-Bett geworfen wurde, ihre Arme und Beine gespreizt wie die einer Jungfrau, die geopfert werden sollte.
»Jagr …«
Jagr schleuderte seine schweren Stiefel von den Füßen, zog sich das T-Shirt über den Kopf und ließ seine Jeans zu Boden fallen, um die atemberaubende Pracht seiner männlichen Gestalt zu enthüllen.
»Ja, meine Kleine?«, fragte er und bedeckte sie mit dem kühlen Gewicht seines Körpers.
Sie hob die Hände, um ihn wegzustoßen, aber irgendetwas lief da falsch. Statt sich auf die harten Flächen seiner Brust zu legen, um ihn wegzuschieben, strichen ihre Finger über die blasse Haut, die so unbarmherzig von seinen Narben verunstaltet wurde.
»Sollten wir nicht planen, was wir als Nächstes vorhaben?«, fragte Regan mit heiserer Stimme.
Jagr neigte den Kopf und knabberte an ihrem Mundwinkel. »Ich weiß ganz genau, was ich als Nächstes vorhabe.«
Ein köstlicher Schauder schüttelte Regans Körper. O Gott, sie hoffte, dass seine Absichten umfassten, ihre Beine zu spreizen und das zu beenden, was er angefangen hatte.
Plötzlich war es ihr gleichgültig, dass Culligan irgendwo da draußen war, immer noch lebendig und atmend … der Mistkerl. Oder dass es ein Rudel von verrückten Wolfstölen gab, die sie vielleicht jagten, vielleicht aber auch nicht.
Oder auch nur, dass Jagrs entschlossene Verführung sehr gut ein ausgefeilter Plan sein konnte, um sie zurück nach Chicago in Darcys Falle zu locken.
Manchmal musste eine Frau ihre Prioritäten in die richtige Reihenfolge bringen.
Und im Augenblick war es Regans oberste Priorität, den nagenden Hunger zu befriedigen, der sie zu verschlingen drohte.
Als spüre er ihre Kapitulation, knurrte Jagr tief in der Kehle, und seine Hände strichen rastlos über ihre nackte Haut, während er winzige Küsse auf ihrem Gesicht verteilte.
»Süßer Mitternachtsjasmin«, murmelte er, und seine Zunge zeichnete die Form ihrer Lippen nach. »Dein Duft macht mich wahnsinnig.«
Regan stieß einen leisen Schrei aus, als eine der herumstreunenden Hände zwischen ihre Schenkel glitt, um ihre zunehmende Nässe zu streicheln.
»Das ist lächerlich«, protestierte sie atemlos. »Wenn ich nach irgendwas rieche, dann nach feuchter Höhle und Unkraut.«
Fast zermalmte er ihre Lippen mit einem leidenschaftlichen Kuss. »Immer musst du dich mit mir streiten, meine Kleine.« Er stöhnte auf, als sein Finger in ihr enges Fleisch eindrang. »Ist es ein zwanghaftes Bedürfnis, mich auf Abstand zu halten, oder bist du einfach von Natur aus streitsüchtig?«
Regan grub instinktiv die Fersen in die schwarzen Seidenlaken und wölbte ihre Hüften nach oben.
»Wenn du nicht immer unrecht hättest, müsste ich nicht … nicht …« O Gott, sein Finger erzeugte die köstlichste Reibung, als er wieder und wieder in sie eindrang. »Immer streiten.«
Seine Lippen glitten über ihre Wange und dann an ihrem Kiefer entlang nach unten. »Ich habe niemals unrecht.« Er drückte einen Kuss auf den rasenden Puls an ihrem Hals. »Niemals. « Sein Mund wanderte über ihr Schlüsselbein. »Niemals.« Er legte den Mund auf ihre schmerzende Brustwarze. »Niemals. «
Er spielte nicht fair. Sie konnte nicht nachdenken, wenn ihr gesamter Körper vorVerlangen bebte. Sie wollte überhaupt nicht nachdenken.
Sie wollte einfach nur noch einmal dieses herrliche Gefühl der Erlösung fühlen, die fast in Reichweite auf sie wartete.
Sie ballte ihre Finger in seinem dichten Haar zur Faust zusammen und schlang instinktiv die Beine um seine Hüften.
»Schön, du hast immer recht. Jetzt hör auf zu reden, und tu was.«
Er wich ein Stück zurück und sah sie mit einem halben Lächeln an. »Streitsüchtig und anspruchsvoll.«
Sie rieb sich ganz bewusst an seiner granitharten Erektion.
»Ist das ein Problem?«
Seine Augen verdunkelten sich, und seine Fangzähne glitzerten in dem Licht, das aus dem Wohnzimmer hereindrang, schneeweiß.
»Kein Problem.« Er stützte sich auf einen Ellbogen und brachte sich in Position, bis seine Penisspitze gegen ihren Scheideneingang drückte. »Überhaupt kein Problem.«
Bei dieser vorsätzlichen Folter biss Regan die Zähne zusammen. Unschuldig oder nicht – ihr Körper begriff, was er brauchte. Und es machte sie verrückt, so kurz davor zu stehen.
»Warum redest du dann immer noch?«, fragte sie und zog an seinen Haaren, als er sie mit einem merkwürdig aufmerksamen Ausdruck ansah.
»Du weißt, meine Kleine, es gibt kein Zurück.«
»Jagr, wenn du nicht weitermachst, werde ich …«
Sie war sich nicht ganz sicher, was sie dann tun würde, und schließlich und endlich spielte es auch keine Rolle. Mit einem leisen Fauchen kippte Jagr seine Hüften nach vorn und drang mit einem langsamen, unerbittlichen Stoß in sie ein.
Regan hob die Hände und klammerte sich an seinen Schultern fest, indem sie die Fingernägel in seine Haut grub. Sie empfand keinen Schmerz. Trotz Jagrs beträchtlicher Größe stellte sich ihr Körper bereitwillig auf sein Eindringen ein. Aber da gab es das köstliche Gefühl von Fülle und eine überraschende Intimität, die sie nicht erwartet hatte.
In diesem Moment war sie mit Jagr verbunden, und zwar auf eine Art, die weitaus intensiver zu sein schien als zwei Körper, die einfach Sex hatten.
Es war …
Ihr Verstand schreckte augenblicklich davor zurück, über diese gefährlichen Empfindungen nachzudenken. Nein. Sie wollte nicht, dass das hier mehr war als ein flüchtiges Vergnügen.
»Regan«, flüsterte Jagr ihr ins Ohr. »Geht es dir gut?«
»Mir geht es gut, hör bloß nicht auf«, murmelte sie und vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge.
»Auf gar keinen Fall könnte ich jetzt aufhören«, murmelte er und glitt aus ihr heraus, bevor er mit zunehmender Dringlichkeit wieder in sie eindrang. »Du bist perfekt.«
Erneut spürte Regan den instinktiven Drang, mit ihm zu streiten. Sie war nicht perfekt. Sie war weit davon entfernt, perfekt zu sein.
Aber bevor sie die Worte aussprechen konnte, zog er sich erneut zurück und stieß wieder zu, in einem Rhythmus, der ihr den Atem raubte. Ja. O ja. Das war das, wonach ihr Körper sich in tiefster Nacht gesehnt hatte. Das war das, was sie brauchte.
Regan schloss die Augen und krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken, befriedigt, als er vor Lust knurrte. Sie grub die Nägel noch tiefer hinein und wurde belohnt, als seine Lippen in einem wilden, fordernden Kuss ihre eigenen fanden.
Seine Hüften bewegten sich schneller, und seine Hände hoben ihre Hüften an, damit sie seinen tiefen, regelmäßigen Stößen begegnete.
»Jagr … bitte«, stieß sie hervor, und ihr Körper war so angespannt, dass sie das Gefühl hatte, zerbrechen zu können.
»Nur Geduld, meine Kleine.« Er senkte den Kopf und neckte ihren schmerzenden Nippel mit seinen Lippen und seinen Fangzähnen, während seine Hüften immer schneller pumpten und sie sich auf dem Bett nach oben wölbte, um seinen Stößen zu begegnen.
Regans Atem krächzte in der geräuschlosen Luft, und ihre Welt bestand nur noch aus Jagr, der wie eine Flutwelle in sie eindrang, sich zurückzog und wieder in sie eindrang.
Sie war so dicht davor. So herrlich dicht davor.
Und dann … passierte es.
In einer letzten Woge ließ er sie über die Klippe stürzen und versetzte sie in einen Strudel aus atemberaubender Glückseligkeit.
Er verschluckte ihren Lustschrei mit einem leidenschaftlichen Kuss und fuhr fort, in ihren zitternden Körper zu pumpen, bis er sich anspannte und seine eigene Erlösung erlebte. Und als er sich dann unter der Macht seines Höhepunktes wölbte, wurden die unzüchtigen Bilder von den Wänden gesprengt, und die Kristallkaraffe zerbrach.
Regan öffnete die Augen und sah Jagr verwundert an.
»Gott.«