KAPITEL 5
Regan sah zu, wie Jagr das Mobiltelefon in die Tasche seiner Jeans gleiten ließ. Einer Jeans, die tief auf seinen Hüften saß und sich mit appetitlicher Bestimmtheit an seine kraftvollen Beine schmiegte …
Scheiße.
Regan schob das Kinn vor und versuchte die ständige Erregung zu ignorieren, die wie Elektrizität in ihr summte. Okay, der verdammte Vampir war das schönste Wesen, das sie je gesehen hatte. Und er versprühte Sex vom Scheitel seiner goldenen Haare bis zu den Spitzen seiner Springerstiefel. Und seine Küsse machten sie so scharf, dass sie das Gefühl hatte, schreien zu müssen, wenn ihr nicht bald Erleichterung verschafft wurde.
Aber trotzdem war er der unausstehlichste, arroganteste, unberechenbarste starrköpfige Brutalo, dem zu begegnen sie das Pech gehabt hatte.
»Wenn Sie vorhatten, Salvatore anzurufen, warum haben Sie dann Levet losgeschickt, damit er nach den Wolfstölen sucht?«, fragte sie. Ihre Stimme klang dabei schrill vor … Verdammt, sie konnte es genauso gut zugeben, wenn auch nur vor sich selbst: schrill vor Frustration.
Er zuckte mit den Schultern. »Salvatore verfügt über keine größere Fähigkeit, Magie zu spüren, als ich. Ein Gargyle ist eine Kreatur der Magie. Es gibt keinen Zauber, gleichgültig, wie mächtig der Dämon oder die Hexe auch sein mag, den er nicht aufspüren könnte.«
»Nun ja, ich warte nicht einfach hier in dieser Höhle, bis Levet zurückkommt.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, bereit für einen Kampf — nein, sie verging fast vor Sehnsucht danach. »Sie haben ja selbst darauf hingewiesen, dass wir nicht mal wissen, ob Culligan bei den Wolfstölen ist.«
Jagr zog eine goldene Braue in die Höhe und warf ihre Kleidertüten in eine entfernte Ecke. Kleider, die er für sie gekauft hatte, einfach weil er wusste, dass sie sie haben wollte. Ihre Frustration wurde geradezu schmerzhaft. Dieser verdammte Vampir.
»Und wie sieht dein Plan aus?«, fragte er spöttisch. »Durch die Straßen streifen und hoffen, dass du über den Kobold stolperst? «
»Haben Sie eine bessere Idee, Meister?«
»Ja. Ich denke, wir sollten das Wohnmobil suchen. Die Wolfstölen mögen imstande sein, einen Kobold zu verstecken, doch sie werden keine Magie aufwenden, um sein Fahrzeug zu verbergen. «
Sie schnaubte. »Was für eine Rolle soll das spielen, wenn er nicht in dem Wohnmobil ist?«
»Culligan war zweifelsohne in Eile zu verschwinden. Womöglich hat er etwas zurückgelassen, das verraten wird, weshalb er sich für Hannibal entschieden hat.«
Gegen ihren Willen erinnerte sich Regan an die chaotischen Stunden nach ihrer Rettung. Sie war sich sicher gewesen, dass Salvatore Giuliani ein attraktiver Schutzengel sein musste, da er sie aus Culligans Klauen befreite. Genau davon hatte sie jahrelang geträumt.
Natürlich nur, bis der verdammte Werwolf Culligan hatte entkommen lassen. Danach hatte sie die Information bekommen, dass sie eine Großfamilie hatte, der es offensichtlich scheißegal war, dass sie benutzt und misshandelt worden war, und als Krönung hatte sie die Nachricht erhalten, dass sie für ihn wertlos war, da er ihre Unfruchtbarkeit riechen konnte.
Dieser Scheißkerl.
»Warum sollte Culligan in Eile sein?« Sie machte sich nicht die Mühe, ihre Bitterkeit zu verheimlichen. »Salvatore hat sehr deutlich gemacht, dass er seine Zeit nicht damit verschwenden würde, einen einzigen Kobold aufzuspüren, um ihn zu bestrafen. Nicht, wenn ich unfruchtbar und wertlos bin.«
Seine Lippen kräuselten sich. »Culligan hatte keine Angst vor dem verdammten König der Werwölfe. Er hatte Angst vor dir.«
»Recht so«, murmelte Regan.
Jagrs Blick huschte über ihren angespannten Körper. »Benötigst du Nahrung, bevor wir beginnen?«
Sie war am Verhungern, aber das wollte sie nicht zugeben. Diesem Vampir zu erlauben, sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern, war … beunruhigend.
»Ich werde später etwas essen.«
In seinen Augen blitzte Verärgerung auf. »Das ist keine Antwort. «
»Zu schade, weil Sie nämlich nicht mehr als das bekommen werden.«
»Wenn du Nahrung benötigst, dann jetzt sofort. Du bist für mich nicht von Nutzen, wenn du schwach bist.«
Regan blaffte. Es gab dafür kein anderes Wort.
Gerade hatte sie noch neben dem Eingang der Höhle gestanden, und schon flog sie durch die Luft, um einen Vampir anzugreifen, der fast zwei Meter groß und mehr als hundertzehn Kilogramm schwer war.
Als sie auf den harten Boden stürzten, war sich Regan nicht sicher, wer von ihnen erstaunter war, sie oder Jagr.
Aber sie wusste, wer sich zuerst erholte.
Kaum hatte sie angefangen zu grinsen, da sie oben gelandet war, da knurrte Jagr schon leise, und mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung hatte er sich auf sie gerollt, sodass sein Körper sie auf die harte Erde presste.
Regan fühlte, wie ihr die Luft aus den Lungen gedrückt wurde. Natürlich, denn wer würde nicht ersticken, wenn ein riesiger Vampir ihn zerquetschte?
Es hatte nichts mit dem dichten Haar zu tun, das sich aus seinem Zopf gelöst hatte und sie umgab wie ein Vorhang aus goldenem Satin. Oder mit dem Duft roher Kraft, der ihre Sinne überflutete.
Auf gar keinen Fall.
Also warum tauten diese blauen Augen auf, als ob Jagr den heißen Schwall ihres Blutes und die verräterische Schlaffheit ihrer Gliedmaßen spüren könne?
»Wir wissen beide, dass ich dich mit Gewalt nach Chicago bringen könnte, wenn ich wollte«, sagte er mit heiserer Stimme und umfasste in einer sehr besitzergreifenden Geste mit der Hand ihr Gesicht. »Unglücklicherweise verstehe ich deinen Rachedurst, und ich bin willens, deinem Wunsch nachzugeben, für einen Tag oder auch zwei. Aber nicht, wenn es sich dabei um Todessehnsucht handelt. Falls du ein einziges unnötiges Risiko eingehst oder dich noch einmal davonzustehlen versuchst, werde ich dich in eine Tasche stopfen und zu deiner Schwester tragen.«
Regan fauchte, und ihr Körper bebte vor Verlangen danach, sich an seiner harten Erektion zu reiben.
»Sie kotzen mich wirklich an.«
Er senkte den Blick zu ihren Lippen. »Haben wir ein Abkommen? «
»Sie können mich mal.«
Worte murmelnd, die sie nicht verstand, vergrub Jagr sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, und das Gefühl seiner Fangzähne, die über ihre sensible Haut kratzten, sandte eine schockierende Flut der Lust durch ihren Körper.
»Du spielst mit dem Feuer, meine Kleine.«
Regans Lippen öffneten sich, und sie grub ihre Finger in seine Oberarme, als seine Zunge leicht über ihr Schlüsselbein strich, das von ihrem neuen pinkfarbenen T-Shirt enthüllt wurde.
»Jagr«, keuchte sie.
»Du riechst nach heißen Nächten und Jasmin.« Sein Mund streifte ihre Haut, als er sprach, und seine kühlen Lippen brandmarkten ihr Fleisch. »Bezaubernd.«
Regan kniff fest die Augen zusammen und versuchte verzweifelt, die dunkle Woge der Begierde aufzuhalten. Okay, ihr Körper wollte Jagr. Wollte ihn mit einer Macht, die fast die Kraft einer Atombombe entwickelte.
Aber es war nur Lust. Die Reaktion einer Frau, der ihr ganzes Leben lang Sex versagt gewesen war.
»Ich habe nicht gesagt, dass Sie mich küssen dürfen«, murmelte sie und zuckte vor Wonne, als seine Lippen an ihrem Hals entlang nach oben wanderten, um die kleine Mulde direkt unter ihrem Ohr zu necken.
»Willst du, dass ich aufhöre?«
Aufhören? Nein, verdammt. Sie wollte, dass er ihr die Kleider vom Leib riss und sie von Kopf bis Fuß ableckte. Sie wollte, dass er von ihr kostete, an ihr knabberte und sie biss, bis sie vor Vergnügen schrie. Sie wollte ihre Finger um seine harte Erektion legen und ihm den Weg in die schmerzende Leere zeigen, die sich weigerte, sie in Ruhe zu lassen. Sie wollte …
Sie wollte ihn.
Und das war das Problem.
»Bitte, Jagr.«
Er biss leicht in ihr Ohrläppchen. »Bitte was, meine Kleine? Was willst du?«
»O Gott …« Regan nahm die beträchtliche Kraft ihres Erbes zusammen. Dann schlug sie unter Zuhilfenahme einer großen Dosis Panik mit den Händen gegen seinen breiten, stählernen Brustkorb und schaffte es, sich genügend Platz zu verschaffen, um sich unter seinem Körper hervorzuwinden. Sie rappelte sich auf, klopfte den Schmutz von ihren neuen Kleidungsstücken und funkelte den Vampir an, der mit geschmeidiger Anmut wieder auf die Beine kam. »Was ist los mit Ihnen? Mal hole ich mir bei Ihnen Frostbeulen, und mal stecken Sie mir die Zunge in den Hals. Sind Sie ein Psychopath oder bloß ein ganz gewöhnlicher Spinner?«
Mit einem kalten Lächeln näherte sich Jagr dem Höhleneingang. »Ich denke, die bessere Frage ist die, weshalb eine Frau, die so offensichtlich große Sehnsucht nach meiner Berührung hat, eine so große Furcht vor ihrer eigenen Begierde hat.«