17. Schrippe und der Tod
Mit heftigen Kopfschmerzen erwachte Schrippe, doch sein Bewusstsein wollte noch nicht zurückkehren. Er blinzelte benommen und lallte: "Wo bin ich?"
Unkoordiniert stemmte er sich aus seiner Rückenlage in eine instabile Seitenlage, kippte aber prompt wieder zurück. "Scheiße!", fluchte er brabbelnd.
Für ein paar Momente blieb er stillliegen, wobei die pochenden Kopfschmerzen etwas nachließen.
"Das kommt davon, wenn man zur Flasche greift!", greinte er.
Doch dann stürzten alle Erinnerungen auf ihn ein; Karen, die Zombies, seine Freunde. Gequält stöhnte er auf. "Verdammte Scheiße!"
Etwas später hatte er sich in eine hockende Position hochgearbeitet. Sein Kopf schwirrte zwar immer noch, aber nicht mehr so heftig wie bei seinem Erwachen.
"Scheiß Zombies."
Karen. Sie musste sich hier noch irgendwo verstecken. Hatte er sie nicht gehört, als er an dem Zimmer mit diesem verschissenen Zombie vorbei gekommen war? Dieses ekelerregende Bild des Untoten, wie er sein Opfer zerteilte und große Fleischstücke aus dem Körper zerrte, hatte sich in sein Gehirn gebrannt.
Blut, überall war Blut ... und Schleim.
"Verkackte Zombies", schimpfte er angewidert. Dann rappelte er sich umständlich auf und stieg über den Untoten. Er wollte nur ja nicht mehr mit den Hinterlassenschaften des Zombies in Berührung kommen.
"Ein großer Schritt für mich, ein winziger für die Menschheit." Schrippe grinste.
Der tote Zombie sah irgendwie friedlich aus, wenn man die Flasche, die aus seiner Stirn ragte und den blutbesudelten Mund, samt Kinn und Brustbereich ignorierte.
"Wahrscheinlich geht´s dir jetzt besser", philosophierte er mit verschränkten Armen und nickte dabei mehrmals.
Schrippe ging es jetzt auf jeden Fall besser als vor seiner Ohnmacht. Als ob der kurze Kampf mit dem anschließenden Sieg ihm Kraft verliehen hätte. Sein Kopf pocherte zwar vom Sturz noch ein wenig, aber er fühlte sich bereit und kräftig genug, den ganzen Scheiß durchzustehen.
Abrupt wandte er sich ab, riskierte einen kurzen Blick um die Biegung, sah, dass der Korridor vor ihm frei von Untoten war. Einmal mehr atmete er auf.
"Das wär´s noch gewesen", murmelte er abwesend. Gedanken an Zombies, die auf ihn zuwankten, schüttelte er unwillig ab. Ihm war mehr als nur unbehaglich zumute. Diese ganze Zombie-Situation reizte seine Nerven in einem fast nicht erträglichen Maß. Eigentlich wollte er sich auf der Insel nur amüsieren und anstatt auf Scheiß-Zombies rumzuhacken mit Mädels im Bett balgen.
Karen! Er beschleunigte seine Schritte, sodass er regelrecht in das offene Zimmer stürmte, in dem der Zombie gefrühstückt hatte und er die leisen Wimmerlaute gehört zu haben glaubte.
"Karen! Ich bin´s, Schrippe!" Schnell schlug er die Zimmertür hinter sich zu, damit kein Untoter überraschend hereinschneien konnte.
"Bist du da?" Er durchsuchte eiligst das Zimmer; unter dem Bett und in den großen Einbauschränken fand er nichts.
Plötzlich flog die Badezimmertür auf und eine völlig aufgelöste Karen sprang heraus. Sie warf sich schluchzend in Schrippes Arme und krächzte etwas Unverständliches.
"Ist ja gut. Ich bin hier." Schrippes Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf Karen. Sie atmete nicht mehr so heftig.
"Was ist ...?", brachte sie unsicher mit brüchiger Stimme hervor. "Was ist ...?" Weiter kam sie nicht, denn als sie den übel zugerichteten Leichnam im Zimmer liegen sah, verdrehte sie die Augen und fiel mit einem leisen Seufzen in Ohnmacht. Sie sackte einfach in Schrippes Armen zusammen.
"Karen!", entfuhr es ihm. Als er bemerkte, dass sie nur bewusstlos war, beruhigte er sich schnell wieder. "Scheiße!"
Vorsichtig hob er die Bewusstlose an und legte sie auf eines der Betten. Mit dem unvermeidlichen dünnen Laken deckte er sie zu.
Dann packte er die Leiche und zog sie ins Badezimmer. Mit einiger Mühe hievte er sie in die Badewanne und zog den Duschvorhang zu. Anschließend wischte er notdürftig über die Blutspuren. Wenn Karen wieder zu sich kam, sollte sie das Debakel nicht noch einmal sehen müssen.
Seine Knie zitterten vor Anstrengung. Er war alles andere als fit und ausgeruht; und außerdem laborierte er noch am Nachdröhnen seines Schädels. Der einzige Sessel im Zimmer sah mehr als einladend aus. Mit einem Seufzer ließ er sich hineinfallen.
Er fuhr sich müde durch seine zerstörte Föhnfrisur, und betrachtete nachdenklich Karen.
Über die weiteren Schritte war er sich weitgehend im Unklaren. Was sollte er nun anfangen? Der Weg auf das Nachbargrundstück war durch die Unmengen an Zombies blockiert. Und der Haupteingang ebenfalls, wenn die Untoten nicht schon einen Weg ins Hotel gefunden hatten. Ohne es genau zu wissen, nahm er es als gegeben an, dass das Erdgeschoss nur so von ihnen wimmeln musste.
Seine Gedanken kreisten um einen mehr als schlechten Fluchtplan. Dabei fielen ihm langsam aber sicher die Augen zu. Es war schließlich alles so ermüdend. Nur zehn Minuten schlafen, dachte er und ratzte weg.