Für wen ist dieses Buch?

Am Anfang einer Liebesbeziehung träumen alle Paare davon: Die Tage und Nächte voller Verliebtheit, die Innigkeit und Leidenschaft mögen ewig so weitergehen. Immer. Ohne Ende.

Aber das Träumen hilft nicht. Die Leidenschaft kommt in die Jahre. Das anfängliche Feuer glimmt nur noch. Irgendwann ist die Glut unter der Asche des Alltags fast nicht mehr zu sehen. Und dann spielt Sex kaum noch eine Rolle. Das erotische Begehren ist auf der Strecke geblieben. Als Paar verstehen sich beide gut. Sie lieben sich weiter. Aber das scheint sich nicht bis zum gemeinsamen Sexualleben durchzusprechen. Sexuelle Unzufriedenheit macht sich breit. Beide sind gefangen im Trott der ganz normalen sexuellen Langeweile. Viele Paare erschrecken über eine solche Erkenntnis. Sie sind mit anderen Erwartungen in diese Liebesbeziehung gestartet: Die Lust sollte Ausdruck der Liebe und auch nach vielen Jahren noch groß und schön sein.

Das Begehren wieder aufleben lassen

Stellen Paare fest, dass der erotische Pegel deutlich gesunken ist und sich die anfängliche Begeisterung verflüchtigt hat, wirft das Fragen auf:

Holen wir das Begehren zurück in die Beziehung und wenn ja, wie geht das?

Suchen beide Lust außerhalb der Beziehung?

Bleiben beide in der Beziehung und verabschieden aber die Lust?

Oder verlieben sie sich neu? Suchen die beiden einen frischen Kick? Entfachen sie neues Begehren?

Oder auch: Wie stehen die Chancen, sich in den alten Partner neu zu verlieben?

Wer das Begehren wieder aufleben lassen will, muss einen Neustart wagen. Er oder sie muss sich anders verhalten als in der Zeit, in der sich der Sex weggeschlichen hat. Gleichwohl: Unter der Asche des verloschenen Feuers in den eigenen vier Wänden glimmt noch das Begehren. Häufig ist es ein Seitensprung, der klar macht, dass die erotischen Gefühle nicht abhanden gekommen sind, sondern sich woanders hin bewegt haben.

An dieser Stelle stellen sich weitere Fragen:

Ist es nicht sowieso der Lauf der Dinge, dass die Sexualität zwischen Liebenden mit den Jahren abnimmt?

Wie wichtig ist ihnen der Sex?

Lohnt es sich, für das erotische Begehren zu kämpfen und sich dafür zu verändern?

Kann man Erotik überhaupt beeinflussen?

Kühlt die erotische Beziehung nicht natürlicherweise aus?

Natürlich? Hier ist ein Bild hilfreich: die Schwerkraft. Sie ist auch natürlich – Gegenstände fallen durch die Gravitation nach unten. Es sei denn, man aktiviert Gegenkräfte. Man kann Dinge wieder aufheben, man kann sie bewegen, kann mit ihnen jonglieren und, wenn es drauf ankommt, sogar zum Mond schießen. Ähnlich ist es bei der Erotik: Wir können sie zu Boden fallen lassen. Und dann liegt sie da. Es trifft also zu: Wenn wir nichts tun, wird Erotik von selbst schlechter. Oder wir heben sie auf, sehen sie uns neu an. Und wenn wir wollen, können wir jonglieren. Wenn wir wollen …

Den Teufelskreis der Unlust durchbrechen

Genau darum geht es in diesem Buch. Es zeigt Ihnen Möglichkeiten auf, das erotische Begehren neu zu entfachen und das vermeintliche Schicksal nicht einfach hinzunehmen. Sich zu lieben und dabei das erotisches Feuer ausgehen zu lassen, ist eine Entscheidung des Paares und keine natürliche oder zwangsläufige Entwicklung in einer Beziehung.

Die langjährige praktische Arbeit als Paartherapeut mit sexuell unzufriedenen Paaren hat mir gezeigt, dass es möglich ist, den Teufelskreis der Unlust zu durchbrechen: Er hat keine Lust, weil sie nicht so Lust hat wie er, weil er nicht so Lust hat wie sie … Es geht: Auch nach vielen Jahren gemeinsamen Lebens können Paare wieder richtig neugierig aufeinander werden und ihre Beziehung neu entdecken.

Ein paar der Gründe, warum der erotische Traum unerfüllt bleibt, sind offensichtlich: Alltagsstress und Alltagssorgen, die Kinder, der Beruf, die gesellschaftlichen Verpflichtungen. Davon wird hier nur am Rand die Rede sein. Denn eine weitaus wichtigere Rolle als diese wenig geheimnisvollen Gründe spielt ein zentraler Widerspruch. Und der macht die Musik aller erotischen Beziehungen aus.

Der große Unterschied

Ehe Paare Partner werden, sind sie sexuelle Individuen. Wenn wir uns als Liebespartner begegnen, treffen wir mit verschiedenen sexuellen Profilen aufeinander. Wir bringen unsere Vorlieben, Erwartungen, Befürchtungen und Erfahrungen mit. Dieser Unterschied spielt am Anfang meist kaum eine Rolle, weil der Taumel der Verliebtheit alles Trennende verwischt. Da sind wir nur Liebende, keine abgegrenzten Individuen. Aber wenn wir länger zusammen sind, meldet sich das individuelle Profil zurück. Nach einer Weile des Zusammenlebens stellen wir dann oft fest, wie verschieden wir sind. Manches passt, manches ist auch unwichtig, aber manches passt auch gar nicht. Früher oder später sehen wir uns dann einem widersprüchlichen Phänomen gegenüber: Wir lernen uns immer besser kennen und auch lieben, aber sexuell entfernen wir uns immer weiter voneinander.

In den folgenden Kapiteln finden Sie bewährte Vorschläge, wie sich dieser Widerspruch nutzen lässt. Ich werde Ihnen Anregungen geben, wie Sie den Liebes- und Beziehungsfallen entkommen können, die einem befriedigenden erotischen Leben im Weg stehen. Um diese Ideen zu illustrieren, berichte ich auch von Paaren aus meiner Praxis, die sich an mich gewandt haben, weil das sexuelle Unglück die Beziehung zu bedrohen begann. Auf manche Geschichten komme ich öfter zurück, manche tauchen hingegen nur einmal auf.

Liebes-Coach Sam

Begleitet und ergänzt werden die Paargeschichten von Sam. Als »guter Geist der Erotik« macht sie Ihnen anschaulich, welche Möglichkeiten Sie haben, sich als Paar aus den Fesseln der sexuellen Langeweile zu befreien. Sam steht mit Rat und Tat zur Seite, erklärt, erläutert und weist Wege aus der Sackgasse. Als guter Geist unterstützt Sam Sie auf der Entdeckungsreise zu einer besseren Erotik. Dabei kommentiert Sam meine Vorschläge. Sam ist manchmal vorlaut und frech, manchmal skeptisch, manchmal gibt sie Tipps. Und Sam hilft Ihnen, gelegentlich innezuhalten und sich selbst die richtigen Fragen zu stellen. In diesem Buch ist Sam dafür da, den Unterschied zu machen. Sam versteht sich als erotische Kommunikationsberaterin. Denn Kommunikation umfasst weit mehr, als nur miteinander zu sprechen.

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Sam erklärt:

Als Liebes-Coach schätze ich die direkte Sprache!

Vielmehr geht es um solche Fragen:

Wie bringe ich meinen Partner dazu, überhaupt erst einmal mit mir ins Gespräch zu kommen?

Wie lade ich erfolgreich zum erotischen Austausch ein?

Wie gelingt es uns, einander unsere sexuellen Fantasien zu offenbaren, selbst wenn das den anderen bedrohen könnte?

Welche Vereinbarungen können wir treffen, um uns langsam anzunähern, ohne den anderen gleich zu überfordern?

Wie können wir unsere Unterschiede positiv für unser Sexualleben nutzen?

Das Spiel mit den erotischen Unterschieden

Mit der Betonung der Unterschiede verlasse ich die Sichtweise der gängigen Sexualratgeber, die auf die Gemeinsamkeit der partnerschaftlichen Sexualität ausgerichtet sind. Mein Ansatz betont stattdessen das Spiel mit den erotischen Unterschieden: Wie können wir mit unseren Unterschieden spielen? Wie können wir diese Unterschiede nutzen? Welchen Unterschied macht eigentlich der Unterschied?

Ich verabschiede mich zudem von der traditionellen Sicht auf sexuelle Probleme. Danach beruhen sexuelle Schwierigkeiten wie Lustlosigkeit oder Erektionsstörungen auf einem Mangel, einem Nicht-Können. Demgegenüber betone ich die Perspektive des Wollens: Wer in langjährigen Beziehungen Sexualität leben möchte, muss eine erotische Kultur entwickeln, in deren Mittelpunkt das Wollen, nicht das Können steht: Wie will ich? Wie willst du? Wie wollen wir gemeinsam?

Die Sexualität des Begehrens

Mit meinem Entwurf einer »Sexualität des Begehrens« lade ich die Partner dazu ein, das eigene sexuelle Profil, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Ich verzichte darauf, jemandem Defizite und Mängel zu unterstellen, die bisher dazu geführt haben könnten, sexuell unglücklich zu sein. Ich stelle nicht die sexuelle Funktion in den Mittelpunkt und die Frage, ob es sexuell »klappt« oder nicht. Technik interessiert in einer »Sexualität des Begehrens« zunächst nicht. Gekonntes Streicheln, ein verbessertes Vorspiel oder ein verzögerter Orgasmus sind hilfreich, garantieren aber keine sexuelle Lust, wenn sie nur technisch vollzogen werden. Stattdessen will ich zeigen, wie sich die Möglichkeiten der erotischen Kommunikation nutzen lassen, um die Entwicklung der erotischen Paarkultur zu beflügeln. Dafür richte ich den Blick bevorzugt auf die erotischen Unterschiede. Erst sie machen den Reiz unserer erotischen Gemeinsamkeit aus.

Ich möchte all jene erreichen, die nach den ersten leidenschaftlichen Monaten und Jahren spüren, dass ihr sexuelles Interesse aufeinander nachlässt – obwohl sie sich lieben. Ich möchte die Leserinnen und Leser ansprechen, die ein neues Kapitel in ihrer erotischen Beziehung aufschlagen wollen. Wer sich einladen lässt, eine neue Sicht auf das eigene Sexualleben auszuprobieren, wird überrascht über die Chancen sein, die die neue Perspektive bietet.

Vom Verbot übers Gebot zur Selbstbestimmung

Die Ursachen für sexuelle Unlust und Unzufriedenheit mögen vielfältig sein. Meist ändern sie jedoch nichts an unserem Wunsch nach einem erfüllenden Sexualleben. Die meisten Menschen glauben fest daran, dass Sex ein wichtiger Teil der Partnerschaft sei. Wir sind überzeugt, dass ein ausgeglichenes Sexualleben uns auch im sonstigen Leben voran bringe und das Wohlbefinden stärke – wir haben hohe Ansprüche an unsere Sexualität. Wir erwarten auf jeden Fall mehr als nur den eigentlichen sexuellen Akt. Leicht fühlen wir uns dann unter Druck gesetzt, wenn im Bett nicht alles so läuft, wie wir es erhoffen. Stets orientieren wir uns dabei auch an unserer gesellschaftlich-kulturellen Umgebung. Was ist erlaubt? Was ist verboten? Was ist erwünscht? Was ist verpönt?

Der Wandel der sexuellen Normierung

Die Antworten auf diese Fragen haben sich in den vergangenen vier Jahrzehnten stark gewandelt. Sexuelle Werte und Normen haben sich verschoben. Die Kultur des sexuellen Verbots und der sexuellen Normierung (Was ist normal? Was ist pervers?) hat sich in den 1960er und 1970er Jahren in eine Kultur des Gebots und der Leistungsorientierung verändert. Bis dahin war z. B. außerehelicher Verkehr oder Homosexualität gesellschaftlich geächtet. Nun ging es darum, sexuell etwas zu leisten, sexuell attraktiv und einfallsreich zu sein – und die alten Normen und Werte möglichst weit hinter sich zu lassen. In den 1980er Jahren wiederum galt es, sich sexuell wieder stärker zu beschränken. Das HI-Virus und AIDS verstörten unser Sexualleben. Die »freie« Liebe zu leben, war plötzlich nicht mehr selbstverständlich, sondern unvernünftig und riskant. Sexualität verbanden wir nunmehr mit Ängsten und Gefahren. Eine neue Vorsicht machte sich breit. »Drum prüfe, wer sich ewig bindet« bekam wieder eine neue Bedeutung. Aber neben der Treue gab es schließlich auch Kondome …

Im Lauf der Zeit veränderten sich die Szenarien. In den 1990er Jahren war es möglich, dass viele erotische Lebensentwürfe friedlich nebeneinander existierten. Ob schwul, hetero- oder asexuell, jedem ist es heute erlaubt, nach eigenem Geschmack und eigenen Wünschen glücklich zu werden. Auch mit HIV haben wir gelernt zu leben. Außer den drei Tabus Sexualität mit Kindern, sexuelle Gewalt und Inzest gilt inzwischen alles als erlaubt.

Es gibt keine Normen, die die Partner in ihrer Entscheidung beschränken. Vorausgesetzt, sie haben sich verständigt und sind sich einig. Wir können wählen zwischen verschiedenen Formen der Sexualität, Praktiken und Lebensformen. Ausschweifung ist genauso möglich wie Enthaltsamkeit. Wir dürfen heute sogar keine Lust haben – und stoßen damit meist auf Verständnis. Unsere Sexualität ist weitgehend frei von äußeren Einschränkungen.

Die Schwierigkeiten mit der Freiheit

Diese neue Freiheit erleichtert es uns, eigenverantwortlich zu handeln. Zugleich fordert sie uns heraus: Wir müssen uns, ganz und gar selbstbestimmt, darüber klar werden, wofür wir uns in all der Vielfalt entscheiden wollen. Nicht mehr die Eltern, die Kirche oder der Staat und seine starre Gesetzgebung sind für unser Handeln als Erwachsene verantwortlich: Wir selbst entscheiden, wie wir uns lieben und wie wir unser Begehren zeigen. Die Orientierung für unser erotisches Leben müssen wir in uns selbst suchen und finden. Suchen wir außen nach Orientierung, sind wir verloren. Wir stoßen auf eine unübersehbare Vielzahl von Meinungen und Ansichten, die mehr verwirrt als hilft.

Angesichts der vielen Meinungsanbieter ist es uns überlassen, ob wir uns an ihnen orientieren. War früher die Zeitschrift »Bravo« das Leitmedium für die pubertierende Generation, ist das Heft heute allenfalls eine Stimme unter vielen. Auch die Kirche liefert weiterhin Orientierungsangebote. Genauso versuchen es die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die AIDS-Hilfe, der Biologieunterricht, der Freund mit dem Zugang zu Pornoseiten im Internet oder andere Verbreiter sexueller Informationen. Hinzu kommen mediale Ikonen, die zu Vorbildern werden: Der Berliner Bürgermeister outet sich als schwul. Die Musikerinnen Madonna und Britney Spears küssen sich öffentlich auf der Bühne. »Metrosexuelle« Männer wie Boris Becker oder David Beckham schmücken sich mit weiblichen Attributen und verwischen die Grenzen zwischen den Geschlechtern.

Die Suche nach Orientierung findet in einer Umgebung aus vielen Überzeugungen und ungezählten Möglichkeiten statt. Fließende Übergänge zwischen Wertvorstellungen und Werbeästhetik liefern nur ungenügende Anhaltspunkte für individuelles Verhalten. Wer hat Recht? Woran können wir uns orientieren, wenn fast alles erlaubt ist? Selbstbestimmte sexuelle Freiheit lässt sich jedenfalls nur nutzen, wenn wir den Verlust der Eindeutigkeit verschmerzen können und stattdessen lernen, die Mehrdeutigkeit zu begrüßen.

Vier scharfe Botschaften

Den Partner oder die Partnerin am Anfang der Beziehung zu begehren, fällt kaum jemandem schwer. Das sexuelle Begehren bahnt häufig die Beziehung überhaupt erst an. Doch mit der Zeit erfahren wir, dass Sexualität nicht vom Himmel fällt, egal ob wir zufrieden damit sind oder nicht. Guter Sex erfordert, dass wir selbst bewusst aktiv und aufmerksam sind.

Wenn jedoch alles geht, geht oft auch nichts, wenn keiner den Anfang macht. Einer muss sich entscheiden, die sexuelle Unzufriedenheit nicht länger hinzunehmen. Einer fängt an und beginnt, unter verschiedenen Möglichkeiten zu wählen. Sex an einem ungewöhnlichen Ort? Ein Gespräch über sexuelle Erfahrungen in der Vergangenheit? Sex, wie ich ihn schon immer erträumt habe? Ganz ohne Reden geht das nicht. »Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht«, ist das Bekenntnis derjenigen, die schweigend darauf warten, dass sich das mit dem Sex schon ergeben wird. Aber ähnlich wie das Glück des Tüchtigen eben nur dem Tüchtigen zufällt, entwickelt sich Erotik eher bei denjenigen, die Entscheidungen treffen. Entscheidungen, sich zu offenbaren. Entscheidungen, beim Partner nicht nur das Erwartete, sondern auch das Beunruhigende wahrzunehmen. Entscheidungen, erotische Risiken einzugehen. Damit kommen wir zur ersten Botschaft dieses Buchs:

Erotik braucht Entscheidungen. Gerade in längeren Beziehungen ergeben sich erotische Momente kaum spontan. Vielmehr entscheiden sich die Partner, wie aktiv sie ihre Erotik gestalten wollen.

Darum geht es im Kapitel »Vom Können und Wollen«, ab Seite 34. Im Sinn des Erlaubten ist relativ viel möglich. Doch nicht alles Erlaubte ist individuell gleich viel wert. Beide Partner müssen für sich und gemeinsam entscheiden, wie sie sich entwickeln wollen. Im ersten Schritt heißt es dafür, Farbe zu bekennen. Beide wollen den Zustand sexueller Unzufriedenheit nicht mehr länger hinnehmen. Ist das Eis gebrochen, bietet es sich an, dem anderen mitzuteilen, wie denn die erotische Freiheit genutzt werden könnte. Will der eine mehr Handlungsfreiheit probieren, muss der andere dazu einladen – ohne dass er oder sie sich durch diese Initiative bedroht fühlt. Diese Einladung muss den anderen ins Boot holen und gleichzeitig die eigenen Interessen fördern: »Ich habe wieder einmal Lust auf …«, »Was hältst du von …?«, »Lass uns probieren …« Die Kunst liegt darin, Farbe zu bekennen und sich gleichzeitig Rückzugsmöglichkeiten offen zu halten.

Sams Wegweiser:

Lieber charmant als ungalant – fünf Tipps, wie du deinen Partner zum erotischen Gespräch einladen kannst– und wie besser nicht!

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1. Verführen statt einklagen

Nie machst du Sex mit mir!

Du bist so ein guter Liebhaber! Zeig’s mir!

2. Aktiv werden statt abwarten

Wenn du halt nichts machst, mache ich auch nichts!

Ich habe ein Öl mitgebracht. Darf ich dir eine Massage anbieten?

3. Neugierig statt besserwisserisch sein

Eine gute Partnerschaft braucht mindestens dreimal pro Woche Sex. Also heute!

Was würdest du denn gern mal mit mir ausprobieren?

4. Wertschätzen statt bewerten

Du bist immer so fordernd!

Mir gefällt, worauf du mich neugierig machst!

5. Unverbindlich anbieten statt Druck ausüben

Jetzt habe ich was vorgeschlagen – nun müssen wir aber auch!

Ich habe eine Idee, was hältst du davon?

Freiheit will gestaltet sein. Der Mut, sich zu seinen erotischen Wünschen zu bekennen und sich zu öffnen, sich vielleicht auch zu entblößen, ist der erste Schritt. Mit der Entscheidung, Farbe zu bekennen, nehmen wir endgültig Abschied von der Erwartung, spontane erotische Begegnungen könnten uns aus dem Stillstand heraus führen.

Neben der eigenen Entscheidung gibt es auch äußere Umstände, die das Sexualleben verändern können: Kinder, die geboren werden und aus dem Duett ein Trio machen. Erkrankungen oder Unfälle, nach denen das gemeinsame Sexualleben anders aussehen muss als gewohnt. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder ein Umzug setzen der Beziehung oftmals so stark zu, dass sie auch die Erotik beeinflussen. Aber nicht unbedingt negativ! Wem es gelingt, diese Situationen zu nutzen, kann dem erotischen Leben eine neue Wendung geben. Um in der Erotik neue Wege zu beschreiten, sollte man darüber reden, wohin die Reise gehen soll. Wenn der eine den anderen zu dieser Reise einlädt, ist es wichtig, die Wünsche und Sehnsüchte des anderen einzubeziehen. Das vergrößert die Chancen, dass die Reaktion positiv ist – nicht völlig an den anderen Bedürfnissen vorbei, nicht völlig vom anderen Stern.

Auf diese Weise machen wir erstmals einen Unterschied. Wir denken uns unabhängig vom Partner. Und: Wir denken den Partner unabhängig von uns. Was könnte er oder sie wollen? Schon das zu überlegen, grenzt uns voneinander ab. Wir denken dann unsere Sexualität nicht mehr als »wesensgleich«. Wir suchen danach, worin wir uns unterscheiden. Das führt zu meiner zweiten Botschaft in diesem Buch:

Zwei Partner haben zwei unterschiedliche erotische Profile. Die Lust an diesem Unterschied kann erotische Spannung erzeugen.

Das erotische Profil setzt sich aus den Erfahrungen (Was habe ich bereits erlebt?), den Fantasien (Welche erotischen Bilder geistern durch meine Vorstellungswelt?) und Wünschen (Was möchte ich gern erleben?), den erotischen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Wie viel Verführungskunst habe ich auf Lager?) sowie dem aktuell gelebten Sex (Wie verhalte ich mich in meiner Liebesbeziehung?) zusammen. Im Kapitel »Lust auf den Unterschied«, ab Seite 62, erörtern wir genauer, was ein erotisches Profil ausmacht und wie Partner mit diesem Unterschied umgehen können, um erotisch zu profitieren.

Ob wir Lust auf den Unterschied bekommen, hängt davon ab, ob wir uns tatsächlich erlauben, als Liebende verschieden zu sein. Zwar erkennen wir im Alltag Unterschiede recht schnell an, bewerten sie aber oft als störend. Sie führen zu Konflikten und Auseinandersetzungen. Sexuell richten wir uns deshalb häufig in der Komfortzone des kleinsten gemeinsamen erotischen Nenners ein. Sexuell zählt dann nur die Gleichheit als Währung. Den Unterschied vernachlässigen wir, denn er ist bedrohlich. Beschränken wir uns aber ausschließlich auf unsere Gemeinsamkeiten, erzeugen wir selbst die Lustlosigkeit, die wir beklagen. Erst wenn wir uns auf den Unterschied besinnen, schaffen wir die Spielräume, in denen wir uns erotisch entwickeln können.

Meist unausgesprochen einigen wir uns jedoch auf eine komfortable Schnittmenge sexueller Bedürfnisse, mit denen wir die Grenzen der Gleichheit abstecken. Es gehört zum guten Beziehungston, dass wir die Grenzen des Partners respektieren. Das ist anständig. Aber damit verzichten wir auch auf eine besondere Entwicklungschance. Nur wenn wir es wagen, manchmal zum sexuellen Grenzverletzer zu werden, können wir gemeinsam Neuland betreten.

Gleich und Gleich gesellt sich gern: die romantische Liebe

Dass Liebende sich gleich oder zumindest sehr ähnlich sein sollen, ist auf das Ideal der Übereinstimmung aus der Zeit der Romantik zurückzuführen. Dieses Ideal ist also historisch noch nicht so alt. Aber es ist bis heute die Königin der Beziehungen. Sie hat diesen Platz durch alle Anfechtungen gehalten. Affären, Untreue und Betrug haben das Ideal der romantischen Liebesbeziehung nicht gefährden können. Relativ unbeeindruckt von Enttäuschungen und unbeirrt von alternativen Lebensformen nennen bei empirischen Untersuchungen über 90 Prozent der Befragten die romantische Liebensbeziehung, also die ausschließliche und lebenslange Beziehung, als ihr Ideal. Wir leben in einem eigenartigen Wider spruch: Bestenfalls die Hälfte aller heutigen Paarbeziehungen lebt konsequent, dauerhaft und ausnahmslos die sexuelle Treue. Und noch weniger tun dies, »bis der Tod sie scheidet«. Der empirische Normalfall ist die Endlichkeit der meisten Liebesbeziehungen. Der romantische Normalfall dagegen ist der Neustart in die Ewigkeit, die Liebe immer will. Die Liebe widersetzt sich dem besseren Wissen. Liebende sind immun gegen Erfahrung.

Die romantische Liebe

Liebe und Sexualität gehören zusammen.

Romantische Liebe wird durch dauerhafte Bindung ausgedrückt.

Das Gefühl entsteht von selbst, wenn jemand den Menschen trifft, für den diese Liebe bestimmt ist.

Jede gezielte Beziehungsanbahnung und sämtliche Bemühungen, korrigierend in den Beziehungsverlauf einzutreten, sind künstlich und deplatziert.

Es gibt nur die eine wahre Liebe mit dem einen Menschen.

Diese Liebe gibt die Chance, in seiner Einzigartigkeit anerkannt zu werden, verbunden mit einer sehr hohen Glückserwartung an die Beziehung.

Erst eine wechselseitig erwiderte Liebe wird zur »wahren« Liebe.

Die Romantiker erheben die emotionale Verbundenheit zwischen den Partnern zum entscheidenden Kriterium. Die »wahre« Liebe zwischen zwei Auserwählten begründet einen »Bund fürs Leben«. In freier Wahl gibt das mächtige Liebesgefühl den Ausschlag, wer für wen bestimmt ist. Dabei erfüllt der Partner oder die Partnerin sämtliche Wünsche, befriedigt alle Bedürfnisse und stillt die Sehnsucht, mit dem einen Wesen zu verschmelzen, das genauso denkt und fühlt und handelt.

Diese Aussicht, diese Hoffnung auf den einen erfüllenden, den »wahren« Traumpartner bewegt uns auch heute noch. Der Wunsch nach der oder dem einen, der oder die uns rundum glücklich macht, wirkt als großer Ansporn für eine oft intensive Suche. Die idealisierende Vorstellung setzt die Maßstäbe dafür, ob wir eine Partnerschaft als erfüllend wahrnehmen oder nicht. All die Vorstellungen, dem einen »Traumpartner« zu begegnen, eine »Hochzeit in Weiß« zu feiern, einander »blind« zu verstehen, sich dabei aber die Wünsche »von den Augen abzulesen«, »bis dass der Tod uns scheide«, üben eine große Macht auf unsere Sehnsüchte aus.

Unterschiede ziehen sich an

Sich darauf einzulassen, anders als der geliebte Partner zu sein, bedeutet nicht, dem romantischen Liebesideal abzuschwören. Vielmehr ist es sinnvoll, die Gleichheit durch die Unterschiede zu ergänzen. Die sichere Nische des kleinsten gemeinsamen erotischen Nenners zu verlassen, ist kein leichter Schritt. Eventuell sind wir verunsichert – und möchten doch lieber bei der vertrauten Lustlosigkeit bleiben. Sie ist ein Hort der Stabilität. Damit kennen wir uns aus. Wir haben uns ja die ganze Zeit darin eingerichtet.

Verunsicherung spüren wir aber auch, weil wir nicht wissen, wie wir mit der Reaktion des Partners umgehen sollen. Vielleicht reagiert er unerwartet verstört und zurückweisend – oder aber drastisch uneinfühlsam: »Sehr schön, dass auch du endlich drauf kommst, was wirklich gut ist. Hab ich es dir nicht schon immer gesagt?« So sehr wir versuchen, die Reaktion des Partners vorwegzunehmen, so sehr ist der Partner für Überraschungen gut. So vertraut eine Beziehung auch ist, es gibt keine obere Kennenlerngrenze. Genauer betrachtet werden wir nie an den Punkt gelangen, an dem wir alles vom Partner wissen. Stattdessen können wir sicher sein, dass der andere Facetten hat, die uns bisher verborgen geblieben sind. Das können erotische Ressourcen und Fähigkeiten sein, aber auch unangenehme und schwache Seiten.

Die bisherigen Muster verlassen

Mit dieser Sicht auf den Partner lassen wir die uns bekannten, gemütlichen Wahrheiten hinter uns. Nun erwarten wir neue Einblicke – und plötzlich stellen sich wieder unbehagliche Gefühle und bange Fragen ein. Fast so wie damals, als wir uns ineinander verliebten. Lassen sich Paare auf den Unterschied ein, können sie mit einem Mal nicht mehr erwarten, dass der Partner jede Idee gleich mit Begeisterung aufnimmt. Dennoch muss unsere Einladung, sich sexuell weiter zu entwickeln, über die bisherigen, vertrauten Muster hinausweisen. Die haben ja zur sexuellen Langeweile geführt. Nur im Aufbruch zu neuen Ufern können wir damit rechnen, dass sich das erotische Leben langfristig verändert. Nur dann machen wir wirklich einen Unterschied zu vorher.

Ich will hier nicht verschweigen: Sich auf den Weg zu machen und sich zu verändern, ist anstrengender, als sich nicht zu verändern. Ein solcher Schritt enthält auch das Risiko, damit zu scheitern. Wägen Sie ab: Erotische Entwicklung gibt es nicht mit Sicherheitsgarantie. Wie wir das Andere in unsere Liebesbeziehung einlassen, hängt auch von den Antworten auf folgende Fragen ab:

Kann ich es mir vor meinem Partner erlauben, anders zu sein? Anders, als mein Partner mich kennt?

Was denke ich, wie mein Partner reagiert?

Reagiere ich gekränkt und beleidigt, wenn sich mein Partner anders zeigt als erwartet?

Erlaube ich dem Partner, anders zu sein?

Ertrage ich, dass mich der andere befremdet?

Will ich mit den Wünschen meines Partners wirklich konfrontiert werden?

Möchte ich mit einer bislang unbekannten Seite meines Partners leben, von der ich vielleicht später denke, dass sie mir besser verschwiegen geblieben wäre?

Halten wir an der Gleichheit fest, erzeugen wir fortgesetzt Lustlosigkeit. Bekommen wir Lust auf den Unterschied, bringen wir erotische Spannung in die Beziehung zurück. Die will gestaltet sein. Erotische Spannung ist kein fossiler Rohstoff, den wir nur abbauen müssen. Es handelt sich um eine Ressource, die durch unsere weiteren Aktivitäten veredelt wird. Als Zutaten brauchen wir dafür Neugier, Experimentierfreude und einen ausgeprägten Spieltrieb.

Das Spiel kommt ins Spiel

Das ist ein bedeutsamer Punkt. Um uns einen Unterschied zu erlauben, brauchen wir das Spiel. Unterschiede erfreuen uns nicht sofort. Die spielerische Haltung hilft uns, Mehrdeutigkeiten besser zu ertragen. Gleichheit hängt eng zusammen mit dem Wunsch nach Eindeutigkeit. Lassen wir Unterschiede zu, bereichern wir die erotische Beziehung um Mehrdeutigkeiten. Nicht Vorhersehbares wird Teil der Beziehung: Wie findet mein Partner die Einladung zu mehr erotischer Spannung? Wird er auf das Angebot eingehen? Werde ich ihn abschrecken? Durch diese Fragen merken wir, dass wir auch selbst weniger eindeutig sind, als wir uns zugestehen.

Wenn wir uns darauf einlassen, erotische Spannung spielerisch zu gestalten, gestatten wir uns, zu probieren – und alles rückgängig zu machen, wenn es uns nicht passt. Wir lassen offen, was entsteht, und geben uns der Vielfalt der Möglichkeiten hin, die sich bieten. Im Spielmodus geben wir auch einen Teil der Handlungskontrolle auf. Wir überlassen dem Partner seinen Teil der Verantwortung. Wir hören auf, zu rücksichtsvoll und auf Gegenseitigkeit bedacht zu sein. Wir unterlassen es, erotische Wünsche auf einem Niveau zu regulieren, auf dem wir nicht anecken. Stattdessen fordern wir den anderen heraus. Wir warten neugierig auf die Reaktionen. Das führt mich zu meiner dritten Botschaft, die im Kapitel »Neugier trotz Bekanntheit«, ab Seite 152, ausgeführt wird:

Zu gutem Sex gehört der Mut zum Spiel und eine Haltung der Neugier: Es gibt immer noch etwas Neues zu entdecken.

Das erotische Spiel muss aktiv inszeniert werden. Der Ernst kommt von selbst in die Beziehung. Unser lustloses Sexualleben macht uns das täglich klar. Mit einer gezielt gestalteten erotischen Situation geben wir dem Partner ein Signal, dass wir uns nicht mit dem Stillstand abfinden wollen. Wir übernehmen die Verantwortung für unseren Teil der erotischen Ungleichung.

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Sam:

Warte nicht, bis du Lust zum Spielen bekommst! Wenn du aus der Übung mit deiner Lust bist, kannst du lang warten. Spiele schon mal! Die Lust kommt dann von allein.

Nicht selten rufen solche Einladungen Irritationen hervor. Bei uns und unserem Partner. Wir sind irritiert, weil wir die Inszenierung zunächst als unecht erleben. Alles ist erzeugt, ausgedacht, rational berechnet. Das erscheint uns im Zusammenhang mit Liebesgefühlen befremdlich. Bezogen auf Sex finden wir es sogar oft unnatürlich, wenn erotische Momente geplant und vorhersehbar erzeugt werden.

Unser Partner ist irritiert, weil auf einmal der tägliche Trott, die erotische Routine in ein neues Spannungsfeld gerät. Beim Partner tauchen vielleicht Fragen auf: »Was mache ich mit einem solchen Angebot?«, »Gestehe ich ein, dass ich irritiert bin? Oder nutze ich die Chance, etwas Neues zu erleben?« Je nachdem, wie der Partner reagiert, sind wir herausgefordert, das Spiel fortzusetzen – oder uns ein neues auszudenken, wenn der erste Versuch daneben ging.

Test 1: Meine erotische Spielbereitschaft

Prüfen Sie selbst! Die folgenden Aussagen testen, wie ausgeprägt Ihre Bereitschaft ist, sich auf ein erotisches Spiel einzulassen. Den Test kann auch Ihr Partner ausfüllen. Achten Sie auf die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede.

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Ich freue mich, wenn mein Partner sich einmal

anders verhält, als ich es gewohnt bin.

         

Ich überrasche meinen Partner hin und wieder

mit neuen sexuellen Ideen.

         

Ich ertrage es gut, wenn mein Partner

nicht gleich alles mitmacht, was ich vorschlage.

         

Ich bin interessiert daran, bisher ungewohnte

Sexstellungen auszuprobieren.

         

Ich bin bereit, meinem Partner auch einmal

einen sexuellen Gefallen zu tun.

         

Ich finde es angenehm, auch einmal in eine andere

als die gewohnte Rolle schlüpfen zu können.

         

Ich ziehe es vor, überrascht zu werden,

statt immer das Gleiche zu erwarten.

         

Ich hätte gern mehr Ideen, was wir erotisch

ausprobieren könnten.

         

Ich bin bereit, für ein spannendes Spiel auch

einen riskanten Zug zu wagen.

         

Ich kann auch mit ungewohnten Situationen

gut umgehen.

         

Auswertung von Test 1

1. Schritt: Meine erotische Spielbereitschaft

Geben Sie sich für jedes »Trifft genau zu« 4 Punkte, für jedes »Trifft teilweise zu« 3 Punkte, für jedes »Trifft wenig zu« 2 Punkte und für jedes »Trifft nicht zu« 1 Punkt.

Meine Punktzahl: ……

unter 10: Sie haben nicht alle Fragen beantwortet oder einen Fehler bei der Auswertung gemacht. Überprüfen Sie Ihre Angaben und die Auswertung.

10 bis 20: Ihre erotische Spielbereitschaft ist im Moment in einem ruhigen Zustand. Sie haben also gute Aktivierungsmöglichkeiten. Lesen Sie weiter!

21 bis 30: Sie verfügen über eine gut ausgeprägte erotische Spielbereitschaft. Damit können Sie schon einiges anfangen. Gleichzeitig ist nach oben noch Platz für Entwicklung.

31 bis 40: Sie sind ein großer erotischer Spieler und Freund der erotischen Überraschungen.

2. Schritt: Die erotische Spielbereitschaft meines Partners

Lassen Sie jetzt Ihren Partner oder Ihre Partnerin die Testfragen beantworten.

Punktzahl Ihres Partners/Ihrer Partnerin: ……

3. Schritt: Ihre erotische Spielpartnerschaft

Achten Sie auf die Unterschiede zwischen Ihren und den Antworten Ihres Partners! Berechnen Sie den Unterschied!

Unterschied in Punkten: ……

0 bis 5: In Bezug auf Ihre erotische Spielbereitschaft passen Sie bestens zusammen.

6 bis 10 mehr als Ihr Partner: Nehmen Sie Ihren Partner mit! Ein kleiner Anstoß reicht.

11 bis 15 mehr als Ihr Partner: Es sieht so aus, als hätten Sie im Moment die größere Verantwortung, dass erotisch etwas passiert. Es braucht etwas Aufwand, aber es kann sich lohnen.

16 bis 20 mehr als Ihr Partner: Schauen Sie nach, ob Ihr Partner noch da ist!

Unterschied zwischen Fremd- und Selbsteinschätzung

Die Wegweiser, Ideenkisten und Testaufgaben, die in diesemBuch eingebaut sind, erfüllen am Ende einen gemeinsamen Zweck: Sie sollen das Vorurteil untergraben, alles über den Partner sei bereits bekannt. Denn Fremd- und Selbsteinschätzung müssen nicht übereinstimmen.

Im Verlauf der erotischen Wiederentdeckung wundern Sie sich vielleicht über manche Einschätzungen Ihres Partners. Das ist nicht ungewöhnlich: Denn je länger die Beziehung dauert, je vertrauter wir uns sind, desto berechenbarer erscheinen wir uns. Wir erwarten Übereinstimmung, wo es bei genauerem Hinsehen keine gibt. Wirklich gut kennen wir unseren Partner nur, wenn sich die Ausgangsbedingungen nicht verändern. Das ist z. B. der Fall, wenn uns nur noch der kleinste gemeinsame erotische Nenner verbindet. Wir inszenieren dann immer wieder das gleiche Drehbuch mit dem immer gleichen Resultat: sexuelle Unzufriedenheit.

Ungeahnte Seiten am Partner entdecken

Aus dieser Falle kann uns die erotische Neugier helfen. Und da kann der Partner wieder zum möglichen Objekt eigenen Begehrens werden:

Tatsächlich, so mögen Sie sich fragen, an dem Menschen, mit dem ich seit zehn Jahren das Bett teile, soll es ungeahnte Seiten zu entdecken geben?

»Neugier trotz Bekanntheit« ist das Motto für eine erotisch spannende Liebesbeziehung. Erlauben wir uns, einander ein wenig fremder zu sein, als uns ansonsten lieb ist. Erinnern wir uns wieder daran, wie groß der Reiz des Unbekannten war, als wir uns kennen gelernt haben. Dieser Reiz prägt den Anfang einer Liebe. Häufig geht er auf der Weiterreise verloren. Wir können versuchen, den Reiz zu einem erotischen Baustein der Gegenwart zu machen. Wenn wir so handeln, geben wir den Stillstand zugunsten der Bewegung auf.

Von nichts kommt nichts

Wie jede andere Entwicklung auch, ist eine erotische Entwicklung mit Mühen und Anstrengung verbunden. Beharrende Kräfte versuchen, die alte Komfortzone zu bewahren. Die Sicherheit und Stabilität sexueller Unzufriedenheit gibt niemand kampflos auf. Das Risiko, im erotischen Neuland Sicherheit und Stabilität zu finden, ist kaum berechenbar. Damit bin ich bei meiner vierten Botschaft angelangt:

Jede Veränderung hat ihren Preis. Erotische Entwicklungen in einer Partnerschaft sind mit Risiken verbunden. Allerdings kann es sich lohnen, diese Risiken einzugehen.

Im Kapitel »Das große Aber«, ab Seite 196, sehen wir uns diese Risiken dann einmal genauer an. Ein Risiko der Veränderung könnte beispielsweise sein, mehr zu verlieren als zu gewinnen. Was, wenn die Entscheidung, die sexuelle Unzufriedenheit anzugehen, vom Partner abgelehnt wird? Wir setzen eventuell die Stabilität der Beziehung aufs Spiel und entfernen uns voneinander. Warum sollte unser Partner bereit sein, das Vertraute aufzugeben, wenn das Zukünftige so ungewiss erscheint? Sind wir bereit, die Kosten dieses Risikos zu tragen?

Wenn wir uns auf den Weg machen, unsere sexuellen Unterschiede zu betonen und uns neu kennen zu lernen, riskieren wir außerdem vielleicht:

den lieben Beziehungsfrieden,

die manchmal mühsam erhaltene Harmonie,

die Schüchternheit, die uns zurückhält, unsere Bedürfnisse offensiv zu vertreten,

das angenehme Schweigen, das wir rund um unsere Sexualität pflegen,

den Aufwand, uns für den Partner sexuell attraktiv zu machen.

Klar ist nur: ohne Einsatz kein Ertrag. Wir müssen bereit sein, etwas preiszugeben – von uns, von unseren Sehnsüchten, Fantasien und unserem sexuellen Profil. Wie viel davon nötig ist, um erotische Spannung zu erzeugen, müssen wir ausprobieren. Ohne Einsatz allerdings wird sich nichts verändern. Zum Einsatz zählen Zeit, Aufmerksamkeit, Kreativität und Spielfreude. Ohne diese Mittel gibt es kaum eine Chance, Erotik wieder lustvoll zu leben.

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Sam:

Nur Mut! Ohne Einsatz kein Gewinn.

Sind wir bereit, unseren Einsatz zu wagen, dann könnte jetzt der richtige Zeitpunkt sein, damit zu beginnen. Alle vier Komponenten für guten Sex trotz Liebe sind jetzt beisammen: Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen. Wir brauchen die Lust am Unterschied. Es bedarf der Neugier und der Spielfreude. Wir sind bereit, das Risiko einzugehen, zurückgewiesen zu werden oder gar zu scheitern. Dabei ist es wichtig, uns noch einmal klar zu machen, dass wir manches Alte aufgeben müssen, damit Neues wachsen kann. Baden ohne nass zu werden, ist eine trockene Perspektive. Oder andersherum: Wir werden die erotische Spannung so lange in unserer Liebesbeziehung vermissen, wie wir nicht bereit sind, ein paar eingeschliffene Verhaltensweisen aufzugeben. Das kann heißen: Wir verzichten beispielsweise

auf vertraute Gewohnheiten,

auf den Gleichmut, die Dinge geschehen zu lassen wie bisher,

auf Übersicht und Eindeutigkeit,

auf Berechenbarkeit des Partners,

darauf, dem anderen die Verantwortung zuzuschieben,

darauf, unsere Wünsche zurückzuhalten.

Demgegenüber stehen die Ungewissheiten des möglichen Ertrags. Uns bleibt nur, auf die Kooperation des Partners zu setzen und ansonsten faire Absprachen zu treffen. Und dann – aber erst wenn wir uns zum Einsatz entschieden haben – winken Gewinne:

mehr sexuelle Selbstbestimmung,

Sex, der unseren Bedürfnissen entspricht, ohne die des Partners zu verletzen,

eine Erweiterung unserer Handlungsmöglichkeiten,

ein höheres Maß an erotischer Spannung,

mehr Bereicherung durch Seiten unseres Partners, von denen wir bisher nichts wissen wollten.

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Sam bringt Kapitel 1 auf den Punkt:

Das sind die »Großen Vier«: Entscheidung, Unterschied, Neugier, Risiko.

Entscheidung

Jeder entscheidet sich selbstbestimmt für seine Sexualität.

Einer ergreift die Initiative und trifft eine Entscheidung: So wie bisher soll es nicht weiter gehen.

Unterschied

Das Paar entwickelt eine neue Lust am Unterschied.

Das Paar lernt die individuellen sexuellen Profile kennen und nutzt die daraus resultierenden Unterschiede.

Neugier

Der Schritt ins erotische Neuland braucht den Mut zum Spiel und eine wieder erwachte Neugier auf den geliebten Partner.

Das Paar verabschiedet sich von der Idee, alles vom Partner sei schon bekannt.

Risiko

Es kann zu Überraschungen kommen, angenehmen wie unangenehmen.

Ohne Risiko geht es nicht. Aber: No risk, no fun!