Vorwort

Ein Rat für eilige Leser: Legen Sie das Buch gleich wieder weg. Nehmen Sie es erst wieder in die Hand, wenn Sie Muße haben. Schnelle Tipps für hastige Sexualpraktiker finden Sie hier nicht. Sie brauchen Zeit. Weniger für das Buch als für das, was Sie daraus machen.

In diesem Buch geht es darum, wie Sie Ihre erotische Lebensqualität entwickeln können, wenn sie nicht von selbst besser wird. Was sie selten tut. »Guter Sex trotz Liebe« spielt auf das große Rätsel an, warum Erotik selbst bei den Paaren schlechter wird, die sich lieben und die ihre Beziehung fortsetzen wollen.

Erotik ist auch eine Frage von Entscheidungen. Und eine erste Entscheidung ist die, ob Ihnen besserer Sex die Investition von Zeit wert ist. Wenn ja, finden Sie hier reichlich Anregungen, Tests, Hinweise, Übungen und nützliche Überlegungen, wie Sie festgefahrene sexuelle Situationen wieder flott kriegen. Und wie Sie zu einer Erotik kommen, die nicht nur aufregend, sondern auch authentisch ist und zu Ihrer persönlichen Entwicklung passt.

Fallstricke der normalen Sexualität

Das Buch nutzt die Erfahrung, die ich in drei Jahrzehnten als Sexualtherapeut und -wissenschaftler mit unzähligen Paaren und Einzelklienten gemacht habe. In Einzelgesprächen, Paartherapien, Paar-Gruppenseminaren, Interviews. Im Dschungel des menschlichen Sexuallebens gibt es kaum etwas, das es nicht gibt. Für jede erdenkliche Vorliebe gibt es Liebhaber. Alles, was gemacht werden kann, wird von irgendjemandem auch gemacht. Und alles, was die Leidenschaft fliegen lässt, kann die Fliegenden auch schmerzlich abstürzen lassen. Sex tut gut, Sex tut aber auch weh. Sex ist exotisch, Sex ist aber auch kreuznormal. Und in den Fallstricken der ganz normalen Sexualität habe ich viele Paare zappeln sehen. Das Ganze hat mit sexueller Unterdrückung wenig zu tun. Eher im Gegenteil. Wir haben heute (fast) alle Freiheiten. Und müssen ständig selbst entscheiden, was wir mit der Freiheit anfangen. Auch davon handelt dieses Buch. Mein heimlicher Untertitel ist »Anleitung zum Umgang mit der sexuellen Freiheit«.

Nach dem Erfolg meines Buches »Systemische Sexualtherapie« für Therapeuten kam von vielen Klienten, Kollegen und Freunden die Idee, mein Konzept doch einmal allgemeinverständlich zu schreiben. Das habe ich getan und auf den Fach-Jargon verzichtet – nach dem Motto: »einfach – praktisch – gut«.

Hinweis

Neidisch bin ich auf die Autoren, die auf Englisch publizieren. Sie haben ein Problem nicht, für das die deutsche Sprache keine vernünftige Lösung bereit hält: die geschlechtsgebundene Schreibweise, die mir auferlegt, immer von »Partnerin bzw. Partner« zu sprechen. Korrekt, aber umständlich. Das mute ich Ihnen nicht zu. Aber dass der weibliche Blick auf die Erotik trotz der männlichen Diktion gesichert ist, das garantiert meine Kollegin Sam. Sie begleitet die Leser als erotische Kommunikationsberaterin und bringt in weiblicher Direktheit alles Wesentliche auf den Punkt.

Ich bin vielen Personen zu Dank verpflichtet. Für die rundum erfreuliche Zusammenarbeit Gudrun Jänisch vom Ullstein Verlag, Dr. Christiane Lentz (Lektorat) und Joachim Jessen (Literaturagentur Schlück). Und dreien ganz besonders: Bernhard Ludwig dafür, dass er mir gezeigt hat, wie man Sexualtherapie ohne inhaltliche Verluste jenseits der Expertengrenzen verständlich und lebenspraktisch darstellen kann. Dr. Thomas Zimmermann für seine gründliche Expertise im Verfassen eines Ratgeberbuchs. Und Elisa für ihre unschätzbar aufregenden Anregungen.

Ulrich Clement