Kapitel 3
Diese Gedanken beschäftigten Kommandant van Heerden, als er die Auffahrt von Jacaranda House entlangfuhr. Sie unterbrachen nur kurz das ästhetische Vergnügen, das er stets vor Fossilien des britischen Empire empfand. Denn Jacaranda House war reines Cecil Rhodes und Bischof Colenso. Völlig konfus und mit Stuck über und über verziert, war das massive Bauwerk für die Ewigkeit zusammengeschustert worden. Stilistisch gelang es ihm, Östliches wie Westliches miteinander zu verbinden. In Jacaranda House prallten beide aufeinander. Auf den ersten Blick sah es so aus, als sei Schloß Windsor zur künstlichen Befruchtung des Pavillons in Brighton herangezogen worden, und von seinen mit Zinnen bespickten Giebeln bis zu seiner gekachelten und mit Säulen bestückten Veranda gelang es ihm mit einem wahrhaft englischen Eklektizismus, mehr als nur einen Hauch Durbar einem Gebäude zu verleihen, das seiner Funktion nach so eindrucksvoll wie ein Männerklo war. Wer immer auch Jacaranda House erbaut hatte, er wußte vielleicht nicht und ziemlich sicher absolut nicht, was er tat, aber er mußte schon ein Genie gewesen sein, um nur zu wissen, wie er’s tat. Als das Polizeiauto vorfuhr, wurde das große gotische Eingangsportal von einem indischen Butler mit weißen Handschuhen und einer roten Schärpe um den Bauch geöffnet, der den Kommandanten und seinen Assistenten durch eine riesige Halle führte, deren Wänden die modernden Köpfe von sechzehn Büffeln, einem Warzenschwein, zehn Löwen und zahllosen unbedeutenden Tierarten ein ehrwürdiges Aussehen verliehen; sie alle hatte der mittlerweile verstorbene Richter Hazelstone einst auf einer Versteigerung erworben, um sich seinen total ungerechtfertigten Ruf zu erhalten, ein Großwildjäger zu sein. Um den Eindruck zu erhöhen, man befände sich im Dschungel, streckten unzählige Topfpflanzen und Farnkräuter ihre staubigen Blattwedel zum stuckierten Fächergewölbe der Decke empor. Die Galerie und das große Wohnzimmer, durch das sie kamen, waren auf ähnliche Weise mit den Porträts lange verstorbener Hazelstones geschmückt, und als sie schließlich zur Veranda an der Rückseite des Hauses vorstießen, war Kommandant van Heerdens Hochachtung vor dem imperialen Großbritannien ins Unermeßliche gestiegen. Miss Hazelstone hatte den Schauplatz ihres Verbrechens mit einem Sinn für Zurückhaltung und Festlichkeit gewählt, der noch ganz einem fernen, beschaulicheren Zeitalter entsprach. Fünfpennys Leiche lag auf einer makellosen Rasenfläche in der Haltung einer sinnigerweise ehrerbietigen Erstarrung zu Füßen eines Piedestals zusammengesunken, auf dem die Büste von Sir Theophilus Hazelstone, G.C.B, G.G.S.L, G.G.I.E., D.D.O. und einstmals Gouverneur von Zululand und Vizekönig von Matabeleland gestanden hatte; diese Büste war nach der Niederschlagung des Zulu-Aufstands aufgestellt worden, um an Sir Theophilus’ Sieg bei Bulundi zu erinnern, wo 17 000 unbewaffnete Zulus niedergemetzelt worden waren, die irrtümlicherweise angenommen hatten, Sir Theophilus habe sie als der Stellvertreter der Großen Weißen Queen zu einem Palaver eingeladen. Das nachfolgende Massaker ging in die Militärgeschichte als der erste Anlaß ein, die zehnzölligen Schiffskanonen auf eine Kernschußweite von zwölf Metern abzufeuern, was zur Folge hatte, daß die Hälfte der Geschützmannschaften den eigenen Artilleriegeschossen zum Opfer fiel. Im späteren Verlauf der Schlacht war dieser Fehler korrigiert worden, und man hatte die Schiffskanonen als Fernkampfwaffe eingesetzt, um die fliehenden Zulus zu dezimieren, und zwar mit dem hervorragenden Erfolg, daß vier Farmhäuser und ein britisches Blockhaus am Tugela River, etwa sieben Meilen jenseits vom eigentlichen Schlachtgeschehen, zerstört wurden. Diese Fortschritte in der Kunst militärischer Strategie hatten Sir Theophilus die Ritterwürde und eine weitere Spange zu seinem D. S. O. eingebracht, ganz zu schweigen von der Bewunderung seiner überlebenden Offiziere und Soldaten; darüber hinaus hatten sie seinen Ruf, es mit der Redlichkeit und dem Fair play pingelig genau zu nehmen, unter den Eingeborenen gesteigert, denen es, verkrüppelt und verstümmelt, gelungen war, dem Massensterben zu entrinnen. Während seiner Regierung als Gouverneur erlebte Zululand ein Jahrzehnt ungestörten Friedens, und bei seinem Tode zog eine ganze Generation von Zulu-Witwen die Trauerkleider aus. Das Ansehen solcher Helden wie Sir Theophilus war es, woran sich Kommandant van Heerdens Bewunderung für die Briten und ihr Weltreich hochrankte. Das hohe Ansehen, so schien es dem Kommandanten, war alles, was Sir Theophilus nun geblieben war. Denn zweifellos war seine Büste von ihrem Piédestal verschwunden und lag über einen halben Morgen ansonsten makelloser Rasenflächen verstreut. Die Stämme der Gummibäume jenseits des Rasens waren zerfetzt und zersplittert, und die Azaleenbüsche sahen aus, als hätte ihnen ein sehr großes und wahnsinnig hungriges Tier seine geballte Aufmerksamkeit geschenkt. Abgerissene Zweige und Blätter lagen in einer ungefähr zwanzig Meter breiten Bresche verstreut umher.
Einen Augenblick lang schöpfte der Kommandant neue Hoffnung, daß Fünfpennys plötzlicher Tod nicht das Ergebnis einer wie auch immer gearteten menschlichen Tat, sondern vielmehr von so was wie einer Naturkatastrophe in der Größenordnung eines unerwarteten Tornados gewesen sei, der zweifellos wohlbemerkt durch Jacaranda Park gebraust, im übrigen Piemburg aber unbemerkt geblieben war. Dieser kleine Hoffnungsfunke erlosch fast so schnell, wie er aufgeglimmt war. Es war nur zu offenbar, daß, ganz gleich, welche anderen Gaben Miss Hazelstone von ihren illustren imperialen Ahnen hinterlassen worden waren, Sir Theophilus seiner Enkelin die erklärte Vorliebe für enorme Feuerwaffen und ihre Anwendung auf ganz unnötig nahe Distanzen vererbt hatte. Sie saß, eine schmale, eckige, fast zerbrechliche ältere Dame, in dunklen Chiffon mit einem Spitzenkragen gekleidet, in einem zerbrechlichen, ältlichen Korbsessel mit völlig überflüssigen Schondeckchen und wiegte ein Gewehr in ihrem Schoß, das Kommandant van Heerden und sogar Wachtmeister Els total aus der Fassung brachte und das nur zu gut die Szene der Verwüstung erklärte, die sich jenseits von Fünfpennys verrenkter Gestalt und dem büstenlosen Sockel zeigte. Es war eine vierläufige Büchse von fast zwei Metern Länge, deren Kaliber einen so großen Durchmesser hatte, daß einem unwillkürlich eine der Lieblingswaffen Sir Theophilus’ in den Sinn kam, nämlich die zehnzöllige Schiffskanone. Kommandant von Heerdens erfahrenes Auge sagte ihm sofort, daß es sich hier um keine Standardfeuerwaffe handelte, die zur Selbstverteidigung zugelassen war.
»Das ist die Mordwaffe«, sagte Miss Hazelstone, die offenbar seine Gedanken las. Sie tätschelte die vier Gewehrläufe, und van Heerden sagte sich, daß sie offensichtlich wild entschlossen sei, keine Stelle der Waffe ohne ihre Fingerabdrücke zu lassen. Der Kommandant blickte vorsichtig auf das Gewehr. »Was ist das denn für eins?« fragte er schließlich. »Das ist eine automatische, mehrläufige Elefantenbüchse«, erwiderte Miss Hazelstone. »Sie wurde von meinem Vater, dem seligen Richter Hazelstone, entworfen und nach seinen Angaben gebaut. Ihre Feuergeschwindigkeit beträgt vierzig Schuß pro Minute, und einen angreifenden Elefanten kann sie auf tausend Meter außer Gefecht setzen.«
Van Heerden äußerte die Ansicht, daß es wohl unnötig sei, Elefanten auf tausend Meter Entfernung zu töten. Er brachte es nicht übers Herz, die Formulierung »außer Gefecht setzen« zu verwenden. Sie wirkte unangemessen schlicht. »Wegpusten«
erschien ihm viel passender.
»Mein Vater war ein miserabler Schütze«, fuhr Miss Hazelstone fort. »Außerdem war er ein grauenhafter Feigling.«
»Einen Menschen, der dieses Gewehr abfeuert, kann man unmöglich einen Feigling nennen«, sagte der Kommandant so galant wie wahrheitsgemäß. Er fing allmählich an, das Gespräch recht erholsam zu finden. Der Mord hatte Miss Hazelstone offenbar einen ganz ungewohnt menschlichen Zug verliehen. Sie behandelte ihn mit nie gekannter Höflichkeit. Der Kommandant beschloß, daß die Zeit gekommen sei, die Verteidigung von Miss Hazelstones Unschuld wiederaufzunehmen.
»Dieses Gewehr ist viel zu schwer für eine Frau ... pardon, für eine Dame wie Sie«, sagte er und bereute seine Bemerkung fast so schnell, wie er sie gemacht hatte. Es war klar, daß Miss Hazelstone auf jede Herausforderung antworten würde. Sie stand von ihrem Sessel auf und zielte mit der riesigen Büchse in den Garten.
Der Kommandant hatte nicht mit der Möglichkeit gerechnet, daß sie das Ding vielleicht auch abfeuern könnte. Wachtmeister Els dagegen handelte ausnahmsweise mal mit größerer Behendigkeit und warf sich auf den Boden. Daß der Boden, den er sich dafür aussuchte, bereits von einem großen Dobermannpinscher belegt war und daß der Hund es vorzog, Wachtmeister Els das Recht streitig zu machen, mit seinem Bauch auf ihm zu liegen, und daß sowieso alle südafrikanischen Hunde darauf dressiert sind, Leute schwarzer Abstammung zu beißen, und daß Wachtmeister Els genügend schwarzes Blut besaß, um das Beißen auf Verdacht zu rechtfertigen, all das entging Kommandant van Heerden, als Miss Hazelstone, bald auf die Erde, bald in den Himmel zielend, auf den Abzug drückte.
Der Kommandant, der keinen halben Meter rechts von den vier Gewehrläufen und fast auf der gleichen Höhe mit ihren Mündungen stand und der nur einen Augenblick vorher ein vernünftig denkender Mensch im Vollbesitz seiner Sinne gewesen war, hatte plötzlich den Eindruck, in einer riesigen und sich rasend schnell ausdehnenden Feuerblase zu stehen. Die ganze Welt um ihn herum, der Garten, der Himmel, die zwitschernden Vögel, selbst das Geschrei von Wachtmeister Els, den der Dobermann in der Mache hatte, alles versank. Kommandant van Heerden erlebte lediglich die absolute Stille im lautlosen Inneren einer gewaltigen Explosion. Es gab keinen Schmerz, keine Angst, keine Gedanken mehr, nur noch die Gewißheit, nicht daß das Ende der Welt unmittelbar bevorstünde, sondern daß es bereits unwiderruflich da sei. Für einen kurzen Augenblick der Erleuchtung erlebte Kommandant van Heerden die höchste Form mystischer Einsicht, die totale Trennung von seinem Körper. Es dauerte ein bißchen, ehe er wieder zur Welt körperlicher Empfindungen zurückkehrte, zu lange jedenfalls, um noch etwas von dem Donnerschlag zu hören, der von Jacaranda Park in Richtung auf die Drakensberge zurollte. Mit dem starren Blick eines wachgerüttelten Traumwandlers und dem versengten Schnurrbart von jemandem, der zu nahe an einem ungeheuer dicken Gewehrlauf gestanden hat, blickte er auf die Szene um sich herum. Die sah nicht so aus, als könne sie einen Menschen, der an seinem Verstand zweifelt, einigermaßen beruhigen.
Wachtmeister Eisens Auseinandersetzung mit dem Dobermann hatte sich durch den Riesenradau, um es milde auszudrücken, etwas zugespitzt. Es war schwer zu sagen, welche der beiden Bestien das Krachen der Elefantenbüchse verrückter gemacht hatte. Der Hund, der sich zunächst in Wachtmeister Els’ Fußknöchel bis durch zum Knochen verbissen hatte, hatte seine Aufmerksamkeit inzwischen auf dessen Lendengegend konzentriert und, erst einmal dort angelangt, alle Anzeichen einer Kieferklemme an den Tag gelegt. Els bot nichts, in das er beißen konnte, außer dem Hinterteil des Dobermanns, und da er auch jetzt wie stets am Althergebrachten hing, wandte er seine Taktik an, die er sich in mehreren tausend Verhören von Afrikanern angeeignet hatte: Er nannte das Verfahren fröhlich »Eiersalat«, aber in den Obduktionsberichten über einige seiner Patienten wurde es als schwere Hodenquetschung bezeichnet. Kommandant van Heerden wandte die Reste seiner ihm noch gebliebenen Aufmerksamkeit von diesem unerfreulichen Schauspiel ab und versuchte, einen Blick auf Miss Hazelstone zu werfen, die verblüfft, aber zufrieden in ihrem Korbsessel lag, wohin der Rückstoß der Flinte sie geworfen hatte. Durch seine angesengten Wimpern hindurch nahm der Kommandant vage wahr, daß sie mit ihm sprach, denn sie bewegte ihre Lippen, aber es dauerte ein paar Minuten, ehe er sein Gehör so weit wiedererlangt hatte, daß er aus dem, was sie sagte, klug wurde. Nicht daß er ihre Bemerkungen als besonders hilfreich empfunden hätte. Es schien ihm ausgesprochen natürlich, was sie immer wieder sagte: »Da haben Sie’s. Ich habe Ihnen doch gesagt, ich könnte mit dem Gewehr schießen.« Und der Kommandant begann sich zu fragen, ob er zu Luitenant Verkramp nicht ein bißchen ungerecht gewesen sei. Miss Hazelstone war wirklich eine Frau, die vor nichts zurückschreckte.
Ihre zweite Schießübung hatte zerstört, was von dem Sockel, auf dem Sir Theophilus’ Büste gestanden hatte, noch übrig gewesen war, und da sie auch auf die Erde gezielt hatte, waren alle Spuren von Fünfpennys eben noch devotem Leichnam fast getilgt. Fast, aber nicht völlig, denn zu den bruchstückhaften und weit verstreuten Überresten von Sir Theophilus’ Büste auf ihren weit voneinander entfernten Rasenfleckchen hatten sich die nicht weniger bruchstückhaften und weit verstreuten Überreste des verblichenen Zulu-Kochs gesellt, während schwarze Hautfetzchen wie Schnecken an den zerschossenen Stämmen der Gummibäume klebten, die den einst unberührten Rasen säumten. Kommandant van Heerden brachte nicht den Mut auf, das Auge auf einen runden, schwarzen Gegenstand zu richten, der den Versuch nicht aufgab, immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem er wehmütig von einem Ast im oberen Teil eines im übrigen prachtvollen blauen Gummibaums herunterbaumelte. Durch die Mitte des Rasens hatte die Elefantenbüchse eine etwa zwanzig Zentimeter tiefe und fünfzehn Meter lange schnurgerade Rinne gekerbt, von deren ausgezackten Rändern etwas aufstieg, wovon der Kommandant verzweifelt hoffte, es sei Dampf. Da er das Gefühl hatte, daß ihn die Anstrengungen des Nachmittags und seine eben gemachten übersinnlichen Erfahrungen von den Normen der Höflichkeit befreiten, die er zuvor in Miss Hazelstones Gegenwart eingehalten hatte, setzte sich der Kommandant unaufgefordert in einen Sessel, schön außerhalb jedes möglichen Schußwinkels dieser fürchterlichen Elefantenbüchse, und sah mit der Miene eines Kenners Wachtmeister Els’ Gladiatorenkampf mit dem Dobermann zu. Alles in allem schienen ihm beide, was ihren Körperbau und das geistige Erfassen der Lage betraf, recht gut zueinander zu passen. Natürlich hatte Els den Nachteil, einen kleineren Kiefer und weniger Zähne zu besitzen, aber was ihm an Beißkraft abging, das machte er an Konzentration und Kastrationserfahrung wieder wett. Einen Moment lang meinte der Kommandant dazwischengehen zu müssen, aber Miss Hazelstone hatte bereits mit jener Entschlossenheit gehandelt, die er an Personen ihres Standes immer bewundert hatte. Sie schickte ihren indischen Butler ins Haus, und wenig später kam er mit einer Flasche Salmiakgeist und einem großen Wattebausch zurück.
»Die beste Art, Hunde voneinander zu trennen«, schrie sie ihm durch das Geknurre und Gestöhne hindurch zu, »ist, ihnen einen Wattebausch, der mit Salmiakgeist getränkt ist, auf die Schnauze zu drücken. Sie schnappen nach Luft, und man reißt sie auseinander«, und mit diesen Worten preßte sie den Wattebausch Wachtmeister Els auf sein bereits dunkelrotes Gesicht Der Kommandant fragte sich, warum sie sich Els als ersten aussuchte, um ihn zum Loslassen zu zwingen, aber dann erklärte er es sich mit der großen Tierliebe der Briten, und er wußte – um Miss Hazelstone gegenüber fair zu sein –, daß sie ihren Dobermann ganz besonders gern hatte. Sofort wurde klar, daß diese Methode von bemerkenswerter Wirksamkeit war. Mit einem dumpfen Schrei und allen Anzeichen seines unmittelbar bevorstehenden Erstickungstodes ließ Els die Fortpflanzungsorgane des Hundes los, und der indische Butler unterstützte den Wachtmeister darin, den Kampf nicht fortzusetzen, indem er sich ihm an die Knöchel hängte und ihn wegzuschleifen versuchte.
Zu Els’ Pech ließ sich der Dobermann durch den drohenden Erstickungstod weit weniger einschüchtern oder war gegen Salmiakgeist mittlerweile immun, jedenfalls dauerte es einige Zeit, bis sich das Vieh dazu überreden ließ, den Vorteil nicht auszunutzen, den ihm, wie es natürlich annahm, das Eingreifen seines Frauchens beschert hatte. Es könnte auch gedacht haben, daß Miss Hazelstone sich deswegen eingemischt hatte, weil Wachtmeister Els seine ziemlich furchterregenden Beißgelüste inzwischen auf sie konzentrierte, was zumindest natürlicher, wenn auch angesichts ihres Alters und der nicht vorhandenen körperlichen Reize nicht so recht verständlich gewesen wäre. Ganz egal, welche Gründe der Dobermann hatte, der Lendengegend des Wachtmeisters weiterhin seine Anhänglichkeit zu beweisen, der Kommandant hatte so Gelegenheit, seine Aufmerksamkeit, die lediglich durch die Schmerzensschreie seines Assistenten gestört wurde, auf den Fall zu lenken, den er zu untersuchen hatte. Als endlich wieder Ruhe und Frieden in Jacaranda House eingekehrt waren und Miss Hazelstone ihren indischen Butler Oogly angewiesen hatte, im Salon den Tee zu servieren, da war auch Kommandant van Heerden wieder genügend bei Kräften, um mit der Untersuchung des Falles zu beginnen. Aber zunächst gab er Wachtmeister Els den Auftrag, die Überreste Fünfpennys von dem Rasen und einem ganz ohne Zweifel nicht zu ersteigenden blauen Gummibaum einzusammeln, ein Auftrag, gegen den der Wachtmeister nur zu gern mit der Begründung protestiert hätte, er habe wegen mehrfachen und ernsthaften Hundebisses, ganz zu schweigen von der Kampfstrapaze und der Schützengrabenneurose, eine augenblickliche und nachhaltige Krankenhausbehandlung nötig.
Schließlich war der Kommandant in der Lage, Miss Hazelstones Verhör bei einem richtig schön altmodischen Tee mit Lachsschnittchen und Teegebäck wiederaufzunehmen, wobei es ihm fast das gleiche Vergnügen bereitete, Wachtmeister Els dabei zuzusehen, wie er auf dem blauen Gummibaum in ungefähr zehn Meter Höhe mit heftigen Schwindelgefühlen kämpfte.
»Nun zu diesem Koch«, begann der Kommandant. »Darf ich annehmen, daß Sie mit seinen Kochkünsten nicht zufrieden waren?«
»Fünfpenny war ein exzellenter Koch«, erklärte Miss Hazelstone mit Nachdruck.
»Ich verstehe«, sagte der Kommandant, obwohl er das nicht tat, weder buchstäblich noch im übertragenen Sinne. Mit dem Verstand hatte er so seine Schwierigkeiten, seitdem er in diesem Feuerball gestanden hatte. Irgendwie kam er und ging dann wieder, und sein Gehör benahm sich auch unberechenbar. »Fünfpenny war eine kulinarische Koryphäe«, fuhr Miss Hazelstone fort.
»Ach, tatsächlich?« Der Kommandant faßte neue Hoffnung. »Und wann machte er das immer?«
»Jeden Tag natürlich.«
»Und wann kamen Sie dahinter, was er so vorhatte?«
»Sobald ich ›Los!‹ sagte.«
Der Kommandant war verblüfft. »Und Sie erlaubten ihm weiterzumachen?«
»Aber natürlich. Sie nehmen doch wohl nicht an, daß ich ihn hätte aufhalten sollen, oder?« schnauzte Miss Hazelstone. »Aber Ihre Pflicht als Bürgerin ...«
»Ach Quatsch, meine Pflicht als Bürgerin. Warum um alles im Himmel sollte meine Pflicht als Bürgerin mich zwingen, einen exzellenten Koch an die Luft zu setzen?« Der Kommandant suchte in den Tiefen seines explosionserschütterten Hirns nach einer passenden Antwort. »Na ja, Sie scheinen ihn doch deswegen erschossen zu haben«, sagte er schließlich.
»Das ist doch alles Kohl«, schnaubte Miss Hazelstone. »Fünfpennys Tod war ein crime passionel.« Kommandant van Heerden versuchte sich vorzustellen, wie ein Cream Passion Nell wohl aussähe. Fünfpennys Tod hatte ihm mehr wie eine explodierte Blutwurst ausgesehen, und was die Portionen betraf, die Wachtmeister Els noch immer aus dem blauen Gummibaum zu entfernen versuchte: Selbst ein Hundeschlächter hätte seine Schwierigkeiten gehabt, sich eine passende Beschreibung für sie auszudenken. »Ein Cream Passion Nell«, wiederholte er langsam und hoffte, Miss Hazelstone käme ihm mit einer geläufigeren Bezeichnung zu Hilfe. Das tat sie auch. »Ein Verbrechen aus Leidenschaft, Sie Dummkopf«, knurrte sie.
Kommandant van Heerden nickte. Er hatte es ja gewußt, es konnte nichts anderes sein. Niemand mit gesunden fünf Sinnen hätte Fünfpenny diese gräßlichen Verletzungen kaltblütig und ohne wenigstens ein bißchen Gefühlsbeteiligung zufügen können.
»Oh, das verstehe ich«, sagte er.
Aber Miss Hazelstone hatte nicht die Absicht, es bei diesem tröstlichen Mißverständnis zu belassen. »Ich möchte Ihnen damit zu verstehen geben, daß meine Gefühle für Fünfpenny nicht so waren, wie sie zwischen Herrin und Diener normalerweise üblich sind«, sagte sie.
Zu diesem Schluß war Kommandant van Heerden schon auf eigene Faust gekommen. Er nickte Miss Hazelstone aufmunternd zu. Ihre altmodische und förmliche Art, ihre Gedanken in Worte zu fassen, entzückte ihn. Ihre nächste Bemerkung hatte die völlig entgegengesetzte Wirkung. »Was ich Ihnen die ganze Zeit zu sagen versuche«, fuhr sie fort, »ist, daß ich verliebt in ihn war.« Es dauerte etwas, bis der ganze Gehalt dieser Äußerung in das überforderte Gehirn des Kommandanten eindrang. Seine Erfahrung, sich neben der Mündung der Elefantenbüchse langsam von seinem Körper zu lösen, war im Vergleich dazu nur das leise Säuseln einer Brise im fernen Rispengras. Das hier war eine Bombe. Sprachlos vor Entsetzen starrte er blicklos in Miss Hazelstones Richtung. Jetzt wußte er, wie die Fratze des Wahnsinns aussah. Sie sah wie eine zerbrechliche alte Dame von berühmter und untadeliger britischer Abkunft aus, die in einem Ohrensessel saß und in ihren zierlichen Händen ein chinesisches Teetäßchen hielt, auf dem unter dem goldenen Abziehbild des Wappentiers der Hazelstones, einem drohend aufgerichteten Wildschwein, das Familienmotto »Baisez moi« stand, und die einem afrikaansen Polizisten offen eingestand, daß sie in ihren schwarzen Koch verliebt gewesen sei. Miss Hazelstone ignorierte das verdutzte Schweigen des Kommandanten. Sie nahm es offensichtlich als ein Zeichen des Respekts vor der Zartheit ihrer Gefühle. »Fünfpenny und ich, wir liebten uns«, fuhr sie fort. »Wir hingen in tiefer, unsterblicher Liebe aneinander.«
Dem Kommandanten drehte es sich im Kopf. Es war schon schwer genug, versuchen zu müssen (und sei es noch so aussichtslos), Verständnis dafür aufzubringen, was um Gottes willen Miss Hazelstone denn bloß anziehend an einem schwarzen Koch gefunden haben könnte, ganz zu schweigen vom Versuch, sich vorzustellen, wie ein schwarzer Koch in Miss Hazelstone verliebt sein könnte, aber als sie, um dem ganzen die Krone aufzusetzen, den Ausdruck »unsterbliche Liebe« benutzte, während als unmittelbares Ergebnis der Leidenschaft, die seine Geliebte für ihn hegte, Fünfpennys Überreste in Wiese und Gebüsch verstreut lagen oder zwanzig Meter hoch in einem blauen Gummibaum hingen, da wußte Kommandant van Heerden, daß sein Verstand in Gefahr war, total durcheinanderzugeraten.
»Sprechen Sie weiter«, keuchte er unwillkürlich. Er wollte eigentlich »Halten Sie um Gottes willen den Mund« sagen, aber sein berufliches Training setzte sich gegen ihn durch. Miss Hazelstone schien beglückt, weiterreden zu können. »Wir verliebten uns vor acht Jahren, und gleich von Anfang an waren wir wahnsinnig glücklich. Fünfpenny verstand meine Herzensbedürfnisse. Natürlich konnten wir wegen dieser absurden Moralgesetze nicht heiraten.« Sie machte eine Pause und hob die Hand, als wolle sie den entsetzten Protest des Kommandanten zum Schweigen bringen. »Also mußten wir in Sünde leben.« Kommandant van Heerden war über das bloße Entsetzen längst hinaus. Er glotzte sie fassungslos an. »Aber wenn wir auch nicht verheiratet waren«, fuhr Miss Hazelstone fort, »glücklich waren wir. Ich muß zugeben, wir führten kein sehr geselliges Leben, aber wenn man mal erst in meinem Alter ist, dann ist ein ruhiges Leben daheim eigentlich alles, was man sich wünscht. Denken Sie nicht auch?«
Kommandant van Heerden dachte überhaupt nicht. Er mühte sich nach Kräften, nicht zuzuhören. Schwankend erhob er sich von seinem Sessel und schloß die Glastüren, die auf die Veranda führten. Was dieses grauenhafte alte Weib ihm hier erzählte, durfte Wachtmeister Els auf keinen Fall zu Ohren kommen. Er war erleichtert, als er bemerkte, daß der fürchterliche Kerl sich bis zur Spitze des Baums hochgearbeitet hatte, wo er anscheinend steckengeblieben war.
Während Miss Hazelstone weiter ihren Katalog von Fünfpennys Vorzügen runterbrabbelte, stampfte der Kommandant im Zimmer hin und her und kramte in seinem Hirn wie verrückt nach einer Möglichkeit, wie er den Fall vertuschen könnte. Miss Hazelstone und Jacaranda House waren praktisch nationale Institutionen. Ihre Feuilletons über gesellschaftliche Umgangsformen und feine Lebensart erschienen in jeder Zeitung des Landes, ganz abgesehen von ihren vielen Artikeln in den besseren Frauenzeitschriften. Wenn rauskäme, daß die Wortführerin der englischen Gesellschaft in Zululand ihren schwarzen Koch ermordet hatte, oder wenn sich in schwarze Köche zu verlieben plötzlich der Kategorie feiner Lebensart zugerechnet würde und diese Mode sich ausbreitete, wie es sehr wohl passieren könnte, dann würde Südafrika innerhalb eines Jahres farbig werden. Und wie stand es mit der Wirkung auf die Zulus selbst, wenn sie hörten, daß einer von ihnen was mit der Enkelin des Großen Gouverneurs Sir Theophilus Hazelstone in Sir Theophilus’ eigenem Kral, Jacaranda Park, gehabt hatte, und das überreichlich, praktisch legal und auf ihr Drängen? Kommandant van Heerdens Phantasie schweifte von Massenvergewaltigungen durch Tausende von Zulu-Köchen weiter zu Eingeborenenaufständen und langte schließlich beim Rassenkrieg an. Luitenant Verkramp hatte in seinen Berichten nach Pretoria also doch recht gehabt. Er hatte erstaunlichen Scharfblick bewiesen. Miss Hazelstone und ihr verfluchter Zulu-Koch waren allen Ernstes imstande, dreihundert Jahren weißer Herrschaft in Südafrika ein Ende zu bereiten. Was noch schlimmer war: Er, Kommandant van Heerden, würde dafür verantwortlich gemacht werden.
Nachdem er lange und andächtig einer mottenzerfressenen Hyäne ins Gesicht gestarrt hatte, die er in seiner Verwirrung für ein Jugendbildnis von Sir Theophilus hielt, raffte der Kommandant schließlich die letzten ihm noch verbliebenen Kräfte zusammen und drehte sich wieder zu seiner Peinigerin um. Er würde einen letzten Versuch unternehmen, die alte Schachtel dazu zu bewegen, ihre Pflicht als Dame und als Weiße einzusehen und zu leugnen, jemals etwas Tödlicheres oder Leidenschaftlicheres ihrem Zulu-Koch gegenüber gehegt zu haben als mäßig kritische Gedanken.
Miss Hazelstone hatte die Aufzählung von Fünfpennys Tugenden als eines gefühlvollen Seelenfreundes beendet. Sie hatte angefangen, die Eigenschaften des Kochs als eines animalischen und sinnlichen Liebhabers zu schildern, der das Bett mit ihr teilte und ihre sexuellen Gelüste befriedigte, die, wie der Kommandant mit Abscheu entdeckte, kolossal und seiner Ansicht nach pervers bis zur Ungeheuerlichkeit waren. »Natürlich hatten wir anfangs unsere kleinen Schwierigkeiten«, sagte sie gerade. »Es bestanden kleine Differenzen in unserer Einstellung, ganz zu schweigen von unseren körperlichen Eigenschaften. Ein Mann von Ihrer Erfahrung, Kommandant, wird selbstverständlich wissen, was ich meine.«
Der Kommandant, dessen Sexerfahrungen sich auf einen Bordellbesuch jährlich während seiner Sommerferien in Lourenco Marques beschränkten, dessen Erfahrungen mit Zulus aber ziemlich weitläufig waren, dachte, daß er wisse, was sie meine, und hoffte beim Himmel, er wisse es nicht. »Zunächst litt Fünfpenny an ejaculatio praecox«, fuhr Miss Hazelstone mit klinischer Strenge fort. Einen kleinen, allzu kurzen Augenblick lang bewahrten den Kommandanten seine mangelnden Lateinkenntnisse und sein beschränktes medizinisches Wissen davor, die volle Bedeutung dieser Worte zu erfassen. Aber Miss Hazelstone beeilte sich, ihn aufzuklären.
»Seine Emissionen kamen immer zu früh«, sagte sie, und als der Kommandant verständnislos einzuwenden wagte, seiner unmaßgeblichen Meinung nach hätte Fünfpenny angesichts seiner schmutzigen Angewohnheiten in seinem späteren Leben gar nicht früh genug zur Mission kommen können, da ließ sich Miss Hazelstone zum Stallniveau herab und erklärte die Sache in einer Sprache, die dem Kommandanten, wenn auch gegen seinen Willen, nur allzu verständlich erscheinen mußte. »Er spritzte los, kaum daß ich ihn berührte«, fuhr sie, ohne mit der Wimper zu zucken, fort, und da sie den Entsetzensblick des Kommandanten irrtümlich für ein Zeichen hielt, daß er immer noch nicht kapiert hatte, was sie meinte, holte sie zum Gnadenstoß auf sein erschrecktes Zartgefühl aus. »Es kam ihm normalerweise schon, ehe er mir seinen Schwanz reingesteckt hatte«, sagte sie, und während sie das sagte, meinte der Kommandant zu bemerken – und es war wie in einem gräßlichen Alptraum –, daß sich Miss Hazelstones Mundwinkel zu einem milden Lächeln glücklicher Erinnerung nach oben zogen.
Jetzt war ihm klar, daß Miss Hazelstone total verrückt war. Er wollte gerade sagen, sie habe wohl eine geballte Ladung ins Oberstübchen abgekriegt, aber diesen Ausdruck, der allzusehr an Fünfpennys widerliche Schwäche erinnerte, von seinem Schicksal ganz zu schweigen, hielt er auf der Schwelle seines Bewußtseins zurück.
»Aber schließlich lösten wir das Problem«, erzählte Miss Hazelstone weiter. »Zunächst mal brachte ich ihn dazu, drei Präservative zu tragen, und zwar eins über dem anderen, um seine glans penis weniger empfindlich zu machen, und meiner Ansicht nach gelang das recht zufriedenstellend, obgleich es ihm eventuell den Blutkreislauf ein winziges bißchen abschnürte und er sich darüber beklagte, daß er nicht sehr viel spüre. Nach einer Stunde dann ließ ich ihn eins abnehmen, und das half ihm ein wenig, schließlich zog er das zweite runter, und wir kamen gleichzeitig zum Orgasmus.« Sie hielt inne und wedelte schelmisch mit dem Finger zu dem wie betäubt dasitzenden Kommandanten hinüber, der verzweifelt versuchte, genügend Kräfte zu mobilisieren, um diesen schrecklichen Enthüllungen Einhalt zu gebieten. »Aber das war noch nicht alles«, fuhr sie fort, »ich kam nämlich schließlich auf eine noch bessere Lösung für Fünfpennys kleines Problemchen. Ich war zu meiner halbjährlichen Routineuntersuchung beim Zahnarzt, und Dr. Levy gab mir zur örtlichen Betäubung eine Spritze gegen die Schmerzen.« Sie zögerte, als schäme sie sich, eine Schwäche zuzugeben. »Früher haben wir uns natürlich nie mit solchem Blödsinn abgegeben. Ein kleiner Schmerz tut niemandem weh. Aber Dr. Levy bestand darauf, und hinterher war ich ja so froh, daß ich’s hatte machen lassen. Verstehen Sie, mir wurde nämlich plötzlich klar, wie ich verhindern könnte, daß Fünfpenny von der Macht seiner Gefühle, die er für mich hegte, überwältigt würde.« Sie machte eine Pause. Es war weiß Gott auch nicht nötig, daß sie weiterredete. Kommandant van Heerdens blitzschneller Verstand war bereits vorausgeeilt und hatte den entscheidenden Punkt recht genau erfaßt. Außerdem begriff er allmählich, wenn auch nur vage, den Gedankengang, dem Miss Hazelstone folgte. In diesem Moment sah er die Szene im Gericht vor sich, die sich aus Miss Hazelstones Eröffnung ergeben mußte, daß sie sich es zur Gewohnheit gemacht habe, ihrem schwarzen Koch erst eine Spritze Novocain in den Penis zu verabreichen, ehe sie ihm erlaubte, mit ihr zu schlafen. Er sah die Szene vor sich und schwor sich, daß sie nie eintreten werde, auch wenn das hieße, daß er Miss Hazelstone umbringen müsse, um das zu verhindern.
Verzweifelt wanderte sein Blick über die Versammlung längst verblichener Hazelstones, die die Wände des Salons zierten, und er hoffte, sie würden das Opfer zu schätzen wissen, das er zu bringen bereit war, um den guten Namen der Familie vor der Schande zu retten, mit der ihn Miss Hazelstone offenbar partout in den Dreck ziehen wollte. Die Sache mit den Novocaininjektionen stellte eine dermaßen bizarre Neuerung in den Sexualpraktiken dar, daß sie nicht bloß in die südafrikanischen Schlagzeilen käme. Die Zeitungen der ganzen Welt würden diesen Leckerbissen in riesigen Lettern auf ihren Titelseiten breittreten. Er konnte sich nicht recht denken, wie sie es wohl letztlich formulieren würden, aber er hatte in die Fähigkeiten der Redakteure, daß sie es hübsch eindrucksvoll herausstellen würden, das allergrößte Zutrauen. Er versuchte sich vorzustellen, welchen Eindruck das Ganze wohl auf Fünfpenny gemacht haben würde, und kam zu dem Schluß, der Tod vor der Mündung dieser grauenhaften Elefantenbüchse müsse dem Koch vergleichsweise als willkommene Erlösung von der Pein erschienen sein, von Miss Hazelstone fortwährend die Nadel ihrer Novocainspritze in die Pimmelspitze gerammt zu bekommen. Der Kommandant stellte sich vergeblich die Frage, ob Fünfpenny wohl eine Vorhaut gehabt habe. Das würde sich nun nie mehr feststellen lassen.
Dieser Gedanke brachte ihn darauf, doch mal aus dem Fenster zu schauen und nachzusehen, wie Wachtmeister Els weiterkam. Er bemerkte mit dem allerletzten Rest von Erstaunen, den Miss Hazelstones Beichte ihm noch gelassen hatte, daß Els angesichts der Höhe des Baumes den Kopf nicht hatte hängen lassen, vor allem den von Fünfpenny nicht, und es irgendwie fertiggebracht hatte, wieder auf die Erde zurückzukommen, wo er sich eifrig um Beförderung bemühte, indem er den indischen Butler mit Fußtritten dazu antrieb, die verstreuten Überreste des Zulu- Kochs aufzusammeln und in einen Kopfkissenbezug zu stecken. Els war, dachte der Kommandant, wie üblich ein bißchen sehr optimistisch. So was Großes wie ein Kopfkissenbezug war gar nicht nötig. Ein Schwammtäschchen hätte es auch getan.