15

In der Exerzierhalle, die vor kurzem noch der Schauplatz sexueller Bekehrungen gewesen war, gab Kommandant van Heerden seinen Leuten Anweisungen.

»Die Saboteure haben ihre Basis in der Nähe von Weezen in einem Haus namens White Ladies«, teilte er den versammelten Beamten mit. »Sie werden von einem ehemaligen Colonel im britischen Geheimdienst angeführt, einem ihrer Topleute, der während des Krieges im innersten Kreis des Untergrunds Dienst tat. Sein Stellvertreter ist ein gewisser Major Bloxham, und als Aushängeschild benutzt die Sabotagegruppe einen Club, der angeblich literarischen Zwecken dient. Sie sind im Besitz einer beträchtlichen Menge Waffen und Munition, und ich erwarte wütenden Widerstand, wenn wir das Haus umstellen.«

»Woher wissen wir, daß sie die Leute sind, die wir suchen?« wollte Sergeant Scheepers aus der Sicherheitsabteilung wissen.

»Es ist mir klar, daß Ihnen die Sache ziemlich überraschend kommt, Sergeant«, antwortete der Kommandant lächelnd. »Aber wir von der uniformierten Polizei haben auch unsere Agenten an der Front. Ihr Burschen von der Sicherheitsabteilung seid nicht die einzigen, die im geheimen arbeiten.« Er machte eine Pause, um seine Mitteilung sich setzen zu lassen. »Das ganze letzte Jahr hat Wachtmeister Els, als Häftling getarnt und unter erheblicher persönlicher Gefahr, in der Gegend um Weezen gearbeitet.« Wachtmeister Els, der neben dem Kommandanten stand, errötete bescheiden. »Aufgrund seiner Bemühungen waren wir in der Lage, in den kommunistischen Apparat einzudringen. Außerdem«, setzte er hinzu, ehe jemand darauf hinweisen konnte, daß Wachtmeister Els wohl kaum ein glaubhafter Zeuge sei, »außerdem habe ich die Angelegenheit während der letzten zwei Wochen selber an Ort und Stelle untersucht. Ich habe Wachtmeister Els’ Feststellungen bestätigt gefunden und kann mich für die Tatsache verbürgen, daß diese Leute sämtlich erklärte Feinde der Republik, Großbritannien unzweifelhaft treu ergeben und äußerst grausam sind. Es wurde ein Versuch unternommen, mich während eines Ausritts zu töten.«

»Gibt es noch andere Beweise dafür, daß diese Leute für die Sabotageakte in Piemburg verantwortlich sind?« fragte Sergeant Breitenbach.

Der Kommandant nickte. »Eine ausgezeichnete Frage, Sergeant«, sagte er. »Erstens wird Wachtmeister Els in den Zeugenstand treten und beeiden, daß er den Colonel und seine Komplizen häufig über die Notwendigkeit eines Regierungswechsels in Südafrika hat sprechen hören. Zweitens wird Els bezeugen, daß die Gruppe in den Nächten, in denen die Anschläge stattfanden, das Haus früh verließ und bis Morgengrauen nicht im Bett war. Drittens, und am bedeutsamsten, hat sich ein Mitglied der Gruppe zum Kronzeugen erklärt und wird bestätigen, daß alle diese Aussagen richtig sind. Stellt Sie das zufrieden, Sergeant?«

»Das kommt mir alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen vor«, sagte Sergeant Breitenbach skeptisch. »Ich meine, gibt es nicht irgendwelche greifbaren Beweise?«

»Ja«, sagte der Kommandant mit Nachdruck, kramte in seiner Tasche herum und zog einen kleinen Gegenstand hervor. »Hat jemand von Ihnen schon mal eins von diesen Dingern hier gesehen?« fragte er. Es war klar, daß jeder in dem Raum schon einmal eine Polizei-Sprengkapsel gesehen hatte. »Gut«, fuhr der Kommandant fort. »Also, dieses Ding wurde in den Ställen von White Ladies gefunden.«

»Von Wachtmeister Els?« fragte Sergeant Breitenbach.

»Von mir«, sagte der Kommandant und notierte sich in Gedanken, daß er Els mit einem Polizeilastwagen, bis zum Dach voll mit Sprengstoff, Zündern, Sprengkapseln und Parisern, vorausschicken müsse, um sicherzustellen, daß genügend greifbare Beweise gefunden würden, um Sergeant Breitenbach zufriedenzustellen, wenn der Rest der Truppe einträfe. Unterdessen erläuterte er die Anlage von Haus und Garten und gab Befehl, einen kompletten Verband Schützenpanzerwagen, zweihundert mit Maschinengewehren bewaffnete Polizisten, deutsche Schäferhunde und Dobermänner in Gefechtsbereitschaft zu versetzen.

»Denken Sie daran, wir haben’s mit berufsmäßigen Killern zu tun«, sagte er schließlich. »Diese Burschen sind keine Amateure.«

Als Mrs. Heathcote-Kilkoon gebührend gewaschen, zurechtgemacht und dauergewellt aus dem Friseursalon trat, kam sie gerade rechtzeitig, um den von fünf Schützenpanzern angeführten Konvoi sich durch die Hauptstraße quälen zu sehen. Sie stand einen Augenblick da und sah auf die Polizisten, die sich auf den Lastwagen drängten, und Bewunderung für die offensichtliche Tatkraft des Kommandanten schwoll in ihrem Busen. Als der letzte, mit deutschen Schäferhunden beladene Lkw um die Ecke verschwunden war, machte sie kehrt und spazierte zur Polizeidienststelle zurück, um ihm noch einmal zu sagen, wie sehr sie ihn vermißt habe, eine Ansicht, in der sie von dem Sergeant am Diensthabenden-Schreibtisch bestärkt wurde.

»Aber wo ist er denn hingegangen?« fragte sie jämmerlich.

»Tut mir leid, Madam«, sagte der Sergeant, »das darf ich Ihnen nicht sagen.«

»Gibt’s denn keine Möglichkeit, wie ich das rausfinden könnte?«

»Naja, wenn Sie dem Konvoi folgen, glaube ich, werden Sie ihn finden«, sagte der Sergeant, und Mrs. Heathcote-Kilkoon ging enttäuscht und ziemlich hungrig hinaus auf die Straße. Um sich zu trösten, ging sie in Lorna’s Causerie in der Dirk-Passage und ließ sich eine Kanne Tee und ein paar Biskuits kommen.

Ich versuch’s später nochmal, dachte sie. Weit kann er nicht sein. Aber als sie eine Stunde später wieder hinüber zur Polizeidienststelle ging, erfuhr sie, daß der Kommandant nicht vor dem folgenden Tag zurückkommen werde.

»Wie sonderbar. Warum er mir das wohl nicht gesagt hat«, sagte sie, während sie einen Hauch gutbürgerlichen Charmes verströmte, dem Stärkere als der diensthabende Sergeant erlegen wären.

»Sagen Sie’s niemandem weiter«, sagte er vertrauensvoll, »aber sie sind nach Weezen rauf gefahren.«

»Zum Manöver?« fragte Mrs. Heathcote-Kilkoon hoffnungsvoll.

»Um die Saboteure zu fassen«, sagte der Sergeant.

»In Weezen?«

»Genau«, sagte der Sergeant, »aber sagen Sie niemandem, daß ich es Ihnen gesagt habe.«

Mrs. Heathcote-Kilkoon sagte, das täte sie bestimmt nicht, und ging hinaus, erstaunt über diese neue Wendung der Dinge. Sie war fast bei ihrem Rolls angelangt, als ihr langsam dämmerte, was sie angerichtet hatte.

»Oh, mein Gott«, wimmerte sie und rannte den Rest des Weges zum Rolls, wo sie feststellte, daß sie die Schlüssel irgendwo vergessen hatte. Sie kramte ihre Handtasche durch, aber die Schlüssel waren nicht da. Im Zustand äußerster Erregung lief sie zum Friseur zurück und kam fünf Minuten später mit leeren Händen wieder heraus. Als sie völlig verzweifelt auf der Straße stand, kam ein Taxi heran.

Mrs. Heathcote-Kilkoon sprang hinein. »Nach Weezen, schnell«, sagte sie. Der Taxifahrer drehte sich um und schüttelte den Kopf.

»Das sind siebzig Meilen«, sagte er. »Das geht nicht.«

»Ich zahle Ihnen den doppelten Fahrpreis«, sagte Mrs.

Heathcote-Kilkoon außer sich und öffnete ihre Handtasche.

»Das ist dann gleich noch für die Rückfahrt mit.«

»In Ordnung«, sagte der Chauffeur.

»Um Gottes willen, machen Sie schnell«, sagte sie zu ihm, »es geht um Leben und Tod.«

Das Taxi fuhr los und holperte schon bald über die tiefen Furchen der Straße in die Berge. Weit vor ihnen meldeten Zickzackblitze am Horizont die Ankunft eines Sturmes.

Als die Blitze um ihn her aufleuchteten und die Hagelkörner auf das Dach seines Lkw’s prasselten, schaltete Wachtmeister Els die Scheibenwischer an und spähte in die Finsternis. Er fuhr mit der üblichen Unverschämtheit gegenüber dem anderen Verkehr auf der Straße, seinem eigenen Leben und dem alles Lebenden im Umkreis von einer halben Meile um den Lastwagen, sollte er explodieren, und wartete gespannt auf den Vergnügungsteil des Abends. Er würde ihn für den Tonfall entschädigen, in dem Colonel Heathcote-Kilkoon ihn früher angepfiffen hatte. »Ich werde ihm ein Forebode sein, an den er noch lange denken wird«, dachte Els genüßlich. Als er in Weezen ankam, war die Nacht hereingebrochen. Els fuhr weiter und bog in die Auffahrt nach White Ladies ein. Weil er die Trinkgewohnheiten der Bewohner kannte, fuhr er den Lastwagen mit demonstrativer Überheblichkeit auf den Hof auf der Rückseite des Hauses und schaltete den Motor aus. Ein schwarzes Gesicht spähte in den Wagen. Es war Fox.

»Forebode«, sagte er, »du bist wieder da.«

»Ja«, sagte Els, »ich bin wieder da.«

Wachtmeister Els stieg aus dem Lastwagen, ging um ihn herum nach hinten und machte die Türen auf. Dann kam er zurück und rief: »Fox, du Kaffer, komm her!« Aber er hörte keine Antwort. Da Fox demselben Selbsterhaltungstrieb gehorchte wie sein Namensvetter, hatte er sich quer durch den Garten in die Büsche verzogen, indem er so viel Gelände wie nur möglich zwischen sich und den Mann in der Uniform der Südafrikanischen Polizei brachte, den er als Forebode kannte. Fox witterte den Tod, wenn er ihn sah.

Colonel Heathcote-Kilkoon und seine Gäste im Inneren des Hauses waren weniger scharfsichtig.

»Möchte bloß wissen, was Daphne zugestoßen ist«, dachte der Colonel, als er sich zu der Party anzog. »Typisch für sie, heute abend zu spät zu kommen.« Er blickte in den Spiegel und war sofort wieder versöhnt. Ein Kleid aus blaßrosa Georgette mit langen Glockenärmeln und einem schwarzen Samtgürtel, der auf einer Seite geknotet war, paßte ihm anscheinend wie ein Handschuh. Ein riesiger Florentinerhut, dessen schwarze Samtbänder unter dem Kinn des Colonels befestigt waren und der sich unter dem Gewicht einer vollerblühten Rose über ein Auge nach unten bog, drohte, seinen widerspenstigen Haarschopf fast zu verbergen. Weiße Seidenstrümpfe und ein Paar gewöhnliche Pumps vervollständigten seine Kleidung. Eine Miniaturschürze mit der aufgemalten Inschrift »Eine englische Rose« auf ihrem Musselin ließ keinen Zweifel an seiner Identität.

»Berry, wie er leibt und lebt«, murmelte er und schlug im 11. Kapitel von Jonah & Co. nach, um zu sehen, ob er irgendwas vergessen hätte. Dann griff er zu seinem Perlentäschchen und stieg die Treppe hinab, wo sich die anderen schon versammelt hatten und darauf warteten, daß die Lustbarkeiten begännen.

»Ich bin ein Incroyable«, sagte Major Bloxham zu La Marquise, die als Sycomore Tight gekommen war.

»Absolut, Darling«, kreischte sie schrill.

Colonel Heathcote-Kilkoons Auftritt als Berry in der Rolle von »Eine englische Rose« wurde mit stürmischem Applaus begrüßt. Der Colonel wartete, bis sich das Gelächter gelegt hatte, ehe er das Wort an seine Gäste richtete.

»Wie ihr alle wißt«, sagte er, »feiern wir unser alljährliches Zusammentreffen jedesmal damit, daß wir eine der großen Episoden aus dem Leben von Berry & Co. in letztgültiger Form nachstellen. Heute abend ist es das 11. Kapitel aus Jonah & Co. >Berry opfert seine Männlichkeit« Ich sehe mit Freuden, daß der Besuch dies Jahr hervorragend ist.«

Nach ein paar weiteren Worten über die Notwendigkeit, die Fahne in fremden Ländern hochzuhalten, was La Marquise als Kompliment auffaßte, forderte der Colonel Major Bloxham auf, den Plattenspieler einzuschalten, und tanzte wenig später einen Tango mit ihm.

»Diese Schlüpfer von Daphne sind verdammt eng«, sagte er, als er eine Drehung linksrum machte.

»La Marquise auch«, sagte der Major.

Im Dunkeln draußen vor dem Fenster sah Wachtmeister Els den Dingen interessiert zu. »Und ich hab’ mich immer gewundert, warum er auf Rosen so versessen ist«, dachte er und betrachtete den Colonel mit ganz neuen Augen.

Er ging zum Lkw zurück und begann, die Beweise für den Versuch des Colonel, die Regierung Südafrikas zu stürzen, in die Sattelkammer zu schleppen. Nachdem er mehrere Zentner Sprengstoff in die Regale gepackt hatte, in denen vorher nichts Belastenderes als Sattelschmiere gewesen war, tat es ihm allmählich leid, daß er Fox hatte entwischen lassen. Als schließlich der letzte Karton Durex Federleicht sicher verstaut war, zündete sich Els eine Zigarette an und machte es sich im Dunkeln bequem, um darüber nachzudenken, welche weiteren Maßnahmen er ergreifen solle.

»Die Party wird, scheint’s, ja noch ein toller Knaller«, hörte er den Dicken auf der Terrasse zu Major Bloxham sagen, wo die zwei Männer ohne Unterbrechung auf ein Begonienbeet pinkelten. Els verstand den Wink und drückte seine Zigarette aus, aber die Bemerkung hatte ihn auf eine neue Idee gebracht. Er schlich sich vorsichtig aus der Sattelkammer und trug wenig später aus dem Treibstoffmagazin kübelweise Petroleum über den Hof, das er in den Weinkeller des Colonel goß, wo es unbemerkt über den australischen Burgunder plätscherte. Um die Mischung noch explosiver zu machen, nahm Els mehrere Pakete Sprengstoff und warf sie in den Keller. Und um schließlich zu verhindern, daß jemand das Haus ohne einen Hinweis darauf verließe, wohin er gegangen sei, goß er eine Lösung aus Anissamen auf die Fußabtreter, ehe er wieder in den Lastwagen stieg und ihn zum Haupttor fuhr, um auf den Polizeikonvoi zu warten. Als er nach zehn Minuten nichts von ihm vernahm, beschloß er, wieder zurückzugehen und nachzusehen, wie es um die Party stünde.

»Muß ein bißchen Zeit totschlagen«, murmelte er, als er durch den Obstgarten schlenderte. White Ladies, zu dem Anlaß hell erleuchtet, strahlte die Atmosphäre diskreter Hemmungslosigkeit aus. Den Tango hatte inzwischen ein Black Bottom abgelöst, den der Colonel mit La Marquise durchstand, während Major Bloxham und der Dicke darüber debattierten, was man in einen Cocktail namens Affendrüse gießen müsse. Mit schöner Verachtung für die Zierblumenrabatte des Colonel tastete sich Els um das Haus herum und fand schließlich ein Fenster, das ihm eine hervorragende Aussicht auf die Vorgänge im Inneren bot. Er betrachtete gerade mit Kennerauge »Eine englische Rose«, als La Marquise aufsah und ihn bemerkte.

Im zweiten Schützenpanzer schenkte Kommandant van Heerden nochmals der Tatsache seine Aufmerksamkeit, daß er Els drei Zentner Sprengstoff zum Einschmuggeln in das Haus gegeben hatte. »Er ist der einzige, der den Grundriß kennt, und außerdem hätte ich’s gehört, wenn er in die Luft gegangen wäre«, dachte er und tröstete sich mit dem Gedanken, daß es gar nicht so schlimm wäre, wenn Els die Rolle schmeißen würde, die er ihm zu spielen aufgegeben hatte. Keine Verhaftungen, keine Scherereien mit Geständnissen und kein Els mehr, und er fragte sich von neuem, ob es klug gewesen war, auf Mrs. Heathcote-Kilkoon zu hören. Alles in allem, schloß er, hatte er in der Angelegenheit nur sehr wenige Wahlmöglichkeiten gehabt. Wenn sie so dämlich war, ihrem Mann zu erzählen, daß er zum Hahnrei gemacht worden war, und der Colonel drohte, ein Mitglied der Südafrikanischen Polizei, und ein altgedientes Mitglied obendrein, zu erschießen, dann hatte er wegen der Folgen nur sich allein Vorwürfe zu machen. Der Kommandant erinnerte sich nicht mehr, ob Mrs. Heathcote-Kilkoon wirklich gesagt hatte, ihr Mann habe gedroht, ihn zu erschießen, aber der Verdacht, daß er es vielleicht täte, reichte auf alle Fälle aus. Zutreffender war das Interesse, das der Colonel beim Bureau of State Security finden würde. Wenn es eine Sorte Verdächtiger gab, die BOSS nach jüdischen Millionären, deren Eltern aus Petrograd eingewandert waren, wirklich liebte, dann waren es Engländer der alten Schule mit Verbindungen zur Anglikanischen Kirche. Die ausgesprochene Verachtung des Colonels für Afrikaander würde jeden Verdacht, daß er eventuell vollkommen unschuldig sei, zum Schweigen bringen, wogegen seine Untergrunderfahrungen während des Krieges und seine Vertrautheit mit Sprengstoffen ihn genau zu der Sorte Leute machten, nach denen BOSS schon die ganzen Jahre suchte. Dem Kommandant fiel auch der Union Jack ein, der vor White Ladies flatterte. In den Augen von BOSS würde schon allein das den Colonel und seinen Club zu Verrätern stempeln.

Um den kleinen Rest, der von seinem Gewissen noch übrig war, zu beruhigen, rief sich der Kommandant schließlich das Schicksal seines Großvaters vor Augen, der nach der Schlacht von Paardeberg von den Briten erschossen worden war.

Wie du mir, so ich dir, dachte er und befahl dem Fahrer, an der Polizeistation in Weezen anzuhalten. Dort bestand er darauf, den diensthabenden Sergeant zu sprechen.

»Colonel Heathcote-Kilkoon ein Kommunist?« fragte der Sergeant, der schließlich im Pyjama die Szene betrat. »Da muß ein Irrtum vorliegen.«

»Nach unseren Informationen ist er ein vom britischen Geheimdienst ausgebildeter Saboteur«, sagte der Kommandant. »Haben Sie mal in Ihren Sicherheitsberichten nachgeprüft, was er im Krieg gemacht hat?«

»Was denn für Sich…« begann der Sergeant, ehe ihm der Fehler bewußt wurde. »Nein.«

»Ich besitze immer eine Aktenkopie für den Fall, daß das Sicherheitshauptquartier diejenige verliert, die ich hingeschickt habe«, sagte der Kommandant. »Erstaunlich, wie oft sie Dinge verlegen, die ich ihnen schicke. « Er sah sich beifällig in der Polizeidienststelle um. »Gefällt mir, wie ordentlich hier alles ist, Sergeant. Ist wohl mal an der Zeit zu ‘ner Beförderung für Sie. Hauptsache ist, Sie haben immer Abschriften von Ihren Sicherheitsberichten da.«

Er ging nach draußen, und der Sergeant war erstaunt über die Größe der Sondertruppe, die erforderlich war, um Colonel Heathcote-Kilkoon zu verhaften. Wie um einen letzten Beweis dafür zu liefern, daß der Colonel tatsächlich der vom britischen Geheimdienst geschulte kommunistische Saboteur sei, hörte man aus der Richtung von White Ladies plötzlich Schüsse. Kommandant van Heerden verschwand im Schützenpanzer, und der Sergeant kehrte in sein Büro zurück und setzte sich an seine Schreibmaschine, um einen Bericht über den Colonel abzufassen. Das war viel leichter als er gedacht hatte, und zwar dank der Vergeßlichkeit des Kommandanten, der ein Exemplar seines eigenen Berichts auf dem Schreibtisch hatte liegen lassen.

Während der Konvoi sich wieder in Bewegung setzte, tippte der Sergeant seine Verdachtsgründe hin. Sie waren sechs Monate vordatiert.

»Besser spät als nie«, dachte er, während er tippte.

Seine Ansicht wurde von Mrs. Heathcote-Kilkoons Taxichauffeur geteilt.

»Es liegt Eis auf der Straße«, teilte er ihr mit, als sie ihn bat, Gas zu geben.

»Unsinn«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon, »es ist eine heiße Nacht.«

»Es hat gehagelt, Lady, und wenn’s kein Eis ist, dann ist es eine dünne Schlammschicht und so glatt wie der Teufel«, und um seine Ansicht zu beweisen, brachte er den Wagen an der nächsten Biegung leicht ins Rutschen.

»Sie wollen ja wohl nicht auf ‘ner Klippe enden«, sagte er, während er den Wagen wieder in die Spur brachte, »das würde Ihnen doch überhaupt nichts nutzen.«

Auf ihrem Rücksitz konnte sich Mrs. Heathcote-Kilkoon nicht vorstellen, daß ihr irgendwas noch viel nutzen könne. Was lediglich mit der Gefühlsaufwallung über die allmonatliche Wahl ihrer neuen Frisur begonnen hatte, war hysterischer Ungewißheit gewichen. Melodramatische Scheingeständnisse waren eine Sache. Die Würze an der Fadheit des täglichen Lebens. Aber Panzerwagen und ganze Konvois von Polizisten mit Gewehren und knurrenden Schäferhunden waren ganz was anderes. »Man kann’s auch übertreiben«, dachte sie, als sie sich den Aufwand ihres Liebhabers vor Augen führte. Er zeugte von einer vollkommen unangemessenen Zuneigung, von dem schrecklichen Mangel an Humor mal abgesehen.

»Ich hab’s nicht ernst gemeint«, murmelte sie und wurde von der nächsten Bemerkung des Taxifahrers auch nicht getröstet.

»Sieht aus, als wär’ die Armee hier durchgezogen«, sagte er, als der Wagen durch den Schlamm schleuderte, den der Konvoi aufgewühlt hatte. »Sollte mich wundern, wenn’s keine Panzer waren.«

»Mich nicht«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon wahrheitsgemäß und starrte angespannt in die Dunkelheit.

Im Gesellschaftszimmer von White Ladies tat ihr Gatte genau dasselbe, und sogar noch angespannter. La Marquises plötzlicher Aufschrei beim Anblick des Gesichts am Fenster hatte es der »Englischen Rose« ermöglicht, eine Ritterlichkeit an den Tag zu legen, die dem Colonel das Vertrauen in sein rechtmäßiges Geschlecht wiedergeben sollte, das durch La Marquises Interesse in gewisser Weise unterminiert worden war.

»Ich kümmere mich um den Schweinehund«, schrie er und stürzte, so schnell es die Schlüpfer seiner Frau zuließen, in sein Arbeitszimmer, um eine Sekunde später mit einem Jagdgewehr wieder aufzutauchen. »Gibt nur eine Möglichkeit, mit Eindringlingen umzugehen«, sagte er und feuerte in den Garten.

Für Wachtmeister Els, der gerade über den Rasen flitzte, kam die Genauigkeit des Schusses ziemlich überraschend. Auf einen sorgfältig gestutzten Busch abgeschossen, der gut zwanzig Meter weiter rechts stand und für das alkoholisierte Auge des Colonel wie ein Eindringling aussah, prallte die Kugel von einem Steinbeet ab und pfiff unerfreulich dicht an Wachtmeister Eisens Kopf vorbei. Er ging in einem tiefliegenden Teil des Gartens in Deckung und löste seinen Pistolenhalfter. Als Silhouette vor dem Licht eines Fensters konnte er den Colonel sehen, der in den Garten spähte. Els zielte genau über die Schulter des Colonel hinweg, schoß und freute sich über die Bestürzung, die sein vorsätzlicher Fehlschuß im Hause auslöste. Als die Lichter ausgingen und der Colonel Anweisungen schrie, sich hinzulegen, kroch Els davon und saß wenig später wohlverborgen in einem Azaleenstrauch, von dem aus er die Hintertür im Auge behalten konnte. Die Schlacht von White Ladies hatte begonnen.

»Gott der Allmächtige«, schrie »Eine englische Rose«, als eine dritte Kugel, diesmal aus einem ganz anderen Teil des Gartens, die Nachtluft erzittern ließ und eine Vase auf dem Kaminsims zertrümmerte, »das ist ja ein gottverdammter Aufstand. Die Eingeborenen haben sich erhoben.« Mit einer Rachgier, die aus der Entdeckung resultierte, daß die Kaffern viel raffiniertere Waffen als Spieße und Knüppel benutzten, machte er sich bereit, seinen Winkel abendländischer Kultur gegen die barbarische Flut zu verteidigen, die er immer vorausgesehen hatte. Hinter ihm stolperten die Mitglieder des Dornford Yates-Clubs, durch die Aussicht auf ein unmittelbar bevorstehendes Blutbad wieder nüchtern, in das Arbeitszimmer, wo ihnen Major Bloxham Gewehre und Munition reichte. Mit nie geübter Kommandogewalt ließ der Colonel seine Truppen Gefechtsstellung einnehmen.

»Boy, du nimmst das Vorderzimmer. Toby, die Küche«, befahl er. »Ihr übrigen verteilt euch in der Bibliothek und im Frühstückszimmer und hört nicht auf zu schießen.«

»Und was soll ich machen?« fragte La Marquise.

»Munition reichen und zusehen, daß dein Pulver trocken bleibt«, rief der Colonel grimmig. La Marquise robbte ins Arbeitszimmer und begann, sich auszuziehen. Wenn die schwarzen Horden kämen, hatte es keinen Sinn, weiter so zu tun, als sei sie ein Mann.

»Es gibt kein schlimmeres Schicksal als den Tod«, murmelte sie im Finstern.

»Was ist?« flüsterte Major Bloxham.

»Ich habe gesagt, bei Nacht sind alle Katzen grau«, sagte La Marquise.

»Das kann ich dir sagen«, sagte der Major, der angestrengt versuchte, sich seines Incroyable-Kostüms zu entledigen.

Wachtmeister Els lag in dem Azaleengebüsch und lauschte auf den Gewehrkugelhagel, der aus dem Haus kam. Es würde eine fabelhafte Nacht werden. Daran zweifelte er jetzt nicht mehr.

Kommandant van Heerden im zweiten Schützenpanzerwagen war weniger optimistisch. Daß er sich in ein Gebiet begab, in dem Wachtmeister Els in einen Privatkrieg verwickelt war, rief in ihm Erinnerungen an frühere, von Els angezettelte Massaker wach.

»Dieses dämliche Arschloch nimmt noch seine eigene Seite unter Feuer«, dachte er, als Sergeant Breitenbach kam, um nach Befehlen zu fragen.

»Eröffnen Sie das Feuer aus der Ferne«, sagte er zum Sergeant, »ich will nicht, daß jemand zu nahe rangeht.« Wenig später waren zweihundert Polizeibeamte von den Lkw’s gestiegen, hatten sich in die Büsche verkrochen, die die Grenze von White Ladies markierten, und stimmten mit ihrem geballten Feuer in das von Els und dem Dornford Yates-Club ein.

»Warum schicken wir nicht die Panzerwagen hin«, fragte Sergeant Breitenbach.

»Auf keinen Fall«, sagte der Kommandant, den die Vorstellung entsetzte, daß man ihn in unmittelbare Nähe von Wachtmeister Els und drei Zentnern Sprengstoff fahren könne, ganz zu schweigen vom offensichtlich wutentbrannten Colonel und den wie immer auch gearteten Waffen, die er in seiner Waffenkammer hatte. »Erst zermürben wir sie, und dann rücken wir ein.«

»Zermürben ist ungefähr das richtige Wort«, sagte der Sergeant, als das Feuer der Polizei eine Schneise durch die Zierhecken legte, die den Garten des Colonels säumten. Im Hintergrund gaben die Hunde der Dornford Yates-Meute Laut und verliehen dem Knurren der Polizeihunde in den hinteren Lastwagen von neuem den Eindruck großer Dringlichkeit.

Im Inneren des Hauses war den meisten Verteidigern langsam bewußt geworden, daß sie umzingelt und die schwarzen Horden mit den allermodernsten Automatikwaffen ausgerüstet waren. La Marquise hatte kein Interesse mehr. Sie verließ ihren Posten und kroch die Treppe nach oben, um in Erwartung ihrer herannahenden schweren Prüfung etwas saubere Unterwäsche anzuziehen, als sie von einer Maschinengewehrgarbe getroffen wurde. Sie war das erste Opfer der Schlacht.

In der Küche zeigte der Zulu-Butler größere Geistesgegenwart. Er verließ das Haus, lief zu einer Telefonzelle am Rande von Weezen und rief die Vermittlung an.

»Geben Sie mir die Polizei«, sagte er zu dem Fräulein von der Vermittlung. Das Fräulein ließ sich nichts sagen.

»Sprich nicht so mit mir, du Kaffer«, schrie sie. »Du hast höflich zu bitten.«

»Ja, Missus«, sagte der Butler, indem er in die geforderte Servilität zurückfiel. »Krankenwagen, bitte, Missus.«

»Weißer oder schwarzer Krankenwagen?« wollte das Vermittlungsfräulein wissen.

Der Butler dachte über die Frage nach.

»Weißer Krankenwagen, Missus«, sagte er schließlich.

»Aber er ist nicht für dich, oder?« fragte das Mädchen.

»Kaffern dürfen nämlich nicht in weißen Krankenwagen gefahren werden. Sonst müssen sie hinterher ausgeräuchert werden.«

»Nicht für mich, Missus«, sagte der Butler, »für weißen Boss.«

»Welche Adresse?«

»White Ladies«, sagte der Butler.

»Welche weißen Ladies denn?«

»White Ladies-Haus«, sagte der Butler, während neue Feuersalven seiner Forderung Nachdruck verliehen.

»Das weiß ich, du Kaffer«, kreischte das Fräulein. »Ich weiß, daß weiße Ladies in Häusern wohnen. Ich weiß, daß sie nicht in einer Dreckshütte wie du wohnen. Ich will bloß wissen, welche weißen Ladies.«

»Mrs. Heathcote-Kilkoon«, sagte der Butler.

»Warum hast du das nicht gleich gesagt?« schrie das Fräulein von der Vermittlung. Der Butler legte auf und ging in die unwirtliche Nacht davon, in der seine weißen Herren sich gegenseitig mit einer Grausamkeit umbrachten, die er unbegreiflich fand.

»Quatsch, sich mitten in die Tinte zu begeben«, dachte er und lief langsam nach Weezen hinein. Gelegentlich schwirrte eine verirrte Kugel über seinen Kopf hinweg. Der Butler hielt den Kopf gesenkt. Auf der Hauptstraße wurde er von einem Polizisten angehalten und nach seinem Paß gefragt.

»Du bist verhaftet«, sagte der Wachtmeister, als der Butler zugab, daß er keinen Paß bei sich habe. »Können doch nicht zulassen, daß Wilde hier mitten in der Nacht ohne Pässe rumspazieren.«

»Ja, Baas«, sagte der Butler und kletterte in den Polizeiwagen.

Für Wachtmeister Els war die Ankunft des Polizeikonvois ein fragwürdiges Glück. Die Tatsache, daß er sich auf sowas wie einem Niemandsland zwischen zwei Konfliktparteien befand, von denen jede die abendländische Kultur verteidigte, hatte was Gefährliches an sich. Als die unberechenbaren Schüsse des Colonel durch die Blätter über ihm fetzten und von Maschinengewehrsalven in seinem Rücken beantwortet wurden, kam Els der Gedanke, daß es Zeit sei, seine Anwesenheit zu demonstrieren. Er kroch durch die Azaleen bis zur Ecke des Hauses, stürmte dann unvermittelt in den Hof und wollte eben ein Streichholz anzünden, um das Petroleum anzuzünden, das er in den Weinkeller gegossen hatte, als ihm einfiel, daß er damit sowohl die Beweise, die er so umsichtig in die Sattelkammer eingeschmuggelt hatte, als auch sein Leben in Gefahr brächte. Er nahm einen Schlauch, leitete ihn in die Sattelkammer und ließ Wasser über den Sprengstoff rieseln. Er war dermaßen in seine Arbeit vertieft, daß er die Gestalt gar nicht bemerkte, die schwerfällig über den Hof ins Dunkle bei den Hundezwingern rannte. Im Bewußtsein, alle denkbaren Vorkehrungen getroffen zu haben, schloß Els die Tür der Sattelkammer und huschte über den Hof zurück.

Das sollte genügen, die Arschlöcher aufzuscheuchen, dachte er, zündete ein Streichholz an und warf es in das Petroleum, ehe er Hals über Kopf in Deckung ging. Einen Augenblick später erhellte ein Feuermeer den Nachthimmel, und eine Explosion erschütterte die Fundamente von White Ladies. Äußerst zufrieden lugte Wachtmeister Els aus den Azaleen hervor und besah sich sein Werk, während die Polizei in seinem Rücken das Feuer einstellte. Es war auch wirklich nicht nötig, noch weiterzumachen. Vom gelegentlichen Knall einer explodierenden Flasche australischen Burgunders abgesehen, die unter Tonnen von Schutt begraben war, hatten die Bewohner von White Ladies ihren Widerstand aufgegeben. Der Berry-opfert-seine-Männlichkeit-Abend war zu Ende.

Nur Colonel Heathcote-Kilkoon blieb nicht stehen, um seinem Haus beim Abbrennen zuzusehen. Er war zu sehr damit beschäftigt, über das offene Gelände stolpernd nach Deckung Ausschau zu halten. Währenddessen verfluchte er seine Frau wegen ihrer Abwesenheit. »Wäre alles nicht passiert, wenn sie da gewesen wäre«, keuchte er, weniger aus Respekt vor der Macht ihrer Persönlichkeit, als vor der Enge ihres Hüfthalters, der in seinen Innereien Verwüstungen anrichtete. Von den Schreien, die die Einäscherung seines Hauses begrüßten, und von der Notwendigkeit getrieben, jene seiner Nachbarn, die von dem Lärm der Schlacht nicht einmal wach geworden waren, davon in Kenntnis zu setzen, daß die Eingeborenen sich erhoben hatten, tappte »Eine englische Rose« in ein Gehölz, wo sie weiter mit ihrem Hüftgürtel rang.

»Muß aus ihm raus, ehe ich platze«, murmelte er, um zehn Minuten später zu der Erkenntnis zu kommen, daß von Platzen keine Rede sei, trotz seiner vergeblichen Anstrengungen, das Ding loszuwerden. Schließlich fand er, daß Schlaf ihn am ehesten von seinen Blähungen befreien könne, kroch in den Schutz eines Gebüschs und blieb still liegen.

Vom Turm seines Panzerwagens aus betrachtete Kommandant van Heerden mit einer Mischung aus Befriedigung und Bedauern, was von White Ladies übriggeblieben war.

»Na, haben Sie jetzt noch Zweifel, daß sie die Saboteure waren, Sergeant?« fragte er Sergeant Breitenbach.

»Überhaupt nicht«, sagte der Sergeant. »Hier in den Ställen liegt genug Sprengstoff, um halb Piemburg in die Luft zu jagen.«

Kommandant van Heerden verschwand schleunigst in dem Panzerwagen. Seine Stimme hörte man dumpf den Fahrer dazu antreiben, ja wie der Teufel von hier wegzufahren.

Sergeant Breitenbach ging um den Panzer herum zur Hintertür.

»Es ist alles in Ordnung«, teilte er dem Kommandanten mit, »es kann nichts explodieren. Jemand hat alles mit einem Wasserschlauch bespritzt.«

»Sind Sie sicher?« fragte der Kommandant. Sergeant Breitenbach sagte, er stünde ja nicht da, wenn er’s nicht wäre, und der Kommandant kam schließlich wieder zum Vorschein und glotzte das vor sich hinqualmende Haus an. »Besser, man holt die Feuerwehr«, sagte er. »Wir wollen keine Explosionen mehr, und ich wünsche, daß so bald wie möglich die Leichen gezählt werden.«

»Wieviele Verdächtige erwarten Sie?« fragte der Sergeant.

»Elf reichen«, sagte der Kommandant und kletterte wieder in den Panzerwagen, um ein bißchen Schlaf zu bekommen.

Am Eingang dessen, was einst Mrs. Heathcote-Kilkoons Heim gewesen war, wurde ihr Taxi von einem Sergeant und mehreren Wachtmeistern angehalten, die mit Maschinengewehren bewaffnet waren.

»Tut mir leid, Madam«, sagte der Sergeant«, aber Befehl ist Befehl. Hier darf niemand rein.«

»Aber ich wohne hier, Sergeant«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon, indem sie aus den Tiefen ihrer Verzweiflung ein verführerisches Lächeln hervorzog.

»Nun nicht mehr«, sagte der Sergeant. »Das hier ist ein Haus, in dem Sie nie mehr wohnen werden.«

Im Fond des Taxis zog Mrs. Heathcote-Kilkoon ihren Mantel enger um sich und zitterte. Um ihren Kummer voll zu machen, bestand der Taxifahrer darauf, bezahlt zu werden, ehe er weiterführe.

»Wie soll ich Sie denn zahlen?« flehte sie. »Alles, was ich je besaß, ist dort drin«, und sie zeigte auf die Qualmwolke, die den Nachthimmel über den Azaleen verdunkelte.

»Sie haben gesagt, Sie würden mir den doppelten Fahrpreis bezahlen, wenn wir angekommen sind«, beharrte der Fahrer, »ich bin doch nicht den ganzen Weg für gar nichts gefahren.«

»Aber ich habe nichts, was ich Ihnen geben könnte«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon erschöpft.

»Na, das sehen wir mal«, sagte der Fahrer und fuhr mit dem Wagen auf die Straße zurück. Eine halbe Meile weiter fuhr er an den Straßenrand und kletterte auf den Rücksitz.

»Ach, das ist also meine Taxe«, murmelte Mrs. Heathcote-Kilkoon, als seine rüden Hände an ihren Höschen herumfummelten.