13

Wenn der Besuch in der Irrenanstalt Fort Rapier Kommandant van Heeren neue und schreckliche Einsichten in die irrationalen Tiefen der menschlichen Psyche vermittelt hatte, dann tat der nächste Punkt auf seiner Tagesordnung nichts, um bei ihm den Eindruck zu verwischen, daß sich während seiner Abwesenheit jedermann in Piemburg zum Schlechten verändert hatte. Natürlich waren die sechsunddreißig Gestalten, die aus den Zellen wankten, um des Kommandanten aufrichtige Entschuldigungen und Ausdrücke des tiefsten Bedauerns entgegenzunehmen, nicht mehr die aufrechten und imponierenden öffentlichen Erscheinungen, die sie vor vierzehn Tagen gewesen waren. Der Bürgermeister, den der Kommandant als ersten zu sehen beschlossen hatte, war nicht imstande, dieses zu erwidern. Seine Augen waren geschwollen und schwarz, weil, wie der Sicherheitsbeamte dem Kommandanten mitteilte, der Häftling seinen Kopf gegen die Zellentürklinke gerammt habe. Da die Zellen keine Türklinken hatten, hörte sich die Erklärung nicht sehr plausibel an. Der Rest des Bürgermeisters war in keinem viel besseren Zustand. Er hatte acht Tage hintereinander mit einem Sack über dem Kopf aufrecht stehen müssen, und man hatte ihm nicht erlaubt, seine persönlichen Verrichtungen, ganz zu schweigen von seinen öffentlichen, in einer Art und Weise durchzuführen, wie sie seinem Amt angestanden hätten. So kam es, daß er von oben bis unten mit Dreck beschmiert war und in dem Wahn lebte, er habe bei einem Bürgermeisterbankett den Vorsitz.

»Das ist ein äußerst bedauerlicher Vorfall«, begann der Kommandant, der sich ein Taschentuch vor die Nase hielt.

»Ich habe die Ehre, heute hier in dieser erlauchten Versammlung zu sein«, murmelte der Bürgermeister.

»Ich möchte Ihnen meine…«, sagte der Kommandant.

»…aufrichtigen Glückwünsche zu…«, unterbrach der Bürgermeister.

»… dieser unverantwortlichen Tat aussprechen«, sagte der Kommandant.

»Nicht jeder hat die große Ehre… «

»Sie hinter Schloß und Riegel gesteckt zu haben.«

»Der Allgemeinheit nach besten Kräften zu dienen… «

»Wird nicht wieder vorkommen.«

»Ich freue mich… «

»Ach, leck mich am Arsch«, sagte der Kommandant, der den Faden verloren hatte. Nachdem schließlich dem Bürgermeister drei Wärter dabei geholfen hatten, eine Erklärung zu unterschreiben, die er nicht mal sehen, geschweige denn lesen konnte, und die besagte, daß er sich über die Art seiner Behandlung nicht beklagen könne und der Polizei für ihren Schutz danke, wurde er zu einem Krankenwagen hinausgetragen, wo man ihm mitteilte, er dürfe nach Hause fahren.

Einige der anderen Häftlinge waren Vernunftsgründen weniger zugänglich, und einer oder zwei hatten den Wahn, der Kommandant sei lediglich ein neuer und noch gemeinerer Fragesteller.

»Ich weiß, was Sie von mir wissen wollen«, versicherte der Direktor der Barclays Bank, als e den Kommandanten sah. »Also gut, ich gebe es zu. Ich bin Mitglied der Anglikanischen Kirche und Kommunist.«

Der Kommandant sah den Direktor einigermaßen perplex an. Das Gesicht des Direktors war furchtbar zerschlagen, und seine Fußknöchel waren von dem langen Stehen entsetzlich angeschwollen.

»Sind Sie das wirklich?« fragte der Kommandant zweifelnd.

»Nein«, sagte der Direktor, durch den skeptischen Ton ermutigt. »Das bin ich nicht. Ich gehe kaum zur Kirche. Nur, wenn meine Frau darauf besteht, und die ist Baptistin.«

»Verstehe«, sagte der Kommandant. »Aber Sie sind Kommunist.«

»Oh mein Gott«, jammerte der Bankdirektor, »wäre ich Bankdirektor, wenn ich Kommunist wäre?«

Der Kommandant schob das Formular, das die Polizei entlastete, über den Schreibtisch. »Mich interessiert es einen Dreck, was Sie sind, solange Sie mir dieses Formular unterschreiben«, sagte er gereizt. »Wenn Sie sich weigern, bringe ich Sie wegen Sabotage vor Gericht.«

»Sabotage?« krächzte der Direktor entsetzt. »Aber ich habe keine Sabotage begangen.«

»Nach Ihrem eigenen Eingeständnis haben Sie in den Hluwe-Stausee gepinkelt, und das stellt nach der Allgemeinen Gesetzreform von 1962 Sabotage dar.«

»Das Pinkeln in einen Stausee?«

»Die Verunreinigung des öffentlichen Wasserversorgungssystems. Darauf steht Todesstrafe.« Der Bankdirektor unterschrieb das Formular und wurde hinausgeführt.

Bis sich der Kommandant zu seiner Zufriedenheit mit allen Häftlingen beschäftigt hatte, war es spät am Abend, und noch immer stand er vor dem unlösbaren Problem der Welle von Bombenanschlägen. Gewiß, es hatte keine Explosionen mehr gegeben, seitdem die Strauße sich selber und so viele öffentliche Bauwerke in die Luft gesprengt hatten, aber das Vertrauen der Öffentlichkeit wäre erst dann wieder hergestellt, wenn man die Saboteure verhaftet hätte. Der Kommandant verließ das Gefängnis und sagte Els, er solle ihn zur Polizeidienststelle zurückfahren.

Als er die Treppe hinaufstieg und am Schreibtisch des Diensthabenden vorbeiging, wo ein Wachtmeister mit einem Mann herumturtelte, der nur hatte melden wollen, daß man ihm den Wagen gestohlen hatte, wurde dem Kommandanten die Größe der vor ihm liegenden Aufgabe klar. Mit einer völlig demoralisierten Polizeitruppe hatte er die Stadt gegen Saboteure zu verteidigen, die so gut ausgerüstet waren, daß sie sogar Polizeisprengstoff für ihre Bombenanschläge benutzten, und die, von dem einen Toten in der Toilette des Majestic Cinema abgesehen, absolut unidentifizierbar blieben. Das war eine Aufgabe, die einen unbedeutenderen Mann überfordert hätte, und Kommandant van Heerden hatte keine Illusionen. Er war ein unbedeutenderer Mann.

Er ließ sich eine gemischte Grillplatte aus einem griechischen Restaurant kommen und schickte nach Sergeant Breitenbach.

»Wissen Sie irgendwas von diesen Geheimagenten«, sagte er, »von denen Verkramp immer gesprochen hat?«

»Ich denke doch, Sie werden den Kontakt zu ihnen wiederherstellen«, sagte der Sergeant.

»Das ist nicht der einzige Kontakt, den er verloren hat, das kann ich Ihnen sagen«, sagte der Kommandant mit Gefühl. Verkramps gräßliche Possen hatte er noch frisch im Gedächtnis. »Weiß sonst jemand, wer sie sind?«

»Nein, Sir.«

»Es muß doch Akten geben«, sagte der Kommandant.

»Verbrannt, Sir.«

»Verbrannt? Wer hat sie denn verbrannt?«

»Verkramp, als er verrückt wurde, Sir.«

»Was denn, den ganzen verdammten Krempel?«

Sergeant Breitenbach nickte. »Er hatte eine Akte, die hieß >Operation Rotes Fiasko<. Ich habe nie gesehen, was drin war, aber ich weiß, daß er sie in der Nacht verbrannte, als die Strauße explodierten. Die haben ihn wahnsinnig aufgeregt, Sir, diese Strauße. Er war ein völlig anderer Mensch, als einer auf der Straße da draußen in die Luft ging.«

»Ja, naja, das hilft uns nicht sehr viel weiter«, sagte der Kommandant, als er mit seiner gemischten Grillplatte fertig war und sich den Mund abwischte. »Wissen Sie«, fuhr er fort und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, »etwas frage ich mich schon lange, und das ist, warum die Kommunisten mein Haus mit Abhörmikrofonen verwanzt haben. Verkramp hatte offenbar den Eindruck, sie versuchten, irgendwas über mich zu erfahren. Hörte sich nicht sehr plausibel an. Ich tu doch gar nichts.«

»Nein, Sir«, sagte der Sergeant. Er sah sich ziemlich nervös im Raum um. »Meinen Sie, Luitenant Verkramp wird jemals wieder gesund, Sir?«

Kommandant van Heerden hatte, was das betraf, keine Zweifel.

»Nichtmal die Chance einer Zelluloidratte in der Hölle«, sagte er aufgeräumt. Sergeant Breitenbach wirkte erleichtert.

»In dem Fall, meine ich, sollten Sie wissen, daß nicht die Kommunisten die Mikrofone dort angebracht haben, Sir.« Er machte eine Pause, um den Schlüssen aus dieser Bemerkung Gelegenheit zu geben, sich zu setzen.

»Sie meinen…«, sagte der Kommandant und nahm eine beängstigende Farbe an.

»Verkramp, Sir«, sagte eilig der Sergeant.

»Sie meinen, der Scheißkerl hat mein Haus verwanzt?« schrie der Kommandant. Sergeant Breitenbach nickte stumm und wartete, bis der Ausbruch des Kommandanten von allein aufhörte.

»Er sagte, er hätte von BOSS den Befehl dazu, Sir«, sagte er, als der Kommandant sich etwas beruhigt hatte.

»BOSS?« fragte der Kommandant. »Befehl von BOSS?« Ein neuer Schreckenston war in seiner Stimme.

»Genau das hat er gesagt, Sir. Ich glaube aber, er hatte keinen«, sagte Sergeant Breitenbach zu ihm.

»Ich verstehe«, sagte der Kommandant und versuchte, darüber nachzudenken, warum das Bureau of State Security an seinem Privatleben so interessiert sein sollte. Der Gedanke war nicht gerade beruhigend. Leute, die für BOSS interessant waren, fielen öfter mal aus Fenstern im zehnten Stock des Sicherheitshauptquartiers in Johannesburg.

»Ich glaube, das gehörte alles zu seinem Wahnsinn, Sir«, fuhr der Sergeant fort, »zu seiner Keuschheitskampagne.«

Der Kommandant sah ihn matt an.

»Du lieber Gott«, sagte er. »Wollen Sie damit sagen, daß Verkramps ganzes Gerede von kommunistischen Agenten nichts weiter als ein Vorwand war herauszufinden, ob ich ein Liebesverhältnis hätte?«

»Ja, Sir«, sagte Sergeant Breitenbach, der verzweifelt entschlossen war, nicht zu sagen, mit wem der Kommandant ein Liebesverhältnis zu haben im Verdacht gestanden hatte.

»Tja, da kann ich nur sagen, Verkramp kann von Glück reden, daß er in einer Irrenanstalt ist. Wenn er’s nicht wäre, ließe ich den Kerl degradieren.«

»Ja, Sir«, sagte der Sergeant. »Keine Detonationen heute abend.« Er war ängstlich darauf bedacht, das Gesprächsthema vom Privatleben des Kommandanten wegzulenken. Kommandant van Heerden sah aus seinen scheibenlosen Fenstern und seufzte.

»Keine gestern abend. Keine vorgestern abend. Keine, seitdem Verkramp in der Klapsmühle ist. Komisch, nicht?« sagte er.

»Sehr komisch, Sir.«

»Alle Anschläge fallen mit Verkramps Zeit als Leiter der Polizeidienststelle zusammen«, fuhr der Kommandant fort. »Der ganze Sprengstoff kam aus dem Polizeiarsenal. Wirklich sehr komisch.«

»Denken Sie, was ich denke?« fragte der Sergeant.

Kommandant van Heerden sah ihn aufmerksam an.

»Ich denke nicht nach über das, was ich denke, und ich möchte Ihnen raten, dasselbe zu tun«, sagte er. »Es verträgt kein Nachdenken.« Er versank in Schweigen und sann über die erschreckende Aussicht nach, die ihm Sergeant Breitenbachs Mitteilung eröffnet hatte. Wenn keine kommunistischen Agenten in die Verwanzung seines Hauses mit Abhörmikrofonen verwickelt waren… Er ließ es bleiben, diesen Gedankengang weiter zu verfolgen. Und welches Interesse hatte BOSS an der Geschichte? Wiederum erschien ihm die Überlegung als sehr gefährlich.

»Tja, ich weiß nur eines: daß wir mit den Saboteuren vor Gericht aufwarten und sie ihrer Verbrechen überführen müssen, sonst ist mein Job hier nicht mehr sicher. Es wird einen öffentlichen Aufschrei über diese Dinge gegen, und irgend jemand muß dann auf dem Schafott stehen.« Er erhob sich müde. »Ich gehe ins Bett«, sagte er. »Das reicht mir für einen Tag.«

»Nur noch eines, Sir, was Sie meiner Meinung nach bedenken sollten«, sagte der Sergeant. »Ich habe ein paar Berechnungen über die Bombenanschläge angestellt.« Er legte dem Kommandanten ein Papier vor. »Wenn Sie das hier mal betrachten, werden Sie sehen, daß sich in jeder der fraglichen Nächte zwölf Explosionen ereigneten. Richtig?« Kommandant van Heerden nickte. »Am Tag, bevor Sie auf Urlaub fuhren, ließ Luitenant Verkramp zwölf neue Schlüssel für das Polizeiarsenal anfertigen.« Er machte eine Pause, und der Kommandant setzte sich wieder hin und hielt sich den Kopf.

»Weiter«, sagte er schließlich. »Bringen wir’s hinter uns.«

»Nun ja, Sir«, fuhr der Sergeant fort. »Ich habe mal den Männern auf den Zahn gefühlt, die die Botschaften der Geheimagenten in Empfang nahmen, und es sieht fast so aus, als hätte es auch zwölf Geheimagenten gegeben.«

»Wollen Sie mir etwa erzählen, Verkramp selbst hätte diese Anschläge organisiert?« fragte der Kommandant und wußte, daß das eine ganz überflüssige Frage war. Es war klar, was Sergeant Breitenbach dachte.

»Es sieht fast so aus, Sir«, sagte er.

»Aber warum zum Teufel? Es ergibt doch verdammt nochmal keinen Sinn«, schrie der Kommandant wütend.

»Ich glaube, er war immer schon verrückt, Sir«, sagte der Sergeant.

»Verrückt?« brüllte der Kommandant. »Verrückt? Er war nicht bloß verrückt. Er war verdammt irre.«

Als Kommandant van Heerden in dieser Nacht zu Bett ging, war er selbst fast irre. Die ungewöhnlichen Ereignisse des Tages hatten ihren Tribut gefordert. Während er, sich im Bett hin und herwälzend, eine unruhige Nacht verbrachte, mischten sich Bilder von explodierenden Straußen und homosexuellen Polizisten auf beunruhigende Weise mit Mrs. Heathcote-Kilkoon, die, mit nichts außer Zylinder und Stiefeln bekleidet, auf einem kolossalen Roß über eine von Bombenkratern zerrissene Landschaft ritt, während Els im Hintergrund dämonisch lächelte.

In der Irrenanstalt Fort Rapier verbrachte der Urheber des Großteils der Nöte des Kommandanten ebenfalls eine ziemlich unerfreuliche Nacht. Sicher war sie nicht so furchtbar wie der Trip, auf dem er am Tage gewesen war, aber sie war schlimm genug, um Dr. von Blimenstein davon zu überzeugen, daß sie sich in der Stärke der Dosis, die sie ihm verpaßt hatte, vielleicht geirrt haben könnte.

Nur Wachtmeister Els schlief gut. Als er es sich in Verkramps Wohnung bequem gemacht hatte, die er angeblich bewachte, hatte er dessen Sammlung von Nacktmagazinen gefunden, und nachdem er sie durchgeblättert hatte, war er eingeschlafen und hatte von Wachtmeister Botha geträumt, dessen blonde Perücke Els überaus reizend fand. Einige Male zuckte er im Schlaf wie ein Hund, der vom Jagen träumt. Am Morgen stand er auf und fuhr zum Haus des Kommandanten, wo dumpfe Flüche aus der Küche die Vermutung nahelegten, daß der Leitartikel im Zululand Chronicle nicht sehr nach dem Geschmack des Kommandanten war.

»Ich wußte es, ich wußte es«, schrie er und fuchtelte mit dem beleidigenden Artikel herum, der die Polizei der Inkompentenz, der Folterung unschuldiger Menschen und allgemein der Unfähigkeit bezichtigte, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. »Nächstens werden sie noch einen Untersuchungsausschuß fordern. Wohin zum Teufel ist es nur mit diesem Lande gekommen? Wie soll ich denn verdammt nochmal Recht und Ordnung aufrecht erhalten, wenn die Hälfte meiner Männer Scheiß Tunten sind?«

Mrs. Roussouw war entsetzt. »Was für Ausdrücke«, sagte sie scharf. »Die Wände haben Ohren.«

»Das ist auch sowas«, schnauzte der Kommandant. »Ist Ihnen eigentlich klar, daß ich die letzten Monate hier in sowas wie einem Hörsaal gewohnt habe? Hier gibt’s mehr Wanzen…«

Mrs. Roussouw hatte genug gehört. »Das dürfen Sie mir nicht nochmal sagen«, sagte sie. Draußen vor dem Fenster grinste Wachtmeister Els in sich hinein und lauschte mit immer größerem Vergnügen dem sich anschließenden Streit. Als Kommandant van Heerden aus dem Haus kam, hatte er Mrs. Roussouw überredet, weiter als Haushälterin bei ihm zu bleiben, aber erst, nachdem sie ihn so weit gebracht hatte, sich für seine Kritik an ihrer Arbeit zu entschuldigen.

Als der Kommandant in der Polizeidienststelle erschien, wartete bereits ein anderer Trupp wütender Frauen auf ihn.

»Abordnung von Polizistenfrauen, Sir«, sagte Sergeant Breitenbach, als der Kommandant die Treppe erklommen hatte, auf der die Frauen versammelt waren.

»Was zum Kuckuck wollen sie denn?« fragte der Kommandant.

»Es geht darum, daß ihre Männer schwul geworden sind«, erklärte der Sergeant. »Sie sind hergekommen, um Ersatz zu fordern.«

»Ersatz?« schrie der Kommandant auf. »Ersatz? Wie zum Teufel soll ich sie denn ersetzen?«

»Ich glaube, Sie haben nicht ganz verstanden«, sagte der Sergeant, »sie möchten, daß Sie etwas wegen ihrer Männer unternehmen.«

»Ach so, na schön. Bringen Sie sie rein«, sagte der Kommandant matt. Sergeant Breitenbach verließ das Zimmer, und wenig später sah sich der Kommandant zwölf stattlichen und ohne jede Frage frustrierten Frauen gegenüber.

»Wir sind hergekommen, um eine offizielle Beschwerde vorzubringen«, sagte die Stattlichste der Damen, die offenbar die Sprecherin der Gruppe war.

»Ganz recht«, sagte der Kommandant. »Das verstehe ich vollkommen.«

»Ich glaube nicht, daß Sie das tun«, sagte die Frau. Der Kommandant sah sie an und dachte, er täte es doch.

»Ich nehme an, es handelt sich um Ihre Männer«, sagte er.

»Genau«, sagte die stattliche Frau. »Unsere Männer sind zu Experimenten herangezogen worden, die sie ihrer Männlichkeit beraubt haben.«

Der Kommandant schrieb die Beschwerde auf ein Blatt Papier.

»Ich verstehe«, sagte er. »Und was erwarten Sie nun in dieser Angelegenheit von mir?«

Die große Frau sah ihn voll Verachtung an.

»Wir wollen, daß diese Sache auf der Stelle geradegebogen wird«, sagte sie. Der Kommandant lehnte sich zurück und starrte sie an.

»Geradegebogen?«

»Ja«, sagte die stattliche Dame mit Nachdruck.

Der Kommandant überlegte, was zu tun sei. Er beschloß, es mit Schmeicheln zu probieren.

»Ich glaube, das Mittel liegt in Ihren Händen«, sagte er mit vielsagendem Lächeln. Es war zweifellos das Falscheste, was er hatte sagen können.

»Wie ekelhaft«, schrie die Frau, »wie ungeheuer widerlich!«

Kommandant van Heerden wurde puterrot.

»Nein, bitte«, sagte er, »bitte, meine Damen…« Aber es gab kein Halten mehr.

»Nächstens sind’s Möhren und Kerzen«, schrie eine der Frauen.

»Meine Damen, Sie mißverstehen mich«, sagte der Kommandant, der sie verzweifelt zu beruhigen versuchte. »Ich wollte nur sagen, wenn sie sich erstmal zusammentun… «

In dem folgenden Höllenspektakel konnte man Kommandant van Heerden sagen hören, er sei sicher, wenn sie sich alle zugehen und mit hartem Griff…

»Um Gottes willen, fassen Sie sich«, brüllte er, als die Frauen schreiend um seinen Schreibtisch herumstanden. Sergeant Breitenbach betrat das Zimmer und stellte mit Hilfe von zwei Hetero-Beamten die Ordnung wieder her.

Schließlich erklärte der sichtlich aufgelöste Kommandant den Damen, er werde tun, was er könne.

»Seien Sie versichert, daß ich alle Hebel in Bewegung setze, damit Ihre Männer wieder zu ihren ehelichen Pflichten zurückkehren«, sagte er, und die Frauen verließen im Gänsemarsch das Büro. Auf der Treppe fragte Wachtmeister Els ein paar von ihnen, ob er ihnen irgendwie behilflich sein könne, und machte für den Abend drei Verabredungen aus. Als sie alle gegangen waren, gab der Kommandant Sergeant Breitenbach den Auftrag, Fotos von nackten Männern machen zu lassen.

»Wir müssen die Sache wieder rückgängig machen«, sagte er.

»Schwarze oder weiße Männer, Sir?«

»Beides«, sagte der Kommandant, »wir wollen der Lotterwirtschaft hier ein Ende machen.«

»Meinen Sie nicht, wir sollten einen richtigen Psychiater um Rat fragen?« fragte der Sergeant.

Kommandant van Heerden dachte darüber nach.

»Was meinen Sie, wo Verkramp die Idee eigentlich her hatte?« fragte er.

»Er hat ein Buch gelesen von einem gewissen Professor EisEng.«

»Ist aber ein komischer Name für einen Professor«, sagte der Kommandant.

»Ist auch ein komischer Professor«, sagte der Sergeant, »und deshalb meine ich, wir sollten uns einen richtigen Psychiater zu Hilfe holen.«

»Da haben Sie wohl recht«, stimmte der Kommandant zweifelnd zu. Der einzige Psychiater, den er kannte, war Frau Dr. von Blimenstein, und er hütete sich, sie um Unterstützung zu bitten.

Aber bis gegen Mittag hatte er seine Meinung geändert. Eine Abordnung von Piemburger Geschäftsleuten hatte ihn besucht und ihm ihre Absicht unterbreitet, eine Selbstschutztruppe aufzustellen, um die Polizei bei ihren bislang fruchtlosen Bemühungen zu unterstützen, Leben und Eigentum vor den Terroristen zu schützen, und der Kommandant hatte mehrere Briefe von Anwälten erhalten, in denen erklärt wurde, daß ihre Klienten, nämlich der Bürgermeister und fünfunddreißig weitere prominente Bürger, widerrechtlich festgenommen und gefoltert worden seien. Um allem die Krone aufzusetzen, hatte er einen Telefonanruf vom Polizeikommissar von Zululand erhalten, der die sofortige Verhaftung der für die Sabotageakte verantwortlichen Leute verlangte.

»Ich mache Sie persönlich für alles haftbar, van Heerden«, schrie der Kommissar, der schon jahrelang nach einem Vorwand gesucht hatte, den Kommandanten abzusetzen. »Verstanden? Persönlich haftbar für alles, was vorgefallen ist. Entweder es passiert was oder ich verlange Ihren Abschied. Verstanden?«

Der Kommandant verstand und legte den Hörer mit einem Blick einer sehr großen Ratte in einer sehr engen Ecke wieder auf.

In der nächsten halben Stunde wurden die Folgen der Drohung des Kommissars langsam spürbar.

»Ist mir völlig Wurscht, um wen sich’s handelt«, brüllte der Kommandant Sergeant Breitenbach an, »ich will, daß jede Gruppe von elf Leuten auf der Stelle verhaftet wird.«

»Was, auch der Bürgermeister und die Stadträte?« fragte der Sergeant.

»Nein«, kreischte der Kommandant. »Nicht der Bürgermeister und die Stadträte, aber jede andere verdächtige Gruppe.«

Wie üblich hatte Sergeant Breitenbach was einzuwenden.

»Ich meine, das würde das Unglück herausfordern, Sir«, erklärte er.

»Unglück?« schrie der Kommandant. »Ja, was meinen Sie denn, wo wir bereits drinstecken? Schließlich ist es mein Hals, der auf dem Block liegt, und wenn Sie denken, ich gebe dem Scheiß Kommissar die Gelegenheit, ihn mir durchzuhacken, dann haben Sie falsch gedacht.«

»Es ist BOSS, woran ich denke, Sir«, sagte der Sergeant.

»BOSS?«

»Luitenant Verkramps Agenten waren wahrscheinlich Leute vom Bureau of State Security in Pretoria, Sir. Wenn wir sie verhaften, wäre BOSS wohl nicht sehr glücklich darüber.«

Der Kommandant sah ihn entsetzt an.

»Also, was zum Teufel soll ich Ihrer Meinung nach tun?« fragte er immer hysterischer. »Der Kommissar sagt, ich soll die Männer verhaften, die die Bombenanschläge ausführten. Sie sagen, ich brächte BOSS in Harnisch, wenn ich’s täte. Was zum Kuckuck soll ich denn machen?«

Sergeant Breitenbach fiel dazu nichts ein. Schließlich widerrief der Kommandant seinen Befehl, alle Gruppen von elf Leuten zu verhaften, und nachdem er den Sergeant weggeschickt hatte, saß er an seinem Schreibtisch mit einem Problem vor sich, das unlösbar schien.

Zehn Minuten später war er bei einer Lösung angelangt und wollte eben Els zu den Zellen hinunterschicken, um elf schwarze Gefangene aussuchen zu lassen, die sich in einem gestohlenen Auto voller Polizeisprengstoff selber in die Luft jagen sollten – als Beweis dafür, daß die Südafrikanische Polizei im allgemeinen und Kommandant van Heerden im besonderen schnell und erfolgreich gegen kommunistische Saboteure zu handeln verstünden, als ihm bewußt wurde, daß der Plan einen Fehler hatte. Die Männer, die beim Straußefüttern gesehen worden waren, waren alle weiß. Mit einem Fluch wandte sich der Kommandant wieder dem Problem zu.

»Verkramp muß wahnsinnig sein«, murmelte er zum zigsten Male und dachte eben über das Wesen des Verkrampschen Wahnsinns nach, als ihm eine brillante Lösung einfiel.

Er griff zum Telefon, rief Dr. von Blimenstein an und verabredete sich mit ihr nach dem Mittagessen.

»Bitte, was wollen Sie von mir?« fragte Frau Dr. von Blimenstein, als ihr der Kommandant seinen Vorschlag unterbreitet hatte. Sie machte eine Bewegung, um das Tonbandgerät anzuschalten, aber der Kommandant griff danach und zog das Kabel aus der Steckdose.

»Sie scheinen immer noch nicht begriffen zu haben«, sagte der Kommandant grimmig entschlossen, die Doktorin zur Vernunft zu bringen. »Entweder Sie arbeiten mit mir zusammen oder ich lasse Verkramp hier rausholen und bringe ihn wegen vorsätzlicher Zerstörung öffentlichen Eigentums und Sabotage vor Gericht.«

»Aber Sie können doch unmöglich von mir erwarten, daß ich…«, sagte die Ärztin und ging langsam auf die Tür zu. Mit einer plötzlichen schnellen Bewegung riß sie sie auf – und sah sich Auge in Auge Wachtmeister Els gegenüber. Sie machte die Tür schleunigst wieder zu und kam ins Zimmer zurück.

»Das ist ja unerhört«, schimpfte sie. Kommandant van Heerden lächelte grausam.

»Sie können meinen Balthasar nicht verhaften«, fuhr die Ärztin fort und versuchte, angesichts dieses Lächelns ein bißchen Mut zu bewahren. »Erst gestern haben Sie mir doch gesagt, er hätte die ganze Angelegenheit sehr geschickt und mit äußerster Gewissenhaftigkeit gehandhabt.«

»Geschickt?« bellte der Kommandant. »Geschickt? Ich werde Ihnen erzählen, wie geschickt dieser Mistkerl gewesen ist. Ihr verdammter Balthasar war für die riesigste Sabotagewelle verantwortlich, die dieses Land je erlebt hat. Wirklich, verglichen mit ihm spielen die Guerillas am Sambesi bloß Soldaten. Er ist persönlich verantwortlich für die Zerstörung von vier Straßenbrücken, zwei Eisenbahnlinien, einem Transformator, dem Telegrafenamt, vier Kraftstofflagern, einem Gasometer, fünftausend Morgen Zuckerrohr und einem Sendemast, und Sie haben den Nerv, mir zu erzählen, er habe geschickt gehandelt.«

Dr. von Blimenstein plumpste in ihren Sessel und starrte ihn an.

»Dafür haben Sie keine Beweise«, wimmerte sie endlich. »Und außerdem ist er nicht auf der Höhe.«

Kommandant van Heerden lehnte sich über den Schreibtisch und sah ihr fest ins Gesicht. »Auf der Höhe?« sagte er. »Auf der Höhe? Wenn der Henker mit ihm fertig ist, wird er sich noch verdammt viel niedriger vorkommen, glauben Sie mir.«

Dr. von Blimenstein glaubte ihm. Sie schloß die Augen und schüttelte den Kopf, um den Blick des Kommandanten und das entsetzliche Bild ihres Verlobten auf dem Schafott loszuwerden. Zufrieden darüber, daß er seine Absicht erreicht hatte, schöpfte der Kommandant erleichtert Atem.

»Schließlich heißt das nur, daß wir tun, was die armen Kerle selber versucht haben und was nicht geklappt hat«, erklärte er. »Es ist ja nicht so, daß wir von ihnen verlangen, gegen ihre Neigung zu handeln.«

Dr. von Blimenstein öffnete ihre Augen und sah ihn flehentlich an.

»Aber Balthasar und ich, wir wollen heiraten«, sagte sie.

Nun war Kommandant van Heerden an der Reihe, entsetzt zu sein. Die Vorstellung, daß die vollbusige Doktorin mit dem affenähnlichen Wesen verheiratet sei, das er tags zuvor in seiner Zelle hatte herumsausen sehen, verschlug ihm den Atem. Er begann, den Ausdruck äußersten Schreckens zu verstehen, den er in Verkramps Augen erblickt hatte.

»Gratuliere«, murmelte er. »In dem Fall gibt es nur desto mehr Ursache für Sie, das zu tun, was ich vorschlage.«

Dr. von Blimenstein nickte kleinlaut. »Wahrscheinlich ja«, sagte sie.

»Na schön, dann machen wir uns mal an die Einzelheiten«, sagte der Kommandant. »Sie sorgen dafür, daß elf Patienten mit einem Rekord an Selbstmordversuchen in einer Isolierstation untergebracht werden. Dann wenden Sie Ihre Perversionstherapie an, um sie mit marxistischleninistischem Gedankengut vollzustopfen… «

»Aber das geht doch nicht«, sagte die Ärztin. »Man kann die Aversionstherapie nicht dazu benutzen, den Leuten Ideen einzutrichtern. Man kann sie nur von Eigenarten kurieren.«

»Das glauben Sie«, sagte der Kommandant. »Dann kommen Sie mal und sehen Sie sich an, was für Ideen Ihr Balthasar meinen Beamten beigebracht hat. Er hat sie nicht von irgendwelchen Eigenarten kuriert, das kann ich Ihnen flüstern.«

Dr. von Blimenstein probierte es in einer anderen Richtung. »Aber ich weiß nichts über den Marxismus-Leninismus«, sagte sie.

»Das ist schade«, sagte der Kommandant und überlegte, ob ihm jemand einfiele, der dafür in Frage käme. Der einzige Mensch, den er wußte, saß gerade eine fünfundzwanzigjährige Gefängnisstrafe in Piemburg ab.

»Lassen Sie sich darüber keine grauen Haare wachsen«, sagte er schließlich. »Ich sorge dafür, daß jemand rübergeschickt wird, der das kann.«

»Und was werden Sie dann tun?« fragte die Ärztin.

Kommandant van Heerden lächelte. »Ich glaube, das übrige können Sie unbedenklich mir überlassen«, sagte er und stand auf. Als er das Büro verließ, drehte er sich um und dankte der Ärztin für ihre Hilfsbereitschaft.

»Vergessen Sie nicht, es geschieht alles nur zu Balthasars Bestem«, sagte er und ging, gefolgt von Wachtmeister Els, hinaus zu seinem Wagen. In ihren Büro dachte Dr. von Blimenstein über die schreckliche Aufgabe nach, die ihr der Kommandant übertragen hatte. »Ach, es ist sicher bloß eine andere Form von Euthanasie«, dachte sie und machte sich daran, eine Liste geeigneter Selbstmordpatienten aufzustellen. Dr. von Blimenstein war immer einverstanden gewesen mit der Behandlung von Geisteskranken, wie sie das Dritte Reich praktiziert hatte.

Dasselbe konnte man von dem Mann im Piemburger Gefängnis schwerlich sagen, den der Kommandant als nächsten besuchte. Zu fünfundzwanzig Jahren Haft verurteilt für seine Rolle in der Rivona-Verschwörung, von der er in Wirklichkeit nichts gewußt hatte, hatte Aaron Geisenheimer sechs Jahre in Einzelhaft verbracht, über die er sich mit dem Gedanken tröstete, daß früher oder später eine Revolution stattfände, die ihn, wenn nicht wieder in sein Verfügungsrecht einsetze, so doch wenigstens aus dem Verfügungsrecht anderer befreie. Er tröstete sich mit diesem Gedanken und der Bibel, die dank der religiösen Grundsätze der Gefängnisleitung das einzige Buch war, das der von seinem Glauben abgefallene Jude lesen durfte. Da Aaron Geisenheimer seine Jugend mit dem besessenen Studium der Werke von Marx, Engels und Lenin verbracht hatte und er von einer langen Reihe rabbinischer Gelehrter abstammte, überraschte es kaum, daß er nach sechs Jahren mehr oder minder erzwungener Bekanntschaft mit der Heiligen Schrift nun ein Füllhorn biblischen Wissens war. Er war auch kein Dummkopf, wie der Gefängnispfarrer aus eigener bitterer Erfahrung wußte. So tauchte der Pfarrer nach einer Stunde christlicher Gespräche mit Geisenheimer aus dessen Einzelzelle Nummer zwei in ziemlichem Zweifel an der Göttlichkeit Jesu und in der Annahme wieder auf, Das Kapital stehe irgendwo zwischen dem ersten Buch der Chronik und dem Hohelied Salomonis. Schlimmer noch, Aaron Geisenheimer beschloß täglich seine dreißigminütige Bewegungsration im Gefängnishof damit, daß er jeden nur möglichen Gottesdienst in der Gefängniskapelle besuchte, wo seine kritische Gegenwart den Pfarrer zwang, das intellektuelle Niveau seiner Predigten derart hochzuschrauben, daß der Rest der Gemeinde überhaupt nichts mehr verstand, während der Marxist immer noch erhebliche Kritik daran übte. Angesichts der Klagen des Pfarrers hörte der Gefängnisdirektor mit Entzücken, daß Kommandant van Heerden überlegte, ob er Geisenheimer nicht nach Fort Rapier verlegen lassen sollte.

»Machen Sie mit dem Kerl, was Sie wollen«, sagte Direktor Schnapps zum Kommandanten. »Ich bin froh, wenn ich ihn hier loswerde. Er hat sogar ein paar von meinen Wärtern dazu gebracht, Mao-Abzeichen zu tragen.«

Der Kommandant dankte ihm und ging hinunter zur Einzelzelle Nummer zwei, wo der Häftling in die Lektüre des Propheten Amos vertieft war.

»Es steht geschrieben: >Darum soll der Weise Schweigen bewahren in jener Zeit; denn es ist eine böse Zeit<«, sagte Geisenheimer zu dem Kommandanten, als der ihn fragte, ob er irgendwelche Klagen habe.

Kommandant van Heerden sah sich in der Zelle um. »Ein bißchen knapp der Platz hier«, sagte er, »man kann sich ja kaum umdrehen.«

»Ja, so kann man das ausdrücken«, sagte Geisenheimer.

»Wollen Sie nicht in eine bequemere Unterkunft umziehen?« fragte der Kommandant.

»Timeo Danaos et dona, ferentis«, sagte Geisenheimer.

»Reden Sie gefälligst kein Küchenkaffir mit mir«, schrie der Kommandant. »Ich habe Sie gefragt, ob sie größere Bequemlichkeit wollen.«

»Nein«, sagte Geisenheimer.

»Und zum Teufel warum nicht?« fragte der Kommandant.

»Es steht geschrieben: >Es wird sein, wie wenn einer einem Löwen entflieht, und ein Bär begegnet ihm, und er kommt ins Haus und stützt die Hand an die Wand, und eine Schlange beißt ihn.< Das scheint mir ein vernünftiger Standpunkt zu sein.«

Kommandant van Heerden hatte keine Lust, sich mit Amos auf einen Streit einzulassen, aber er war dennoch verwirrt.

»Muß manchmal ein bißchen einsam hier werden«, sagte er.

Geisenheimer zuckte die Achseln.

»Ich glaube, das hat die Einzelhaft so an sich«, sagte er philosophisch.

Der Kommandant ging zu Direktor Schnapps zurück und sagte ihm, er habe keinen Zweifel, daß Geisenheimer nicht ganz bei Troste sei. Am gleichen Nachmittag wurde der Marxist in eine Station der Irrenanstalt Fort Rapier verlegt, wo er elf weitere Betten und sämtliche Werke von Marx und Lenin vorfand, die die Abteilung für beschlagnahmte Bücher in der Piemburger Polizeidienststelle freundlichst zur Verfügung gestellt hatte. Als der Kommandant sie an Dr. von Blimenstein übergab, fiel ihm die Aversionstherapie für die homosexuellen Polizisten wieder ein.

»Noch eines«, sagte er, als die Doktorin erklärte, sie habe elf geeignete Selbstmordfälle beisammen, »ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie heute nachmittag mal in der Exerzierhalle vorbeikämen. Ich möchte Ihren Rat, wie man ein paar Tunten wieder in den Normalzustand zurückbefördern könnte.«