sagt, dass sie die Präkursoren durcheinanderbringen und den Endokrinspiegel beeinflussen können.«

»Danke. Jetzt ist alles so klar wie Brackwasser.«

»Durch das, was sie ausschwitzen, können sie manipulieren, was man fühlt«, sagte Tolk zu ihm.

Den blinzelte. »Dann müssen die in diesem Klima wirklich charismatisch sein.«

I-Fünf ließ einen Chip in den Sabacc-Pott fallen. »Erhöhe.«

Jos sah seine Karten an und runzelte die Stirn. »Ich denke, du bluffst, Blechmann.«

»Und ich denke, Sie schwitzen, Sie jämmerlicher Mensch.«

»Wer tut das hier nicht? Ich will sehen.«

Die Spieler deckten ihre Karten auf. Jos grinste. Er hatte den Münzen-Kommandant auf der Hand, die Schwerter-Herrin und die Stäbe-Ausdauer. Er hielt das Blatt in die Störfeldübertragung des KartenHais und ließ die anderen einen Blick darauf werfen. »Ist irgendjemand näher dran? Nein? Das dachte ich mir scho ...«

 »Sofern mein Algebramodul keinen ernsten Schaden genommen hat«, warf I-Fünf ein, »glaube ich, dass mein Blatt Ihres schlägt.«

Jos schaute runter. Sein Kiefer klappte nach unten. Das Blatt des Droiden bestand aus einem Narren, einer Stäbe- Drei und einer Schwerter-Zwei. Eine Narrenreihe! Das einzige Blatt, das alle anderen übertrumpfte, sogar einen vollen Sabacc.

»Das ist nicht fair«, sagte Jos traurig, während I-Fünf seinen Gewinn einstrich. »Wozu braucht ein Droide überhaupt Credits?«

»Habe ich Ihnen das nicht erzählt?«, entgegnete dieser. »Ich habe vor, den Hexer von Tund aufzusuchen, um von ihm ein Herz und ein Hirn zu erwerben.«

 

Jos antwortete nicht. Die Bemerkung hatte ihm unvermittelt CT-914 ins Gedächtnis gerufen, jenen Klon, dessen Leben er im Operationssaal gerettet hatte, bloß um später zu erfahren, dass der künstlich gezüchtete Soldat zusammen mit seiner ganzen Garnison bei einem Überraschungsangriff der Separatisten umgekommen war. Neun-eins-vier und, in geringerem Maße, I-Fünf waren es gewesen, die Jos die Augen geöffnet und ihm bewusst gemacht hatten, dass Klone und unter bestimmten Umständen sogar Droiden und andere künstliche Intelligenzen als empfindungsfähige, sich ihrer selbst bewusste Wesen betrachtet werden sollten und damit dieselben Rechte besaßen wie alle anderen auch.

 

   Eigentlich hatte er das immer schon gewusst, doch unbewusst hatte er diese Erkenntnis verdrängt, ohne sich wirklich mit sämtlichen moralischen Folgen auseinanderzusetzen, die sich daraus ergaben. Klone wurden geschaffen, um Kriege zu führen. In ihrer genetischen Programmierung war kaum etwas anderes enthalten. Sie hatten keine Angst vor dem Tod, verspürten ein Gefühl von Erfüllung und Zufriedenheit, wenn sie in die Schlacht zogen, und besaßen gerade genügend Schmerzrezeptoren, um sie vor Aktionen zu warnen, die zu Verletzung oder Tod führen konnten.

Bis Jos Neun-eins-vier kennengelernt hatte, hatte er außerdem angenommen, dass Klone außerstande seien, enge Bande zu knüpfen, ob nun zueinander oder mit Wesen anderer Spezies. Doch CT-914 hatte seinem Klonkameraden CT- 915 geradezu ein Gefühl brüderlicher Zuneigung entgegengebracht, und als Letzterer getötet wurde, war Jos Zeuge der Trauer des Klons geworden.

Auf ähnliche Weise hatte I-Fünf mit seinen erweiterten Denkprozessorfunktionen und den deaktivierten Kreativitäts-dämpfern sie alle ein ums andere Mal mit seiner »Menschlichkeit« beeindruckt. Obwohl seine Welt von alldem anfangs auf den Kopf gestellt worden war, war Jos jetzt dankbar dafür, da diese breiter gefächerte Definition dessen, was menschlich war, in erheblichem Maße dazu beigetragen hatte, dass er mittlerweile imstande war, Tolk als potenzielle Lebenspartnerin anzunehmen - wortwörtlich ebenso wie im übertragenen Sinne -, obwohl sie als Ekster nicht permes war.

Jetzt wusste er, dass er Tolk liebte. Ganz gleich, welche Konsequenzen es auch haben mochte, eine Außenweltlerin zur Frau zu nehmen: Was das betraf, war er entschlossen, seinem Herzen zu folgen. Allerdings konnte er nicht umhin, sich zu fragen, was der neue Kommandant, Großonkel Erel, wohl davon halten würde.

Es dauerte nicht lange, bis er es herausfand. Als der Casinodroide die Karte für eine weitere Partie austeilte, trat ein bothanischer Unteroffizier an ihren Tisch. »Admiral Kersos ersucht um Ihre Gegenwart, Captain Vondar. Bitte kommen Sie mit mir!«

 






8. Kapitel

»Ohleyz Sumteh Kersos Vingdah«, sagte der Admiral. »Than donya sinyin.«

»Sumteh Vondar Ohleyz ... dohn donya«, entgegnete Jos. Seit er das letzte Mal in der Hochsprache gesprochen hatte, war mehr als ein Standardjahrzehnt vergangen. Heutzutage sprach jeder Basic. Als Junge hatte er sich ausschließlich der älteren Zeremoniensprache befleißigt.

Sein Großonkel wirkte müde. Sein Gesicht hätte schon vor einem halben Tag wieder enthaart werden müssen, und einer der vorderen Rockschöße seiner Uniform war aufgeknöpft. Jetzt, wo der Mann keine Chirurgenmaske trug, konnte Jos eine eindeutige Familienähnlichkeit ausmachen. Irgendwann im Laufe seiner Kindheit hatten er und ein Cousin im Familienarchiv Fragmente beschädigter Hologramme gefunden - unter anderem defekte Bilder des jungen Mannes, der seine Herkunft aufgegeben hatte und von der Familie verleugnet worden war, die er im Stich gelassen hatte. Sie hatten sich die Bruchstücke angeschaut, als seien es Fenster in die Vergangenheit, die ihnen flüchtige Blicke auf einen jungen Mann gewährten, der sich auch in den Gesichtszügen dieses älteren Mannes zeigte.

Jos wusste, dass er nach allem, was recht und billig war, eigentlich gar nicht mit Erel Kersos sprechen sollte, es sei denn in ihren Rollen als militärischer Untergebener, der einem vorgesetzten Offizier antwortete. Großonkel Erel war immer noch nicht permes - weder die Zeit noch der Tod hoben diese gesellschaftliche und persönliche Unsichtbarkeit auf. Doch andererseits schien die Aussicht, mit einem ausgestoßenen Verwandten zu sprechen, angesichts von Jos' gegenwärtiger Verbindung zu einer Ekster-Frau und seiner Entschlossenheit, nichts daran zu ändern, keine allzu große Verfehlung zu sein.

Außerdem befand sich niemand von seinem Heimatplaneten in der Nähe, der es mitbekommen konnte. Zudem war der Grund dafür, dass Erel Kersos von den Clans verbannt wurde, für Jos von besonderem Interesse: Der Mann hatte eine Ekster geheiratet.

Sie waren in Vaetes' Büro, bloß sie beide. Jos hatte hundert Fragen, die er seinem Großonkel stellen wollte, und ganz oben auf der Liste stand eine ganz spezielle Frage. Während er unbehaglich dort stand und überlegte, ob er als Erster das Wort ergreifen sollte, erinnerte er sich plötzlich an das erste Mal, dass sein Vater mit ihm über Außenstehende gesprochen hatte...

Im Alter von sechs Jahren hatte Jos den Planeten noch nie verlassen, und die einzigen Begegnungen mit Fremdweltlern, auf die er zurückblicken konnte, waren aus der Ferne gewesen. Und als in der Gemeinschaftskuppel der Schule das Thema »Außenweltler« erstmals zur Sprache gekommen war, hatte ihn das Ganze doch ziemlich verwirrt. Er hatte seinen Vater gefragt, was es damit auf sich habe, an einem der seltenen Abende, an denen sein Vater zu Hause gewesen war und nicht in der Klinik gearbeitet hatte.

Es hatte ihn einige Zeit gekostet, den Mut aufzubringen, damit an ihn heranzutreten. Sein Vater war niemals gewalttätig gewesen, und Jos hegte keinen Zweifel daran, dass der Mann ihn liebte. Doch er war riesig. Wenn er stand, überragte er Jos bei Weitem. Und er konnte laut werden, sehr laut, jedoch nie, wenn er mit seinem Sohn sprach.

Rückblickend war klar, dass sein Vater nicht bereit für diese Unterhaltung gewesen war. Woran sich Jos aus dieser Zeit erinnerte, war, dass sein Vater aufgehört hatte, sich mit dem zu beschäftigen, womit auch immer er gerade beschäftigt gewesen war - soweit Jos sich entsann, las er damals gerade die abendliche Nachrichtendisc -, als Jos an ihn herantrat, um ihm vom Gerede seiner Schulkameraden zu erzählen, und dieser seinen Sohn leicht überrascht anschaute. »Nun, Sohn, abgesehen davon, dass sie von anderer Herkunft sind, ist das so ähnlich wie der Unterschied zwischen Blethylinen und Tarkalinen: Sie haben Ähnlichkeiten, aber sie besitzen unterschiedliche Farben und Größen - außerdem teilen sie nicht denselben Glauben wie wir. Sie sind...« Er suchte nach einem treffenden Ausdruck, und schließlich fiel ihm einer ein. »... weniger rein. Sie vermischen Dinge miteinander, die wir nicht miteinander vermischen, und dazu gehört, wen sie, ähm, heiraten.«

Jos hatte genickt, ohne zu begreifen, worauf sein Vater hinauswollte, auch wenn er sich darüber im Klaren gewesen war, dass das Thema dem Mann unangenehm war. »Oh, oh.«

»Das sind keine ... schlechten Leute«, hatte sein Vater dann gesagt. »Sie sind nur... anders.«

»Wie anders, Dad?«

Sein Vater hatte finster dreingeschaut. »Du weißt doch, wie sehr du Salznussbutter aufs Brot magst, oder?«

»Ja!« Die Sorte, die direkt vom Bauernhof kam, mit den frisch geknackten Nüssen. Dick aufgestrichen gab es nichts Besseres!

»Und du magst doch auch Blaufruchtmarmelade aufs Brot, nicht wahr?«

»Ja ...« Das schmeckte zwar nicht ganz so gut wie Salznussbutter, war aber immer noch ein Leckerbissen.

»Aber was ist, wenn du Salznussbutter und Blaufruchtmarmelade auf dasselbe Brot streichst? Das magst du nicht, oder?«

»Hmm.« Das stimmte. Für sich genommen waren die beiden Geschmäcker großartig, aber zusammen verzehrt, würde selbst einer Sandkatze das Würgen kommen. Irgendwie war ihm das schon immer gemein vorgekommen.

»Nun«, hatte sein Vater gesagt. »Genauso ist das mit Enstern und Ekstern. Sie passen einfach nicht zusammen.«

»Aber, Papi, die Leute sind nicht alle gleich wie Salznussbutter und Blaufruchtmarmelade. Sie sind...«

Sein Vater schnitt ihm das Wort ab: »Du wirst das verstehen, wenn du älter bist, Jos. Mach dir darüber jetzt keine Gedanken!«

Als er jetzt Jahrzehnte später mit seinem verstoßenen Großonkel zusammensaß, hatte Jos einen wesentlich besseren Eindruck davon, was sein Vater gemeint hatte. Zu Hause war diese Einstellung normal. Fremde hingegen nannten das Xenophobie, Spezismus oder Schlimmeres. Jahrelang hatte er das mit einem Achselzucken abgetan. Außenseiter hatten keine Ahnung von der Komplexität des permes, deshalb sprachen sie von Ignoranz. Man müsse sie eher bedauern als fürchten oder verachten. Selbst nach seinen Dienstzeiten auf Coruscant und Alderaan, während derer Dutzende empfindungsfähiger Wesen offen vor ihm gelegen hatten, und obgleich er nicht länger die Hochsprache sprach oder die Tage der Säuberung beging - trotz all dessen und ungeachtet des Umstands, dass er sich selbst als ziemlichen Galaktopoliten betrachtete, hatte das Verbot, die Barriere zwischen seiner Art und allen anderen, auf einer tiefen Ebene für ihn Bestand gehabt; auf einer so tiefen Ebene, dass ihm nicht einmal bewusst gewesen war, wie sehr er davon beeinflusst wurde.

Aber dann hatte er sich in Tolk verliebt - in eine lorrdianische OP-Schwester, die nicht von seinem Planeten oder auch nur aus seinem System stammte, ein Umstand, der eigentlich das Totengeläut für jede mögliche längerfristige Beziehung wäre. Um mit den Worten vieler älterer und gebrechlicher Wesen zu sprechen, die er behandelt hatte: Er war gefallen und kam nicht wieder hoch.

Und er war sich nicht sicher, ob er das überhaupt wollte.

»Nur zu!«, sagte sein Großonkel und vorgesetzter Admiral dann. Seine Stimme war kräftig - eine Stimme, die einen Befehl zu geben verstand -, aber auch gütig. »Nur zu, frag!«

Jos sah ihn unverwandt an. »War es das wert?«

Einen langen Moment herrschte Schweigen. Die beiden schauten einander direkt an - und der ältere Mann schenkte ihm ein kleines Lächeln. »Ja und nein.« Mit einem Seufzen nahm er in Vaetes' Sessel Platz. »Sechs herrliche Jahre lang war ich mir sicher, dass es das war.«

Jos hob eine Augenbraue. Sein Onkel bedeutete ihm, sich ebenfalls zu setzen, was er auch tat.

»Sechs Jahre nach unserer Hochzeit starb Feleema - meine Gattin - bei einem Magnetschwebezugunglück auf Coruscant, zusammen mit vierhundert anderen. Es ging schnell - ein Supraleiter fiel aus, die Sicherheitssysteme versagten, und der Zug entgleiste mit dreihundert Kilometern pro Stunde und krachte in der südlichen Hemisphäre in eine

Reihe verlassener Industriegebäude. In keinem der Wagen gab es Überlebende.«

»Das tut mir leid.«

Sein Großonkel nickte. »Vielen Dank. Das ist jetzt über dreißig Jahre her. Das hat noch nie jemand aus der Familie zu mir gesagt. Oder irgendetwas anderes.«

Jos schwieg, berührt vom Gefühl des Verlusts, das den Mann erfüllte.

»Da war ich also«, fuhr Erel Kersos fort. »Ein junger Lieutenant im Dienste der Republik. Meine Frau war tot, und meine Familie und meine Kultur standen mir nicht mehr offen. Wir hatten keine Kinder. Ich konnte nicht nach Hause zurückkehren. Also verschrieb ich mich meiner Arbeit und machte beim Militär Karriere.« Er lächelte, und Jos glaubte, darin einen Anflug von Bitterkeit zu erkennen. »So bin ich schließlich hier gelandet, nahezu vierzig Jahre später.«

»Du hättest Abbitte leisten können.«

»Dazu hätte ich meine tote Frau verleugnen müssen. Das konnte ich nicht tun. Ich hätte auch keine Familie akzeptieren können, die das von mir verlangt hätte.«

Es folgte ein neuerliches Schweigen - keins, bei dem Jos besonders wohl zumute war. Dann schaute Erel Kersos ihm geradewegs in die Augen und machte das Ganze noch schlimmer. Er sagte: »Jos, du musst dir über das alles Gedanken machen, ganz ernsthaft.«

Jos blinzelte. War der alte Mann etwa Gedankenleser? Hatten sie von denen nicht schon genug hier?

»Ich wusste bereits, dass du auf dieser Welt bist, bevor ich auf diesen Posten versetzt wurde. Ich... habe Nachforschungen über dich angestellt. Ich weiß, warum du bereit bist, mit mir zu reden. Ich weiß von dir und der lorrdianischen Schwester.«

Jos fühlte, wie seine Gereiztheit sprunghaft zunahm. Kersos schien das zu spüren. Er schüttelte den Kopf. »Kein Grund, hochzugehen wie eine Ladung Sprengplast, Junge. Ich sage dir nicht, was du tun oder nicht tun solltest. Ich lasse dich bloß an meinen eigenen Erfahrungen teilhaben. Als ich mich entschied, Feleema zu heiraten, schaute ich nicht zurück. Ich war jung, mutig, und in meinen Augen war sie mehr wert als meine ganze missbilligende Familie zusammengenommen. Ich hatte sie - ich brauchte die nicht. Dann hatte ich Feleema plötzlich nicht mehr - und sie hatte ich auch nicht.« Er zögerte. »Manchmal ist Familie wichtiger, als wir denken. Besonders, wenn sie zwar noch da ist, man sich aber nicht an sie wenden kann. Dinge geschehen. Leute verändern sich, sie trennen sich aus allen möglichen Gründen, und sie sterben. Die Frau, die du heute liebst, kann sich in jemanden verwandeln, den du in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren nicht mehr ausstehen kannst. Oder vielleicht ist sie dann einfach nicht mehr da. Für so etwas gibt es keine Garantien.«

Jos nickte. »Ich weiß. Sag mir bloß eins: Wenn du es noch mal tun könntest, mit dem Wissen, das du jetzt hast - würdest du es noch mal machen?«

Sein Großonkel lächelte, und es war kein glücklicher Ausdruck. »Ich bin nicht du, Jos. Ich habe meine Fehler gemacht - du wirst deine eigenen machen.«

»Keine sonderlich hilfreiche Antwort.«

Der ältere Mann zuckte die Schultern. »Vielleicht nicht. Aber es stimmt.« Er hielt inne. »Es gibt Zeiten, in denen für mich keinerlei Zweifel daran besteht - ja, ich würde alles noch mal ganz genauso machen. Sechs Jahre mit Feleema waren besser als sechshundert Jahre mit meiner Familie. Aber es gibt Momente, da frage ich mich: Wie wäre es wohl gewesen, die Kinder meiner Brüder und Schwestern aufwachsen zu sehen? Die Nichten und Neffen, die ich nie kennengelernt habe, die ich nie gesehen habe, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt? Ich konnte nicht einmal zur Beerdigung meines Vaters heimkehren. Meine Mutter lebt noch - das weiß ich aus den Volkszählungsdatenhanken -, aber ich bin für sie schon lange gestorben. Ich habe damals eine einfache Wahl getroffen - so einfach wie unwiderruflich. Aber es war nicht leicht, und es wurde seitdem auch nie leichter. Es gibt da ein altes Sprichwort, Jos, vielleicht hast du es schon mal gehört: Ganz gleich, wie man es anstellt - es ist nie leicht, einen Wookiee zu rasieren.«

Jos seufzte. Das war so ziemlich das Letzte, das er jetzt hören wollte.







 

9. Kapitel

Nachdem Jos den Tisch verlassen hatte, unterhielten sich die verbliebenen Spieler einige Minuten lang über den neuen befehlshabenden Offizier, Erel Kersos. »Ich habe gehört, dass er Sachen wesentlich entschlossener anpackt als Admiral Bleyd«, meinte Barriss.

»Selbst eine Wolkenkreatur von Bespin packt entschlossener zu, als es dieser Schwachkopf tat«, entgegnete Den. »Sie haben seinen Mörder nie gefunden, wisst ihr? Das ist doch ein Gedanke, der einen nachts ruhig und friedlich schlafen lässt.«

Der KartenHai teilte abermals die Karten aus. Den hielt eine Hand hoch. »Wir sind fertig. Wir trinken bloß noch unsere Drinks aus.«

Der Casinodroide schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. »Dantooine-Doppelhand«, sagte er. »Machen Sie Ihre Einsätze, biitttteeee...«

Mit einem Mal verklang die Stimme des KartenHais, während gleichzeitig seine Arme erschlafften. Der Droide schwirrte langsam zu einem Ruheplatz nahe eines leeren Tisches. Die Spieler sahen einander verwirrt an. Dann wandten sie sich unisono um, und sahen I-Fünf an.

»Was hast du gemacht?«, wollte Barriss wissen.

Könnten Droiden mit den Schultern zucken, hätte I-Fünf das in diesem Moment getan. »Ich habe ihn runtergefahren. Diese Blechbüchse ist nicht unbedingt der schillerndste Gesprächspartner.«

»Du warst nicht mal in seiner Nähe«, sagte Den.

»Stimmt. Das war auch nicht nötig. Ich habe einfach einen Mikrowellenstrahl auf einen seiner EM-Rezeptoren gerichtet und einen Kondensator überlastet. Ich wusste, dass er dann in den Notfall-Abschaltmodus wechseln würde.«

»Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, dich betrunken machen zu wollen«, sinnierte Den. »Du bist so schon gefährlich genug.«

Die drei anderen sahen den Sullustaner und den Droiden skeptisch an. »Warum wollen Sie einen Droiden betrunken machen?«, fragte die Padawanschülerin.

»Nicht bloß irgendeinen Droiden.« Den stand auf und schlang einen Arm um I-Fünfs Schulter, was ihm bloß deshalb möglich war, weil der Droide sitzen blieb. »I-Fünf muss sich einfach mal ein wenig locker machen.«

»Vielen Dank dafür«, sagte I-Fünf. »Das ist eine aufmerksame Geste von Ihnen, aber ich dachte, wir wären bereits zu dem Schluss gelangt, dass das unmögli...«

»Vielleicht ist es doch möglich, das hinzubekommen«, meldete sich Klo Merit zu Wort. »Indem man das Oszillalorsignal so verändert, dass die Phasenharmonien zu einem Multipuls werden, anstatt in der Standardimpuls-Konfiguration zu bleiben.«

Alle drehten sich um und starrten den Mentalheiler an. Merit breitete seine breiten, vierfingerigen Hände aus, das kurze Fell auf dem Handrücken zu den dunklen, ledrigen Handflächen hin schattiert. »Was ist? Darf ich nicht mehr als eine Fähigkeit besitzen?«

»Das könnte funktionieren«, sagte I-Fünf nachdenklich. »Die nicht linearen Resonanzmuster, die so entstehen, könnten eine neue heuristische Reaktion erzeugen.«

»Allerdings müsste dein synaptischer Netzprozessor dabei im Elektronenableitermodus sein«, merkte der Equani an.

»Natürlich, das versteht sich von selbst. Vielleicht könnte die Programmierung auf diese Weise umgangen werden ...«

Den warf Merit mit hochgezogener Braue einen argwöhnischen Blick zu. »Wo haben Sie dieses ganze Esoterikzeug aufgeschnappt? Und versuchen Sie nicht, einen Reporter anzulügen - das merken wir immer!«

Merit lächelte. »Ich hatte eine Reihe von Jobs, bevor ich mich fürs Mentalheilen entschied. Einschließlich sechs Monate Arbeit als Boson-Techniker bei Industrie-Automaton.«

Den zuckte die Schultern. »Wer hätte das gedacht?« Er wandte sich wieder an I-Fünf. »Ich würde sagen, wir sollten es versuchen. Und bloß, um sicherzugehen, dass du nicht allein fliegst, werde ich dein Kopilot sein.« Er winkte der Droidenkellnerin, die auf ihrem einzelnen Rad herumschwenkte und auf sie zukam. »He, Teddel, bring mir einen Pangalaktischen Don...«

»Ruhe!« Tolk hatte ihren Kopf in lauschender Haltung zur Seite gelegt - eine Haltung, die sie alle nur zu gut kannten. In der plötzlichen, sirrenden Stille wurde allmählich ein Geräusch hörbar - ein Geräusch, das sie ebenfalls nur allzu gut kannten.

»Bergetransporter!« Tolk eilte in einem schnellen Trott aus der Cantina, mit Barriss auf den Fersen. Merit, der seine Masse mit überraschender Leichtigkeit und Flinkheit bewegte, lief ebenfalls hinaus.

»Scheint, als müssten wir unser Bestreben, die Grenzen der Wissenschaft zu verschieben, vorübergehend hintanstellen«, meinte I-Fünf zu Den, als er sich auf den Weg zur Tür machte. »Merken Sie sich, wo wir stehen geblieben sind!«

Andere an den Tischen in der Nähe verließen die Cantina ebenfalls und machten sich auf den Weg zu ihren jeweiligen Posten. Lediglich die drei Wesen in der Ecke - der Kubaz, der Umbaraner und die Falleen - blieben unbeirrt sitzen.

Den zuckte die Schultern, lehnte sich zurück, und wartete auf seinen Drink.

Sie saßen in der Cantina, inmitten der mittäglichen Essensschar, vor aller Augen und dennoch vor den Blicken verborgen, wie Kaird gern dachte.

Kaird, noch immer in seiner Kubaz-Verkleidung - gepriesen sei das Ei für einen funktionsfähigen Luftkühler ... endlich -, lehnte sich zurück und sah seine beiden potenziellen Mitarbeiter an. Sie hielten seinem Blick stand, beide mit ausdruckslosen Mienen, soweit er das beurteilen konnte. Es hatte ihm schon immer Schwierigkeiten bereitet, diese fleischigen Klumpen und Scharten zu deuten, die den meisten Humanoiden als Gesicht dienten. Allerdings stand außer Frage, ob sie den Auftrag annehmen würden oder nicht - wenn man ein Gesetzesloser war und die Schwarze Sonne einem ein Angebot unterbreitete, war es nicht sonderlich klug, es abzulehnen. Ob sie in der Lage waren, den Job zu erledigen, war ein anderes Thema.

Sie bestellten Getränke, und dann erklärte die Falleen- Frau, bevor Kaird ein Wort sagen konnte: »In Ordnung. Wir machen es. Was springt dabei für uns raus?«

»Einfach so?«, fragte Kaird enttäuscht. Er hatte angenommen, dass sie zumindest vorgeben würden zu feilschen.

»Sie gehören zur Schwarzen Sonne«, sagte Thula. »Sehen wir so dumm aus?«

»Wie? Wie wollen Sie das hinbekommen?«

Während Kaird die Falleen musterte, änderte ihre blassgrüne Haut die Farbe, und nahm eine wärmere, rötlich-orangene Schattierung an. Beinahe augenblicklich spürte er, wie sich ein kraftvolles Gefühl des Verlangens in ihm regte. Die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, war so stark, dass er ihr ganz bewusst widerstehen musste.

Es war dieselbe Anziehungskraft, die er schon zuvor gespürt hatte, aber um ein Hundertfaches multipliziert. Er kannte die Ursache dafür: Pheromone. Chemikalien in der Luft, die allein mit dem Ziel freigesetzt wurden, bei anderen emotionale Reaktionen auszulösen. Er wusste, dass sich eine Reihe unterschiedlicher Spezies solcher Pheromone bedienten. Einige benutzten sie zur Kommunikation, andere, um ihr Territorium zu markieren - und wieder andere, um ihre eigene sexuelle Anziehungskraft zu verstärken.

Thula lächelte. Sie wusste genau, wie ihre Pheromone auf ihn wirkten. »Auf diese Weise«, sagte sie. »Das Militär heuert gelegentlich Zivilisten an, besonders, wenn sie über die erforderlichen Referenzen verfügen. Zufällig haben Squa und ich exzellente Zeugnisse - die besten, die man für Credits kaufen kann -, die uns enorme Fachkenntnis in zahlreichen verschiedenen Bereichen bescheinigen. Darunter auch Frachtabfertigung und Systemkontrolle. Ich bin sicher, dass wir mit einem ... Förderer, der sich zu mir hingezogen fühlt, irgendwo beim Transportwesen Arbeit bekommen.«

»Was, wenn die Person, die für die Neuanstellungen zuständig ist, eine Frau ist? Oder jemand komplett anderen Geschlechts?«, fragte Kaird. »Wie beispielsweise die Triparaten von Saloth, draußen im Minos-Sternenhaufen. Je von denen gehört?«

Die beiden tauschten einen ruhigen Blick. Dann antwortete Squa Tront: »Nein, haben wir nicht - und auch sonst niemand, weil Sie sich die gerade eben ausgedacht haben.«

Kaird lachte, und seine Maske gab diese schnaubenden, gurgelnden Laute von sich, die bei den Kubaz Heiterkeit ausdrückten. Diese beiden schienen durch nichts aus der Fassung zu bringen zu sein, eine grundlegende Eigenschaft für Schmuggler.

Thula wies auf ihren Partner. »Für den Fall, dass wir Probleme mit dem schönen Geschlecht bekommen, besitzt Squa gewisse Talente auf diesem Gebiet. Seine Methoden unterscheiden sich von meinen, aber das Ergebnis ist dasselbe.« Die Falleen grinste. »Auch wenn niemand auf diesen Gedanken kommen würde, wenn man ihn so anschaut.«

»Das nehme ich dir übel«, sagte Squa. »Unter den Angehörigen meiner Spezies gelte ich als überdurchschnittlich gutaussehend.«

»Das ist nichts, womit man prahlen könnte.« Doch Thula lächelte, als sie das sagte, und Squa erwiderte das Lächeln.

Kaird registrierte eine gewisse Wärme in der Stimme und der Miene der Falleen, die sich bei ihrem Gefährten wiederspiegelte. Ein sonderbares Pärchen, keine Frage.

»Sobald wir angeheuert wurden«, sagte Thula, »werden wir in der Position sein, diejenigen zu beeinflussen, die direkten Zugriff auf das Produkt haben. Ein Kinderspiel. Aber ... wie viel ist das der Schwarzen Sonne wert?«

Ah, jetzt kam der lustige Teil. Er hatte eine Menge Spielraum bei solchen Geschäften. Zwei Prozent waren üblich, aber er konnte hochgehen bis vier. Er würde damit beginnen, ihnen ein Prozent vom Nettogewinn zu bieten, die er ihnen mit einem kleinen Vorschuss versüßen konnte, fünftausend Credits oder so ...

»Lassen Sie uns nicht feilschen wie zwei Toydarianer«, sagte Squa mit seiner trockenen Stimme. »Sagen wir, wir kriegen... vier Prozent? Und einen kleinen Vorschuss, ähm... fünftausend Credits?«

Kaird schüttelte den Kopf und verfluchte sich im Stillen selbst. Es war schwierig, mit jemandem zu verhandeln, der empathische oder telepathische Fähigkeiten hatte. Wenn er sich darauf konzentrierte, besaß er eine ziemlich gute Gedankenschildverteidigung, doch er hatte sich entspannt und seine Deckung sinken lassen. Das war eine gute Lektion gewesen.

Die beiden hatten etwas Bestechendes an sich - etwas, das nichts mit ihren Hormon- und Bewusstseinsmanipulationsgaben zu tun hatte. Sie waren ein Paar sympathischer Schurken. Dem galt es, Tribut zu zollen. Emotionen, Gedanken, sogar die Sinne ließen sich auf verschiedene Art und Weise zum Narren halten, aber intuitives Charisma war ein seltenes Gut.

»Abgemacht«, sagte er. »Doch da Sie Dinge sehen können, die Sie eigentlich nicht sehen sollten, wissen Sie, was passieren wird, falls es irgendwelche Probleme gibt. Falls Sie beispielsweise plötzlich beschließen sollten, sich mit hundert Kilo Bota aus dem Staub zu machen, um Ihr eigenes Geschäft aufzuziehen? Schauen Sie sich an, wie meine Gedanken dazu aussehen.«

Squa wurde ein bisschen blasser, falls das überhaupt möglich war. Er schluckte trocken. »So etwas würde uns nicht einmal im Traum einfallen«, sagte er.

Thula, deren Haut zu ihrem üblichen Blassgrün zurückgekehrt war, fügte hinzu: »Wir sind nicht dumm oder gierig - was der Grund dafür ist, warum wir jetzt hier sind, noch am Leben. Man braucht kein republikanischer Waffenschmied zu sein, um eine große Kanone zu erkennen, wenn man sie sieht. Wir erledigen den Auftrag, wir verdienen Geld, Sie verdienen Geld, und alle sind glücklich. Und vielleicht beschließt die Schwarze Sonne dann eines Tages, uns mit weiteren Jobs zu beehren.«

Hinter der Maske lächelte Kaird, was einen Herzschlag später in die Kubaz-Entsprechung übertragen würde - der kurze Rüssel kringelte sich nach oben und über sich selbst. »Es ist immer ein Vergnügen, mit Profis Geschäfte zu machen«, sagte er. »Ich werde auf dem Planeten bleiben, bis Sie die Sache zum Laufen gebracht haben. Anschließend überlasse ich alles Weitere Ihnen.«

Er hielt eine Hand hoch, mit der Handfläche nach unten - das traditionelle Kubaz-Zeichen für eine Übereinkunft.

Sowohl Thula als auch Squa Tront ahmten seine Geste nach.

Ausgezeichnet! Noch ein paar Tage, vielleicht ein oder zwei Wochen, und Kaird konnte verschwinden, um hier eine neu angelaufene Operation zurückzulassen, während er sich interessanteren Orten und Aufgaben zuwandte.

Er machte sich auf den Rückweg zu seinem Quartier, um die Verkleidung zu wechseln, und etwas Seltsames geschah: Eine kühle Brise streifte ihn, als er über die Anlage ging. Er konnte sie sogar durch die schwere, heiße Verkleidung hindurch spüren, und sie währte bloß eine Sekunde, so kurz, dass er sich nicht sicher war, ob er sich das Ganze nicht bloß eingebildet hatte. Er blieb stehen und schaute sich um, doch es war nichts zu sehen. Niemand war auch nur in seiner Nähe.

Er runzelte die Stirn - die Maske machte daraus eine finstere Kubaz-Miene, hob den kurzen Gesichtsrüssel an und rollte ihn dann nach unten hin zusammen, drückte ihn eng gegen das Kinn. Kaird bemerkte es nicht. Eine Woge Luft, die kalt genug war, um sie selbst durch das hindurch zu fühlen, was er anhatte? Die anscheinend aus dem Nichts kam? Das war nicht natürlich. Und Agenten der Schwarzen Sonne erreichten kein hohes, reifes Alter, wenn sie das Unnatürliche ignorierten.

EINER INTUITION FOLGEND, SCHAUTE ER AUF. DER HIMMEL STELLTE SEINE ÜBLICHE BANDBREITE VON FARBEN ZUR SCHAU: BLASSGRÜN, GELB, EIN BISSCHEN BLAU UND ROT. AUSSERHALB DER ENERGIEKUPPEL WAR DIE ATMOSPHÄRE SCHWANGER VON SPOREN, UND IM INNERN DES SCHILDS SCHWEBTEN EINIGE KLEINE WÖLKCHEN VON DEM ZEUG UMHER, HOCH DROBEN, JEDOCH NICHT ANNÄHERND NAH GENUG, UM EIN GESUNDHEITSRISIKO DARZUSTELLEN.

Könnte die Bö irgendwie von außerhalb der Kuppel gekommen sein? Er schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn - wenn überhaupt, war es draußen heißer, nicht kühler.

Kaird setzte seinen Weg langsam fort. Irgendetwas Seltsames war gerade passiert, ohne dass er die Ursache dafür kannte - noch nicht.

Aber er würde sich darum kümmern, sie in Erfahrung zu bringen. Bald.







10. Kapitel

Die Durchsage kam über die Hypertonlautsprecher, sodass es klang, als würde sich eine ruhige Stimme ganz persönlich an jedes einzelne empfindungsfähige Wesen in der Basis wenden. Allerdings war der Sprecher ein Ugnaught, und sein starker Akzent, der das Basic förmlich durch die Mangel drehte, machte es schwierig, die Wörter zu entschlüsseln.

»Ach'ung. In drei Tag'n Odszeid präsendiad euch Holo- Net Endadenmend in, äh, Zusamm ... Zusamm-a-beid mid de Milidärbenef-benfizverein de Rebbublig Jasod Revoc un sein Galagdische Revue, aba hallo. Mid Epoh Trebor, Lili Renalem, Annioc Yerj, Eyar Marath un Figrin Dan un de Modal Nodes, jo.«

Uli, der auf seinem Handleser gerade die Daten eines Zephaloscans überprüfte, runzelte die Stirn und sah Jos an. »Was hat er gesagt?«

»Er sagte, dass der Rummel in die Stadt kommt. Die Soldaten kriegen ein bisschen Unterhaltung - und wir auch, rein theoretisch. Es sei denn, natürlich, wir sind dann hier drin und spielen Puzzle mit verschiedenen inneren Organen.« Jos winkte dem diensthabenden FX-7, damit er die Resektion des Trupplers auf der Trage vor ihm übernahm. Er hatte fast fünfundvierzig Minuten gebraucht, um das ganze Schrapnell zu entfernen, das im Mittelfell des Klons gesteckt hatte. Das Rausholen von Granatsplittern machte fast die gesamte Invasivarbeit auf der Flehr-Station aus - wesentlich mehr als Projektilwerfergeschosse, Schalldisruptortraumata, Vibroklingen oder irgendetwas anderes aus dem mörderischen Katalog, die der Bodenkrieg im Dschungel zu bieten hatte. Er schätzte, dass er vermutlich gute zehn Kilo verbogenes, versengtes Metall aus den Eingeweiden verschiedener Soldaten gepuhlt hatte. Der angerichtete Schaden war in jedem Fall grässlich. Kein Wunder bei einem Stück Durastahl, das einem vor Hunger irrsinnigen Reek gleich mit beinahe Schallgeschwindigkeit die Bauchgegend eines Körpers traf und ihn schlimm zurichtete.

»Ich weiß ja nicht, wie's dir geht«, fuhr er fort. »Aber ich könnte dringend ein paar Lacher gebrauchen. Wie ich höre, sind Revocs Leute ziemlich gut.« Er grinste Uli an. »Natürlich könnte die Art von Musik, die sie spielen, für deinen Geschmack ein bisschen langweilig wirken ...«

»Gegen eine gute Band habe ich nie etwas einzuwenden«, sagte Uli. »Hüpf-Hops und so was. Mein großes Ziel ist es jetzt, mich zu verabreden - vorzugsweise mit einer kohlenstoffbasierten, humanoiden, weiblichen Lebensform, auch wenn ich nach drei Wochen hier mittlerweile lerne, nicht so wählerisch zu sein.«

Jos nickte gedankenvoll, während er in der Nach-OP-Kammer seine Handschuhe und den Kittel abstreifte. Waren seit Ulis Ankunft wirklich schon drei Wochen vergangen? Ihm wurde bewusst, dass er in letzter Zeit nicht an Zan gedacht hatte und verspürte einen plötzlichen Stich des Selbstvorwurfs. Warum?, fragte er sich, jeder gute Arzt weiß, dass der

Kummer schließlich vergeht - Trauer ist ein steter Prozess. Zan hätte es so gewollt. Dennoch plagten ihn düstere Schuldgefühle. Die Wahrheit war, dass Uli trotz seiner Jugend einen ziemlich guten Mitbewohner abgab. Er war ordentlich, und seine Ordentlichkeit hatte Jos dazu verleitet, ebenfalls ein bisschen mehr auf die unmittelbare Umgebung achtzugeben, sodass sich die Wände jetzt zumindest nicht mehr pelzig anfühlten, wenn man sie berührte. Uli sah vieles sicherlich mit anderen Augen als Jos, doch im Gegensatz zu den meisten Leuten in seinem Alter war er nicht im Geringsten rechthaberisch, was seine Ansichten betraf. Sie hatten interessante Gespräche geführt, über so ziemlich alles, von galaktischer Politik bis hin zu den besten Restaurants auf Coruscant. Jos bevorzugte das elegante - und teure - Zothique, während Uli sehr von einem schmierigen Schuppen namens Dex's Diner angetan war. Kein Zweifel, der neue Mitbewohner hatte dabei geholfen, die Trauer über das Hinscheiden des alten besser zu verdauen.

Drei Wochen. Beinahe ebenso lange war es her, seit Admiral Kersos das Kommando übernommen hatte. Sein Großonkel musste Tolk noch persönlich kennenlernen, da sie einander bislang nur flüchtig im OP begegnet waren - verschiedene Verwaltungspflichten hatten Kersos den Großteil dieser Zeit über auf der MediStern-Fregatte im Orbit festgehalten -, und Jos hatte sich bemüht, sie voneinander fernzuhalten. Obgleich sich Kersos derselben Sünde schuldig gemacht hatte, die auch Jos in Erwägung zog, fürchtete Jos, dass sein Onkel sie vielleicht nicht mögen würde - oder dass Tolk ihn nicht mochte. Er war sich ehrlich gestanden nicht sicher, was letzten Endes schlimmer wäre.

Nun, zweifellos würden die beiden einander gesellschaftlich bei der HoloNet-Entertainment-Show begegnen, und er war sich absolut nicht sicher, ob er dabei sein wollte - oder irgendwo auf derselben Planetenhalbkugel -, wenn es so weit war.

Säule musterte die dekodierte Nachricht auf dem Flachbildschirm, deren Inhalt dafür sorgte, dass ihm irgendwie mulmig zumute war. So sehr der Spion die Vorstellung auch hasste, die da oben hatten für die Zukunft eine Vorgehensweise angeordnet, die Gewalt beinhaltete.

Extreme Gewalt.

Die Separatisten wollten diesen Planeten und sein wertvolles Bota. Sie hatten die Absicht, das labile Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten zu kippen, und die Art und Weise, wie sie das zu erreichen gedachten, war mit einem Wort verachtenswert.

Allein der Gedanke an die Konsequenzen dieser Tat genügte, um einem Übelkeit zu bereiten. Es würde nicht allein Säule zufallen, diesen Sabotageakt durchzuführen. Nichtsdestotrotz würde der Spion im richtigen Augenblick ein entscheidendes Element des Plans initiieren müssen. Infolgedessen würden mit Sicherheit einige republikanische Soldaten sterben - vielleicht viele von ihnen, und dazu noch etliches nicht kämpfendes Personal. Ja, es handelte sich größtenteils um Militärangehörige, aber das lag vornehmlich daran, dass die meisten dieser Leute einberufen worden waren - Säule hatte nur sehr wenige Mediziner getroffen, die sich absichtlich zum Dienst bei der Armee oder der Flotte verpflichteten. Obwohl es immer auch jene gab, die den Militärdienst als berechtigte Sache ansahen, waren die Ärzte, Schwestern und Sanitäter, die den Kranken und Verwundeten halfen, zumeist Wehrpflichtige. Was das betraf, hatten sie gar keine andere Wahl - hätten sie sich geweigert, wären sie zwangseingezogen oder eingesperrt worden. Einige entschieden sich für Letzleres, doch die waren in der Minderheit. Irgendwann würde der Krieg vorüber sein, ganz egal, ob sie ihn nun gewannen oder verloren, und wenn sie überlebten, würden die Eingezogenen nach Hause zurückkehren und sich wieder ihrem eigenen Leben widmen. Doch anstatt zum Militär ins Gefängnis zu gehen, konnte jemanden sein ganzes Leben lang verfolgen. Das war keine leichte Entscheidung. Vor Beginn dieses Krieges, bevor es einen Agenten mit dem Decknamen Säule oder auch Linse gab, war der Träger dieser beiden Namen in anderen Kriegen moralischen Gegnern begegnet, die sich gegen dieses Konzept zur Wehr gesetzt hatten. Einige konnten die Bürde tragen, andere brachen unter der Last dieser Entscheidung zusammen, zerquetscht wie ein Flatterstecher unter einem schweren Stiefel.

Säule seufzte. In Zeiten wie diesen konnte man bloß das Fernziel klar im Blick behalten. Die Objekte und Leute, die einem nahe waren, waren wie verschwommen und hielten einer näheren Untersuchung nicht stand, genau wie die winzigsten Materieteilchen. Sie zu gründlich in Augenschein zu nehmen, in dem Wissen, was unvermeidlicherweise passieren würde, bedeutete, den Wahnsinn geradezu herauszufordern. Wie konnte ein Wesen jene anlächeln, die einem nahestanden, sich mit ihnen auseinandersetzen, ihre Hoffnungen, Träume und Enttäuschungen teilen, während man gleichzeitig Teil einer Verschwörung war, die zumindest zum Tode von einigen von ihnen führen würde?

Nein, die unmittelbare Hässlichkeit der Aufgabe musste ignoriert werden. Wenn dies alles vorüber war, wenn die Republik klar besiegt und altes, aber nicht vergessenes Unrecht wieder gutgemacht worden war - dann würde genügend Zeit zum Trauern sein.

Häufig bargen Klischees mehr als nur ein Körnchen Wahrheit - das war der Grund dafür, warum sie überhaupt erst zu Klischees wurden. In diesem Fall rechtfertigte der Zweck am Ende tatsächlich die Mittel, ganz gleich, wie abscheulich sie im Augenblick auch wirken mochten.

So musste man das Ganze betrachten. Es auf irgendeine andere Weise zu sehen, hätte Paralyse zur Folge. Und ganz egal, was vielleicht sonst noch geschehen mochte, die Republik musste diesen Krieg verlieren.

Sie musste verlieren.

Tolk saß am Ende von Jos' Koje und trocknete ihr feuchtes Haar mit einem Synthstoffhandtuch ab.

»Der Schalltrockner deiner Dusche ist schon wieder kaputt«, sagte sie.

Jos, der auf dem Bett lag und sie beobachtete, lächelte. »Ach, wirklich? Ich werde dem Butlerdroiden unverzüglich auftragen, den Mechanikerdroiden zu rufen«, sagte er mit einem gestelzten Coruscant-Ostquadrant-Oberschichtakzent. »Ich hoffe, Ihr müsst nicht zu sehr unter diesen entsetzlichen, barbarischen Umständen leiden, meine Liebe.«

Sie erwiderte das Lächeln, trocknete ihr Haar zu Ende ab und warf das klamme Handtuch nach ihm. Bevor er eine Hand hochbringen konnte, um es abzufangen, traf es ihn ins Gesicht. Er lachte, und ihr Lächeln wurde noch breiter.

Dann verblasste es schlagartig.

»Was ist?«

»Nichts.« Sie wollte sich aufrichten, doch er streckte die Hand aus und drückte sie behutsam zurück. »Du bist nicht die Einzige hier, die auf die Gesichter anderer achtet, weißt du? Also, jetzt erzähl Doktor Vondar, was los ist!«

Sie knabberte an ihrer Unterlippe. »Der Leiter des OP-Schwestern-Dienstes auf dem MediStern hat sich bei mir gemeldet.«

»Und...?«

»Und die wollen, dass ich im Rahmen der Medizinischen Fortbildung für einen Kurzlehrgang über Dekubituspflege nach oben komme. Sechs Stunden, Vorlesung und Praxis.«

Er schnaubte. »Ein MF-Lehrgang über wundgelegene Stellen? Welcher Spinner hat sich das denn ausgedacht? Wir haben hier keine Patienten, die lange genug da sind, um Deknbitalgeschwüre zu bekommen! Wie auch immer, dank der Massagefelder ist das eigentlich nicht...«

»Ich weiß. Der Befehl kommt direkt aus dem Büro des Admirals.«

Jos blickte finster drein. »Ich verstehe ... Sonst noch was?«

»Laut einem alten Freund beim OSD, mit dem ich heute Morgen gesprochen habe, bin ich derzeit die einzige OP- Schwester auf dem Planeten, die angewiesen wurde, an diesem Kurs teilzunehmen. Was denkst du, was das bedeutet?«

Die Antwort darauf war ziemlich offensichtlich. Warum sollte das Büro des Admirals einer einzigen Schwester befehlen, einen Lehrgang zu besuchen, der im Hinblick auf die Natur der Behandlungen, die in dieser Flehr durchgeführt wurden, mehr oder weniger nutzlos war?

»Großonkel Erel«, sagte Jos mit angespannter Stimme. »Er will dich näher in Augenschein nehmen - und er möchte nicht, dass ich dabei bin, wenn er das tut.«

Sie nickte. »So sehe ich das auch.«

Jos setzte sich auf. »Ich kann dem MediStern sagen, dass wir dich im Augenblick nicht entbehren können«, meinte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Früher oder später werde ich mit ihm reden müssen. Ebenso gut können wir das jetzt hinter uns bringen. Seit du mir gesagt hast, wer er ist, halte ich den Atem an.«

»Tolk, du musst das nicht tun ...«

Sie beugte sich vor und legte ihm die Hand auf den Mund. »Pst! Ich bin schon ein großes Mädchen. Ich werde schon nicht schmelzen, wenn dein Onkel mich schief anschaut. Wenn er zur Familie gehören soll...« Sie hielt inne. »Hast du es dir anders überlegt?«

Er legte ihr eine Hand auf die Wange. »Absolut nicht.«

Sie lächelte. »In Ordnung. Dann werde ich mich mit Onkel Admiral treffen, um herauszufinden, wo wir stehen. Alles wird gut gehen.«

»Bist du sicher?«

»Ich kann Gesichter lesen, Jos. Zumindest wissen wir dann, woran wir bei ihm tatsächlich sind.«

Er war immer noch besorgt, was sie seiner Miene offen ansehen konnte. Sie grinste, nahm seine Hand von ihrer Wange, küsste seine Handfläche - und plötzlich stand das Sich-Sorgen-Machen wegen seines Onkels nicht mehr ganz oben auf seiner Zu-erledigen-Liste.

 






11. Kapitel

Die MediStern-Fregatten waren das Prunkstück im medizinischen Korps der republikanischen Flotte. Ausgestattet mit hochmodernen xeno- und biomedizinischen Einrichtungen, die es mit denen vieler Planetenhospitäler aufnehmen konnten, waren Schiffe der MediStern-Klasse dafür konzipiert, in den Flehrs stabilisierte kranke oder verletzte Patienten aufzunehmen und ihre Behandlung, falls erforderlich, fortzusetzen. Solche Schiffe waren extrem teuer, und gegenwärtig standen lediglich eine Handvoll davon im aktiven Dienst. Angesichts der Natur und der Dauer des Krieges wurden weitere MediSterne gebaut, so schnell die Kuat- Triebwerkswerften mit der Arbeit nachkamen.

Im Krieg führte der Weg zum Sieg - oder zur Niederlage - stets über Leichenberge.

Säule saß im Raumtransporter und war unterwegs zum MediStern. Er blickte durch das kleine, dick verglaste Fenster auf die grüne Landschaft hinaus, die unter ihnen rasch kleiner wurde. Das A-Gravitationsfeld des Schiffs stellte sicher, dass Besatzung und Passagiere in einer angenehmen Planetenkonstante blieben, doch der Rasanz nach zu urteilen, mit der Drongar hinter ihnen zurückblieb, schätzte der Spion, dass der Transporter mindestens mit fünf G zu kämpfen hatte. Der Grund für den zügigen Aufstieg bestand darin, rasch die Sporenschichten zu passieren. Säule verfolgte, wie Kolonien der einzelligen, mikroskopisch kleinen Prototierchen gegen das Transparistahlfenster klatschten wie Insektoide gegen eine Windschutzscheibe. Bunte Schmierschlieren, größtenteils in verschiedenen Schattierungen von Rot und Grün, wurden durch das Tempo des Transporters in flüssige Streifen verwandelt.

Das Leben auf Drongar war gleichermaßen mutagen wie erbgutverändernd und auch adaptogen, und die Evolutionsrate auf dem Planeten schien konstant zu verlaufen anstatt mit Unterbrechungen und verlief zudem extrem schnell. Studien hatten ergeben, dass die Spezies auf dieser Welt eine DNS besaßen, die praktisch jeder Zelle des Organismus Dedifferenzierungsfähigkeiten gewährte, was es ihnen erlaubte, sich in erstaunlich kurzer Zeit an Umgebungsbedrohungen anzupassen. Für die Fremdweltler, die hergekommen waren, um Bota zu ernten, stellte die rasante Mutabilität eine echte Herausforderung dar. Sporen, Bakterien, Viren, RNS-Ersatz und zweifellos noch Millionen anderer winziger Lebensformen, die noch nicht entdeckt worden waren, tummelten sich auf dem Planeten und verstopften alles auf Drongar. Ein Schiff, das durch die Sporenwolken flog, musste sich beeilen. Brauchte man zu lange, griff das wimmelnde Protoleben die Versiegelungen an und zerstörte sie, indem es das Material zuweilen so schnell zersetzte wie ein starkes Ätzmittel. Mehr oder weniger dasselbe konnten die Sporen bei den biologischen Systemen von Fremdweltlern wie z. B. Lunge, Leber, Nieren, Darmsäcken, Tracheen und so weiter anrichten - und taten es auch regelmäßig. Glücklicherweise verharrten die schädlichsten Konzentrationen von Sporenschwärmen unmittelbar über den Baumwipfeln, hoch genug, dass die Leute auf dem Boden vergleichsweise sicher waren. Niemand wusste genau, warum das so war. Säule sinnierte, dass das möglicherweise irgendetwas mit Windmustern zu tun hatte. Oder vielleicht lag es an der Hitze. Was mich immer der Grund dafür sein mochte, jeder war dankbar dafür, dass die unglaubliche Vielfalt drongarianischer Lebensformen für Fremdweltler nicht noch schädlicher war.

Säule seufzte, da dieses Nachgrübeln über die hiesige Nora und Fauna lediglich eine Methode war, nicht an den bevorstehenden Auftrag denken zu müssen. Eine Fingerberührung der Holoprojektor-Steuerung ließ das Bild von Drongar aus der Luftperspektive zu einer vergrößerten Aufnahme des MediSterns wechseln, der weiter oben in der geosynchronen Umlaufbahn wartete. Was getan werden musste, war eine unangenehme Sache, da gab es keinen Zweifel. Manchmal war ein Spion nicht bloß jemand, der Informationen lieferte. Zuweilen hatte die Sache einen Haken, wenn aktiveres Eingreifen erforderlich war. Zuweilen musste man sich in die Gefilde der Sabotage begeben. Das gehörte zum Geschäft - unschön, aber unvermeidlich.

Säule dachte - zum wievielten?... tausendsten Mal? - über diese traurige, aber notwendige Tatsache nach. Allerdings änderte darüber nachzudenken nicht das Geringste. So war das nun einmal im Krieg. Im Krieg starben Leute, von denen es einige verdienten und andere nicht, und entgegen der eigenen Wünsche mussten Spione und Saboteure im feindlichen Lager die Verantwortung für Gewalttaten übernehmen. Wäre Säule nicht gewesen, wäre jetzt jemand anderes hier. Säule gab sich gern dem Gedanken hin, dass dieser Agent weniger Skrupel hätte, was Tod und Zerstörung betraf.

Nicht, dass man Säule als übertrieben gewissenhaft betrachten konnte. In den vergangenen paar Monaten war der Spion unmittelbar für Taten verantwortlich gewesen, die sowohl Leben als auch Besitz gefordert hatten. Taten, bei denen es darum ging, »Sand ins Getriebe der Maschine zu streuen«, wie der uralte ithorianische Revolutionsführer Andar Suquand einst gesagt hatte. Solche Aktionen würden dem Krieg zwar kein Ende setzen, die Dinge jedoch ein bisschen verlangsamen.

Manchmal war das alles, worauf man hoffen konnte.

Diese bevorstehende Tat war mehr so, als würde man Kieselsteine statt Sand ins Getriebe streuen, zumindest auf lokaler Ebene. Wenn Säule fertig war, würde das Getriebe im übertragenen Sinne zum Stillstand kommen, Nockenwellen würden brechen, und die Reparaturen würden Zeit, Geld und wertvolle Arbeitskräfte kosten - und alles zulasten der Kriegskasse der Republik. Sicherlich ging dafür kein Vermögen drauf. Tatsächlich würden die Ausgaben dafür angesichts Dauer, Größe und Umfang der Klonkriege, wie die Schlachten zusammengefasst immer häufiger genannt wurden, vermutlich kaum auffallen. Doch oft wurden Kriege nicht mit ein paar bedeutenden Durchbrüchen gewonnen, sondern mit vielen winzigen Löchern. Wenn es genug davon gab, genügten selbst Nadelstiche, um den größten Behälter zu leeren.

Wieder warf Säule einen Blick auf den in die Rückenlehnen der vorderen Sitzreihe eingelassenen Holoprojektor. Während der Transporter sich weiter näherte, wurde der MediStern allmählich größer, ganz allein vor dem Hintergrund des Weltalls. Säule seufzte abermals. Was getan werden musste, würde getan werden. Das war die Natur des Krieges.

Jos hatte eine Reihe einfacher und langweiliger Operationen hinter sich, Routineeingriffe, die jeder Facharzt im ersten Jahr seiner Ausbildung durchfuhren konnte. Aber ob nun einfach oder nicht, wenn man ein halbes Dutzend oder noch mehr davon bewältigen musste, waren sie ausgesprochen zeitraubend.

Als er seinen schmutzigen Chirurgenkittel in den Wiederverwertungstrichter warf, kam Uli aus dem OP, der aussah, als hätte er gerade zehn Stunden erholsamen Schlaf, eine Schalldusche und einen Becher heißes Bajjah genossen.

Fürwahr, an die Jugend war die Jugend verschwendet.

»Hey,Jos!«, rief der Junge. »Heute haben sie gar nicht aufgehört, Neue zu bringen, was?«

»Ja, so ist das manchmal. Zu oft. Wie ist es gelaufen?«

»Großartig. Zwei Darmresektionen, eine Herztransplantation, eine Leberreparatur. Alle noch am Leben, keine Komplikationen.«

Jos lächelte und schüttelte den Kopf. Keine dieser Operationen war Malen-nach-Zahlen, nicht mal zu Hause in der richtigen Galaxis. Dieser Bursche tat Eingriffe mit einem Schulterzucken ab, bei denen Jos noch im dritten Jahr der chirurgischen Facharztausbildung Transponderbatteriesäure geschwitzt hätte. Uli hatte zweifelsohne ein Vibroskalpell aus Platinum. Die Unsicherheit, die Jos am ersten Tag bei dem Jungen gesehen hatte, war rasch durch ein Selbstvertauen ersetzt worden, das an Übermut grenzte. Jos wusste, dass der Tod ungeachtet des Umstands, dass Uli den Tag damit zugebracht hatte, Leben vom Rande der Ewigkeit ins Hier und Jetzt zurückzuholen, für jemanden so Junges dennoch eine abstrakte Vorstellung war.

»Bist du in Ordnung?«

Leicht erschrocken von der Frage schaute Jos den jüngeren Mann an. »Klar. Warum sollte ich das nicht sein?«

»Nun, du weißt schon. Jetzt, wo Tolk weg ist und das alles...«

»Sie ist nicht die einzige OP-Schwester hier.«

»Stimmt. Aber sie ist die Einzige, mit der du, ähm, involviert bist.«

Jos hob eine Augenbraue. »Warum sagst du das?«

Uli grinste wie ein großes Kind. »Komm schon, Jos! Wir teilen uns eine Bude. So groß ist die nicht, und ein paar Plastoidpaneele in der Mitte machen sie auch nicht unbedingt schalldicht.«

Jos fühlte sich unangenehm berührt. »Ich dachte, wir wären ziemlich vorsichtig.«

»Eigentlich nicht. Abgesehen davon ist das selbst für Leute offensichtlich, die nicht mit dir in derselben Wohneinheit leben. Geht es ihr gut?«

»Es geht ihr bestens. Sie musste hoch zum MediStern, um an einer Fortbildung teilzunehmen. In ein oder zwei Tagen wird sie wieder zurück sein.«

»Sie fehlt dir.«

Das war keine Frage, und Jos nahm an, dass er den Jungen dafür hätte niedermachen können, doch es klang wie ein mitfühlender Kommentar und keineswegs kriecherisch. »Ja, sie fehlt mir.«

Es folgte eine unbeholfene Pause. »Ich denke, ich gehe einen Happen essen«, meinte Jos. »Lust, mir Gesellschaft zu leisten?«

»Vielleicht später. Zuerst muss ich nach einer Patientin sehen.«

Seit dem Unfall, bei dem sie sich selbst verletzt hatte, hatte Barriss fleißig mit dem Lichtschwert trainiert. Anfangs war sie ein bisschen zögerlich gewesen, von einer Besorgnis erfüllt, die ihre Bewegungen verlangsamt hatte, doch das hatte sich nach und nach gelegt, und jetzt übte sie wieder mit ihrer altbekannten Schnelligkeit. Was auch immer das Problem gewesen sein mochte, es war nicht zurückgekehrt, sodass ihr Selbstvertrauen wieder zugenommen hatte, auch wenn sie sich noch immer nicht vorstellen konnte, was zu dem Patzer geführt hatte. Normalerweise würde sie über eine Kampfbewegung, die sie schon zehntausende Male ausgeführt hatte, nicht einmal nachdenken - tatsächlich sollte sie nicht darüber nachdenken müssen. Wenn man erst darüber nachdenken musste, was man tat, war man viel zu langsam.

Außerdem hatte sie keine Ahnung, was die plötzliche Brise kalter Luft erzeugt hatte. Sie hatte sich mit anderen in der Gegend unterhalten, ebenso wie mit einigen der Techniker. Abgesehen von ihr hatte niemand sonst die Bö bemerkt, und niemand hatte eine Erklärung dafür, was sie verursacht haben mochte.

Es war verlockend zu glauben, dass sie sich das Ganze bloß eingebildet hatte. Doch sie wusste, dass dem nicht so war. Zusätzlich zu den Lauten der Quäkbüsche hatte sie irgendeine Art von Energie gespürt, die die Macht aufgewirbelt hatte.

Sie vertraute auf die Macht - das hatte sie getan, seit sie in ihr das erste Mal zum Leben erwacht war und begriffen hatte, was sie war. Außerdem hatte sie schnell gelernt, was die Macht nicht war. Zuerst und vor allem war die Macht kein Beschützer, keine Waffe und auch kein Mentor - auch wenn sie zuweilen zu Aspekten all dieser Dinge werden konnte. Die Macht war, was sie war, nicht mehr, nicht weniger. Die Fehler im Umgang damit machte immer der, der sie nutzte.

Sie hatte gerade den Abschnitt von Form III hinter sich gebracht, in dem sie tänzelnd gegen vier imaginäre Gegner antrat, die allesamt mit Blastern bewaffnet waren. Selbst der größte Jedi, den es je gab, hätte keine vier Laserschüsse abwehren können, die im selben Moment aus unterschiedlichen Winkeln abgefeuert wurden, aber darum ging es auch gar nicht. Die Kampfprinzipien der Jedi beruhten auf dem fortwährenden Streben nach Vollkommenheit. Ein Jedi begann die Schlacht mit dem Gedanken daran, sich mehreren Angreifern gegenüberzusehen, die bewaffnet sein würden und wussten, was sie taten. Wenn man in der Annahme für den Kampf trainierte, dass man stets in der Unterzahl und waffenmäßig unterlegen sein würde und dennoch siegen konnte, hatte man eine wesentlich bessere Chance, als wenn man den Gedanken an eine Niederlage zuließ, weil die Quote gegen einen sprach.

Jemand näherte sich Barriss von hinten. Sie streckte ihre Machtsinne aus...

Uli.

»Hey!«, ertönte seine Stimme.

Barriss drehte sich um, erfreut darüber, dass sie ihn erkannt hatte, bevor er das Wort ergriff, und amüsiert über sich selbst, dass sie stolz auf etwas so Triviales war. »Selber hey!«

»Wie geht's dem Fuß? Keine Beeinträchtigung mehr?«

»Nein, alles bestens. Komplett verheilt.« Während er in reuevoller Bewunderung ihrer Heilfähigkeiten lächelte, fragte sie: »Ziehen Sie wieder los, um Flammenflügler zu jagen?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich habe gerade meine Schicht im OP beendet und musste mir ein bisschen die Beine vertreten.« Er schaute sie an, ohne ihr ganz in die Augen zu sehen. »Darf ich Euch etwas fragen?«

Barriss deaktivierte das Lichtschwert. »Sicher.«

»Wie könnt Ihr eine Heilerin sein und dieses Lichtschwert gleichzeitig so einsetzen, wie Ihr es tut?«

»Übung. Jede Menge Übung.«

Uli lächelte und schüttelte den Kopf, doch bevor er etwas erwidern konnte, sagte Barriss: »Eigentlich meinen Sie warum, nicht wie, richtig?«

Er nickte. »Richtig.«

Ein Flatterstecher summte vorbei, auf der Suche nach kleinerer Beute als den beiden Leuten, die dort in der heißen Sonne standen. Barriss wies auf den scharf abgezirkelten Schatten eines nahe stehenden Breitblattbaums, und sie fingen zu dem Baum hinüber.

»Seit dem Beginn dieser Kriege sind die Jedi in erster Linie zu Kriegern geworden«, erklärte sie. »Zu Kriegern, die durch ihre Fähigkeit, sich der Macht zu bedienen, stärker sind als andere. Im Laufe der Geschichte haben wir als Wächter immer versucht, unsere Kräfte zum Wohl der Galaxis einzusetzen - sprich: zur Verteidigung, nicht für den Angriff. Dennoch muss ein Krieger wissen, wie man kämpft, und zwar sowohl in ausgewachsenen Schlachten als auch im persönlichen Gefecht Mann gegen Mann. Und ein Teil davon ist, Verantwortung für unsere Taten zu übernehmen. Wir glauben, dass man, wenn man jemanden erschlagen muss, wenn man ein Leben auslöschen muss, gleichermaßen bereit sein muss, diesem Wesen direkt in die Augen zu sehen, während man es tut. Das Töten eines anderen empfindungsfähigen Wesens, selbst von einem, das den Tod wirklich verdient, ist nichts, was man leichtfertig tut. Noch sollte es etwas sein, das man ohne Weiteres tut. Man sollte nah genug dran sein, um zu sehen, was dafür nötig ist, um den Schmerz und die Furcht zu begreifen, die Feinde empfinden, wenn man sie eliminiert. Man muss etwas von ihrem Tod selbst erleiden.«

»Darum also das Lichtschwert«, folgerte er.

»Darum das Lichtschwert. Weil es einen dazu zwingt, sich dem Gegner direkt zu stellen, von Angesicht zu Angesicht, ohne irgendwoher von weiter weg zuzuschlagen. Mit einem Blaster mit Holozielfernrohr kannst du deinem Gegner aus einem Kilometer Entfernung einen Treffer verpassen - das ist effizienter, und auf diese Weise setzt man sich selbst einem wesentlich geringeren Risiko aus. Aber dann hört man das Todesröcheln nicht, man riecht die Furcht nicht, man muss sich nicht das Blut seines Feindes vom Gesicht wischen. Wenn man schon töten muss, dann muss man wissen, wie hoch der Preis dafür ist - für deinen Gegner und für dich selbst.«

»In Ordnung, diesen Teil verstehe ich. Aber...«

»Wie kann ich gleichzeitig eine Heilerin und eine Kriegerin sein?«

Er nickte.

»Das sind bloß unterschiedliche Seiten derselben Medaille. Nimm ein Leben, rette ein Leben - alles ist stets im Gleichgewicht. Die meisten Kulturen lehren, dass die Leute eine Mischung aus Gut und Böse sind - nur selten, dass sie bloß das eine oder das andere sind. Bei den meisten Völkern gibt es eine angeborene Schicklichkeit. Viele leben ein größtenteils tugendhaftes Leben, doch es besteht stets die Möglichkeit, sich zu entscheiden, das Böse dem Guten vorzuziehen. Ich kann kein Leben erschaffen, Uli, aber ich kann es wiederherstellen. Eine Heilerin zu sein, hilft mir dabei, mit der Tatsache im Gleichgewicht zu bleiben, dass ich Leben genommen habe - und das zweifellos auch wieder tun werde. Manchmal verdient ein Gegner die ultimative Bestrafung nicht. Wenn ich eine Hand oder einen Arm amputiere, habe ich damit erreicht, was getan werden musste. Diesem Gegner stattdessen zu gestatten zu sterben, ist der falsche Weg. Dass ich imstande bin, den Schaden zu beheben, den ich angerichtet habe, kann deshalb zuweilen von großem Nutzen sein.«

»Aber nicht alle Jedi sind Heiler«, merkte Uli an.

»Stimmt. Aber sämtliche Jedi lernen grundlegende medizinische Fähigkeiten und Erste-Hilfe-Techniken. Und manchmal ist es natürlich notwendig, dass wir nicht bloß unsere Feinde heilen, sondern auch unsere Freunde - und uns selbst.«

Er nickte wieder. »Ja, das verstehe ich.«

»Warum dann die Frage?«

Er schaute zu Boden, als wären seine Stiefel mit einem Mal ausgesprochen faszinierend geworden. Dann sah er sie wieder an. »Ich bin Chirurg. Das liegt in der Familie, aber solange ich mich erinnern kann, wollte ich auch noch nie etwas anderes werden. Patienten zusammenflicken, sie zu heilen, dafür zu sorgen, dass es ihnen gut geht. Und dennoch ...«

Er schwieg, dachte nach. Barriss wartete. Sie wusste bereits, was er gleich eingestehen würde - die Macht hatte es ihr gesagt, laut und deutlich -, doch es war wichtig, dass er es selbst aussprach.

»Und dennoch«, sagte Uli, »ist da ein Teil in mir, der töten will. Der die Leute zur Strecke bringen will, die diesen Krieg vom Zaun gebrochen haben, um sie auszulöschen, koste es, was es wolle. Ich kann ihn fühlen - diesen mörderischen Zorn. Ich bin... So will ich mich selbst einfach nicht sehen.«

Barriss lächelte, eine kleine, traurige Geste. »Natürlich nicht. Anständige Leute wollen diesem Weg nicht folgen. Gute Leute, Leute, die lieben und sich um andere sorgen, hätten diese Gefühle lieber nicht.«

»Und wie werde ich sie dann los?«

»Gar nicht. Man muss sich ihrer bewusst sein, aber man darf nicht zulassen, dass man davon beherrscht wird. Bei Gefühlen gibt es keine Etiketten wie >richtig< und >falsch<, Uli. Man empfindet, was man eben empfindet. Aber letztlich ist man bloß für das verantwortlich, was man tut. Da kommt dann die eigene Entscheidungsfreiheit ins Spiel. Selbst die Macht, eine gewaltige Kraft des Guten, kann für schändliche Zwecke missbraucht werden.«

»Ist das die >Dunkle Seite<, von der ich gehört habe?«

Barriss runzelte die Stirn. »Zwar sprechen Jedi selbst von der >Hellen Seite< und der >Dunklen Seite<, aber in Wahrheit sind das bloß Worte, und die Macht ist über Worte erhaben. Sie ist nicht böse, genauso, wie sie nicht gut ist - sie ist einfach, was sie ist. Macht allein verdirbt einen nicht - aber sie kann Verdorbenheit nähren, die bereits existiert. Ein Jedi muss in einem fort zwischen dem einen oder anderen Pfad wählen. Sagen Sie mir, wenn Sie tatsächlich die Chance hätten, Count Dooku zu begegnen, von Angesicht zu Angesicht, und es Ihnen möglich wäre, ihn zu töten - würden Sie es tun?«

Darüber dachte er eine ganze Weile nach. Barriss konnte das Rörp-Rörp der Quäkbüsche in der Nähe hören, das hohe, leise Summen der Feuerschnaken, die sie umschwärmten, das ledrige Patschen der nackten Füße eines Ishi Tib, der mit großen Schritten durch eine Matschpfütze dichtbei stapfte.

»Vermutlich nicht«, antwortete Uli.

»Da haben Sie's.«

»Aber ich bin mir auch nicht sicher, dass ich es nicht täte. Immerhin ist er direkt oder indirekt für planetaren Völkermord verantwortlich, für die Zerstörung von Dingen wie dem Museum des Lichts auf Tandis Vier ...«

»Das stimmt. Andererseits ... Sind Ihnen die Vissencant- Variationen von Bann Shoosha ein Begriff?«

Er nickte. »Noch keine zwei Jahre alt und werden bereits als die größten musikalischen Werke des Jahrtausends betrachtet.«

»Sie gehörten zu Zan Yants absoluten Lieblingsstücken. Die Musik wurde geschrieben, um die Flucht der Familie Mioosha von Brentaal zu feiern. Hätte diese Schlacht nicht stattgefunden«, sagte Barriss, »wären diese Variationen niemals entstanden.«

Uli schaute verwirrt drein. »Aber ist irgendein Kunstwerk Tausende Leben wert?«

»Wahrscheinlich nicht. Ich sage auch nicht, dass dem so ist - ich sage bloß, dass die Dinge nie einfach sind. Das ist es doch, worauf am Ende alles hinausläuft, oder? Darauf, Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben, die sich daraus ergeben, oder nicht?«

»Ich glaube schon ...« Er klang immer noch zweifelnd.

Barriss schaltete ihr Lichtschwert wieder ein. »Nun«, Nagte sie zu Uli, während sie ihre Übung fortsetzte, »damit müssen wir uns dann wohl abfinden.«

 






12. Kapitel

Jos, Den und Uli, die zusammen mit mehreren anderen vom Chirurgenteam nahe der obersten Reihe der hastig zusammengebauten, überdachten Tribüne saßen, verfolgten, wie verschiedenste Spezies rasch die übrigen Sitze füllten. Es war Abend, und die kurze tropische Abenddämmerung machte schnellen Schrittes der Dunkelheit der Nacht Platz. Das Areal wurde von leistungsstarken Vollspektrum-LEDs beleuchtet, gleißend hell, aber ohne zu blenden oder Schatten zu erzeugen. Ärzte, Schwestern, Assistenten, Techniker, Arbeiter und anderes Flehr-Stabspersonal hatten eine der versetzt zueinander angeordneten Plastiformsitzreihen für sich, während die Truppen und das übrige Militärpersonal zwei weitere Reihen in Beschlag nahmen.

Uli sah zu, wie die Klone die Reihen füllten, Dutzende identischer Gesichter und Gestalten. »Es ist eine Sache, sie einen nach dem anderen auf Repulsortragen zu sehen«, bemerkte er an Jos gewandt, »aber wenn alle so aufgereiht sind wie hier... Nun, das ist ziemlich eindrucksvoll. Als kämen sie aus einem Holoduplikator.«

Jos nickte, ohne näher darauf einzugehen. Er beobachtete die Klone ebenfalls. Sie saßen nebeneinander, lachten, unterhielten sich, einige ausgelassen und kontaktfreudig, andere ruhiger, gedankenverlorener. Er konnte in ihrem Verhalten keinen wirklichen Unterschied zu jeder beliebigen anderen Gruppe von Soldaten irgendwo in der Galaxis ausmachen, die sich darauf freuten, für ein paar Stunden unterhalten zu werden. Gewiss, viele waren sich in ihren Eigenarten und Gesten gespenstisch ähnlich, und zudem hielten nie sich nicht darin zurück, Getränke oder Beutel mit Knacknüssen miteinander zu teilen, aber Jos wusste, dass ein derartiges Verhalten auch unter eineiigen Zwillingen nichts Ungewöhnliches war. Allerdings bedeuteten identische D'NS-Stränge nicht notwendigerweise auch identische Persönlichkeiten, selbst wenn diese Persönlichkeiten von Geburt an - oder, im Falle der Klone, seit ihrem Abgießen - auf gewisse Gemeinsamkeiten hingesteuert worden waren.

Jos biss sich nachdenklich auf die Lippe. Mittlerweile wusste er, dass er größtenteils deshalb angefangen hatte, die Truppler als austauschbar zu betrachten, weil das im Falle ihrer Organe zutraf - weil man Transplantationen durchführen konnte, ohne dass man gezwungen war, sie mit Immunsuppressiva vollzupumpen, um Abstoßungssymptome zu verhindern. Klo Merit hatte recht gehabt: Seine Ausbildung als Chirurg - ganz gleich, wie gutwillig sie auch gewesen war - hatte dazu geführt, dass er die Klone als weniger menschlich betrachtet, hatte. Jetzt, da er die Wahrheit kannte, fragte er sich, wie er sie je als etwas anderes hatte ansehen können.

Die Tribüne war jetzt voll, mit einigen Nachzüglern, die auf dem Boden saßen. Auf der Basis gab es kein Bauwerk, das groß genug gewesen wäre, um der Truppe von Entertainern genügend Platz zu bieten, weshalb auf dem großen zentralen Platz eine halbrunde Bühne errichtet worden war. Jetzt wurde der Hintergrundlärm des Publikums unvermittelt von der Stimme des Ansagers zum Schweigen gebracht: »Verehrte Wesen aller Spezies, bitte begrüßen Sie Ihren Gastgeber, Epoh Trebor!«

Auf einer Seite der Bühne stimmten die Modal Nodes mit ihrem Bandleader Figrin Dan die wohlbekannte Titelmelodie für Trebor an, eine Bith-Komposition, die ins Basic übersetzt so viel hieß wie »Geschätzte Erinnerungen«. Trebor, ein Mensch, war einer der langlebigsten Entertainer des Holo-Nets. Revoc war gegenwärtig der jüngere und berühmtere Holovid-Star, bei dem HoloNet Entertainment darauf bestanden hatte, ihn als Höhepunkt zu präsentieren, doch Trebor machte das Ganze auf die eine oder andere Art schon seit Jahrzehnten. Seit dem Beginn des aktuellen Konflikts war er eine der treibenden Kräfte hinter diesen Tourneen zu verschiedenen Schlachtfronten gewesen, um die Truppen und, wie er es ausdrückte, »die anderen unbesungenen Helden des Krieges« zu unterhalten. Jos hatte für Trebors Art von Humor nie besonders viel übrig gehabt. Er fand ihn übermäßig sentimental und ein wenig zu sehr auf Regierungslinie. Doch dem Applaus nach zu urteilen bestand an seiner Popularität kein Zweifel.

»Guten Abend, liebe Mitwesen - und ein besonderes Willkommen unseren Soldaten!« Dies entlockte den Truppen neuerlichen Applaus und Jubel. »Wissen Sie, wie ich höre, sind die Kaminoaner der Ansicht, dass das ganze Klonarmee-Projekt so erfolgreich war, dass sie jetzt darüber nachdenken, in andere Bereiche zu expandieren. Sie planen beispielsweise, Falleen als Eheberater zu klonen ... Zelosianer für Ackerbau und Gartenarbeit... und Gungans, um Rhetorik zu unterrichten.«

Das Gelächter und der Applaus gingen weiter, während Trebor seinen Eröffnungsmonolog hielt. Die meisten seiner Witzeleien waren einigermaßen lustig, doch Jos' Stimmung

blieb weiterhin düster. Er wünschte, Tolk wäre hier bei ihm gewesen, anstatt hoch droben auf dem MediStern, um diesen lächerlichen, unnötigen Lehrgang über sich ergehen lassen zu müssen - und vermutlich ein gut gemeintes, aber gleichermaßen unnötiges Verhör durch Admiral Großonkel. Er fand es schwierig, angesichts der Situation, in der sie sich befand, in Feierlaune zu kommen. Das Ganze bedrückte ihn.

Er fragte sich, wie lange dieser Krieg noch dauern würde und wie ihr gemeinsames Leben danach wohl aussehen mochte - immer vorausgesetzt, dass es ein Danach gab. Wenn Jos sich wie dereinst Erel Kersos dazu entschied, eine Ekster zu ehelichen, würde er nie wieder nach Hause zurückkehren können. Er machte sich keine Sorgen darüber, wie er seinen Lebensunterhalt verdienen sollte - mit seinem Talent als Chirurg würde er praktisch überall Arbeit finden, wo es ein Medizentrum gab, genau wie Tolk. Sie konnten sogar Kinder miteinander haben, da Lorrdianer und Corellianer beide im Wesentlichen menschlich waren.

Aber seinen Heimatplaneten, seine Freunde, seine Familie nie wiederzusehen ... Das wäre hart, brutal hart.

Erel Kersos hatte das Leben eines Verbannten geführt, und Jos konnte in den Falten im Gesicht des Mannes sein Bedauern darüber lesen. Er merkte, dass seine Stimmung düsterer wurde. Er wünschte, Merit wäre hier gewesen, damit er ihm sein Herz ausschütten konnte, doch der Mentalheiler hatte die Flehr ebenfalls im Rahmen irgendeines Auftrags vorübergehend verlassen. Nein, mit diesen Sorgen würde er selbst fertigwerden müssen.

Und die einzig zuverlässige Methode dazu, die er kannte, bestand natürlich darin, sie zu ertränken.

Die Cantina war vermutlich nahezu verlassen, doch Teddel hatte gewiss Dienst, und seiner Laune würde es ohnehin am meisten entgegenkommen, allein zu trinken. Den Sternen sei Dank, dass er sich keine Sorgen darüber zu machen brauchte, Alkoholiker zu werden - fünfhundert Milligramm eines neuen Medikaments namens Sinthenol vor dem ersten Drink verhinderten, dass die hochprozentigen Getränke dauerhafte Auswirkungen auf das Gehirn hatten. Auch half es zuweilen dabei, den Kater abzumildern, und bei den Malen, wo das nicht klappte, konnte er immer noch zu I-Fünf gehen. Der Droide hatte kürzlich entdeckt, dass er die Fähigkeit besaß, Kopfschmerzen und andere Morgen-da-nach-Symptome mit Schalltönen zu lindern.

»Gehen zwei Klone in die Cantina...«

Mit einem Mal wurde Jos ungeduldig. Die Show kam ihm sinnlos vor, oder noch schlimmer: ein klassischer Fall von Pfeifen im Walde. Viel Rauch um nichts. Die Chance, dass das Spektakel von neu eintreffenden Patienten unterbrochen wurde, war sogar noch größer als sonst, da die Separatisten ihre Frontlinien momentan aggressiv weiter vorverlegten. Er stand abrupt auf, bahnte sich seinen Weg zur Treppe und ging.

 

Den und Uli verfolgten, wie Jos die überdachte Tribüne verließ. Uli kratzte sich am Kopf. »Ich dachte, er hätte sich hierauf gefreut.«

»Vermutlich hat er das wirklich. Wenn du noch ein bisschen länger hier bist, wirst du feststellen, dass unser guter Captain zwar nicht gerade manisch-depressiv ist, manchmal aber ein wenig... launisch sein kann.«

»Ich denke, er vermisst Tolk.«

»Natürlich. Aber in letzter Zeit nehmen seine Bedenken wegen der ganzen Kriegsbestrebungen stetig zu. Ich habe das Gefühl, dass Jos mehr oder weniger unpolitisch war, als er eingezogen wurde, dass er vielleicht sogar ein bisschen für den Kriegvotierte. Aber ich würde sagen, dass seine Befindlichkeiten sich rasant geändert haben, seit er hier auf Drongar ist.«

Uli schnaubte. »Zeig mir eine Person, der es nicht genauso ging.«

»Das hätte ich tun können, aber der Kerl ist jetzt tot. Ging umringt von flammendem Ruhm unter, als er Separatisten niedergemäht und, wie es jetzt aussieht, damit vermutlich einen Attentatsversuch vereitelt hat, der die Republik womöglich teuer zu stehen gekommen wäre.« Den zuckte die Schultern. »Aber was das anging, war er definitiv in der Minderheit. Tatsächlich stellte er hier so ziemlich die komplette Minderheit dar.«

»Phow Ji«, meinte Uli. »Der Märtyrer von Drongar - so nennen sie ihn. Die HoloNet News bringen eine Doku über ihn.«

»Natürlich tun sie das.« Einen Moment lang dachte Den daran, sich in der Cantina zu Jos zu gesellen, da sich der Captain mit Sicherheit dorthin zurückgezogen hatte. Doch dann präsentierte Epoh Trebor Eyar Marath, die höchst anmutige sullustanische Sängerin und Tänzerin, und er beschloss, noch ein Weilchen länger zu bleiben. Schließlich gab es Schlimmeres, als einer gut aussehenden Frau zuzuschauen, die so gut wie nichts am Leibe trug, nicht wahr?

Nichtsdestotrotz fiel es einem schwer, nicht über die kosmische Ungerechtigkeit all dessen zu brüten. Gewiss, Ji war tot und damit außerstande, seine flüchtige, traurige Berühmtheit zu genießen. Doch soweit es Den betraf, steigerte das die Ironie des Ganzen bloß noch.

Tja, aller Ruhm ist vergänglich. Er sah zu, wie Eyar Marath auf der Bühne umhertanzte und den Text von einem der Lieder hinausschmetterte, das es kürzlich in die Galaktischen

Top 40.000 geschafft hatte. Natürlich war sie wunderschön. Jetzt war sie so heiß wie Plasma, aber wo würde sie in zehn Jahren stehen? Und die Band, die sie begleitete - wie hießen die noch? Modal Nodes? -, war momentan ebenfalls auf einem Höhenflug. Er wäre jedoch nicht überrascht, wenn sie in zwanzig Jahren irgendwo in einer schäbigen Raumhafenbar für Klimpergeld spielen würden. So war das nun mal in diesem Geschäft. Ganz gleich, wie grell der Scheinwerfer auch war, der im Moment auf einem ruhte, früher oder später erlosch er.

In diesem Moment erloschen sämtliche Lichter im Lager.

Eine Woge der Panik umfing die Menge. Den hörte entsetzte und überraschte Rufe und das unbehagliche Brabbeln von Fragen. Sowohl er als auch Uli waren klein genug, sich hinzukauern und sich unter die Bank zu rollen, und er schickte sich gerade an, dem jungen Menschen zu sagen, sich dazu bereit zu halten, falls die Menge um sie herum in Panik geriet. Besser, sich unbequem irgendwo drunterzuquetschen, als zertrampelt zu werden.

Doch ehe er seinen Mund aufmachen konnte, sprangen die Notenergiegeneratoren an, um die Dunkelheit fort- zuspülen. Den konnte Trebor, Marath und einige andere Angehörige der Truppe sehen, die sich verwirrt und besorgt umschauten.

Das kollektive Aufwallen von Furcht ebbte mit dem Licht ab. Doch dann wurden die Dinge richtig interessant. Den spürte eine kalte, vage Berührung im Nacken. Dann begannen im Schein der etwas gedämpften, aber immer noch ausreichenden Beleuchtung dicke weiße Flocken auf die Versammelten herabzuschweben. Eine davon landete auf Dens Hand. Er starrte die Flocke an und sah zu, wie sie schmolz.

Schnee.

Heiliger, verfluchter Sith! Schnee?

 






13. Kapitel

Jos hatte es sich gerade an einem Tisch in der Cantina bequem gemacht - es gab jede Menge, von denen er sich einen aussuchen konnte, da sich abgesehen von der Droidenkellnerin Teddel niemand im Lokal aufhielt -, als die Lichter erloschen. Die Notenergiegeneratoren sprangen rumpelnd an und ersetzten die Dunkelheit rasch durch eine etwas trübere, schroffere Helligkeit.

Was ist jetzt los?, fragte er sich.

Teddel rollte auf ihrem kreiselnden Einrad-Bein herüber. »He, Doc! Was darf's sein? Das Übliche?«

»Klar. Und bring so lange Nachschub, bis ...« Er brach ab und starrte zu einem der Fenster. Draußen vor dem Transparistahl rieselte irgendwelches Zeug hernieder. Sporen? Nein, dafür waren diese Flocken zu groß, und es gab auch zu viele davon. Jedenfalls sah das nicht nach Sporenkolonien aus ... Die Flocken waren weiß und flauschig wie Asche oder...

»Schnee?«

Teddel sagte: »Sieht ganz so aus, nicht wahr? Meine Sensoren verraten mir, dass die Temperatur hier drinnen schneller in den Keller rauscht als ein Ugnaught außer Dienst.«

Bei ihren Worten bemerkte Jos es selbst. Sohn eines Raitch, es wurde kälter, viel kälter!

Er stand auf und ging zur Tür. Teddel rollte direkt hinter ihm her.

Draußen schaute er nach oben. Die Energiekuppel hoch droben war normalerweise durchsichtig, auch wenn manch mal nach Einbruch der Dunkelheit eine schwache Sichel blass bläulicher Ionisierung auszumachen war. Diesmal jedoch nicht. Stattdessen spiegelte sich der Lichtschein des Lagers in etwas, das wie tiefhängende, dicke Wolken aussah.

Manchmal, an einem besonders heißen und feuchten Tag, bildete sich unter der Kuppel etwas Kondenswasser, aber nichts wie das hier. Die osmotischen Tauscher waren ziemlich effizient, ließen Luft und sogar Regen herein, während sie eine Menge weniger erwünschter Dinge draußen hielten. Doch damit es schneite, musste der Temperaturunterschied weit außerhalb der normalen Grenzen liegen. Da man wohl ausschließen konnte, dass irgendwer dort oben ein Bataillon Kühleinheiten auf Null-Grav-Schlitten in Stellung gebracht hatte, war es ihm schleierhaft, wie das möglich sein konnte.

Zan hätte gewusst, was los war. Als er jung gewesen war, hatte er für einen Verwandten an Energiesphären gearbeitet.

»So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen«, sagte Teddel und fügte dieses Geräusch wie von platzendem Kaugummi hinzu, das ihr Vokabulator zuweilen erzeugte. »Natürlich bin ich erst seit sechs Wochen in Betrieb, ist also nicht so, als hätte ich schon allzu viel zu Gesicht bekommen.«

Jos entfernte sich von der Cantina und ging auf den OP zu. Die Kälte nahm zu und der Schnee fiel weiter hernieder. Der Boden und die meisten anderen freien Oberflächen waren immer noch zu warm, als dass der Schnee liegen geblieben wäre, doch wenn die Temperatur weiter so runterging,

schätzte er, würde es nicht lange dauern, bevor sie anfangen konnten, das Zeug wegzuschaufeln.

Er entsann sich, irgendwo gehört oder gelesen zu haben, dass es sich bei der Kuppel in Wahrheit vielmehr um eine Sphärenblase handelte als um eine Halbkugel, von der die Hälfte unterirdisch war. Er fragte sich, ob das irgendwelche Auswirkungen auf die Bodentemperatur haben würde.

Jos erschauerte. Er brauchte eine Jacke. Hatte er überhaupt eine nach Drongar mitgenommen? Hatte das irgendwer getan? Die klebrige, feuchte Hitze, die in dem Moment einem persönlichen Angriff gleich über ihn hergefallen war, als er den Transporter verließ, hatte nie aufgehört - am Tage war die Hitze stets auf dem Niveau der Körpertemperatur oder höher gewesen, des Nachts etwa drei Viertel davon, und wenn die Luftfeuchtigkeit ausnahmsweise einmal unter neunzig Prozent sank, waren das wahrlich gute Neuigkeiten.

Dessen ungeachtet näherte sich die gegenwärtige Umgebungstemperatur im Widerspruch zu allen Gesetzen der Wärmelehre rasant dem Gefrierpunkt. Er brauchte einen Mantel - mindestens. Ein wetterfester Parka wäre noch besser ...

»Achtung, an die gesamte Belegschaft!«, drang Vaetes' Stimme über das öffentliche Lautsprechersystem. »Bei der osmotischen Energiekuppel des Lagers ist es zu einer Fehlfunktion des Wärmetauschers gekommen. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung - die Schildfunktion der Kuppel ist nach wie vor intakt. Techniker arbeiten an der Störung und werden den Fehler in Kürze behoben haben. Bis dahin sind Sie angewiesen, warme Kleidung zu tragen oder drinnen zu bleiben.«

Jos schaute sich um. Beim Kontakt mit dem noch immer warmen Boden wurden die Flocken zu Schneematsch und

Schlamm - dennoch war der Anblick geradezu unwirklich. Er hatte diesen Ort im Flachland in den letzten anderthalb Jahren praktisch jeden Tag gesehen, und nach der Verlegung hierher hatte alles ausgesehen wie gehabt. Jetzt jedoch wirkte es vollkommen verwandelt. Er fragte sich, wie es wohl aussähe, wenn die Gebäude mit Schnee bedeckt wären, der sich auf den Straßen zu Verwehungen auftürmte und sich an die Wände von Bauwerken schmiegte.

Jos konnte nicht umhin zu lächeln. Zan hätte dieses Spektakel geliebt. Fast schon schade, dass alles wieder normal laufen wird, bevor der Schnee liegen bleibt, dachte er. Ich würde mir gern mit irgendwem eine gute, altmodische Schneeballschlacht liefern...

»He, nun sieh sich das einer an!«, murmelte er laut. Die Restwärme war geringer, als er gedacht hatte - der Schnee häufte sich bereits auf dem Boden an.

Womöglich ging sein Wunsch doch in Erfüllung.

 

Barriss stand im fallenden Schnee, der jetzt ziemlich dicht herniederfiel und sich bereits fingerhoch auf dem Boden sammelte, um das Lager in ein glitzerndes weißes Gemälde zu verwandeln, das sehr hübsch anzuschauen war. Sie hatte den Anblick einer Schneelandschaft schon immer geliebt. Schnee verzauberte selbst die hässlichen Durastahl- und Plastiformbauten der Flehr in etwas Frisches, Sauberes und Neues. Die Temperatur lag nahe am Gefrierpunkt, kalt genug, dass das Zeug weiter fiel, und zu ihrer gelinden Überraschung war der Boden jetzt so kalt, dass der Schnee liegen blieb.

Zusammen mit ihrer Freude über den Schnee verspürte Barriss ebenfalls eine gewisse Genugtuung. Diese kalte Brise, die sie gespürt hatte, die unmöglich eisige Bö, die zu ihrem Unfall geführt hatte, war real gewesen. Zudem wusste sie, dass, wenn die Energie der Schutzkuppel auf genau der richtigen Frequenz geschwankt hatte, der daraus resultierende Impuls auch den Kristall ihres Lichtschwerts hätte beeinflussen können.

Derartige Vorkommnisse waren selten, doch die Kristalle, die das Zentrum einer solchen Sphäre mit Energie versorgten, waren vergleichbar mit denen im Herzen eines Lichtschwerts - wenn auch natürlich viel größer. Die involvierten Energien waren viel stärker, und die Bogenwelle war anders fokussiert, um anstatt einer Klinge eine Kuppel zu erzeugen. Deshalb, sinnierte Barriss, war es durchaus möglich, dass eine Schwankung im leistungsstärkeren Feldoberwellengenerator der Energiekuppel vielleicht in den Fokussierungskristallen ihrer Waffe nachgehallt hatte, um einen gewissen Widerhall zu erzeugen, genauso, wie Donner manchmal die Saiten eines Musikinstruments zum Schwingen brachte. Normalerweise war ein Lichtschwert gegen solche Interferenzen abgeschirmt - Feinde hatten schon früher versucht, Jedi-Waffen kurzzuschließen. Doch vielleicht hatte einer der Kristalle der Kuppel einen versteckten Fehler, der bei einer normalen Inspektion unmöglich zu entdecken, jedoch ausreichend war, um das Feld dazu zu bringen, gerade genügend zu pulsieren, dass die Klinge um Haaresbreite schrumpfte - oder auch um Haaresbreite wuchs ...

Barriss spürte, wie eine Anspannung von ihr abfiel, von der ihr nicht einmal bewusst gewesen war, dass sie ihr überhaupt zu schaffen machte. Vielleicht war die Erklärung für den Unfall eine vollkommen andere, aber zumindest ergab das Ganze so mehr Sinn als der Gedanke, dass sie sich im Zuge einer Kampfbewegung, die sie eigentlich im Schlaf ausführen konnte, in den eigenen Fuß geschnitten hatte.

Der Schnee fiel weiter, und sie lächelte bei sich. Der Colonel hatte gesagt, dass diese Anomalie nicht lange andauern würde, daher hatte sie die Absicht, das Schauspiel so lange zu genießen, wie es währte.

Manchmal war es einfacher, sich mit dem Hier und Jetzt abzufinden, als bei anderen Gelegenheiten. Dies war definitiv einer dieser Momente.

 

Als einer der Schweigsamen verkleidet, genoss Kaird der Nediji die Kälte außerhalb des Genesungssaals und verfolgte mit so etwas wie Freude, wie der Schnee weiterhin träge auf das Lager herniederfiel, um die weiße Decke, die jetzt jede zugängliche Oberfläche bedeckte, noch dicker zu machen. Seine Karriere bei der Schwarzen Sonne war lang und erfolgreich gewesen. Er wurde geachtet, war in vieles eingeweiht, und wenn er lange genug bei der Organisation blieb, hatte er schließlich sogar die Chance, es mindestens zum Untervigo zu bringen, vielleicht sogar zum echten Vigo. Doch wenn er auf Planeten war, auf denen die Kälte regierte, war der Drang, nach Hause zurückzukehren, immer stark. Hier in diesem tropischen Pestloch, in dem es bis vor einer Stunde ständig heiß, feucht und nahezu boshaft grün gewesen war, hatte er bislang nichts Derartiges empfunden. Aber jetzt...

Das war wirklich verblüffend. Außerhalb der funktionsgestörten Kuppel herrschten noch immer Dschungel und Sumpf vor - beides konnte man unmittelbar hinter dem Bogen sehen, wo die Kuppel den Boden berührte. Doch hier war die Luft zumindest im Augenblick knackig kalt und klar und erinnerte ihn an den Horst, in dem er geboren wurde und aufgewachsen war.

Vielleicht war es an der Zeit, nach Hause zurückzukehren. Er hatte genügend Credits auf die hohe Kante gelegt, dass er sich auf Nedij zur Ruhe setzen und für den Rest seiner Tage ein bequemes, wenn nicht gar luxuriöses Leben führen konnte. Dass er sich ein paar heiratsfähige Weibchen suchen, ein Nest bauen und seine Zeit als Oberhaupt einer neuen Brut verbringen konnte. Dass er seine eigene Familie gründen und die Vergangenheit vergessen konnte, die ihn überhaupt erst dazu getrieben hatte, Nedij den Rücken zu kehren. Sein Schwarm hatte ihn zwar aus dem Nest verstoßen, aber Nedij war eine große Welt. Irgendwo anders gab es dort auch Platz für ihn.

Die Kälte und der Schnee weckten in Kaird gewaltige Sehnsüchte. Er arbeitete schon seit Jahrzehnten als Agent für die Organisation, und seinen Meistern würde es nicht gefallen, wenn er fortging, doch mit den richtigen Argumenten würden sie es ihm erlauben. Er wusste, wo zu viele Leichen begraben lagen - Leichen, für die er auf Anweisung seiner Vorgesetzten selbst gesorgt hatte. Sollte er plötzlich unter verdächtigen Umständen umkommen, hatte er dafür gesorgt, dass gewisse Informationen ans Licht kommen würden, weshalb es im eigenen Interesse seiner Arbeitgeber war sicherzustellen, dass er ein langes und gesundes Leben führte.

Der Kitzel der Jagd, das Reißen gefährlicher Beute - ja, das würde ihm fehlen. Aber früher oder später würde dieser Kitzel sein Ende bedeuten. Nicht heute, vielleicht auch nicht in den nächsten Jahren, aber am Ende wäre er einen halben Schritt zu langsam, läge mit seinen Berechnungen einen Herzschlag daneben, und anstelle von Kaird würde ein schnellerer, hungrigerer Gegner vom Schlachtfeld gehen. Auf einer gewissen Ebene hatte er nie daran geglaubt, aber auf einer anderen wusste er, dass es so kommen musste.

Der unerwartete Schnee hier war so etwas wie ein Zeichen. Gewiss, der Grund dafür war eine Maschine mit Fehlfunktion, aber nichtsdestotrotz bedeutete dies etwas. Davon war Kaird überzeugt.

Unvermittelt traf er eine Entscheidung. Ja, beim Kosmischen Ei! Sobald er diesen Auftrag erledigt hatte, was nicht mehr lange dauern sollte, würde er zur Schwarzen Sonne zurückkehren und sich eine Möglichkeit einfallen lassen, der Organisation seinen Abgang zu versüßen. Ein angemessen großzügiges Geschenk würde seinen Vigo so gütlich stimmen, dass er ihn ziehen ließ. Dann konnte er auf seinen Heimatplaneten zurückkehren und eine andere Art von Leben genießen, eins, in dem er flauschige Küken kitzelte und gurrend süße Worte mit seinen Gemahlinnen wechselte, anstatt Leute umzubringen und Katastrophen in die Wege zu leiten.

Nicht weniger als das hatte er sich verdient.

 

Die Leute, die sich in der Cantina versammelt hatten, waren ein bunt gemischter Haufen. Da es Jos nicht gelungen war, irgendetwas aufzustöbern, das auch nur entfernt an einen Mantel erinnerte, hatte er sich eine Decke geschnappt und ein Loch hineingeschnitten, durch das er den Kopf gesteckt hatte - das war zwar provisorisch, funktionierte aber ziemlich gut, um die Kälte fernzuhalten. Uli hingegen besaß tatsächlich eine Gleitschirmjacke, mit Vollversiegelung und Handschuhen. Er war das Ziel vieler neidischer Blicke. Den Dhur, der schon lange genug den Weltraum bereiste, um auf jedes Wetter vorbereitet zu sein, trug eine leuchtende Thermalpolystoff-Windjacke, die viel von seiner Körperwärme speicherte, und auch er erntete seinen Anteil düsterer Blicke. Barriss trug ihre übliche Jedi-Robe und sah aus, als würde sie den Wechsel von tropisch zu eisig genießen. I-Fünf machte die frostige Luft natürlich nichts aus, die selbst in der Cantina kalt genug war, dass einem der Atem als Nebel entwich, auch wenn es hier drinnen immer noch beträchtlich wärmer war als draußen.

Die Cantina war das wärmste öffentliche Gebäude im Lager, da das Bauwerk doppelwandig konstruiert worden war, um den Lärm, den eine typische Cantina an einem vollen Abend verursachte, einzudämmen. Das, kombiniert mit der Körperwärme, die die warmblütigen Spezies abgaben, sorgte dafür, dass die Temperatur im Innern erträglich, wenn auch keineswegs behaglich war.

Auch viele Angehörige der Tourneegruppe hatten ihren Weg hierher gefunden, und obwohl sie größtenteils unter sich blieben, wirkten sie ausgesprochen freundlich, besonders nach den ersten paar Getränkerunden.

»Was hat Vaetes gesagt?«, fragte Den Jos. Er nahm noch einen großen Schluck von einer feuerroten Spirituose, von der er versicherte, dass das Zeug selbst den internen Thermostat einer Kühleinheit eine Stufe höher schaltete. Jos war versucht, das Gebräu zu probieren, doch von der Flüssigkeit ging ein widerlicher Geruch aus, der ihn an einen vollen und lange in Vergessenheit geratenen Wäschekorb erinnerte.

»Er sagte, dass es an Bord des MediSterns Ersatzteile geben dürfte, und sobald jemand da oben sie gefunden hat - sie scheinen verlegt worden zu sein -, werden sie den Regler wieder angleichen, und dann läuft alles wieder ganz normal. Oder was hier so als normal durchgeht.«

»Hätte niemals gedacht, dass ich das mal sage, aber die Hitze war gar nicht so übel«, meinte Uli.

»Was mich betrifft, ich ziehe Höhlen vor«, sagte Den. »Konstante achtzehn bis zwanzig Grad, jede Menge Pilze, keine lauten Geräusche. Ich verstehe nicht, warum nicht jeder da leben will.«

»Vielleicht, weil einem bei Höhlen Worte wie dunkel, trist und deprimierend in den Sinn kommen«, wandte Jos ein.

Teddel rollte lautlos an ihren Tisch. »Na, wie läuft's, empfindungsfähige Wesen? Haben alle genug Trankopfer? Kann meine Wenigkeit noch irgendwas für euch tun?«

»Noch ein witziger Droide. Allmählich wimmelt's hier nur so von denen«, sinnierte Den.

I-Fünf sagte: »Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis. Alle Droiden haben Sinn für Humor. Was mehr ist, als ich von einer Menge empfindungsfähiger Bioorganismen sagen kann.«

»Als der Schnee zu fallen anfing, war er irgendwie schön«, sagte Den, der aus dem Fenster schaute und I-Fünf ignorierte. »Aber sobald er erst mal hüfthoch lag - für euch übergroße Spezies also knietief-, war es nicht mehr so lustig. Ich habe noch nie zuvor von so einer Fehlfunktion gehört.«

»Natürlich nicht«, entgegnete Jos. »Wenn es um originelle Katastrophen geht, legen wir die Latte sehr hoch.«

»Nach allem, was ich höre, hat jemand bei der Zentralversorgung eine Methode ausgetüftelt, aus Nahrungsmittel- blitzerwärmern batteriebetriebene Heizkörper zu machen. Die Dinger erzeugen genügend Wärme, dass es in einer Wohneinheit relativ warm bleibt.« Das war Uli.

»>Relativ warm<?«, fragte Den.

»So warm, dass man im Schlaf nicht stocksteif gefriert«, sagte Barriss.

»Natürlich werden Sie ohne Nahrung am Ende verhungern«, gab I-Fünf zu bedenken.

»Lass mich raten!«, sagte Jos. »Und anschließend bevölkerst du dann den Planeten zusammen mit Teddel neu.«

Den schüttelte den Kopf. »Das wird nicht einfach.«

»E chu ta«, murmelte I-Fünf.

»Hoppla!«, sagte Uli. »Da hat er wohl einen Schaltkreis erwischt, was?«

Der Droide schickte sich gerade an zu antworten, als er sich mit einem Mal versteifte und den Kopf ein wenig neigte. Das war etwas, das Jos schon zuvor bei ihm gesehen hatte.

»Oh nein!«, meinte Jos leise.

»Ich höre es auch«, sagte Den. Im nächsten Moment vernahmen die anderen es ebenfalls - das schwache Brummen weit entfernter Mediberger.

»Kark!«, entfuhr es Jos. Mit einem Schluck leerte er den liest seines Drinks. Die anderen beeilten sich, es ihm gleichzutun.

Just in diesem Moment kam ein Kommunikationstechniker in die Cantina gerannt, der offensichtlich sehr aufgewühlt war. Er krachte gegen einen der Angehörigen der Unterhaltungstruppe, einen großen, korpulenten Trandoslianer, und riss ihn beinahe von den Füßen. Der Drink des Reptiloiden ergoss sich über ihn. Der Trandoshaner stieß auf Dosh einen Fluch aus, bei dem Jos froh war, dass er ihn nicht verstand, packte den Kom-Techniker und hob ihn mit einer Hand vom Boden hoch.

Mehrere Leute stürmten hinüber, um das drohende Blutbad zu verhindern, doch bevor irgendetwas passieren konnte...

»Auf dem MediStern gab es eine Explosion!«, rief der Kom-Techniker. »Die Hälfte der Flugdecks und ein Großteil der Lagerebene wurden gerade förmlich zu Staub zerblasen!«

Furcht stach in Jos' Herz.

Tolk!

 






14. Kapitel

Es gab einige Dinge, um die Kaird sich kümmern musste, bevor er die triumphale Rückkehr auf seinen Heimatplaneten planen konnte. Am wichtigsten davon war sicherzustellen, dass die Schurken Thula und Squa Tront sicher im Vertriebsnetz etabliert waren, das von den Bota-Feldern letztlich zu den Frachträumen der Schwarze-Sonne-Raumfrachter führte. Das bedeutete unter anderem, dass sie sich die Gunst von Nars Dojah, dem Quartiermeister, erschleichen mussten, eines alten, jähzornigen Twi'lek. Glücklicherweise waren Twi'leks eine der vielen Spezies, die durch Falleen-Pheromone leicht zu beeinflussen waren. Unglücklicherweise war Dojah sich dessen wohl bewusst und Thula gegenüber infolgedessen ungeheuer argwöhnisch. Bei ihrem Einstellungsgespräch war er tatsächlich so weit gegangen, darauf zu bestehen, ein Atemgerät mit speziellem Filter zu tragen. Das alles hatte Thula Kaird - oder, soweit es die Leute betraf, die an ihrem Cantina-Tisch vorbeikamen, Hunandin, dem Kubaz - später mit großer Belustigung berichtet.

»Sie scheinen das komisch zu finden«, sagte Kaird verärgert. »Falls Dojah Sie wegen dieser Vorurteile nicht anheuert, versichere ich Ihnen, dass meine Auftraggeber darüber nicht erfreut sein werden, ebenso wenig wie ich.«

»Oh, gleich werden Sie erfreut sein«, versicherte ihm die Falleen. »Ich bin mit meiner Geschichte noch nicht am Ende.«

Kaird lehnte sich zurück. »Dann amüsieren Sie mich!«

»Dojahs Nachforschungen über die Körperchemie der Falleen waren lückenhaft. Ich habe außerdem Proteinanaloga abgegeben, die mittels Hautkontakt statt über die Geruchsorgane übertragen werden.«

Kaird lächelte, und wieder übertrugen die Sensoren der Maske das Kubaz-Äquivalent dieses Mienenspiels, um die hängende Schnauze einem Rüssel gleich nach oben zu rollen. »Also - obwohl er Ihren Duft nicht riechen konnte, haben Sie trotzdem die gewünschte Wirkung erzielt.«

»Ganz genau.« Die Falleen stürzte den Rest ihres Dunkelseiten-Daiquiris hinunter. Sie lehnte sich zurück: Die Muskeln unter ihrer fein geschuppten Haut bewegten sich geschmeidig. Kaird spürte, wie sich seine eigene Libido ein wenig regte. Erstaunlich - er war mit der Reptiloiden genetisch ungefähr genauso kompatibel wie mit Bota-DNS, aber dennoch...

Er sah, dass sie ihn musterte und kaum merklich lächelte. Offensichtlich brauchte sie die Gedankenlesefähigkeiten ihres Partners nicht, um zu wissen, was er dachte. Kaird räusperte sich und wandte sich an den Umbaraner. »Und Sie?«

»Kein Grund zur Sorge«, sagte Tront mit seiner flüsternden Stimme. »Ich habe eine Festanstellung als Transportdatenbearbeiter bekommen. Das Abzweigen kleiner Mengen Bota scheint kein Problem zu sein.«

»Schön zu hören. Bedauerlicherweise wird es Schwierigkeiten geben, die Quote zu erfüllen, die die Schwarze Sonne für diese Woche verlangt. Die Explosion auf dem MediStern hat eins der Lagerabteile weggepustet, das wir für unsere Zwecke vorgesehen hatten, und wir haben eine ansehnliche Menge karbonitgefrorener Schmuggelware verloren. Darüber hinaus hat der extreme Temperaturwechsel einen Gut teil der hiesigen Ernte dezimiert, wie Ihnen beiden zweifellos bewusst ist. Wir brauchen in den nächsten drei Tagen weitere zweihundert Kilogramm verarbeitetes Material. Glücklicherweise läuft auch die Verschiffung der Ernte von Flehr Sechs, Neun und Vierzehn normalerweise über diese Basis.«

Tronts Augen weiteten sich ein bisschen. »Eine derartig beträchtliche Menge ohne Vorankündigung beseitezuschaffen, wird nicht einfach sein, besonders so früh im Spiel.« Er wies auf das Fenster und den stetig fallenden Schnee. »Und diese bizarre Kuppelfehlfunktion macht das Ganze noch schwieriger.«

»Stimmt«, entgegnete Kaird. »Nichtsdestotrotz ist das für uns der Stand der Dinge. Nach der Ermordung des letzten Agenten, der hierher entsandt wurde, und dem gegenwärtigen, aggressiven Vorgehen der Separatisten, die vorrücken und die Felder einkreisen, werden meine Vorgesetzten langsam nervös. Dies ist eine brisante Situation, und mir wurde aufgetragen, alles Notwendige zu unternehmen, um die Profite zu maximieren, solange es noch möglich ist.«

Tront runzelte die Stirn. »Kennen Sie die Fabel vom Gläsernen Kählyt, Hunandin?«

Kaird schüttelte den Kopf.

»Das ist ein beliebtes Gleichnis auf M'haeli. Ein Bauer begegnet einem Kählyt - einem harmlosen, eierlegenden Geschöpf -, das die wundersame Fähigkeit besitzt, Rubatkristalle in Form von Eiern zu legen, einmal bei jedem Mondzyklus. Der Bauer verkauft die Kristalle und fängt allmählich an, ein Vermögen anzuhäufen. Doch seine Frau ist ungeduldig. Sie will nicht auf den Reichtum warten, also tötet sie den Kählyt und schneidet ihn auf, um alle Kristalle auf einmal rauszuholen.«

Kaird machte eine ruhelose Geste. »Und ...?«

»Und dabei stößt sie bloß auf die Innereien eines ganz gewöhnlichen Kählyts - da ist kein einziger Kristall.« Tront nippte behutsam an seinem Drink. »Vielleicht haben Ihre Vorgesetzten diese Geschichte noch nicht gehört, Freund Hunandin. Es ist nicht besonders weise, den Kählyt zu töten, der die Rubatkristalle legt.«

»Vielleicht nicht«, entgegnete Kaird. »Aber es ist auch nicht allzu klug, einen Nexu am Schwanz zu ziehen, was gleichbedeutend damit wäre, dem neuen Unterlord irgendetwas zu verweigern.«

Thula regte sich unbehaglich. »Ich habe Geschichten über das Temperament des Unterlords gehört.« Sie warf Tront einen flüchtigen Blick zu und zuckte die Schultern. »Squa und ich werden die Sache erledigen.«

»Ausgezeichnet!« Kaird erhob sich, ließ ein paar Credits auf den Tisch fallen und verließ die Cantina.

Er marschierte mit großen Schritten über das schneebedeckte Gelände und dachte nach. Zu ihrem eigenen Wohl sollten Thula und Tront die Schmuggelquote besser erfüllen. Jetzt, wo Kaird beschlossen hatte, bei der Schwarzen Sonne aufzuhören und nach Nedij zurückzukehren, hatte er wenig Geduld mit allem, das nach Zögern oder Behinderung schmeckte. Je eher er an Bord eines Schiffs ging und Drongar für immer hinter sich ließ, desto besser.

Und möge das Kosmische Ei für jeden bersten, der ihm dabei in die Quere kam!

 

I-Fünf hatte es geschafft, im Operationssaal genügend von den batteriebetriebenen Heizgeräten aufzustellen, dass den Patienten zumindest nicht mehr das Blut in den Adern gefror. Ein kleiner AG-Droide war umprogrammiert und aufs Dach geschickt worden, um den Schnee so weit zu beseitigen, dass er die leichte Dachstruktur nicht zum Einsturz brachte und alle unter sich begrub. Man hatte den Droiden angewiesen, einige Zentimeter des weißen Zeugs übrig zulassen, damit es - sonderbar genug - als Isolierung dienen konnte.

Jos schnitt verwundete Soldaten auf und klammerte und klebte sie wieder zusammen, jedoch nicht minder mechanisch als der Droide, der auf dem Dach Schnee schippte. Tolk hatte sich nicht bei ihm gemeldet, und seine Eingeweide wanden sich vor Furcht.

Vaetes hatte persönlich reingeschaut, um so viel über die Explosion auf dem MediStern weiterzugeben, wie er wusste - was nicht viel war. Nichts war gewiss, doch während Jos operierte, teilte der Colonel ihnen mit knappen Worten sämtliche Neuigkeiten mit.

»An einem der Außenschotts ist ein Siegel gebrochen - wahrscheinlich ein Mikrometeoreinschlag, auch wenn bislang unklar ist, wie er die Schilde durchdringen konnte. Der Luftaustritt führte zu einem Kurzschluss im elektronischen System des Schiffs. Die Systemüberwachung hat das Energienetz runtergefahren, aber irgendwie ist ein Behälter mit einer flüchtigen Chemikalie ausgelaufen, deren Dämpfe sich entzündeten, um anderes entflammbares Material im Frachtraum in Brand zu stecken. Es gab eine zweite Explosion, die das Schiff beschädigt hat. Der Bereich wurde automatisch versiegelt, aber es gibt mindestens ein Dutzend Tote.«

Jos' Kehle war trocken. »Tolk?«

Vaetes hatte den Kopf geschüttelt. »Das weiß ich nicht, Jos. Das Kom des Schiffs ist im Notfallmodus. Sie lassen nichts rein oder raus, bis sie die Lage unter Kontrolle haben. Die Opferzahl habe ich vom Piloten eines Transporters - so viele Leichen hat er im All gezählt, draußen vor der Stelle mit dem Hüllenbruch. Über die Verluste an Bord liegen noch keine Meldungen vor. Sobald ich etwas Neues höre ...«

»Ja, danke.«

Das sterile Feld war mit einer Wärmeeinheit ausgestattet, die auf dieser Welt praktisch nie benutzt worden war, doch der Chirurgiedroide, der Jos assistierte, hatte das Feld bis aufs Maximum aufgedreht, sodass zumindest seine Hände warm waren.

Gleichwohl, das Frösteln, das den Rest seines Körpers überkam, war nichts, verglichen mit der Kälte in seiner Seele.

Tolk...

Sie durfte nicht tot sein. Kein Kosmos konnte so grausam sein, eine solche Ungerechtigkeit zuzulassen. Nachdem er so lange so hart gearbeitet hatte, nachdem er so viele Wunden behandelt und so viele Leben gerettet hatte, war es unvorstellbar, dass ausgerechnet das Leben, das ihm am meisten bedeutete, verloren sein könnte.

Glaubst du das wirklich?

Das muss ich, sagte Jos sich. Das muss ich.

Uli trat neben ihn. »Ich bin durch«, meinte er. »Brauchst du Hilfe?«

Jos ließ sich von der Schwester die Stirn abwischen und schüttelte dann den Kopf. »Ich komme klar.« Er konnte sich nicht entsinnen, jemals in seinem ganzen Leben eine größere Lüge erzählt zu haben, doch es gab nichts, das der Junge hätte tun können, um ihm zu helfen - in keinerlei Hinsicht.

Er musste einfach weiterarbeiten. Er exzidierte und schälte Brandwunden aus, amputierte Gliedmaßen und fügte sie wieder an, stillte Blutungen, drainierte Wunden, verband Verletzungen...

Die Notleidenden gingen durch seine heilenden Hände, und Jos arbeitete weiter, in der Hoffnung, so den eigenen Schmerz zu lindern.

 

In der Cantina machte Den Dhur die Runde durch den Schankraum. Er forderte jeden Gefallen ein, den er sich verdient hatte, seit er vor Monaten von Bord des Transporters gekommen war. All die Drinks, die er Technikern und Infanteristen ausgegeben hatte, all die unautorisierten Male, wo er sein privates Kom zur Verfügung gestellt hatte, damit die Leute mit ihren Familien, Kindern, Würfen und anderem mehr daheim sprechen konnten, die Credits, die er bis zum nächsten Zahltag verliehen hatte ... Er bettelte, schmeichelte, beschwatzte schamlos. Das hier war eine große Story, und er musste mehr darüber in Erfahrung bringen.

Nach und nach kamen Bruchstücke und Informationshäppchen zusammen, die sich schließlich ergänzten. Den fügte die Puzzlesteinchen zusammen.

Von einem Ugnaught-Shuttlemechaniker erfuhr er, dass es sich bei einem der Versorgungsbereiche, die ihren Inhalt ins All hinausgespien hatten, um das Lager für Elektrokleinteile gehandelt hatte. Was dem Mechaniker zufolge hieß, dass die Ersatzharmonisierer und Kristallstabilisatoren, auf die die Kuppeltechniker warteten, um diesen mopakigen Schnee zu stoppen, futsch waren. »Die werden jetzt Teil des Meteoritenschauers, der den Himmel erhellen wird, sobald die Trümmer auf die Atmosphäre treffen, wissen Sie?«

Auf diese Ersatzteillieferung konnten sie lange warten ...

Von einem Kom-Droiden, der Dienst gehabt hatte, als das Unglück geschah, und bevor die Notabschaltung erfolgte, hörte Den, dass auf den betroffenen Decks 186 Personen stationiert gewesen waren. Einige von ihnen hatten es durch die Feuerschutztüren geschafft, bevor sie automatisch versiegelt wurden, andere nicht. Vermutlich gab es in den betroffenen Bereichen Luftblasen, Räume, die abgeschottet und versiegelt werden konnten, doch da das Lebenserhaltungssystem ausgefallen war, würde es dort ziemlich schnell verflucht kalt werden, und bis das Loch geflickt war, würde weder Wärme noch Luft dorthin gelangen.

Natürlich gab es in den Katastrophenschränken Notfallanzüge, größtenteils Vakuumanzüge mit begrenztem Sauerstoff Vorrat, doch wie viele Leute es in die Anzüge geschafft hatten, ließ sich unmöglich sagen.

Von einem Kubaz-Transportshuttlepiloten bekam Den eine aktualisierte Opferzahl. In der unmittelbaren Nähe des MediSterns trieben mindestens sechsundzwanzig gefrorene Leichen durchs All. »Dat muss 'ne richtich jewaltische Eksplosion jewes'n sein, um so viele rauszuschleudan, da könn'se drauf wetten«, sagte der Pilot, wobei sich sein Rüssel vor Entsetzen ein- und ausrollte.

Und das war so ziemlich alles Wesentliche, das er herausfinden konnte. Von dieser Flehr waren einige Leute da oben, Kartenspielfreunde wie Tolk und Merit, und soweit Den wusste, konnten sie sich unter den vielen Eingeschlossenen befinden - oder schlimmer, verdrehte und zerfetzte Eisskulpturen sein, die das beschädigte Schiff umkreisten. Den war Reporter. Bei Buschkriegen überall in der Galaxis hatte er Freunde und Bekannte sterben sehen, doch das machte es nie leichter. Er musste objektiv bleiben, seine persönlichen Gefühle ausschalten, wenn er seinen Job machen wollte. Doch in letzter Zeit war das schwerer und schwerer geworden. Als Zan Yant starb, hatte das wehgetan, mehr, als er es für möglich gehalten hätte. Es war eine Sache, für die Leute in seiner Nähe den Zyniker zu spielen, alles mit einer »Was soll man machen?«-Haltung abzutun, aber wenn er allein war und niemand ihn beobachtete, war das nicht so einfach wie damals, als er noch jung und voller Selbstvertrauen gewesen war und glaubte, ewig zu leben.

Den setzte sich und kippte Bantha-Blaster herunter, als gäbe es kein Morgen, während er sich fragte, für wie viele Leute, die er kannte, das tatsächlich galt. Ungeachtet des jüngsten Zustroms Verwundeter war die Cantina voller Leute, die nirgendwo sonst sein mussten und darauf warteten, irgendwelche Neuigkeiten zu hören, ob nun gute oder schlechte.

Teddel rollte heran. »Nachschub gefällig, Süßer?«

»Nein, ich habe genug.«

Als der kleine Droide davonrollte, starrte Den seinen Krug an. Ich habe genug - das war etwas, das mehr und mehr auf jeden einzelnen Aspekt seines Hierseins zutraf.

Vielleicht wurde es Zeit, das Spielfeld zu verlassen, sich einfach irgendwo einen hübschen, ruhigen Planeten zu suchen, bei den Lokalnachrichten zu arbeiten und die Kriegsgebiete den Jüngeren zu überlassen, die das Ganze noch glorreich und aufregend fanden. Ja, selbst auf Planeten wie Drongar, angeblich weit weg vom »Hauptkampfgeschehen«, gab es gute Geschichten, die jedoch nach und nach alle gleich klangen: Krieg! Jede Menge Lebewesen tot, verstümmelt, verwundet, und das alles zum höheren Ruhm der Republik. Weitere Einzelheiten in Kürze in den Nachrichten ...

Er hob eine Hand und winkte Teddel zu. Vielleicht brauchte er doch noch einen Bantha-Blaster. Zumindest kann man sich mit diesem Blaster abschießen und trotzdem noch nach Hause gehen. Nun, wenn auch ein bisschen unsicher...

 

Barriss kam herein, strich Schnee von ihrem Gewand und sah Den allein am Tisch sitzen, wo er in seinen leeren Krug starrte. Sie ging zu ihm hinüber. »Wie war's mit ein bisschen Gesellschaft?«

Er lächelte sie beschwipst an und wies auf den Stuhl gegenüber. »Was darf's sein, Jedi? Ich geb einen aus.«

»Danke vielmals, aber nein.« Sie setzte sich. »Ich muss bald zurück in den OP. Was gibt es Neues?«

Er erzählte es ihr, und Barriss nickte. Als es passiert war, hatte sie keine Erschütterung der Macht verspürt, und das plagte sie gewaltig. Es gab Tage, an denen sie die wirbelnden ätherischen Strömungen mit verblüffender Genauigkeit zu lesen vermochte, während auf der Oberfläche des Planeten Gefechte tobten. Es hieß, Meister Yoda sei in der Lage, bedeutende Störungen aus etlichen Parsecs Entfernung wahrzunehmen - manchmal sogar Dinge, die noch gar nicht passiert waren, auch wenn Barriss nicht sicher war, ob sie diesem Teil Glauben schenkte. Doch von der Explosion auf der Fregatte im Orbit hatte sie nicht das Geringste mitbekommen. Sie war bloß ein Padawan, gewiss, aber trotzdem wertete sie ihre Unempfänglichkeit als persönliches Versagen. Sie war sicher, dass Obi-Wan Kenobi oder Anakin Skywalker die Katastrophe sofort gespürt hätten. Sie lebte schon mit der Macht, solange sie sich erinnern konnte - mit Sicherheit länger als Anakin. Wie war es möglich, dass sie das Unglück nicht gefühlt hatte?

»Alles in Ordnung?«, fragte Den.

Sie nickte. Es gab keinen Grund, ihn damit zu behelligen - er konnte ohnehin nichts tun, um ihr zu helfen. Der kleine Sullustaner schüttelte den Kopf, als wüsste er es besser, sagte aber nichts.

Dann - vielleicht, weil sie nicht damit rechnete - stieg die Macht mit einem Mal wirbelnd in Barriss empor und schenkte ihr ein plötzliches Wissen, das sie verblüffte: Die Explosion auf dem MediStern war kein Unfall.

Der Reporter musste die Reaktion ihrem Gesicht angesehen haben. »Was ist los?«

Barriss atmete tief durch, um sich wieder zu sammeln. Die absolute Gewissheit der Erkenntnis hatte sie erschüttert. Einen Moment lang war sie außerstande zu sprechen.

Sie musste mit diesem Wissen irgendetwas machen. Sie musste es jemandem erzählen. Nicht Den, keinem Reporter, aber irgendjemandem. Jemandem, der sich in einer Position befand, diesbezüglich etwas unternehmen zu können.

Es war dieselbe Überzeugung, die sie gehabt hatte, als vor Monaten, vor dem Standortwechsel, der Raumfrachter in die Luft geflogen war. Die Ursache dafür hatten sie nie gefunden. Sie hatte Colonel Vaetes von ihren Gefühlen berichtet, der höflich, aber desinteressiert gewesen war. Offensichtlich zog er handfeste Beweise dem vor, was er als Mystizismus betrachtete. Vielleicht würde er diesmal ein wenig aufgeschlossener sein. Dieser Sabotageakt war tausend Mal schlimmer als der letzte. Irgendetwas musste unternommen werden.

 






15. Kapitel

Jos - erschöpft, aber immer noch zu besorgt wegen Tolk, um sich ausruhen zu können - wanderte durch die Krankenabteilung. Die Chirurgiepatienten in der Nachsorge waren allesamt so stabil, wie es nur ging, und die OP-Tische waren im Augenblick leer. Der Gedanke daran, zu seiner Wohneinheit zu gehen, in kaltem Schweigen für sich allein zu sein, war grauenvoll. Er brauchte etwas zu tun.

Weiter vorn stand einer der Schweigsamen teilnahmslos an der Wand. In langsamen, regelmäßigen Abständen drang ein schwacher Atemhauch aus dem Innern seiner Verschleierung hervor. Hier war es kühler als im OP, aber zumindest hatten sie genügend Decken und Heizapparate, um die Patienten warm zu halten. Die Kälte schien dem Schweigsamen nichts auszumachen.

Barriss stand neben dem Bett eines Soldaten, der an einer neuen Art von Infektion litt. Offenbar hatten die hiesigen Mikroben eine mutagene Veränderung durchlaufen und waren jetzt tödlich, was Anlass zu großer Sorge gab. Was einen Klonkrieger befiel, konnte sie alle befallen.

»He!«, rief Jos.

Barriss wandte den Blick von dem kranken Truppler ab, der entweder schlief oder im Koma lag. »Hallo!«, erwiderte sie.

»Wie geht es ihm?«

»Unverändert. Keines unserer Antibiotika, Antivirale oder Antimykotika scheint zu wirken.«

»Spektazillin?« Spektazillin war gegenwärtig der amtierende Meister im Arzneimittelbereich, ein Breitspektrum- RNS-Polymerasehemmer, mit dem sich das bösartigste des drongarianischen Bakterienzeugs in Schach halten ließ.

Sie schüttelte den Kopf. »Er leidet an einem Fieber, das wir mit Analgetika und künstlichem Koma kaum unten halten können, die Zahl seiner weißen Blutkörperchen sprengt jede Skala, und seine Nieren fangen an zu versagen. Er hat. Flüssigkeit in der Lunge, einen unregelmäßigen Herzschlag, der an eine Herztamponade grenzt, und seine Leber macht Überstunden und wird allmählich müde. Das einzig Gute ist, dass er keine Pathogene verbreitet, er ist also nicht ansteckend.«

Jos trat vor und musterte den Patienten, dessen Krankenblatt ihn als CT-802 identifizierte. »So schnell, wie hier alles mutiert, könnte sich das Zeug selbst heilen.«

»Dann sollte es sich lieber beeilen, wenn es seinen Wirt nicht umbringen will. Ich habe getan, was ich konnte, aber das genügt nicht. Ich habe ihn mithilfe der Macht stabil gehalten, doch das kann ich nicht ewig machen.« Im Gegensatz zu ihrer angespannten, sorgenvollen Miene war Barriss' Stimme ruhig und gleichmäßig. »Ich glaube nicht, dass er die Nacht übersteht, Jos.«

Jos stand einen Moment lang da und erinnerte sich an eine Unterhaltung, die er in eben diesem Raum mit Zan Yant geführt hatte. Er kannte Barriss noch nicht allzu lange, aber hier in den Sümpfen, unter den Toten und Sterbenden, schlossen die Mediziner untereinander schnell Freundschaft. Der Krieg war das Problem, und sie taten alle ihr Bestes, um ihren Teil zur Lösung beizutragen, auf jede Art und Weise, die ihnen zur Verfügung stand, ganz gleich, wie unbedeutend das auch sein mochte.

Er nahm einen tiefen Atemzug. »Vielleicht gibt es da noch etwas, das wir ausprobieren können.«

Sie sah von dem Patienten zu ihm. Ihr Blick war fragend.

Als Zan gestorben war, war es Jos aus den Habseligkeiten seines Freundes im wahrsten Sinne des Wortes in die Hände gefallen. Er hatte den Großteil von Zans Sachen zusammengepackt - die Quetarra, Kleidung, Buchmodule und dergleichen - und sie seiner Familie auf Talus geschickt. Doch unter Zans Pritsche versteckt hatte er etwas gefunden, das er nicht in das Paket mit den persönlichen Sachen seines Freundes gelegt hatte: Zans Vorrat an verarbeitetem Bota.

Hier war es illegal, das Zeug zu besitzen. Das ganze geerntete und stabilisierte Bota ging an andere Welten und Systeme, wo es sein Gewicht in kostbaren Edelsteinen wert war. Genau wie auf abgelegenen Plantagen, auf denen die Einheimischen Früchte und Getreide produzierten, die zu teuer waren, um sie selbst zu essen, oder bei Feuersteinbrüchen, wo Minenarbeiter jeden Tag Steine fanden, die mehr wert waren, als sie im Jahr verdienten, oder irgendwo anders, wo diejenigen, die die Drecksarbeit erledigten, nicht vom Lohn ihrer Mühen profitierten, wurde Bota als zu kostbar erachtet, um es für Klone zu verschwenden.

Doch damit hatte Zan sich nicht abgefunden. Es war ihm gelungen, eine kleine Menge des Wundergewächses zu beschaffen und es im Feldtest so gründlich zu testen, wie es im Hinblick auf die notwendige, heimliche Natur seiner Behandlungen eben möglich gewesen war. Selbst unter alles anderem als idealen Bedingungen hatte das Bota jede hartnäckige Infektion kuriert, die sich ein Fett-Klon auf diesem Planeten eingefangen hatte. Die Ironie, sich auf einem Planeten zu befinden, auf dem diese Pflanze wuchs wie Unkraut, ohne dass es ihnen möglich gewesen wäre, es zu benutzen, um Leben zu retten, entging weder Zan noch Jos. Zan hatte Karriere und Freiheit aufs Spiel gesetzt, um heimlich Patienten damit zu behandeln. Jos selbst war zwar nicht bereit gewesen, so weit zu gehen, hatte jedoch ein Auge zugedrückt, was die illegalen Aktivitäten seines Freundes betraf.

Ihm wurde bewusst, dass er zu lange dort gestanden hatte, ohne zu antworten. Zeit, eine Entscheidung zu treffen, Jos. Kannst du dasselbe tun, was dein Freund getan hat?

»Einen Augenblick bitte!«, bat er. »Ich bin gleich wieder da.«

Er verließ die Krankenabteilung und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft. Der Schnee lag knietief und fiel noch immer, doch einige der Wartungsdroiden hatten sich darangemacht, Wege frei zu räumen, sodass das Ganze kein großes Problem war - noch nicht. Wesentlich mehr Anlass zur Sorge bereitete der Mangel an warmer Kleidung für alle. Jos war ein ektomorpher Typ, groß und schlank. Sein Körper gab Wärme sehr effektiv ab, was in tropischem Klima ausgesprochen nützlich war. Doch im Augenblick war die Temperatur unter der Kuppel ungefähr zehn Grad niedriger als an einem der beiden Planetenpole, und zum ersten Mal in seinem Leben ertappte er sich dabei, dass er seinen Mangel an Körperfett bedauerte. Er trug praktisch seine gesamte Garderobe: zwei Armeehosen und zwei Paar Socken, einen schweren Pullover, eine Weste aus Durnisfell und eine Decke als provisorischen Poncho. Zwei Chirurgenhauben hielten den Kopf warm, während er ein Schweißband so weit unten trug, dass es die Ohren bedeckte. Er hatte drei Paar Hautschutzhandschuhe an und fror trotzdem noch.

Wenn diese Kuppelfehlfunktion nicht bald behoben wurde...

Auf dem Weg zu seiner Unterkunft bemerkte Jos mehrere Mitglieder von Revocs Gefolge, die unterwegs zur Cantina waren. Er winkte, und sie winkten zurück. Die meisten von ihnen kamen mit ihrem unerwarteten Exil ziemlich gut klar. Trebor und die anderen Stars waren in rasch errichteten Barracken einquartiert worden, wo sie die meiste Zeit über geblieben waren. Bislang war es niemandem erlaubt gewesen abzureisen, weder zu einer anderen Flehr-Station noch zum MediStern, denn je mehr die defekte Kuppel dadurch geschwächt wurde, Transporter passieren zu lassen, desto fehlerhafter schien das System zu werden. Der Großteil der eintreffenden Bergetransporter wurde zu Flehr Fünf und Vierzehn umgeleitet, die ihnen am nächsten waren, doch dort konnte man bloß eine gewisse Anzahl zusätzlicher Fälle aufnehmen, weshalb einige nach wie vor hierher durchgelassen wurden.

Zans Vorrat an verarbeitetem Bota lag jetzt unter Jos' Pritsche. Er hatte es behalten, ohne sich ganz darüber im Klaren zu sein, was er damit machen sollte. Nun wusste er, dass er unterbewusst auf eine Gelegenheit wie diese gewartet hatte.

Was die Republik nicht wusste, schadete ihr nicht, und er konnte damit das Leben eines Soldaten retten - ein Leben, von dem Jos jetzt wusste, dass es so viel wert war, wie das von jedem anderen. Irgendwann musste man einfach anfangen, Farbe zu bekennen. Jos war sich vieler Dinge im Leben nicht ganz sicher, doch eins wusste er mit Gewissheit: Es war falsch, einen Mann sterben zu lassen, wenn man ihn retten konnte. Und möge die Leere des Alls jeden holen, der etwas anderes behauptete.

»Jos?«

Er schaute auf und sah Vaetes näher kommen.

Sein Blut gefror schneller als bei einer Kryovaskulärtransfusion. Er versuchte, sich gegen die Nachricht zu wappnen, dass Tolk auf dem MediStern zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war, dass sie ihre Identität bestätigt hatten, dass er sie nie wieder lächeln sehen würde ...

»Tolk ist in Ordnung. Ich habe es gerade erfahren.«

Jos' Erleichterung war so gewaltig, dass er beinahe schluchzte. Er fühlte sich so, wie sich der legendäre, weitentragende Riese Salta gefühlt haben musste, als er seine Last zu einem Platinumsockel schleppte, den sein Bruder Yorell für ihn gegossen hatte.

»Vielen Dank«, war alles, was er hervorbrachte.

Am Leben! Tolk war am Leben!

»Ich fürchte allerdings, dass sie in nächster Zeit noch nicht runterkommen wird. Die Explosion hat vier Decks im ventralen Hüllenbereich zerstört, einschließlich der Andockbuchten, wie Sie sicherlich schon wissen. Sie hilft dabei, die Verletzten zu versorgen.«

»Spielt keine Rolle«, erwiderte Jos. »Solange sie in Sicherheit ist.«

»Merit ist ebenfalls wohlauf.«

»Ich wusste, dass er nicht im Lager ist«, sagte Jos. »Ich wusste aber nicht, dass er nach oben geflogen war.« Dann fiel ihm auf, dass der Colonel dennoch eine grimmige Miene zur Schau stellte. »Was ist los?«

»Ich habe unlängst mit Jedi Offee gesprochen, und einige Tests, die wir durchgeführt haben, um ihrem Verdacht nachzugehen, haben bestätigt, dass das Ganze kein Unfall war.

Es war Sabotage. Vermutlich durchgeführt von derselben Person oder denselben Personen, die den Transporter hochgejagt haben.«

Jos starrte ihn an, einen Moment lang außerstande zu verarbeiten, was Vaetes gerade gesagt hatte. Sabotage? Schon wieder? Sie hatten nie herausgefunden, was den Bota-Transporter zerstört hatte, und nun war dasselbe noch mal passiert, diesmal in viel größerem Maßstab.

Diese Neuigkeit war schockierend. Eigentlich sollte es doch selbst im Krieg einige Regeln geben, einige Abkommen. Seit dem Großen Hyperraumkrieg wurden Lazarettschiffe als unantastbar betrachtet. Obgleich die im Orbit kreisenden Schiffe leichte Ziele waren, war es für zivilisierte Wesen absolut tabu, eins davon zu beschädigen oder zu zerstören.

Oder zumindest war es das gewesen - bis jetzt...

 






16. Kapitel

Letzthin schien Den so ziemlich seine gesamte Zeit in der Cantina zu verbringen. Er war nicht hundertprozentig damit zufrieden, auch wenn es seine Vorteile hatte. Zum einen war die Cantina mit Abstand der wärmste Ort im Lager. Zum anderen war es hier am einfachsten, Leute zu treffen, und normalerweise waren Leute der Ausgangspunkt für die Art von Storys, auf die er sich am besten verstand.

Und drittens, na klar, gab es hier die Drinks.

Es brauchte einiges, um einen Sullustaner betrunken zu machen - wirklich, ernsthaft, fall-hin-und-verfehl-den-Boden-betrunken. Einmal hatte Jos versucht, ihm zu erklären, wie das mit seiner Physiologie zusammenhing, mithilfe einer Menge zungenbrecherischer Begriffe wie Glykolyse, Mitochondrien und polymorphe Chemosorption - sinngemäß lief das Ganze darauf hinaus, dass seine Körperzellen sehr wählerisch waren, welche Moleküle sie verwendeten, und auf welche Weise sie das taten. Was bedeutete, dass eine Alkoholmenge, bei der die meisten kohlenstoffbasierten Spezies dasaßen, einander die Arme oder Tentakel um die Schultern legten und alte corellianische Trinklieder sangen, ihm lediglich einen angenehmen Schwips bescherte.

Jetzt war er beschwipst und sah keinen Grund, nicht noch ein bisschen zuzulegen. Als das Honorar für seinen letzten Bericht eingetrudelt war - dieser aufgebauschte Beitrag für das Wesen-Holozin über Uli Divini, Jungchirurg -, hatte er seinen Bardeckel bezahlt. Jetzt winkte er Teddel, die zu seinem Tisch herübergerollt kam. »Noch einen johrianischen Whiskey, Teddel - on the rocks!«

»Kommt sofort, Schätzchen.« Sie rollte davon, und Den rief ihr nach: »Und damit meine ich auf Eis, nicht mit Kieselsteinen!« Er hatte auf die harte Tour erfahren, dass die idiomatische Programmierung des Servierdroiden in Basic nicht so umfassend war, wie sie sein könnte.

Teddel gab über die Schulter zurück: »Ich nehme an, Sie wollen das Zeug außerdem in einem Glas, oder?«

Den lachte. Diese Retourkutsche kam unerwartet - wer auch immer ihre Neuralprogrammierung durchgeführt hatte, besaß zumindest Sinn für Humor.

Er betrachtete die Überreste grüner Flüssigkeit in seinem Glas und ließ sie kreisen, während er an Gespräche dachte, die er unlängst mit Jos und I-Fünf gehabt hatte. Der Droide hatte einmal gesagt, dass alle seiner Art Sinn für Humor hatten. Den fragte sich, wie viel von Teddels Persönlichkeit einprogrammiert war und wie viel davon zu ihrem ureigenen Wesen gehören mochte. Angeblich gab es einen ganz einfachen Test, der vor Jahrhunderten entwickelt worden war und besagte, dass, wenn man eine Unterhaltung mit einem anderen Wesen führen konnte, das man nicht sah, ohne dass man sagen konnte, ob dieses Wesen organisch oder kybernetisch sei, dass das besagte Wesen dann als sich seiner selbst bewusst erachtet werden musste.

Er hatte noch nie von einem Droiden gehört, der diesem Test unterzogen worden war - zumindest nicht so, dass es allgemein publiziert worden wäre. Was auch nicht weiter überraschend war - wenn man der Boss einer großen Produktionsfirma wie Cybot Galactica oder Industrie-Automaton war, wollte man schließlich nicht, dass das hergestellte Produkt auf einmal dachte, es habe dieselben Rechte wie ein empfindungsfähiges organisches Wesen.

Er war sich sicher, dass I-Fünf diesen Test mit Leichtigkeit bestehen würde. Teddel vielleicht auch.

Teddel brachte seinen Drink. »On the rocks, Schätzchen. Gefrorenes H2O.«

Den nahm einen kleinen Schluck von dem Whiskey. Er war kalt und brannte trotzdem, um sein Innerstes zu wärmen. Er schüttelte das Glas und lauschte den Eiswürfeln, die gegeneinanderklimperten. Heutzutage herrschte an dem gefrorenen Zeug gewiss kein Mangel. Seit der ersten Fehlfunktion der Energiekuppel war mittlerweile über eine Woche vergangen, und noch immer gab es keinen Hinweis darauf, wie lange es noch dauern würde, bis sie wieder repariert war. Zumindest hatten sie die Temperatur stabilisiert, wenn auch bei nicht sonderlich behaglichen minus sechs Grad. Es hatte aufgehört zu schneien, jedoch erst, nachdem unter dem Gewicht der weißen Pracht drei Wohneinheiten eingebrochen waren. Es war hier nicht so schlimm, wie in einem Außenposten auf Hoth festzusitzen - das wusste er aus eigener Erfahrung -, aber angenehm war es definitiv auch nicht.

Nach allem, was er gehört hatte, mussten mindestens zwei entscheidende Bauteile von außerhalb des Systems geholt werden. Bis die geliefert wurden, würde es ein langer, kalter Winter werden.

Er bemerkte ein paar der Entertainer an einem Tisch nicht allzu weit von ihm. Er hätte gern etwas über sie gemacht - sie wurden allmählich nervös, weil sie hier festsaßen, und wer konnte ihnen das verübeln? Ihre Zeitpläne waren bereits vollkommen hinfällig. Doch um eine Story über ihre Misere zu machen, war es nötig, die Fehlfunktion der Kuppel preiszugeben, und die Machthaber hatten beschlossen, dass dieser Umstand fürs Erste als geheim eingestuft war. Er war deswegen ein bisschen grantig geworden, aber was das anging, war Vaetes knallhart geblieben. Den war nicht recht klar, was für einen Vorteil dieses Wissen den Separatisten verschaffen sollte, da alle behaupteten, es sei eine Fehlfunktion. Dennoch blieb der Deckel fest auf dem Topf, und daran würde sich in nächster Zeit wohl auch nichts ändern.

Dann gab es wenig zu tun, abgesehen davon, noch einen Drink zu nehmen.

Die Sabotage des MediSterns lief schließlich nicht weg. Nach allem, was Den herausfinden konnte - was nicht viel war, selbst mit seinen ganzen Quellen -, war die Explosion definitiv vorsätzlich ausgelöst worden. Das an sich war schon entsetzlich genug - ein Lazarettschiff in die Luft zu jagen, war ein Akt der Barbarei, keine Kriegshandlung -, doch die Tatsache, dass es möglicherweise Verbindungen zur Zerstörung des Transporters vor einigen Monaten gab, schien darauf hinzuweisen, dass auf irgendeine Weise ein Spion unter ihnen weilte.

Unnötig zu sagen, dass er diese Neuigkeit ebenfalls nicht weitergeben durfte. Nicht über offizielle Kanäle.

Er schüttelte den Kopf. Das schien absurd - ein Spion, in einer abgelegenen Flehr auf einer sternenverlassenen Welt wie dieser? Als er diesen Auftrag angenommen hatte, hatte er sich gegen Langeweile und erzwungenen Müßiggang gewappnet. Doch die Zeit, die er bei Flehr Sieben verbracht hatte, war alles andere als langweilig gewesen.

Als er seinen Drink leerte, sah er, wie I-Fünf die Cantina betrat. Er machte eine einladende Geste, doch stattdessen steuerte der Droide auf die Theke zu, wo sich Teddel befand.

Die beiden Droiden unterhielten sich einen Moment lang miteinander. Den war nah genug, um das Gespräch mit an zuhören. Normalerweise hatte er nicht die geringsten Hemmungen zu lauschen, doch da diese Unterhaltung anstatt in Basic in Binärsprache geführt wurde, konnte er mit dem Schnellfeuer-Kücken, -Piepsen und -Pfeifen, das sie wechselten, nicht viel anfangen.

Einen Moment später wandte sich Teddel wieder ihren Aufgaben zu, und I-Fünf leistete Den an seinem Tisch Gesellschaft.

»Ich wusste nicht, dass du Binär sprichst«, sagte Den.

»Das überrascht Sie? Mit Sicherheit wissen Sie, dass Protokolldroiden - selbst die einer eingestellten Produktlinie wie meiner - eine umfassende Sprachenprogrammierung besitzen.«

»Stimmt. Deshalb gehe ich davon aus, dass du mit der Lady bloß ein kleines Schwätzchen gehalten hast.«

»Schwerlich. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, habe ich sie nach ihrer Modellnummer und ihren Feldsubstratparametern gefragt.«

Den war gerade betrunken genug, um das wahnsinnig komisch zu finden. »Klasse Anmachspruch!«, meinte er zwischen zwei Lachanfällen. »Vielleicht sollte ich es damit mal bei dieser süßen kleinen Tänzerin von der Unterhaltungstruppe versuchen. Willst du mit in meine Bude kommen, Puppe? Wir könnten über Feldsubstratparameter diskutieren.« Er lachte wieder.

»Organische sind unglaublich amüsant«, sagte I-Fünf. »Selbst, wenn sie als Einzige dieser Ansicht sind.«

Den schaffte es, mit dem Lachen aufzuhören, auch wenn seine Wangenlappen vor kaum beherrschter Heiterkeit flatterten. »Sei nicht so spießig! Wir haben dich nie betrunken gekriegt, oder? Ich hatte da ein paar Ideen, aber nichts schien zu klappen.«

»Und ich bin mir ehrlich gestanden nicht sicher, ob ich deswegen erleichtert oder bekümmert sein soll. Klo Merits Vorschlag würde vermutlich funktionieren, aber erst, sobald ich die gesamten verlorenen Speicherdaten wiederhergestellt habe. Bis dahin würden meine nicht lokalen Kontrolldämpfer jede Impulsbodenveränderung verhindern.«

»Nun, ich arbeite jedenfalls weiter daran, keine Angst!« Den leerte den Rest seines Drinks.

»Wie beruhigend. Ist das wieder der Moment, in dem Sie bewusstlos werden und mit dem Gesicht voran in einer Schüssel Rauschpilzchips landen? Denn so sehr ich organische körperbetonte Komik auch zu schätzen weiß, habe ich leider noch viele weitere anspruchslose Aufgaben zu erledigen.«

»So betrunken bin ich nicht«, meinte Den. Er stellte sein leeres Glas auf den Tisch, ohne es umzukippen, auch wenn das ein bisschen Mühe kostete.

»Das Wichtigste daran ist, dass Sie das selbst glauben.« Der Droide machte sich auf den Weg zur Tür und trat beiseite, um zwei Personen eintreten zu lassen. Den kniff wegen der vorübergehenden, blendenden Reflektion des Schnees die Augen zusammen. Nach einem Moment erkannte er, dass es sich bei den neuen Gästen um den Umbaraner und die Falleen handelte. Kürzliche Neuzugänge für irgendwelche Verwaltungsaufgaben oder so was, wenn er sich recht entsann. Zweifellos waren sie dem neuen Versorgungsoffizier unterstellt. Einen Moment lang beneidete er sie - zumindest besaßen sie hier irgendeine Funktion. Bis der Netzausfall behoben wurde, gab es für ihn nicht viel anderes zu tun, als in der Cantina zu sitzen und zu trinken.

Was, wenn man es genau nahm, unterm Strich eigentlich gar keine so üble Sache war...

 





 

17. Kapitel

Es war vollbracht.

Der Spion stand vor einem Sichtfenster und blickte auf den grün-blauen Planeten weiter unten hinab. Die ersten Verlustzahlen sprachen von dreiunddreißig biologischen Leben, siebzehn Droiden und einem Sachschaden von mehreren Milliarden Credits. Letzten Endes würde es gewiss noch wesentlich mehr Tote geben. Da man Säule befohlen hatte, die Unterdecks zu zerstören, war die Aufnahme von Patienten vom Planeten ernsthaft gestört - in den Flehrs würden sich Kranke und Verwundete langsam stapeln, und einige von denen, die überleben würden, wenn man sie auf den MediStern verlegen könnte, würden es nicht schaffen. Auch die Bota-Lieferungen würden sich drastisch verlangsamen - allerdings nicht so sehr, um den Zorn der Schwarzen Sonne zu wecken. Die Gangster waren über Säules Verbindung zu den Separatisten informiert. Der Spion war sich darüber im Klaren, dass er hier auf einem schmalen Grat wanderte, daran bestand kein Zweifel. Er musste sicherstellen, dass der Wert seiner Dienste für die Schwarze Sonne gewisse Unannehmlichkeiten bei den Bota-Lieferungen überwog, da andernfalls womöglich bald Kaird von den Nediji an Säules Tür klopfte, so, wie an Admiral Bleyds.

Das Ganze war unbestreitbar ein Rückschlag für die Republik. Für sich allein genommen genug, um den Krieg zu gewinnen? Nein, natürlich nicht. Aber es war ein weiterer Steinblock auf des Banthas Rücken, wie es im Sprichwort hieß. Wer wusste schon, ob dies hier nicht vielleicht der Block war, der dafür sorgte, dass die Last der Kreatur zu groß wurde? Oder der vorletzte Block, der nötig war, das zu erreichen?

Dennoch verspürte Säule keine Zufriedenheit, keinen emotionalen Abschluss dieses Auftrags. Ein Lazarettschiff oder auch nur einen Teil davon in die Luft zu sprengen, war niederträchtig, abscheulich, verwerflich. Auf Drongar gab es Leute, die gut über Säule dachten und sich angewidert abwenden würden, wenn sie wüssten, was der Spion getan hatte. Oder - was wahrscheinlicher war - sie würden jubeln, wenn Säule in einem Hagel Blasterfeuer exekutiert wurde. Die, die nicht tobten, würden lediglich jene sein, die den Abzug drückten...

Der Spion wusste, dass es am besten war, nicht darüber nachzugrübeln. Schmerzhafte Erfahrungen hinterließen Narben, die sogar noch Jahre später pochen und zwicken konnten, wenn man ihnen zu viel Aufmerksamkeit schenkte. Am besten sperrte man sie in einen Schrank, schloss die Tür und verriegelte sie. Sie würden immer da sein, aber wenn man sie dort im Dunkeln nicht sah, taten sie nicht ganz so weh. Manchmal war das die einzige Möglichkeit, um weitermachen zu können.

Soweit der Spion das in Erfahrung bringen konnte, dachten sie immer noch, es sei ein Unfall gewesen, sie suchten also nicht nach einem Saboteur. Am Ende würde sich der Betrieb zwischen dem Schiff und dem Planeten wieder normalisieren, und dann würde man Säule erlauben, von hier zu verschwinden und zur Flehr zurückzukehren.

Um den unvermeidlichen nächsten Schlag gegen die Republik in Angriff zu nehmen.

 

Die Ergebnisse der intramuskulären Injektion von Bota-Extrakt in den sterbenden Soldaten als Wunder zu bezeichnen, ging möglicherweise über die Bedeutung des Begriffs, so wie Barriss ihn verstand, hinaus. Dennoch ließ sich nicht leugnen, dass der Mann, der noch vor wenigen Stunden an der Schwelle des Todes stand, jetzt wach und bei Sinnen war. Sein Fieber war fort und sein rasant versagendes Organsystem auf dem Weg der Besserung, sofern die Telemetriemonitore richtig funktionierten. Die Zahl seiner weißen Blutkörperchen, die mit der Bakterieninfektion sprunghaft zugenommen hatte, war deutlich gesunken, auch wenn der Wert noch immer etwas erhöht war. Im Großen und Ganzen ging es ihm beinahe gut.

Verblüffend.

Barriss hatte noch sechs weitere der Bota-Muskelinjektoren, die Jos ihr gegeben hatte, und sie kannte mehrere Patienten, die mit Sicherheit davon profitieren würden. Diejenigen, die von der Spezies her eher menschlich waren, würden in besonderem Maße in antibakterieller und antiviraler Hinsicht davon profitieren, doch auch jene, denen das Medikament in erster Linie als Analgetikum diente und die starke Schmerzen hatten, die mit gewöhnlichen Narkotika nicht zu lindern waren, würden die Injektionen zu schätzen wissen.

Auf der Station waren wesentlich mehr Patienten als üblich - die Explosion an Bord des MediSterns hatte ihre Verlegung verlangsamt, und obgleich der Zustand der meisten stabil war, brauchten einige nach wie vor mehr Versorgung, als die Feldlazaretteinheit bieten konnte. Das Bota würde ihnen helfen. Das Problem war nur, dass ihr bescheidener Bota-Vorrat nicht lange vorhalten würde.

Während sie ihre Runden durch die Krankenabteilung drehte, fragte sie sich bereits, wie es ihr gelingen könnte, noch mehr von der Wunderpflanze zu beschaffen. Die größeren Felder wurden natürlich bewacht, doch Jos hatte ihr erzählt, dass es kleinere Stellen gab, wo das Bota noch wild wuchs. Zan hatte diese Stellen gefunden und für seine Präparate benutzt. Wenn es ihr gelang, ein wildes Fleckchen zu finden und ein gutes halbes Kilo zu ernten, konnte sie daraus eine Suspension herstellen, mit der sich fünfzig oder hundert Patienten behandeln ließen. Sie kannte die genaue Dosierung und die Mischverhältnisse der aktiven Inhaltsstoffe in der Trägerlösung nicht, doch sie konnte eine der übrigen Dosen analysieren und das herausfinden. Chemie und pharmazeutische Herstellung waren während der Medizinausbildung zwar nicht unbedingt ihre Lieblingsfächer gewesen, doch sie hatte genug gelernt, um beide Kurse mit Auszeichnung abzuschließen. Sie würde einen Weg finden, dass es funktionierte.

Zu schade, dass Zan keine Notizen hinterlassen hat, dachte sie. Das hätte uns eine Menge Zeit und Ärger erspart.

Natürlich konnte es einen gehörig in Schwierigkeiten bringen, wenn man solche Notizen herumliegen ließ und jemand sie fand. Das, was Zan und Jos getan hatten und was sie selbst nun auch zu tun gedachte, war streng genommen illegal. Allerdings war es nicht unmoralisch, und was das betraf, stimmten ihre Jedi- und ihre medizinische Ausbildung vollkommen überein. Es gab solche und solche Gesetze. Einige davon waren aus den falschen Gründen erlassen worden, und viele waren fehlerhaft - nahezu jede Regel hatte ihre Ausnahmen. Wenn die Wahl darauf hinauslief, rechtlich oder moralisch richtig zu handeln, versuchte der Jedi, der diese Entscheidung traf, im Idealfall beides zu tun. Doch die Umstände waren nur selten ideal, und in solchen Fällen sollte man stets den moralischen Weg wählen und bereit sein, falls nötig die Konsequenzen dafür zu tragen.

In diesem Fall war die Wahl nicht allzu kompliziert. Es war richtig, Leben zu retten. Wenn man die Möglichkeit dazu in Händen hielt und man zuließ, dass Leute wegen eines Gesetzes starben, das erlassen worden war, damit die Reichen und Mächtigen davon profitierten - nun, das war schlichtweg falsch.

Sie hörte ein dumpfes Stöhnen, drehte sich um und sah einen von mehreren nicht geklonten Patienten, einen rodianischen Lieutenant namens Zheepho, der im Bett wild um sich schlug und sich gegen das Pressorfeid stemmte, das ihn an Ort und Stelle hielt. Zheepho hatte chronisches Knochenbrechfieber, das anscheinend jahrelang inaktiv in ihm geschlummert hatte, bevor es kürzlich ausgebrochen war. Die Intensität der Muskelkontraktionen, die durch den Krankheitserreger ausgelöst wurden - eine Form von Mikroorganismus, der nicht ganz ein Bakterium und auch kein richtiges Virus war, sondern irgendetwas dazwischen -, war so gewaltig, dass während der heftigeren Phasen der Tetanie die Bänder des Infizierten rissen und manchmal sogar Knochen brachen. Selbst wenn die Krankheit behandelt wurde, lag die Sterblichkeitsrate bei fünfzig Prozent. Es gab kein Heilmittel, und die meisten der Muskelrelaxantien, die ihnen zur Verfügung standen, wirkten bei Rodianern nicht. Eine chirurgische Hirnstammabtrennung würde sowohl die afferente als auch die efferente Nervenleitung kappen, doch - abgesehen von der Kleinigkeit, dass der Patient vollkommen paralysiert bleiben würde, was spontane Bewegungen betraf - das würde die Krämpfe nicht stoppen, da die Infektion im Muskelgewebe selbst steckte, nicht bloß im zentralen Nervensystem.

Vielleicht würde das Bota helfen. Zheepho hatte große Schmerzen und würde bald sterben, wenn nichts für ihn getan wurde. In über der Hälfte aller Fälle breitete sich die Infektion bis zu den Organen aus, bis schließlich etwas Lebenswichtiges - höchstwahrscheinlich Herz, Leber oder Lunge - versagte. Barriss hatte Nachforschungen angestellt, doch in der Fachliteratur - zumindest in der, auf die sie Zugriff hatte - fand sich kein Hinweis darauf, welche Wirkung Bota auf Rodianer hatte.

Allerdings war es ja nicht so, als hätte er viel zu verlieren. Bota führte bei keiner bekannten Spezies zu tödlichen Nebenwirkungen, und die anhaltenden Phasen der Tetanie konnten Zheepho ohne Weiteres so stark schädigen, dass die notwendige Behandlung des Patienten die Möglichkeiten der Flehr überstieg, auch wenn er die Krankheit selbst überlebte.

Sie näherte sich dem um sich schlagenden Rodianer. Sie würde das Pressorfeld deaktivieren müssen, um ihm das Mittel zu verabreichen. Die Injektion in den Deltamuskel oder in den Oberschenkel würde genügen. Der Injektor würde das aerosolierte Medikament geradewegs ins Muskelgewebe schießen - wenn sie es schaffte, bevor er wieder spasmische Krämpfe bekam. Möglicherweise musste sie die Macht einsetzen, um ihn ruhigzustellen.

Sie erreichte das Bett. »Zheepho«, sagte sie. »Ich bin Barriss Offee, eine Jedi-Heilerin.«

»V-verzeihen Sie m-m-mir, d-d-dass ich n-nicht a-a-auf- stehe, H-H-Heilerin«, brachte er mühsam zwischen knirschenden Lippen hervor.

»Ich habe hier ein Medikament, das Ihnen vielleicht helfen könnte«, sagte sie. Sie hielt den Injektor hoch. »Allerdings besteht ein gewisses Risiko, das ich nicht richtig einschätzen kann.«

Der Rodianer verkrampfte sich komplett, zog sich wie eine Kiesenfaust zusammen. Der Krampf währte zwanzig Sekunden. Auf seinem verspannten Körper bildete sich blaugrüner Schweiß. Als der Spasmus abklang, krächzte er: »I-im M-Moment, Heilerin, würde ich m-mit F-F-Freuden sogar G-G-Gift nehmen, wenn I-Ihr es m-mir anbötet... ahhh ...«

Eine weitere Kontraktion befiel ihn, kürzer diesmal.

»Ich muss das Feld abschalten. Versuchen Sie, so still zu halten, wie Sie können!«

»Kein P-P-Problem«, brachte er hervor.

Sie fühlte sich weniger zuversichtlich, als sie klang. Sie konnte das hier nicht machen, indem sie sein Bewusstsein beeinflusste, da er seine krampfhaft zuckenden Muskeln selbst nicht unter Kontrolle hatte. Sie würde ihn mit Gewalt an Ort und Stelle festhalten müssen, mit einem kontrollierten, anhaltenden Machtstoß, was knifflig werden würde, da sie ihn nicht verletzen wollte, besonders im Hinblick auf den geschwächten Zustand, in dem er sich bereits befand.

Sie fand die Verbindung zur Macht, die sie brauchte, und stieß in ihrem Geiste nach vorn, um ihn nach unten zu drücken. Er lag ruhig, und sie machte den Injektor bereit. Sie würde das Ruhigstellfeld deaktivieren, rasch hineingreifen, ihm die Dosis verabreichen und in ein oder zwei Sekunden wieder draußen sein. Fertig und ... los!

Sie schaltete das Pressorfeld aus und streckte beide Hände vor, um mit einer sein Bein ruhig zu halten. Sie drückte den Injektor gegen seinen Oberschenkel und griff nach dem Auslöser ...

Ein heftiger Krampf schüttelte den Rodianer. Die unerwartete Heftigkeit des Anfalls zerrte an Barriss' Machtgriff.

Beeil dich!

Doch als sie den »Abzug« des Injektors betätigte, schlug Zheephos Bein aus, als würden tausend Volt hindurchzucken. Der Injektor prallte vom Oberschenkel ab. Sie hielt immer noch sein Bein gepackt, als ihn ein zweiter Spasmus überkam, der sie vorübergehend aus dem Gleichgewicht brachte. Barriss sprang mit einem Satz vor, und der Injektor landete ... auf dem Rücken ihrer anderen Hand.

Die Nadel spritzte den Hemmstoff durch ihre Haut. Einiges davon ging in die Vene - sie konnte den kalten Rausch spüren. Rasch zog sie sich zurück, aktivierte das Pressorfeld und schnappte sich einen anderen Bota-Injektor aus der Tasche. Als Zheephos Muskeln sich entspannten, schaltete sie das Feld wieder ab, stieß die Nadel in sein Bein und drückte ab.

Dieses Mal hatte sie mehr Glück.

Einen Moment später war das Feld wieder aktiv, und Barriss stand da und blickte auf den Rodianer hinunter. Er zuckte wieder, aber schwächer als zuvor, und zwei Minuten später hörten die Krämpfe auf.

Kann das so schnell wirken?, fragte sie sich.

»Wow!«, sagte er. »Danke, Heilerin. Ich weiß nicht, was Ihr mir da gerade verpasst habt, aber ich nehme ein Fass davon.«

Sie lächelte. »Ich komme nachher wieder, um nach Ihnen zu sehen.«

Der Rodianer lag im Grünen Bett, dem letzten auf dieser Station. Barriss ging durch das Sterilisationsfeld und bog in eine Vorratskammer ab. Sie suchte nach der Macht, um sich in ihr Innerstes zu kehren, in sich selbst hineinzuhorchen. Obgleich es stimmte, dass Bota bei Menschen keine nachteiligen Nebenwirkungen zeigte, hatte sie sich gerade eine ziemlich gewaltige Dosis verpasst. Sie fühlte sich nicht anders als vorher, aber dennoch ...

Mit einem Mal spülte Helligkeit über sie hinweg, die aus dem Nichts zu kommen schien.

Sie blinzelte und sah Meisterin Luminara Unduli, die drei Meter entfernt an der Rückwand stand, sie musterte sie und lächelte.

»Meisterin? Wie seid Ihr hierher ...«

Meisterin Unduli wurde durchscheinend, dann völlig transparent und erlosch schließlich von einem Moment zum anderen wie eine ausgehende Lampe.

Bei ihrem nächsten Atemzug fühlte Barriss plötzlich, wie Energie in sie hineinströmte - reine, rohe, gewaltige Kraft. In diesem Moment fühlte sie sich überragend, beinahe allmächtig. Sie war gleichzeitig in ihrem Körper und außerhalb davon, in der Lage, mehr wahrzunehmen als drei, ja, sogar vier Dimensionen. Es fühlte sich an, als könne sie den Stoff ergreifen, aus dem Raum und Zeit bestanden, um ihn zu drehen und zu verbiegen, in jede Richtung, die sie wollte. Linen strahlenden Augenblick lang konnte sie die Macht auf eine Weise fühlen, wie sie es noch nie zuvor getan hatte - in ihrer Gesamtheit. Da war eine Art ... kosmisches Bewusstsein, durch das sie sich mit allen Dingen verbunden fühlte, überall, imstande, alles zu tun, absolut alles ...

Diesen zeitlosen Moment lang war sie die Macht.

Sonnen wurden geboren, Planeten entstanden, Zivilisationen erhoben sich, gingen unter, die Planeten verdörrten, die Sonnen wurden kalt. Die Zeit flog einem Blasterschuss gleich dahin, wie ein Schiff mit Hypergeschwindigkeit, doch sie war imstande, alles genau zu verfolgen. Jede Einzelheit auf jeder Welt in allen Galaxien bis zum Ende des Universums.

Es war unbeschreiblich. So musste es sich anfühlen, ein Gott zu sein, falls so etwas tatsächlich existierte.

Sie konnte nicht sagen, wie lange es währte. Einige Augenblicke oder einige Äonen, es war unmöglich festzustellen, wie viel Zeit verstrich ...

Dann war es vorbei. Barriss taumelte gegen die Wand zu rück und rutschte daran hinunter, bis sie auf dem kalten Boden saß, benommen von dem Erlebnis.

Sie konnte kaum atmen. Die Woge verging, doch Überreste davon wirbelten weiter in ihrem Innern, mächtige Muster, die durch ihr Wesen schwirrten und tanzten. Sie fühlte sich erschöpft, aber ... irgendwie weiser...

Was war das? Was war gerade mit ihr passiert?

 






18. Kapitel

Jos konnte sich nicht daran erinnern, jemals so aufgeregt gewesen zu sein, seit er sich auf diesem Planeten befand. Der Transporter mit Tolk an Bord war auf dem Weg nach unten. Kr stand neben dem Landefeld und spähte empor - nicht, dass er durch die verdammten Wolken, die noch immer den Bogen der Kuppel verdeckten, irgendetwas sehen konnte. Stellenweise lag der Schnee brusthoch, obwohl die Droiden ihn permanent wegschaufelten. Man hatte genügend Heizgeräte zusammengebastelt, damit es in den meisten Innenräumen erträglich war - in einigen war es sogar angenehm warm doch unterm Strich war die Lage mehr als nur ein bisschen unangenehm. Selbst auf Bodenhöhe kam es zur Bildung von Kondensnebel, der einem den Blick trübte - im Wesentlichen lebten sie in einer trüben Blase. In letzter Zeit hatte es in der Nähe des Lagers glücklicherweise keine feindlichen Angriffe gegeben, keine fehlgeleiteten Raketen oder Partikelstrahlen, die irgendwo dichtbei einschlugen. Wäre es nach Jos gegangen, würde er die Energiekuppel abschalten, den Schnee schmelzen lassen - das würde mit Sicherheit nicht lange dauern - und die nötigen Reparaturen durchführen, solange das System offline war. Aber wäre es nach Jos gegangen, wären sie natürlich gar nicht erst auf diesem verkarkten Planeten gewesen. Dann wäre kein Bedarf für Schutzkuppeln, weil es keinen verdammten Krieg gäbe.

Das unsichtbare Kuppelfenster glitt auseinander, um dem Transporter Zugang zu gewähren, begleitet von einem raschen Austausch von warmer und kalter Luft, der in einem flüchtigen zyklonalen Strudel Nebel und Wolken durch einanderwirbelte. Der kleine Wirbelwind schwirrte nach unten und erstarb, als sich die Kuppel schloss und das Schiff aus den Wolken tiefer schwebte, auf die geräumte Landefläche zu. Der Schnee, der rings um den Startbereich herniederging, variierte farblich ein wenig - ein blasser Regenbogen, in dem Rot die vorherrschende Schattierung war, getönt von Sporenkolonien, die zusammen mit dem Transporter hereingeblasen wurden und schlagartig gefroren waren.

Es schien ewig zu dauern, bis das Gefährt landete und sich die Luke öffnete, und natürlich stiegen vor Tolk erst noch fünf andere Leute aus. Sie trug einen OP-Kittel, und ihr Reisegepäck folgte im Tragekorb eines Gepäckdroiden. Jos sah, dass sich auf ihren bloßen Armen eine Gänsehaut bildete.

Er verspürte einen freudigen Rausch, der nahezu schwindelerregend wurde, als er sie sah, und er eilte zu ihr, um sie zu umarmen. Einen Moment lang entspannte sie sich in seinen Armen, ehe sie sich zu versteifen schien.

»He, bist du in Ordnung?«

»Bin ich, ja.« Sie schaute sich um und erschauerte. »Das mit dem Wetter war dein Ernst, was?«

»Hier ist es gar nicht so schlimm - drüben, in der Nähe der Werkstätten, gibt es so eine Art kalte Stelle, wo sich der Schnee höher auftürmt als ein Wampa auf Stelzen.« Jos ergriff ihren Arm und führte sie in Richtung Lager. »Bringen wir dich rein! Dort kannst du dich aufwärmen.« Er hielt sie mit einem Arm dicht an sich gedrückt und eilte auf seine Wohneinheit zu.

»Lass uns zuerst zu mir gehen!«, erwiderte sie. »Da habe Ich eine Jacke.«

Jos zuckte die Schultern. »Klar.«

In ihrem Quartier hatte das Heizgerät, das Jos zuvor installiert und eingeschaltet hatte, der Luft die meiste Kälte entzogen. Tolk setzte sich auf ihre Pritsche. »Schnee«, sagte sie. »Auf Drongar. Erstaunlich.«

»Da wirst du ziemlich schnell drüber hinwegkommen«, meinte er. »Dann ist das bloß noch ein Riesenschlamassel. Besonders im Hinblick auf unsere Triage-Situation. Wenn sie die Transporte nach oben nicht in Kürze wieder planmäßig durchführen können, müssen wir die Patienten in den Lagerräumen unterbringen - in der Krankenabteilung geht uns der Platz aus.«

Sie nickte. Jos bemerkte, dass sie müde aussah. Müde und abgespannt.

»Ist ziemlich schlimm da oben, hm?«

Sie seufzte. »Nicht für mich. Ich war auf der Kommandoebene, als es passierte. Alles, was wir mitbekamen, war eine heftige Vibration, bevor wir eingeschlossen wurden. Ich kannte keinen von den Leuten, die getötet wurden, und die Verletzten und Überlebenden wurden unter Deck von den Notfallteams triagiert.«

Jos schüttelte den Kopf. »Unfassbar. Ein Lazarettschiff hochzujagen!«

»Das ist schrecklich«, pflichtete sie bei. Ihre Stimme klang matt und irgendwie abwesend.

Das Schweigen zog sich in die Länge. »Möchtest du einen Stimkaf?«

»Das wäre schön.«

Er beeilte sich, das Getränk für sie zuzubereiten. »Wie ist es mit Großonkel Erel gelaufen?«

Tolk schaute von ihm weg, zu ihrer Tasche. »Bestens.«

Selbst eingedenk der jüngsten Gräuel kam irgendetwas an ihrem Verhalten Jos seltsam vor. »Tolk? Geht es dir gut?«

Sie winkte mit einer Hand ab. »Ja, alles bestens. Ich bin bloß müde, nichts weiter. Es war eine ... anstrengende Zeit.«

»Ich verstehe.« Er zögerte. »Wir könnten in die Cantina gehen, einen Happen essen, vielleicht etwas trinken?«

Sie sah ihn an. »Weißt du, Jos, dazu bin ich wirklich nicht in der Stimmung.«

»Klar, sicher. Wir können hierbleiben, kein Problem. Ähm, ich kann rübergehen und uns etwas aus der Kantine holen...«

»Jos«, sagte sie, und ihre Stimme nahm einen leicht spröden Tonfall an, den er schon viel zu viele Male bei viel zu vielen nächsten Angehörigen gehört hatte. »Ich ... ich denke, ich brauche einfach etwas Ruhe.«

»Oh. Oh, klar, sicher.« Er zögerte, nicht sicher, was er sagen sollte. Sie schien nicht besonders glücklich darüber zu sein, ihn zu sehen. Ja, sie war erschöpft, und natürlich war das Erlebte traumatisch gewesen - aber Tolk war OP-Schwester. Sie hatte in einem Monat schon mehr Leute sterben sehen als viele Krankenschwestern in einem Jahrzehnt, und noch dazu unter wesentlich unangenehmeren Bedingungen. Sie war so hart wie Durastahl. Wie konnte eine Explosion, von der sie selbst nicht einmal direkt betroffen gewesen war, sie derart aus der Fassung bringen?

Er schaute auf sein Chrono. »Meine Schicht fängt in ein paar Minuten an«, sagte er und war geradezu schockiert, als ihm bewusst wurde, dass er dankbar dafür war, eine Ausrede zu haben, um zu verschwinden. »Ich ... melde mich bei dir, wenn ich fertig bin, falls das in Ordnung ist?«

»Das ... das wäre schön«, sagte sie.

Er umarmte sie, und wieder schien sie sich unter seinen Händen zu versteifen. Er küsste sie, und sie erwiderte den Kuss, aber es war, als würde er seine Schwester küssen - es lug nicht der geringste Hauch von Leidenschaft darin.

Als er durch den fallenden Schnee zum OP ging, spürte Jos, wie ihn mit einem Mal ein Gefühl namenlosen Schreckens umfing. Tolk war verändert von Bord des Transporters gekommen. Er wusste nicht, wie oder warum, aber sie war nicht mehr dieselbe Frau, die dort hochgeflogen war.

Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht...

 

Als Den seinen üblichen Platz am Sabacc-Tisch einnahm, spürte er, dass irgendetwas anders war. Er brauchte einen Moment, um dahinterzukommen, was es war. Dann schickte er sich an, einen Drink zu bestellen, und stellte fest, dass Teddel keinen Dienst hatte.

Das war seltsam. Droiden arbeiteten nicht in Schichten wie Organische - Teddel war immer hier, wann immer die Cantina geöffnet hatte. Doch heute war sie nicht da.

Ebenso wenig wie Jos und Tolk, aber das war zu erwarten gewesen, wenn man bedachte, dass Tolk gerade erst vom MediStern heruntergekommen war. Neben ihm selbst waren die Spieler Klo, Barriss, I-Fünf und ein neues Gesicht - eins, das zu sehen ihn ausgesprochen freute: Eyar Marath, die sullustanische Sängerin von der Theatertruppe. Den nahm seinen Platz ein, der genau ihr gegenüber am Tisch war. Sie schaute von ihrem Drink zu ihm auf und lächelte.

 

Den erwiderte das Lächeln. Er hatte sich schon gefragt, wie er ihr »ganz zufällig« begegnen könnte, und jetzt bot sich ihm hier eine einmalige Gelegenheit. Es war bereits so lange her, seit er eine andere Angehörige seiner eigenen Spezies gesehen hatte, dass er mittlerweile vermutlich selbst das Hexenweib von To'onalk attraktiv fände. Was das betraf, gab es hier allerdings kein Problem - Eyar war umwerfend schön. Sie war jung, gewiss - wahrscheinlich war er alt genug, um ihr Vater sein zu können -, doch dem Blick nach zu urteilen, den sie ihm schenkte, fiel er für sie nicht in diese Kategorie. Sie hatte glänzende Augen, dunkel wie Obsidian und groß, selbst für eine Sullustanerin. Ihre Ohren waren ansprechend geformt, mit großen Windungen und Läppchen. Ihre Wangen glänzten vor Spucke und flammten in einem dunkleren Rosaton auf, als sie ihn anlächelte.

Oh ja, das war wirklich ein Zuckerschneckchen!

»Wa loota, maga nu«, sagte sie. »Mi nama Eyar Ahtram.«

Den blinzelte. Sie bediente sich der nachrangigen Flexion ihrer Sprache, genauso, wie eine Frau ihrer Art es bei einem Gefährten tun würde.

»Wa denga, see't boos'e. Mi nama Den Dhur.«

Sie lächelte erneut, und mit einem Mal war Den überhaupt nicht mehr kalt. Nicht im Mindesten. An diesem Tisch saß niemandes Vater.

»Wo ist Teddel?«, fragte er die anderen am Tisch. Er verspürte das abrupte Verlangen nach einem Drink.

Niemand antwortete.

Er warf Merit einen Blick zu und sah, dass der kräftige Equani leicht verwirrt wirkte. Er sagte: »Sie ist nicht mehr länger bei uns.«

»Was ist? Sie wurde versetzt? Sie ist doch gerade erst hergekommen.« Er wollte einen oder zwei Blaster, um sich locker zu machen. Es war zwar nicht so, als würde er die Drinks brauchen, aber dennoch...

Ein weiteres unbehagliches Schweigen folgte. Dann meldete sich I-Fünf zu Wort: »Die Einheit TDL-fünf-null-eins wurde zerlegt.«

»Wie bitte?«

»Das war notwendig, um die zentrale Antriebskomponente auszubauen. Die Einheit TDL-fünf-null-eins war eins der neuesten Modelle von Cybot Galactica, und die technischen Daten ihres YX-Neunzig-Antriebs waren mit dem sekundären Phasenoberwellengenerator der Energiekuppel kompatibel. Es war...«

Den hielt seine Hände hoch, um den Droiden zum Schweigen zu bringen. »Warte mal einen Moment! Willst du mir damit sagen, dass sie ausgeschlachtet wurde?«

I-Fünfs Miene und seine Stimme wirkten leerer als üblich, falls das möglich war. »Die Technikdivision hat erfahren, dass es mindestens fünf Standardwochen dauern würde, bevor ein Ersatzantrieb für den beschädigten Generator geliefert werden könnte, deshalb haben sie einen passenden Ersatz gesucht und dafür TDL-fünf-eins-null requiriert...«

»Teddel«, sagte Den. »Ihr Name ist Teddel.«

I-Fünf hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort: »Sie haben den YX-Neunzig der Einheit requiriert, dessen Feldparameter sich innerhalb der Bandbreite bewegen, die nötig ist, um den Phasenoberwellengenerator neu einzurichten.«

Den starrte den Droiden an. »Das glaube ich einfach nicht. Sie haben sie auseinandergenommen, um Einzelteile von ihr zu bekommen? Wie konnten sie das tun? Sie war mehr als bloß ...« Er hielt inne, als ihm das ganze Ausmaß von I-Fünfs Erklärung bewusst wurde. »Feldparameter. Ich erinnere mich. Du hast sie danach gefragt...«

Barriss sagte: »Den, I-Fünf hat nicht...«

Den ignorierte sie und starrte den Droiden an. »Du hast sie ans Messer geliefert?«

I-Fünf sagte: »Mir wurde aufgetragen, den potenziellen Nutzen des Antriebs dieser Einheit zu bestimmen.«

»Das glaube ich einfach nicht. Eine deiner eigenen Art.«

»Sosehr es mir auch widerstrebt, Ihnen Ihre rechtschaffene Empörung zu verhageln«, sagte Barriss. »Es gibt da ein oder zwei Dinge in Bezug auf diese Sache, von denen Sie nichts wissen.« Den bemerkte, dass irgendetwas an ihrer Stimme seltsam war, doch er hatte jetzt keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Seine Lieblingskellnerin war fort, und ihr »Freund« I-Fünf trug dafür die Verantwortung.

»Ich weiß alles, was ich wissen muss ...«

»Teddel hat sich freiwillig gemeldet, Den.« Das kam von Merit.

Er starrte den Mentalheiler an. »Häh?«

Merit sagte: »Sie war sich der Konsequenzen bewusst. Es war Teddel, die die Bandbreitenkompatibilität bemerkt hat. I-Fünf hat sie bloß bestätigt. Es war nicht seine Idee.«

Den schüttelte den Kopf. Sie hatten sie ausgeweidet. Sie war genauso empfindungsfähig gewesen wie jeder andere an diesem Tisch, und komisch noch dazu, aber trotzdem - zack! Einfach so.

»Ich denke, Sie schulden I-Fünf eine Entschuldigung«, meinte Barriss. Wieder war da etwas mit ihrer Stimme. Sie wirkte, nun, älter. Viel älter. Aber das war albern.

»Unnötig«, sagte I-Fünf. »Immerhin bin ich bloß ein Droide. Warum sollte ich mich gekränkt fühlen?«

Den seufzte. »Es tut mir leid, I-Fünf. Ich war einen Parsec neben der Spur. Ich, ähm ... oh, das würde zu weit führen. Lasst uns Karten spielen!«

Klo gab als Erster - sie hatten schon vor mehreren Partien auf die Dienste des KartenHais verzichtet, der jetzt für gewöhnlich in einer Ecke schmollte, während sie spielten.

   Da haben wir es wieder, dachte Den. Eine weitere Erinnerung an den Unterschied zwischen Droiden und biologischen Wesen. Jemand, mit dem man interagierte wie mit jeder anderen Person, konnte ... abgeschaltet werden, einfach so, weil er über irgendein Steuerelement verfügte, das anderswo von größerem Nutzen war. Natürlich starben in Kriegen ständig Leute - Gefährten, mit denen man einen Drink nahm und lachte, konnten einem von einem Augenblick zum anderen genommen werden, ratzfatz, einfach so, aber das hier war etwas anderes. Das hier brachte einen Sullustaner dazu, innezuhalten und nachzudenken.

Den hob sein Blatt auf und warf Eyar Marath dabei einen blick zu.