1. Kapitel

FLEHR-7

DAS JASSERAK-HOCHLAND VON TANLASSA, NAHE DER QAROHAN-STEPPEN PLANETDRONGAR

JAHR 2 NACH DER SCHLACHT VON GEONOSIS

Mit einem Mal blieb wenig Zeit zum Nachdenken. Keine Zeit, um den bewussten Verstand über Aktion und Reaktion urteilen zu lassen, keine Zeit für Entscheidungen über Form und Fluss. Das Bewusstsein war viel zu langsam, um ihr in dieser Situation auf Leben oder Tod Schutz zu gewähren. Sie musste auf ihr Muskelgedächtnis vertrauen, musste jede Bindung zu vergangenen oder künftigen Belangen loslassen. Sie musste vollkommen und total im Jetzt sein, wenn sie diesen Kampf überleben wollte.

Selbst diese Gedanken schossen ihr binnen eines Zeitraums von nicht mehr als einem Herzschlag durch den Kopf.

Barriss Offee hieb und schnitt mit ihrem Lichtschwert durch die Luft, drehte und wirbelte es, um mit diesen Bewegungen vor sich einen Schild leuchtender Energie zu erzeugen, der Blastersalven, Pfeile, Schwerter, ja, sogar ein paar Schleudersteine abhielt, ohne irgendetwas davon geradewegs zu ihren Angreifern zurückzuschicken. Das war von entscheidender Bedeutung und der schwierigste Teil des Kampfes: Bring keinen von ihnen um! Was das betraf, war Meister Kenobi eisern gewesen. Trenn keine Arme, Beine oder Köpfe ab, ramm die Klinge nicht durch die Leiber der Angreifer! Nicht durch die der Brokii, nicht durch die der Januul.

Es war viel schwerer, zu kämpfen und den Gegner dann zu entwaffnen oder zu verwunden, als ihn direkt zu verstümmeln oder zu töten. Es war immer schwerer, das Richtige zu tun.

Barriss kämpfte...

Neben ihr stellte Anakin Skywalker ein solides Maß an Geschick im Umgang mit dem Lichtschwert zur Schau, auch wenn seine Technik noch immer ein wenig rabiat war. Er hatte erst viel später als die meisten Jedi mit der Ausbildung begonnen, doch er schlug sich ziemlich gut. Durch die Macht spürte sie, dass er mehr tun wollte, dass er sie alle niedermetzeln wollte, doch er behielt sich im Griff. Allerdings konnte sie fühlen, was ihm das für Schwierigkeiten bereitete. Und dieses kleine Lächeln auf seinem Gesicht, als er zur Verteidigung ein Energienetz vor sich wob, beunruhigte sie ein wenig. Er schien hieran viel zu viel Gefallen zu finden.

Zu ihrer Linken mähte Meister Kenobis brummende Energieklinge einen nach Ozon riechenden Gobelin verwaschener Lichter, schlug Blasterschüsse in den Boden, blockte heranzischende Pfeile ab und zerschmetterte Durastahlklingen beinahe zu schnell, als dass man dem Spektakel mit bloßem Auge folgen konnte. Seine Miene war ernst, grimmig.

Meisterin Unduli bewegte sich mit dieser unglaublichen, geschmeidigen Anmut, die ihr Markenzeichen darstellte, tanzte defensiv umher, wehrte die Angriffe mit Leichtigkeit ab. Barriss stand neben ihrer Lehrmeisterin und führte die blaue Klinge im perfekten Gleichklang mit dem blassgrünen Schimmer, der vom Lichtschwert ihrer Meisterin ausging. Jede für sich allein waren sie Gegnerinnen, mit denen man rechnen musste. Zusammen, von und in der Macht verschmolzen, stellten sie eine Kampfeinheit dar, die wesentlich stärker und schneller war als die Summe ihrer beiden Teile. Sie ergänzten die Finten, Paraden und Blöcke des jeweils anderen so absolut und vollkommen, dass viele der wilden ansionianischen Ebenenbewohner ungläubig glotzten, während sie den Angriff fortsetzten.

Als die heulende Meute ungeachtet ihrer routinierten Fähigkeit das erste Mal vorgerückt war, hatte Barriss eine Woge der Furcht verspürt. Da waren so viele von denen, und die Oberhand über sie zu erlangen, ohne zu töten, war ziemlich schwer. Doch als sie nun sprang und parierte und die Waffe schwang, während die Macht jede ihrer Bewegungen leitete, war die anfängliche Panik verflogen. Sie hatte den Fluss der Macht noch nie so stark gespürt wie jetzt, als sie vier auf diese Weise hier vereint waren. Sie war mit Anakin und Meister Kenobi ebenso vollkommen verbunden wie mit Meisterin Unduli. Es war ein unglaublich kraftvolles, berauschendes Gefühl, aufregend, überwältigend, das sie mit Zuversicht erfüllte: Wir können es schaffen ... Wir können beide Armeen besiegen...

Vernunftmäßig wusste sie, dass es nicht klappen konnte, doch Überzeugung war eine Frage des Herzens, nicht des Verstandes. Sie waren unbezwingbar. Sie schlugen den Tod aus der Luft: leistungsstarke Partikelstrahlen, Pfeile mit Nadelspitzen, Schwerter, die scharf genug waren, um die langen Mähnen der Ansionianer abzurasieren ...

Der Kampf schien lange Zeit zu währen, doch als er vorüber war, wurde Barriss bewusst, dass die gesamte Auseinandersetzung vielleicht zehn Minuten oder weniger gedauert hatte. Zu ihren Füßen lagen Dutzende zerschmetterter Waffen, und die überraschten Krieger umringten sie voller Ehrfurcht vor den Kampfkünsten der Jedi.

Die sollten sie auch besser haben ...

Barriss lächelte bei der Erinnerung an die Begegnung auf Ansion. Sie hatte die Macht viele Male gefühlt, davor und danach, aber niemals sonst war sie so ... unwiderstehlich gewesen. Selbst, als sie den Alwari ihre »Seele« gezeigt hatten - sie mit ihrem Zirkeltanz, Anakin mit seinem Gesang, Meister Obi-Wan Kenobi mit seinem Geschichtenerzählen und Meisterin Luminara Unduli mit ihrer Macht-Skulptur aus wirbelndem Sand -, hatte sie sich nicht so lebendig gefühlt wie während des Kampfes, als sie an der Seite ihrer Meisterin und der anderen focht. Allein zu kämpfen war eine Sache, aber als Duo oder als Teil einer Gruppe zu kämpfen? Das war viel, viel besser.

Doch das war die Vergangenheit, und wenn sie in ihren Jahren im Jedi-Tempel etwas gelernt hatte, dann, dass man die Vergangenheit zwar Revue passieren, aber nicht erneut erleben konnte. Jetzt befand sie sich nicht mehr auf Ansion, sondern auf Drongar, diesem klammen Treibhaus von einem Planeten, und obgleich ihre Mission, den Dieb zu finden, der die kostbaren, hier wachsenden Bota-Pflanzen gestohlen hatte, vorüber war, wartete sie im Moment noch darauf, von ihrer Meisterin zu hören, um anschließend mit dem nächsten Schritt ihrer Ausbildung fortzufahren.

Gerade, als sie von Neuem fühlte, wie Frustration in ihr aufstieg, piepte die Kom-Einheit auf ihrem Tisch. Sie aktivierte sie, und schon schimmerte ein kleines Holoprojektor-Abbild ihrer Lehrmeisterin in der warmen Luft. Die Kom-Einheit war klein und schien eine geringfügige Fehlfunktion zu haben. Abgesehen von dem üblichen Flackern und Rauschen, das bei der Kommunikation über viele Parsecs hinweg nichts Ungewöhnliches war, schien irgendein Element des Energieverstärkers so viel Wärme abzugeben, dass Schaltkreise schmolzen, so unmerklich, dass sie sich nicht sicher war, ob sie das Ganze tatsächlich wahrnahm oder es sich einfach nur einbildete. Es war kein unangenehmer Geruch, er erinnerte Barriss vielmehr an geröstete Klee-Klee-Nüsse.

Meisterin Unduli war jetzt Lichtjahre entfernt, auf Coruscant, auch wenn ihr Bild nah genug war, um es zu berühren. Das dreidimensionale Abbild war allerdings substanzlos, sodass dieser Versuch genauso vergebens gewesen wäre, wie einen Geist anzufassen.

Barriss seufzte, als sie fühlte, wie sich die Anspannung in ihr löste. Hier auf Drongar hatte sie die Trennung von ihrer Lehrerin deutlich gespürt. Allein der Anblick von Meisterin Unduli, selbst in einer flackernden, niedrig aufgelösten Holoübertragung, genügte, ihr dabei zu helfen, sich zu sammeln. Sie hatte es auch bitter nötig, sich zu sammeln. Nach der jüngsten, gezwungenen Umstationierung der Feldlazaretteinheit - gute fünfzig Kilometer weiter nach Süden, um zu verhindern, dass sie von Kampfdroiden der Separatisten überrannt wurde -, dem Tod von Zan Yant und den niemals endenden Strömen neu eintreffender Verwundeter, verspürte sie das drängende Verlangen nach dem beruhigenden, zentrierenden Einfluss, den ihre Lehrmeisterin stets auf sie ausübte.

Nachdem sie einander begrüßt hatten, sagte Barriss: »Also, ich nehme an, meine Mission hier auf Drongar ist zu Ende.«

Meisterin Unduli neigte den Kopf. »Und was führt dich zu dieser Annahme?«

Barriss betrachtete das Bild, mit einem Mal unsicher. »Nun ... Ich wurde hierhergeschickt, um herauszufinden, wer das Bota stiehlt. Diejenigen, die dafür die Verantwortung trugen, der Hutt Filba und Admiral Bleyd, tun das mittlerweile nicht mehr, da sie tot sind. Das Militär hat einen neuen Admiral entsandt, um den MediStern und die Flehrs auf dem Planeten zu befehligen. Er sollte in Kürze hier eintreffen, und ich vermute, dass er angesichts des Werts der Bota-Pflanzen wegen seiner Redlichkeit für den Posten ausgewählt wurde.«

»Das war bloß ein Teil deiner Mission, Padawan. Du bist außerdem als Heilerin hier, und es gibt immer noch Leute, die Hilfe nötig haben, nicht wahr?«

Barriss blinzelte. »Ja, Meisterin, aber ...«

Es folgte eine Pause, als ihre Lehrmeisterin sie musterte. »Aber du denkst nicht, dass das ein hinreichender Grund für dich ist, dort zu verweilen, oder?«

»Mit allem gebotenen Respekt, aber ich scheine hier kaum einen Unterschied auszumachen. Es ist, als würde man versuchen, einen Sandstrand Körnchen für Körnchen anderswohin zu schaffen. Ich könnte ohne Weiteres durch irgendeinen kompetenten Mediziner ersetzt werden.«

»Und du denkst, dass deine Talente anderswo von größerem Nutzen wären.« Das war keine Frage.

»Ja, meine Meisterin. Das tue ich.«

Meisterin Unduli lächelte. Selbst bei der flackernden Projektion konnte Barriss sehen, wie sich um diese intensiven, blauen Augen herum Fältchen bildeten. »Natürlich tust du das. Du bist jung, und dein Verlangen, eine leuchtende Macht des Guten zu sein, hat dich ein bisschen blind gemacht für all die anderen Dinge um dich herum, die ebenfalls deiner Aufmerksamkeit bedürfen. Aber ich spüre, dass du dort noch nicht fertig bist, mein ungeduldiger Padawan. Es gibt immer noch Lektionen zu lernen. Auch Seelen brauchen Heilung, manchmal ebenso sehr oder noch mehr, als Leiber es tun. Ich werde mit dir in Kontakt treten, wenn ich denke, dass es für dich an der Zeit ist, Drongar zu verlassen.«

Meisterin Undulis Abbild erlosch.

Barriss saß einige Zeit auf ihrer Pritsche. Sie konzentrierte sich darauf, ihren Geist zu beruhigen, und stellte fest, dass das schwierig zu erreichen war. Die Gründe ihrer Meisterin, sie hierzulassen, waren ihr ein Rätsel. Ja, sie war eine Heilerin, und ja, sie hatte ein paar Leben gerettet, aber das konnte sie überall tun. Auf diesem wildwüchsigen Planeten schien es wenig zu geben, das ihr dabei helfen würde, eine voll ausgebildete Jedi-Ritterin zu werden. Sie fand, dass ihre Meisterin lieber nach einem Ort suchen sollte, wo sie sie angemessen testen konnte, um all ihre Fähigkeiten auf die Probe zu stellen, und nicht bloß die als Heilerin.

Doch stattdessen hatte Meisterin Unduli beschlossen, sie auf dieser durchnässten Schlammkugel zu lassen, auf der Schlachten geschlagen wurden, wie sie in den vergangenen tausend Jahren selten geschlagen worden waren - auf dem Boden, zwischen Armeen, die angehalten waren, mit Bedacht ins Gefecht zu ziehen, um zu vermeiden, dass die wertvollen Bota-Pflanzen Schaden nahmen, die hier dichter wuchsen als irgendwo sonst in der bekannten Galaxis. Bota - ein erstaunliches, adaptogenes Gewächs, aus dem eine Vielzahl von Wundermitteln hergestellt werden konnten - war überaus schadensanfällig, und selbst die schwache Druckwelle einer zu nahen Explosion konnte ein ganzes Feld davon ruinieren. Manchmal genügte sogar der Donner eines dichtbei einschlagenden Blitzes - von denen es auf diesem jungen und unbeständigen Planeten jede Menge gab -, um die fragile Pflanze zu schädigen. Weder die Republik noch die Konföderation wollte das, weshalb die hier eingesetzten Waffen und Kriegstaktiken in höchstem Maße primitiv waren. Meistens kämpften Kampfdroiden in Handblaster-Reichweite in kleiner Zahl gegen Klontruppen, ohne dass viel Artillerie oder leistungsstarke Energiestrahlen zum Einsatz kamen. Da die Pflanze, um deren Vorherrschaft die beiden Seiten kämpften, ihr Gewicht in wertvollen Edelsteinen wert war, wollte niemand das Bota zu Tode schütteln oder in Brand setzen - was in der überaus sauerstoffhaltigen Atmosphäre trotz des sumpfigen Geländes nur allzu leicht passieren konnte. Obwohl es stimmte, dass beide Seiten gelegentlich schwerere Waffen eingesetzt hatten - wie beispielsweise bei dem jüngsten Separatistenangriff, der es notwendig gemacht hatte, die gesamte Basis zu verlegen -, kämpfte - und blutete - meistens die Infanterie um jeden kostbaren Zentimeter Boden, und das alles wegen des zimperlichen Vorgehens, den das Bota erforderte. Nicht zum ersten Mal fragte Barriss sich, wie es eine einheimische, so anfällige Pflanze bloß geschafft hatte, sich auf dieser stürmischen Welt so lange in ihrer ökologischen Nische festzuklammern.

Doch solche Fragen spielten jetzt keine Rolle. Alles, was zählte, war, dass der Bota-Dieb tot war - und dennoch hatte Meisterin Unduli ihr befohlen hierzubleiben. Warum? Was steckte dahinter?

Sie schüttelte diese Gedanken ab. Zu viel nachzudenken, war der Klarheit des Geistes nicht förderlich - tatsächlich war genau das Gegenteil der Fall. Sie musste von sich selbst ablassen, musste der Macht erlauben, sie mit der Ruhe und Gelassenheit zu erfüllen, die sie ihr stets schenkte - wenn es Barriss gelang, damit in Verbindung zu treten.

An manchen Tagen war das wesentlich schwerer als an anderen.

 






2. Kapitel

Jos Vondar lag auf dem Bett und schaute den jungen Mann in Offiziersuniform, der im Türrahmen seiner Bude stand, finster an. Eigentlich kaum mehr als ein Junge ... Er sah aus, als wäre er gerade mal fünfzehn Standardjahre alt.

»Was ist?«

»Captain Vondar? Ich bin Lieutenant Kornell Divini.«

»Das ist schön. Und warum stehst du da in der offenen Tür und lässt die Hitze in mein trautes Heim?«

Der Junge schaute etwas unbehaglich drein. »Ich wurde Ihnen zugewiesen, Sir.«

»Ich brauche keinen Hausburschen«, erwiderte Jos.

Überraschenderweise lächelte der Junge. »Nein, Sir, das hatte ich auch nicht erwartet - wenn man sieht, wie sauber und ordentlich Ihre Bude ist.«

Jos erwiderte nichts darauf. Es stimmte, dass die Dinge in letzter Zeit ein wenig ... unorganisiert geworden waren. Er ließ den Blick durch die kleine Wohneinheit schweifen. Seine letzten beiden Garnituren Wechselwäsche hingen über der Rückenlehne eines Formplaststuhls, der Getränkekühler war versifft genug, dass es sich selbst ein schäbiger Meuchelhändler zweimal überlegt hätte, etwas aus dem Ding zu trinken, und der Schimmel, der die Wände hochkroch, war so dicht wie Waldmoos von Kashyyyk. Jos musste ehrlich zugeben, dass vermutlich nicht einmal ein Sumpfschwein freiwillig in einem Saustall leben würde, der so dreckig und vollgemüllt wie dieses Quartier war.

Von ihnen beiden war Zan stets der Ordentlichere gewesen. Er hätte nie zugelassen, dass diese Sache außer Kontrolle geriet. Beinahe konnte Jos die Stimme des Zabrak hören: Hör mal, Vondar, ich habe schon Müllschuten gesehen, die steriler waren als das hier. Was willst du damit erreichen? Versuchst du, dein Immunsystem auf die Probe zu stellen?

Aber Zan war nicht hier. Zan war tot.

Wieder sprach der Junge. Jos schenkte ihm wieder seine Aufmerksamkeit: »... wurde Flehr Sieben als Chirurg zugewiesen, Sir.«

Jos setzte sich in seiner Koje auf und starrte ihn an. Hörte er richtig? Dieses ... dieses Kind war Arzt?

Unmöglich!

Sein Unglauben musste ihm anzusehen sein, da der Junge ein wenig steif sagte: »Coruscant Medizentrum, Sir. Vor zwei Jahren graduiert, dann habe ich mein praktisches Jahr und danach ein Jahr Facharztausbildung im Großen Zoo gemacht.«

Das zauberte ein Lächeln auf Jos' Antlitz. Der Große Zoo war der inoffizielle Name für das Galaktische Polysapiens, das Multi-Spezies-Medizentrum auf Alderaan, bei dem er selbst sein Berufspraktikum absolviert hatte. Das Zentrum beherbergte nicht weniger als dreiundsiebzig verschiedene Umgebungszonen und Operationsbereiche und verfügte über Behandlungsprotokolle für jede bekannte kohlenstoffbasierte empfindungsfähige Spezies in der bewohnten Galaxis sowie über die meisten der silikon- und halogenbasierten

Lebensformen. Wenn es lebte und halbwegs ein Bewusstsein besaß, fand es sich früher oder später im Großen Zoo wieder.

Jos bedachte den Jungen mit einem eingehenderen, abschätzenderen Blick. Er war ein Mensch - entweder Corellianer wie Jos oder irgendeine andere nahe Variante -, mit flachsblondem Haar und Wangen, die aussahen, als stünde ihnen die Begegnung mit Enthaarungscreme noch bevor. »Eigentlich hättest du drei Jahre Assistenzzeit haben müssen, bevor die dich ins Getümmel werfen«, meinte Jos.

»Ja, Sir. Offensichtlich gehen ihnen allmählich die Frontärzte aus.«

Die Überbleibsel von Jos' Lächeln verschwanden. Zan war erst seit einer Woche tot. Und dieser Junge sollte sein Ersatz sein? Die Republik musste allmählich verzweifeln, wenn sie auf diese Weise schon Babys aus ihren Wiegen rissen.

Abgesehen davon konnte ohnehin niemand Zan ersetzen. Niemand.

»Also gut, Lieutenant... Divini, nicht wahr?«

»Uli.«

Jos blinzelte. »Wie bitte?«

»Alle nennen mich Uli, Sir. Ich stamme von Tatooine, aus der Nähe des Dünenmeeres. Das ist die Kurzform von Uliah, das Wort für Sandleutekinder. Wie ich diesen Spitznamen bekommen habe, ist eigentlich recht interessant...«

»Lieutenant Divini, es liegt mir fern, die Weisheit der Republik in Frage zu stellen - ich glaube nicht, dass das überhaupt irgendjemand könnte, da es da keine Weisheit gibt, die man infrage stellen könnte. Also schön, willkommen im Krieg! Schon Meldung beim Kommandanten der Einheit gemacht?«

»Bei Colonel Vaetes, ja, Sir. Er hat mich hierhergeschickt.«

Jos seufzte. »In Ordnung. Ich schätze, dann sollten wir dir lieber eine Unterkunft suchen.« Er stand von seiner Pritsche auf.

Der junge Divini schaute unbehaglich drein. »Der Colonel sagte, ich wohne mit Ihnen zusammen, Sir.«

»Hör auf, mich Sir zu nennen! Ich bin nicht dein Vater, obwohl ich mich in diesen Tagen alt genug fühle, dass ich das sein könnte. Nenn mich Jos ... Vaetes hat dich hergeschickt, um hier zu bleiben?«

»Ja, Sir. Ähm, ich meine, ja, Jos.«

Jos spürte, wie sich seine Backenzähne fest gegen den Oberkiefer drückten. »Bleib genau hier!«

»In Ordnung.«

Als Jos in Vaetes' Büro eintraf, wartete dieser bereits auf ihn. Bevor er ein Wort rausbringen konnte, sagte der Colonel: »Das ist richtig, ich habe den Jungen zu Ihrer Wohneinheit geschickt. Er wurde als Allgemeinchirurg hierherversetzt, und ich habe nicht die Absicht, die Konstruktionsdroiden anzuweisen, alles stehen und liegen zu lassen, um eine neue Bude zu bauen, wenn Sie in Ihrer noch ein leeres Bett haben.« Er hob eine Hand, um Jos' Kommentaren zuvorzukommen. »Dies ist kein Debattierklub, Captain, dies ist die Armee. Sie sind der Chefchirurg dieser Einheit. Zeigen Sie ihm, wie die Sache läuft, machen Sie ihn mit allem vertraut! Das muss Ihnen nicht gefallen, aber Sie müssen es tun. Wegtreten!«

Jos starrte Vaetes an. »Was ist mit Ihnen los, D'Arc? Hat Ihnen irgendwer den Kopf aufgemeißelt und Ihnen ein ordentliches Militärhirn eingepflanzt? Sie klingen wie eine Figur in einem schlechten Holostreifen. Haben Sie in letzter Zeit mal einen Blick nach draußen geworfen? Bislang steht noch nicht einmal die Basis wieder richtig, bloß ein einziger Bacta-Tank ist funktionsfähig, und wir haben während der

Umstationierung einen kompletten Container Kryoflüssigkeit verloren. Dummerweise hat seitdem niemand dem Feind gesagt, dass wir Probleme haben, also schießen sie einfach weiterhin auf unsere Jungs, und wir müssen sie dann irgendwie wieder zusammenflicken. Ich habe nicht die Zeit, die Amme von irgendeinem Randvolk-Bengel zu spielen.«

Vaetes musterte ihn milde, als hätten sie sich über das Wetter unterhalten. »Fühlen Sie sich jetzt besser? Gut. Der Ausgang ist hinter Ihnen. Drehen Sie sich einfach um und gehen Sie ein paar Schritte, um den Sensor zu aktivieren, und Sie sollten sich vielleicht ein bisschen beeilen, weil...«

»Ich höre sie«, sagte Jos empört. Mindestens zwei Mediberger waren im Anflug. »Aber diese Sache ist noch nicht erledigt, D’Arc.«

»He, Sie können jederzeit vorbeischauen. Meine Tür steht immer offen. Nun, es sei denn, sie ist gerade zu - worum Sie sich auf Ihrem Weg nach draußen bitte kümmern können.«

Jos marschierte aus dem Büro des Colonels in den feuchten, erstickenden drongarianischen Nachmittag hinaus.

Das ist genau das, was ich jetzt brauche, dachte er. Ein Kind, das noch grüner hinter den Ohren ist als ein frisch geschlüpfter Klon. Der Junge mochte vielleicht denken, er sei bereit für den Feldeinsatz, doch Jos' Ansicht nach waren seine Erfolgsaussichten gering. Gewiss, in jedem großen Medizentrum konnten die Dinge heftig werden, doch er hatte schon abgehärtete Veteranen mit Jahren der Erfahrung gesehen, die die Myriaden Arten kannten, auf die empfindungsfähige Wesen sterben konnten, und die doch aus einem Flehr-OP rannten, um zu vermeiden, dass sie sich in ihre Masken erbrachen.

»Mimn'yet-Chirurgie«, nannten sie das, nach einem Fleischgericht von fragwürdiger Herkunft, das bei den blutdurstigen Reptiloiden auf Barab I ausgesprochen beliebt war. Das war eine anschauliche Metapher, die das schnelle, rabiate Flickwerk-Tempo verdeutlichte, mit dem sie arbeiten mussten. Die Blutung stoppen, ein Synthfleischpflaster draufpappen oder eine Gipsschiene aufsprühen und weiter. Da blieb keine Zeit für Feinheiten wie Regenerationsstim. Wenn am Ende jemand einen bleichen Streifen schimmernden Narbengewebes quer im Gesicht hatte, spielte das keine große Rolle - solange er oder sie immer noch schießen konnte.

Es gab Tage, an denen Jos zwanzig Stunden am Stück auf den Beinen war, seine Arme in Rot getüncht und zwischen den Patienten kaum genügend Zeit, um Atem zu holen. Das war primitiv, das war barbarisch, das war brutal.

Das war Krieg.

Dies war die sterile Hölle, in die Vaetes gerade ein Kind geschubst hatte, das kaum alt genug aussah, um von Rechts wegen einen Landgleiter fliegen zu dürfen.

Jos schüttelte den Kopf. Lieutenant Kornell »Uli« Divini stand ein unsanftes Erwachen bevor, um das Jos ihn nicht beneidete.

Andererseits hatte die Situation einen möglichen positiven Aspekt: Tolk würde den Jungen vermutlich lieben.

An sie zu denken, zauberte ihm ein aufrichtiges Lächeln auf die Lippen. Seine Beziehung zu der lorrdianischen OP- Schwester war die eine gute Sache, die dieser Krieg mit sich gebracht hatte. Die einzige gute Sache, soweit es Jos betraf.

Den Dhur hatte eine Mission.

Es war eine Mission, die wenig mit dem Krieg zwischen der Konföderation und der Republik zu tun hatte, allenfalls in recht abstrakter Hinsicht. Und obgleich er ein freischaffender Feldkorrespondent war, handelte es sich dabei um nichts, über das er in jedem Fall eine Story bringen würde. Nein, bei dieser Sache ging es darum, einem Freund zu helfen - jemandem, den er während seines Aufenthalts auf Flehr Sieben gut kennengelernt und den er mittlerweile als verwandte Seele betrachtete.

Denjenigen, die den abgebrühten Sullustaner von früher kannten, würde es zweifellos schwerfallen zu glauben, dass Den für irgendein lebendes Wesen so etwas wie Freundschaft empfand. Was bedeutete, dass sie ihre Meinungen über ihn nicht revidieren mussten, da das Wesen, dem Den diesen Gefallen tat, nicht lebendig war - jedenfalls nicht im traditionellen Sinne.

Was das Ganze zu einer noch größeren Herausforderung machte.

Den saß mit seinem Kameraden in der Basis-Cantina. Er nippte an einem besonders starken Machwerk aus Würzbräu, sullustanischem Gin und Altem Janx-Geist, das Sonic Servodriver genannt wurde. Niemand schien zu wissen, warum der Drink so hieß, und sobald man die ersten ein oder zwei intus hatte, verschwendete auch kaum noch jemand einen Gedanken daran. Wie gewöhnlich trank sein Begleiter nichts. Das war nicht überraschend, da er keinen Mund und keine Kehle besaß, und es war ihm bereits gelungen, Den davon zu überzeugen, dass es vermutlich keine sonderlich gute Idee war, Alkohol in seinen Vokabulator zu gießen.

Den richtete seine großen trüben Augen auf I-5YQ. Der Droide besaß die lästige Angewohnheit - noch verschlimmert durch die polarisierten Lichtschutzlinsen, die der Sullustaner trug -, sich in mehrere Abbilder aufzuspalten. Abgesehen davon wirkte alles mehr oder weniger normal. »Wir müssen dich wirklich ma betrunk'n mach'n«, erklärte er I-Fünf.

»Und warum ist das unbedingt erforderlich?«

»Weil's nich fair is«, sagte Den zu ihm. »Alle annern könn'n sich abfülln, bis innen der Schäd'l wechfliecht...«

»Was sie mit alarmierender Regelmäßigkeit tun, wie mir aufgefallen ist.«

»Alle außa dir. Dassis nich gut. Das müss'n wa in O'nung bring'n.«

»Gehen wir einen Moment lang davon aus, dass es sich bei Trunkenheit um einen Zustand handelt, den ich anstrebe«, meinte der Droide. »Ich sehe eine Reihe von Problemen, die hierfür gelöst werden müssten. Von denen nicht das unerheblichste ist, dass ich keinen Metabolismus besitze, der Ethanol verarbeiten würde.«

»Richtig, richtig.« Den nickte. »Das müss'n wa irgendwie umgeh'n. Keine Sogge, mir wird schon was einfall'n ...«

»Augenblicklich hätten Sie schon Mühe, sich an Ihren Namen zu erinnern. Nichts gegen Sie, aber momentan würde ich Ihnen nicht einmal zutrauen, die Schaltkreise eines Mausdroiden neu zu verkabeln. Vielleicht später, wenn Sie...«

Mit einem Mal blähte der Sullustaner aufgeregt seine Wangenlappen. »Jetz habbich's! Dassis perfekt!«

»Was genau?« Der Tonfall des Droiden war skeptisch.

Den kippte den Rest von seinem Drink hinunter, ehe er sich einen Moment lang an der Tischkante festhalten musste, bis sich die gesamte Cantina, die unerklärlicherweise plötzlich in den Hyperraum katapultiert worden war, wieder stabilisiert hatte. »Wa werd'n einfach dein'n Prozzzessor teilweise runnerfah'n.

Fummeln 'n bischen annen Sensoreingäng'n rum, lockern die Logikschaltkreise.«

»Tut mir leid. Multiple Redundanzsicherungen. Die sind fest verdrahtet - ich könnte ebenso wenig aus freien Stücken dagegen interferieren, wie Sie aufhören könnten zu atmen.«

Den musterte stirnrunzelnd seinen leeren Krug. »Verdammt!« Dann hellte sich seine Miene auf. »Inonnung, wie was, wenn wa die Elegdronig direkt neu ausricht'n? Bloß vorüberge'nd, natürlisch...«

»Das könnte funktionieren - wenn Sie die Pikodroideningenieure herschaffen könnten, die nötig sind, um die Neuausrichtung durchzuführen, und die ausschließlich in Reparaturzentren von Cybot Galactica oder bei ihren autorisierten Vertragspartnern anzutreffen sind. Ich glaube, der nächste ist schätzungsweise zwölf Parsecs von hier entfernt.«

Den rülpste und zuckte die Schultern. »Nun, wa lass'n uns schon irgendwas einfall'n. Keine Sogge - so schnell gibt Den Dhur nich auf. Ich bleib da dran, Kumpel.« Sein Kopf schlug mit einem vernehmlichen Tschunk auf den Tisch, und einen Moment später begann er zu schnarchen.

I-Fünf betrachtete den bewusstlosen Reporter und seufzte dann. »Irgendetwas hieran«, murmelte der Droide, »kommt mir so bekannt vor.«

 






3. Kapitel

Hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, wäre es Jos lieber gewesen, den Jungen nicht auf diese Weise mit seiner neuen Arbeit vertraut zu machen. Als sie eintrafen, war der Operationssaal jedoch voller verwundeter Klonsoldaten, das Dröhnen der Mediberger, die neue Verletzte brachten, schien so konstant wie das der Wärmetauscher, und jeder, der ein Vibroskalpell halten konnte, wurde gebraucht. Sofort.

Er hatte keine Zeit, den Jungen zu beaufsichtigen - er steckte bis zu den Ellbogen im Brustkorb eines Klons voller Granatsplitter. Count Dookus Waffenforschungsgruppe hatte eine neue Splitterbombe ausgetüftelt, die »Unkrautscherer« genannt wurde - eine intelligente Bombe, die beim Abschuss in hohem Bogen nach oben flog, über jedes Verteidigungsgitter hinweg, um inmitten eines Truppenverbandes zu landen und in Brusthöhe über dem Boden zu explodieren, um kreisförmig winzige, spitze, messerscharfe Durastahlflechets zu verschießen. Gegen »weiche Ziele« war der Unkrautscherer bis zu einer Entfernung von zweihundert Metern tödlich, und die Rüstung der Klontruppen hielt nicht viel von dem Schrapnell ab, wenn überhaupt etwas.

Wer auch immer die Klonrüstung entworfen und produziert hatte, musste Jos' Ansicht nach für einiges geradestehen. Die Kaminoaner mochten Genies sein, wenn es darum ging, weiches Gewebe zu entwickeln und zu formen, doch soweit er das sehen konnte, war die Rüstung praktisch nutzlos. Die nicht geklonten Teile der Truppen bezeichneten die Ganzkörperanzüge gern als »Körperkübel«. Das war ein treffender, anschaulicher Begriff.

Er setzte gerade an, darum zu bitten, dass das Pressorfeld eine Stufe höher geschaltet wurde, doch Tolk kam ihm zuvor: »Plus sechs auf das Feld«, wies sie den 2-1B-Droiden an, der die Einheit bediente.

Tolk la Trene war Lorrdianerin. Ihre Spezies besaß die verblüffende Gabe, die Mikroausdrücke der meisten Personen zu lesen und irgendwie ihre Gefühle zu erspüren - und das in einem Ausmaß, dass es fast wie Telepathie wirkte. Darüber hinaus war sie die beste OP-Schwester der Einheit. Mehr noch, sie war wunderschön, mitfühlend und Jos' Liebste, und das ungeachtet des Umstands, dass sie eine Ekster war - nicht permes, eine Außenseiterin, die nicht zum Clan seines Heimatplaneten gehörte -, was bedeutete, dass es für ihre Beziehung eigentlich keine Zukunft gab. Die Vondars waren Enster, und das hieß, dass die Ehe bloß mit jemandem aus dem eigenen System geschlossen werden konnte, vorzugsweise mit jemandem von seinem Heimatplaneten. Es gab keine Ausnahmen.

Vorübergehende Bindungen zu Ekstern wurden stillschweigend geduldet, damit man sich die Hörner abstoßen konnte und all das, aber man brachte keine Freundin, die nicht permes war, mit nach Hause, um sie seiner Sippe vorzustellen, zumindest dann nicht, wenn man nicht bereit war, seinem Clan den Rücken zu kehren und dauerhaft verbannt zu werden. Ganz zu schweigen von der Schande, die man seiner Familie damit bereiten würde: Er hat eine Ekster geheiratet! Kannst du dir das vorstellen? Seine Eltern sind vor Scham tot umgefallen!

Jos schaute zu Uli hinüber und dann zu Tolk, die sagte: »Uli scheint sich gut zu schlagen. Die Pflegedroiden haben gerade seinen ersten Patienten rausgerollt, und sie haben nicht den Weg zur Leichenhalle genommen. Er ist ein pfiffiger Bursche.«

Jos schüttelte den Kopf. »Ja, pfiffig.«

Er riskierte einen raschen Blick in die Runde. Ihnen fehlten immer noch zwei Ärzte und drei FX-7-Chirurgiedroiden, um ein komplettes Team zu bilden, und das würde sie heute einiges kosten, mindestens...

Noch während er das dachte, sah er eine maskierte und mit einer Robe bekleidete Gestalt, die an einen der leeren Tische trat. Das Sterilisationsfeld sprang an, und die Gestalt bedachte die Pflegedroiden mit einer Bringt-sie-her-Geste.

»Ich habe keine Ahnung, wer das ist«, meinte Tolk gerade, als Jos genau danach fragen wollte.

Nach Monaten der Arbeit in diesem tropischen Seuchenherd erkannten die OP-Ärzte einander sogar, wenn Gesichter und Köpfe von Chirurgenmasken und Hauben bedeckt waren - was bedeutete, dass dies ein neuer Spieler war. Das warf allerdings folgende Frage auf: Warum hatte niemand ihn, Captain Vondar, den Chefchirurgen, darüber informiert, dass sie einen Neuen im Team hatten?

Eine frische Ader riss auf, aus der fächerförmig Blut spritzte, und schlagartig hatte Jos andere Dinge, die seine Aufmerksamkeit erforderten.

Neun Patienten später erwischte Jos einen einfachen Fall, eine simple punktierte Lunge, die er innerhalb weniger Minuten mit Klebepflaster flicken konnte. Tolk fing an, den Klon zuzumachen, und Jos schaute sich um. Aktuell wartete gerade kein weiterer Patient mehr auf sie. Endlich hatte sich die Lage ein wenig beruhigt. Er sah den Triagedroiden an - heute war es I-Fünf-, und der Droide hielt mehrere Finger hoch, um anzuzeigen, wie viele Minuten es noch dauern würde, bis der nächste Patient für sie vorbereitet wäre.

Jos streifte die sterilen Handschuhe ab und zog ein frisches Paar über, dankbar für die kurze Verschnaufpause.

»Ich könnte hier drüben eine helfende Hand brauchen«, sagte der neue Chirurg. »Falls Sie nichts Dringenderes vorhaben.«

Die Stimme war tief und klang älter, als er es in diesem Operationssaal zu hören gewohnt war, in dem die meisten der Chirurgen und Ärzte in einem Alter waren, das menschlichen zwanzig oder fünfundzwanzig Standardjahren entsprach. Jos ging an drei Tischen vorüber und drängte sich an Leemoth vorbei, der an einem Quara-Aqualishaner arbeitete, der von den Separatisten übergelaufen war. Er sah sich die Operation an, die der neue Chirurg gerade an einem Klonsoldaten durchführte.

»Herz-Lungen-Transplantation?«, fragte er.

»Ja. Hat einen Schallimpuls abgekriegt, der den Herzmuskel und die Alveolen förmlich weggeblasen hat.«

Jos musterte die neuen Organe, frisch von den Klonbanken. Die sich selbst auflösenden Klammern, die die Arterien und Venen zusammenhielten, waren x-förmig - so was hatte er seit dem Medizinstudium nicht mehr gesehen. Dieser Kerl war alt - mittlerweile mussten sie die Ärzte vom Boden des Wiederverwerters kratzen. Zuerst ein Junge, jetzt irgend-jemandes Großvater, dachte er. Was kommt als Nächstes - Medizinstudenten ?

»Wollen Sie diese Nervenanastomosen distal machen?«

»Sicher.« Jos streifte sich neue Handschuhe über, nahm das Adaptopressionsinstrument, das ihm die Schwester hinhielt, und begann mit der Mikronaht.

»Danke. Ohleyz Sumteh Kersos Vingdah, Doktor.«

Jos wäre nicht überraschter gewesen, wenn der Mann ihm ins Gesicht geschlagen hätte. Das war eine Clan-Begrüßung! Dieser Mann stammte von Corellia, seinem Heimatplaneten, und darüber hinaus behauptete er, mütterlicherseits mit ihm verwandt zu sein. Erstaunlich!

»Hast du deine guten Manieren verloren, Söhnchen?«

»Äh, tut mir leid. Sumteh Vondar Ohleyz«, erwiderte Jos. »Ich bin, ähm, Jos Vondar.«

»Ich weiß, wer du bist, Söhnchen. Ich bin Erel Kersos. Admiral Kersos - und dein neuer Kommandant.«

Und da war der nächste Schlag ins Gesicht. Erel Kerson war der Onkel seiner Mutter. Sie waren sich noch nie zuvor begegnet, aber natürlich wusste Jos über ihn Bescheid. Er hatte seinen Heimatplaneten als junger Mann verlassen und war nie dorthin zurückgekehrt... weil er ...

Jos versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Das war unglaublich. Wie standen die Chancen, bei all den Flehrs auf all den Planeten in der ganzen Galaxis ausgerechnet hier auf Großonkel Erel zu stoßen?

»Vielleicht haben wir später noch Gelegenheit, uns zu unterhalten - wenn du das für angebracht hältst«, sagte Kersos.

»Äh, ja. Genau. Das würde ich gern, Sir.«

Erstaunlicherweise zitterten seine Hände nicht, als er die Naht zu Ende brachte. Sein Großonkel, vor sechzig Jahren vom Clan verstoßen, hier auf Drongar und noch dazu der Chef des Ganzen.

Wie standen die Chancen für so was?

Kaird von den Nediji sah zu, wie die Jedi-Heilerin den verletzten Truppler versorgte. Der geklonte Soldat war gerade aus dem OP zur Nachsorge gebracht worden, und die Male der Lasernaht hoben sich von seiner bronzefarbenen Haut ab. Die Heilerin hatte ihm die Hände aufgelegt, zweifellos, um etwas mit der Macht zu tun. Kaird wusste wenig über solche Dinge und scherte sich auch nicht darum. Er hegte keinen Zweifel, dass die Macht existierte, doch da Jedi ihm für gewöhnlich keine Sorgen bereiteten, galt das ebenso für ihre mysteriöse Kraftquelle. Als Agent der Schwarzen Sonne lag sein Hauptaugenmerk auf praktischeren Angelegenheiten.

Dennoch war es interessant, sie bei der Arbeit zu beobachten. Er befand sich zudem in einer Position, die es ihm erlaubte, sie ziemlich gut im Auge zu behalten, da er in der OP- Nachsorgekammer nah genug bei ihr stand, um sie berühren zu können - sozusagen direkt vor ihrer Nase verborgen.

Normalerweise wäre Kaird in so ziemlich jeder Gruppe vernunftbegabter Lebewesen aufgefallen, da die Angehörigen seiner Spezies in der Galaxis vergleichsweise unbekannt waren. Nedij war eine der abgelegensten Welten und noch dazu ausgesprochen insular. Bloß jene, die der Gemeinschaft des Nests abgeschworen hatten, wagten es, die Raumstraßen zu bereisen. Sein scharf geschnittenes Gesicht, der kurze, dicke Schnabel, die lila Augen und die mit hellazurblauem Flaum bedeckte Haut hätten definitiv die Blicke auf sich gezogen, wenn er seine übliche Kleidung getragen hätte. Jetzt jedoch war er praktisch unsichtbar, da er für diesen Auftrag die perfekte Tarnung für eine medizinische Einrichtung gewählt hatte.

Die als die Schweigsamen bekannte Geschwisterschaft war in der ganzen Galaxis allgegenwärtig. Sie sprachen niemals, für gewöhnlich blieben Gesichtszüge und Körper unter wallenden, alles verschleiernden Roben verborgen, und die meiste Zeit über taten sie nichts anderes, als dazustehen und anwesend zu sein. Die Schweigsamen glaubten, dass ihre meditative Präsenz in der Nähe von Kranken oder Verletzten irgendwie zur Erholung der betroffenen Patienten beitrug. Das Erstaunliche daran - das, was sich seriöse Wissenschaftler und Ärzte nicht erklären konnten - war, dass die Schweigsamen recht hatten. Statistische Studien belegten ohne Zweifel, dass kranke und verletzte Personen schneller und häufiger wieder gesund wurden, wenn die verschleierten Gestalten zugegen waren, als wenn dem nicht so war. Offenbar hatte das auch nichts mit der Macht zu tun. Die Anhänger des Ordens entstammten allen Spezies und sozialen Schichten und wiesen keine der biologischen Kennzeichen auf, die manchmal auf eine Affinität mit dem mysteriösen Energiefeld hinwiesen. Auch ließ sich das Phänomen nicht zur Gänze mit dem Placebo-Effekt abtun, da Patienten, die noch nie von dem Orden gehört hatten, im selben Maße davon profitierten. Das war ein wahrhaft unerklärliches Wunder.

Kaird hatte keine Ahnung, wie so etwas sein konnte, und es kümmerte ihn auch nicht sonderlich, selbst wenn er sich zuweilen fragte, ob seine Gegenwart dieselbe palliative Wirkung hatte, dass die Gedanken, die ihm normalerweise durch den Kopf gingen, ungefähr so weit vom Gleichmut eines Schweigsamen entfernt waren wie Drongar vom Galaktischen Kern. Egal. Er gab vor, ein Mitglied der Geschwisterschaft zu sein, weil er so auf eine Art und Weise mit dem Hintergrund verschmelzen konnte, wie es ihm mit keinem anderen Posten in dieser mobilen Feldlazaretteinheit der Republik - kurz »Flehr« genannt - möglich gewesen wäre.

Bevor er hierhergekommen war, hatte er ein Kräutergebräu von seinem Heimatplaneten zu sich genommen, das seinen Geruch vor den Sinnen der meisten Spezies verbarg. Zusammen mit der Robe blieb seine Anonymität so gewahrt - absolut notwendig für einen Abgesandten der Schwarzen Sonne, dessen Angelegenheiten hier nicht das Geringste mit dem Krieg oder der Behandlung jener zu tun hatten, die im Zuge dessen verletzt wurden.

Kaird war schlicht und einfach wegen des Bota hier. Die seltene Pflanze war eine bedeutende Ergänzung zum Instrumentarium eines jeden Mediziners. Das Bota konnte als Antibiotikum dienen, als Narkotikum, als Schlafmittel - tatsächlich als alles Mögliche, je nachdem, bei welcher Spezies es eingesetzt wurde. Für einen Abyssiner war Bota ein effektiveres Heilmittel als Cambylictusblätter oder Bacta-Flüssigkeit, ein wirkungsvolleres Psychopharmakon als santherianische Tenhowurzel, wenn man ein Falleen war, und ein anabolisches Steroid, das Whiphiden dabei helfen konnte, ihre persönlichen Bestmarken noch zu steigern. Die Schwarze Sonne konnte ein Vermögen damit verdienen, indem sie so viel Bota unters Volk brachten, wie sie in die Finger bekommen konnten - Bota war eine Ware mit wahrhaft universellem Reiz.

Ironischerweise war die Verwendung der Wunderpflanze in den Flehrs hier auf Drongar verboten. Offiziell wurde behauptet, das diene dazu, den Schwarzmarkthandel einzudämmen, doch im Allgemeinen hatte man den Eindruck, dass der wahre Grund dafür ein wirtschaftlicher war: Je weiter man sich von Drongar entfernte, desto kostbarer wurde das Bota. Warum sollte man es da direkt an der Quelle für Klonkrieger vergeuden? Immerhin war es ja nicht so, als würden die ihnen irgendwann in nächster Zeit ausgehen ...

Einige der hier stationierten Ärzte hatten Gesuche eingereicht, das Verbot aufzuheben. Kaird hatte gar gehört, dass ein paar die Vorschrift einfach ignorierten und Mittel und Wege fanden, ihre Patienten trotzdem damit zu behandeln. Als Individuum und als Krieger applaudierte er ihrer Courage und Hingabe. Als Angehöriger der Schwarzen Sonne allerdings musste er möglicherweise etwas dagegen unternehmen, falls und wenn die Verordnung geändert wurde.

Bis vor Kurzem war es dem Verbrecherkartell möglich gewesen, von zwei Schwarzmarkthändlern unter den hiesigen republikanischen Streitkräften ausreichende Mengen von in Karbonit eingefrorenem Bota zu beziehen, was die einzige Möglichkeit war, das anfällige Gewächs zu schmuggeln, ohne dass es entdeckt wurde oder Schaden nahm. Leider weilten diese beiden Lieferanten nicht mehr länger unter den Lebenden - einer schien den anderen aus dem Verkehr gezogen zu haben, und Kaird selbst hatte den Überlebenden getötet. Aus diesem Grunde brauchte die Schwarze Sonne vor Ort einen neuen Kontakt, und bis er einen aufgetan hatte, würde er hierbleiben - das hatten die Vigos verfügt.

Die Schwarze Sonne hatte einen Kontakt auf dem Planeten - tatsächlich sogar in eben dieser Flehr -, doch bedauerlicherweise konnte dieser Kontakt, der ein Doppelagent war und ebenfalls für Count Dookus Separatisten arbeitete, diese Operation nicht durchführen. Der Spion wollte nicht riskieren, dass man ihm auf die Schliche kam, indem er als Vermittler tätig wurde, und Kaird hatte Verständnis dafür. Darüber hinaus war Linses aktuelle Aufgabe, der Verbrecherorganisation Informationen über beide Seiten zukommen zu lassen, für sie viel zu wichtig.

Er fühlte sich unbehaglich und spürte, wie ihm das Gewand an der Haut klebte. Die Luftkühler auf der Basis funktionierten bloß sporadisch, und die osmotischen Felder hielten zwar einiges von der Hitze und Luftfeuchtigkeit ab, aber beileibe nicht alles. Drongars übelriechende Umwelt war vollkommen anders als die saubere, dünne Luft, in der sich die vogelartigen Nediji entwickelt hatten. Ihre Schwingen waren schon lange vergessen und ihr weiches, federgleiches Haar bloß noch ein blasser Schatten des Gefieders, das ihre entfernten Vorfahren besaßen, doch die Nediji zogen die kühlen Höhen, die von dichtem Schnee umwehten Bergklippen den Tiefebenen trotzdem immer noch vor.

Ah, hätte er jetzt doch dort sein können ...

Kaird lächelte bei sich, die Miene hinter dem Schleier verborgen. Ebenso gut hätte er sich einen Hort voller Frauen und einen Berghang voller Huschratten wünschen können, der traditionellen Beute der Nediji, wo er schon mal dabei war. Vielleicht auch ein bisschen altehrwürdigen Thwillwein, um die hedonistische Träumerei komplett zu machen.

Das Lächeln wurde zu einem Stirnrunzeln, als er sah, wie Padawan Offee ihre Handflächen langsam über die bloße Brust des Klons bewegte. Er fragte sich, ob diese Jedi womöglich Ärger bedeutete. Ihre Anwesenheit auf dieser Welt kam ihm sehr seltsam vor. Gewiss, sie war eine Heilerin, doch die Jedi waren in diesen Tagen überaus dünn gesät. Es schien wie Verschwendung, eine hierherzuschicken, selbst wenn es sich dabei um einen noch nicht voll ausgebildeten Padawan handelte. Als Agent der Schwarzen Sonne hegte Kaird einen Argwohn gegen alles und jeden, das oder den er sich nicht sofort erklären konnte. Seiner Meinung nach gab es alte Einsatzkräfte und es gab achtlose Einsatzkräfte, aber keine alten und achtlosen Einsatzkräfte. Durch ständige Wachsamkeit blieb man am Leben, dadurch, dass man einem potenziellen Gegner stets einen Schritt voraus war.

Diese Frau stellte für ihn keine direkte Gefahr dar, auch wenn die Verbindung zur Macht ihr beträchtliche Fähigkeiten verlieh, mit denen es ihr möglich war, den Geist anderer zu sondieren. Allerdings lagen seine Gedankenschildtechniken weit über dem Durchschnitt - er hatte die beste Ausbildung genossen, die sein Vigo sich leisten konnte. Ein einfacher Padawan, selbst eine Heilerin, würde nichts von ihm wahrnehmen, von dem er nicht wollte, dass sie es wahrnahm. Dennoch war das Ganze beunruhigend. Wen auch immer er am Ende als Versorgungsagenten einsetzte, er würde imstande sein müssen zu vermeiden, sich ihr gegenüber durch einen fehlgeleiteten Gedanken oder ein falsches Gefühl zu verraten. Es hatte keinen Sinn, wenn die Jedi dem neuen Agenten auf die Schliche kam - dann würde die Schwarze Sonne noch mal ganz von vorn anfangen müssen, und das wäre ... ärgerlich.

Vielleicht konnte er sie umbringen. Er verwendete einige Gedanken darauf. Das würde nicht sonderlich schwierig sein, und damit wäre die unmittelbare Sorge aus der Welt geschafft. Möglicherweise...?

Nein. In der Galaxis waren bloß wenige Dinge gewiss, doch eins davon war: Wenn man irgendwo, egal wo, einen Jedi tötete, kamen immer andere Jedi, um der Sache auf den Grund zu gehen. Er konnte diesen Padawan mit Leichtigkeit ausschalten, aber als Nächstes bekam er es vielleicht mit einem Jedi-Ritter oder sogar einem Meister zu tun, und mit denen fertigzuwerden, bereitete schon mehr Probleme. Besser, man arrangierte sich mit dem d'javl, den man kannte, als mit dem d'javl, den man nicht kannte, wie das alte Sprichwort besagte.

Die Padawanschülerin beendete ihr Heilritual. Die Augenlider des Soldaten öffneten sich flackernd. Durch den Schleier konnte Kaird sehen, dass sich die Brust des Mannes sanft und regelmäßig hob und senkte und sich seine Augen unter den Lidern in heilsamem, traumerfülltem Schlaf bewegten. Was auch immer sie getan hatte, es hatte gewirkt.

Als sie an ihm vorbeiging, nickte sie ihm zu - eine Geste des Respekts und der Dankbarkeit von einem Heiler zum anderen. Kaird erwiderte das Nicken und sorgte dafür, dass seine Gedanken nichtssagend blieben, bis er zu dem Schluss gelangte, dass sie das Gebäude verlassen hatte. Dann lächelte er.

Er entschied, dass es für ihn fürs Erste am meisten Sinn machte, seine Energie darauf zu konzentrieren, für die Schwarze Sonne einen neuen Partner zu finden und für ihre Sache zu rekrutieren. Dann, sobald der Bota-Strom erneut floss, konnte er sich um alle anderen Probleme kümmern, die womöglich auftauchten. Denn wenn die Schwarze Sonne eines war, dann anpassungsfähig.

 






4. Kapitel

Ein Spion im feindlichen Lager zu sein, war nicht einfach. Nichts an dieser Feststellung war sonderlich originell oder überraschend - diese Eigenschaften barg die Wahrheit nur selten in sich. Doch das machte die Sache nicht im Geringsten weniger schwierig. Wenn man verdeckt in einer gegnerischen Militärbasis arbeitete, musste man mehr Augen als ein Gran haben und so wachsam wie ein H'nemthe-Mann sein. Man musste sich stets der Tatsache bewusst sein, dass ein Spion ein Außenseiter war, ein Eindringling. Man durfte seine Deckung nie sinken lassen, nicht einmal für eine Sekunde.

Nicht, dass irgendjemand Grund hatte, den Spion zu verdächtigen - umso weniger jetzt, wo sich gezeigt hatte, dass der Hutt und der ehemalige Admiral nicht das gewesen waren, was sie zu sein vorgaben, ganz zu schweigen vom Tod der beiden. Aber das hier war Krieg, und im Krieg wurden Spione kurzerhand exekutiert, wenn man sie erwischte. Und sie wurden erwischt - viele von ihnen -, an Orten, an denen so etwas weit weniger wahrscheinlich war, als bei einer Flehr auf irgendeinem einsamen, abgelegenen Planeten am hinteren Ende der Galaxis.

Noch weiter verkompliziert wurde die Sache durch den Umstand, dass es Todesfälle gegeben hatte. Todesfälle, für die der Spion, der unter zwei Decknamen zwei Meistern diente - als Säule Count Dookus Separatistenstreitkräften und als Linse der Schwarzen Sonne -, zumindest teilweise verantwortlich gewesen war. Spielte es für die Toten eine Rolle, ob derjenige, der dafür verantwortlich war, als Säule oder Linse bekannt war? Nein. Spielte es für eine der beiden Geheimidentitäten eine Rolle, wenn die andere aufflog und hingerichtet wurde? Das war ein klägliches Lächeln wert.

Säule - der erste Spitzname war der, mit dem sich der Spion am ehesten zu identifizieren pflegte, da die Separatisten ihn vor der Schwarzen Sonne rekrutiert hatten - mochte viele dieser Leute. Der kürzliche Tod von einem der Ärzte war überraschend schmerzvoll gewesen, auch wenn er nicht die Folge einer verdeckten Operation gewesen war. Säule hatte schon häufig über die Gefahren nachgegrübelt, die es mit sich brachte, untergetaucht inmitten des Feindes zu leben. Selbst, wenn man lange genug unter einer Meute von Mördern weilte, konnte man gewisse Bande zu einigen von ihnen aufbauen. Und keiner von den Ärzten, Schwestern und dem Pflegepersonal hier war ein Mörder - sie waren allesamt Heiler, und wenn ein Feind fiel und zu ihnen gebracht wurde, versorgten sie den Verwundeten mit demselben Geschick und derselben Hingabe wie einen ihrer eigenen Leute. Es war ihre Pflicht, Leben zu retten, nicht, über sie zu urteilen.

Auch das machte es schwer, wenn der Spion ihnen - ob nun als Säule oder als Linse - Schaden zufügen musste, wie es manchmal nötig geworden war. Es stimmte, dass das langerwartete Ende rechtschaffenen Beweggründen entsprang - die selbst nach Jahrzehnten noch schmerzten -, doch zuweilen schien das Ziel unmöglich weit entfernt, verborgen in einem Nebel, der so dicht war wie die Dämpfe, die aus den endlosen Sümpfen herüberwehten, und die Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens - ebenso wie Freundschaften, Ängste, Bündnisse - neigten dazu, einem in die Quere zu kommen.

Säule seufzte. Man konnte keine Holzhäuser bauen, ohne Bäume zu fällen, aber das machte es kein bisschen angenehmer, wenn eine riesige Blauwaldtanne auf jene stürzte, die man als Freunde und Kollegen betrachtete. Doch daran führte kein Weg vorbei - so schmerzvoll es auch manchmal sein mochte, das gehörte zur Pflicht, und es musste getan werden. Was das anging, gab es keine andere Möglichkeit. Keine.

Säule stand vor dem Fenster der Wohneinheit und blickte auf die Basis hinaus. Flehr Sieben war mittlerweile größtenteils wieder aufgebaut worden. Der »Umzug« von den Tiefebenen ins Hochland war mit relativ wenigen Problemen vonstattengegangen. Das Verwaltungszentrum, die Versorgungsgebäude und - am allerwichtigsten - die medizinischen und chirurgischen Bauten waren von den Konstruktionsdroiden in weniger als zwei der lokalen Tageszyklen errichtet worden, wobei ein drongarianischer Tag bloß etwas mehr als dreiundzwanzig Standardstunden lang war. Die Cantina und der Speisesaal standen am dritten Tag vor Einbruch der Nacht. Zumindest oberflächlich schienen die Dinge wieder normal zu laufen.

Doch das hatte seinen Preis gehabt.

Die Umstationierung, die unter schwerem Beschuss durch die Separatisten erfolgt war, hatte den Verlust von drei Patienten gekostet - alle aufgrund von Traumata, die durch den Standortwechsel ausgelöst wurden -, fünfzehn Leute waren verletzt worden, und ein Arzt hatte den Tod gefunden: Zan Yant.

Das war eine gewaltige Schande. Yant war nicht bloß ein ausgezeichneter Mediziner gewesen, sondern auch ein hervorragender Musiker, der zuweilen die gesamte Basis mit der Magie seiner Quetarra in den Bann gezogen hatte. Er konnte dieses Instrument wahrhaftig zum Singen bringen, ihm Melodien entlocken, die so ergreifend schön waren, dass sie imstande zu sein schienen, sterbende Soldaten von der Schwelle der Ewigkeit ins Leben zurückzurufen.

Doch es gab keine Kompositionen, keine Fugen, keine Rhapsodien, die Zan Yant zurückrufen konnten.

Säule wandte sich vom Fenster ab und dem Tisch zu, der den Großteil einer Wand einnahm. Die Separatisten warteten darauf, die jüngsten Neuigkeiten zu erfahren, und es war nötig, eine der komplexen verschlüsselten Nachrichten zu verfassen und sie an Dookus Streitkräfte zu schicken. Der Prozess war schwerfällig und kompliziert: Sobald man die Botschaft mithilfe des sperrigen Codes verschlüsselt hatte, verlangte das Sicherheitsprotokoll, sie mittels Sublichtwellen durch eine Hyperraum-Wurmloch-Verbindung zu übermitteln, anstatt mit dem üblichen Subraum-Trägerimpuls. Alles in allem eine recht ausschweifende und langweilige, aber notwendige Angelegenheit - gelang es einem nicht, solche Nachrichten fristgerecht zu entschlüsseln, konnte sich das als fatal erweisen. Die Warnung vor dem Angriff, bei dem Dr. Yant umgekommen war, war in einer dieser Botschaften enthalten gewesen, und hätte Säule sie schneller dechiffriert, wäre Yants Leben möglicherweise noch für eine kleine Weile länger verschont geblieben. Das war eine Lektion, die einem im Gedächtnis blieb. Wie mühselig und zeitraubend der Prozess auch immer sein mochte, Säule brauchte Dookus Ressourcen und seine Unterstützung, um die Republik zu bezwingen, und dafür mussten gewisse Opfer gebracht werden.

Da war es am besten, sich damit abzufinden. Denn auch in Zukunft würde die Sache nicht einfacher werden ...

Eines musste Den Klo Merit lassen - der Equani-Therapeut hatte vor Überraschung nicht einmal mit einem Schnurrhaar gezuckt, als der Reporter anstelle von Jos Vondar aufgetaucht war. Tatsächlich kam der Ratgeber von ihnen beiden mit der Situation wesentlich besser zurecht als Den, da dies das erste Mal war, dass er auch nur einen Fuß ins Büro eines Mentalheilers gesetzt hatte.

Das sei ein kurzfristiger Entschluss gewesen, erklärte er Merit nervös. Eigentlich hatte er nicht das Gefühl gehabt, als müsse er sich seiner Sorgen entledigen, weder, um sie auf die breiten Schultern des Equani zu laden, noch auf die von irgendjemand anderem - zumindest nicht, bis die hochprozentigen Bantha-Blaster seine Frontallappen genug gelockert hatten, um ihn zum Reden zu bringen. Den war der festen Überzeugung, dass Barkeeper im Grunde die besten Therapeuten seien, und das sagte er Merit auch.

Merit nickte und sagte: »Manchmal sind sie das. Ob Sie's glauben oder nicht, einige meiner besten Sitzungen - kurzentschlossen, aber nichtsdestotrotz erinnerungswürdig - haben unter ähnlichen Umständen stattgefunden. Und übrigens, für gewöhnlich sehe ich es nicht so gern, wenn Patienten einfach miteinander tauschen, besonders nicht in letzter Minute. Aber diesmal drücke ich da wohlwollend ein Auge zu.« Er beugte sich vor. »Also, was führt Den Dhur in mein innerstes Heiligtum?«

Den kaute auf seiner bauchigen Unterlippe. Verflucht, das hier war um einiges schwieriger, als er es sich ausgemalt hatte. Er hätte nicht gedacht, dass ihm derart unbehaglich zumute sein würde, einfach nur zu reden ...

»Jos hat gesagt, ich solle mir seine Zeit nehmen«, sagte er schließlich. »Im Augenblick steckt er bis zu den Haarspitzen in verwundeten Soldaten.«

Zuerst ging Merit nicht darauf ein. Dann lehnte er sich zurück und sagte: »Und...?«

Den war bereits klargeworden, dass das hier nicht den geringsten Spaß machen würde. »Äh, nun ... Er meinte, ich hätte das hier nötiger als er.«

Merit schaute gelinde überrascht. »Hat er das? Nun, es verstieße gegen die Grundsätze meines Berufsstandes, irgendetwas über die privaten Sitzungen eines anderen Patienten preiszugeben, aber ich darf wohl sagen, dass es sich hierbei um eine überraschende Aussage handelt, wenn sie von jemandem wie Doktor Vondar kommt.«

»Ich weiß«, sagte Den, erleichtert, über Jos reden zu können, anstatt über sich selbst, und wenn auch nur für einen Moment. »Der Tod von Dr. Yant hat ihn wirklich schwer getroffen. Ich meine, im OP hat er die ganze Zeit mit dem Tod zu tun, aber das ist etwas anderes - Zan war sein Freund, und sein Tod war sinnlos. So sinnlos ... Aber welcher Tod in einem Krieg ist das nicht?«

Merit nickte. Den wurde bewusst, dass er sich bereits viel entspannter fühlte - vielleicht hatte das etwas mit den empathischen Fähigkeiten des Equani zu tun. Was auch immer der Grund dafür sein mochte, es machte es sehr einfach, mit dem Mentalheiler zu reden. Unterm Strich zog Den Alkohol allerdings immer noch vor.

»Und wie hat sein Tod Sie getroffen?«, fragte Merit.

»Schwer«, gab Den zu. »Aber nicht so schwer wie Jos. Ich glaube nicht, dass er irgendjemanden so schwer getroffen hat wie Jos. Ich meine, ich kannte Zan ja eigentlich gar nicht sonderlich gut... Er war bei den Sabacc-Partien dabei, und er hat anständig Quetarra gespielt, aber ...«

Merit lehnte sich im Sessel zurück. »Aber Sie wollen nicht über seinen Tod sprechen, richtig?«

Den starrte den Mentalheiler überrascht an. »Oh, Sie sind gut«, entgegnete er. »Sie sind sehr gut.«

»Deshalb verdiene ich auch jede Menge Credits.«

Ungeachtet des Umstands, wie bequem der Formsessel war, wand Den sich unbehaglich. »Nun, es ist einfach so, dass ... Kürzlich bin ich auf weitere Informationen über die Männer gestoßen, die Phow Ji getötet hat - Sie wissen ja, dass er bei seinem Ein-Mann-Sturmangriff umgekommen ist.«

Merit rührte sich nicht, aber irgendetwas an ihm ermutigte den Reporter freundlich dazu fortzufahren. »Diese elenden Senderverantwortlichen haben es geschafft, ihn als Helden hinzustellen - meine Story wollte keiner auch nur mit einer zehn Meter langen Energiepike anrühren. Als er noch lebte, war Ji ein Killer, so kalt wie das Vakuum. Jetzt ist er ein verfluchter Held. Die Sache ist nur, dass er unter Umständen tatsächlich einer ist.«

»Wie meinen Sie das?«

Den blies die Wangenlappen auf. »Er hat ein ganzes Kontingent salissianischer Söldner und einen Superkampfdroiden ausgeschaltet. Hab noch nie etwas Derartiges gesehen. Padawan Offee sagt, dass er einfach Amok gelaufen ist - einfach ohne zu überlegen getötet hat. Doch er wusste, dass er es tun würde - er ließ sich dabei aufnehmen und hat mir den Holowürfel mit der Aufzeichnung geschickt. Meiner Quelle zufolge hat er sich diese Söldner außerdem nicht zufällig ausgesucht. Das war eine Eliteeinheit auf Trainingsmission, die wegen der extremen Bedingungen hergeschickt wurde, die hier herrschen. Angeblich handelte es sich um eine Kampftruppe, die sich auf einen wichtigen, verdeckten Überfall vorbereitet hat.«

»Und das hat Sie zu einer, wie Sie finden, unausweichlichen Schlussfolgerung geführt: Dass Phow Ji nicht bloß in einer Orgie sinnlosen Mordens schwelgte, sondern sein Leben bei einer heroischen Tat gab, die der Republik möglicherweise enorme Vorteile verschafft hat.«

»Ich tue die Sache mit der sinnlosen Mordorgie nicht gänzlich ab«, sagte Den. »Aber im Wesentlichen ... ja, Sie haben recht.« Er zögerte. »Als ich das gehört habe, war ich fassungslos. Fassungslos. Ich hatte das Gefühl, als hätte Ji mir persönlich in den Magen getreten. Ich dachte, ich hätte ihn durchschaut: Er war so verrückt wie ein legasthenischer Givin, und er konnte es nicht ertragen, von einem Jedi-Padawan gedemütigt zu werden - so hat er das empfunden. Einst hat er im Zweikampf einen Jedi-Ritter bezwungen, wissen Sie? Also macht er sich auf den Weg zur Front und geht umgeben von einem flammenden Glorienschein unter. Ganz einfach.«

»In der Tat. Wenn man es so betrachtet, empfinden Sie eine befriedigende, rechtschaffene Entrüstung, wenn er als Held dargestellt wird.«

Den seufzte. »Ich bin jetzt seit fast zwanzig Standardjahren Reporter, Doc, und wenn irgendjemand weiß, dass die Galaxis nicht bloß schwarz und weiß ist, dann bin ich es. Aber jetzt fühle ich mich wie irgend so ein Frischling, der noch feucht hinter den Wangenlappen ist und gerade erfahren hat, dass der Senator seines Systems Bestechungsgelder annimmt. Ich fühle mich ... betrogen.« Er schnaubte, schüttelte den Kopf und sah Merit an. »Warum?«

»Ich habe da eine Theorie. Genau wie Sie. Lassen Sie zuerst Ihre hören!«

Den schaute skeptisch drein. »Warum nicht erst Ihre?«

»Dies ist mein Büro.«

Merit lächelte leicht, und Den konnte nicht umhin zurückzugrinsen. Ein Seelenklempner, eine Jedi und ein Schweigsamer im selben Lager, dachte er. Kein Wunder, dass die psychische Energie hier in der Gegend dichter ist als Sumpfgas.

Er schürzte die Lippen und zuckte dann die Schultern. »Padawan Offee hat mir erzählt, ich hätte die >Aura eines Helden<«, sagte er.

»Das haben Sie nachdrücklich bewiesen, als Sie Zans Quetarra für ihn gerettet haben.«

»Das hat ihm ja auch viel gebracht! Auf seiner Beerdigung wird keiner das Ding spielen. Hören Sie, ich will kein Held sein, Doc! Helden bekommen vielleicht Orden, aber meiner Erfahrung nach gehen sie letztlich einfach nur schnell drauf.«

»Niemand beharrt darauf, dass Sie ein Held sind, Den.«

»Gut, denn die wären enttäuscht. Aber ich will auch nicht, dass irgendein tollwütiger Nexu als einer angehimmelt wird. Ich will einfach bloß, dass die Leute die Wahrheit kennen.«

»Ihre Wahrheit«, wandte Merit ein. »Ihre Version der Ereignisse. Und Sie wollen, dass sie mehr tun, als sie bloß zu kennen - Sie wollen, dass sie sie glauben.«

Den sah ihn stirnrunzelnd an. »Sie klingen missbilligend.«

»Ich bin weder dazu da, Dingen zuzustimmen, noch sie abzulehnen. So stellt sich mir die Sache lediglich dar«, fügte Merit hinzu. »Und, bei aller Bescheidenheit, meine Sichtweise beruht auf beträchtlicher Erfahrung im Deuten von Leuten.«

Mit einem Mal war Den ausgesprochen unbehaglich zumute. Er wollte Merits Theorie nicht hören. Er war nicht daran interessiert, der Straße bis zum Ende zu folgen, die der Mentalheiler einschlug. Er stand auf und wandte sich der Tür zu. »Hören Sie, ich muss los. Es ist schon fast dunkel, und ich hatte noch keinen einzigen Drink. Ich will nicht hinterherhängen.«

»Sie können sich für eine Weile hinter einem Krug davor verstecken, Den«, meinte Klo Merit. »Wenn Sie das tun, können zwei Dinge passieren. Erstens: Der Krug muss größer und größer werden, um sich weiterhin vor dem zu verkriechen, was immer es ist, womit Sie sich nicht auseinandersetzen wollen. Am Ende werden Sie reinfallen.«

»Und die andere Sache?«

Merit zuckte die Schultern. »Setzen Sie sich mit dem auseinander, was an Ihnen nagt, und werden Sie damit fertig!«

»Fantastisch«, sagte Den. Er aktivierte den Ausgang und trat in das blendende Licht der untergehenden Sonne hinaus. »Sie würden einen lausigen Barkeeper abgeben, Doc.«

 






5. Kapitel

Als Jos endlich den OP verließ, war Drongars tropisches Zwielicht über den Planeten hereingebrochen. Er sah Uli unter einem Breitblattbaum auf einer Bank sitzen. Der Junge hatte seinen Kittel in den Wiederverwerter geworfen und trug einen Overall der republikanischen Armee, der zu groß für ihn zu sein schien. Ein kleiner Schwarm Feuerschnaken umschwirrte ihn, doch er war offensichtlich zu erschöpft, um sie auch nur wegzuscheuchen.

Jos schlenderte hinüber. Er zog ein Stück Spicegebäck aus der Tasche und hielt es ihm hin. »Hier! Du siehst aus, als könntest du das gebrauchen.«

Der Junge zögerte. »Nur zu!«, sagte Jos zu ihm. »Ist schon in Ordnung. Ein mildes Aufputschmittel. Du wirst dich trotzdem noch fühlen, als wärst du durch einen Dornnadelbusch geschleift worden - bloß nicht mehr rückwärts.«

Uli nahm das Spicegebäck und schob es sich in den Mund. »Machen Sie Witze?«, fragte er, während er kaute. »Während meiner Assistenzzeit habe ich von diesem Zeug gelebt. Genau wie alle anderen, die ich kenne.«

Jos setzte sich. »Ja. Daran erinnere ich mich gut«, sagte er mit einem Seufzen. »Stimkaf und Spicegebäck - das Essen für Sieger.« Er nickte in Richtung OP. »Du hast dich da drin ziemlich gut geschlagen. Besser, als ich dachte, um ehrlich zu sein.«

Uli rieb sich die Augen. Jos bemerkte, dass seine Hände leicht zitterten. »Ist es immer so? Und bitte sagen Sie jetzt nicht: Nein, normalerweise ist es noch schlimmer.«

»Okay. Aber so ist es.«

Der Jugendliche sah ihn mit Augen an, die viel zu alt für so ein junges Gesicht waren. »Der Erste, den ich operiert habe, war von einem Marterer getroffen worden.«

Jos nickte grimmig. Der Marterer war etwas Neues, eine experimentelle Handwaffe, die das limbische System mit einem Hochkollimationsmikroschallstrahl anvisierte, der irgendwie eine unkontrollierbare Prostaglandinbildung auslöste. Die Folge davon waren heftige Schmerzen ohne irgendein körperliches Trauma. Die Schmerzen ließen sich nicht mit Somaprin oder anderen schweren Schlafmitteln eindämmen und waren häufig so intensiv, dass der Patient an Reizüberflutung starb. Die einzige Möglichkeit, dem ein Ende zu bereiten, bestand darin, die Synapsen der Schmerzrezeptoren im Thalamuskortex zu kappen. Hierzu war ein heikler Neurolasereingriff nötig - genau die Art von Operation, die sich schlecht für schnelle, schmutzige Mimn'yet-Chirurgie eignete.

»Ich denke, alles in allem habe ich ziemlich gute Arbeit geleistet«, meinte Uli. Seine Stimme klang dumpf. »Hab den Schmerz gestoppt. Natürlich wird er für den Rest seines Lebens unter einer akuten Funktionsstörung der Bewegungsabläufe und motorischer Ataxie leiden ...«

Jos zog eine mitfühlende Grimasse. Einen Moment lang sprach keiner von ihnen. Dann sagte Uli: »Ich habe gehört, was mit Dr. Yant passiert ist. Es tut mir leid, Jos. Ich kann verstehen, dass Sie im Augenblick keinen neuen Mitbewohner wollen.«

Jos sagte: »Manchmal würde ich am liebsten denjenigen aufstöbern, der diesen Rankgraskrieg angefangen hat, und init meinen bloßen Händen eine Pneumonektomie an ihm durchführen.«

»Tatsächlich?«

»Für den Anfang, ja.«

Uli prustete. Er schaute Jos an, und nach einem Moment grinste Jos. Dann lachten sie mit einem Mal beide, heftige Lachsalven und Gekicher, das weniger von Fröhlichkeit zeugte als vielmehr von Zorn, Verlust, Frustration ...

Nach einer Minute beruhigten sie sich - zumal ohnehin keiner von ihnen mehr wirklich lachte.

»Ich weiß, wie Sie sich fühlen«, sagte Uli und wischte sich die Augen ab. »Ich habe auch eine gute Freundin verloren, vor etwa zwei Monaten, in Mos Espa auf Tatooine. Zwischen ein paar Kopfgeldjägern kam es zum Kampf, und sie war zu nah dran.« Er zögerte. »Das geht nie wieder weg, oder?«

»Nein«, entgegnete Jos. »Nein, tut es nicht. Aber es wird einfacher, es zu ertragen.«

»Ich kann nichts dagegen tun«, sagte Uli.

»Das stimmt, und man muss begreifen, dass man das nicht kann. Sich selbst die Schuld dafür zu geben, weil man seinen Freund nicht retten konnte und diesen Krieg nicht stoppen kann, ist Vergeudung von Mühe und Energie. Es ist nicht deine Schuld, Uli. Nichts davon ist deine Schuld.«

Jos hielt inne, als ihm klar wurde, dass er mehr zu sich selbst als zu dem Jungen sprach. Wieder schüttelte er den Kopf. Das war leicht gesagt - und schwer zu glauben.

Doch vielleicht, nur vielleicht, wurde das mit der Zeit leichter.

Wieder war Kaird unwohl zumute. Die Robe, die ihn als Schweigsamen tarnte, war bei diesem Wetter schon schlimm genug, aber diese neue Maskerade war sogar noch schlimmer, da er jetzt außerdem noch eine Fleximaske trug. Allerdings waren solche Vorsichtsmaßnahmen notwendig. Einer der Gründe dafür, dass er ungeachtet des Umstands, dass er jemand war, der aus jeder Menge hervorstach, als Schwarze-Sonne-Agent erfolgreich war, bestand in seinem Geschick, sich zu tarnen. In seinen Jahren im Dienste der Organisation hatte er seine unverwechselbaren Gesichtszüge und seine markante Gestalt hinter einer Reihe verschiedener Identitäten verborgen, alles bis zu einem gewissen Grad erfolgreich. Einmal hatte er sogar einen »Hutt-Anzug« getragen, einen Plastoidrahmen mit Haut und Gesicht aus Synthfleisch. Beim Kosmischen Ei, das wär wirklich eine Plackerei gewesen! Verglichen damit waren diese Kubaz-Fleximaske und das Gewand gar nicht so schlimm.

Die Auswahl der Spezies, als die er sich ausgeben konnte, war angesichts der Form seines eigenen Gesichts ein bisschen eingeschränkt. Der verkürzte Rüssel einer Kubaz-Nase verbarg seinen eigenen schnabelartigen Mund jedoch ziemlich gut, und die Brille, die die Käferfresser bei hellem Sonnenlicht trugen, bedeckte seine lila Augen. Auf dem Raumhafen würdigte ihn niemand eines zweiten Blickes. Kubaz waren in der gesamten Galaxis allgegenwärtig.

Kaird wartete darauf, dass der nächste Transporter landete. Zusammen mit den Vorräten und dem Wehrmaterial, das er lieferte, befand sich auch ein Team an Bord, das ihm wärmstens empfohlen worden war. Einer war ein Umbaraner, die andere eine Falleen. Linse zufolge waren das keine billigen Antennenbrecher, sondern sie besaßen vielmehr Raffinesse und Geschick. Sie waren Opportunisten, Hoch-

Stapler, die mittels der Vorteile, die sie sich durch die unterschiedlichsten Gaunereien verschafften, die Raumstraßen bereisten und sich ihren Weg von einer Welt zur anderen bahnten. Linse hatte gesagt, dass sie wie die meisten Gauner Phasen der Solvenz besaßen, sogar des Wohlstands, und Phasen finanzieller Verzweiflung. Letzteres war ihr gegenwärtiges Los im Leben.

Was bedeutete, dass sie sich für Kaird womöglich als nützlich erwiesen.

Der Transporter glitt auf Repulsorstrahlen durch die purpurnen und kupferfarbenen Sporenwolken nach unten, durfte die Zugangspassage der Energiekuppel passieren und setzte dann auf dem Landefeld auf. Droiden und binäre Lastenheber begannen, die Fracht auszuladen. Kaird beobachtete die Ausschiffungsrampe. Bei dieser Reise waren nur wenige Passagiere an Bord gewesen: ein Kaminoaner, den es auf einer Art biologischer Inspektionstour hierher verschlagen hatte, und ein Trio menschlicher Offiziere, die mit Colonel Vaetes die Verschiffungsquoten der Bota-Pflanzen besprechen wollten. Einige Droiden und seine beiden potenziellen Mitarbeiter rundeten die Passagierliste ab.

Seine beiden potenziellen Geschäftspartner gingen als Letzte von Bord, gefolgt von einem »Gepäckträger«-Droiden vom Typ RC-101, der ihr Reisegepäck trug. Obgleich die Sporen heute besonders schlimm waren, schien die heiße, suppige Luft keinem der beiden etwas auszumachen. Kaird taxierte die Neuankömmlinge. Sie wirkten so grundverschieden, wie es für zwei kohlenstoffbasierte Humanoide nur möglich war, so unterschiedlich, dass es fast schon grotesk war. Der Umbaraner war klein, vielleicht einen Meter fünfundzwanzig, kahlköpfig und blass. Die Falleen hingegen war über einen Kopf größer und trug ihr Haar zu einem Knoten gebunden. Sie ging mit Stolz, wie eine Kriegerin. Sie trug keine Waffen bei sich, doch dem fließenden Spiel ihrer Muskeln unter dem eng anliegenden Synthstoff-Einteiler nach zu urteilen, entschied Kaird, dass sie auch unbewaffnet gefährlich war.

Im Gegensatz dazu sah der Umbaraner aus, als würde ihn ein kräftiger Windstoß über die Knallbäume davonsegeln lassen, insbesondere mit diesem voluminösen Umhang, der ihn vom Hals bis zu den Füßen umschloss. Kaird hatte über beide Spezies seine Hausaufgaben gemacht und wusste, dass man das Kleidungsstück einen Schattenumhang nannte. Für die meisten humanoiden Spezies wirkte er so kalkweiß wie die Haut des Umbaraners, jedoch nicht für andere Umbaraner, da ihr Sichtfeld größtenteils im ultravioletten Wellenbereich lag, unter dreihundert Nanometern.

Auch für Kaird sah der Umhang anders aus. Die geflügelten Raubvögel, die seine Vorfahren gewesen waren, hatten Zugriff auf eine breitere Sehpalette besessen als auf die schmale Lücke an Strahlung, die den meisten Augen zugänglich war. Obgleich seitdem Hunderttausende von Generationen das Licht der Welt gesehen hatten, konnten die Nediji-Augen nach wie vor tief in beide Enden des visuellen Spektrums blicken. Für ihn war der Umhang ein wogender Aufruhr von Farben, für die abgesehen von seiner eigenen nur wenige Sprachen Namen hatten: Berl, Crynor, Nusp, Onsibel ...

Er war wirklich schön. Als der Umbaraner ging, schien der Stoff des Umhangs zu wogen und zu immer neuen Schattierungen und Farbtönen zu verwirbeln, ein fortwährendes, kaleidoskopisches Spiel von Licht und Schatten. Ein prachtvolles Kleidungsstück, dachte Kaird. Er hatte schon Herrscher von Welten gesehen, die damit zufrieden waren, weit Schlichteres zu tragen.

Er trat vor und begrüßte sie. Ein Spracherzeugungschip in der Maske ahmte einen schroffen Kubindi-Akzent nach. »Hunandin vom Apiida-Clan, zu Ihren Diensten. Unser gemeinsamer Freund hat mir aufgetragen, Sie auf Drongar willkommen zu heißen.« Der »gemeinsame Freund« war natürlich der Spion, Linse. »Wie kann ich Ihnen von Nutzen sein?«

Die beiden musterten ihn. Kaird spürte, dass die Falleen definitiv eine gewisse Anziehungskraft auf ihn ausübte - Verlangen? Charisma? Er kannte die wahrscheinliche Ursache dafür. Die Reptiloiden konnten Pheromone mit einer breiten Chemosignalbasis abgeben, die auf subtile Weise - oder auch nicht ganz so subtil - viele verschiedene andere empfindungsfähige Wesen beeinflusste. Er fragte sich, ob sie absichtlich Pheromone ausstieß oder das eine Reflexreaktion war. Es spielte keine Rolle - solange er sich ihrer bewusst war, war sein Bewusstsein diszipliniert genug, ihnen zu trotzen.

Dann war er überrascht, als der Umbaraner das Wort ergriff. »Flieg frei, flieg schnell«, sagte er, »Bruder der Lüfte!«

Der Nestsegen, vorgebracht mit der korrekten Kehlkopfflexion! Wie war das möglich? Woher wussten sie das? Seine Tarnung war gut genug, um jeden im Lager in die Irre zu führen, selbst andere Kubaz. Es war unmöglich, dass ...

Moment mal! Jetzt erinnerte er sich an einen anderen Fakt über Umbaraner: Es wurde berichtet, dass sie paramentale Fähigkeiten besaßen, die es ihnen ermöglichten, die Gedanken anderer zu sehen und sogar zu beeinflussen. Na großartig! Noch ein weiterer Gedankenspieler in Flehr Sieben. Ein Wunder, wenn uns allen nicht die Köpfe explodieren.

Offensichtlich war er nicht der Einzige, der seine Hausaufgaben gemacht hatte. Nur wenige Nicht-Nediji kannten auch nur die Sprache des Schwarms. Linse tat es, und jetzt diese beiden...

Während er sich rasch umschaute, um sicherzustellen, dass sich niemand in Hörweite befand, sagte er mit leiser Stimme: »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Scharfblick, aber lassen Sie mich Ihnen versichern, dass es zu unser aller Vorteil ist, die Illusion aufrechtzuerhalten, um ...«

»Selbstverständlich«, sagte die Falleen. Die Stimme des Umbaraners war kaum mehr gewesen als ein heiseres Flüstern. Im Gegensatz dazu war ihre kräftig und voller Leben. »Ihre geheime Identität ist bei uns sicher, Hunandin.« Als sie den Namen aussprach, lag ein leichter Anflug von Sarkasmus darin. »Und verzeihen Sie unsere schlechten Manieren - wir haben uns noch gar nicht vorgestellt!« Sie richtete sich auf, und Kaird wurde bewusst, dass sie ein bisschen größer war als er. »Mein Name ist Thula.« Sie deutete auf den Umbaraner. »Dies ist mein Partner, Squa Tront.«

»Sehr erfreut«, flüsterte der Umbaraner trocken. »Gibt es auf dieser götterverlassenen Welt vielleicht irgendeinen Ort, wo man einen Drink bekommen kann?«

Im Innern der Maske lächelte Kaird. »Gewiss. Kommen Sie mit mir! Wir haben viel zu besprechen.«

 







6. Kapitel

Vielleicht ein halbes Dutzend Meter hinter Barriss' Wohneinheit befand sich eine kleine Lichtung, die auf drei Seiten von dichten, grünen, wachsblättrigen Quäkbüschen begrenzt wurde, die man wegen der sonderbaren Laute so nannte, die die Blätter machten, wenn sie in einer Brise raschelten. Die üppigen Pflanzen waren anderthalb Mal so groß wie sie, und Barriss kam hierher, um verschiedene Kampftechniken mit ihrem Lichtschwert zu üben. Für gewöhnlich absolvierten Jedi ein derartiges Training nicht in der Öffentlichkeit, aber dieser Ort war so abgeschieden, wie es hier eben ging. Die einzige Möglichkeit, dass irgendwer sie sah, war, dass jemand zufällig am offenen Ende der kleinen Lichtung vorbeiging. Da der hiesige Sumpf ein Dutzend Meter dahinter anfing, war es allerdings unwahrscheinlich, dass irgendjemand, der Rücksicht auf seine Gesundheit nahm, in dem Schlamm umherwaten würde.

Die Hitze lastete wie eine vollgesogene Decke auf der kleinen, offenen Fläche. Darunter und unter dem lockeren braunen Gewand, das sie trug, schwitzte sie. Der Schweiß durchtränkte ihr Haar und ihre Haut, ohne bei der hohen Luftfeuchtigkeit nennenswert zu verdunsten. Unangenehm, aber eine Tatsache, mit der man auf Drongar leben musste. Sie hatte sich daran gewöhnt, jederzeit ein Hydropack bei sich zu tragen. Alles andere hieß, Dehydration zu riskieren.

So, wie sie es unzählige Male zuvor getan hatte, führte Barriss die grundlegenden Lockerungsübungen für Arm und Schulter durch, um die stinkende, tropische Luft mit einfachen Zwei- und Drei-Hieb-Kombinationen zu zerschneiden und zu zerteilen, während sie ihre Waffe von einer Hand in die andere wechselte. Die martialischen Bewegungen, die sie tanzte, waren im Wesentlichen die von Form III, einem der sieben Kampfstile, die die Jedi im Laufe der Zeit entwickelt hatten. Meisterin Unduli zog Form III den anderen vor, auch wenn einige sie als vorrangige Verteidigungsdisziplin verunglimpften. Es stimmte, dass die Form ursprünglich im Hinblick darauf entwickelt worden war, auf Blasterfeuer und andere Projektilwaffen zu reagieren, doch im Laufe der Jahrhunderte hatte sie sich zu wesentlich mehr entwickelt. »Von allen sieben Formen«, hatte ihre Meisterin ihr erklärt, »erfordert Form drei, bei der der Schwerpunkt daraufliegt, lichtschnelle Blastersalven vorauszuahnen und abzublocken, die stärkste Verbindung zur Macht. Der Weg ist lang, aber er ist die Reise wert, denn für einen wahren Meister ist Form drei unverzichtbar.«

Das Energiesummen des Lichtschwerts war ein beruhigendes Dröhnen. Der scharfkantige Energiestrahl war ihr so vertraut wie ihr eigener Arm. Sie konnte sich an keinen Zeitpunkt entsinnen, an dem sie kein Lichtschwert geschwungen hatte. Als Kind waren es die leistungsschwachen Übungsmodelle gewesen, mit denen sie und die anderen jungen Padawane sich duelliert hatten. Sie waren stark genug, um einem einen kräftigen Schlag zu verpassen. Wenn man von einem davon getroffen wurde, bekam man es mit.

Schmerz war ein überaus motivierender Lehrmeister.

Als sie sechzehn wurde, hatte sie sich ihr eigenes, voll leistungsfähiges Lichtschwert gebaut und dabei einen blauen Kristall als Signaturfarbe ihres Energiestrahls gewählt. Seitdem war das Lichtschwert in ihren Gürtel gehakt - sie kannte jedes Einzelteil davon so gut, wie sie ihre eigenen Finger kannte. Als Teil ihrer Ausbildung hatte sie es allein mithilfe der Macht auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt. Es war mehr als nur eine Waffe - es war eine Verlängerung ihres Körpers, ein beinahe organischer Bestandteil von ihr...

Sie lächelte, als sie vortrat, das Lichtschwert zügig vor sich schwang und einen, so schien es, soliden Schild aus Licht erschuf. Du denkst mal wieder zu viel nach. Konzentrier dich auf das Hier und Jetzt!

In diesem Moment wehte eine Bö kalter Luft heran, als habe jemand direkt hinter ihr die Tür eines Gefrierschranks geöffnet, schockierend in ihrer Intensität. Das Gefühl der Kälte war fort, bevor sie überhaupt nur recht wusste, was es war, doch die Kombination ihrer dahinschweifenden Gedanken und die eisige Brise ließen sie erschrecken. Schlagartig wusste sie, dass das Lichtschwert, das sich jetzt quer über ihren Unterleib bewegte und nach oben und um sie herum schwirrte, zu niedrig war.

Sie hörte mehr, als dass sie spürte, wie die Spitze der pulsierenden Klinge oben durch ihren Stiefel schnitt. Der Stiefel bestand aus orthopädischem Spannplast, biegsam, aber extrem widerstandsfähig. Beim Kauf der Stiefel hatte sie eine Garantie daraufbekommen - wenn sie sie auftrug, würde der Hersteller sie kostenlos ersetzen, solange der ursprüngliche Besitzer lebte. Spannplast hielt der Schneide einer scharfen Durastahlklinge oder sogar einem Vibromesser stand.

Allerdings gab es wenige Materialien, die einem Lichtschwert zu trotzen vermochten, und so widerstandsfähig es auch sein mochte, Spannplast gehörte nicht dazu.

Barriss schaltete das Lichtschwert hastig aus. Sie schaute nach unten und sah Blut, das aus dem chirurgisch sauberen Schnitt quoll, der quer über den Stiefel verlief.

Sie war erstaunt - nicht wegen der Wunde, sondern wegen ihres Fehlers, der zu diesem Unfall geführt hatte. Wie viele Male hatte sie diese Übung durchgeführt? Fünftausend? Zehntausend? Das hier war ein Anfängerfehler, ein Patzer, der sogar bei jedem Padawanschüler, der nicht annähernd auf ihrem Niveau war, unentschuldbar gewesen wäre.

Hatte sie sich das Ganze bloß eingebildet? Es war verlockend, das zu denken, aber als die sich regende Luft die Quäkbüsche rascheln ließ, hatte sie deutlich ihre unverkennbaren, schwermütigen Geräusche gehört. Die Bö war echt gewesen.

Sie hängte das Lichtschwert an den Gürtel, hob ihren Fuß und streifte den Stiefel ab, dabei mühelos auf dem anderen Fuß balancierend.

Die Schnittwunde war schmal und nicht allzu tief, vielleicht drei Zentimeter lang und ein paar Zentimeter über ihrem zweiten und dritten Zeh. Die Wundränder waren versengt, doch der Schnitt blutete immer noch ungehindert. Offenbar hatte das Spannplast gerade genug von der Energie der Klinge absorbiert, um die vollständige Kauterisation der Wunde zu verhindern. Barriss stand da, noch immer auf einem Bein balancierend, und starrte die Verletzung an. Sie schüttelte den Kopf.

Sie streckte ihre Sinne nach der Macht aus, fühlte, wie sie durch sie hindurchfloss, und konzentrierte sich auf den Schnitt. Sie lief keine Gefahr, daran zu verbluten, doch der Gedanke daran, zur Behandlung ins Lager zurückzuhumpeln und dabei eine Blutspur hinter sich herzuziehen, war mit Sicherheit nicht angenehm.

Der stete Fluss verebbte und versiegte dann. Jetzt konnte sie spüren, wie der Schmerz langsam pochte. Sie atmete mit liefen Zügen, schaffte Raum dafür, zwängte den Schmerz dort hinein. Wieder behandelte sie mental mit der Macht die Wunde. Die Ränder schienen sich ein wenig zusammenzuziehen, klafften dann aber wieder auf.

»Lasst mich lieber einen Blick darauf werfen!«, ertönte von der Seite eine Stimme. Sie schaute überrascht auf. Es war Lieutenant Divini, der neue Chirurg.

»Ich komme schon zurecht«, erwiderte sie.

Der Junge - Uli, entsann sie sich -, dessen schlichter Overall bis zur Mitte der Oberschenkel mit Sumpfschlamm bespritzt war, trat vor und begutachtete ihren Fuß. »Sieht aus, als wären ein paar Sehnen angeschnitten. Die müssen synostasiert werden. Außerdem braucht Ihr mindestens drei oder vier Klemmen und eine Hautversiegelung. An diesem Ort schwirren jede Menge fieser kleiner Mikroorganismen Kerum.« Er schwenkte die Hand, er schien mit der Geste den gesamten Planeten einzuschließen. »Besser geflickt und versiegelt als infiziert und voller Bedauern, meint Ihr nicht?«

Natürlich hatte er recht. Barriss nickte. »Und was schlagen Sie vor, um das zu bewerkstelligen?«

Er grinste. »Kein Problem - ich bin allzeit vorbereitet.« Er tätschelte eine kleine Tasche am Gürtel. »Ich habe mein zuverlässiges Notfallset gleich hier.« Er wies auf einen relativ trockenen Fleck Boden. »Nehmt Platz, Mylady!«

Barriss setzte sich hin, ein Lächeln zurückhaltend, und Uli kauerte sich neben sie, auf den Hacken, in einer entspannten Position, die bloß jenen mit biegsamen Gelenken möglich ist. Er öffnete das Medipack, rollte das Sterilisationslaken aus und aktivierte es, dann streifte er ein Paar Hautschutzhandschuhe über, während sie den Fuß in Position brachte. Das Feld kribbelte, als sie ihr Bein hineinstreckte.

Er behandelte die Wunde mit einem Blitzsterilisator. Das gleißende Abtasten von aktinischem Blau und das damit einhergehende Zapp! wiesen daraufhin, dass die Verletzung von Bakterien und Keimen gesäubert worden war. Dann griff Uli nach einem Sprüher mit Nullikain.

»Das brauche ich nicht«, sagte sie.

»Richtig, ich vergaß.«

Er legte das Betäubungsmittel in das Päckchen zurück. Er schmierte einen Resektor mit Synostat ein und benutzte ein Hämostat, um die Wundränder weit zu spreizen. Als Barriss sich dicht darüber beugte, konnte sie sehen, dass die Sehnen, die zu ihren Zehen führten, an der Oberfläche kleine Schnitte aufwiesen, die ein Paar blasserer, perlmuttweißer Ellipsen enthüllten. Sie konzentrierte sich darauf, den Schmerz im Zaum zu halten.

Uli betupfte die Schnitte mit Synostat und wartete. Innerhalb von fünf Sekunden veränderte sich die Farbe der Schnitte und passte sich der der unversehrten Sehnen an.

»Was haben Sie vergessen?«, fragte sie.

»Ich habe meine Facharztausbildung im Großen Zoo auf Alderaan absolviert«, sagte er und griff nach dem Bioklammergerät. »Einmal habe ich einen verletzten Jedi behandelt. Großartige Körperbeherrschung - die Fähigkeit, kleinere Blutungen zu stillen, Schmerz auszublenden - sehr nützlich.«

Er führte die Spitze des Klammergeräts in die Wunde ein und aktivierte es. Die Klammer - die, wie Barriss wusste, aus biologisch abbaubarem Resistenzplastik bestand - bildete eine winzige Schlaufe, die etwa eine Woche lang hallen würde, bevor sie von ihrem Körper absorbiert wurde. Bis dahin würde die Wunde verheilt sein.

»Wie ist es dazu gekommen?«, fragte sie, im Hinblick auf seinen Bericht. »Auf den meisten Kernplaneten, einschließlich Alderaan, haben die Jedi ihre eigenen Heiler. Normalerweise suchen wir keine fremden Ärzte auf.«

Er schob eine weitere Klammer in die Spitze des Geräts. »Eines schönen Abends beschloss ein Haufen betrunkener Schwachköpfe, eine Cantina in der Innenstadt von Aldera auseinanderzunehmen. Sie brachen einen Streit vom Zaun, der draußen auf der Straße weiterging. Eine republikanische Senatorin kam zufällig vorbei, und ihr Luftgleiter bekam in dem Durcheinander etwas ab. Sie hatte einen Jedi bei sich, der sie beschützte. Da waren dreißig, fünfunddreißig Aufständische, die ihren Flitzer auf den Rücken drehen wollten. Der Jedi - ein Cereaner, soweit ich mich entsinne - ähm ... war damit nicht einverstanden. Die Meute beschloss, dem Jedi eine Lektion zu erteilen.«

»Was ist passiert?«

Er lachte, als er die dritte Klammer abfeuerte. Barriss sah ihm ins Gesicht und dachte: Eines Tages, wenn er alt genug ist, um Lachfältchen zu haben, wird er atemberaubend attraktiv sein.

»Was passiert ist? Vier Chirurgie-Assistenzärzte - einschließlich mir - und zwei einheimische Mediziner verbrachten den Rest der Nacht damit, den Aufständischen ihre Hände, Füße, Arme und Beine wieder anzubringen. Lichtschwerter hinterlassen saubere, chirurgische Schnitte. Jeder Bacta-Tank in der Klinik wurde gebraucht. Die Senatorin wurde nicht verletzt, aber natürlich haben sie sie zur Sicherheit zu uns gebracht, um sie zu überprüfen, und ihr

Leibwächter begleitete sie. Er hatte eine Vibroklingenwunde am Arm, eine ziemlich tiefe Schnittwunde, ganz bis runter zur Elle. Hat allerdings nicht geblutet und schien ihm nicht das Geringste auszumachen. Ich habe die Verletzung für ihn gesäubert und geklammert.«

Barriss lächelte. Sie fragte sich, wer dieser Jedi gewesen sein mochte. Der einzige cereanische Jedi, den sie kannte, war Ki-Adi-Mundi, und die Fähigkeiten eines Jedi-Meisters waren auch in jenen vergangenen Tagen nicht für einen Auftrag als Leibwächter vergeudet worden, nicht einmal zum Wohle einer Senatorin. Wahrscheinlich einer der vielen, die auf Geonosis starben, dachte sie. Wir sind jetzt bloß noch so wenige, so wenige...

Uli verpasste ihr vier Klammern, ehe er sich die äußeren Wundränder ansah. »Selbst mit einer Hautversiegelung sollten wir noch ein paar zusätzliche Klammern verwenden, um die Haut zu schließen«, meinte er.

Sie nickte. Das würde beim Gehen die Ränder der verheilenden Schnittwunde entlasten.

Er versorgte die äußerliche Verletzung. Seine Bewegungen waren sehr geschickt und präzise.

»Sie leisten gute Arbeit, Doktor Divini.«

»Nennt mich Uli!«, entgegnete er. »Doktor Divini ist mein Vater ... und auch mein Großvater ... und mein Urgroßvater ... die alle noch praktizieren.«

»Die waren enttäuscht, als Sie nicht ans Theater gegangen sind, richtig?«

Er lachte. »Eine Jedi mit Sinn für Humor. Wunder gibt es immer wieder.«

Nachdem er fertig war, dankte sie ihm. Er stand auf und bedachte sie mit einer prachtvollen Verbeugung. »Es war mir ein Vergnügen, Euch zu Diensten sein zu können«, sagte er. »Das ist mein Job.« Er musterte sie mit einem spekulativen Stirnrunzeln, als sie ihren Fuß aufsetzte. »Bei einem gewöhnlichen Menschen oder Humanoiden würde es fünf, sechs Tage dauern, bis die Wunde verheilt ist. Bei Euch... wie lange? Drei Tage?«

»Zwei. Höchstens zweieinhalb.«

Uli schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, das könnten wir in Kanülen abfüllen.«

Gänzlich ungebeten stiegen die verstörenden Bilder von Wesen in ihrem Verstand auf, die im OP starben, und seine Miene verriet ihr, dass es ihm nicht anders erging. Sie wechselte das Thema.

»Verbringen Sie eigentlich viel von Ihrer Zeit damit, im Sumpf herumzuwandern?«

Er lächelte, und wieder sah er wie vierzehn aus. »Meine Mutter sammelt alderaanische Flammenflügler«, sagte er. »Einige der Insekten auf diesem Planeten sehen recht ähnlich aus. Könnte sich um panspermische Artgenossen handeln. Ich dachte, ich tüte ein paar für sie ein.«

Mit einem Mal schlug sein Name eine Saite des Wiedererkennens an. »Ich habe mir mal eine Ausstellung angesehen, im Museum für Xenozoologie auf Coruscant. Die umfangreichste Sammlung von Flammenflüglern in der bekannten Galaxis. Hat drei der größten Säle des Gebäudes eingenommen. Präsentiert von der berühmten Vogelinsektologin Elana Divini. Eine Verwandte von Ihnen?«

»Mutter macht niemals halbe Sachen.« Er schaute auf sein Chrono. »Ich muss los. In zehn Minuten habe ich wieder Dienst.«

»Nochmals Danke fürs Zusammenflicken.«

»Danke für die Gelegenheit dazu.«

Nachdem er fort war, spazierte Barriss auf der Lichtung umher. Ihr Fuß war in Ordnung und würde rasch heilen. Doch von dieser plötzlichen, kalten Bö, die sie verspürt hatte, fehlte jetzt jede Spur. Sie war schon so lange auf dieser Treibhauswelt, dass sie beinahe vergessen hatte, wie sich kalte Luft anfühlte. Wie konnte ohne mechanische Hilfe überhaupt irgendwo auf Drongar eine kalte Brise entstehen? Noch dazu im Innern einer Energiekuppel? Hier draußen war es schon wenige Sekunden nach Sonnenaufgang so warm wie die menschliche Körpertemperatur, und nicht einmal des Nachts wurde es merklich kühler.

Wichtiger noch: Selbst, wenn eine frostige Brise sie gestreift hatte, wie konnte sie zulassen, dass ihre Konzentration in einem Ausmaß nachließ, dass sie sich selbst mit ihrem Lichtschwert verletzt hatte? Als ihr das das letzte Mal passiert war, war sie neun Jahre alt gewesen - und das war ein Schnitzer am Handgelenk, der nicht annähernd so übel gewesen war wie ihre jetzige Verletzung.

Es führte kein Weg daran vorbei - sie hatte reagiert wie eine plumpe Anfängerin.

Barriss machte sich auf den Rückweg zu ihrer Unterkunft. Das war ein schlechtes Zeichen. Je länger sie auf Drongar blieb, desto weiter schien sie sich von ihrem Ziel, eine Jedi- Ritterin zu werden, zu entfernen, anstatt ihm näher zu kommen.

Sie erschauerte. Einen Moment lang schien es, als könne sie diese frostige Brise von Neuem spüren - dieses Mal nicht auf ihrer Haut, sondern in ihrem Herzen.





 

 

7. Kapitel

In der Cantina herrschte rege Betriebsamkeit. Es war einer der seltenen Momente, in denen der sporenschwangere Himmel nicht voller Medibergern war - und diese wiederum voll von verwundeten Klonsoldaten. Den Dhur, Klo Merit, Tolk le Trene, Jos Vondar, I-Fünf und Barriss Offee saßen an ihrem üblichen Tisch. Das waren die Stammspieler ihrer zweimal wöchentlich stattfindenden Sabacc-Partie. Gelegentlich kamen noch andere wie zum Beispiel Leemoth hinzu, doch meistens waren es dieselben sechs. Das Spiel war für sie eine Art, sich zu entspannen, sich vor dem nächsten Ansturm von Blut und Schmerz ein wenig zu erholen. Es war ihnen unmöglich, den Krieg zu vergessen, aber ein oder zwei Stunden lang stand er für sie nicht an erster Stelle.

Die Luftkühler funktionierten ziemlich ordentlich, was ebenfalls ungewöhnlich war - die Filter der Kühleinheiten waren besonders anfällig für Sporenfäule, und da alle anderen Flehrs auf Drongar dasselbe Problem hatten, herrschte stets ein Mangel an Ersatzteilen. Obwohl die Sporen die Energiesphäre nicht durchdringen konnten, wenn sie aktiviert war, gab es Zugänge für eintreffende und abfliegende Schiffe. Hinzu kam noch die hiesige Flora und Fauna, die bereits hier gewesen war, als die Kuppel errichtet wurde. Entsprechend waren Räume voll kühler, sauberer, trockener Luft die meiste Zeit über dünn gesät.

Zusätzlich zu der himmlischen Kühle hatte die Cantina kürzlich noch einige andere Annehmlichkeiten akquiriert, entweder durch zufällige Fehllieferung oder dank der Bemühungen des neuen Quartiermeisters, eines Twi'leks namens Nars Dojah. Eine der Neuerwerbungen war ein Dejarik-Spiel, komplett mit Holokreaturen-Generator. Im Augenblick spielten an einem anderen Tisch zwei menschliche Krankenschwestern gegeneinander. Eine andere war ein neuer Autofroster für Getränke. Doch am eindrucksvollsten war ein flotter TDL-501-Einbein-Servierdroide mit weiblicher Programmierung, dem Den spontan den Spitznamen Teddel verpasst hatte und der auf einem Rad geschickt durch den überfüllten Schankraum flitzte, während er Tabletts mit Drinks balancierte.

Teddel hielt vor dem Sabacc-Tisch schwungvoll an und stellte Getränke vor Jos, Tolk, Klo und Den. »Ein Coruscant Cooler, ein Bantha-Blaster, ein alderaanisches Ale und ein johrianischer Whiskey«, sagte sie lebhaft. »Siebzehn Credits, Leute!«

Den winkte abweisend mit einer Hand. »Setz es auf den Deckel!«

»Auf wessen Deckel, Süßer? Ihre Rechnung ist schon jetzt höher als ein Himmelsdom.« Jeder Satz wurde von einem statischen Popp begleitet, das beinahe wie das Platzen eines Batzens Traumgummi klang.

Den drehte sich langsam um und sah Teddel an. »Wie bitte?«

Teddel stieß einen Durastahldaumen in Richtung Theke. »Mohris sagt, er kann Sie nicht mehr anschreiben lassen.

Also bezahlen Sie entweder oder bringen sich das nächste Mal gleich eine Repulsorbahre mit.«

Jos sah, dass die anderen Gäste am Tisch mit Ausnahme von I-Fünf genauso große Schwierigkeiten hatten, ihr Gelächter zurückzuhalten, wie er selbst. »Setz es auf meinen Deckel!«, sagte er zu Teddel. »Heute Abend übernehm ich seine Drinks.«

»Wie Sie meinen, Captain«, entgegnete die Droidenkellnerin und sauste davon.

Den warf ihr mürrisch einen letzten Blick zu und sagte dann zu Jos: »Danke. Es ist schwierig, heutzutage gute Manieren zu programmieren.«

Jos wollte gerade etwas darauf erwidern, als er bemerkte, dass I-Fünf Teddel hinterherschaute. Den anderen war das ebenfalls aufgefallen. »Stimmt irgendwas nicht, I-Fünf?«, fragte Klo Merit.

»Sie ist wunderschön«, meinte I-Fünf ehrfürchtig.

Alle starrten ihn an. Jos stellte seinen Cooler so heftig ab, dass etwas davon auf seinen Chipstapel spritzte. »I-Fünf ... Willst du damit sagen, dass du dich zu Teddel hingezogen fühlst?«

Der Droide sah Teddel weiterhin an - ehe er sich abrupt wieder umwandte, um seine Karten zu studieren. »Nein«, entgegnete er leichthin. Er schaute auf, und Jos hätte schwören können, dass sich diese unbeweglichen Gesichtszüge irgendwie so verändert hatten, dass der Droide schlitzohrig wirkte. »Aber für eine Sekunde hatte ich euch so weit, das zu glauben, nicht wahr?«

Die anderen brachen in Gelächter aus. Jos grinste. »Verdammt, du chromüberzogener Wasserkocher ... Ich sollte ...«

»Du solltest die Klappe halten und spielen«, unterbrach

Tolk ihn freundlich. Sie sah sich um. »Wo ist dieser Karten- Hai?«

Der andere neue Droide der Cantina - und soweit es Jos betraf, stand noch in den Sternen, inwieweit das tatsächlich eine Verbesserung darstellte - war ein automatischer Sabacc-Croupier, ein RH7-D-KartenHai. Der Droide, eine kleinere, mobile Version der großen Casino-Automaten, glitt jetzt von der Decke herab, um mittels Repulsorlifts über dem Tisch zu schweben. Der Droide mischte die Karten so schnell, dass bloß ein vager Schemen zu sehen war, und schlug die Karten dann auf den Tisch. »Abheben«, sagte er zu Jos mit kratzig klingender elektronischer Stimme.

Jos unterdrückte seine Verärgerung über den Tonfall des Droiden und hob die Karten ab. Rasch teilte der KartenHai mit seinen Manipulatorgliedern zwei Kartenrunden aus. »Bespin-Standard«, verkündete er. »Erste Runde. Machen Sie Ihre Einsätze, werte Herren!«

»He«, rief Tolk scharf und schaute zu dem Droiden auf, »mach deine Fotorezeptoren sauber und Versuchs noch mal!«

»Verzeihen Sie, Madam«, sagte der KartenHai knapp. »Ihre Einsätze bitte, werte Wesen!«

»Keine große Verbesserung«, grummelte Tolk, als sie ihre Karten prüfte.

Sie hatten sich gerade über den Neuzugang zum Chirurgenteam unterhalten. »Ein Problem mit dem neuen Burschen ist ja wohl offensichtlich«, stellte Den fest, als er einen Creditchip in den Pott warf. »Er ist zu jung, um in die Cantina zu dürfen. Ich schätze also nicht, dass er irgendwann in nächster Zeit mit uns Sabacc spielen wird.«

»So jung ist er nun auch wieder nicht«, meinte Barriss. »Und er ist weit weg von zu Hause.« Sie legte ihren Einsatz in den Pott und bemerkte dann, dass Jos, Tolk, Den und Klo sie angrinsten. »Was ist?«

»Schämen Sie sich!«, sagte Den mit gespieltem Ernst. »Und das von Euch, einer Jedi!«

»Ich bin schockiert«, fügte Jos hinzu. Bei der Röte, die sich über ihre Wangen ausbreitete, wurde sein Grinsen noch breiter. Die Farbe bildete einen hübschen Kontrast zu ihren Gesichtstätowierungen.

»Ich meinte damit nicht ...«, setzte sie an, ehe sie Den einen finsteren Blick zuwarf. »Sparen Sie sich die schmutzigen Gedanken, Dhur!«, sagte sie. »Mal wieder.«

Der Reporter zuckte die Schultern. »Es ist schwer, keine zu haben, wo der ganze Planet doch so ein Drecksloch ist.«

»Ich meinte ja bloß«, fuhr Barriss fort, »dass wir unser Bestes tun sollten, um ihn an Dingen wie diesem teilhaben zu lassen. Um dafür zu sorgen, dass er sich willkommen fühlt.«

»Natürlich hat sie recht«, sagte der Equani. »Ohne Unterstützung ist das Jugendalter - besonders das menschliche Jugendalter - nur schwer zu ertragen.«

»Wie alt ist er denn genau?«, fragte I-Fünf. »Ich gebe zu, dass meine Programmierung im Schätzen von Altersunterschieden doch sehr zu wünschen übrig lässt.«

»Du würdest einen grässlichen Kindermädchendroiden abgeben«, sagte Tolk zu ihm.

»Wofür ich dem Erbauer inständig danke.«

»Er ist neunzehn Standardjahre alt«, erklärte Klo Merit. »So etwas wie ein Wunderkind, wurde mir berichtet. War der Beste in all seinen Kursen, hat seinen Abschluss mit den höchsten Auszeichnungen gemacht. Facharztausbildung am...«

»Großen Zoo«, beendete Jos den Satz für ihn. »Hey, die meisten von uns haben Wunderburschi bei der Arbeit gesehen. Er ist sehr gut.«

»Das kann ich nur bestätigen«, sagte Barriss. »Ich steige aus.«

»Bitte machen Sie Ihre Einsätze, Ladys!«, sagte der KartenHai.

Alle starrten den schwebenden Droiden an. »Du liebe Güte«, sagte Jos kopfschüttelnd. »Wer auch immer diesen Burschen auf Nars entsorgt hat, hatte guten Grund dazu.«

Den sah sich um. »Vielleicht werden sich die neuen Droiden noch als nützlich erweisen«, wandte er ein. »Heute sind mehr Leute da, als ich hier drin seit einer ganzen Weile gesehen habe. Und einige von denen kenne ich nicht mal.« Er deutete auf einen Ecktisch, an dem drei Wesen in eine intensive Diskussion vertieft waren.

Klo Merit schaute rüber und runzelte die Stirn. »Zwei von denen kenne ich von der Spezies her, wenn auch nicht persönlich. Den Kubaz natürlich und den Umbaraner. Aber die andere kommt mir nicht bekannt vor.«

»Sie ist eine Falleen«, sagte Jos. »Normalerweise bleiben sie unter sich. Abgesehen von einigen hohen Tieren auf Coruscant bekommt man außer auf ihrem Planeten nicht viele davon zu Gesicht. Ich frage mich, was sie hier macht.«

»Komm ihr nur nicht zu nahe!«, warnte Tolk ihn mit einem Grinsen.

Den schaute verwirrt drein. »Falleen geben Pheromone ab«, erklärte Jos. »Starkes Zeug, für das die meisten Spezies ab einer gewissen Dosis empfänglich sind. In der Regel signalisiert durch chromatophorische Veränderungen der Hautpigmentierung. Man