Alice versuchte es abermals mit dem Auftreten einer Oscar-Gewinnerin, aber sie gewann damit keinen Preis: Man brachte sie in ein Büro auf dem Stadiongelände, wo ihr vom Sicherheitschef streng die Leviten gelesen wurden. Es gab Vorschriften, die das Betreten des Spielfelds untersagten.
»Es tut mir soooo leid«, säuselte Alice mit einem affektierten Lächeln.
Und Vorschriften, die das Küssen von Schlagmännern untersagten.
»Das war sehr unartig von mir«, schluchzte sie.
Und dann waren da noch die Schafe.
»Die gehören mir nicht!«, schrie Alice, in der mit einem Mal Panik aufflackerte.
»Ach ja?«, sagte der Sicherheitschef. Es war offensichtlich, dass er ihr nicht glaubte. »Nun, Sie müssen trotzdem hier bleiben, bis die Tiere eingefangen sind.«
»Nein!« Alice sprang auf und wollte zur Tür stürzen.
Der Mann trat ihr in den Weg und sie stieß ihn beiseite. Das war ein großer Fehler.
Dalia stand vor der Tür, als diese aufgerissen wurde und der Sicherheitschef kurz seinen Kopf hinausstreckte.
»Sie müssen nicht warten«, sagte er. »Wir werden die ganze Nacht mit Papierkram beschäftigt sein.«
Dann knallte die Tür zu.
Shelly kam den Korridor entlanggeschlendert. »Und? Können wir los?«, fragte sie Dalia.
»Ähm, nein«, antwortete die Assistentin. »Es sieht so aus, als wurde Miss Barton festgenommen.«
»Ach du Schande«, sagte Shelly, bemüht, nicht zu lachen. »Dann komm trotzdem mit und sag Norman schon mal Hallo. Ich war gerade unten am Kai und habe das Gepäck verstaut.«
Der Parkplatz des Cricket-Stadions hatte sich rasch geleert. Das Spiel war wegen schlechter Lichtverhältnisse bis zum nächsten Tag unterbrochen worden. Nur ein verbeulter, staubiger orangefarbener Geländewagen wartete auf dem Asphalt.
»Norman, darf ich dir Dalia vorstellen?«, sagte Shelly.
Dalia kicherte. »Der sieht noch schlimmer aus als der andere.«
»Wie bitte? Kleiner vielleicht«, protestierte Shelly. »Das räume ich ein. Er ist kleiner als Trevor. Aber sieh es mal positiv: Wenigstens musst du dir den Platz nicht mit dem Gepäck teilen. Das ist gut verstaut in der Normette.«
»In der Normette?«
Shelly deutete mit dem Kinn auf einen kleinen zweirädrigen Anhänger hinter Norman.
»Der sieht aus wie eine Bohnendose auf Rädern«, stellte Dalia fest. »Ist Miss Bartons ganzer kostbarer Kram da drin?«
Shelly nickte. »Normette ist so sicher wie die Bank of Australia.«
Sie klopfte auf den Plastikgriff der schmalen Heckklappe an der rostigen Kapsel auf Rädern und die Tür fiel ihr entgegen.
»Hoppla. Das passiert ständig.« Shelly setzte die Tür wieder ein. »Das ist kein Drama. Ich brauche nur ein Stück Schnur.« Sie kramte in ihrer Tasche und wurde fündig.
Während Shelly die Klappe festband, schaltete Dalia ihren Laptop ein und warf einen Blick in den Posteingang.
»Die Anweisungen für die nächste Prüfung sind da«, rief sie. »Hey, und es ist die letzte! Wir müssen zu einem Ort namens Lonely Flats.«
»Dann geh besser los und kaufe ein paar Vorräte ein«, grummelte Shelly.
»Vorräte?«
»Nahrungsmittel, Wasser, Klopapier … Lonely Flats liegt weit draußen im Outback. Da im Hinterland gibt es keine Läden an jeder Ecke.« Shelly rüttelte prüfend an der Schnur, mit der sie die Hecktür festgebunden hatte. »Genauer gesagt nicht einmal Ecken.«
Während Alice im Cricket-Stadion festsaß, irrten die fünf Krieger durch die Straßen von Brisbane. Sie waren durch einen der Ausgänge aus dem Stadion geflohen und so lange gerannt, bis sie außer Puste gerieten. Sie waren nach wie vor völlig verwirrt. Will hatte abermals beteuert, dass der Kommentator mit der »Jungfer in Nöten« lediglich einen Schlagmann in Nöten gemeint hatte, und die übrigen Krieger glaubten zu verstehen. Falls Will aber recht hatte, warum war dann die Feedingsda über den Rasen gerannt? Und warum hatten die Männer sie verfolgt? Und wo war sie jetzt?
»Vielleicht sollten wir zum Cricket-Feld zurückgehen und nach ihr suchen?«, schlug Will vor.
»Wie bitte?«, sagte Jasmine. »Damit uns diese schrecklichen Männer wieder jagen?«
»Das Gras dort war allerdings sehr saftig«, gab Oxo zu bedenken und verlor damit seinen inneren Kampf, das Thema Fressen aus seinen Gedanken zu verbannen.
»Es geht hier nicht um Gras, Oxo«, sagte Sally und warf ihm einen ihrer tadelnden Blicke zu. »Es geht hier um Schicksal.« Sie wandte sich an Will: »In welche Richtung müssen wir laufen, Liebes?«
Will schaute sich um. Sein Blick schweifte über das Gewirr an Straßen und Gebäuden, dann hinauf zum Himmel. Aber auch dort fand er keine Hilfe. Die Sonne war hinter den Wolken verschwunden. Will schluckte heftig. Er hatte keinen blassen Schimmer.