Berlin, 14. Februar

Nachdem man nun schon seit zwei Wochen damit gequält wurde, ist es jetzt also endlich so weit: Valentinstag. Kann es sein, dass es von Jahr zu Jahr schlimmer wird?

Valentinspartys mit »Love Songs«, Valentins-Specials in Restaurants und Autohäusern, rote Herzen und Bänder in jedem Schaufenster. Selbst in der Kosmetikabteilung des Biomarktes wird man damit belästigt: »Sinnliche Düfte und verwöhnende Pflege zum Valentinstag!« Wie tief will der Mensch noch sinken?

Letztes Jahr hatte sich am Brandenburger Tor wenigstens noch ein Flashmob getroffen, um mit einem »Kiss-In« gegen die Kommerzialisierung des Valentinstags zu protestieren. Aber dieses Jahr regt sich kein Widerstand gegen die aus den USA und England importierte Unsitte. Der Irrglaube an die romantische Zweierbeziehung (RZB) ist eben weltweit fest verankert, und die bei allen Schrecken auch bequeme Paar-Ideologie zeigt am Valentinstag ihre schrecklichste Fratze.

Die Tradition des Valentinstages wird heute zumeist auf die antike Legende von Valentin von Terni zurückgeführt, der als Bischof der italienischen Stadt Terni einige Verliebte christlich getraut hatte, darunter Soldaten, die nach damaligem kaiserlichen Befehl unverheiratet bleiben mussten. Angeblich hat er den frisch verheirateten Paaren Blumen aus seinem Garten geschenkt, was sich günstig auf die Ehen auswirkte. Aber ihm selbst brachten die Blumengeschenke kein Glück, auf Befehl des Kaisers Claudius II. wurde er am 14. Februar 269 aufgrund seines christlichen Glaubens enthauptet – wegen der heutigen verlogenen Valentinstagsbräuche kann ihm also kein Vorwurf gemacht werden. Denn allgemein bekannt wurde der Valentinstag erst etwas später durch die verstärkte Werbung der Floristen- und Süßwarenindustrie.

So schlimm es in Berlin ist, in Paris ist es noch ärger. Das war dieser Tage einem »People-Magazin« zu entnehmen. Der Pariser Bürgermeister hatte nämlich im Zuge des Stadtmarketings zum Valentinstag städtische Leuchttafeln für privat-intime Bekenntnisse der Pariser Bürger freigegeben. Die konnten bis zu 160 Zeichen per SMS einsenden, die schönsten Sprüche sollten dann am Valentinstag auf den Leuchttafeln erstrahlen. Auf der Internetseite des Rathauses warb man für die Aktion: »Sie sehen ihn jeden Morgen in der Metro. Er stellt sein Rad neben ihrem ab. Sie gehen in dieselbe Bäckerei – aber Sie haben nie gewagt, ihn anzusprechen.«

Da kann man nur froh sein, wenn man nicht in Paris, der Stadt der Liebe, sondern in Berlin, der Stadt der Ruppigkeit und schlechten Laune, wohnt.

Ein bisschen übertrieben haben es mal wieder die Russen. Presseberichten zufolge sagten die Behörden der Stadt Belgorod aus Sorge um die »spirituelle Sicherheit« alle Veranstaltungen zum Valentinstag ab.

Zivilisierter geht es in Finnland zu. Dort wird der Valentinstag als »Freundschaftstag« gefeiert, an dem man – meist anonym – denen, die man sympathisch findet, Karten schickt oder kleine Geschenke übermittelt. Dieser »Freundschaftstag« ist gegenüber dem angelsächsischen oder kontinentaleuropäischen »Valentinstag« deutlich enterotisiert. Die finnische Lösung ist doch sehr sympathisch, überhaupt wäre es erfreulich wenn die Freundschaft in unserer Gesellschaft eine ähnliche Bedeutung wie die überbewertete Liebe erlangen könnte. Sie ist doch als Konzept viel vielversprechender, leichter praktikabel, robuster und langlebiger als die tumbe Liebe.

Es gibt an diesem schrecklichen Valentinstag aber auch Hoffnung. Auf »Spiegel Online« gab es heute die überraschende Schlagzeile: »Jeder Fünfte zieht Haustier dem Partner vor.« Demnach hatte eine Befragung in 23 Ländern ergeben, dass jeder Fünfte am Valentinstag seinen Partner sitzenlassen würde, um mit seinem Haustier Zeit zu verbringen. Das gibt doch Hoffnung auf eine Zeit nach der Pärchendiktatur.