9
Wenn er den Ort gekannt hatte, so erkannte er ihn an diesem Tag nicht wieder. Nichts erkannte er da für eine lange Stunde wieder, obwohl das doch seine Heimatgegend sein mußte, sein Geburts- und Kindheitsdorf ganz nah, hinter der nächsten Anhöhe, oder etwa nicht? Die himmelhohe Bergkette am südlichen Horizont, schroffer Kalk, das hätten die Karawanken sein sollen, hinter denen für ihn sein Balkan begann – das waren sie aber nicht, sondern ein fremdes, wie von ganz woanders her dahinversetztes Massiv, und ebenso erging es ihm mit dem rundlichen, fast ebenso himmelhohen Gebirgsrücken im Norden: das war sie nicht, die Saualpe, das ihm von Kind an vertraute, mit Eisenadern durchzogene, die Gewitterblitze besonders anziehende Granit- und Glimmerriesenbuckeltier. Und auch der Fluß unten im Tiefland, kaum sichtbar, so versteckt floß er in seinem Trog, das war jetzt nicht die Drau, aber auch nicht der Ebro in Spanien oder der Silver Creek Bow in Montana. Unkenntlich wie die Berge war dieser Fluß, aus einer unbekannten Richtung kommend, in eine unbekannte Richtung unterwegs, unmöglich, ihn und die ganze Landschaft zu orten, fremd, so fremd, auch die Ortschaft dann. Wo bin ich? Himmel, wo bin ich? Das einzig halbwegs faßbare an dem Ort war der Name, den in der Nacht zuvor Filip Kobal für ihn gehabt hatte: Samarkand – obwohl er nicht so hieß, sondern? nirgends eine Ortstafel, und wenn, dann überschmiert, eingeschwärzt, die Buchstaben unleserlich geschossen.
Samarkand? Nichts Einheimisches zeigte sich ihm die Stunde lang, an Behausungen nicht, und vor allem nicht an den Leuten. Bei früheren Besuchen daheim hatte er nur bekannte Gesichter gesehen, auch wenn er sie im einzelnen gar nicht kannte: es waren die Züge vererbt von Urgroßeltern an die Urenkel, die immergleichen Züge. Diese, wie auch die Trachtenanzüge, samt Hirschhornknöpfen, die Wandergruppen mit den Schistöcken, die schlammbespritzten Rücken der Mountainbiker samt deren gellenden Stimmen und ebensolchen Radbremsen, die schwarze Kutte des Ortspfarrers, die mit Stiefmütterchen bestückten Schubkarren in den Vorgärten, den Landesdialekt hätte er, nicht unbedingt schweren Herzens, vermissen können. Aber dieser Ort schien von allen menschlichen Rassen bevölkert, nur nicht von der in der Gegend sozusagen angestammten. Und in der Mehrzahl waren das eben – siehe »Samarkand« – Menschen, so hätte man sie früher einmal genannt, »aus dem Morgenland«. Fremd waren ihm auch die, nicht freilich in ihrem Aufzug und Aussehen, sondern indem sie in dem Ort selber sich Fremde waren. Zwar erschienen die Häuser, fast ausschließlich Neubauten, als Allerweltshäuser. Aber das Straßen- und Gassennetz war noch das landesübliche, und darin bewegte sich die überaus zahlreiche morgenländische Bevölkerung, offenbar noch nicht lange da angesiedelt, nicht nur auf den ersten Blick fast gespensterhaft Unheimische, gespenstisch, für den auf wenige Viertel begrenzten Ort, allein schon als Zahl. Die arabischen Aufschriften an den Geschäften – die lateinische Schrift, hier und da, ziemlich in der Minderheit –, das Minarett und die Kopftuchfrauen, die er zuerst für Nonnen, aus dem nahen Kloster, gehalten hatte, auch die paar Verschleierten, waren da nicht das Bestimmende, eher eine Begleiterscheinung.
Wo war er? Himmel, wo war er? Auf den Kopf gestellt, so fremd, kam ihm die vermeintliche Kindheitslandschaft vor, und ihm selber war, als würde beim nächsten Versuch einer Orientierung sein Inneres nach außen gestülpt, und er wäre ein Teil des Chaos, das, wohin er auch blickte, von allen Seiten ihm auf den Leib rückte. Er wollte weiter, weg von da, heim ins Dorf. Aber wohin er sich auch wendete: der Weg war versperrt. Kein Zutritt. Seinen Schutzengel hätte er jetzt gebraucht? Zu spät. Vorher, vor dem Betreten dieses »Samarkand«, hätte der ihm notgetan, als Warnengel. Und obwohl er, sich in einem fort umwendend nach der Geschlagenen, sie nicht zu Gesicht bekam, spürte er sie in seinem Rücken, jetzt erst recht seine Verfolgerin. Wo war sie? Wo war er? Und wer war er? Kein Wanderer mehr – ein Verfolgter, ein Gehetzter, auch von sich selber. Nicht einmal der Tau, während der Nacht in den sichtlich frischgepflanzten Straßenrandbäumchen angesammelt und in der Morgensonne wie ein Segen aus den Blättern sprühend, in einem Strahlenkranz aus allen Regenbogenfarben, gab ihm Asyl, oder winkte ihn weiter.
Es war längst Tag, und eine Fledermaus zickzackte durch sein Blickfeld, und narrte ihn. Oder war das eine Schwalbe gewesen, die ein Gewitter anzeigte, indem sie in der unvermittelt heranwallenden Schwüle nah am Boden kurvte? Nein, die Schwalben flogen, als wäre nichts, sehr hoch oben, während es auch schon blitzte und donnerte: Auch die Schwalben, sie narrten ihn. Ein Kamel schaukelte vorbei, das zu einem Wanderzirkus gehörte? Nein. Der Löwe, der jetzt einmal kurz aufbrüllte, aber wohl? Oder war das ein Mensch gewesen, hinter einem der geschlossenen Fensterläden? Eine Katze sprang an ihm empor, und, sage und schreibe: Sie krähte. Eine Viper kroch über den Weg, die ein dürrer Ast war. Eine Bremse quietschte, und er sprang zur Seite; aber was da quietschte, das waren seine Schuhe. Ebenso kam der Steinschlag, vor dem er sich duckte, von den auf seiner Wanderschaft angesammelten Steinen, indem sie in seiner Manteltasche gegeneinanderknallten. An einer Grasstelle bückte er sich nach einer Kupfermünze, die, unter den Tautropfen, eine kupfer- oder bronzefarbene war. Als nächstes sah er in dem einen roten Blütenblatt auf einem Gehsteig einen Plastikfetzen und wollte den in einen Abfallkorb werfen, ebenso dann einen schrundigen länglichen Kiesel, den er für ein kaputtes und einfach fallengelassenes Mobiltelefon hielt, und als er den einen Metallstift aufhob, war der ein dicker Regenwurm. Überhaupt erwies, was er hart geglaubt hatte, sich im Moment des Anfassens als weich – im umgekehrten Fall war das, vergleichsweise geradezu beruhigend, auch, wenn etwas, das er flüssig gesehen hatte, sich im Berühren als fest herausstellte, im Gegensatz zu dem fest und trocken Geglaubten, welches dann zum Zurückschrecken naß war.
An einem fremderen Ort, unter fremderen Menschen, Tieren, Dingen als jetzt hier in seiner Stammgegend hatte er sich nie bewegt. Bewegte er sich? Er irrte herum, und nicht einmal im Kreis, was wiederum geradezu beruhigend gewesen wäre. Nichts wiederholte sich in der Stunde seines Herumirrens. Auf den Straßenspiegel, in dem sich die Landschaft hinter der Kurve spiegelte, folgte ein wie identischer, aber diesmal mit seinem, des Irrenden, Spiegelbild, vor dem er, als vor einem totschlagbereiten Fremdling, nicht bloß einen Schritt zurückwich. Selbst das Unbezweifelbare ließ ihn in einer Ungewißheit, minderte wenig an dem Schwindelzustand, an dem Gefühl, nicht zu wissen, wo ihm der Kopf stand. Auf einem Parkplatz, einem Parkplatz wie überall auf der Welt, saß einer hinter seinem Auto auf einem Hocker und blies in eine Tuba, den immergleichen gedehnten Ton, mit einem Echo von den Ortsmauern wie dem eines Alphorns. Ein anderer saß auf einer wie aus einer anderen Epoche übriggebliebenen, mit einem halbverwitterten Edelweißzeichen bemalten Wegbank und las, hochaufgerichtet, in dem arabischen Buch, nicht unbedingt dem Koran, eher etwas von Ibn'Arabî, wahrscheinlich »Das Buch über das M, das W und das N«, das Geheimnis der Buchstaben, und zeigte sich dabei im Unterhemd, ließ seine nackten Arme und Schultern sehen, die über und über tätowiert waren, ganz und gar nicht mit den heiligen Buchstaben, und auch das, wie der Tubaspieler, war keine Täuschung, ebenso nicht dann der dritte, der vor einem verschlossenen Tor, groß wie das einer ehemaligen Scheune, stand und jemanden oder eher niemanden dahinter anflehte, dann verfluchte, dann verstummte und sich zum Gehen schickte, kehrtmachte und seine Bitten, übergehend ins Verwünschen, fortsetzte, in Schweigen verfiel und neuerlich den Platz räumte, neuerlich stehenden Fußes umkehrte und gegen das Scheunentor anschrie und anfuchtelte, undsofort, und ebenso war es unzweifelhaft, daß wieder einer der An- oder Ausgesiedelten, inmitten der ihn übersehenden Menge, vor einem ausgebreiteten Teppich zu beten versuchte, den Blick in eine Ferne gerichtet, die wiederum nicht unbedingt die Kaaba anzeigte, sondern eher das Hinterland hinter sämtlichen Hinterländern, und mit seinem Beten, so sehr er auch sich als Ganzen, nicht nur an den Fäusten, zusammenballte, jeweils im letzten Moment vor seinem Eins- oder Nichtswerden mit dem Alleinigen, scheiterte, wobei ihm jedesmal wieder die bittersten der Tränen in die kohl- oder kholschwarzen Augen schossen und man, indem man ihm zuschaute, wußte, der in seinem Gebetssturm noch und noch ins Leere Laufende würde, früher oder später, auch daran gab es keinen Zweifel, eine Maschinenpistole oder, nein, eher einen Säbel ziehen und damit auf die so frevelhaft gleichgültige Menge losgehen. Und er, der das wahrnahm? Er wäre sein erstes Opfer, auffällig nicht nur aufgrund seines Blicks: Wie in manchen Alpträumen, nein, Nachtmahrmomenten, war ihm, am hellichten Tage, als bewege er sich, Schande wie eben einzig im Traum, barfuß inmitten der Menschenmassen, oder sei vielleicht überhaupt fast nackt, bekleidet nur mit einem gar kurzen T-Shirt, das nicht genügte, so sehr er auch daran zog, seine Blöße zu verdecken.
Endlich wieder eine Grasstelle, und da kauerte er sich hin. Und endlich gab sich da dann etwas zu erkennen. Er erkannte an dem Gras eine Form: ein Dreieck. Woher kannte er bloß das Dreieck, gerade dieses? Und – zitternde Sekunde – jetzt wußte er es: Das Grasdreieck, umschlossen von Schuppen, Baracken, Sandstellen, bezeichnete die Abzweigung des Weges von der Alten Straße zu dem, seinem Alten Dorf, bezeichnete dessen Schwelle; die zwei Schenkel, gleich, bildeten die Einmündungen, linker- wie rechterhand, in die einstige Hauptverkehrsader, die längst verbaut und Teil der Ortschaft war. Und die Ortschaft selber, sie war sein Dorf, das in der Zwischenzeit weit über die Ränder gewachsene. Ohne daß er dessen inne geworden war, hatte er sein Hauptreiseziel erreicht. Mit dem wie eh und je grünenden Dreieck, auf dem er auf den Fersen hockte, begann das ursprüngliche Weichbild (so hieß das doch?) seines Geburtsorts. Der Wanderer brauchte nur an der Scheitelspitze geradeauszugehen. Den Weg in den Dorfkern gab es noch, zur geteerten Gasse geworden, gesäumt von Wohnhäusern, Läden, auch einer Bank mit der Aufschrift »Western Union«, statt mit den Obstgärten, in denen die Schweine gegrunzt und die Truthähne gekollert hatten. Und da ging er auch schon, leicht bergauf wie in den alten Zeiten, sich immer wieder um- und umdrehend, aber nicht mehr nach einer Verfolgerin. Ein Hund rannte ihm entgegen, der von Porodin? der seines Bruders? Nein, der Köter erkannte ihn nicht, oder wollte ihn nicht erkennen; statt ihm über Hände und Gesicht zu lecken, knurrte er ihn an, wich nur Schritt für Schritt in das Dorf, oder was von dem übrig war, zurück. Samarkand, fiel dem Möchtegern-Heimkehrer dann auf, hatte dieselben Selbstlaute wie Stara Vas, der Name des Dorfs, und gleich viele: A-A-A. War also nicht doch eine Heimkehr möglich?
Mit der Zeit entfernte sich das Getöse von dem Neusiedlungsgürtel, oder er bildete sich das nur ein? Je mehr er sich der früheren Mitte näherte, desto dichter erschien ihm jedenfalls die Stille. Außer ihm war niemand auf dem in eine fast städtische Gasse verwandelten einstigen Heimweg. Kaum mehr ein Baum stand, und trotzdem hörte er ein Rauschen, wie hoch oben aus den Lüften. Unversehens flog dann ein dicker Ast daher und krachte neben ihm zu Boden; um ein Haar hätte er ihn erschlagen. Und noch einmal verwandelte sich, nach einer Kurve, die gleich geblieben war, die Gasse – zurück in einen Weg. Dieser war ausgelegt mit Holzbrettern, leicht erhaben über dem Grund, mit einem Hohlraum unter sich, und das Geräusch beim Gehen da war wie das auf einem Schiff. Und wieder bildete er sich wohl etwas ein: den Bohlenweg schon gesehen zu haben, vom Flugzeug aus.
Sein Blick mußte so verengt gewesen sein auf das Dorf, daß er all das Neudazugekommene rundherum nicht einmal registriert hatte? Und längs des Weges traf er dann auch auf Reste des alten Dorfs. An einem Haus hatte sich, wenn nichts sonst, das eine blinde Fenster erhalten, mochte es auch bemalt sein als ein richtiges Fenster samt Fensterkreuz, in diesem eine dahineingemalte karminrote Pelargonie und daneben der Oberkörper eines sich auf die gemalte Fensterbank stützenden Kindes, und das hieß ihn mit großen hellblauen Augen willkommen? bedachte ihn eher mit einem Medusenblick, der ihn, wie der zeitweise ihn weiter anknurrende Hund, zum Zurückweichen oder überhaupt Umkehren bringen sollte. Und die Leiter an einem anderen Haus, zunächst ihm ebenfalls als da aufgemalt erschienen, erwies sich dann aber als eine echte, die ihm vertraut vorkam. Er stieg ein paar Sprossen da hinauf: Ja, sie war es. Ein viel längeres und auch breiteres Brett als die übrigen: Überbleibsel der Kegelbahn? Ja, sie war es. Und in dem einen ebenerdigen Fenster eine echte karminrote Pelargonie, und dahinter, mit wackelndem Schädel und mitwackelndem, gebißlosem Unterkiefer, das Gesicht einer uralten Frau, die er nicht erkannte, wohl aber sie ihn. Unverwandt ihn durch die Blätter der Topfpflanze anstarrend, verfluchte sie ihn, ohne Worte, allein mit den Augen.
Da war er dann endlich, der Friedhof, mit der Kirche daneben. Beide hatten einmal freigestanden und waren jetzt so zugebaut, daß man erst auf der Schwelle zum Durchgangstor halbwegs sicher sein konnte, richtig zu sein. Aber war das nun wirklich die Gräberstätte? Die Stimme des Muezzin, die aufrief zum Vormittagsgebet, war so nah, daß sie von dem alten Kirchturm oben zu schallen schien. Oder war das bloß der Widerhall, um ein Vielfaches verstärkt durch die den Schall vom Minarett am Ortsrand von Winkel zu Winkel weiterleitenden, dichtverschachtelten Neubauten? Doch, das war der Friedhof, und das war vor allem das alte Durchgangstor zu ihm und der Kirche, mit der gemauerten Sitzbank seitlich im Tor, obenauf die verwitterte, unverwüstliche Holzplanke – ah, wie vor allem das Holz ihn leitete, Holz um Holz –, und die ihm immer noch rätselhafte Ausbuchtung in der Holzplanke, Schmalstelle, die gerade Platz ließ für einen Kinderhintern, da zu thronen und ewig so fortzuthronen. Ja, es war der Friedhof, wo seine Vorfahren begraben lagen, und es war das richtige Tor da hin, und wenn dieses, bewirkt durch die fernnahe Stimme des Muezzin von der Neusiedlungsmoschee, im Augenblick einen orientalischen, sozusagen von Samarkand dahergewehten Namen bekam, nämlich Bab al-Mandab, das heißt »Tor der Totenklage«, so verstärkte das noch das Gefühl, hier richtig zu sein, das Bewußtsein und die Gewißheit, daß es wirklich wahr hier war.
Was nicht alles freilich ihn dann am Zutritt hindern wollte, abgesehen vom hauseigenen Hund und dem Todwunschblick der Greisin, deren letzter Tag auf Erden heute wohl war. Was nicht alles leibhaftig über ihn herfiel bei seinem Durchschreiten des Bab al-Mandab: ein Schmetterling, der ihn mit einem unvermutet harten Körper seitlich anrempelte, eine Libelle, deren Flügelpaar ihm messerscharf die Wange ritzte, ein Kolibri, oder war das ein Zaunkönig, auf Samarkandisch ein minmina, der ihm die Flügel um die Ohren schlug?, zu schweigen von den Schwärmen schwarzer, nicht unbedingt morgenländischer Fliegen, die sich von allen Seiten geradewegs auf seine Augen, zielsicher genau auf diese stürzten. Sogar die harmlosen Hummeln, die ihm eigentlich hätten erkenntlich sein können dafür, daß er sie zuvor so teilnehmend wahrgenommen hatte, ließen links und rechts gegen ihn ein Brummen laut werden, bei dem, indem es anschwoll, er an das Gedröhn von Hornissen?, nein, von etwas anderem, etwas ernstlich Bedrohlichem denken sollte. Nein, es für die Bedrohung selber halten sollte.
Stellte sich denn alles gegen ihn? War denn jedes Ding und jedes Wesen gegen seinen Zutritt in das, was er im stillen einmal sein »Zentrum« nannte, ein andermal seinen »Schrein«? Nichts, was ihn willkommen hieß, ihm das Geleit gab? Selbst die Schwelle des Durchgangstors, aus runden, in den Boden eingelassenen Bachsteinen, hatte ihn am Weitergehen hindern wollen, indem sie ihn an ihren taunassen Gupfen zurückrutschen ließ. Ein Windstoß, und ein neben dem Tor mannshoch wucherndes Büschel von Brennesseln peitschte ihm in das Gesicht. Der bewährte Blick hin zu den steinernen drei Morgenlandkönigen dort im Rundbogen über dem Eingang zur jahrtausendalten Kirche: Hallo, ihr meine Komplizen; da bin ich wieder, da sind wir wieder! – und die Antwort der Rundköpfe? Ein einhelliges dreifaches Naserümpfen (seltsam bei ihren Plattnasen), ein über ihn Hinwegsehen, ihn nicht mehr Kennenwollen, wobei sich nicht allein der Melchior in der Mitte in den Widersacher von der Alten Straße verwandelte, sondern auch die ihn flankierenden Kaspar und Balthasar, und das Gold-Weihrauch-Myrrhe in ihren Händen einheitlich in einen faulen Apfel. Da, in der Nische der hohen dicken Wehrmauer gegen die Türken – auch die aus dem Morgenland? – das daraus vorspringende Mesnerhaus, dessen eingedunkeltes Holz und die hellen Fensterrahmen seit jeher ein Vorbild an Wohnlichkeit: doch auf den Simsen vor den trübgewordenen, zum Teil auch geborstenen Scheiben statt der Blumentöpfe jetzt Tauben um Tauben, räudig sie alle, als Zeichen einer schon langdauernden Unbewohntheit und Verlassenheit. Und so jäh wie zuvor der Windstoß bebte dann, nach den ersten Schritten des Heimkehrers in den Friedhofsbereich, die Erde unter seinen Füßen, momentlang, wobei die allgegenwärtigen Spatzen als Ratten vor ihm hin und her huschten und die Zwischenräume, sonst die Umrisse einer noch und anders möglichen Welt, die Gestalt von ihn umzingelnden Häschern annahmen.
Um ein Haar wäre er in dem Beben der Länge nach hingeschlagen. Aber er fing sich und zitterte im nachhinein. Zugleich, wie bei einem Faststurz üblich, sah er in der Folge den Umkreis umso schärfer, Einzelheit um Einzelheit gleichsam im Brennpunkt einer Nachschrecklupe. Und in dieser Lupe kam ihm dann, zwischen den Halmen des Friedhofsgrases, eine sehr besondere Völkerwanderung unter. Da bewegten sich, nicht viel größer als Ameisen, winzige Frösche. Sie hatten gerade noch als schwarzglitschige Kaulquappen durcheinandergewimmelt in dem den Friedhof säumenden Dorfteich, eher einer bloßen Lache, und waren über Nacht zu fingernagelkleinen hellgrauen Fröschen, statt des Quappenschwanzes zarteste vier Beine, geworden. Vier Beine? Eher ein Beinpaar und ein Armpaar, wodurch die Tiere, auch in der Form der Köpfe, an Menschlein erinnerten. Der Eindruck, daß da ein Menschlein nach dem anderen durch das Gras zu ziehen schien, kam auch davon, daß sie einander nicht auf den Fersen waren wie vielleicht bei einer Ameisenstraße, sondern jeder für sich, im Abstand, seinen Weg suchte und sie zusammen doch ein Wandervolk vorstellten. Unbeholfen tapsten und ruckelten sie dahin, im Zickzack, ungeordnet, ausscherend; robbten, tasteten, kundschafteten sich vorwärts, weg vom Wasser, in dem sie geboren waren, hin zum Wald, wo sie, wenn es den Wald noch gab, fürs erste leben und aufwachsen würden. Immer wieder auch stockten sie, wie ermattet, und mühten sich endlich weiter, an den Armen jeweils den Körper nachziehend, was ihnen, obwohl sie auf einer eher ebenen Fläche wanderten, ein Ärmchen vor das andere setzend, den Anschein von Kletterern gab. Nicht bloß an einen Menschen erinnerte so ein jeder, sondern an das Urbild eines Menschen, und wenn das von dem Blick durch eine Lupe herrührte, so durch eine, die in dem Maß, wie sie vergrößerte, zugleich auch verkleinerte, und in dem Maß, wie sie jetzt, im Hier und im Jetzt, an dem bestimmten Morgen in dem bestimmten Areal, wirkte, zugleich auch zurückwirkte in die Nacht der Zeiten, und diese augenblicksweise aufhellte. Ein neuerliches Entrücken geschah derart, wieder so eines; das ein Zurechtrücken war. Auch wenn der Urmenschenzug im Gras ganz woandershin unterwegs war, ließ er sich von ihm führen und gelangte schließlich ungehindert an die Grabstätte, die sein Ziel gewesen war. Tag des ersten Zitronenfalters. Tag der Falkenschreie. Tag der im kalten Wind erfrierenden Hummeln. Und jetzt der Tag der Winzfröschevölkerwanderung.
Die Entrückung, und mit ihr der Friede, war nicht von Dauer. »Warum nur, warum nur?« entschlüpfte es dem Erzähler auf dem nächtlichen Boot, während die fremde Frau vom Bug, dort schon kaum mehr zu ahnen, hinten zum Heck lief und sich unseren Blicken vollends entzog, so als solle damit das in der Geschichte nun Folgende gleichsam durchgestrichen oder eingeschwärzt werden. Die Stunde des Wahnsinns, der den Wanderer gepackt hatte bei dem Wiedersehen mit der ihm Zugedachten an der Einmündung der Alten Straße in die neue, war nämlich noch nicht vorbei. Ein Zeichen war es da schon, daß er stumm blieb vor dem Grab seiner Vorfahren, so wie auch sie, die Vorfahren unter, über, hinter dem Stein, oder um den Stein herum, kein einziges Wort zu ihm sprachen. In den früheren Besuchszeiten war es zwischen ihm und ihnen in der Regel hoch hergegangen, hoch und still, so still wie hoch. Ein Kreistanz aus lippenloser, dafür umso inbrünstigeren Rede und Antwort, Antwort und Rede war das gewesen, und im schlimmsten Fall hatte er sie da zumindest gegrüßt, und sie waren auf seinen Gruß eingegangen. In dieser Stunde jedoch schaffte er vor ihnen nicht einmal ein inneres Grüßen, obwohl er nach außen so tat und den Kopf senkte. Statt dessen überlegte er, daß es an der Zeit wäre, die von dem nachtlangen Weg schlammigen Gehstiefel zu putzen, daß er möglichst bald einen Geldautomaten finden mußte, daß ihm, nach dem Treffen der Lärmgeschädigten und dem der Maultrommler vor seiner Rückkehr an die Morawa – »ah, wäre ich nur schon dort« – noch ein drittes Treffen bevorstand, daß …
Gewärtig von dem Grab wurden ihm nur die verblaßte Schrift, ein, zwei fehlende Buchstaben und ganze Namen, die von dem aufgewucherten Buchsbaum davor überhaupt verdeckt wurden. Und von jeder Kleinigkeit wurde er abgelenkt: von dem Geräusch des in einer Friedhofsecke aufgedrehten Wasserhahns, von einem Kondensstreifen am Himmel, von einem Maulwurfshügel. Zuletzt aß er vor dem Muttergrab ein paar zuvor gesammelte Brombeeren.
Nichts Kleines, was dann die alte Frau unternahm, die, wie aus der dicken Wehrmauer selber, aus dem Mesnerhaus getreten war – also war dieses doch nicht völlig verlassen? Mit ihr ein kesselgroßer, offenbar bis obenhin gefüllter Wassereimer. Den schleppte sie nun mit beiden Händen in die Kreuz und in die Quer durch die Gräberreihen. Und vor jeder einzelnen Grabstätte stellte sie ihn ab und besprengte sie mithilfe eines Buchsbaumbüschels, ebenso die aufgelassenen Gräber und die Leerflächen zwischen den Gräbern. Das Gleiche geschah vor den Tafeln der Selbstmörder in der einen Ecke des Friedhofs, wo die Erde nicht geweiht war. Bald konnte sie den Eimer mit der einen Hand tragen. Und sowie sie innehielt vor der Grabstätte seiner Vorfahren und auf diese das Weihwasser herabsprühen ließ, grüßte sie ihn als das Nachbarskind, das seinerzeit auf dem Heimweg von der Schule fast täglich ihr Haus – wie alle Dorfhäuser war das nie abgesperrt – betreten hatte, während sie mit den anderen Bewohnern auf den Feldern arbeitete, und in der Wohnstube alles las, was nur irgend zu lesen war, die Zeitung, den Bauernkalender, die Heilige Schrift, die Westernhefte, und sooft sie dann zurückkamen vom Acker oder von sonstwo, saß er in der Stube der Nachbarn am fremden Tisch, so in die Lektüre, gleichwelche, vertieft, daß er bei ihrem Eintreten nicht einmal aufschaute, geschweige denn ihnen Guten Tag sagte.
Er erkannte sie nicht, so wie er bis jetzt in seinem Kindheitsort noch niemanden erkannt hatte (und auch von niemand erkannt worden war), als gehöre solches Nichterkennen zu der Stunde seines Wahnsinns. Ablenken, überspielen: und so brachte der vom Wahnsinn befallene Wanderer die Rede auf das, was die in eine Mesnerin verwandelte ehemalige Nachbarin da vor den Gräbern tat. Das wäre gar nicht nötig gewesen. Wie von selber, während sie schon das Nebengrab mit dem geweihten Wasser bedachte, kam es aus ihr heraus: Die Toten brauchten das, erwarteten das, lechzten geradezu nach den paar Tropfen, und zwar täglich, und täglich, aufgefordert nicht vom Ortspriester, von dem schon gar nicht, sondern allein von den Toten, machte sie so ihre Runde.
Als sie verschwunden war, zurück in das Mauerhaus, glaubte er sich von dem Wahnsinn erlöst. Wahn: Schon in dem Moment des Ausbruchs am Ende der Alten Straße hatte ein Teil von ihm klar gewußt, daß das, was der andere Teil von ihm verübte, eine Wahnsinnstat war: die er da niedertrampelte, war ganz und gar nicht die, die ihm vorgegaukelt wurde. Es handelte sich nicht um die Frau, welche ihm lebenslang nachstellte, vielmehr war das die Frau seines Lebens. Aber umso blinder wurde der andere Teil seiner selbst vor dieser Gewißheit, umso wahnsinniger, und umso besinnungsloser schlug er zu. Und jetzt, auf dem Friedhof, allein? Wie hatte eben noch die alte Nachbarin von den Toten und dem täglichen Wasser gesagt? Sie »lechzten« danach. Und in gleicher Weise lechzte er jetzt nach ihr, der Frau seines Lebens. Es dürstete ihn nach ihr, es hungerte ihn nach ihr. Nach außenhin reglos, still versunken, verzehrte er sich nach ihr. Im stillen bettelte er geradezu: »Komm. Komm zurück. Komm zurück zu mir.« Und ebenso wie einst von Nachbarskind zu Nachbarskind: »Seien wir wieder gut.«
Indem er sich umdrehte, stand sie tatsächlich da, lächelnd, dem Anschein nach unversehrt, als wäre nichts gewesen. Für einen Augenblick lächelte er zurück. Aber dann: Wiederaufwallen des Wahns. Oder war es nicht doch Wirklichkeit, daß an ihrer Seite der Bösewicht lächelte, der Scheinfreund »Melchior« von der Alten Straße, sein Todfeind, und nicht nur der seine? Er war es. Und sie war mit dem Gottseibeiuns verbündet. Zwei Teufel standen da, ein Teufelspärchen lauerte ihm auf. Und wieder: Ein Teil seiner selbst schloß in der Vorstellung sie in seine Arme und verharrte mit ihr Stirn an Stirn, ein für allemal. Und der andere Teil, von dem er zugleich wieder klar wußte, daß es keineswegs ein Teil »seiner selbst« war, tat das der Vorstellung gerade Entgegengesetzte und wurde neuerlich tätlich. Und wie? Der Ex-Autor hatte vergessen zu erzählen, daß er sich nachts an der Alten Straße einen Haselstock abgeschnitten und am einen Ende zugespitzt hatte, zum Gehen und vielleicht auch zur Verteidigung: den schleuderte er jetzt, mit der Spitze nach vorn, als Speer gegen das Satanspaar. Immerhin: Er zielte dabei nicht auf seine Liebe, sondern auf ihren Einflüsterer, den er, versteht sich, traf, mitten ins künstliche Herz, worauf der vom Haselholz Durchbohrte, wie sich das gehörte, mit einem Knall sich in Luft auflöste.
Doch auch sie, als er nach dem Wurf endlich die Augen aufmachte, war verschwunden, durch die Mauertür in den Bereich jenseits des Dorffriedhofs. Als Antwort auf seinen Speerwurf nichts als ein Klagelaut, den er auch noch im Ohr hatte, als er in jener Nacht auf der Morawa davon erzählte, so als sei es doch sie, die er in ihr Herz getroffen habe – ein Laut so jammervoll und zugleich sanft, zwischen Weinen und Husten, daß er gleichwen zur Besinnung gebracht hätte – nur nicht in seiner Wahnsinnsstunde ihn. Und gleichzeitig ein Gedanke, ein einziger, in Form einer Frage: »Wer rettet uns?« Und als er das erzählte, wurde diese Frage, mit der Stimme der fremden, uns unsichtbaren Frau, vom Bootsbug her wiederholt, aber es schwang kein Klagen da mit, auch kein Bitt-Ton, und wenn, dann eher im Nachspiel.
Wie sie nahm er den Weg durch die Mauertür in den Hinterbereich des Friedhofs. Er folgte ihr aber nicht. Viel Zeit sollte vergehen nach ihrem Verschwinden.
Gerade noch war es Morgen gewesen, und jetzt läutete von der Kirche des Alten Dorfs schon die Vesper-, die Vorabendglocke. Und zwischendurch hatte sehr weit weg der Muezzin von Neu-Samarkand die Gläubigen, die Muminin, aufgefordert zum Fünfuhrgebet. War der Wanderer im Stehen vor dem Sippengrab eingeschlafen? Die Vesperglocke läutete, wie er sie noch nie gehört hatte: jeweils ein Zweiton, erst hoch, dann tief, eine Quint, wie sie eigentlich verpönt war, so trauervoll und trostlos klang sie, jenseits des vertrauten Bimmelns für einen einzelnen gerade Verstorbenen, keine Toten-, sondern eine Trauer- und Trostlosigkeitsglocke, ein Zweiklang der allgemeinen Trauer, zu spüren zusätzlich durch den ungewohnten Zeitraum der Stille zwischen Klang und Klang, worin die Trostlosigkeit sich noch ballte. Sonst hatte diese Glocke doch in die Landschaft und in die Weite, zu den Horizonten hin geläutet. An diesem späten Nachmittag aber blieben ihre zwei Quintschläge jedesmal in dem Rundmuster der schmalen Durchlässe oben in der Kirchenfassade, in den Transennen stecken: kein Durchlaß waren die mehr, keine Rede mehr von einem »trans«.
War es eine Regel, daß auf eine Aktion wie den gewalttätigen Lanzenwurf, die einen eigentlich aus der Bahn werfen und den Geschehnissen eine grundandere Wendung hätte geben oder die Geschichte überhaupt hätte abbrechen lassen sollen, im Gegenteil die Pläne und Vorhaben, die man sich vielleicht schon lange vorher ausgedacht hatte, umso entschlossener, auch penibler ausgeführt wurden, so als ob gar nichts geschehen wäre? Wie nach einer solchen Regel jedenfalls ging er durch die Mauertür auf die Felder hinter dem Friedhof und auf den von wieder einer Mauer umschlossenen Obstgarten inmitten der Felder zu. Diese schienen zunächst unverändert, bis auf die Bewässerungsrohre, die sie in der Diagonale durchzogen. Aber nein, das war eine Pipeline, und die Felder lagen brach, das spärliche Grün auf den Schollen eher eine Rostfarbe. Auch das Überklettern der Obstgartenmauer hatte zu dem Plan gehört, und entsprechend, ruckzuck, geschah es, ohne daß, wie in der Kindheit, ein kindlicher Spießgeselle einem die Räuberleiter zu machen brauchte. »Räuberleiter«: das traf im Wortsinn zu. Denn der Obstgarten war seinerzeit ein fremder, ein verbotener gewesen, und die Kinder überstiegen die Mauer rein zum »Räubern«, was ihr Wort für »stehlen« war. Von Anfang an und bis jetzt waren ihm Diebe zuwider gewesen, nur Obst- oder Obstgartendiebe nicht. Seinen Lebtag lang war er ein Obstdieb gewesen und bekannte sich auch dazu. Das Obstdiebstum machte einen Teil seines Selbstbewußtseins aus, weit hinaus über das Wanderer- oder Schreibertum. Schon als Kind wußte er von jedem Obstbaum der Gegend, wann dort die ersten Früchte reiften, und … Sein erstes Buch hatte zum Titel »Die Birnendiebe«. Und bis jetzt auch konnte er an keinem fremden Obstgarten vorbeigehen ohne zumindest einen Versuch, und sei es auch bloß in Gedanken, dort zu räubern. Der Zaun oder die Mauer zu den Fruchtbäumen, deren Wipfel ihn mächtig herbeiwinkten, mußte, wollte das auch, überklettert werden, hin zum Verbotenen, ins Zentrum des Wirklichen. Und hätte er es noch so eilig: nichts, würde ihn im Ernstfall hindern an dieser wesentlichen Abweichung.
Wie damals also auch jetzt über die Mauer geklettert – Vorhaben ausgeführt. Nur wo waren sie, die Apfel-, Birn- und Zwetschkenbäume? Ein Urwald hatte sich gebildet, und einer ohne Fruchtbäume. Diese standen zwar noch da und dort im Unterholz, aber längst abgestorben. Einem Apfelbaum, der lebte, begegnete er, während er sich durch das Dickicht schlug, und der blühte, weiß, und trug zugleich schon Früchte, kleine, die auch nie größer werden würden: Er hatte sich zurückverwandelt in einen Wildapfelbaum. Und dunkel war es in dem wiedergekehrten Urwald, nachtdunkel. Und war es nicht tatsächlich schon Nacht? Einzelne Lichter brannten, funzelten hinter dem Busch- und Lianengewirr, die, war das möglich, zu Zelten, ja zu Zelten gehörten, einzelne Stimmen auch, einzeln, für sich, auseinandergestreut, wie die Windlichter, und die Zelte, die allesamt eher Unterschlüpfe aus Plastik, zum Teil zerrissen, waren: Obdachlose nächtigten da, und nicht einmal Hunde hatten sie bei sich. Dafür lag mancherorts ein Fußabstreifer vor einer Obdachloseneinheit, oder ein wie echter, erdbeerfarbener Kelim schaute unter den Plastikfetzen hervor, oder ein Piepsen wie von einem batteriebetriebenen Computer drang ins Freie, oder eine geblümte Porzellanschüssel stand auf einer aus Rinden- und Keramikstücken gefügten regelrechten Zeltschwelle, gefüllt bis oben hin mit vom toten Holunderholz abgelösten rotschwarz schimmernden chinesischen Morcheln, nicht aus China, sondern an Ort und Stelle gewachsen, die bei den Einheimischen des Alten Dorfs damals den Namen Judasohren hatten, während sie jetzt in der Schüssel beschriftet waren, vielleicht für den Verkauf an die Mitobdachlosen, mit ihrem asiatischen Namen »Mu-Leh«. Und einige Schritte weiter – auch Übersprünge, Klimmzüge, Durchschlüpfe, Robben auf dem Bauch oder auch mit den Füßen voraus – traf er in der Fastfinsternis auf einen leibhaftigen Asiaten. Die anderen Urwaldbehauser waren ihm bloß zu Ohren gekommen, mit ihren Stimmen zeitweise hinter den meist blauen Plastikplanen, Stimmen, die allesamt ein Selbstgespräch führten. Der Asiate jetzt, der Mongole, gab sich als einziger zu sehen, und zwar als einer ohne ein Obdach über sich, nicht einmal eines aus Holzknüppeln. Er saß da inmitten der Wildnis in einer Mulde, die der Wanderer als den Bombentrichter in dem einstigen Obstgarten erkannte, sichtbar allein Kopf und Oberkörper, der nackt war, hochaufgerichtet, reglos, das Gesicht im Profil, wie vielleicht nur einer aus Asien es in die Luft halten konnte, so abseits, geisterhaft, aus der Welt und fast schon hinüber, und zugleich so gegenwärtig und mit seinem bloßen Sitzen in der Mulde einen Kreis um sich ziehend, der als ein Thronkreis wirkte. Nein, das konnte kein Obdachloser mehr sein. Das war einer schon jenseits aller Obdachlosigkeit. Ein Muldenheiliger. Seinen Kreis nur nicht stören. (In der Tat erschien der rundum markiert, mit Stapeln von Ordnern, zusammengehefteten Blättern, die durch die Reihe Zahlentabellen waren.) Im großen Bogen um ihn herum, und daß man um Himmels willen, wie in einer Westernnacht, nicht auf einen dürren Ast träte. Und irgendwo unterwegs war er diesem bestimmten »Hauslosen« schon begegnet. Nur wo?
Die hintere Mauer dann des früheren Obstgartens: eingefallen. Zwischen den Trümmern durch. Da: das Großvater-, jetzt Bruderhaus, helles Licht in allen Fenstern, kein Urwaldgefunzel mehr, und auf dem Dach die Leuchtschrift, vollzählig die Lettern: GASTHOF ZUM ALTEN DORF. Es war das einzige Anwesen des Alten Dorfs, das die Zeit und die Zeiten überstanden hatte. Und es hatte auch, zumindest von außen gesehen, im großen und ganzen seine erste Gestalt, die eines Bauernhauses, behalten, samt Stalltrakt und dem hölzernen Scheunentrakt darüber, dieser mit einer ebensolchen Galerie, auf der jetzt wie damals oder eben noch die Bahnen der Maiskolben hingen. Selbst die Stallampe darunter war die gleiche, und die weiße Emailkappe, welche die Glühbirne beschirmte, erschien mit Fliegendreck gesprenkelt, auch wenn sie vielleicht rein weiß war. Von den anderen Anwesen keine Spur mehr. Das vom Bruder in einen Gasthof umgewandelte Bauernhaus alleinstehend, der Gemüsegarten samt der Weinlaube – da war sie, oder? – zum Gastgarten geworden, der Platz des Misthaufens zum Parkplatz. Zu diesem die Zufahrt auch von der in der Zwischenzeit gebauten Autobahn, deren Trasse unweit von dem Haus in den Tunnel durch das Grenzgebirge nach Süden verschwindend, jäh verschluckt so jeweils die Geräusche.
Er freilich näherte sich, im letzten Licht, auf einem der vielen sich überschneidenden Trampelpfade, die – kein ausgebauter Weg – aus dem Urwald des ehemaligen Fruchtbaumgartens zum Gasthof führten; auch für die Obdachlosen, oder was sie waren, schien der also offenzustehen. Wie hell war das Haus, und wie still. Keine Lastwagen auf dem Parkplatz. Keine Silhouette in all den Fenstern. Ein einzelner Mensch auf der langen Bank neben der zum Eingang gewordenen Stalltür, im Zwielicht von Lampe und Sonnenuntergangsnachbild, verdeckt von einer kleinen Birke ähnlich wie die, die man zu Pfingsten links und rechts der Haustür hinpflanzte. War es etwa schon Pfingsten? Nein. So unbewegt saß die Gestalt, daß sie, während vor ihr die Birkenblätter im Abendwind flitterten, übergegangen erschien in das Bäumchen, als dessen Verstärkung und menschlicher Schutzpatron, während ihrerseits die Birke, fütternd und fütternd, den Menschen da seiner Zeit und seiner Geschichte zu entheben schien, auch sie zu seiner Verstärkung und als sein Schutzbaum. Wer saß da? Doch wohl nicht sie? Laß es nicht sie sein – oder doch? Es war nicht sie, es war sein Bruder. Der Hund, der den Wanderer taglang verfolgt hatte, überholte ihn endlich, wobei aus seinem ständigen Knurren ein Freudenbellen wurde, dem Hofbanksitzer geltend, dem er auf die Knie sprang; im Gegenzug freilich – los fuhr er auf den Ankömmling. Kein bloßes Drohen mehr, ein Wutgebrüll, zubeißbereit: Der Heimathund erkannte ihn selbst vor dem Geburtshaus nicht, wollte ihn nicht erkennen.
Und auch der Bruder erkannte ihn nicht. Fehlte nur, daß er den Hund auf ihn gehetzt hätte? Nein, so etwas tat sein Bruder nicht; er rief das Tier selbstverständlich zurück. War der Wanderer denn über Nacht derart unkenntlich geworden? Er stand doch dem Sitzenden gegenüber, hatte ihn gegrüßt, hatte seine Stimme hören lassen. Gruß zurück, gerichtet freilich an einen Fremden. War denn auch seine Stimme über Nacht eine andere geworden? Mußte er denn dem Bruder ausdrücklich sagen, wer da vor ihm stand? »Siehst du es denn nicht? So hör doch: Ich bin es!«? Das kam nicht in Frage. Ein Erklären, oder gar seine Identität zu beweisen, indem man zum Beispiel dem anderen den Paß oder sonst etwas vor die Augen hielte, oder den Bruder mit dem Namen anriefe, der allein zwischen ihnen beiden gegolten hatte, oder das Losungswort fallenließe, das seit je nur ihnen beiden geläufige: das würde die Sekunde des Wiedersehens nach den langen Jahren der Abwesenheit verderben, würde ihr den Atem abschnüren, und über die Sekunde hinaus wohl auch dem ganzen Kapitel des Wiedersehens. Wie den Bruder also draufkommen lassen, wer da vor ihm stand, ohne geradewegs sich zu eröffnen, aber auch ohne ein Ratespiel (es war nicht der Moment für überhaupt ein Spiel)? Inspiration, existierte die? Zu seinem Wortschatz hatte die nie gezählt. Wohl aber die »Eingebung«, und dann, wie es ihm in seiner Schreibzeit mit den Wörtern zur Regel geworden war, nicht in dieser Form, der eines Hauptworts, sondern der Form eines Zeitworts: nicht »Eingebung«, sondern »eingeben«, »eingegeben werden«.
Und so wurde dem Wanderer in dieser Sekunde eingegeben, die Episode zu wiederholen, welche sie beide, sein Bruder und er, aus einer der Erzählungen ihrer Mutter von Kind an mit sich trugen, als einen der bezeichnenden Züge, wenn nicht überhaupt den alle übrigen grundierenden Zug der Geschichte ihrer Familie und ihrer Sippe. Die Episode handelte von jenem jüngsten Bruder der Mutter, der Priester werden sollte, es in dem bischöflichen Knabenseminar vor Heimweh nicht aushielt und nachts auf der Alten Straße heimzu flüchtete. Er kam an vor dem Morgenwerden, wagte sich freilich nicht in das Haus. Das war an einem Samstag, dem Tag, an welchem jede Woche, für den »Tag des Herrn«, der Hof vor dem Haus gekehrt wurde. Hühnerdreck, Kuhfladen, Spreu, oder einfach nur den Erdboden blankfegen, Besenspuren in den Hofsand ziehen. Er nahm noch im Dunkeln den Rutenbesen von der Stallwand und fing zu kehren an. Von dem Besengeräusch draußen im Hof erwachte allmählich das ganze Haus. Ohne nachzuschauen, erkannte man, wer da zurückgekommen war und das Zeichen gab, daß er nicht mehr von daheim weggehen würde, jedenfalls nie mehr freiwillig, und nie mehr so weit weg, und nie mehr für so lange. Immer noch stand da an der früheren Stallwand der Reisigbesen, derselbe, auch wenn es nicht derselbe war. Ihn nehmen. Kehren. Erkanntwerden, schon nach zwei, drei Schwüngen. Lachen, beiderseits. »Ah, du bist das. Blind und taub bin ich. Komm ins Haus, Bruder. Wasch dich, du hast es nötig, du stinkst. Und zieh dir frische Sachen an. Nicht gerade einen Ochsen werde ich für dich schlachten. Auch kein Fest zu deiner Heimkehr geben. Ich weiß ja, daß du morgen weiterziehst. Also tritt ein und bleib über Nacht, in deinem alten Zimmer, in deinem alten Bett, wie du dir das seit langem gewünscht hast, oder?« – »Halbbrüder« waren sie, mit verschiedenen Vätern? »Nur«? Wortklauberei, und nicht bloß für den Moment. Wie alt war doch der Bruder geworden! Und er griff sich zugleich selber in das Gesicht. Wie alt war er selber geworden?
In der Gaststube, dem ehemaligen Stall, zunächst allein, an dem kleinsten der Tische, in einer Nische. Der Bruder hatte nicht vergessen, wie er gerne saß, und was er gerne aß und trank. Der Hund friedlich zu seinen Füßen. Ketten klirrten, während die Kühe mampften. Fledermäuse kurvten zur offenen Stalltür herein, auch wenn diese geschlossen und keine Stalltür war. Klarer Abend mit dem Mond in einem der Fenster, und auf der hölzernen Galerie im Stockwerk darüber war es hellichter Tag, ein Regen sprühte dort unter das Dach, ein Sommerregen, auf jemanden, der da hockte im Türkensitz, mit einem Buch. Später in der Nacht füllte sich das Lokal: einmal kurz die Augen geschlossen – oder waren sie dem Wanderer zugefallen? –, und schon war es voll, mit den herausgeputzten Waldbewohnern einerseits, mit den Fernfahrern andererseits; dazwischen auch welche aus der Neusiedlung, oder meinetwegen Neu-Samarkand. Nur Männer, da wie dort, und so wenig zu schauen; höchstens, daß die Neusiedler nach ihrer orientalischen Sitte im rechten Winkel zum Tisch saßen und nichts tranken; nicht einmal eine Wasserpfeife rauchten. Doch, eine einzelne Frau war mit ihnen, tief verschleiert, die freilich verkleidet wirkte, in Wahrheit ein Mann, Melchior, der Journalist und Schriftsteller?, welcher sie alle unter dem Tisch photographierte und heimlich ein Tongerät angeschaltet hatte? Laß ihn, er existierte nicht, hatte nie existiert.
Noch später versammelten sich sämtliche drei Gruppen um einen der Orientalen, den Stubenältesten, der hochaufgerichtet dasaß und einen nach dem andern empfing, als hielte er Hof. Er war so etwas wie das örtliche Orakel, der einem jeden ein paar Worte mitgab, keine Weissagungen, eher Übertragungen, Artikulationen und Bebilderungen von etwas, das gerade, noch sprach- und bildlos, in ihm vor sich ging. Und in ihm ging unablässig etwas vor sich. Und was? Wo andere vielleicht Stimmen hörten, hörte er Geräusche, im Kopf, in den Ohren, ständig wechselnde, Geräusche, die nichts zu tun hatten mit denen der Gaststube oder der Küche, und wo andere unter diesen Geräuschen vielleicht gelitten hätten, als einer unausgesetzten, ununterscheidbaren Lärmfolter im Schädel, war er imstande, die Geräusche in sich zu vereinzeln und auseinanderzuhalten. Er lauschte ihnen zugleich, als würden sie ihm zugesandt aus der Ferne, einer, bei welcher Inneres und Äußeres zusammenfiel. Und das Übersetzen der Geräusche, simultan, in Worte, in Sätze, in Hör- und Sprachbilder machte ihn in den Augen der Leute von Neu-Samarkand zum Medium, oder eben zum Orakelsprecher, und das war auch sein Beruf, den er ausübte mit einer selbstverständlichen Würde, unnahbar, ohne ein Lächeln, oder höchstens eines des Vergnügens an seinen Übersetzungen und deren Weitergeben an die Runde.
Was für Orakelsprüche waren das: Eindeutiges kam ja von vorneherein nicht in Frage, aber auch klassisch zweideutig oder gar vieldeutig hörten sie sich nicht an. Deutungslos kamen sie daher, vollkommen undeutbar, einerseits ganze, syntaktisch nach der Regel gebaute Sätze, andrerseits eher sinnlos, und dabei nicht einmal eigens ein Rätsel aufgebend, getragen allein vom Rhythmus des gerade aktuellen Kopfgeräusches und der Stimme des Übersetzers, die aus dem Lauschen kam. Und das schien den um ihn versammelten Befragern ohne Befragen des Orakels zu genügen. Ein jeder nickte zu dem Spruch, den er empfing, wirkte davon, auch noch im nachhinein, beflügelt und suchte gleichsam das Weite, die paar Fernfahrer ebenso wie die Waldbewohner und die aus Samarkand oder sonstwo Zugezogenen. Und der Geräuschinterpret ließ sich jeweils auch bezahlen, besser als ein üblicher Wahrsager.
Noch später setzte sich der Wahrsager zu dem Wanderer in dessen Nische, ließ ihn nicht aus den Augen und hob dann an, zu dem durch die Scheiben gedämpften Tosen von der Autobahn: »Blaue Augen müssen kein Unglück sein. Entwurzele dich noch mehr, Freund. Es kann nichts schaden, eine Zeitlang auf der anderen Mundseite zu kauen. Ah, alle, die mit den Wurzeln ihrer Herkunft umherfuchteln wie mit Peitschen. Böse Menschen haben nur noch Lieder. Mehr kannst du nicht haben, als das, was du hast. Und manchmal ist es so, daß es nicht so ist. Und einmal war Gott mit den Geduldigen. Die Zeit ist fern. Es ist etwas Seltenes, gerettet zu werden. Könnte man nur verschwinden, denkst du – kann man aber nicht. Das Wort Nacht grunzt tief im Herzen. Und all die Babylonischen Meinungen. Ein Reiz ist kein Reiz. Der Geist geht gleichwohl durch die Finsterstraße, Mensch, und tut einen Freudensprung zum Mund hinaus. Der Teufel kann dir das Licht nicht nehmen. Das sind nicht so schlechte Dinge, wie der Bauer meint. Geh als Fremder. Das Schicksal kommt nie von außen. Jeder ist anders scheu. Viel zu wenig betrachtest du deine Irrtümer. Alles ist Frevel! Und alles zerfranst, und das war das Leben. Und immerzu lacht irgendwo einer. Und wer die Menschen betrachtet, stirbt vor Kummer.«
Und noch später saßen der Wanderer und sein Bruder in der halbdunklen Wirtsstube allein. Einmal war der Bruder der Taugenichts der Familie gewesen. Und wer war das jetzt? Sie spielten Karten, und wie damals wollte keiner den anderen gewinnen lassen. Damals? »Damals« war auch schon das Gehen auf der Alten Straße, die Ankunft in »Samarkand«, das Stehen auf dem Friedhof, das Durchqueren des verwaldeten Obstgartens. Der Bruder war überall auf der Welt herumgekommen, vom Pipelinebau in Alaska bis zum Schienenverlegen in Mali, und jeder Ort, wo er gewesen war, hatte seinen Namen übertragen auf einen Hügel, einen Bach, einen Weg, einen Wald seiner Gegend hier. Er würde nie mehr einen Schritt wegtun von ihr. Der Steilhang oberhalb des Tunnels, wo vor allem Birken, Farne und dazwischen die besonders roten Erdbeeren wuchsen, hieß bei ihm der Bosnienhang. Das Grasstück zwischen Elternhaus und Urwald war die Virginiawiese. Der Bach, der das Alte Dorf umkurvte, war der Elk Creek, der in den Yukon River, Alaska, mündete. Wo der Hohlweg hinauf in die Vorberge der Alm gelblehmig wurde, ging es weiter zu den Dogon in Mali, Afrika. Der Teich mit den Fröschen gehörte zum Donaudelta. Er hatte auch jahrelang in Arabien gearbeitet, und so hieß bei ihm die ganze heimische Kärntner Talschaft Wadi-al-Jaum, das ist: Tagestal.
Nach seiner Vorstellung waren die Angehörigen der Sippe, aus welcher er und der Wanderer stammten, von Anbeginn und durch die Generationen verkappte Verrückte, zwar nur leicht, aber … »Wir haben alle einen Huscher«, sagte er wörtlich, »du auch, und ein jeder auf seine Art.« Und was war sein Huscher? Viel hätte der Bruder dazu vorbringen können, beließ es dann aber bei einer harmlosen Spielart: Er glaubte sämtliche Orte des Planeten, wo er jemals gewesen war, in sich gespeichert – nicht im Gedächtnis, sondern im Körper. Die von ihm im Lauf seines Wanderarbeiterlebens erfahrene Welt war samt ihren Teileinheiten, auch den kaum oder nur flüchtig wahrgenommenen, auch den geringfügigsten, sich ihm an Ort und Stelle gar nicht einprägenden, auf ihn übergegangen. Die Orte seiner Vergangenheit hatten sich verbunden mit seinem Fleisch und Blut. Keine Körperstelle an ihm, zu der nicht ein Ort gehörte. Keine Zelle, so seine Überzeugung, die nicht einen Ortsnamen bereithielt. Nur blieben die Orte des Erdkreises und deren Namen in seinen Körperzellen die meiste Zeit im Verborgenen. Sie schliefen. Kamen sie demnach zum Vorschein im Traum? Nicht im Traum, und nicht in der Nacht, sondern ausschließlich bei Tag. Doch dann genügte oft eine einzige Bewegung, und einer der früheren Orte, samt seinem Namen, erwachte in ihm, zum Beispiel im Knie, leuchtete oder blakte dort still auf und war schon wieder gelöscht, konnte freilich noch lange nachflimmern. Er holte etwa mit der Axt aus, und seine Achselhöhle erinnerte ein bestimmtes Dorf am Himalaja. Er stemmte einen Kessel auf den Küchenherd, und eine Stelle in seiner Bauchhöhle verkörperte augenblicklich die bestimmte Autobahnbaracke bei, sagen wir, Regensburg. Er sprang von der Leiter, und seine Ferse, oder seine Hüfte, oder sein Scheitel öffnete sich zu – »na, setz selber einen Ort ein«. Eine verläßliche Methode, alle die Orte in seinem Körper zu wecken, gab es nicht. Er wußte nur, daß ein Strecken helfen konnte, und gleichermaßen eine Bedächtigkeit in den Bewegungen, eine Bewegung schön nach der anderen, »schön langsam« auch, und vor allem, daß die einstigen Orte in seinem Körper nur lebendig wurden, wenn er bei der täglichen Arbeit war – er hatte sie in seinen Zellen freizuarbeiten. Aber wie lebendig sie so im nachhinein werden konnten, in seinem Nacken, zwischen seinen Rippen, in den Schläfen, so lebendig, wie sie im ersten Erleben, dem von außen, nie gewesen waren. »Wenn du wüßtest, in wieviele Gegenden ich allein heute abend, bei der Arbeit in der Küche, da und dort in meinem Körperinnern eingekehrt bin!«
Noch später in der Nacht geschah nichts, als daß die zwei Brüder schweigend nebeneinander saßen. Wenn einer von beiden seufzte, seufzten zur Antwort die Vorfahren, nur viel stärker. Ein kurzes Ächzen, und die Vorfahren ächzten zurück, und wollten gar nicht mehr aufhören. Ein leises Lachen, und darauf das Gelächter der Vorfahren, und wie: schallend. Und dann ein Schrei aus der Tiefe. Wer stöhnte? Und jedenfalls kam kein Echo, stöhnte niemand zurück. Eine Umarmung in die Luft, ein Halsen ins Leere, wie einst gesehen an einem Kind. Warum konnten sie nicht auf ewig so im Dunkeln still sitzen bleiben?
Noch später in der Nacht führte der Bruder den Wanderer hinunter in den ehemaligen Apfelkeller, und siehe da, dieser zeigte sich umgestaltet in eine Versammlungsstätte, eine besondere allerdings: War das nicht eine unterirdische Kirche, oder zumindest ein Teilbereich davon? Und hatte es denn nicht immer geheißen, bestätigt auch durch alte Kupferstiche, daß an der Stelle des Sippenanwesens die erste kleine Dorfkirche gestanden war? Ja, das war sie, ihr Altarraum, im Lauf der Jahrhunderte durch den rundherum angehäuften Bauschutt tief unter die Erde geraten. Der Bruder hatte sie eines Tages bei Grabungsarbeiten im Keller entdeckt und insgeheim freigelegt – das Gewölbe des Obstkellers war das einstige Kirchengewölbe gewesen. Und nun diente sie wieder als Gotteshaus, allerdings auch eher insgeheim, nicht offiziell jedenfalls, nirgends angezeigt, eine Art Krypta, oder Katakombe. Manche Fernfahrer – es gab solche – stiegen aus der Gaststube oben zu ihr hinab als zu ihrer Autobahnkirche; manche Alteingesessenen des Dorfs – es gab noch welche, und sie waren des Bruders Stammgäste – psalmodierten an den Feierabenden, bevor sie oben zechten (oder auch nicht), da unten den Rosenkranz und die Marien- und Allerheiligenlitanei; und die Neuzugezogenen aus »Samarkand« benutzten, anfangs wenige, inzwischen mehr und mehr (die der ihnen gar zu sichtbar und großmächtig gewordenen Moschee allmählich überdrüssig geworden waren), den Keller für ihr gemeinsames Freitagsgebet, bei dem sie sich in dem kleinen Saal, anders als in der Moschee, leicht so eng zusammenstellen konnten, daß zwischen ihnen, wie von ihrer Religion gefordert, kein Raum blieb für das Eindringen des Schaitan, oder des bösen Dämons. Und es kam auch mehr und mehr vor, daß alle die drei Gruppen, die Fernfahrer, die Einheimischen und die Zugezogenen, so wie oben in der Schenke sich unten in der Katakombe zusammenfanden. Und? Nichts sonst. Nichts sonst als der gute Wille, und die Menschen guten Willens. Nicht nur guten, sondern auch eines anderen Willens! Und die Schwellen? Keine. In der Katakombe gab es so etwas nicht oder die Schwellen waren keine Hemmschwellen. Bänke standen an den Wänden, wo einst die Obststellagen gewesen waren, und in der Mauerhöhlung, Ort der Mostfässer einmal, jetzt Apsis und Mihrab, ein langer ovaler Tisch; hell ausgeleuchtet die ganze Krypta unter dem Gasthof, still, ohne einen Ton von der Autobahn, und das Vordringliche dann der Geruch: nach Most und Äpfeln, Äpfeln und Most. Und an einer Stelle dann der Hall unter den Füßen. Es lange da hallen lassen.
Fand der Wanderer, noch später in der Nacht, den Weg oben in sein altes Zimmer? Auch vor diese Tür mußte der Bruder ihn führen. Im Türrahmen – so dick waren die Mauern, daß der Bruder breitbeinig dastand – bekam er von diesem noch zu hören, wie die ganze Familie unten sich gefürchtet hatte, wenn er, damals noch ein Jugendlicher, sich oben in seinem Zimmer an seinem ersten Schreiben versucht hatte. Keinen Mucks hatten sie machen dürfen. Hustete bloß einer von ihnen, oder schrammte ein Stuhl, so brüllte er schon um Ruhe. Und zeitweise brüllte er auch bloß so los, in der Stille, wie gegen sich selber. Gefürchtet hatten sie sich auch vor seinem Anblick, wenn er dann nach Stunden, oft einem ganzen Tag, herunterkam und in das Wohnzimmer, heute die Gaststube, trat: Entweder schoß er da eine Blicksalve los, mit der er sie allesamt ummähen wollte, oder er schaute in die Runde, als bitte er sie nicht nur um Verzeihung, sondern flehte um Gnade, oder starrte mit aufgerissenen Augen ins Leere, als erwartete ihn dort ein Hinrichtungskommando. Selbst wenn er, auch das kam, selten genug, vor, lächelte und, als wäre nichts gewesen, als hätte er nicht gerade noch zu ihren Häupten getobt, ihnen übergangslos das Geschriebene vorlas, sie zum Zuhören zwang – allein die Mutter brauchte nicht gezwungen zu werden –, war er ihnen unheimlich, zumal auch sein Lächeln ein eher bedrohliches war, ein Grinsen, ein schurkisches, wie nach vollbrachter Tat. Gelesen hatte der Bruder späterhin kein einziges seiner Bücher, sie nicht einmal aufgeschlagen. Und trotzdem glaubte er, sie alle zu kennen, jede der langen Geschichten in jeder Einzelheit. Er hatte sie erlebt, und der andere hatte sie aufgeschrieben, wie es, davon war er überzeugt, ihrer beider Wahrheit entsprach, und so brauchte er die Bruderbücher nicht eigens zu lesen. Nicht wenige Bücher standen im Haus, die meisten gelesen, aber keines vom Hausautor, und das war beiden auch selbstverständlich. Und noch einmal kam er vor dem Gutenachtwunsch im Türrahmen auf die Familie zurück: Mit seinen Schreibversuchen habe der Jugendliche seinerzeit nicht bloß das häusliche Leben behindert, sondern darüber hinaus die Familie durcheinander-, wenn nicht auseinandergebracht, und möglicherweise sogar zerstört. Zumindest denke er, es wäre einiges im Haus anders gekommen ohne die anfängliche Schreibtyrannei. Diese habe beigetragen, die Familie zu spalten. Aber nicht darauf wolle er hinaus. Das sei keine Nacht der Abrechnung, und außerdem würde es das letzte Mal sein, daß der andere über Nacht im Haus seiner Vorfahren blieb, in seinem alten Zimmer und Bett. Worauf also? Daß sie beide, die einzig übrigen der Familie, jetzt erst recht, eine Familie waren. Daß überhaupt erst jetzt, mit ihnen beiden allein, von einer Familie die Rede sein konnte. Und was meinte der Bruder mit Familie? Er konnte es nicht sagen. »Familie ist Familie.« Oder doch: »Etwas Schönes … etwas Herzhaftes … etwas Bleibendes … ein Fels in der Brandung, ein gebuckelter … ein Luftschutzkeller … ein Grenzposten, ein unbewaffneter, der zugleich Grenzübergang ist …, ein Kreistanz beim Sitzen still um den Tisch …« – Immer weniger waren sie in der Familie geworden, und immer mehr. Und jetzt, von der ganzen Sippe nur sie zwei übriggeblieben, waren sie am meisten: seltsame Arithmetik wieder.
Wenn der Wanderer sich von der Nacht in seinem Geburtshaus etwas erwartet hatte, so traf nichts davon ein. Zuerst setzte er sich auf einen an das Fenster geschobenen Stuhl und bemühte sich, die im Mondlicht daliegende, seit der Kindheit ihm eingeschriebene Landschaft nachzuziehen, wobei ihm fast auf der Stelle die Augen zufielen. Und als er sich zu Bett legte, in der Absicht, so lange er nur könnte, sich bewußt zu machen und zu wiederholen, wo er da war und was er in der Zeitenfolge da nacheinander im einzelnen erlebt, erlitten, getan, unterlassen, anderen angetan und verbrochen hatte, schlief er nicht bloß, kaum rollte er sich wie eh und je unter der Bettdecke zusammen, augenblicks ein, sondern verlor, so kam es ihm vor, das Bewußtsein. Er stürzte weg wie durch eine Falltür, und der Boden samt der Falltür, oder das All, oder was es war, schlug über ihm zusammen, und es gab ihn nicht mehr. Es war dann – nur was hieß »dann«? was »später«? – eine Stimme, die ihn zurückrief in die Gegenwart, in eine andere freilich. Die Stimme war die seiner Mutter. Träumte er? Nein, das war kein Traum, auch wenn er nun schlief, und zwar tief.
Er hatte für sich gelernt, zu unterscheiden zwischen Traum und Erscheinung. Beide geschahen sie zwar im Schlaf. Aber eine Erscheinung erlebte er grundanders als einen Traum. Die Träume waren ihm sozusagen das Übliche. Sie zeigten sich, sowohl die Nachtmahre als auch die Seligkeitsträume, als Geschehen, als Abläufe, als Nacheinander, in den Überstürzungen wie in den Dehnungen. Die Erscheinungen dagegen kamen als Eingriffe, »urplötzliche, ein Bildeinschuß mitten ins Herz, und waren ebenso urplötzlich wieder verschwunden, aber mit einem ihm eingebrannten Nachbild. Oft träumte er ja von seiner Mutter: daß sie noch lebte, wenn auch immer todmüde, sich abrackernd für ihn und die anderen, zum Umfallen erschöpft, mit Augen gallertig vor Erschöpfung. Erschienen aber war sie ihm ein einziges Mal, und das in den Wochen nach ihrem Tod. Urplötzlich hatte sie ihn da aus der Nacht, der Nacht des Universums – so erlebte er es –, angeflogen, nein, hatte ihn angefallen, mit einem Schlag Besitz von ihm ergriffen und war auch schon wieder zurückgeschnellt in die Finsternis, als ihr Teil. Und was hatte sich dem Schlafenden von der einen monumentalen Sekunde eingeprägt? Einzig das Gesicht der Mutter, vom Dunkel umgeben, und in dem Gesicht die kohlschwarzen Augen (nicht ihre Erdenfarbe), und diese waren gegen ihn, drückten dabei freilich keinen Vorwurf aus und schon gar keinen Fluch: sie waren schlichtweg gegen ihn, wie er war, oder wie er gewesen war, und das aber mit all dem Feuer, das von den sonst sanften Augen der Mutter ausgehen konnte, und noch einem Feuer, darüber hinaus.
Während der letzten Nacht in seinem Geburtshaus erschien die Mutter dem Schläfer da nicht – sie sprach zu ihm, unsichtbar, ohne Gesicht und ohne Augen. Und sie redete ihn an nicht aus der Dunkelheit: was sie sprach, war begleitet von Licht, oder sorgte für das Licht, oder war höchstselber das Licht. Und sie sagte zu ihrem schlafenden Sohn ungefähr folgendes: »Du mit deinem ewigen Schuldbewußtsein und deinem Schuldsuchen auch bei den anderen. Du bist unschuldig, du dummer Kerl, so unschuldig wie die, die du nach deiner alten, aber nicht angeborenen und nicht vererbten Unsitte in eurer beider Abwesenheit so verdächtigt hast. So wie du auch mich verdächtigt hast: verdächtigt, dich von vornherein verloren zu geben; nicht an dich zu glauben; keine Frau an deiner Seite zu dulden; mich verdächtigt hast, ein unglückliches Leben gelebt zu haben, nur deinen Vater geliebt zu haben, deinen Bruder verachtet zu haben, und nicht die Wahrheit gesagt zu haben, als ich dir schrieb, ich sei ganz glücklich, zu sterben. Hör, Sohn: Ich habe noch mehr Männer geliebt. Ich habe deinen Bruder geliebt, wenn auch auf andere Weise als dich: Wo du mir mutwillig die Tränen hervorgelockt hast, sind mir diese in Gedanken an ihn von selber geflossen. Zwar fürchtete ich dein wie deines Bruders Verlorengehen: Aber das deine konnte ich mir nie so recht vorstellen. Und wenn ich vielleicht auch zeitweise nicht an dich glauben konnte, so hat dich das doch jeweils umso mehr angestachelt, oder etwa nicht? Und es stimmt nicht, daß ich nicht glücklich war, endlich einzuschlafen, so wie es andererseits auch nicht stimmt, daß mein Leben ein unglückliches war. Einige meiner Wünsche sind in Erfüllung gegangen, und mehr habe ich nie erwartet. Und einiges Unerwartete ist noch dazugekommen, und eine größere Freude war nie. Niemand in der ganzen Sippe konnte so froh sein wie ich, niemand auch die anderen, außer vielleicht dich, so anstecken mit seiner Freude. Herzefreude, nicht Herzeloyde, du Spielverderber. So steh jetzt auf der Stelle auf und hol die Bestimmte zu dir ins Bett. Die Nacht ist kalt, und sie wartet schon die längste Zeit unter deinem Fenster. Soll sie dir vielleicht ein Ständchen bringen und auf einer Leiter zu dir in die Kammer steigen, du Idiot? Genug der Schuld und genug der Schuldsuche. Genug der Selbstmarter und des Marterns der andern, die doch jeweils die deinigen waren, die deinigen sind. Warum nur marterst du seit jeher nur dich und die deinigen, du Eckensteher, du letzter der Dorftrottel, du hinterletzter Besserwisser und falscher Einfühler. Keine Liebe ohne Erbarmen.«
So oder ähnlich sprach seine Mutter zu ihm in den Schlaf, und wie sie ihm anbefohlen hatte, geschah es dann auch. Mitten im Tiefschlaf hatte er noch entgegnen wollen, was sie über sich, ihr Leben und ihren Tod berichtigt habe, das stimme ja alles noch weniger als seine Version. Sie habe das bloß so dahergesagt, der Form halber, der Geschichte jetzt halber – aber er brachte, wie immer im Schlaf, kein Wort hervor. Und dann fuhr er auf und hörte in der Tat Geräusche unten im Hof. Nein, ein Besen war das nicht. Es waren Schritte, in der tiefen Nacht, und friedlich waren die, im Kies und im Sand, wie auch von Kies und Sand bestimmt, von diesen geleitet. Und in der Tat fand er die fremde Frau vor der Hoftür – die gar nicht verschlossen war – warum war sie nicht einfach ins Haus getreten? Hatte sie ihn allein mit ihren Schritten herbeirufen wollen? Wie geduldig sie auf- und abging, kreuz und quer unter dem Mond, die Geduld in Person, und ihr Gehen ein Geduldspiel, nach einem unsichtbar in den Sand gezeichneten Muster. Gleichwohl schrak sie bei seinem Kommen zusammen, schützte sich den Kopf, wich zurück, als er mit großen Schritten auf sie, das Wesen, zuging. Er fing sie, es ein; fing sie, es heim – nur James Stewart, Joseph Cotten und Matthias Sindelar hätten das besser gekonnt; trug sie, es auf seinen beiden Armen hinauf in die Kammer – nicht einmal Lancelot und Gawain hätten im Augenblick stärkere Arme gehabt; legte sich dann zu ihr.
Endlich verstand er sie, so wie sie ihn verstand, und lachte, selten, daß er so lachte, es unterlief ihm auch im Erzählen davon auf dem nächtlichen Boot, nie hätten wir geglaubt, daß unser Gastgeber so lachen konnte, es lachte auch die fremde Frau vom Heck zu uns zurück. Sie hatte dort, jenseits der Berge, ihrerseits in sein Lachen mit eingestimmt, das auch ein Auslachen, ein eher gütiges, war, von Angesicht zu Angesicht, bis daraus ein beiderseitiger Ernst wurde, bis aus diesem ein Zittern wurde, ihrerseits auch eine Nachwirkung der Nacht im Freien, ein beiderseitiges Zittern, bis daß sie nicht mehr zitterten. Und wieder fielen sie miteinander vom Bett vor Müdigkeit, aber nicht nur. Zweistromland.
Als der Wanderer am folgenden Morgen die Frau dem Hausherrn vorstellte, staunte der keine Sekunde, so als sei er derartiges gewöhnt, von seinem Bruder und von gleichwem. Wenn seine Augen sich kurz wölbten, so war das über den Anblick der Schönheit. Und das Weitere? Er besorgte der Erwählten des Bruders einen Platz in einem Fernlaster. Sie sollte vorausfahren, südostwärts in den Balkan, zu dem Boot an der Morawa, und dies und jenes für die Rückkehr und für das nächtliche Erzählen vorbereiten. Dem Wanderer blieb noch eine Station auf seiner Rundreise durch Europa. Zwar hatte er mit dem Gedanken gespielt, die auszulassen. Aber nein, das kam nicht in Frage, ebensowenig wie bei den vorigen Stationen. Und warum nicht? Er hatte sich, so sehr er sich auch zurücksehnte, in die Enklave und an den Fluß, dem, was ihm vorgeschwebt und sich dann in ihn eingegraben hatte als Route und Ablauf, zu stellen. Abkürzen, Überspringen, Ausweichen hätten der Geschichte nicht Genüge getan. Ah, die Genüge! Und die Frau und er, was stellten sie sich beim neuerlichen Abschied eigentlich für die Zukunft vor? Miteinander zu arbeiten. (Der Zwischenrufer hatte fürs erste keine weitere Frage.)