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Das kann echt nicht wahr sein!«, genervt schlage ich die Modezeitschrift zu. »Ich heirate in fünf Tagen und habe immer noch kein Brautkleid gefunden, das mir gefällt.«
»Du meinst eines, das Mathis bereit ist, zu bezahlen. Ich sage dir, das ist ein Zeichen, Lily. Die Sterne wollen dich vor dieser Heirat warnen. Was ich ihnen übrigens nicht verübeln kann. Ich halte sie auch für einen Fehler.«
»Amelie, was hast du nur gegen Mathis? Er ist ein netter Mann, zuverlässig und solide, mit einem guten Job. Was will ich denn mehr?«
»Lily, er ist Anwalt, also ist nett schon mal ausgeschlossen. Denen ist nicht zu trauen. Schau doch hier, in deinem Tageshoroskop steht: Fällen Sie keine übereilten Entscheidungen, vielleicht treffen Sie heute die große Liebe! Also, wenn das mal keine Ansage ist.« Amelie wirft die Tageszeitung zu mir auf den Zuschneidetisch.
»Amelie, die Sterne ziehen irgendwo da oben ihre Bahnen und kümmern sich um alles, nur nicht um uns. Ich habe jemanden gefunden, der zu mir passt. Und der hört auf den Namen Mathis Bartan. Warum willst du mir, seit ich mit Mathis verlobt bin, diese Heirat ausreden?«
Amelie zögert, dann zieht sie eine Schnute. »Will ich doch gar nicht. Ich bin nur der Meinung, dass du mit einem Anwalt niemals glücklich werden wirst. Und darum geht es doch im Leben, dass man glücklich und zufrieden ist, oder sehe ich das falsch? Ich meine, ich bin nicht verliebt, aber das heißt ja nicht, dass ich keine Ahnung davon habe. Die Sterne stehen jedenfalls nicht …«
Meine Güte, wie bin ich dieses ganze Sternzeichen-Gequatsche leid!
»Du solltest vielleicht mal mehr auf deinen Bauch hören als auf die Sterne. Möglicherweise findest du dann auch jemanden, in den du dich verliebst«, gebe ich schnippisch zurück.
»Jetzt sei doch nicht sauer. Ich will doch nur dein Bestes«, mault Amelie.
Ich hebe den Stoffballen vom Zuschneidetisch und sortiere ihn wieder ins Regal ein. »Ich bin doch gar nicht sauer. Ich muss ja zugeben, dass Mathis manchmal etwas trocken und steif ist.«
»Und er ist geizig.«
»Nein, ist er nicht. Auch wenn die Hochzeit im kleinen Kreis stattfindet, hat er zugestimmt, dass Noé Cassel unsere Hochzeitstorte kreieren darf. Der große Cassel, der für seine Tortenkreationen mit Preisen überhäuft wird. Ich kann Paul gar nicht genug danken, dass er bei Cassel ein gutes Wort für mich eingelegt hat! Er nimmt noch lange nicht jeden Auftrag an. Immerhin ist er ein Starconfiseur, seine Hochzeitstorten werden aus der ganzen Welt geordert. Jeder möchte eine Hochzeitstorte vom großen Noé Cassel und ich werde eine bekommen! Ist das nicht aufregend?«
»Ich fände es viel aufregender, wenn Paul endlich deine Überstunden bezahlen würde.«
Ich schüttele den Kopf. »Amelie! Paul ist immer nett zu mir und die Überstunden mache ich freiwillig, die muss er mir also gar nicht bezahlen. Ich finde es süß, dass er seine Verbindungen für mich spielen lässt.«
Amelie kommt herüber zu meinem Tisch. Oh nein, diesen Gesichtsausdruck kenne ich, jetzt hält sie mir wieder eine Predigt, was für ein unmöglicher Mensch unser Arbeitgeber ist.
»Paul ist ein exzentrischer, arroganter und selbstverliebter Kerl, der sich für nichts weiter interessiert als für die Mode, die er entwirft.«
Ich nehme Amelie in die Arme. »Ach, Amy, sei nicht immer so streng mit ihm. Ich mache mich jetzt auf den Weg, weil ich mich mit Mathis treffe, um die Torte bei Cassel auszusuchen. Ich bin total gespannt! Paul hat mir heute Nachmittag freigegeben.«
Amelie küsst mich auf beide Wangen. »Okay, meine Süße. Dann sieh zu, dass du hier wegkommst, sonst kommt Lefèvre noch auf die Idee, dir in letzter Sekunde einen Auftrag aufs Auge zu drücken.«
Ich schnappe mir meine Handtasche und winke ihr an der Tür noch einmal zu.
»Denk daran, was in deinem Horoskop steht – vielleicht treffen Sie heute die große Liebe!«, ruft sie mir hinterher, aber ich tue so, als hätte ich sie nicht mehr gehört.
Langsam schlendere ich durch die Straßen meiner Stadt. Eigentlich ist es gar keine Stadt, denn Sainte Maxime ist nur eine Gemeinde mit einem kleinen Hafen, direkt gegenüber von Saint Tropez, das auf der anderen Seite des Golfes liegt. Während Saint Tropez von den Touristen jedes Jahr überrannt wird, geht es bei uns ruhiger zu. Ich liebe diesen kleinen Ort und könnte mir nicht vorstellen, jemals woanders zu leben. Die Gässchen, der Hafen, das milde Klima, das durch das Massif des Maures, dem Gebirgszug entlang der Côte d’Azur, beeinflusst wird – das alles ist mir so ans Herz gewachsen, dass ich es nicht mehr missen will. Es regnet nur selten und die Temperaturen sind so angenehm, dass ich mehr luftige Kleider im Schrank habe als Jeans und Shirts.
Seit fünf Jahren arbeite ich nun für den bekannten Modedesigner Paul Lefèvre. Seiner exzentrischen Ader ist es zu verdanken, dass er seine Werkstatt von der großen Modemetropole Paris ins beschauliche Sainte Maxime verlegt hat. Ich arbeite als Schnittdirektrice, doch im Grunde genommen schmeiße ich den ganzen Laden. Meistens ist Paul mit seinem Freund auf dessen Jacht unterwegs und zeichnet Entwürfe, deren Fertigstellung er mir und meinem Team überlässt.
Amelie hat den Job als Zuschneiderin nur angenommen, weil Pauls Sternzeichen Schütze so gut zu ihr passt. »Als Feuerzeichen harmonieren wir ausgezeichnet«, hatte sie vor drei Jahren erzählt, gemerkt habe ich bisher nicht viel davon.
Der Weg zu Cassels Laden in der Rue de Verdun ist nicht weit. Ich will mich dort mit Mathis treffen und hoffe, dass er sich aus seinem Büro loseisen kann. Er arbeitet viel, doch ich auch, und deshalb haben wir es bisher noch nicht einmal geschafft, zusammenzuziehen. Aber das wird sich nach unserer Hochzeit in fünf Tagen ändern. Zwar hatte ich gehofft, dass wir uns eine schicke große Wohnung kaufen, doch Mathis möchte lieber, dass ich erst einmal zu ihm ziehe und mich an der Miete beteilige, damit er Geld sparen kann, um uns später ein Haus zu kaufen.
Schon von Weitem sehe ich Mathis vor dem Laden stehen. Er telefoniert, gestikuliert aufgeregt mit den Händen, er ist ja immer so beschäftigt. Als er mich entdeckt, beendet er abrupt das Gespräch.
»Da bist du ja endlich, ich warte schon seit Stunden auf dich. Du weißt, wie eng bemessen meine Zeit ist.« Er beugt sich herunter und küsst mich flüchtig auf die Wange. Seine Strafe dafür, dass ich ihn habe warten lassen.
»Es tut mir leid, Mathis, aber unser Termin ist doch erst in fünf Minuten.«
»Dieser Zuckerbäcker wird bestimmt nicht persönlich anwesend sein, dafür hat so einer doch gar keine Zeit«, wettert Mathis weiter und hält mir zumindest die Ladentür auf.
Eine freundliche Dame von schätzungsweise Ende fünfzig begrüßt uns. »Wie darf ich Ihnen helfen?«
Mathis’ triumphierendes Lächeln soll mir zeigen, dass er mit seiner Vermutung mal wieder recht hat.
»Guten Tag, mein Name ist Lily Duprais, ich komme auf Empfehlung von Paul Lefèvre und wir möchten gerne eine Hochzeitstorte bestellen.«
»Oh, Sie sind mit Paul bekannt?«
»Ja, ich arbeite für ihn. Er hat mir gesagt, dass Monsieur Cassel eine Torte für uns kreieren wird.«
Die Dame nickt freundlich. »Wann findet Ihre Hochzeit denn statt?«
»Am Samstag.«
»Welchen Samstag?«
»Diese Woche Samstag natürlich«, schaltet sich Mathis ein.
»Diese Woche?! Das ist aber sehr kurzfristig. Ich glaube nicht, dass wir Ihnen da weiterhelfen können. Wir sind auf Wochen ausgebucht. Das muss ich erst abklären.«
»Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass dieser Künstler gar nicht persönlich hier ist. Vermutlich hat er Hunderte von Angestellten, deren Arbeit er dann als seine eigene ausgibt.«
»Mathis«, zische ich unfreundlich. »Warum bist du denn so schlecht gelaunt?«
»Hast du dir mal die Preise bei den Ausstellungsstücken angesehen?«
Er nickt in Richtung der Vitrinen, wo mehr als ein Dutzend Torten in allen erdenklichen Variationen ausgestellt sind.
Hinter einem Vorhang kommt ein Kopf zum Vorschein. Da muss jemand unser Gespräch wohl belauscht haben, das arrogante Lächeln sagt alles.
»Guten Tag, mein Name ist Noé Cassel. Paul Lefèvre hat Sie geschickt?«
Seit Cassel hinter dem Vorhang hervorgetreten ist, kann ich nicht anders, als ihn anzustarren. Er ist gut einen Kopf größer als Mathis, hat schwarzes Haar, das mit einigen wenigen Silbersträhnen durchzogen ist. Seine Augen sind so blau wie das Meer vor unserer Tür und sein Gesicht ziert ein Dreitagebart, der ihm äußerst gut steht. Aber es sind seine Augen, die mich magisch anziehen. Während Mathis’ Augen eher blassblau erscheinen, sind Cassels dunkel, aggressiv, provokant. Sein Blick zieht mich sofort in seinen Bann und ich bin kaum in der Lage, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Er nimmt mit seiner Präsenz den ganzen Raum ein. Ich fühle mich plötzlich nackt und vergewissere mich, ob ich mein Kleid noch trage.
Da ich nicht antworte, ergreift mein Verlobter die Initiative und meint: »Guten Tag, mein Name ist Mathis Bartan, ich bin Rechtsanwalt.« Dabei hebt er die Nase, als wäre seine Berufsbezeichnung ein Adelsschlag.
»Guten Tag«, nickt Cassel ihm zu, lässt mich dabei aber nur für einen Moment aus den Augen.
»Meine Verlobte möchte gerne eine Torte von Ihnen zu unserer Hochzeit. Wie ich höre, wird das aber wohl nicht möglich sein«, ergänzt Mathis und seine Worte hören sich an, als wäre es ihm sogar recht.
»Wann brauchen Sie die Torte?«
»Diesen Samstag.«
Eigentlich hat Cassel mich gefragt, doch Mathis antwortet.
Der Laden füllt sich und neue Kunden betreten den Verkaufsraum, was mich endlich ins Hier und Jetzt zurückbringt.
Die freundliche Dame kümmert sich um die neuen Kunden, die über die ausgestellte Ware laut in Verzückung geraten.
»Das dürfte ein wenig knapp werden«, meint Cassel und blickt weiter auf mich herunter.
»Paul hat gesagt, Sie würden eine Ausnahme machen, auch wenn es so kurzfristig ist. Er hätte extra mit Ihnen gesprochen.« Endlich finde ich meine Sprache wieder.
Die neuen Kunden fallen mit lautem Geplapper über die Vitrinen her und können sich an der großen Auswahl gar nicht sattsehen.
»An was für eine Torte haben Sie denn gedacht? Zwei- oder dreistöckig?«
Bevor ich etwas sagen kann, antwortet Mathis schnell: »Ich denke, es reicht, wenn wir nur einen Stock nehmen, das ist völlig ausreichend. Unsere Gesellschaft ist nicht so groß, man muss schließlich die Kosten im Auge behalten, nicht wahr?«, fragt er und nickt dazu.
»Ich behalte lieber die Braut im Auge«, meint Cassel und zwinkert mir zu. Flirtet er etwa im Beisein meines Verlobten mit mir? Unfassbar!
Mathis’ Handy klingelt und er holt es aus seiner Jackentasche. Er ist vermutlich der einzige Mann, der bei diesem schönen Wetter eine Anzugjacke trägt und dabei nicht ins Schwitzen gerät.
»Oh, Sie entschuldigen mich bitte. Da muss ich drangehen.« Mit großen Schritten stürmt er aus dem Laden und telefoniert auf der Straße.
»Welche Geschmacksrichtung haben Sie sich denn vorgestellt?«, fragt mich Cassel.
Ich schaue ihn irritiert an. »Ich weiß nicht, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«
»Welche Farbe hat Ihr Kleid?«
»Ich habe noch keines.«
»Sie heiraten am Samstag und haben noch kein Hochzeitskleid?« Er zieht überrascht eine Augenbraue in die Höhe. Übt er das etwa vor dem Spiegel?
Meine Wangen fühlen sich plötzlich heiß an. »Ich hatte mir eines ausgesucht, aber Mathis hat es nicht gefallen, es war ihm zu teuer.« Ich spreche leise, das ist wirklich nichts, was man gerne laut herausposaunt.
Cassel schüttelt missbilligend den Kopf.
Die Ladentür öffnet sich und Mathis steckt den Kopf herein. »Lily, ich muss zurück ins Büro. Kläre du das bitte mit der Torte. Und achte auf den Preis!«, ruft er in den Laden und ist auch schon verschwunden.
Na toll! Wie immer lässt er mich allein mit den Vorbereitungen. Manchmal habe ich das Gefühl, er will mich gar nicht heiraten.
»Wieso hat er das Brautkleid vor der Hochzeit überhaupt gesehen? Sie wissen schon, dass es Unglück bringt, wenn der Bräutigam die Braut vor der Trauung in ihrem Kleid sieht?«
O Gott, mir kommen die Tränen. Das läuft hier gar nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht sollte ich nur eine Tiefkühltorte besorgen und ein Plastikbrautpaar hineinstecken, dann könnte ich mir diese Peinlichkeiten hier ersparen.
»Kommen Sie mit.« Cassel ergreift meine Hand und zieht mich hinter den Vorhang. Dahinter befindet sich eine Tür, die in eine Küche führt.
»Hier ist mein Atelier. Meine Werkstatt, wenn Sie so wollen. Hier entwickle ich Ideen, schaffe Kunstwerke.« Er kommt fast ins Schwärmen.
Der Raum ist groß und besteht im Grunde genommen aus drei einzelnen Küchen. Drei große Arbeitsplätze, mit allem ausgestattet.
»Wo ist Ihr Personal?«, frage ich überrascht und schaue mich um.
»Montags hat die Crew frei. Dafür stehen sie samstags an den Tischen und arbeiten nach meinen Anweisungen. Hey, jetzt lassen Sie mal nicht den Kopf hängen, Lily.« Cassel zieht einen Barhocker heran und bittet mich, Platz zu nehmen.
»Mandel, Nuss, Vanille, Schokolade?«, fragt er unvermittelt.
Er legt seine Hand auf meine Schulter und sofort spüre ich die Wärme seiner Haut. Es kribbelt und ich kann mich gar nicht mehr auf seine Frage konzentrieren. Ich schaue in seine Augen, die mir auf einmal überraschend nah sind, weil der Barhocker so hoch ist.
»Vanille oder Schokolade?«, flüstert er leise und plötzlich habe ich den Geschmack von flüssiger Schokolade auf meiner Zunge.
Ich räuspere mich. »Ich mag Erdbeeren sehr gern.« Ist das meine Stimme? Warum ist sie so tief und rau?
»Ich auch, aber nur mit Champagner. Wie wäre es mit dunkler Schokolade und einem Hauch Chili, gepaart mit weißen Champagner-Trüffeln? Würde Ihnen das schmecken?«
Seine Stimme ist leise und beschert mir eine Gänsehaut. Diese Klangfarbe fährt durch mich hindurch, mein Blut sammelt sich in meiner Körpermitte und verschafft mir einen Genuss der besonderen Art. Ich würde laut stöhnen, stünde er nicht so nah neben mir.
»Ich … ich weiß es nicht genau. So etwas habe ich noch nie gegessen«, meine ich kleinlaut.
Er nimmt meine Hand und zieht mich in einen angrenzenden Raum, der durch eine schwere Aluminiumtür gesichert ist. Es ist sehr kalt darin.
»Hier im Kühlraum bewahren wir einen Teil der Muster auf. Natürlich erstellen wir ständig neue, die Torten sind ja nicht ewig haltbar.«
Er zieht eine seiner Schöpfungen aus dem Regal und lässt endlich meine Hand los. Ich hole keuchend Luft. Dieser Mann nimmt mir, im wahrsten Sinne des Wortes, den Atem. Ob ihm das bewusst ist?
In der Küche lädt er die Torte auf einem Edelstahltisch ab und zückt ein Tortenmesser. Mit sicherer Hand schneidet er ein Stück heraus. Cassel schnappt sich einen Teller und eine Kuchengabel, trennt die Spitze des Kuchens ab.
»Mund auf – probieren Sie.«
Er schiebt mir die Gabel in den Mund und sofort verbreitet sich explosionsartig ein Gaumengenuss der allerfeinsten Art.
»Hmmmm«, stöhne ich leise auf.
»Sie mögen es?«, fragt Cassel und er klingt ein wenig zögerlich, was verwunderlich ist bei diesem sonst so selbstsicheren Mann.
»Es ist himmlisch«, bestätige ich.
Er sticht ein weiteres Stück ab und hält es mir wieder hin. Ich kann nicht anders, als den Mund zu öffnen. Es hat etwas sehr Intimes, wie er so dicht vor mir steht und mich füttert.
Das nächste Stückchen steckt er sich selbst in den Mund und wir kauen in stiller Zweisamkeit. Er steht so nah vor mir, dass ich mich nicht rühren kann, ohne ihn zu berühren.
»Sie wissen, dass Sie mit diesem Anwalt nicht glücklich werden.« Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, die er plötzlich in den Raum stellt.
»Wie kommen Sie darauf? Ich liebe Mathis!«, gebe ich vollkommen überrumpelt zurück.
»Sie passen nicht zueinander. Er ist ein Stockfisch.«
»Nein, er ist Wassermann. Also als Sternzeichen, meine ich.«
»Ich weiß, was Sie meinen, Lily. Übrigens ein sehr schöner Name. Er zergeht wie zarte Kuvertüre auf der Zunge. Was ist Ihr Sternzeichen?«
»Ich bin Stier.«
Langsam nickt Noé Cassel. »Wusste ich es doch. Sie passen nicht zusammen. Ihre Sternzeichen harmonieren nicht. Mathis ist flatterhaft und eher ein Kamerad als Ihr Liebhaber, ich glaube, nein, ich bin sicher, er will Sie nicht.«
»Wie bitte?« Ich höre wohl nicht richtig. »Was erlauben Sie sich? Sie kennen mich doch gar nicht.«
»Und ob ich Sie kenne, Lily. Ich bin ebenfalls Stier, daher verstehe ich Sie besser, als Sie glauben. Es ist nicht meine Absicht, Sie zu beleidigen, ganz im Gegenteil. Ich mag Sie, Lily. Nicht nur Ihren Namen. Ich mag Sie als Frau, Ihre Art, sich zu bewegen, wie Sie lachen, wie Sie riechen.« Er beugt sich zu meinem Haar herunter und zieht die Luft ein.
»Rotes Haar und hellgrüne Augen, das hat mir schon immer den Verstand geraubt.« Er spricht leise, seine Stimme lullt mich ein.
»Welches Sternzeichen passt denn zu mir?«, frage ich. Nicht, dass es mich wirklich interessieren würde. Nein, ganz bestimmt nicht.
»Ein Stier-Mann… Stiere sind sinnlich, sie lieben mit ihren Instinkten. Wir genießen und verwöhnen, bevorzugen es, wenn man unseren Mund und unsere Lippen liebkost. Die Ohren, den Hals und Nacken … habe ich recht?« Er fährt mit seiner Hand die erogenen Zonen an meinem Kopf entlang und ich schließe, ohne es zu wollen, meine Augen, gebe mich seinen Berührungen hin.
»Sie sind wie ich und darum werden wir wunderbar harmonieren, Lily.«
Ich öffne meine Augen und schüttele den Kopf. »Nein, das geht nicht. Ich bin verlobt. Bitte, Noé, lassen Sie mich in Ruhe.«
»Jamais de la vie«, murmelt er an meinen Lippen und küsst mich.
Will ich mich im ersten Moment noch gegen diesen Kuss wehren, bleibe ich im zweiten Atemzug reglos und genieße ihn. Diese besitzergreifende männliche Art macht mich total an und weckt Wünsche in mir, die wohl ganz tief verborgen waren.
Er schmeckt so gut, süß nach Schokolade und einem heißen Versprechen auf guten Sex. Warum habe ich bisher bei Mathis nicht so gefühlt? Mathis! Der Name meines Verlobten kommt mir viel zu spät in den Sinn. Am liebsten würde ich ihn ganz vergessen und beten, dass dieser Kuss hier nie endet.